Lexikon der Frauenkräuter - Margret Madejsky - E-Book

Lexikon der Frauenkräuter E-Book

Margret Madejsky

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Beschreibung

Pflanzliche Mittel erobern seit einigen Jahren zunehmend die Frauenarzt- und Hebammenpraxen. Antibiotische Kräuter wie etwa Bärentraube, Kapuzinerkresse und Knoblauch oder hormonartig wirkende Pflanzen wie Frauenmantel, Mönchspfeffer und Silberkerze konnten sich einen festen Platz in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe erobern. Doch das Pflanzenreich bietet unzählige weitere Frauenkräuter, deren Heilkräfte ein ganzes Frauenleben bereichern und hilfreich begleiten können. Auf der Grundlage ihrer langjährigen Forschung und heilpraktischen Erfahrung zeigt die Autorin, wie sich das traditionelle Pflanzenwissen in ein ganzheitliches Konzept zeitgemässer Frauenheilkunde integrieren lässt. Egal ob Blasenentzündung, Endometriose, Kinderwunsch, Myom, Osteoporose, Menstruations-, Schwangerschafts- oder Wechseljahrsbeschwerden - hier werden Therapeuten wie auch Frauen jeden Alters fündig. Das Lexikon erhält 110 ausführliche Frauenkräuterporträts mit Angaben zu Inhaltsstoffen, Wirkungen, Signaturen, Anwendungen und Hinweisen auf Handelsprodukte. Dazu über 180 Heilkräuterrezepte und zahlreiche wertvolle Praxistipps und Therapievorschläge. Mit umfassendem medizinischem Glossar. Ein unentbehrliches Nachschlagewerk für alle, die an Frauengesundheit interessiert sind.

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»I found him beneath a tree.« (»Ich fand ihn unter einem Baum«, W. Blake, 1793)

Margret Madejsky

LEXIKON DER

FRAUENKRÄUTER

Inhaltsstoffe, Wirkungen, Signaturen und Anwendungen

Mit über 180 Heilkräuterrezepten

AT Verlag

Zur Beachtung!

Die in diesem Buch aufgeführten Rezepte und Behandlungshinweise verstehen sich ausschließlich als Lehrbeispiele und können daher auch weder den Arztbesuch noch eine individuelle Beratung durch eine Hebamme oder einen Heilpraktiker bzw. eine Heilpraktikerin ersetzen. Die Einnahme der genannten Heilmittel wie auch die Anwendung der Rezepturen oder das Befolgen der Therapieempfehlungen geschieht stets auf eigene Verantwortung und ist individuell unbedingt sorgfältig abzuwägen. Denn Heilkräuter wirken nicht bei jedem Menschen gleich – was Ihnen hilft, muss anderen nicht zwangsläufig auch helfen und umgekehrt. Daher ist es empfehlenswert, im Zweifelsfall kompetenten Rat bei einem Arzt oder einer Ärztin, einer Hebamme, einem Heilpraktiker oder einer Heilpraktikerin einzuholen. Die ab gedruckten Informationen sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt, dennoch übernehmen weder die Autorin noch der Verlag die Haftung für Schäden, welcher Art auch immer, die sich direkt oder indirekt aus dem Gebrauch der hier vorgestellten Heilkräuteranwendungen ergeben könnten. Daher ist es in jedem Fall ratsam, sich vor der Einnahme oder vor der Anwendung eines Heilmittels über mögliche Gegenanzeigen oder Nebenwirkungen zu informieren. Auch sollte die angegebene Dosierung überprüft und nötigenfalls individuell angepasst werden. Bitte beachten Sie ebenso alle Warnhinweise und Anwendungsbeschränkungen sowie den Abschnitt »Möglichkeiten und Grenzen der Selbstbehandlung« im Anhang.

3. Auflage, 2010

© 2008

AT Verlag, Baden und München

Lektorat: Ralf Lay, Mönchengladbach

Umschlagfotos: Margret Madejsky

Lithos: Vogt-Schild Druck, Derendingen

ISBN(epub) 978-3-03800-638-1

www.at-verlag.ch

eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheimwww.brocom.de

Inhalt

Vorwort

Einführung

Die Pflanzen der Göttin

Rot wie das Menstrualblut

Pflanzenhormone und hormonartig wirkende Heilpflanzen

Einmaleins der Pflanzeninhaltsstoffe

Was Schwangere meiden sollten

Frauenkräuterporträts von A bis Z

Alant – Sonnenkraft für die Wechseljahre

Aloe – Balsam für die Scheidenhaut

Angelika – Die Lichtbringerin für Bauch und Seele

Arnika – Erste Hilfe bei Geburtsblutungen

Bärentraube – Ein pflanzliches Antibiotikum bei Zystitis

Bärwurz – Die Kraftwurzel für die Gebärmutter

Basilikum – Fördert Hingabe und Empfängnisfähigkeit

Baumwolle – Mutterkornersatz bei Wehenschwäche

Beifuß – Universalmedizin für Geburt und Mondblutung

Beinwell – Knochenheil und Osteoporoseprophylaxe

Benediktenkraut – Krebsdistel und Wundarznei

Berberitze – Naturmedizin bei Myomen

Bertram – Ein Liebesmittel mit Tradition

Besenginster – Gleicht Herzrhythmus und Hormone aus

Betonie – Spendet Seelenkraft und Nervenstärke

Bilsenkraut – Bierwürze und krampflösendes Hexenkraut

Bingelkraut – Das Wundkraut des Heilgottes Merkur

Blasentang – Jodlieferant und Fatburner-Alge

Blutwurz – Die Blutstillerin des Paracelsus

Blutwurz, Kanadische – Das Polypenmittel der Indianer

Brennnessel – Die Eisenpflanze weckt die Amazone in der Frau

Damiana – Aphrodisiakum und Fruchtbarkeitspflanze der Maya

Eberraute – Reinigt die Gebärmutter

Efeu – Reduziert Schwangerschaftsstreifen

Eiche – Die Kraftspenderin bewahrt vor Fruchtwasserverlust

Einhornwurzel – Das Gebärmuttertonikum der Indianerfrauen

Eisenkraut – Das Geburtskraut der Mondgöttin Isis

Erdrauch – Aktiviert den Hautstoffwechsel bei Kraurose

Färberginster – Bietet Schutz vor Osteoporose

Fenchel – Regt die Milchbildung an

Frauenhaarfarn – Venuskraft für die Nieren

Frauenmantel – Die Allesheilerin unter den Frauenkräutern

Frauenwurzel – Wurzelkraft für eine sanfte Geburt

Gänseblümchen – Die »Arnika der Gebärmutter«

Gänsefingerkraut – Das Krampfkraut der Volksmedizin

Geißraute – Kraftfutter für die Milchbildung

Gelbwurz, Kanadische – Heilt Muttermundentzündungen

Ginseng – Ein Tonikum für weise Frauen

Goldrute – Pflanzengold für Haut und Nieren

Granatapfel – Pflanzenhormone für die ewige Jugend

Greiskraut – Kräftigt den Beckenboden

Gundelrebe – Reinigt Blut und Gebärmutter

Himbeere – Die bewährte Dammschnittprophylaxe

Hirtentäschelkraut – Die Blutstillerin der Volksmedizin

Holunder – Spendet Fruchtbarkeit und entgiftet die Seele

Hopfen – Pflanzenhormone für die Wechseljahre

Ingwer – Schenkt Lebenswärme und Sexualkraft

Johanniskraut – Spendet Seelenbalsam und pflegt Narben

Kaffee – Verhütet Dammschnitte

Kamille – Venuskraft für die Gebärmutter

Kapuzinerkresse – Das Breitbandantibiotikum aus dem Pflanzenreich

Keimzumpe – Wehenhemmerin verhütet Fehlgeburten

Kermesbeere – Die Helferpflanze für Brust und Stillzeit

Knoblauch – Schutz vor V(amp)iren und Bakterien

Koloquinte – Das Zystenmittel der Homöopathie

Küchenschelle – Reguliert die Gelbkörperhormone

Kümmel – Der Milchbildner der Volksmedizin

Lavendel – Die Pflanze der Abgrenzung und Reinheit

Lebensbaum – Bekämpft Feigwarzen und stärkt die Abwehrkräfte

Liebstöckel – Maggikraut löst die »Verhocktheit« der Frauen

Löwenzahn – Der grüne Helfer bei Mastopathie

Madonnenlilie – Regeneration für rissige Scheidenhaut

Majoran – Wärmende Gewürzpflanze vertreibt Pilze

Mariendistel – Schutz für Leber, Brust und Psyche

Melisse – Grünkraft kontra Viren

Mistel – Die Fruchtbarkeitspflanze der Volksmedizin

Mönchspfeffer – Macht keusch wie ein Lamm

Muskatellersalbei – Weckt die sinnliche Seite der Frau

Mutterkraut – Das pflanzliche Aspirin des 19. Jahrhunderts

Mutterkümmel – Beruhigt die Magensäfte

Myrrhe – Bekämpft Pilze und heilt Muttermundgeschwüre

Nachtkerze – Liefert hautregenerierende Omega-Fettsäuren

Odermennig – Der heimische Grüntee-Ersatz

Orthosiphon – Nierenstärkung für Feinsinnige

Petersilie – Fördert die Mondblutung und die Geburt

Pfingstrose – Heilt Hämorrhoiden und Analfissuren

Poleiminze – Die Uterusreinigerin unter den Frauenkräutern

Preiselbeere – Beugt bakteriellen Blasenentzündungen vor

Rainfarn – Gürtelkraut erleichtert die Geburt

Raute – Hormondoping bei frühzeitigem Wechsel

Rhapontikrhabarber – Reguliert Wechseljahrsbeschwerden

Ringelblume – Die sonnenhafte Wundheilerin

Rose – Venusblume für die Vagina

Rosmarin – Pflanzenfeuer für die Liebeskraft

Rotklee – Der heimische Sojaersatz

Salbei – Ein Volksmittel zum Abstillen und Schweißhemmen

Sanddorn – Vitamindoping fürs Immunsystem

Sanikel – Das Knochenheilmittel des Paracelsus

Schafgarbe – Bodenheilerin und Wundkraut des Achill

Schierling – Bringt Brustknoten zum Einschmelzen

Schneeball – Lindert Endometriosebeschwerden

Schöllkraut – Die Goldwurz der Alchimisten

Shatavari – Die ayurvedische Liebespflanze für die Frau

Silberkerze – Gleicht auf sanfte Weise Östrogenmangel aus

Silbermantel – Die Blutstillerin der Volksmedizin

Soja – Liefert Phytoöstrogene für den Wechsel

Steinklee – Wiesenduft und Venendoping

Steinsame – Das Verhütungsmittel der Indianerfrauen

Stiefmütterchen – Regenerationskraft für die Scheidenhaut

Storchschnabel – Der Kindsmacher der Volksmedizin

Taigawurzel – Die Kraftpflanze fürs Immunsystem

Taubnessel – Balsam für die Scheidenhaut

Teebaum – Ein antimikrobielles Multitalent

Tigerlilie – Der asiatische Keuschlammersatz

Veilchen – Die Narbenheilpflanze der Hildegard von Bingen

Walnuss – Erleichtert die Häutung der Seele

Weidenröschen – Die Helferpflanze bei Reizblase

Wermut – Bringt Galle und Blutung ins Fließen

Wiesenknopf – Die Blutstillerin der Volksmedizin

Wolfstrapp – Sanftes Regulans bei Schilddrüsenleiden

Yamswurzel – Lieferant für natürliches Progesteron

Zinnkraut – Strukturkraft für Knochen und Immunsystem

Anhang

Möglichkeiten und Grenzen der Selbstbehandlung

Medizinisches Glossar mit Therapiehinweisen

Zum Umgang mit den Rezepten

Dank

Quellen- und Literaturverzeichnis

Adressen und Bezugsquellen

Stichwortverzeichnis

Der Artemis

Königin, höre mich an,

Vielgerufene Tochter des Zeus,

Donnernde, hochgelobte Titanin,

Erhabene Bogenschützin!

Allerleuchtende, Fackelträgerin,

Göttin Diktynna, dem Kindbett hold;

Helferin in den Wehen,

Selbst aber dem Kindbett fremd.

Gürtellöserin, Freundin des Wahnsinns,

Sorgelösende, Jagende,

Rennerin, schleudernd die Pfeile,

Freundin der Jagd, die die Nacht durchstürmt;

Rufende, freundlich den Bitten,

Erlösende, männlich Gestaltete,

Orthia, Helferin bei der Geburt,

Der Menschen männernährende Gottheit;

Ambrosische, Göttin der Erde,

Tiertötende, gnädig Fügende;

Du besitzest als Eigen

Die Eichwälder der Berge,

Hirschjägerin, Heilige, Hehre,

Allkönigin, herrliches Reis,

Prangend in ewiger Schönheit!

Eichwaldgöttin, umbellt von den Hunden,

Kydonias, schimmernd Gestaltete:

Komm, helfende, freundliche Göttin,

Dem Flehn der Geweihten geneigt;

Herrliche Früchte entsende der Erde,

Frieden und lieblich gelockte Gesundheit;

Krankheit und Leiden lass fahren dahin

Auf die Gipfel der Berge!

Orphischer Hymnos an die Mondgöttin Artemis

Vorwort

Es ist nun bald ein Vierteljahrhundert her, dass mir einmal ein Freund in einem Gespräch gesagt hat: »Wenn du wirklich ein Buch schreiben willst, dann musst du ein Feuer in dir fühlen, das dich nachts aus dem Bett treibt, um zu schreiben; ein Feuer, das dir keine Ruhe mehr lässt …«

Zwar habe ich schon mit Leidenschaft Bücher geschrieben, aber ein solches Feuer, wie ich es dieses Mal fühlte, kannte ich bislang noch nicht. Genau genommen spüre ich dieses Seelenfeuer, das mich zahllose Stunden an den Schreibtisch gebannt hat, seit der Geburt unseres Sohnes im Mai 2006. Denn dank meiner rund zwanzigjährigen Erfahrung im Umgang mit Heilpflanzen und Naturarzneien für Frauen konnte ich eine unbelastete Schwangerschaft und Hausgeburt erleben. Dank der Erfahrungen mit Frauenkräutern konnte ich mich während der Schwangerschaft selbst behandeln, die Geburt optimal vorbereiten und den Geburtsablauf günstig beeinflussen. Ohne Heilpflanzen hätte ich während der Schwangerschaft Medikamente nehmen müssen, die dem kindlichen Organismus geschadet hätten. Auch hätten wir die Hausgeburt wegen Wehenschwäche abbrechen müssen, und sicher wäre ein Dammschnitt oder ein Kaiserschnitt nötig geworden. Doch so wurde diese Geburt für mich eine Einweihung in das weibliche Urmysterium des Lebenschenkens.

Aus der unendlichen Dankbarkeit, die mich über dieses wichtigste Ereignis in meinem Frauenleben erfüllt, entflammte ebenjenes Seelenfeuer, das mich in den letzten Monaten angetrieben hat, alles, was ich über Frauenkräuter weiß, nochmals zu sichten, zu sortieren, erneut nachzuschlagen, schließlich alles niederzuschreiben und immer wieder zu überarbeiten. Es fühlte sich wie ein höherer Auftrag an, der keinen Aufschub duldete.

Mit dem »Lexikon der Frauenkräuter« möchte ich meine Erfahrungen nun allen zur Verfügung stellen, die an Frauengesundheit interessiert sind. Durch die Verbreitung von fundiertem Pflanzenwissen soll die Frauenheilkunde und Geburtshilfe neue Impulse bekommen. Sowohl Therapeutinnen als auch betroffene Frauen sollen in diesem Nachschlagewerk Antworten auf ihre Gesundheitsfragen erhalten.

Wenn ich heute all meine Erfahrungen in einem Satz zusammenfassen müsste, dann könnte ich nur sagen: Grün ist die Hoffnung. Denn mit Heilpflanzen lässt sich scheinbar Unglaubliches bewegen. Insbesondere in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe kann die Phytotherapie zahlreiche Lücken schließen. Die meist seit Jahrhunderten erprobten Frauenkräuter bergen geradezu ungeahnte Kräfte in sich. Mit ihnen lassen sich Blutungen anregen oder stillen, Entzündungen und Schmerzen lindern, Zyklusstörungen und hormonelle Schwankungen regulieren, Wehen hemmen oder anregen … Die meisten Antibiotikagaben lassen sich durch Heilpflanzen ersetzen, ebenso kann man in vielen Fällen Hormonpräparate sowie Schmerzmittel umgehen, sofern man die Pflanzenkräfte richtig einsetzt. Nicht zuletzt wird bei sachkundiger Anwendung von Frauenkräutern sogar so manche Operation unnötig, insbesondere bei »schlechtem« Pap-Test, bei Myomen oder Zysten; und auch Kaiserschnitten kann man vorbeugen.

Obwohl die Pflanzenforschung heute recht weit vorgedrungen ist und oftmals die empirisch gewonnenen Erkenntnisse der Hebammen und Kräuterweiber des Mittelalters bestätigen konnte, haben es bislang nur eine Handvoll Arzneipflanzen in die Frauenarzt- und Hebammenpraxen geschafft. Dabei stammen die stärksten Medikamente der Schulmedizin ursprünglich aus dem Pflanzenreich, zum Beispiel enthält die Silberweidenrinde Salicin, eine Vorstufe von Aspirin, die schmerzstillenden Opiate der Krebstherapie leiten sich vom Schlafmohn ab, und die ersten Hormonpräparate wurden einst aus der Yamswurzel synthetisiert – um nur einige Beispiele zu nennen. Die Macht der Pflanzen ist groß, und die Möglichkeiten, die sich durch die Naturheilkunde eröffnen, sind noch lange nicht ausgeschöpft. Auch verlangen immer mehr Frauen nach sanften Alternativen aus der Natur.

Nie zuvor hat sich beispielsweise die natürlichste Sache der Welt, das »Kinderkriegen«, weiter von der Natur entfernt, als es heute der Fall ist. Sofern eine Schwangere bereits Fehlgeburten hatte, wird sie inzwischen routinemäßig mit einem halben Dutzend Arzneien versorgt, darunter Jodid, Folsäure, Magnesium, Gelbkörperhormone, Heparin und ASS. Dabei könnten die vorgenannten Arzneistoffe in vielen Fällen durch Frauenkräuter und Naturheilmittel ersetzt werden. Denn gegen fast jedes Frauenleiden sind Kräuter gewachsen – nur gegen das Schicksal kann und will die Natur nicht ankommen.

Nun wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viel Vergnügen und hoffe, dass Sie hier zu allen Frauenangelegenheiten fündig werden.

Möge Mutter Natur Ihnen wohlwollend beistehen!

Margret Madejsky,

zur Sommersonnenwende 2008

Aphrodite in der Muschel (O. Redon, 1912)

Einführung

Die Pflanzen der Göttin

Das Pflanzenreich beschenkt den Menschen seit Anbeginn der Zeit mit Nahrung, mit Baumwolle für Kleidung und Tücher, mit Holz für Gebrauchsgegenstände von der Wiege bis zum Sarg und nicht zuletzt mit Heil-, Schmerz- und Genussmitteln. Dabei macht Mutter Natur gewiss keinen Unterschied zwischen Frau oder Mann. Ihre Geschenke, die Heilkräuter, lässt sie seit Urzeiten für alle Geschöpfe gleichermaßen sprießen. Selbst die weniger naturverbundenen Menschen müssen doch zugeben, dass ohne die Gaben der Natur keine menschliche Existenz möglich wäre – wir hätten keinen Sauerstoff zum Atmen, unsere Tiere hätten nichts zu fressen, und unsere Teller wären leer … Spätestens wenn man sich dieser Tatsache bewusst wird, müssen einfach Dankbarkeit und Ehrfurcht aufkeimen.

Ebendiese Dankbarkeit und Ehrfurcht haben wohl unsere frühen Vorfahren empfunden, wenn sie das Wunder der sich ständig selbst gebärenden Natur beobachten konnten, die sich im Lauf der Zeiten unermüdlich erneuert und die als ewige Amme den Menschen wie alle anderen Geschöpfe dieser Erde beherbergt und nährt. Daher verehrten die alten Völker die Natur als Ausdruck göttlichen Wirkens, aber auch als Wohnort der göttlichen Mächte, und erhoben besonders wichtige Pflanzen schließlich zu Attributen ihrer Götter. Man denke dabei nur an die geburtsmächtige Mondgöttin Artemis, der die Artemisiagewächse wie etwa der Beifuß oder der Wermut unterstehen, die seit Urzeiten in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe Verwendung finden. Oder an das Kornmädchen Persephone, deren pflanzliche Attribute, Granatapfel und Mistel, bis heute frauenheilkundlich gebraucht werden. An Frau Holle, der einst als Muttergottheit und Seelengeleiterin Milchopfer dargebracht wurden und deren Name noch im Holunder mitschwingt. Oder man denke an Maria, welche die heidnischen Göttinnen im Zuge der Christianisierung abgelöst und deren Attribute übernommen hat (siehe die Tabelle auf Seite 16).

Zwar waren die alten Völker wie etwa die Griechen, die Römer oder die Kelten und Germanen bereits von Männern dominierte Gesellschaftsformen, doch das weibliche Urmysterium der Fruchtbarkeit und der Geburt hatte seinen Zauber in der Antike wie auch in der frühen Neuzeit noch lange nicht verloren. Vor allem in bäuerlichen Gemeinschaften erkannte man die Analogien zwischen Menschen-, Tier- und Pflanzenreich. Wie die Bäume, Sträucher und Pflanzen in Feld, Wald und auf der Wiese Früchte hervorbringen, so trugen eben Mensch oder Tier Leibesfrüchte aus. Daher brachten die Alten vor allem die fruchttragenden Gewächse wie etwa den Granatapfel, den Holunder, die Mistel oder den Mönchspfeffer mit ihren Fruchtbarkeitsgöttinnen in Verbindung. Die Ehre, einer Göttin unterstellt zu werden, wurde jedoch nur den wirkungsvollsten Pflanzen zuteil, die sich bei Mensch und Tier zuvor schon erprobt hatten.

Nicht weniger bedeutsam war wohl die Beobachtung, dass allein solche Bäume Früchte hervorbringen konnten, die zuvor geblüht hatten. Man erkannte sicherlich rasch, dass die Regel »Ohne Blüte keine Frucht« ebenso auf den Menschen zutreffen musste, und nannte die Mondblutung der Frauen daher »Monatsblum«, denn ohne dieses sichtbare Zeichen der Fruchtbarkeit konnte eine Frau keine Leibesfrucht empfangen und austragen. Daher waren alle menstruationsfördernden Kräuter von großer Bedeutung.

Das heilkundliche Interesse unserer Vorfahren drehte sich also hauptsächlich um die Fortpflanzungsfähigkeit sowie um die Geburt und um alles, was damit in Zusammenhang stand. Daher genossen ebenjene Heilkräuter und -wurzeln besonders hohes Ansehen, die über Kräfte verfügten, eine Mondblutung hervorzubringen, die Fruchtbarkeit zu steigern, eine Geburt zu erleichtern, eine Geburtsblutung zu stillen oder das lebensbedrohliche Wochenbettfieber zu verhüten. Alle Pflanzen, die den Frauen in ihren einst ureigenen Angelegenheiten beistanden, wurden früher oder später den zuständigen Göttinnen unterstellt und als Geschenke oder Attribute dieser Göttinnen verehrt, geheiligt oder geweiht und natürlich zu Heilzwecken verwendet. Daher ist auch der Umkehrschluss möglich, dem zufolge jede Pflanze, die einst mit einer Göttin assoziiert wurde, irgendwann einmal in der Frauenheilkunde oder Geburtshilfe eine Rolle gespielt haben muss. Beispielsweise finden alle Marienkräuter bis heute entweder in der Frauen- oder in der Kinderheilkunde Verwendung.

Die Ursprünge des Gebrauchs von Frauenheilpflanzen verlieren sich irgendwo in den Nebeln der Vorzeit. Bis ins Mittelalter hinein wurde das Frauenkräuterwissen üblicherweise innerhalb der Sippen mündlich weitergetragen. Meist war es die Dorfälteste, die während einer Geburt zu Hilfe gerufen wurde oder die man um Rat fragte, wenn zum Beispiel der Kindersegen zu lange ausblieb. Solche erfahrenen Frauen, in den alten Kräuterbüchern »empirische Weiber« genannt (oder geschimpft), kannten mitunter auch Möglichkeiten, dem übermäßigen Kindersegen mit Hilfe bestimmter Kräuter Einhalt zu gebieten, und endeten wegen ihrer Kenntnisse zur Geburtenregelung zu Abertausenden auf den Scheiterhaufen der Inquisition.

Schwertlilien sind Attribute der Götterbotin Iris. (Foto: M. Madejsky)

Blühende Myrte ist als Blume der Liebesgöttin Aphrodite bis heute im Hochzeitsbrauchtum vertreten. (Foto: O. Rippe)

Nach der Legende verfügt die Frühlingsgöttin Ostara über einen Schlüsselbund, mit dem sie die Herzen der Menschen aufschließen kann. Vermutlich dient die Schlüsselblume (Primula veris) der Göttin als Schlosskraut. (Foto: M. Madejsky)

Klostergarten auf der Fraueninsel, Chiemsee (Foto: O. Rippe) Viele Kräuter aus der Klostermedizin werden seit Urzeiten in der Frauenheilkunde verwendet.

Baldrianblüte (Foto: M. Madejsky)

Nach der Legende reitet die Göttin Bertha auf einem hopfengezäumten Hirsch durch den Götterhimmel und hält eine Baldriangerte in der Hand. Beide Gewächse, Baldrian wie auch Hopfen, zügeln im übertragenen Sinn die männliche Sexualkraft, die durch den Hirsch verkörpert wird.

Marienlinde in Linden bei Wessobrunn (Foto: M. Madejsky)

Ab dem 9. Jahrhundert löste Maria die heidnischen Muttergöttinnen ab. Zuvor galt die Linde als Wohnsitz der Ehegöttin Frigga, und der Frauenmantel war ebenfalls eines ihrer Attribute.

Verkündigung mit Madonnenlilie (J. W. Waterhouse, 1914)

Frauen im Hag (Holzschnitt, um 1500)

Die Akelei ist der Liebesgöttin Freya heilig und mit den Elfen im Bunde, daher auch der Name Elfenhandschuh. In der Gotik wurde sie zu einer Symbolpflanze Marias. Foto: O. Rippe.

Göttin Juno (Aquarell von G. Moreau, 1881)

Gewiss wurde ein Großteil des Frauenkräuterwissens zusammen mit den Hexen verbrannt, bei denen es sich nicht selten um kräuterkundige Hebammen handelte. Der Begriff Hexe, hegse oder hagsche leitet sich nämlich ursprünglich vom »Hag« ab, dem Wirkungsort dieser weisen Frauen, der eine Art Kräutergarten bezeichnet. Doch die Hexenpflanzen, Frauenkräuter und Mutterwurzen, welche die hagschen einst gesammelt und angewendet haben, gibt es immer noch, und manche von ihnen werden nun schon seit unzähligen Jahrhunderten in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe genutzt. Auch die Kräuterbücher des 16., 17. und 18. Jahrhunderts sind noch immer Schatztruhen voller Pflanzenwissen. Dort finden sich zahllose Hinweise auf die Kräfte der Frauenkräuter. Ein reichhaltiger Fundus, der neu entdeckt und wieder nutzbar gemacht werden will, denn jedes dieser Bücher beschenkt uns mit Dutzenden von frauenheilkundlich relevanten Stichwörtern – um nur einige zu nennen: »ehlich Werk befürdern« oder »reizet zu ehelichen Werken« (wirkt aphrodisierend), »Empfengnuß fürdern« (Fruchtbarkeit steigern), »stillet die übrige Zeit der Frawen« (wirkt blutflusshemmend), »verstandene Weiberzeit treiben« (regt die Menstruation an), »leget das Grimmen der Beermutter« (wirkt krampflösend), »Brüst so hart sind und Knollen haben von der Milch« (wirksam gegen Milchknoten), »Geburt fürdern und das Bälgle forttreiben« (Geburt und Nachgeburt austreiben), »treibet das Bürtlin« (wirkt geburtserleichternd), »Kindbetterin reinigen« (Wochenfluss anregen), »leget die Geschwulst der heimlichen Oerter« (heilt Wunden und Geschwüre am Genital) …

Göttinnen und ihre pflanzlichen Attribute

Aphrodite: griechische Liebesgöttin (römische Venus)

Rose (Rosa centifolia u. a.): Gebärmutterarznei und Symbolpflanze der Liebe Madonnenlilie (Lilium candidum): Fruchtbarkeitspflanze Myrte (Myrtus communis): Symbol für Ehe und Kindersegen Rosmarin (Rosmarinus officinalis): Hochzeitspflanze, Aphrodisiakum und Emmenagogum

Artemis: griechische Mond-, Jagd- und Geburtsgöttin (römische Diana)

Artemisiagewächse wie Beifuß (Artemisia vulgaris), Eberraute (Artemisia abrotanum) oder Wermut (Artemisia absinthium): Emmenagogum und Geburtsmittel

Bertha: keltische Fruchtbarkeitsgöttin

Hopfen (Humulus lupulus): Fruchtbarkeitspflanze Baldrian (Valeriana officinalis): Beruhigungsmittel

Brigida: keltische Muttergöttin

Birke (Betula sp.): Schamanenbaum und Wiegenholz

Demeter: griechische Vegetationsgöttin, Kornmutter

Getreidearten wie Hafer (Avena sativa) oder Roggen (Secale cereale): Kraftnahrung und Fruchtbarkeitssymbole Mutterkorn (Secale cornutum): Abortivum und Geburtsmittel Mohn (Papaver ssp.): Krampf- und Schmerzmittel

Freya: germanische Liebesgöttin

Linde (Tilia): Hochzeitsbaum und Geburtsmittel Akelei (Aquilegia vulgaris): alte Liebespflanze Frauenhaarfarn (Adiantum ssp.): Nierenheilpflanze

Frigga: germanische Göttin für Ehe und Kindersegen

Frauenmantel (Alchemilla ssp.): Universalheilpflanze für Frauen Erdbeere (Fragaria ssp.): Liebes- und Fruchtbarkeitssymbol Rotklee (Trifolium pratense): Symbolpflanze der dreifaltigen Göttin

Hekate: griechische Unterweltsgöttin

Alraune (Mandragora officinarum): Zauberwurzel, Aphrodisiakum, Betäubungsmittel und Abortivum Weide (Salix ssp.): Schmerzmittel

Hera: griechische Muttergöttin

Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus): Symbolpflanze der Keuschheit; Anaphrodisiakum und Fruchtbarkeitspflanze

Holda oder Holle: frühgermanische Muttergöttin und Seelengeleiterin

Holunder (Sambucus nigra): Gedeihbaum der Sippe, Fieberheilpflanze und Kindermittel

Iris: griechische Göttin des Regenbogens; geflügelte Götterbotin und Totengeleiterin

Iris (Iris versicolor): Symbolpflanze für Fruchtbarkeit und Wiedergeburt, Zahnungsmittel und Kosmetikum

Isis: altägyptische Fruchtbarkeits- und Mondgöttin

Eisenkraut (Verbena officinalis): Fruchtbarkeitspflanze und Wehenmittel; Diplomatenkraut der alten Römer

Juno: römische Muttergöttin

Madonnenlilie (Lilium candidum), die »Rose der Juno«, entspross aus Junos Muttermilch

Maria: christliche Muttergöttin

Frauenmantel (Alchemilla): Symbolpflanze der unbefleckten Empfängnis und »Allerfrauenheil« der Volksmedizin Lavendel (Lavandula angustifolia): Symbolpflanze der Reinheit Mariendistel (Carduus marianus): Leberheilmittel und Milchbildungspflanze Mariengras (Hierochloe odorata): Räucheropferpflanze Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus): Symbolpflanze der Keuschheit

Melitta: babylonische Fruchtbarkeitsgöttin

Mistel (Viscum album): volksmedizinische Fruchtbarkeitspflanze

Ostara: germanische Frühlings- und Sonnengöttin

Gänseblümchen (Bellis perennis): Emmenagogum, Hautheilpflanze und Milzmittel

Persephone: griechische Vegetationsgottheit; Kornmädchen und Tochter der Demeter

Granatapfel (Punica granatum): Symbolpflanze der Wiedergeburt und Quelle natürlicher Pflanzenhormone Mistel (Viscum album): Schlüssel zur Unterwelt und volksmedizinische Fruchtbarkeitspflanze Pappel (Populus ssp.): Unterweltsbaum und Wundarznei

Alraune und Zaunrübe, aufgenommen auf der Kykladeninsel Amorgos (Foto: M. Madejsky).

Alraunweiblein (J. W. v. Cube, 1485)

Nach dem Aberglauben wohnt in der anthropomorphen Alraunenwurzel ein Totengeist.

Auch im weißen Bilsenkraut kommen krampflösende Alkaloide vor, mit denen sich Regelbeschwerden »weghexen« lassen. (Foto: M. Madejsky)

Hexe mit Alraunpuppe (J. H. Füssli, 1812)

Weil die Alraune ihrem Besitzer Zauberkräfte verleihen soll, wurde sie im Mittelalter teuer gehandelt und vielfach gefälscht.

Circe (F. v. Stuck, 1913)

Der Trank, mit dem die Erzhexe Circe die Begleiter des Odysseus in Schweine verwandelt haben soll, enthielt möglicherweise die aphrodisierende Alraune.

Einst gebrauchten Hebammen das Mutterkorn zum Stillen von Geburtsblutungen, denn es enthält die Gebärmutter kontrahierende Alkaloide. (Foto: M. Madejsky)

Der griechischen Fruchtbarkeitsgöttin Demeter unterstehen auch Hebammenmittel wie das Mutterkorn. (Foto: O. Rippe)

Die Küchenschelle trägt im Volksmund den Beinamen Bärblume, der auf die einstige Verwendung in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe hindeutet. (Foto: M. Madejsky)

Vor dem Marienmünster in Dießen warten festlich gekleidete Kinder mit prächtigen Kräuterbuschen auf Einlass. Die mitgebrachten Kräuter werden kirchlich geweiht und gelten dann im Volksglauben als besonders heil- und zauberkräftig. Die Weihkräuter zählen allesamt zu den Marienkräutern und wurden bereits in vorchristlicher Zeit frauenheilkundlich genutzt. (Foto: M. Madejsky)

Beifußblüten (Foto: H. Amann)

Wie alle Artemisiagewächse dient auch der Beifuß seit Jahrhunderten als geburtserleichterndes Mutterkraut.

Das wohlriechende Mariengras diente bereits den Heiden als Räucheropfer an die große Göttin. (Foto: O. Rippe)

Frauenmantel (Kupferstich, um 1700)

Der Frauenmantel blickt auf eine viele Jahrhunderte alte Heiltradition als Frauenkraut zurück. Bei jungen Frauen löst er Unterleibskrämpfe, später fördert er die Fruchtbarkeit und verhütet Fehlgeburten, und im Alter stärkt er die Knochen.

15. August, Kräuterweihe im Marienmünster in Dießen am Ammersee (Foto: O. Rippe)

Rot wie das Menstrualblut

Wenn auch mit den Hexenverbrennungen im Mittelalter wertvolles Pflanzenwissen unwiederbringlich verloren gegangen ist, so blühen und sprießen doch ebenjene Kräuter und Wurzeln, die einst von den weisen Frauen gebraucht wurden, immer noch unverzagt am Wegesrand, auf Wiesen und Almen, an Bachufern oder in den Wäldern. Und es scheint, als ob diese Pflanzen eigentlich nur darauf warteten, von uns bemerkt, in ihren Heilkräften erkannt und gebraucht zu werden.

Lange bevor es Bücher, Lehrer oder Schulen gab, war die Natur die einzige Lehrmeisterin der Menschen. Von ihr musste alles Wesentliche gelernt werden, zum Beispiel was essbar ist und was nicht. Doch die Schöpferkräfte haben alle ihre Gaben gekennzeichnet, damit man die ihnen innewohnenden Kräfte bemerken, begreifen und nutzbar machen kann. Der Schlüssel zum Verständnis der Natur, der zugleich der Schlüssel zum Verständnis der Heilpflanzen ist, sind die Signaturen oder die Zeichen, mit denen jedes Gewächs dieser Erde ausgestattet ist. Als es noch keine Labore und Wissenschaftler gab, wussten die weisen Frauen bereits von den Heilkräften der Pflanzen und gebrauchten diese rege. Vieles haben die Menschen sicherlich von den Tieren abgeschaut. Daher dürfte eine Wurzel der Heilkunst in den sesshaften bäuerlichen Kulturen liegen und natürlich schon viel früher bei den Nomadenstämmen, die durch Tierbeobachtungen erstes Heilpflanzenwissen erworben hatten und durch das Schlachten der Tiere über anatomische Kenntnisse verfügten, um Mensch, Tier und Pflanze miteinander vergleichen zu können. So mancher Pflanzenname wie etwa »Hirschzunge« oder »Leberblümchen« erzählt noch heute von diesen Erkenntnissen unserer frühen Vorfahren.

Alle Pflanzen, nicht nur die Frauenkräuter, tragen besondere Zeichen, an denen naturverbundene Menschen die einem Gewächs eigenen Kräfte erkennen können. Man könnte diese Signaturen auch mit Tierfährten vergleichen: Ein ungeschulter Blick vermag nicht zwischen den Spuren von Fuchs und Hase zu unterscheiden, doch der erfahrene Jäger kennt die charakteristischen Merkmale.

Ähnlich verhält es sich mit den Zeichen, anhand deren Frauenkräuter erkannt werden. Eine kundige Kräuterfrau sieht in der Pflanze eben mehr als nur einen Stengel mit grünen Blättern und schönen Blumen.

Die Signaturen von Frauenkräutern sind genauso vielfältig, wie die Frauenheilkunde und Geburtshilfe ein weites Feld ist. Viele von ihnen sind zum Beispiel durch ihre rote Farbe gekennzeichnet, welche die Sympathie zum Blut anzeigt, also eine Art Urverwandtschaft mit dem Mondblut aufweist. So trägt zum Beispiel die blutungsanregende Berberitze rote Früchte, der menstruationsfördernde Beifuß hat einen rötlich überlaufenen Stengel, der blutstillende Tormentill hat blutrot färbende Wurzeln, die Johanniskrautblüten geben beim Zerreiben »Johannisblut« ab, und die eisenhaltige Brennnessel zeigt in ihren rostroten Frühlingstrieben den Bezug zum Menstrualblut.

Nicht nur im Früchtereichtum oder in der Blutfarbe Rot erblickt man typische Signaturen von Frauenheilpflanzen. Auch Formähnlichkeiten zwischen Pflanze und Organ dienen nicht selten als Hinweis auf die in dem Gewächs wirkenden Kräfte. Wie sieht aber das pflanzliche Ebenbild einer Gebärmutter oder eines Eierstocks aus, wonach muss man in der Natur suchen? Einige Beispiele sollen dies veranschaulichen: Die Kamille erhielt ihren früheren botanischen Namen Matricaria (vom lateinischen matrix [= »Gebärmutter«]) deswegen, weil die hohlen Blütenköpfchen den Bezug zu dem Hohlorgan Gebärmutter herstellen, für die sie eine eröffnende und krampflösende Arznei ergeben. Ferner wurde auch der Frauenmantel wegen seiner schüsselartigen Form stets mit dem weiblichen Geburtsschoß verglichen. Eine Art Formverwandtschaft mit den Keimdrüsen haben Granatäpfel und Koloquinten, deren Früchte im Querschnitt an Eierstöcke mitsamt den unzähligen Keimzellen oder eben mit den Zysten erinnern. Erstgenannte liefern Pflanzenhormone, die mit den in den Eierstöcken gebildeten weiblichen Sexualhormonen völlig identisch sind. Das bedeutet, dass nicht nur die Form, sondern auch die Stofflichkeit eine Art Verwandtschaft hat. Letztere, die Koloquinte, dient – ganz ihrem Erscheinungsbild entsprechend – als Kardinalheilpflanze bei Eierstockzysten.

Wie bereits angedeutet wurde, ist eine der wichtigsten Signaturen von Frauenkräutern die Fruchtbarkeit der Pflanze selbst. Der Signaturenlehre zufolge beeinflussen vor allem solche Pflanzen, die reichlich Beeren, Früchte oder Samen hervorbringen, das menschliche Fortpflanzungsvermögen. In ihnen wohnt nach alter Ansicht ein Fruchtbarkeit spendender Vegetationsgeist. Daher verwundert es nicht, dass samen- und früchtereiche Pflanzen wie etwa Brennnessel, Mistel oder Mönchspfeffer bis heute zu den bedeutsamsten Fruchtbarkeitspflanzen der Naturheilkunde gehören.

Eine weitere Signatur von Frauenheilpflanzen erkennt man beispielsweise im rhythmischen Aufbau mancher Gewächse. So unterliegen etwa Bilsenkraut, Frauenmantel, Gänsefingerkraut, Kaffee, Wolfstrapp und viele andere Heilpflanzen in ihrem Aufbau strengen Rhythmen und wirken dieser Formensprache entsprechend auf zyklische Prozesse wie die Menstruationsblutung. Den Bezug zu den weiblichen Rhythmen erkennt man manchmal auch am Blührhythmus; zum Beispiel im abendlichen Erblühen der Nachtkerze, denn die Sonne, die den Tag erhellt, verkörpert das männliche und der Mond als Nachtlicht das weibliche Prinzip – also unterstehen auch alle Pflanzen, die sich erst am Abend öffnen, dem Mond. Pflanzen wie Ginster oder Jasmin verströmen ihren Duft am Ende des Tages und offenbaren dadurch ebenfalls ihre Affinität zum Mond sowie zum Weiblichen. Gänseblümchen, Ringelblumen oder Silberdisteln öffnen sich nur bei schönem Wetter und schließen ihre Blüten, sobald Regen naht. Solche Wetteranzeiger reagieren, wie man heute weiß, auf die Luftfeuchtigkeit, und darin zeigt sich auch ihr Bezug zum Mond, der nicht nur die Weltenmeere bewegt und Ebbe wie auch Flut bewirkt, sondern der über alle irdischen Flüssigkeiten regiert, also auch über die Luftfeuchtigkeit. Die Wetterorakelblumen beweisen in ihrer Empfindlichkeit zugleich eine Art Urverwandtschaft zum Muttermund, der sich ebenfalls rhythmisch verhält: Während der Regelblutung öffnet er sich ein wenig, und dann schließt er sich wieder und bleibt bis zum Eisprung verschlossen, um sich danach für kurze Zeit erneut leicht zu öffnen.

An den rosa Blüten des Heidekrauts erkennt man die Zugehörigkeit zur Planetenkraft Venus wie auch die Gelassenheit spendenden Heileigenschaften. (Foto: M. Madejsky).

Die roten Blütenknospen wie auch die Stengel zeigen den Einfluss des Stinkenden Storchschnabels auf die Mondblutung an. (Foto: M. Madejsky)

Im Querschnitt erinnert der Granatapfel an einen Eierstock mit seinen unzähligen Keimzellen. Tatsächlich zeigt der Granatapfel nicht nur Formverwandtschaft, sondern er enthält im Samenmantel Östrogene, die mit den in den Eierstöcken gebildeten weiblichen Sexualhormonen identisch sind. (Foto: M. Madejsky)

An der Schnittstelle einer Löwenzahnwurzel tritt weißer Milchsaft aus und zeigt dem Signaturkundigen die Sympathie zur Lymphe sowie zur Muttermilch an. (Foto: O. Rippe)

Formverwandtschaft zum weiblichen Genital zeigen beispielsweise Taubnesseln, die im Volksmund »Frauennesseln« heißen, weil ihre zarten Blüten an eine Vagina erinnern. Taubnesselblüten sind außerdem bleich wie die Mondin selbst, und vielleicht erregte ebendies einst die Aufmerksamkeit der weisen Frauen. Überhaupt findet man die weiße Farbe bei den Frauenkräutern fast ebenso häufig wie die Blutfarbe Rot. Zum Beispiel bilden Küchenschellen wie auch Waldreben silbrige Samenfäden. Birken haben zumindest in der Jugend eine auffallend weiße Rinde. Der Löwenzahn bringt einen weißen Milchsaft hervor, und die Mariendistel hat entlang der Blattnerven milchweiße Flecken. Was also will uns die weiße Farbe sagen?

Wie schon die Naturvölker, die Nomaden, die Bauern oder die Zigeuner, so verfügten auch die weisen Frauen über gewisse Signaturenkenntnisse. In jedem Fall spielten bei der Pflanzenbetrachtung seit Urzeiten zwei Motive eine wesentliche Rolle:

Man suchte in der Natur nach einem pflanzlichen Gegenbild. Das Heilmittel sollte demnach irgendeine Ähnlichkeit aufweisen, entweder mit der Krankheit, mit dem kranken Organ oder mit dem betroffenen Körpersaft. Viel zitiert ist das Beispiel der dreizähligen Blätter von Schöllkraut oder Leberblümchen, die auf die dreilappige Leber wirken. Um bei der weißen Farbe zu bleiben: Die weißen Taubnesselblüten haben Ähnlichkeit mit dem oder Sympathie zum »weißen Mutterfluss«, der weiße Milchsaft des Löwenzahns wie auch die milchweißen Flecken auf den Mariendistelblättern zeigen Sympathie zur Lymphflüssigkeit sowie zur Muttermilch usw.

Oder man hat in einem Gewächs etwas erkannt, was dem kranken Menschen fehlt und was er mit Hilfe der Pflanze ersetzen möchte. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn eine unfruchtbare Frau durch besonders fortpflanzungsfreudige Gewächse Heilung sucht.

Einerseits zeigen die Farben wie gesagt Sympathie zu Körpersekreten wie etwa zum Blut, zur Galle, zur Lymphe, zur Muttermilch, zum eitrigen Wundsekret usw. Andererseits erlauben die Farben eine Zuordnung zu den vorherrschenden Planetenkräften und zeigen damit zugleich ihren Wirkungsort im Menschen oder eben das Zielorgan an:

Mond – Unterleib, Lymphe, Haut und Schleimhäute:

weiße oder silbrige Behaarung, Milchsäfte, weiße Blüten, weiße Blattäderung, weiße Rinde, weiße Blattflecken usw.

Merkur – Drüsen, Hormone, Stoffwechsel:

veränderliche Farben, Farbwechsel, Komplementärfarben, blaue Blüten, blaues Prinzip usw.

Venus – Gebärmutter, Nieren, Schilddrüse:

hellgrüne Blätter wie Frauenmantel, Linde oder Melisse, rosa Blüten, liebliche Farben und Formen.

Sonne – Herz-Kreislauf-, Immunsystem:

gelbliche Pflanzensäfte; gelbe oder rote Blüten, vor allem solche, die Sonnenscheiben ähneln.

Mars – Gallenblase, Blut und Abwehrkräfte:

rote Blüten, Stengel, Rinde, Beeren, Früchte, roter Pflanzensaft oder rote Wurzeln.

Jupiter – Leber, Bindegewebe:

safrangelbe Blüten, Wurzeln oder Pflanzensäfte, gelbfärbende Pflanzen.

Saturn – Knochen und Gelenke:

schwarze Äderung der Blüten, schwarze Rinde, Wurzeln, Samen, Beeren oder Früchte.

Da die Liste der Signaturen endlos ist, sei noch auf ein letztes bedeutsames Zeichen hingewiesen: den Namen. Der berühmte Arzt Paracelsus, der einst die Signaturenlehre als wahren Eingang in die Arzneikunst rühmte, wusste bereits, dass der Name einem Kraut wie eine Art Schelle anhängt; und wie der Narr an der Schelle, so werden die Pflanzen an ihren Namen erkannt. Schlägt man alte Kräuterbücher auf, dann tragen die Frauenkräuter in der Regel doch sehr viel sagende Namen wie etwa Bärwurz, Frauenmantel, Jungferntrost oder Mutterkraut. Dies versteht sich in jedem Fall als Hinweis darauf, dass sich ebenjene Pflanzen, in deren Namen die Frau, die Hexe, die Jungfer, das Weib, die (Ge-)Bärmutter oder Ähnliches steckt, über besondere Eigenschaften verfügen, die in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe nützlich sind. Denn nur die wirkungsvollsten Frauenkräuter heißen Frauenminze oder Mutterwurz (siehe die Tabelle auf Seite 25).

An der rostroten Farbe erkennt man den hohen Eisengehalt. Dieser Farbsignatur entsprechend, regt die Brennnessel die Blutbildung an und füllt den Eisenspiegel auf. (Foto: M. Madejsky)

Der rhythmische Blattaufbau des Gänsefingerkrauts zeigt Sympathie zu der Menstruationsblutung. (Foto: M. Madejsky)

Europäischer Wolfstrapp (Foto: M. Madejsky)

Die gegenständigen Blätter sind rhythmisch angeordnet und offenbaren ihr rhythmisierendes Wesen.

Die silbrige Behaarung der Küchenschellen ist eine mondhafte Signatur, die den heilsamen Einfluss auf die Keimdrüsen anzeigt. (Foto: O. Rippe)

Die milchhellen Flecken auf dem Mariendistelblatt stellen den Bezug zur Lymphe und zur Muttermilch her. (Foto: M. Madejsky)

Astrologische Darstellung der Venus (kolorierter Holzschnitt, um 1470) Viele Frauenkräuter unterstehen der Planetenkraft Venus und wirken auf Venusorgane wie Gebärmutter oder Nieren.

Pflanzenhormone und hormonartig wirkende Heilpflanzen

»In allen Jahrhunderten hat sich die Menschheit darüber Gedanken gemacht, wie es kommt, dass ein Samenkorn einen Trieb in die Erde und einen anderen Trieb zum Lichte empor sendet … Die Triebstoffe, die solche Wirkungen auslösten, wurden für übertragbar auf den Menschen gehalten. Es fehlte aber an klaren Vorstellungen … Die Erforschung der Pflanzenhormone nahm erst feste Umrisse an, nachdem man die Hormone des Tierreichs genau kennen gelernt hatte … Die Vermutung, dass die Triebstoffe im Tierreich mit denen des Pflanzenreiches identisch sein könnten, trat recht bald auf. Der Beweis konnte allerdings erst für einzelne Hormone in den letzten Jahren erbracht werden.«

(Gerhard Madaus, Lehrbuch der biologischen Heilmittel, 1938)

Der Begriff Hormon leitet sich von dem griechischen Wort hormãn (= »antreiben, anregen, in Bewegung setzen«) ab, denn Hormone beeinflussen im menschlichen wie im tierischen Organismus, aber auch in der Pflanze den Stoffwechsel. In erster Linie dienen sie der Informationsübertragung zwischen verschiedenen Zellarten. Somit übernehmen sie im Lebewesen eine ähnliche Funktion wie der geflügelte Götterbote Hermes – dessen Name derselben Wortwurzel entspringt – in der Götterwelt. Kaum eine Körperfunktion läuft unabhängig von diesen Botenstoffen ab. Ohne Hormone wäre bereits der Zeugungsakt undenkbar und erst recht das Wunder der embryonalen Entwicklung oder die Geburt selbst. Kleinste Mengen dieser winzigen Moleküle im Nanobereich beeinflussen grundlegend alle Stoffwechselvorgänge, regeln die Fortpflanzung und nicht zuletzt sogar das Sozialverhalten sowie das persönliche Wohlbefinden – Grund genug, sich ein wenig mit Hormonen zu befassen.

Seit einigen Jahren wecken die Pflanzenhormone großes Interesse in der weiblichen Bevölkerung. Vor allem seit zwei große Studien (Women’s Health Initiative und die Million Women Study) bewiesen haben, dass die schulmedizinische Hormonersatztherapie, also die Langzeitanwendung von Östrogenen oder Östrogen-Gestagen-Kombinationen bei Wechseljahrsbeschwerden, mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Brustkrebs einhergeht. Darüber hinaus zeigte sich, dass gleichzeitig mit dem Rückgang der Verordnungen für eine Hormonersatztherapie in den USA auch die Brustkrebsrate um bis zu 12 Prozent sank. Für die Anwendung von Phytohormonen sprechen darüber hinaus auch die niedrigen Brustkrebsraten in asiatischen Ländern, wo etwa die Phytohormone der Sojapflanze in relativ großen Mengen mit der täglichen Nahrung aufgenommen werden.

Dies steht allerdings den aktuellen Empfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) entgegen. Das BfR hat erst kürzlich eine ausführliche Stellungnahme zu Isoflavonen aus Rotklee oder Soja abgegeben. Sinngemäß lautet der Inhalt dieser Stellungnahme, dass zum einen die Wirksamkeit der Isoflavone bei Wechseljahrsbeschwerden nicht wissenschaftlich bewiesen sei. In der Tat zeigte sich in einigen kontrollierten Studien sowie in Metaanalysen, dass die Isoflavone aus Rotklee oder Soja nur eine Besserung leichter Wechseljahrsbeschwerden bewirken, und die Ergebnisse waren nicht gerade herausragend. Allerdings kann auch nicht jede Frau die zugeführten Phytohormone gleichermaßen gut verwerten, wie wir später noch sehen werden.

Zum anderen warnt das BfR vor möglichen Nebenwirkungen und Langzeitfolgen, vor allem bei hochdosierter Einnahme von isolierten Isoflavonen, etwa in Form von Nahrungsergänzungsmitteln. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass Isoflavone die Wirkung bestimmter Medikamente (z. B. Tamoxifen) aufheben könnten. Das BfR vertritt daher die Meinung, dass vor allem dann von der Einnahme isolierter Isoflavone abzuraten ist, wenn östrogenabhängige Tumoren bestehen (z. B. Brustkrebs, Gebärmutterkrebs, Myome) – oder bei Kropfneigung, da Isoflavone auch die Schilddrüsenfunktion beeinflussen können. Diese Empfehlungen oder besser Warnungen gelten allerdings in Fachkreisen, das heißt unter Apothekern und Naturheilkundlern, als umstritten.

Doch um welche Stoffe handelt es sich eigentlich? Unter dem Begriff Phytohormone fasst man zunächst einmal verschiedene Pflanzeninhaltsstoffe mit hormonartiger Wirkung zusammen. Nur wenige Pflanzen enthalten tatsächlich Hormone. Ein Beispiel ist jedoch der Granatapfel, in dessen Samen man reines Östron fand, das mit den in den Eierstöcken gebildeten weiblichen Sexualhormonen völlig identisch ist. Allerdings handelt es sich beim Östron um ein relativ schwach wirksames Östrogen, das unter anderem wegen seiner geringen Hormonwirkung kein großes krebserregendes Potenzial in sich bergen kann. Im Gegenteil: Inzwischen belegen einige Studien, dass der Granatapfel um ein Vielfaches stärker antioxidativ und somit krebsfeindlich wirkt als beispielsweise Grüntee. Die hormonelle Wirkung des Granatapfels wird seit Jahrhunderten rege genutzt. In Persien wie auch in anderen arabischen Ländern genießt der Granatapfel seit Urzeiten hohes Ansehen, und Frauen wie Männer kauen die Kerne regelmäßig, um ewig jung zu bleiben. In der Tat wirken die relativ kleinen Mengen dieser sanften Phytohormone stimmungsaufhellend und hautverjüngend. Seit immer mehr Frauen die schulmedizinische Hormonersatztherapie ablehnen, bemüht sich die Pharmaindustrie vermehrt um männliche Kunden. Die Granatapfelhormone scheinen den Männern nicht zu schaden. Zwar wirken größere Östrogenmengen zuverlässig dämpfend auf ihren Sexualtrieb, kleinere Dosen wirken jedoch verjüngend und heben spürbar die Spannkraft. Daher verwundert es nicht, wenn in arabischen Ländern auch das vermeintlich starke Geschlecht sich durch die regelmäßige Zufuhr kleiner Mengen Phytoöstrogene fit hält.

Doch der Wirkmechanismus der Pflanzenhormone ist noch ein wenig komplexer. Bis vor wenigen Jahrzehnten hat man sich die Wirkung von Phytohormonen so erklärt, dass diese sich an Hormonrezeptoren binden und im Gegensatz zu körpereigenen Hormonen eben nur Teilfunktionen übernehmen. Darüber hinaus handelt es sich bei den Phytohormonen um völlig unterschiedliche Wirkstoffgruppen. Hormonartig wirken hauptsächlich Isoflavone sowie bestimmte Flavonoide, ferner Lignane und Coumestane. Heute bezeichnet man diese Phytohormone als selektive Östrogen- bzw. Estrogen-Rezeptor-Modulatoren, kurz: SERM. Lange Zeit konnte man sich nicht erklären, warum Phytoöstrogene mal eine östrogenartige Wirkung und mal eine antiöstrogene Wirkung zeigen. Inzwischen ist bekannt, dass es im menschlichen Organismus zweierlei Östrogenrezeptoren gibt, die sich in jeweils anderen Organen finden und unterschiedliche Wirkungen vermitteln.

Die Alpha-Estrogen-Rezeptoren (ERAlpha) kommen vor allem in der Gebärmutter, in der Brust und in der Leber vor und vermitteln unter anderem sogenannte proliferative und entzündungsfördernde Effekte. Das heißt, eine Stimulation dieser Alpha-Rezeptoren kann das Tumorwachstum in der Brustdrüse oder in der Gebärmutter anregen.

Pflanzenhormone binden sich jedoch überwiegend an Beta-Estrogen-Rezeptoren. Diese finden sich vor allem im Darm, in der Prostata, im Knochengewebe und in den Gefäßwänden. ER vermitteln unter anderem entzündungshemmende und antiproliferative Effekte. Die Stimulation dieser Rezeptoren bewirkt also eine Wachstumshemmung von Tumorzellen. Inzwischen geht man sogar davon aus, dass Phytoöstrogene, die sich an Hormonrezeptoren binden, verhindern, dass die besetzten Estrogen-Rezeptoren beispielsweise durch östrogenartig wirkende Umweltproblemstoffe (z. B. DDT) stimuliert werden können, wodurch deren krebserregender Effekt ausbleibt. Jedenfalls liegen mittlerweile zahlreiche Studien vor, die auf eine krebsfeindliche Wirkung der Phytoöstrogene schließen lassen. Eine Studie des japanischen nationalen Krebsinstituts konnte beispielsweise nachweisen, dass Isoflavone das Brustkrebsrisiko um bis zu 30 Prozent senken. Das Deutsche Krebsforschungsinstitut in Heidelberg konnte dies nur bestätigen: Die Zufuhr von Isoflavonen und Lignanen ergab ein um bis zu 50 Prozent vermindertes Krebsrisiko. In einigen Studien untersuchte man darüber hinaus, ob sich vielleicht das Brustgewebe durch die Isoflavone verdichten könnte. Doch die mammografischen Untersuchungen ergaben keine Hinweise auf eine gewebsverdichtende Wirkung der Phytohormone. Bislang unerforscht ist dagegen die hochdosierte Dauereinnahme von isolierten Isoflavonen aus genmanipulierten Sojapflanzen. Aufgrund der Genmanipulation könnte es möglicherweise zu einer modifizierten Hormonwirkung kommen, so dass eine Wachstumsstimulation von Tumorzellen nicht mehr völlig ausgeschlossen werden kann. Nicht zuletzt hat sich im Umgang mit Pflanzen stets gezeigt, dass ein isolierter Wirkstoff eigentlich immer unerwünschte Nebeneffekte hervorbringt oder verstärkt – im Gegensatz zum natürlichen Wirkstoffgemisch, das so in der Pflanze vorkommt und sich in der Regel als weit verträglicher erweist.

Die Existenz der unterschiedlichen Estrogen-Rezeptoren erklärt auch, warum die Phytohormone mal eine östrogenartige und mal eine antiöstrogene Wirkung haben. Vor der Menopause besetzen Phytohormone nämlich die Rezeptoren und verhindern, dass diese durch körpereigene Sexualhormone oder durch krebserregende Chemikalien wie etwa DDT stimuliert werden. Somit wirken Phytohormone vor dem Wechsel antiöstrogen. Wenn jedoch ab dem Wechsel die körpereigene Östrogenproduktion allmählich nachlässt, dann gleichen die östrogenartigen Pflanzeninhaltsstoffe den Östrogenmangel auf sanfte Weise aus und entfalten somit ihre östrogenartige Wirkung. Die durch Phytohormone erzielten Effekte werden von Experten jedoch um ein Vielfaches schwächer eingestuft als die der körpereigenen Sexualhormone: Isoflavone aus der Sojapflanze haben schätzungsweise eine hundert- bis tausendfach schwächere hormonelle Aktivität als Steroidhormone wie etwa 17-β-Estradiol. Allein deswegen birgt die Einnahme von Phytohormonen ein wesentlich geringeres Krebsrisiko in sich als die übliche Hormonersatztherapie.

Allerdings genügt es keineswegs, die krebsfeindlichen und hormonell ausgleichenden Phytohormone einfach nur mit der Nahrung oder als Nahrungsergänzung zuzuführen, denn vor allem die Verwertung der Soja-Isoflavone hängt von mehreren Faktoren ab, besonders von einer intakten Darmflora. In der Pflanze liegen die Phytohormone nämlich meist als inaktive Vorstufen vor, die erst mit Hilfe von Darmbakterien aufgeschlossen und in hormonartig wirkende Stoffe umgewandelt werden. Experten vermuten, dass bis zu 30 Prozent der Bevölkerung westlicher Industrienationen die inaktiven Vorstufen gar nicht in die hormonell wirksamen Verbindungen umwandeln können. Das dürfte auch der Grund sein, warum die eine Frau sich durch den regelmäßigen Genuss von Sojamilch oder Sojakapseln spürbar wohler fühlt, wohingegen die andere Frau trotz konsequenter Einnahme hochdosierter Isoflavon-Präparate keine Linderung ihrer Wechseljahrsbeschwerden erfährt.

Abgesehen von den Phytohormonen, die aus der Sojapflanze oder vom Rotklee stammen, gibt es natürlich noch unzählige weitere Pflanzen, die Einfluss auf das Hormonsystem nehmen. Viele sind noch nicht ausreichend erforscht, um genau sagen zu können, welcher Wirkstoff für die hormonell regulierenden Eigenschaften verantwortlich ist. Greift man zum Beispiel einmal den Frauenmantel heraus, so wird deutlich, dass die Erforschung der hormonartig wirkenden Pflanzeninhaltsstoffe noch in den Kinderschuhen steckt. Frauenmantelarten haben sich seit vielen Jahrhunderten als sanftes Frauenmittel in der Volksmedizin behauptet. Gleich, ob es sich um Stimmungsschwankungen vor der Regel, um ungewollte Kinderlosigkeit oder um eine Fehlgeburtsneigung handelt – der Frauenmantel erweist sich bei hormonell bedingten Frauenleiden als mildes, aber zuverlässiges Mittel, ohne dass man hormonartige Stoffe in ihm gefunden hätte. Dennoch beeinflusst er das Hormonsystem in einer Weise, dass man ihn in der ersten Zyklushälfte als östrogenisierend und dem Eisprung förderlich bezeichnen muss, wohingegen er in der zweiten Zyklushälfte mehr die Produktion der Gelbkörperhormone begünstigt. Wegen dieser Heileigenschaften wird der Frauenmantel von Kräuterkennern bei Funktionsschwäche der Fortpflanzungsorgane sowie als Gebärmuttertonikum geschätzt.

Wegen der hormonartigen Wirkung schätzen Asiaten die Ginsengwurzel seit Jahrtausenden als Aphrodisiakum und Lebenselixier. (Sammlung Kräutergarten, München; Foto: O. Rippe)

Mönchspfeffer (Lonitzer [Lonicerus], 1560)

Die Früchte des Keuschbaums dienten bereits den Mönchen im Mittelalter als triebdämpfender Pfefferersatz. Sie stellen darüber hinaus das Gleichgewicht zwischen Östrogenen und Gelbkörperhormonen her und bewähren sich daher in der naturheilkundlichen Fruchtbarkeitsbehandlung.

Schwangerschaft (Pregnatio, J. D. Mylius, 1628)

Weidenkätzchen (Foto: M. Madejsky)

In den männlichen Blüten fand der Pflanzenforscher Gerhard Madaus männliche Sexualhormone.

Blühendes Süßholzpflanze. Aus dem eingedickten Wurzelsaft stellt man Lakritze her, die eine corticoidähnliche Wirkung hat. (Foto: M. Madejsky)

In den Brutzwiebeln der Tigerlilien finden sich hormonähnliche Stoffe. Daher verbessern homöopathische Verdünnungen der Tigerlilie auf ähnliche Weise die Bildung von Gelbkörperhormonen wie der Mönchspfeffer. (Foto: M. Madejsky)

Hermes, Fresko von Giambattista Tiepolo, 18. Jahrhundert.

Yamswurzel auf dem Viktualienmarkt in München (Foto: I. und P. Schönfelder).

In der Homöopathie gehört die Küchenschelle (Pulsatilla) zu den großen Frauenmitteln bei Gelbkörperschwäche. (Foto: M. Madejsky)

Folglich ist eine hormonelle Wirkung vorhanden, der genaue Wirkmechanismus blieb bislang jedoch ungeklärt. Ähnlich verhält es sich mit vielen weiteren Pflanzen, denen vor allem Volksmediziner eine hormonartige Wirkung zusprechen, zum Beispiel Anis, Fenchel, Koriander, Melisse oder Walnuss.

Viele Arzneipflanzen haben einen mehr oder weniger starken Einfluss auf hormonabhängige Körperfunktionen wie etwa auf die Milchbildung, die durch die Hormone Prolaktin und Oxytozin reguliert wird. Andere Pflanzen wirken wehenerregend und zeigen damit oxytozinähnliche Wirkung, etwa Beifuß, Eisenkraut, Rainfarn oder Raute. Wieder andere beeinflussen die Schilddrüsenfunktion, was sich auf das übrige Hormonsystem sowie auf den Gesamtstoffwechsel auswirkt, beispielsweise Blasentang, Efeu, Eisenkraut, Melisse oder Wolfstrapp.

Mit anderen Worten: Hormonartig wirkende Pflanzen sind so weit verbreitet, dass diese selbst beim allerbesten Willen nicht alle aufgezählt werden könnten. Interessant ist dabei, dass man inzwischen in unzähligen Pflanzen östrogenartig wirkende Stoffe finden konnte. Gerhard Madaus, der die Pflanzenhormone in den dreißiger und vierziger Jahren ausgiebig erforscht hat, wies darauf hin, dass die Pflanzenöstrogene auch mit dem jeweiligen Geschlecht der Pflanzen zu tun haben: »Das Follikelhormon findet sich bekanntlich besonders angereichert im Urin trächtiger Stuten und auch, wie später festgestellt wurde, im Urin schwangerer Frauen. Bei den Pflanzen befindet es sich hauptsächlich in weiblichen Blütenorganen, so z. B. in Nuphar luteum (12–20 ME), in den weiblichen Blüten von Salix caprea (48–200 ME je kg Feuchtorgan), weiter in Helianthus annuus, Holunder- und Nesselblüten … Dagegen fand man es wieder angereichert in Weizen, Gerstenkeimlingen, Kartoffeln, Körnerfrüchten, Kirschen, Zuckerrüben, Rhabarber und vielen pflanzlichen Arzneidrogen« (Gerhard Madaus, Lehrbuch der biologischen Heilmittel, 1938).

Pflanzeninhaltsstoffe mit gelbkörperhormonähnlicher oder mit testosteronartiger Wirkung sind dagegen eher selten. Gestagenregulierend wirken beispielsweise Frauenmantel, Mönchspfeffer, Nachtkerze und Tigerlilie. Die Inhaltsstoffe der Yamswurz müssen erst teilsynthetisch im Labor umgewandelt werden, um ihre gelbkörperhormonartige Wirkung zu erlangen. Pflanzen mit androgenähnlicher oder testosteronähnlicher Wirkung werden von den Forschern nur überaus selten erwähnt. Zum Beispiel führt Madaus die männlichen Blüten einer Weidenart (Salix caprea) als natürliche Quelle männlicher Sexualhormone auf. Dabei wirken zahlreiche Pflanzen auf die männlichen Sexualorgane ein. Zum Beispiel führen Brennnesselsamen und Ginseng dazu, dass männliche Tiere ihr Hochzeitskleid anlegen, und Salomonssiegel (Polygonatum officinale) wird vermutlich wegen seiner hormonähnlichen Eigenschaften mit Erfolg in Salbenform bei Vorhautverengung eingesetzt. In jedem Fall also können die nächsten Jahre und Jahrzehnte bezüglich der hormonaktiven Pflanzeninhaltsstoffe noch einiges an Aufklärung bieten.

Einige hormonartig wirkende Heilpflanzen und Pflanzeninhaltsstoffe

Pflanze (Stamm­pflanze)

Hormon­artiger Stoff (Wirk­stoff­gruppe)

Nutzung

Alfalfa (Medicago sativa)

Cumestane (Lignan)

Östrogen­artig wirkende Nahrungs­pflanze; eignet sich zur Auffüllung der Fettdepots bei Magersucht.

Besenginster (Cystus scoparius)

Genistein (Isoflavonoid) und Diosgenin­derivate

Volks­medizinisch bei Gebär­mutter­blutungen, Wechsel­jahrs­beschwerden sowie bei Herz­rhythmus­störungen.

Bockshornklee (Trigonella foenum-graecum)

Östrogen­artige Iso­flavone (Formon­nonetin)

Alte Nahrungs- und Frauen­pflanze, die schon im alten Ägypten zur Geburts­einleitung sowie zur Anregung der Milch­bildung gebraucht wurde.

Brennnessel (Urtica dioica)

Beta-Sitosterol und Neo-Olivil in der Wurzel (anti­östrogenes Lignan)

Bewährt in der Behandlung von Prostata­adenom und Reizblase der Frau. Extrakte heben zum Teil die Wirkung von Dehydro­testo­steron auf (vgl. Kürbis).

Eisenkraut, Echtes (Verbena officinalis)

Oxytozin­ähnlicher Bitterstoff Verbenalin (Glykosid)

Volks­medizinisch zur Anregung der Wehen­tätigkeit sowie zur Austreibung der Nachgeburt.

Färber­ginster (Genista tinctoria)

Östrogen­artige Iso­flavone (Genistein und Genestin)

Empfohlen zur Osteo­porose­prophy­laxe sowie zur Behandlung leichter Wechsel­jahrs­beschwerden.

Frauen­mantel (Alchemilla xantho­chlora)

Das hormonell wirksame Prinzip konnte noch nicht identifiziert werden.

Volksmedizinische Universal­heil­pflanze bei Frauen­leiden; wirkt in der ersten Zyklushälfte empfängnis­fördernd und in der zweiten Zyklushälfte regulierend auf die Gelb­körper­hormon­produktion.

Ginseng (Panax ginseng)

Ginsenoside (steroid­hormon­ähnliche Glykoside)

Sexual­tonikum, Lebens­elixier und Neben­nieren­stimulans aus dem Arznei­schatz der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM).

Granatapfel (Punica granatum)

Östron (schwach wirksames Östrogen) im Samen­mantel

Symbolpflanze der ewigen Jugend; Attribut vieler Göttinnen. Gilt als reichste Quelle für Östron, das mit den weiblichen Sexual­hormonen identisch ist. Heute als anti­oxidative und mild östrogen­artige Nahrungs­ergänzung ab dem Wechsel.

Hirtentäschel (Capsella bursa-pastoris)

Das oxytocin­ähnliche Wirkprinzip ist noch weitgehend unbekannt; eventuell sind Flavonoide oder ein Peptid verantwortlich.

Für die uterus­kontra­hierende und blut­stillende Wirkung soll ein oxytocin­ähnliches Peptid verantwortlich sein. Volks­medizinisch zur Regulation von Gebär­mutter­blutungen sowie zur Ausstoßung der Nachgeburt und zur Anregung des Wochen­flusses.

Hopfen (Humulus lupulus)

Östrogenartiges Prenyl­naringenin (prenyliertes Flavonoid)

Zur volks­medizinischen Hormon­regulation bei Wechsel­jahrs­beschwerden wie Hitze­wallungen und Schlaf­störungen.

Indigo, Wilder (Baptisia tinctoria)

Östrogen­artige Isoflavone (Genistein, Formononetin)

Überwiegend als Bestandteil immun­stimulierender Komplexmittel in Gebrauch (z. B. Esberitox-N-Tabletten von Schaper & Brümmer).

Kleearten (z. B. Rotklee, Trifolium pratense)

Isoflavone (Genistein) und Cumestane (Cumestrol)

Heimischer Sojaersatz. Vor allem in Form von Nahrungs­ergänzungs­mitteln zur sanften Hormon­substitution bei Wechsel­jahrs­beschwerden.

Kudzu (Pueraria mirifica)

Östrogen­artige Iso­flavo­noide und Deoxy­miro­estrol

Thailändisches Verjüngungs­mittel für Frauen; soll die Fruchtbarkeit erhalten, das Klimakterium verzögern, die Libido steigern, die Brust vergrößern etc.

Kürbis (Cucurbita pepo)

Steroide (vor allem Delta-7-Sterole)

Auch »Herkules­samen« genannt, weil potenz­erhaltend und heilsam für die Prostata. Delta-7-Sterole senken bei Prostata­hyper­trophie erhöhte Dihydro-Testo­steron-Werte. Die anti­östrogene Wirkung lindert auch die Reiz­blasen­beschwerden von Frauen.

Meerträubel (Ephedra spp.)

Adrenalin­artige Alkaloide (Ephedrin)

Stark wirksames Asthma­mittel und Aphrodi­siakum für Frauen (Ephedrin ist bis einschließlich D3 rezeptpflichtig).

Mönchs­pfeffer (Vitex agnus-castus)

Vermutlich sind Diterpene (u. a. Rotundifuran) für die stimulierenden Effekte auf Dopamin-D2-Rezeptoren verantwortlich.

Bewährte Frauenpflanze bei Gelb­körper­schwäche (stellt das Östrogen-Gestagen-Gleichgewicht her) sowie zur Senkung des Prolaktin­spiegels bei Mastodynie, Zyklus­störungen, Unfrucht­barkeit etc.

Muskateller­salbei (Salvia sclarea)

Ätherisches Öl mit östrogenartigem Sclareol (Diterpenol)

Mild aphrodi­sierende Aromapflanze für sinnliche Bäder, Körperöle, Duft­mischungen, Spülungen usw.

Raute (Ruta graveolens)

Unbekannt (eventuell ätherische Öle)

Wegen der östrogen­artigen Wirkung einst als trieb­dämpfendes Mittel der Mönche in Gebrauch.

Rhapontik­rhabarber (Rheum rhaponticum)

Rhaponticin

Teilsynthetisch umgebautes Rhaponiticin (z. B. in Phyto-Strol von Müller Göppingen), wird von manchen Gynäkologen zur sanften Hormon­substitution in den Wechseljahren verordnet.

Roggen (Secale cereale)

Östrogen­artige Lignane (u. a. Matairesinol, Secoisolari­ciresinol)

Die östrogenartig wirksamen Lignane sind nur im Vollkorn-mehl enthalten, weswegen Vollkornbrot auch »Brot für die Frau« genannt wird.

Sägepalme (Sabal serrulatum)

Sterole (vor allen Beta-Sitosterol in den Früchten)

»Pflanzlicher Katheter«; volks­medizinisch bei Blasen­entzündungen, Reizblase und Prostata­leiden.

Salbei (Salvia officinalis)

Ätherisches Öl mit östrogen­artigem Salviol (Diterpenol)

Volks­medizinische Frauen­heilpflanze mit schweiß­hemmender Wirkung, bei leichten Wechsel­jahrs­beschwerden sowie zum Abstillen.

Salomons­siegel, Wohl­riechendes (Polygonatum odoratum)

Diosgenin (Steroid­saponin)

Salomons­siegel hieß im Volksmund »Schminckwurz«, weil es als Kosmetikum in Gebrauch war, und »Springwurz«, weil es alle Schlösser öffnen soll. (Schließt es möglicherweise den Geburtsschoß auf?)

Silberkerze (Cimicifuga racemosa)

Östrogenartiges Formononetin (Isoflavon)

Kardinal­heilpflanze für die Wechsel­jahre. Sehr bewährte Frauen­heil­pflanze zur sanften Hormon­substi­tution im Klimakterium.

Soja (Glycine max)

Isoflavone (Daidzein, Genistein) und Cumestane (Cumestrol)

Aufgrund der östrogenartigen Wirkung als Nahrungs­ergänzungs­mittel in den Wechsel­jahren oder in Form von Sojaprodukten wie etwa Sojamilch zur sanften Hormon­regulation in Gebrauch.

Steinsame (Lithospermum officinale)

Anti­thyreotrope und anti­gonadotrope Lithosperm­säure

Die Pflanze diente den Indianerfrauen als Verhütung­smittel, weil die anti­gonadotrope Lithosperm­säure ähnlich wie die Pille den Eisprung unterdrückt.

Süßholz (Glycyrrhiza glabra)

Östrogen­artige Isoflavone (Formononetin) und corticoid­artiges Glycyrrhizin

Hauptsächlich wegen der corticoid­artigen Wirkung zur Linderung des Hustenreizes bei akuter Bronchitis sowie zur Behandlung von Magen-Darm-Geschwüren in Gebrauch. Gilt wegen der Süße als »Medizinpferd«, mit dem andere Arzneistoffe in den Körper gelangen.

Tigerlilie (Lilium tigrinum)

Steroid­saponine in den Brutknospen

Madaus fand in den Brutknospen hormonartige Steroid­saponine, die ähnlich wie beim Mönchspfeffer das relative Gestagen­gleichgewicht wiederherstellen.

Wolfstrapp (Lycopus europaeus)

Anti­thyreotrope und anti­gonadotrope Lithosperm­säure

Die schilddrüsen­dämpfende Wirkung wird bei leichten Formen der Schilddrüsen­überfunktion genutzt.

Yamswurzel (Dioscorea villosa)

Diosgenin (Steroidsaponin)

Die Yamswurz lieferte einst die Ausgangs­substanzen zur Herstellung der Antibabypille. Heute wird Diosgenin teil-synthetisch abgewandelt und beispiels­weise in Form von Progesteron­creme zur Gelbkörper­hormon­substitution vor allem im Prä­klimakterium verordnet.

Einmaleins der Pflanzeninhaltsstoffe

Einige bedeutsame Pflanzen­inhalts­stoffe werden in diesem Buch immer wieder genannt. Damit Sie sich bei Bedarf über deren Eigenschaften und Wirkweisen informieren können, finden Sie hier einen kurzen Überblick mit den wichtigsten Charakteristika.

Ätherische Öle

Ätherische Öle sind flüchtige Aromastoffe, die den Duft oder Geschmack einer Pflanze ausmachen. Sie dienen dem Gewächs einerseits als Lockstoff, um etwa Insekten zur Bestäubung anzulocken. Andererseits können die Düfte wie eine Art chemische Waffe wirken und andere Pflanzen auf Abstand halten oder Krankheitserreger wie Pflanzenviren oder Schimmelpilze im Wachstum hemmen. Die Bildung ätherischer Öle wird als Sonnenprozess gesehen, da sie vermehrt in Pflanzen aus heißen Gebieten vorkommt. In der Frauenheilkunde und Geburtshilfe nutzt man Aromapflanzen auf vielfältige Weise, zum Beispiel:

Brotgewürze wie Fenchel, Koriander und Kümmel regen die Milchbildung an und wirken wegen ihrer ätherischen Öle antimikrobiell und krampflösend bei Blähkoliken.

Aromapflanzen wie Kamille, Lavendel oder Majoran verfügen über ein beachtliches antibiotisches Potenzial, so dass sie bei Scheidenentzündungen heilsam wirken. Bestandteile wie etwa Zimtaldehyd im ätherischen Öl der Zimtrinde zählen zu den stärksten antibiotischen Stoffen aus dem Pflanzenreich und führen im Gegensatz zu schulmedizinisch definierten Antibiotika nicht zur Resistenzbildung von Bakterienstämmen.

Manche Duftstoffe aus der Pflanzenwelt locken nicht nur Insekten zur Bestäubung an, sondern haben auch hormonartige und sexuell stimulierende Wirkung. Diese hormonartig wirkenden Bestandteile mancher ätherischer Öle bezeichnet man als Pheromone. Besonders reich an Pheromonen sind zum Beispiel Angelikawurzel, Liebstöckel und Muskatellersalbei.

Alkaloide

Alkaloide sind stickstoffhaltige Pflanzeninhaltsstoffe. Inzwischen kennt man einige tausend Alkaloide mit unterschiedlicher Wirkung. Vermutlich dienen diese Stoffe der Pflanze als Schutz vor Bakterien-, Pilz- oder Virusbefall. Je heißer und feuchter ein Gebiet ist, umso mehr Alkaloide bilden die Pflanzen. Am bekanntesten sind die Tropanalkaloide der Nachtschattengewächse (Alraune, Bilsenkraut, Tollkirsche, Stechapfel), die wegen ihrer halluzinogenen Wirkung einst Bestandteile von Hexensalben waren. Heute nutzt man vor allem die krampflösende Wirkung der Tropanalkaloide bei Regelbeschwerden, zum Beispiel in Form von krampflösenden Baucheinreibungen mit fettem Bilsenkrautöl; und nicht zuletzt verordnen manche Gynäkologen bei Menstrualkoliken das Schmerzmittel Buscopan, das Stechapfel-Scopolamine enthält. Die Anwendung von Alkaloiddrogen wie Bilsenkraut oder Tollkirsche ist nicht ungefährlich, da Alkaloide zu den stark wirksamen Pflanzeninhaltsstoffen gehören und bei Überdosierung Halluzinationen bis hin zu drogeninduzierten Psychosen auslösen können und im Extremfall zum Tod durch Atemlähmung führen. (Der Hexenpflanzenforscher Carl Kiesewetter starb bei einem Selbstversuch.) In geeigneter Dosierung sind Alkaloidpflanzen jedoch nur sehr stark wirksame Pflanzen, und in homöopathischen Verdünnungen dienen sie als Naturarzneien bei krampfartigen Regelbeschwerden oder bei fieberhaften Erkrankungen.

Zu den Alkaloiden gehören ebenfalls die Pyrrolizidinalkaloide, bekannt von Huflattich, Pestwurz, Wasserdost, Kreuzkraut, Beinwell und anderen Borretschgewächsen. Wegen des Verdachts auf leberschädigende, krebserregende und erbgutschädigende Wirkung wurden Pyrrolizidindrogen, vor allem aber der Huflattich, gründlich untersucht. Im Tierversuch erwiesen sich diese Pflanzen dann tatsächlich als schädlich. Daher sollten vor allem Schwangere und Stillende keine pyrrolizidinhaltigen Heilpflanzen einnehmen.

Bitterstoffe

Hierzu zählen alle bitter schmeckenden Pflanzeninhaltsstoffe, die über die Bitterrezeptoren in den Geschmacksknospen am Zungengrund die Verdauungssäfte ins Fließen bringen. Wichtig ist, dass die Wirkung nicht durch Beigabe von Honig oder Süßstoff zu bitteren Heilkräutertees gestört wird. Denn nur wenn es auch bitter schmeckt, können diese Stoffe die Sekretion von Speichel, Magensaft sowie den Gallenfluss anregen. Die bekanntesten Bitterpflanzen sind Enzian und Tausendgüldenkraut, doch auch Angelikawurzel, Benediktenkraut oder Schafgarbe zählen dazu. Je nach Zeitpunkt der Einnahme können Bitterstoffe den Appetit anregen (vor dem Essen) oder die Verdauung fördern (nach dem Essen). In der Frauenheilkunde sind sie vor allem bei Blutarmut oder bei Osteoporose wichtig, da sie die Aufnahme von Nahrungseisen und Spurenelementen im Darm verbessern. Bitterstoffe eignen sich außerdem gut, um bei oder nach schweren Erkrankungen neue Lebenskraft zuzuführen, und stärken sogar die Blutabwehr (bewirken Leukozytose).

Cumarine

Im Pflanzenreich sind diese Inhaltsstoffe weit verbreitet; es gibt schätzungsweise tausend Cumarinverbindungen. In der frischen Pflanze liegen die Cumarine meist als geruchlose Vorstufen vor, die erst beim Trocknungsprozess in geruchsintensive Formen übergehen und den typischen Heuduft von gemähtem Gras ausmachen. Die Wirkung reicht von entzündungswidrig über antiödematös, venenkräftigend und krampflösend bis hin zu bakterizid. In großen Dosen können Cumarine jedoch die Blutgerinnung hemmen und die Leber schädigen. Die bekanntesten Cumarinpflanzen sind Waldmeister, Steinklee (Venenmittel), Mariengras (Räucherpflanze) und Tonka (Nahrungsmittelaroma). Vor der Anwendung von Cumarindrogen wie Steinklee als Venenmittel in der Schwangerschaft muss gewarnt werden, da dies zu Darmblutungen beim Säugling führen kann.

Neben Eibischwurzeln oder Taubnesseln enthalten auch Malvenblüten Schleimstoffe, die sich zur Zubereitung reizlindernder Sitzbäder eignen. (Foto: M. Madejsky)

Durch Wasserdampfdestillation gewonnenes ätherisches Kamillenblauöl. (Foto: O. Rippe)

Augentrost enthält das antibiotisch wirksame Iridoidglykosid Aucubin. (Foto: M. Madejsky)

Schwefelhaltige Scharfstoffe machen den Knoblauch zu einem pflanzlichen Breitbandantibiotikum. (Foto: M. Madejsky)

Dost, auch wilder Majoran genannt, bildet ätherische Öle, deren antimikrobielle Kräfte mit denen des Gartenmajorans vergleichbar sind. (Foto: M. Madejsky)

Eichenblätter und -rinde enthalten blutflusshemmende Gerbstoffe. Eiche (L. Fuchs, 1543)

Löwenzahnblüten und -blätter zählen zu den reichhaltigsten Quellen für krebsfeindliches Provitamin A. (Foto: M. Madejsky)

Meerträubel bei den Königsgräbern auf Zypern (Foto: M. Madejsky)

Meerträubelfrüchte (Foto: O. Rippe)

Im Meerträubel finden sich Alkaloide wie etwa Ephedrin, das eine adrenalinartige Wirkung hat und deswegen zu den stark wirksamen Sexualtonika für Frauen gehört.

Bitterstoffdrogen wie das Tausendgüldenkraut fördern die Verwertung von Eisen und Spurenelementen im Magen-Darm-Trakt. Daher gebraucht man Bitterpflanzen bei Blutarmut und indirekt zur Osteoporoseprophylaxe. (Foto: M. Madejsky)

Der Tuberose entströmt ein betörender Duft, der irgendwo zwischen Rose und Vanille liegt und sich für aphrodisierende Bäder, Öle oder Parfums eignet. (Foto: M. Madejsky)

Zu den Cumarinen gehören auch Furanocumarine, die innerlich angewandt oder bei Hautkontakt photosensibilisierende bis phototoxische Reaktionen hervorrufen können. Furanocumarine verursachen Wiesendermatitis oder können auch zu Brandblasen führen, wenn etwa Pflanzensaft der Herkulesstaude auf die Haut kommt und später Sonnenlicht darauffällt. Pflanzen mit Furanocumarinen sollten nicht in der Schwangerschaft gebraucht werden, weil sie eine hormonell bedingte Hautpigmentierung verstärken. Zu den Furanocumarin-Drogen zählen Angelikawurzel, Liebstöckel und Herkulesstaude.

Schließlich sei noch erwähnt, dass sich auch die östrogenartig wirksamen Coumestane von den Cumarinen ableiten. Coumestane finden sich überwiegend in den Keimlingen und Sprossen von Alfalfa und Soja sowie in Kleearten.

Flavonoide

Der Begriff Flavonoide leitet sich vom lateinischen flavus (= »gelb«) ab. Es handelt sich um Farbpigmente, die im Zellsaft gelöst sind. Flavonoide kommen speziell in den gelben Blüten, aber auch in allen oberirdischen Pflanzenteilen vor, da sie den Pflanzenzellen als Schutz vor Strahlenschäden dienen. Flavonoide sind eine Art Sonnenschirm der Pflanzenwelt. Bekannte Flavonoiddrogen sind Buchweizen (Venenmittel), Goldrute (Nierenheilpflanze), Mariendistel (Leberheilpflanze) oder die Ringelblume (Wundmittel).

Diese Inhaltsstoffe schützen allerdings nicht nur die Pflanzenzelle vor Strahlenschäden. Untersuchungen zeigten, dass Goldrute und Ringelblume auch Strahlenschäden der Haut reduzieren können. Dabei erweist sich die Goldrute am wirksamsten, wenn sie vorbeugend angewandt wird, wohingegen die Ringelblume die Hautentzündungen auch unmittelbar nach der Bestrahlung lindert.

Von den Flavonoiden leiten sich schließlich auch die Isoflavonoide ab, die der Pflanze vermutlich zum Schutz vor Pilzbefall dienen und die zum Teil hormonartig wirken. Inzwischen sind die östrogenartigen Isoflavone aus Rotklee oder Soja im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde, entweder als Nahrungsergänzung für die Wechseljahre oder in Form von Sojaprodukten wie etwa Sojamilch. Doch östrogenartig wirkende Isoflavone finden sich ebenso in Besenginster, Färberginster, in Linsen und vielen weiteren Pflanzen. Flavonoide mit östrogenartiger Wirkung kommen auch im Rotwein vor (Stilbenderivat Resveratrol) und finden sich sogar in Kohlarten (Indol-3-carbinol).

Gerbstoffe

Gerbstoffe sind Oligo- oder Polysaccharide, die mit Hauteiweißen unlösliche Komplexe bilden und daher zur Lederherstellung gebraucht werden. Sie dienen der Pflanze vermutlich zum Schutz vor Viren oder Schimmelpilzen und kommen vermehrt in Pflanzen aus Feuchtgebieten vor (z. B. Blutwurz oder Blutweiderich).

Gerbstoffdrogen haben eine zusammenziehende und austrocknende Wirkung und werden daher seit langem zur Wundbehandlung gebraucht. Ihre antimikrobiellen Eigenschaften machen sie zu unentbehrlichen Heilpflanzen bei Entzündungen wie etwa bei bakteriellem Ausfluss oder bei Scheidenpilz. Gerbstoffe sind für Candidapilze pures Gift! Außerdem sind Gerbstoffe für die blutflusshemmende Wirkung vieler Heilkräuter zuständig (z. B. Blutwurz, Eichenblätter, Frauenmantel, Silbermantel). Speziellen Gerbstoffen, die in Rosengewächsen vorkommen (Agrimoniin aus Odermennig), konnte eine krebsfeindliche Wirkung nachgewiesen werden.

Glykoside