Lesereise Norwegen - Gabriele Haefs - E-Book

Lesereise Norwegen E-Book

Gabriele Haefs

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Beschreibung

Dass Norwegen nicht bloß Berge, Fjorde und Trolle und vielleicht noch die Sprungschanze auf dem Holmenkollen zu bieten hat, beweist Gabriele Haefs auf ihren Erkundungen. Sie führen zu Wikingerstätten, wo sich für seefeste Touristen die Möglichkeit bietet, selbst auf Wikingfahrt zu gehen. Oder in das sagenumwobene Waldgebiet Finnskogen, wo noch heute finnische Traditionen bewahrt werden. In die Industriestadt Moss am Oslofjord, berühmt für den furchtbaren Gestank ihrer Zellulosefabriken, wo möglicherweise der Ausgang des Ersten Weltkriegs entschieden wurde. Sie erzählt von der in den letzten Jahren weltweit erfolgreichen Musik der Samen im hohen Norden, trifft die Menschenrechtlerin Solomia Karoli, die Norwegen schon mehrmals vor den Europäischen Gerichtshof geholt und jedes Mal Recht bekommen hat. Und natürlich geht sie der Frage nach, warum der Maler Edvard Munch drei Gräber hat – und in welchem er denn wirklich liegt.

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EPUB

Seitenzahl: 135

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Für Knut Brynhildsvoll, der vor vielen Jahren meine Begeisterung für Bjørnstjerne Bjørnson erweckt hat – der Rest kam dann sozusagen von selbst.

Copyright © 2018 Picus Verlag Ges.m.b.H., Wien

Alle Rechte vorbehalten

Grafische Gestaltung: Dorothea Löcker, Wien

Umschlagabbildung:

© mauritius images/imageBROKER/Jörg Dauerer

ISBN 978-3-7117-1082-6

eISBN 978-3-7117-5360-1

Informationen über das aktuelle Programm des Picus Verlags und Veranstaltungen unter www.picus.at

Gabriele Haefs aus Wachtendonk am Niederrhein, übersetzt seit vielen Jahren Bücher aus dem Norwegischen – z.B. »Sofies Welt«. Ein norwegischer Ehemann trägt das Seine dazu bei, ihr Wissen über Land und Leute noch zu erweitern. Als Ritterin des Königlich Norwegischen Olav-Ordens hat sie Einblick in Geheimnisse des Landes, die auf den ersten Blick nicht unbedingt zu entdecken sind. Im Picus Verlag erschien ihre gemeinsam mit Anne Helene Bubenzer verfasste Lesereise Oslo.

Gabriele Haefs

Lesereise Norwegen

Drei Wikingerschiffe und ein verwunschener Wald

Picus Verlag Wien

Inhalt

Vorwort

Alstahaug

Ein Besuch bei der Trompete des Nordlandes

Die Schlange vom Mjøsa

Besonderheiten von Lillehammer

Aulestad und Bjerkebæk

So wohnt es sich mit Nobelpreis

Wie in Moss einmal Weltgeschichte geschrieben wurde

Sir Roger und sein treuloser Liebhaber

Die Sami

Die ganz anderen Norweger

Solomia Karoli, die »Tochter des Zigeunerkönigs«

Norwegens mutigste Menschenrechtlerin

Gruppenbild mit Edvard

Wissenswertes über die Familie Munch

Nina Grieg

Norwegens schönste Lachgrübchen

Stabkirchen

Die norwegischen Märchenschlösser

Tønsberg

Wikingerschiffe zum Anfassen

Finnskogen

Norwegens Märchenwald

Das Nordlicht

Wenn man sich vorkommt wie zu Anbeginn der Zeiten

Kaiser Wilhelms letztes Reich

In Norwegen auf den Spuren Seiner Majestät

Eufemia

Norwegens Königin der Herzen

Im Schmugglerparadies

Hølen am Oslofjord

Das ganze Menschenleben auf zweihundertvierzig Seiten

Norwegische Romanserien

Vorwort

Über Norwegen zu schreiben ist wirklich nicht einfach. Nicht, dass es an Themen mangelte – das Gegenteil ist der Fall. Dieses Land ist so unendlich groß! Vom Nordkap im Norden bis zum Kap Lindesnes im Süden ist es weiter als von Hamburg bis nach Neapel. Klar, dass auf so einer weiten Strecke unendlich viele fesselnde Dinge zu finden sind. Überall gibt es versteckte Ecken, phantastische Landschaften, von denen schon in der nächsten größeren Stadt kaum noch jemand etwas weiß, Ausgrabungsstätten, die viel weiter zurückführen als nur in die Wikingerzeit. Es gibt die Häuser von im Ausland so gut wie unbekannten Dichterinnen und Musikern zu entdecken, und es gibt kuriose Museen mit noch kurioseren Öffnungszeiten. Es gibt Fragen, die einfach auf der Hand liegen. Bergen an der Westküste, zum Beispiel, Norwegens zweitgrößte Stadt – und die Bergenser sagen noch heute gern, sie seien nicht aus Norwegen, sondern aus Bergen – bezeichnet sich selbst als Hansestadt. Das gibt internationales Flair und hebt sozusagen vom dort als provinziell verschrienen Oslo ab. Doch die Wahrheit ist ganz anders und eigentlich viel spannender. Immer wieder, wenn die Hanse neue Mitglieder aufnahm, bewarb sich Bergen, mehr als zwei Jahrhunderte lang, jedes Mal wurde die Bewerbung abgelehnt. Bergen war einfach noch nicht reif für die Hanse. Aber was war los damals, was hatten die Hanseherren gegen die doch reiche Kaufmannsstadt einzuwenden? Wir wissen es nicht, ausgiebige Quellenforschung wäre nötig, deshalb gibt es auch in diesem Buch keine Erklärung für dieses Phänomen.

Oder eine Frage von heute: Wie geht Stavanger, für mehrere Jahrzehnte Norwegens reichste und internationalste Stadt, mit dem Ende des Ölbooms um? Das reiche Angebot an Lokalen jeder Art bescherte dieser Stadt im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts sogar den Beinamen »Paris des Nordens«. Seit dem stetigen Sinken der Ölpreise gibt es dort erstmals Arbeitslose, die Fachkräfte aus aller Welt ziehen weiter. Was macht das mit einer Stadt? Auch eine Frage, über die erst geforscht werden muss. Ich würde gern viel mehr über die Quänen schreiben, Norwegens dritte sprachliche Minderheit neben Sami und Roma, und irgendeinen großen quänischen Dichter vorstellen. Und dann sind da noch die alten Walfänger an der Südküste. Dass Norwegen noch immer Walfang betreibt, ist ein Skandal, klar, aber die alten Herren, die seit fünfzig Jahren nicht mehr ausgefahren sind, haben so viele Geschichten über die langen Monate im ewigen Eis zu erzählen, das wäre fast ein Thema für ein ganzes Buch.

Doch wenn ich dann meine Liste der Wunschthemen ansehe und seufze, weil ich über so vieles noch so wenig weiß, bleibt doch noch genug übrig, das sofort vorgestellt werden kann. Und sollte. Bjørnstjerne Bjørnson zum Beispiel, Norwegens Nationaldichter, hierzulande so gut wie vergessen, ein Skandal. Oder der sagenumwobene Riesenwald Finnskogen, in den sich nur selten Touristen verirren, wo man mitten zwischen Norwegen und Schweden finnische Kost wie vor dreihundert Jahren verzehren kann und wo die Einwohner so schöne Namen wie Hamletsen haben. Und dann die Wikinger, über die schon so viel geschrieben worden ist und über die doch so viele Irrtümer im Umlauf sind: In Tønsberg am Auslauf des Oslofjords sind sie zum Greifen nah. Und nicht nur dort. So ist dieses Buch eine Zusammenstellung von Lieblingsthemen geworden, ob es sich nun um das Denkmal für einen Schlagersänger oder den Preis für den Arbeitseinsatz auf einem Wikingerschiff zwischen Tønsberg und Arendal handelt. Es gibt so viel zu entdecken in dem endlos langen Land Norwegen.

Alstahaug

Ein Besuch bei der Trompete des Nordlandes

Ziemlich weit im Norden liegt Alstahaug, einst Wohnung und Amtssitz von Petter Dass, Norwegens berühmtestem Pastor (1647–1707). Wer je in Norwegen in einem protestantischen Gottesdienst war (und das sind eigentlich alle, nach Jahrhunderten, in denen alle, die in Norwegen geboren wurden, automatisch der norwegisch-lutherischen Staatskirche angehörten), kennt zumindest einen Choral dieses dichtenden Geistlichen. Alstahaug ist heute ein Museum, das alte Pfarrhaus samt Nebengebäuden ist erhalten, wir können sehen, wie Petter Dass gewohnt und wo er seine Werke verfasst hat. Wir sehen auch die Werke und seine Bibliothek, zum Beispiel seine zu seinen Lebzeiten berüchtigten Zauberbücher. Die sind ziemlich enttäuschend, sie enthalten keine Sprüche, mit denen man einen Widersacher in einen Frosch verwandeln oder den Teufel zu Hilfe rufen kann. Eigentlich sind es eher Kräuterbücher mit ab und zu einem Merkvers in dunkler Symbolsprache, aber am Vorabend der Aufklärung galt offenbar allerlei als finsterer Aberglaube, das uns heute ganz normal vorkommt. Wir können durch den geräumigen Pfarrgarten gehen und das Kräuterbeet des Pastors mit nur hier wachsenden, uralten Kräutern bewundern, wir können die umwerfende Natur bestaunen. Und es gibt ein modernes Zentralgebäude, wo Vorträge und Petter-Dass-Tage stattfinden, wo Bücher und Souvenirs verkauft werden. Dieses Gebäude ist so hässlich, dass es allein deshalb eine Sehenswürdigkeit ist. Es wurde 2007 eingeweiht und sieht aus wie ein gestauchter Katzenkorb. Entworfen wurde es von dem berühmten Architektenbüro Snøhetta, das auch für die Osloer Oper verantwortlich zeichnet und dabei offenbar alle seine Phantasie verbraucht hat. Eine schicksalhafte Rolle spielt bei solchen baulichen Entscheidungen übrigens das norwegische Gesetz für Denkmalschutz. In der Nähe historischer schützenswerter Gebäude darf nicht in einem ähnlichen Stil gebaut werden. Das könnte nämlich den Besuchern, blöd wie sie sind, einen Eindruck von historischer Kontinuität vermitteln, und das wollen Norwegens Denkmalschützer auf jeden Fall vermeiden. Das Ergebnis sind Betonkästen gleich hinter uralten Holzhotels und eben gestauchte Katzenkörbe.

Petter Dass, dessen Familie aus Dundee in Schottland kam und ursprünglich Dundas hieß, besuchte die beste Schule Westnorwegens, die Kathedralschule in Bergen. In einem späteren Gedicht rechnet er allerdings mit Schulzeit und strengen Lehrern ab: »Verflucht sei der Tag, in dem ein Knabe zur Schule geschickt wird, denn was hat er davon? Wahrlich nichts, nur Quälerei.« Aber der junge Petter strebte dennoch immer weiter nach Wissen und durfte sogar zum Studium nach Kopenhagen reisen, was damals nur mit amtlicher Genehmigung möglich war, er studierte zudem einige Zeit in Wittenberg und brachte von dort allerlei neumodische Ideen – und die »Zauberbücher« – mit nach Hause. Dem jungen Theologen schienen alle Türen offenzustehen, aber gleich bei seinem ersten Posten als Hauslehrer beim Pastor von Vefsn schwängerte er die anderweitig verlobte Tochter des Hauses. Das galt damals als Verbrechen, das mit Pranger und hohen Geldbußen bestraft wurde. Die beiden Missetäter heirateten und bekamen noch weitere Kinder, aber karrieremäßig war Petter Dass damit fast schon am Ende.

So landete er im abgelegenen Alstahaug, und da er von seinem geistlichen Amt allein nicht leben konnte, versuchte er sich auch als Fischhändler, reiste deshalb oft nach Bergen und machte dort Norwegens erster namentlich bekannter Dichterin seine Aufwartung, Dorothe Engelbretsdatter (1634–1716). Das muss ihn inspiriert haben, zuerst dichtete er die Dichterin an, dann dichtete er ganz allgemein zum Lobe Gottes. Weil seine Choräle in Norwegen so allgegenwärtig sind, stellt man sich unwillkürlich vor, dass er dichtend durch den Garten wandelte und dass seine Kirche immer voll war, weil alle auf ein neues Lied des Meisters hofften. Aber so war das nicht! Zu seinen Lebzeiten fand er nicht einmal einen Verlag für seine Werke, eine Auswahl von Gedichten ließ er auf eigene Kosten drucken. Erst nach seinem Tod erschien erstmals – in Kopenhagen – eine Sammlung seiner geistlichen Lieder, und die wurde am Ende zu einem der Bestseller des 18. Jahrhunderts. Er schrieb zudem einen Kommentar zu Luthers Katechismus, der ebenfalls viele Auflagen erlebte, und eine Beschreibung Nordnorwegens: »Die Trompete des Nordlandes« – der Titel der Sammlung ist heute sozusagen sein Beiname. Mindestens so bekannt wie seine Choräle sind aber die Sagen um Petter Dass. Dass er zum Sagenhelden werden konnte, liegt natürlich an dem Gerücht, er habe aus Wittenberg Zauberbücher mitgebracht. Die Sagen sind älter und waren in ganz Europa in vielen Variationen verbreitet, wieso sie gerade in der Umgebung von Alstahaug dann eine Renaissance erlebten, ist bei den Gelehrten umstritten. Aber hier sind zwei schöne Beispiele:

Petter Dass hatte keinen Schatten. Den hatte er in Wittenberg gelassen, wo der Teufel selbst an der Universität unterrichtete. Der Teufel verlangte in jedem Examensjahrgang eine Seele; die jeweilige arme Seele wurde durch das Los bestimmt. Und nun traf das Los also Petter Dass. Doch der sprach zum Teufel: »Nimm nicht mich, sondern den, der hinter mir kommt!« Der Teufel ließ sich in die Irre führen und schnappte sich Petter Dassens Schatten.

Das war dem Teufel aber offenbar keine Lehre. Denn als Petter Dass nach Kopenhagen bestellt wurde, um zu Weihnachten vor dem König zu predigen, bot er seine Hilfe an. Der König hatte den Bischof von Bergen gebeten, ihm den Pastor Dass zu senden. Der Bischof aber fand, diese Ehre hätte ja wohl ihm gebührt, und deshalb informierte er Petter Dass erst einen Tag vor Weihnachten. Nun konnte er sicher sein, dass Petter Dass nie im Leben rechtzeitig in Kopenhagen sein würde. Aber der kannte ja den Teufel schon und hatte gelernt, wie er mit ihm Handel treiben konnte. Er sagte, wenn der Teufel ihn rechtzeitig nach Kopenhagen schaffte, würde er die Seelen derer bekommen, die während der Predigt einschliefen. Diesem Angebot konnte der Teufel nicht widerstehen. Doch als er Petter Dass genau zur Weihnachtsmesse in der Kirche in Kopenhagen absetzte, predigte der so laut, dass niemand einschlafen konnte.

Alstahaug und die Natur der Umgebung sind immer einen Besuch wert, Petter Dass, der lieber in Kopenhagen oder Wittenberg gewirkt hätte, sah das offenbar anders. Denn einen seiner gereimten Briefe beendete er folgendermaßen:

Ein demütiges Salutas

ich Euch hiermit sende.

Mein Nam’ ist Petter Dass,

ich wohn’ am Weltenende.

Die Schlange vom Mjøsa

Besonderheiten von Lillehammer

Lillehammer ist eine wunderschön am Ufer des riesigen Sees Mjøsa gelegene Stadt, die Straßen winden sich an den Hängen hoch, ganz oben thront das Freilichtmuseum Maihaugen. Kunstgewerbeläden laden zum Stöbern ein, Restaurants bieten norwegische Spezialitäten an, in den Nebengassen gibt es urige Kneipen, wie sie in Norwegen nicht oft zu finden sind. Und in Lillehammer legt seit 1856 der Raddampfer »Skibladner« an, mit dem man kreuz und quer über den See fahren kann und der so ungefähr jedes Jahr einmal untergeht. Was aber niemanden aufregt, Ertrunkene waren in all den Jahren noch nicht zu beklagen. Dabei sollte so eine Schiffsfahrt eigentlich überaus gefährlich sein, schließlich haust im Mjøsa eine furchterregende Seeschlange. Sie hauste dort jedenfalls, so richtig weiß niemand, wo sie sich derzeit herumtreibt. Sie ist nicht ganz so berühmt wie die Kollegin vom Loch Ness, sieht aber ähnlich aus, das wissen wir aus ziemlich präzisen Beschreibungen.

Die erste stammt aus einer Chronik, die irgendwann vor vielen Jahren in der ebenfalls am Mjøsa gelegenen Stadt Hamar verfasst wurde (das genaue Entstehungsdatum ist umstritten). Da heißt es:

»Ihre Augen waren groß wie Fassdauben, und ihre lange schwarze Mähne hing weit über ihren Hals hinab. Sie war nun so hoch auf die Schäre gestiegen, dass sie so schnell nicht mehr herunterkonnte. Deshalb griff einer der Bischofsknechte, der ein wahrer Waghals war, einen stählernen Bogen und schoss der Schlange viele Pfeile ins Auge, aus dem schließlich so viel grüner Eiter quoll, dass sich das Wasser im See grün färbte. Ebendiese Schlange bot einen grausigen Anblick, und wies ihre Haut viele Farben auf. Endlich blieb sie auf dem Felsen liegen und starb an ebendiesen Pfeilschüssen.« Da der Bischof erwähnt wird, wissen wir, dass diese Beobachtung in der Zeit vor der Reformation gemacht wurde. Es gibt aber weitere Beobachtungen, alle zu Papier gebracht von vertrauenswürdigen Gewährsleuten (Pastoren, Historikern, Schullehrern). Immer wenn die Schlange sich gezeigt hatte, suchte bald darauf ein furchtbares Unglück die Gegend heim. Das ging so bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Da tauchte die Schlange auf und alles hielt den Atem an – welcher Schicksalsschlag stand den Städten am Mjøsa nun wohl bevor? Doch es geschah – gar nichts. Jedenfalls nichts, was schlimm genug gewesen wäre, um mit der furchtbaren Schlange in Verbindung gebracht werden. Dieser verpatzte Auftritt war dem armen Lindwurm offenbar oberpeinlich, seither hat er sich nicht mehr blicken lassen und wird heute, wo überall nach Tourismusmagneten gesucht wird, ganz besonders schmerzlich vermisst.

International bekannt wurde Lillehammer als Austragungsort der Olympischen Winterspiele 1994 und durch die Fernsehserie »Lilyhammer«. Die wurde in vielen Ländern zu einem Riesenerfolg, in Deutschland nicht. Aber das lag nicht an der Serie, sondern an der grauenhaften Synchronisation, die auch in der deutschsprachigen Presse heftig kritisiert wurde, doch da war es zu spät, die Serie lief ja schon. Es geht darin um einen Mafioso aus New York, der für eine Weile untertauchen muss. Und weil ihm Lillehammer durch die Fernsehübertragungen von 1994 so gut in Erinnerung ist, lässt er sich dort nieder, gibt sich als Nachkomme norwegischer Auswanderer aus und mischt die Gegend auf – mit Mafiamethoden. Zwar sagen alle, die mit ihm zu tun haben, »so nicht«, aber es haben auch im idyllischen Lillehammer alle Dreck am Stecken, und folglich kann unser Mafioso es durch Bestechung und Erpressung schon gegen Ende der ersten Staffel zu Wohlstand bringen. Es gibt wunderschöne Naturaufnahmen und Szenen aus dem Ortsinneren von Lillehammer zu sehen, aber der eigentliche Reiz der Serie liegt in den sprachlichen Missverständnissen. Unser Held muss nämlich erst Norwegisch lernen, versteht nicht, was die anderen zu ihm sagen, spricht Englisch, sie versuchen es mit Englisch, das norwegische Englisch versteht er auch nicht. Im Original wurden diese Szenen untertitelt, in der deutschen Fassung so sorgsam synchronisiert, dass kein einziger Witz erhalten bleibt und man sich nur wundern kann, warum der Held gerade wieder so verständnislos dreinschaut.