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Der Phantastische Film hat die erfolgreichsten Filme aller Zeiten hervorgebracht - viel wurde über dieses Genre und seine Regisseure, Schauspieler und die Kreativen behind the scenes geschrieben, doch stets blieben ungezählte Fragen offen. Dr. Rolf Giesen - der führende Experte auf diesem Gebiet - hat mit dem Lexikon des Phantastischen Films ein zweibändiges Standardwerk vorgelegt, welches dazu beitragen kann, diese Fragen zu beantworten: in Form komprimierter und ebenso unterhaltsamer wie informativer Fakten, Daten und Analysen.
Band 2 enthält Essays und Biographien von L (wie John Landis) bis Z (wie Zeitreisen).
Der Apex-Verlag veröffentlicht in der Reihe APEX SACHBUCH eine durchgesehene und ergänzte Neuausgabe dieses Standardwerkes, welches erstmals auch zahlreiche Abbildungen enthält.
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ROLF GIESEN
Lexikon des Phantastischen Films, Band 2
Ein Apex-Sachbuch
Apex-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
Der Autor
John Landis
Fritz Lang
Christopher Lee
Peter Lorre
Eugène Lourié
George Lucas
Bela Lugosi
David Lynch
Ned H. Mann
Georges Méliès
William Cameron
Metropolis
Monty Python
Caroline Munro
Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens
Willis H(arold) O'Brien
George Pal
Jack P. Pierce
Planet of the Apes (Planet der Affen)
Vincent Price
Project Unlimited, Inc.
Alexander Ptuschko
Michael Reeves
Religion und Phantastik
George A. Romero
Science-Fiction-Filme aus der Sowjetunion
Ridley Scott
Serials
The 7th Voyage Of Sindbad (Sindbads 7. Reise)
Curt (Kurt) Siodmak
Steven Spielberg
Star Wars (Krieg der Sterne)
Barbara Steele
Glenn Strange
Andrej Tarkowskij
Kenneth Tobey
Jiři Trnka
Douglas Trumbull
Eiji Tsuburaya
2001: A Space Odyssey (2001: Odyssee im Weltraum)
Die Unendliche Geschichte (US: The Never Ending Story)
Wally Veevers
Jules Verne
Visuelle Effekte
Paul Wegener
H[erbert] G[eorge] Wells
James Whale
Robert Wise
Matthew Yuricich
Zeitreisen
Bildlegenden / Einzelnachweise Bildtafeln
Der Phantastische Film hat die erfolgreichsten Filme aller Zeiten hervorgebracht - viel wurde über dieses Genre und seine Regisseure, Schauspieler und die Kreativen behind the scenes geschrieben, doch stets blieben ungezählte Frage offen. Dr. Rolf Giesen - der führende Experte auf diesem Gebiet - hat mit dem Lexikon des Phantastischen Films ein zweibändiges Standardwerk vorgelegt, welches dazu beitragen kann, diese Fragen zu beantworten: in Form komprimierter und ebenso unterhaltsamer wie informativer Fakten, Daten und Analysen.
Band 2 enthält Essays und Biographien von L (wie John Landis) bis Z (wie Zeitreisen).
Der Apex-Verlag veröffentlicht in der Reihe APEX SACHBUCH eine durchgesehene und ergänzte Neuausgabe dieses Standardwerkes, welches erstmals auch zahlreiche Abbildungen enthält.
Rolf Giesen, Jahrgang 1953.
Dr. Rolf Giesen ist ein deutscher Filmwissenschaftler, Filmjournalist, Sachbuch- und Roman-Autor. Er gilt als einer der führenden deutschen Spezialisten für den Phantastischen Film, Trickfilm und Horrorfilm, was ihm zu Beginn der 1980er-Jahre den weitverbreiteten Titel „Dr. Horror“ einbrachte.
Rolf Giesen studierte Soziologie, Psychologie und Alte Geschichte an der Freien Universität Berlin und promovierte 1979 mit einer Dissertation über den Phantastischen Film zum Dr. phil.; dieses Thema wurde ihm zur Lebensaufgabe.
Er veröffentlichte zahlreiche Artikel und Bücher rund um das Kino des Phantastischen: vom Fantasy-, Science-Fiction- und Horror-Film bis hin zu den verschiedenen Techniken des Trickfilms, mit dem er sich besonders intensiv auseinandersetzte: So war er von 1982 bis 1984 Vorsitzender des Deutschen Trickfilmverbands e.V. und organisierte Zeichenfilmfestivals.
In der jüngeren Zeit hat sich Giesen auch mit den Propagandafilmen des Dritten Reiches beschäftigt.
Giesen ist Mitarbeiter des Filmmuseums Berlin - Deutsche Kinemathek - und dort Leiter einer nach ihm benannten Trickfilmsammlung. Die Rolf-Giesen-Sammlung der Stiftung Deutsche Kinemathek Berlin gilt als eine der besten Kollektionen zum Thema Filmfantastik in Europa. Giesen entwarf auch die Dauerausstellung Künstliche Welten im Filmmuseum Berlin, in deren Zentrum das Lebenswerk des Trickfilmers Ray Harryhausen steht. Weitere von Giesen organisierte Ausstellungen waren Asterix, Mickey Mouse & Co. (1986) und Cinefantastic.
Zudem steuerte er die Drehbücher für den Animationsfilm Die Digedags in grauer Vorzeit (1999) und die Fernseh-Zeichentrickserie Die unendliche Geschichte (1996) bei. Für die Filme Lorenz im Land der Lügner (1997) und Lauras Stern (2004) fungierte er als Berater und bei Asterix – Operation Hinkelstein (1989) als Produktionsüberwacher.
Neben Lehraufträgen an verschiedenen Universitäten, Fachhochschulen und Filmakademien lehrte Giesen auch als Honorar-Professor an der German Film School For Digital Production. Er ist Associate-Professor an der Universität Peking, wo er 2007 Vorlesungen hielt.
Als Dr. Horror nahm Rolf Giesen Anfang der 80er-Jahre eine Schallplatte mit der Gruppe Niagara auf. Er ist Mitglied der Visual Effects Society in Los Angeles.
Zu seinen bekanntesten Filmsachbüchern gehören u.a. Hitlerjunge Quex, Jud Süß und Kolberg. Die Propagandafilme des Dritten Reiches. Dokumente und Materialien zum NS-Film (2005, mit Manfred Hobsch), Lexikon des Trick- und Animationsfilms (2003), Die große Welt der animierten Filme (2003), Das neue Lexikon des Horrorfilms (2002, mit Ronald M. Hahn und Volker Jansen), Lexikon der Special Effects (2001), Das neue Lexikon des Fantasy-Films (2001, mit Ronald M. Hahn, Volker Jansen, Norbert Stresau), Die schlechtesten Filme aller Zeiten. Eine Reise durch die größten Peinlichkeiten der Kinogeschichte (2002, mit Ronald M. Hahn) Godzilla – Gamera – Gappa. Die Geschichte der japanischen Monsterfilme. Japans Urwelt-Giganten in deutschen Kinos (1998), Special Effects. King Kong, Orphée und die Reise zum Mond (1985) sowie das in zwei Bänden erschienene Lexikon des phantastischen Films. Horror - Science Fiction - Fantasy (1984).
Darüber hinaus verfasste Rolf Giesen Biographien über die Regisseure John Boorman und Alfred Hitchcock sowie Romane zu den TV-Serien Lexx – The Dark Zone (1997/98), Forsthaus Falkenau (1996), Poltergeist (1997) und Gegen den Wind (1998).
Giesen lebt und arbeitet in Berlin und Peking.
Erst: Birth of a Nation,
dann: Gone With the Wind, 2001: A Space Odyssey, Love Story, See You Next Wednesday und jetzt: Schlock!
Mit diesen schlichten, bescheidenen Worten nahm John Landis den Filmhistorikern die cineastische Einordnung seines Erstlings ab, den er 1971, mit 21 Jahren, gemacht hat.
Nicht mehr als 100.000 Dollar hatte Landis zur Verfügung, die er und sein Produzent Jim O'Rourke bei Freunden und Verwandten zusammengebettelt hatten, und musste aus diesem Grunde auf teure Stars für die Hauptrolle seines Schlock verzichten. So schlüpfte Landis kurzentschlossen selbst ins Affenfell, das ihm sein Freund Rick Baker gestrickt hatte, und verkörperte höchstpersönlich den Schlockthropus, ein herziges Missing link, das Professor Shlibovitz (Joseph Piantadosi) für die haufenweise Bananenmorde in der Umgegend verantwortlich macht. Der Schlockthropus hat seine treuen Monsteraugen inzwischen auf die schöne Mindy Binerman (Eliza Garrett) geworfen, aber die wiederum kann kein Auge auf ihn werfen - denn sie ist blind und hält das haarige Wesen für einen süßen Hund. Als ihr schließlich eine Operation das Augenlicht schenkt und sie zum ersten Mal Schlock sieht, fällt sie ihm verständlicherweise nicht mehr um den Hals, sondern aus allen Wolken und sogleich in Ohnmacht. Schlock muss erkennen, dass Mindy nicht ihn, sondern ihren Jugendfreund Cal (Charles Villiers) liebt. Außer sich vor Wut entführt er das Mädchen von einem vergnüglichen High-School-Tanzabend aufs Dach der Turnhalle. Da sich die örtliche Polizei unter dem trotteligen Detective Sergeant Wino (Saul Kahan) absolut unfähig zeigt, das Ungetüm zu stoppen, rückt eine Abteilung Nationalgarde an und schießt den Affenmann wie eine reife Taube vom Dach. In der letzten Einstellung sehen wir Professor Shlibovitz aus Schlocks Höhle steigen, in den Armen Son of Schlock!
Filmkenner dürften bereits spitzgekriegt haben, wer bei Schlock Pate stand: Merian C. Coopers fabelhafter Riesengorilla King Kong natürlich, den die unerfüllte Liebe zur weißen Frau zugrunde richtete. Als echter Horrorfilmfan kennt sich Landis, dessen Vater, ein Innenarchitekt, starb, als John fünf Jahre alt war, eben im Genre aus - und das seit er im zarten Alter von acht Jahren zum ersten Mal Ray Harryhausens Fantasystück The 7th Voyage of Sindbad (Sindbads 7. Reise) sah. Im Gruselkino wimmelt es ja nur so von King Kongs, Affenheinis und fehlenden Gliedern.
Wie es sich für einen rechten Cineasten wie Landis gehört, gibt es in Schlock reichlich Filmzitate: Kubricks 2001 wird ebenso durch den Kakao gezogen wie die berühmte, aus der Verleihversion entfernte Szene, in der Frankenstein Boris Karloff ein Kind ins Wasser wirft, um zu sehen, ob es so hübsch treibt wie die Blumen. Auch Laurel und Hardy dürfen im fröhlichen Reigen nicht fehlen, deren wüste Autozerstörungsaktion aus dem Stummfilm Two Tars in abgewandelter Form auch bei Landis für die richtige Stimmung sorgt.
In einer besonders hübschen Sequenz geht Schlock sogar ins Kino, wo gerade - Zufall, Zufall! - alte Horrorfilme laufen (The Blob und Dinosaurus, die Landis-Verleiher Jack H. Harris ein Jahrzehnt zuvor produziert hatte), und sitzt, noch zufälliger, ausgerechnet neben Amerikas führendem Horrorfilmexperten Forry Ackerman. Auch andere Größen der phantastischen Filmszene sind in Kurzauftritten zu bewundern: Donald F. Glut, Autor einiger Standardwerke über das Horrorfilmgenre; Jack H. Harris in Person, der - als er Schlock zur Auswertung erwarb, gleich die Hälfte des Films von Landis neu drehen ließ; John Chambers, der Oscar-prämierte Maskenbildner von Planet of the Apes (Planet der Affen), als Captain der Nationalgarde.
Verrückte Komödien wurden eine Spezialität von John Landis: In 23 Tagen drehte er mit Mitgliedern der Los Angeles-Komödien-Truppe des Kentucky Fried Theatre ein Low Budget - Kentucky Fried Movie (1977). Mit John Belushi machte er die Kassenschlager National Lampoon's Animal House (Ich glaub', mich tritt ein Pferd - 1977) und Blues Brothers (1979), in dem, neben Dan Aykroyd, auch so bekannte Blues-Größen mitwirken wie Ray Charles, Aretha Franklin, John Lee Hooker, Cab Calloway und James Brown. Dan Aykroyd spielte auch in der schlitzohrigen Landis-Groteske Trading Places (Die Glücksritter - 1983).
Sein Traumprojekt aber war ein ambitionierter Horrorfilm, den er sich elf lange Jahre, seit 1969, als er in Jugoslawien Assistent bei der Militärgeschichte Kelly's Heroes (Stoßtrupp Gold) war, verkneifen musste: An American Werewolf in London (American Werewolf). Denn »mit wirklich neuen Dingen hat man es in der Filmbranche und besonders in Hollywood immer schwer. Sie verlangen etwas Neues, und wenn man es ihnen geben will, sagen sie: Aber das hat noch nie jemand gemacht. Und dann machen sie es ebenfalls nicht. Am meisten hörte ich den Satz: Aber das ist doch viel zu fürchterlich für ein Lustspiel, worauf ich entgegnete: Aber es ist doch auch gar kein Lustspiel, es ist eine Mischung. Das konnten die Finanzleute nie verkraften. Wenn etwas nicht exakt kategorisierbar ist, kommen sie nicht mit. Ich hatte sieben Optionen auf den Film. Es ging sieben Mal in die Hose, sobald wir uns über den Inhalt unterhielten.«
Doch je entschiedener die Finanziers den American Werewolf ablehnten, umso größer wurde das Verlangen, es den Ungläubigen zu zeigen. Schließlich kratzte Landis das Geld für den Film selbst zusammen und produzierte durch eine eigene Lycanthrope Films Ltd., mit Hilfe einer Bürgschaft von Polygram Pictures.
Wie schon die Gruselklassiker Werewolf of London (1935) und The Wolf Man (Der Wolfsmensch - 1941) spielt natürlich auch der American Werewolf nicht in Amerika, sondern im Land der Geister und Gespenster, im Land des Gothic Horror, in England, wo der Mythos vom Wolfsmenschen eng verflochten war mit dem Vampirismus. In altenglischen Märchen und Sagen wird ein Mensch, der in einen Werwolf verwandelt war, nach seinem Tod zu einem Vampir. Ein Ghoul allein reicht dem englischen Gruselliebhaber eben nicht.
Bei Landis stapfen durch die vollmondbeschienene englische Moorlandschaft zwei amerikanische Studenten, denen eigentlich schon das unheilvolle Pentagramm in der wenig gastfreundlichen Dorfschenke hätte zu denken geben müssen. Plötzlich vernehmen sie entsetzliches Wolfsgeheul und werden von einer Furie angegriffen. Jack (Griffin Dunne), der eine von beiden, wird getötet, David (David Naughton), der
andere, durch einen Biss schwer verletzt. Drei Wochen später wacht David im Krankenhaus auf. Angeblich war es kein Tier, das ihn anfiel, sondern ein Wahnsinniger. Als ob nicht alles schon schlimm genug wäre, erscheint auch noch Jacks Leiche mit total zerfetztem, faulendem Gesicht und drängt David zum Selbstmord. Andernfalls werde er sich bei Vollmond in einen Wolfsmenschen verwandeln.
Um Maskenbildner Rick Baker, der für seine Leistung einen »Oscar« bekam, nicht arbeitslos zu machen, ignoriert David den Rat des toten Freundes und tobt als Werwolf durch London, bis der Fluch - nach einer spektakulären Massenkarambolage auf dem Piccadilly Circus - in einer einsamen Gasse sein Ende findet.
In dem phantastischen Episodenfilm Twilight Zone (Unheimliche Schattenlichter - 1983) war Landis für den augenzwinkernden Prolog (mit Dan Aykroyd und Albert Brooks) sowie die 1. Episode (mit Vic Morrow, der gegen Ende der Dreharbeiten mit zwei Kinderdarstellern bei einem Helikopterunglück ums Leben kam) zuständig, die leider etwas zu prätentiös ausgefallen ist: Bill, ein Geschäftsmann mittleren Alters, ist verärgert. Er hat die erwartete Beförderung nicht bekommen. Was ihn besonders verbittert, ist die Tatsache, dass an seiner Stelle ein jüdischer Kollege befördert wurde. Seinem Ärger macht er in einer Kneipe Luft. Er steigert sich in wüste Beschimpfungen aller Minderheiten und in wütende Rassenhass-Tiraden. Doch dann, beim Verlassen der Kneipe, wird er in andere Welten und Zeiten katapultiert: Im deutsch besetzten Frankreich wird er von den Nazis als Jude verfolgt. Dem Ku-Klux-Klan, der in ihm einen »Nigger« sieht, kann er nur mit Mühe entkommen, um gleich anschließend als Vietcong ins Schussfeld der MG-Salven schwarzer US-Soldaten zu geraten. Die Explosion einer Handgranate schleudert ihn am Ende direkt in einen deutschen Judentransport des Zweiten Weltkriegs. Bill ist das Opfer seiner eigenen unmenschlichen Vorurteile geworden.
Als Landis 1983 in London war, erhielt er einen Telefonanruf eines amerikanischen Fans, der sehr beeindruckt war von An American Werewolf in London. Der Name des Fans: Michael Jackson. Dem Popstar gelang es, Landis zur Herstellung eines Horror-Videos zu überreden: Thriller!
Literatur:
John Brosnan: An American Werewolf in London. In: Starburst Voi. 4 No. 3. Jordan R. Fox: An American Werewolf in London. Can John Landis and Rick Baker top THE HOWLING? In: Cinefantastique Vol. 11 No. 3, Oak Park, Illinois 1981.
Jeff Gelb: An American Werewolf in London. In: Fangoria #13, New York 1981. James Horsting: Making Michael Jackson's Thriller Video. In: Fantastic Films Vol. 7 No. 3, Evanston, Illinois 1984.
Nach dem Besuch der Realschule studierte Lang, ein gebürtiger Wiener, auf Wunsch seines Vaters, der Architekt war, zunächst an der Technischen Hochschule in Wien Architektur, schrieb sich dann aber in Julius Dietz' Kunstgewerbeschule in München ein. Dort war er dem Einfluss des Jugendstils ausgesetzt, der den ornamentalen Charakter seiner späteren Stummfilme mit prägen sollte. Er unternahm Bildungsreisen nach Übersee und ging 1913 nach Paris. Als Offizier im Ersten Weltkrieg verwundet, setzte Lang im Wiener Hospital seine Kunststudien fort und schrieb erste Filmmanuskripte.
Laut Erich Pommer, der die meisten seiner Stummfilme produzierte, soll sein erstes Filmszenario Peitsche (1916) gewesen sein; allerdings ist nicht bekannt, ob es überhaupt verfilmt wurde. Nachdem er einige Manuskripte für Joe May geschrieben hatte, debütierte er als Regisseur 1919 mit Halbblut, den er in fünf Tagen abdrehte: Die Liebe zu einer Frau vernichtet einen Mann. Noch im selben Jahr übertrug ihm Decla-Chef Pommer Das Cabinet des Dr. Caligari. Da jedoch die Kinobesitzer die Fortsetzung seines erfolgreichen Thrillers Die Spinnen forderten, ging der Caligari an Robert Wiene. Die beiden Spinnen-Filme, Der Goldene See und Das Brillantenschiff, enthalten bereits Science-Fiction-Elemente: Eine Bande von Superverbrechern, angeführt von der schönen Lio Sha (Ressel Orla), plant die Eroberung der Welt; ihre Pläne werden allerdings von dem amerikanischen Sportler Kay Hoog (Carl de Vogt) zunichte gemacht.
Nach dem phantastischen Episodenfilm Der müde Tod (1921), in dem es wieder einmal um eine schicksalhafte Liebe geht und der ihm den Beifall der Kritik brachte, realisierte er, nach einem Roman von Norbert Jacques, den Zweiteiler Dr. Mabuse, der Spieler (1922). »Dieser Dr. Mabuse ist so etwas wie eine Idealgestalt unserer Tage«, heißt es in einer zeitgenössischen Rezension. »Nicht etwa der mit plumpen Mitteln arbeitende Verbrecherkönig von einst; es ist kein Zufall, dass er Doktor ist, er hat alle Geisteskräfte seiner akademischen Bildung in den Dienst seiner gewaltigen Pläne gestellt. Er ist ein erstaunlich feiner Psychologe und weiß die Fehler und Schwächen seiner Mitmenschen einzigartig für seine Zwecke auszunutzen. Er will nicht etwa nur große Schätze sammeln, ihm schwebt vielmehr als höchstes Ziel die geistige Herrschaft über die Menschheit vor.« (Fritz Olimsky in: Der Kinematograph Nr. 794 vom 07.05.1922.)
In diesem genialen, überlebensgroßen Verbrecher Mabuse (dargestellt von Rudolf Klein-Rogge), der der Löwe der Börsenkrise ist und in Spielclubs durch suggestive Beeinflussung seiner Gegenspieler Unsummen gewinnt, der »mit Menschenschicksalen [spielt] und am grausamsten mit sich selbst« (so ein Zwischentitel), für Lang »irgendwie die Verkörperung des Nietzsche-Übermenschen«, sollte sich eine krisenanfällige Weimarer Republik widerspiegeln, die, wie es der Film sieht, »der Gesetzlosigkeit und Sittenverderbnis anheimgefallen« war: »Unzweideutige Geschlechtssymbole bildeten den szenischen Rahmen für die Nummer einer Tänzerin im Nachtlokal. Orgien wurden zur stehenden Einrichtung, Homosexuelle und jugendliche Prostituierte zu alltäglichen Erscheinungen. Die Anarchie dicht unter der Oberfläche dieser Welt kam bei der polizeilichen Erstürmung von Mabuses Haus deutlich zum Vorschein. Hier wollte die Bildersprache des Films absichtlich an die Straßenkämpfe zwischen Spartakus- und Nosketruppen in den ersten, chaotischen Nachkriegsmonaten erinnern.« (Kracauer: Von Caligari zu Hitler.)
Den Höhepunkt nationalistischer Filmproduktion, die »Chaos« und »Dekadenz« jene berüchtigten »ehernen Werte« gegenüberstellte und lauthals nach dem schrie, was einige Jahre später tatsächlich kommen sollte, stellte Langs Die Nibelungen (1923/24) dar. Die Kritik feierte den zweiteiligen Film als ein Kunstwerk, das »in Deutschland nur getragen werden [wird] vom Nationalbewusstsein unseres Volkes und also werden dieser Tat die Früchte reifen« (Die Filmwoche Nr. 7, 1924, Sonderheft Die Nibelungen), und sprach von einem einzigartigen Filmwerk, das »eine strahlende Waffe deutschen Glaubens [sein möge], die unverzagt und unbesiegt die Welt durchschwingt mit dem Glockenton reiner freier Menschlichkeit. Es möge sein ein lichthelles Symbol, das flammende Fanal eines neuen Tages, es möge sein gleich Balmung, Siegfrieds Schwert, und siegen, wohin es trifft.«
In seinem nächsten, dem teuersten deutschen Stummfilm entwarf Lang, berauscht vom ersten Anblick der Millionenstadt New York in all ihrem nächtlichen Lichterglanz, das Bild einer ans biblische Babel gemahnenden Zukunftsstadt, Metropolis (1925/26): Über einer unterirdischen Arbeiterstadt, in der das Proletariat »menschenverschlingende« Kraftmaschinen versorgt, ragt eine Stadt des Lichts auf, und hoch droben über den Wolkenkratzern, in paradiesischen Lustgärten, geben sich die wenigen Reichen und Besitzenden einem Leben in Saus und Braus hin. Der jüdische mad scientist Rotwang (Rudolf Klein- Rogge), der dem Herrn von Metropolis, dem Kapitalisten Jon Fredersen (Alfred Abel), übelgesinnt ist, kidnappt die madonnenhafte »Arbeiterführerin« Maria (Brigitte Helm) und ersetzt sie durch einen ihr nachgebildeten Roboter, der die Proletarier zur Revolution, zur Vernichtung aller Werte aufhetzt. Aus der folgenden Katastrophe aber wird auch die Versöhnung von Kapital und Arbeit geboren: »Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein.« Freder (Gustav Fröhlich), der Sohn des alten Fredersen, verlobt sich mit Maria und besiegelt den »neuen Bund«, die Idee der Sozialpartnerschaft, der »Volksgemeinschaft« (verständlich, dass der Streifen zu den Lieblingsfilmen Hitlers gehörte). Nach eigenem Bekunden war Lang seinerzeit politisch noch nicht so bewusst, mehr an der technisch-künstlerischen Seite der Produktion, etwa an Eugen Schüfftans neuem Spiegeltrick-Verfahren, interessiert als an der Story, so dass die politischen Absurditäten der Handlung wohl eher seiner damaligen Frau und Co-Autorin Thea von Harbou anzulasten sind.
Metropolis, fand Siegfried Kracauer, illustriere »Längs Neigung zu pompöser Ornamentalisierung. In Nibelungen hatte sein dekorativer Stil eine vielfältige Bedeutung; in Metropolis erscheint das Dekorative nicht nur als Selbstzweck, sondern unterläuft sogar gewisse, mittels der Handlung getroffene Aussagen. Es leuchtet ein, dass die Arbeiter auf dem Weg zur und von der Arbeit ornamentale Gruppen bilden; aber es ist unsinnig, sie in solche Gruppen zu zwingen, wenn sie in ihrer Freizeit einer tröstenden Ansprache des Mädchens Maria zuhören. In seinem unbedingten Willen zur Ornamentalisierung scheut Lang nicht davor zurück, dekorative Muster aus jenen Massen zu bilden, die verzweifelt der Überflutung der Unterstadt zu entfliehen suchen. Die Überschwemmungsszene, filmisch eine unvergleichliche Leistung, bezeugt menschlich ein schockierendes Versagen. Metropolis beeindruckte das deutsche Publikum, die Amerikaner genossen seine technische Brillanz, die Engländer dünkten sich erhaben, und die Franzosen zeigten sich von einem Film, der ihnen wie eine Mischung aus Wagner und Krupp und im ganzen als alarmierendes Zeichen deutscher Vitalität erschien, beunruhigt.« (Kracauer: Von Caligari zu Hitler.)
Ursprünglich wollte Lang seinen Protagonisten Freder am Schluss von Metropolis zu den Sternen starten lassen. Nachdem er mit Spione (1928) ein nur mittelmäßiges Kriminaldrama produziert hatte, holte er diese nicht realisierte Schlusssequenz in einem ganzen Film nach. In Frau im Mond (1929) entdeckte eine Expedition in den Mondgebirgen Gold. Der Amerikaner Walt Turner (Fritz Rasp), Abgesandter einer einflussreichen Wallstreet-Gruppe, tötet den alten Professor Manfeldt (Klaus Pohl) und will sich, die Taschen voller Gold, des Raumschiffes bemächtigen, um allein zur Erde zurückzukehren. Es kommt zum Schusswechsel; tödlich verwundet kann Turner noch auf die kostbaren Sauerstoffapparate zielen, so dass beim Rückflug für ein Besatzungsmitglied nicht mehr genügend Sauerstoff vorhanden ist. Der Ingenieur Helius (Willy Fritsch), das Ebenbild Freders, opfert sich und bleibt auf dem Mond zurück, an seiner Seite die Verlobte seines feigen Kollegen Hans Windegger (Gustav von Wangenheim), die Astronomie-Studentin Friede Velten (Gerda Maurus). Der Rezensent der Filmbühne (Dezember 1929) stellte etwas enttäuscht fest: »...ein gekonnter Film, aber keine Spitzenleistung. Eine gute, aber keine bravouröse Leistung. Keine internationale Extraklasse. Schade!«
Nach M (1931), seinem ersten Tonfilm, in dem er die Jagd auf einen Kindermörder (Peter Lorre) schilderte, drehte Lang nur noch einen Film in Deutschland: Das Testament des Dr. Mabuse (1932) - zu einer Zeit, da »die noch bestehenden Überreste der Weimarer Republik einzustürzen drohten«. Lang, der in seinem ersten Mabuse-Film, wie er später betonte, keineswegs Hitler vorausgesehen hat, legte jetzt »in den Mund des Dr. Mabuse allerdings Sätze, Leitfäden der Hitlerbewegung« (Lang, zit. nach Atlas-Filmheft 50). Unter dem hypnotischen Einfluss seines Patienten Mabuse (Klein-Rogge) verübt Professor Baum (Oskar Beregi), Direktor einer Nervenklinik, Verbrechen, die auf Zerrüttung der Gesellschaft abzielen: »Die Menschheit muss in einen Abgrund von Terror gestürzt werden.« Goebbels ließ den Streifen nach der Machtübernahme verbieten, und 1943, zur New Yorker Aufführung des Streifens, schrieb Lang in einem »Film-Vorwort«: »Out of the Mabuses come the Heydrichs, the Himmlers and the Hitlers...«
Obwohl ihm der Propagandaminister die Präsidentschaft der deutschen Filmindustrie anbot, verließ der Regisseur über Nacht Deutschland und emigrierte nach Paris, wo er 1934 ein phantastisches Bühnenstück von Ferenc Molnar, mit Charles Boyer als Liliom, verfilmte. Noch im selben Jahr verpflichtete ihn MGMs damaliger Produktionschef David O. Selznick. In Hollywood realisierte er, neben Filmen wie Fury (1936), der einen Fall von Massenhysterie und versuchtem Lynchmord vorführt, und den Western The Return of Frank James (Rache für Jesse James -1940) und Western Union (Western Union/ Überfall der Ogalalla - 1941), auch die antifaschistischen Man Hunt (Menschenjagd - 1941) und Hangmen Also Die! (Auch Henker sterben - 1943), letzteren in Zusammenarbeit mit Brecht und Eisler. Phantastische Filme waren allerdings nicht mehr darunter; nur 1948/49 bot Lang verschiedenen Studios eine Rocket-Story an, ohne auf Interesse zu stoßen (zwei Jahre später eröffnete die erfolgreiche George-Pal-Produktion Destination Moon die SF-Filmwelle der fünfziger Jahre).
1960 brachte er für den Westberliner Produzenten Artur Brauner noch einmal seinen genialen Superverbrecher auf die Leinwand: Die tausend Augen des Dr. Mabuse war seine letzte Regiearbeit. Lang über diesen Film:
»Als ich nach Deutschland zurückkam, schlug man mir ein Remake der Nibelungen vor. Ich wollte es vor der Presse ablehnen und der Produzent sagte: Machen wir es auf die nette Art. Sagen wir: Ich wollte Brando dafür haben und bekam ihn nicht. Ich wollte kein Remake machen: Ich wollte den Faust drehen, das wäre ein ungeheures Risiko gewesen. Er überlegte, erkundigte sich bei anderen, man wollte es nicht haben. Darauf kam er zu mir und sagte, er hätte die Rechte für Mabuse und wollte ein Remake vom Testament machen. Ich sagte: Schön, aber ich möchte es nicht machen. So fragte er schließlich: Kannst du mir nicht einen neuen Mabuse machen? Ich protestierte: Schau, das Scheusal ist tot und verbrannt. Aber es gelang ihm, mich zu überreden, da ich nun das Gefühl bekam, es könnte interessant sein, Mabuse dreißig Jahre später zu zeigen, ausgerüstet mit den neuesten technischen Möglichkeiten. Wieder kann man bestimmte Dinge über unsere Zeit sagen: die Gefahr, dass unsere Zivilisation in die Luft geblasen werden kann. So hielt ich es dann auch.« (Lang, zit. nach FILM Nr. 32, 1962.)
Literatur: Peter Bogdanovich: Fritz Lang in America. London 1968.
Lotte FI. Eisner: Fritz Lang. London 1976.
Peter W. Jansen/Wolfram Schütte (Fig.): Fritz Lang. München 1976.
Paul M. Jensen: The Cinema of Fritz Lang. London/New York 1969.
Siegfried Kracauer: Von Caligari zu Hitler. Eine psychologische Geschichte des deutschen Films. Siegfried Kracauer Schriften Bd. 2. Herausgegeben von Karsten Witte. Frankfurt am Main 1979.
Verband der Deutschen Filmclubs e.V. (Hg.): Retrospektive Fritz Lang. Dokumentation. Bad Ems 1964.
»Die Filme, die ich gemacht habe, waren real fantasies. Heute sind die Filme nur noch real. Grässlich im Detail. Alles wird gezeigt: wie Menschen gefressen werden, ihnen der Magen aufgerissen wird, wie Köpfe rollen und Augen ausgekratzt werden - ekelhaft!!! BLOOD, BLOOD, BLOOD - BLOOD ALL OVER THE SCREEN!«, beklagte sich Lee im Gespräch mit dem Autor dieses Buches und meinte auf die Frage ob das Publikum denn nicht langsam genug von diesem, wie er es nennt, Dreck habe: »Natürlich! At the beginning oder wie Sie sagen: Am Anfang ist's noch was anderes, was Neues. Vielleicht sogar aufregend - nicht für mich, aber für die sehr jungen Leute. Wundervoll, auch die Kinokassen klingeln. Okay, sagen sich die Produzenten, wir machen mehr. Und auch das Publikum fordert: Gebt uns MEHR, MEHR, MEHR! Die Produzenten können sich selbstverständlich ausrechnen, dass ihnen das wiederum noch mehr Geld bringt. So machen sie weiter und weiter und weiter. Jahraus, jahrein dieselben Filme. Nichts anderes. Eines Tages aber sagt das Publikum: GENUG!
Es will nichts mehr von alldem sehen, und die Produzenten fragen verdutzt: Oh, ihr wollt nicht mehr? Wie können wir da mehr Geld machen? Da müssen wir uns ja was Neues einfallen lassen. Wir müssen denken - was Produzenten gar nicht gern tun und viele von ihnen auch gar nicht können.
Was könnte das Publikum als nächstes sehen wollen?
Sie probieren verschiedene Sachen aus, und von zehn Filmen wird einer zufällig ein Erfolg. AHA, sagen sie sich, das ist es, was das Publikum sehen will. Und gehen hin und machen 200 oder 300 Filme der gleichen Art. Fünf Jahre später aber sagt das Publikum wieder: GENUG!
Das ist alles, weil sie heute Filme nicht mehr machen wie früher. Früher, im goldenen Zeitalter, in den dreißiger, vierziger, fünfziger Jahren, da machten sie noch jedwede Art Film, Filme jeden Genres. Mit Schauspielern, die alles spielen konnten. Komödien, Western, historische Filme, Thriller, Horrorfilme, Abenteuerfilme - alles. Es gab eine ungeheure Vielfalt, unter der man wählen konnte.
Was aber macht man heute? Special Effects-Filme und Filme für 15- bis 20jährige. Auch die Darsteller sind zwischen 15 und 20. Das nennt sich dann Stars. Wie können solche Leute überhaupt Stars sein? Wie können sie in diesem Alter überhaupt schauspielern?«
Das seien doch keine Stars - das seien Zwerge mit langen Schatten!
»In wenigen Jahren schon wird das Publikum ihrer überdrüssig sein, und dann wird es wieder einmal heißen: GENUG!
Die Produzenten von heute verstehen nichts vom Film, und sie haben auch kein Interesse am Filmemachen. Das einzige, was sie wollen, ist ein Deal. Sie machen Deals, keine Filme. Und solange sich das nicht ändert, wird es im Filmgeschäft nicht besser. Früher gab es Harry Cohn von Columbia, Selznick, Goldwyn, Louis B. Mayer - sie waren Ungeheuer, wirklich. ABER: sie wussten, wie man Filme macht, und sie hatten großen Respekt vor Menschen mit Talent. Sie wollten Filme machen für das große Publikum. Familienfilme, aufregende Filme, Filme, die unterhaltsam waren und Spaß machten.
Heute dagegen sind mir Filmgewaltige über den Weg gelaufen, die allen Ernstes meinten: Wir haben Millionen von Dollar und stecken sie ins Filmgeschäft nur aus einem Grund - die Girls, die Girls. Das ist wahr.«
Er hat resigniert - der Christopher Frank Carandini Lee, einst der distinguierteste Repräsentant des neueren Horrorfilms. Seine Mutter entstammte dem italienischen Hochadel, sein Vater war Colonel der King's Royal Rifles und gar nicht begeistert, als der Sohn nach dem Zweiten Weltkrieg, wo er in Rhodesien und Südafrika stationiert war, zur Bühne drängte: »Er war ein zäher Offizier, der Fechtchampion der Armee. Er war sprachlos, als ich ihm sagte, dass ich Schauspieler werden wollte.«
Eine großartige Stimme befähigte Lee später sogar, in Opern aufzutreten, und zum Film kam er durch die Bemühungen seines Cousins Graf Niccolo Carandini, des italienischen Botschafters in England, der ihn an Filippo Del Giudice weiterempfahl,
den italienischen Chef der Two Cities-Filmgesellschaft, die mit der Rank Organisation zusammenarbeitete. Rank verpflichtete den jungen Mann als Nachwuchsschauspieler und gab ihm einen 7-Jahres-Vertrag. Seine erste Filmrolle war 1947 in Terence Youngs Corridor of Mirrors. Eric Portman spielt darin einen Künstler, der ein junges Mädchen (Edana Romney) für die Reinkarnation einer Frau auf dem 400 Jahre alten Gemälde hält, das er so bewundert. »Take a look«, war Christopher Lees erster Satz in einem Film, als er zu Portman rüberblickte. »Standing in the entrance - Lord Byron!« Von da an war er in zahlreichen kleinen (und kleinsten) Filmrollen zu sehen: als Speerträger in Laurence Oliviers Hamlet (Lee: »Ich schmuggelte mich als Soldat ins Studio - ich wollte Olivier unbedingt beim Inszenieren beobachten. Es war ein total unbefugter Auftritt. Ich war eine der vielen Stimmen, die Lights! riefen am Ende der Spielszene. Dann machte ich mich aus dem Staub, bevor ich entdeckt wurde«), in Scott of the Antarctic (Scotts letzte Fahrt), They Were Not Divided (großenteils in Deutschland gedreht: in Gmünd-Eifel und in der Lüneburger Heide), Captain Horatio Hornblower RN (Des Königs Admiral), in dem er als Kapitän eines spanischen Schiffs eine Fechtszene mit Gregory Peck hatte, und The Crimson Pirate (Der rote Korsar) unter der Regie von Robert Siodmak, Moulin Rouge von John Huston (mit dem späteren Horror-Regisseur Freddie Francis hinter der Kamera), nicht zu vergessen im letzten Großfilm der Korda- Brüder Storm Over the Nile/None But the Brave (Sturm über dem Nil/Spion für Lord Kitchener), gefangen in der Rolle des Karaga Pasha: »(Zoltan) Korda war den Gefängniswachen im Film sehr gewogen und pflegte ihnen Geld zu schenken, das sie für Dope ausgaben; am nächsten Morgen kamen sie dann vollkommen stoned wieder - sie hatten Haschisch oder so was genommen - und wenn er befahl: Also! Jetzt kommt die Szene, wo ihr sie auspeitscht, dann machten sie das wirklich. Droschen mit Peitschen und Gewehrkolben auf jeden ein. Es war sehr unangenehm.« Wichtig für Lee waren, zwischen 1952 und 1956, auch 13 Episoden der Fernsehserie Douglas Fairbanks Presents - fünf davon mit Douglas Fairbanks jr. selbst als Partner, eine immerhin mit dem großen Stummfilmkomiker Buster Keaton.
Dann, 1956, kam Hammers erster großer Gothic Horror-Film: The Curse of Frankenstein (Frankensteins Fluch), und Lee spielte die Rolle, die schon Boris Karloff berühmt gemacht hatte: das Monster (aus Copyright-Gründen durften die Hammer-Leute allerdings nicht auf die Karloff-Maske zurückgreifen). »Man gab mir die Kreatur hauptsächlich wegen meiner Größe, obwohl ich gerade deswegen in den vorangegangenen zehn Jahren in vielen Filmen nicht dabei sein konnte«, meint der 1,93 große Christopher Lee. »Denn die meisten britischen Stars lehnten es rundweg ab, mich irgendwo neben sich stehen zu haben in einem Film, weil ich sie mit Leichtigkeit überragte. Der größte britische Star damals war 1,85 und damit kleiner als ich... Ich habe nie darüber nachgedacht, was ich getan hätte, wenn die Rolle der Kreatur nicht gewesen wäre; möglicherweise wäre ich nach Amerika gegangen, wo große Schauspieler seinerzeit sehr gefragt waren. Aber da kam ja das Hammer-Angebot, und mein Agent schlug vor, (Produzent) Tony Hinds und (Regisseur) Terence Fisher aufzusuchen. Ich ging also hin und überzeugte sie, dass ich eine passable Kreatur abgeben würde, allein schon wegen meiner Größe.«
»Es war das erste Mal, dass ich mit Peter Cushing für Hammer arbeitete. Eines Tages sagte ich ihm: Du, ich hab' überhaupt keinen Dialog, und er erwiderte: Da hast du Glück. Ich hab' das Drehbuch gelesen.
Im Jahr darauf waren beide wieder zusammen in einem anderen Hammer-Film: Cushing als Vampirjäger Van Helsing und Christopher Lee als - Dracula. Zwar wurden auch andere Darsteller für die Vampirrolle getestet, aber Lee war von Anfang an die ideale Besetzung. »Die Wahl war einleuchtend, wenn man drüber nachdenkt«, resümiert Produktionschef Michael Carreras. »Er hatte absolut die richtigen Gesichtszüge, die gebieterische Erscheinung und diese phantastische Stimme.« (Carreras, zit. nach Brosnan: The Horror People.)
Lee über die Dracula-Rolle:
»Ich habe stets versucht, wenn ich Dracula spielte, dem Publikum die Majestät und Würde dieses unsterblichen Charakters nahezubringen wie auch seine Barbarei, Wildheit und, über allem, große Traurigkeit.
Eine wirklich heroische Gestalt, ein Mann - zum Führen befähigt, ein Mann mit Intellekt, mit einer enormen Anziehungskraft auf Frauen; ein Mann, wegen dieser Qualitäten von anderen Männern beneidet - und, nicht zuletzt, ein menschliches Wesen.
Das einzige, was ich stets bedauert habe, war, dass ich den Grafen nie so darstellen konnte, wie ihn Bram Stoker beschrieben hat. Das lag an den dürftigen Drehbüchern und dem fehlenden Einfallsreichtum von Leuten, die nie das ganze Potential der Geschichte begriffen haben.«
Eine andere große Horrorgestalt, der Lee »neues« Leben einhauchte, war The Mummy (Die Rache der Pharaonen -1959): »Die Dinge, die ich in The Mummy tun musste, grenzten ans Vorstellungsvermögen, körperlich - durch Türen brechen und durch ein Fenster mit echtem Glas, meine Schulter auskugeln und meine Muskeln beanspruchen, um hübsche Mädchen in den Sumpf zu schleppen, manchmal 80 Meter weit. Die Mumie war ein unaufhaltbarer Automat, auf der anderen Seite aber auch wieder sehr menschlich in ihren Reaktionen, besonders wenn sie die Reinkarnation der geliebten Prinzessin trifft. Ich musste das alles mit den Augen ausdrücken und durch Körpersprache.«
Trotz dieser Erfolge betrachtete ihn Hammer offensichtlich nicht als Star, ging die nächsten Jahre sogar dazu über, Lee nur in Nebenrollen zu platzieren: in The Hound of the Baskervilles (Der Hund von Baskerville), The Man Who Could Cheat Death (Den Tod überlistet), The Two Faces of Dr. Jekyll (Schlag 12 in London), The Pirates of Blood River (Piraten am Todesfluss) und in dem psychologischen Horrorthriller Taste of Fear (Ein Toter spielt Klavier), den Lee selbst für Hammers besten Film hält.
Lee zog die Konsequenzen und sah sich, überhaupt sehr sprachbegabt, im Ausland nach Arbeit um. In Frankreich spielte er zusammen mit Mel Ferrer in Les Mains d'Orlac (Die unheimlichen Hände des Dr. Orlak), dem Remake eines Stummfilms mit Lee-Vorbild Conrad Veidt.
In Italien drehte er u. a. die Parodie Tempi Duri per i Vampiri und Ercole al Centro Della Terra (Vampire gegen Herakles): »Mein erster Film mit Mario Bava, der einer von Italiens größten Kameramännern war. Ich spielte den bösen Lico, der übrigens kein Vampir war, obwohl mich einige Plakate mit langen Zähnen zeigten. In Wirklichkeit war er der König der Toten. Den Herkules spielte ein ehemaliger Mr.
Universum - Reg Park, ein ganz reizender Mann. Ich glaube, wir haben uns ganz schön blamiert, weil wir in manchen Szenen gekichert haben. Ich - sehr dünn und stark, wie ich war - kam auf die Idee, einen Mann wie Reg Park buchstäblich beiseite zu stoßen mit einem leichten Hieb meines Handgelenks, weil ja kein menschliches Blut durch meine Adern fließt und ich übernatürliche Kraft habe - diesen enormen Mann mit Muskeln von Ausmaßen, wie man sie noch nicht gesehen hat. Das fanden wir beide dann so blödsinnig, dass wir nicht aufhören konnten zu lachen. Wirklich sehr ungezogen von uns, Mario Bava verlor sehr schnell die Geduld. Aber er hat uns verziehen.«
Auch in Deutschland fand Lee Arbeit. Unter der Produktionsleitung von Horst Wendlandt spielte er in zwei Edgar-Wallace-Filmen: Das Geheimnis der gelben Narzissen und Das Rätsel der roten Orchidee. Und filmte auch in Spandau für Artur Brauner: Sherlock Holmes und das Halsband des Todes unter der Regie des gleichfalls aus London eingeflogenen Terence Fisher. »Ein schrecklicher Film. Ich habe den Film in Englisch gedreht, aber sie ließen mich dann ohne mein Wissen für die englische Fassung durch einen anderen Schauspieler synchronisieren. Ich nehme an, Brauner wollte nicht noch mal Flugkosten für mich zahlen, und holte mich deswegen nicht für die Synchronisation rüber. Also schnappte er sich kurzerhand einen anderen Engländer mit einer Stimme, die meiner in keiner Weise ähnlich war.« (Lee ist übrigens der einzige Schauspieler auf der Welt, der beide Holmes-Brüder gespielt hat: den Sherlock Holmes für Brauner, den Mycroft für Billy Wilder in The Private Life of Sherlock Holmes.)
Richtig aufwärts mit Lees Karriere ging es 1965, als der zeitweise in Berlin (Kurfürstendamm) lebende englische Produzent Harry Alan Towers ihm die Hauptrolle in der deutsch-britischen Gemeinschafts-Produktion Ich, Dr. Fu Man Chu/The Face of Fu Manchu gab (wahrscheinlich hatte er Lee als grausamen Chinesen Chung King in der 1960er Hammer-Produktion The Terror of the Tongs gesehen). Lees deutsche Partner waren Joachim Fuchsberger, Karin Dor, Walter Rilla und Peter Mosbacher. Dieser erste Film einer neuen Fu-Manchu-Serie wäre besser der letzte geblieben, meint Christopher Lee, »denn es war der einzig wirklich gute Film (der Serie). Es war dieselbe alte Geschichte: Wenn ein Filmschema ankommt, wiederholen es die Leute bis zur Vergasung - wie mit den Dracula-Filmen.
Diesmal gab ich einem der großen klassischen Schurken neues Leben: der gelben Gefahr, der Bedrohung aus dem Osten. Als wir diesen Film in Irland drehten, kam Mrs. Sax Rohmer rüber und erzählte mir, dass ihr Mann, als er noch Reporter war, Londons Limehouse besuchte auf der Suche nach Material. Da habe er einen großen Wagen gesehen (vielleicht einen Rolls-Royce), aus dem ein ungeheuer großer Chinese und eine schöne Halbblutfrau gestiegen seien. Das brachte ihn auf die Idee. Man soll nicht denken, es gebe keine großen Chinesen. Es gibt sie.
Eine wunderbare Romanfigur - der Napoleon des Verbrechens, das mächtige Verbrecherhirn.
Der Regisseur (Don Sharp) machte seine Sache sehr gut, hat sich viel Mühe gegeben. Irgendjemand in Amerika hat das Ganze dennoch einen Chop-Suey Bond genannt; und eine Gruppe von Bürgern dort hat Fu Manchu als Bürgermeisterkandidaten aufgestellt, mit meinem Bild auf den Plakaten. Haben sogar Stimmen gekriegt.
Ich hab' gehört, in San Francisco und anderen Städten mit großem chinesischem Bevölkerungsanteil gab es Vorbehalte, auch in Hongkong. Offensichtlich verstanden manche Leute diese Darstellung eines Chinesen als Beleidigung des chinesischen Volkes. Ich kann dazu nur sagen, dass ich den Fu Manchu nie so spielte, dass Chinesen Grund gehabt hätten, sich beleidigt zu fühlen. Ich stellte ihn immer als einen Mann dar mit großer Macht und Würde sowie außerordentlicher Intelligenz. Vorbild waren für mich die großen Kriegsherren und Mandarine der chinesischen Geschichte. Jedoch kann ich verstehen, dass die Chinesen etwas dagegen haben, wenn man im Zusammenhang mit der Figur von gelber Gefahr spricht.«
Dieser Film sowie eine Rolle in dem erfolgreichen Episodenstreifen Dr. Terror's House of Horrors (Die Todeskarten des Dr. Schreck) machten die Hammer-Leute wieder aufmerksam auf Christopher, und er spielte Hauptrollen in zwei parallel produzierten Filmen der Gesellschaft: Rasputin, the Mad Monk, wie Fu Manchu unter der Regie von Don Sharp (»Mit Sicherheit eine der besten Rollen, die ich je hatte«), und Dracula, Prince of Darkness (Blut für Dracula), unter dem Arbeitstitel Dracula III in Szene gesetzt von Terence Fisher: »Das war der einzige Dracula-Film, in dem ich kein Wort sagte. Ich gebe Laute von mir, aber ich spreche nicht. Der Grund? Vielleicht wussten sie nicht, was sie mich sagen lassen sollten. Ursprünglich gab es eigentlich sehr viel Dialog, aber er war so schlecht, dass ich mich weigerte, ihn zu sprechen.«
Einer von Lees wichtigsten Hammer-Filmen hat leider nie den Weg nach Deutschland gefunden: The Devil Rides Out, 1967 nach der gleichnamigen Erzählung des britischen Okkult-Autors Dennis Wheatley und einem Drehbuch von Richard Matheson entstanden - mit Lee in der Rolle des Wheatley-Helden Duc de Richleau, der seinen Schützling Simon Aron vor einer Sekte von Teufelsanbetern zu retten versucht. Jahrelang habe er versucht, Hammer Films und andere Gesellschaften von der Notwendigkeit eines Films, der übernatürliche Erscheinungen behandelt, zu überzeugen, bemerkt Lee dazu: »Geschichten vom Typ Ray Bradbury/Arthur Clarke. Inzwischen fegt eine okkulte Explosion über die Welt, die sich zunehmender Popularität erfreut. Aber damals waren die Leute in den Filmgesellschaften beunruhigt, was die Kirche, was die Zensur sagen würde, was man zeigen könnte und was nicht, wenn es um Schwarze Messen und Schwarze Magie ging. In The Devil Rides Out haben wir sehr wenig gezeigt. Wir konnten nichts bringen, was auch nur entfernt so war wie heute. Aber dafür haben wir das Eis gebrochen, wie ich es in vielen Filmen über die Jahre getan habe. Ich denke, das war die berühmteste Geschichte über Schwarze Magie, die je geschrieben wurde. Meiner Meinung nach ist ein Superfilm daraus geworden. Niemand hatte was dagegen, dass ich hier einen guten Charakter spielte, was für mich damals wichtig war. Ich war sogar technischer Berater. Das Wissen hatte ich aus Studien des Okkulten, der Schwarzen Magie und des Übernatürlichen; oder ich ging ins Britische Museum und recherchierte.
Der berühmte Ritualgesang, den ich am Ende anstimmte, um den Engel des Todes zu vertreiben, ist ein echtes Exorzismusgebet aus einem alten Buch über Schwarze Magie. Ein Sussamma-Ritual, das man nur benutzen darf, wenn die Seele in Gefahr ist.«
Okkultistische Filmthemen lagen Lee auch fürderhin am Herzen. In The Wicker Man, 1972 gedreht, ist er Lord Summerisle, Herr einer kleinen schottischen Insel gleichen Namens und heidnischer Chef atavistischer Dörfler. Als solcher opfert er einen anglikanischen Polizisten (»Ich glaube an Jesus Christus und das ewige Leben«) im brennenden Weidengeflecht des Wicker Man. Für Lee war es der phantastischste Film seiner Karriere. Er sowie Autor Anthony Shaffer (Frenzy) und Produzent Peter Snell haben ohne Gage gearbeitet, lediglich gegen eine Beteiligung an den (mageren) Einspielergebnissen, so sehr haben sie an das Thema und die Geschichte geglaubt. Auch Regisseur Robin Hardy, der beim National Film Board of Canada angefangen hat, hat sich ziemlich in Studien über heidnische Bräuche vertieft, um sich auf den Film vorzubereiten: »Nicht umsonst gibt es kaum noch aktiven Paganismus. Denn er hält die Menschen im Bann des Aberglaubens. Möglicherweise gibt es eine Beziehung zwischen der Schlussszene des Wicker Man und den Nürnberger Reichsparteitagen in Deutschland. Es war kein Zufall, dass Hitler all diese heidnischen Feste bei seiner Machtübernahme wiederbelebt hat. Das ist überhaupt eine große deutsche Sache: Wagner und sein Zyklus vom Ring des Nibelungen, der die alten deutschen Götter verherrlicht. Die Idee, dass es notwendig sei, Menschen um anderer Menschen willen zu opfern, war im menschlichen Bewusstsein stets präsent. Man kann nicht sagen, dass so was nur Menschen früherer Zeiten machten und dass wir heute nichts mehr damit zu tun haben.« (Hardy, zit. nach Cinefantastique Vol. 6 No. 3, Oak Park, Illinois, 1977.) Trotz des immensen Engagements aller am Film Beteiligten wussten die Verleiher nichts damit anzufangen und kürzten den Streifen auch noch um etwa 15 Minuten (die heute verschollen sind).
Lee: »Sie haben den Film ausgenommen wie eine Weihnachtsgans, es war einfach abscheulich. Da gab es auf einmal Sachen, die keinen Sinn mehr ergaben. Es fehlte der Zusammenhang; bestimmte Szenen wurden so umgestellt, dass es schwierig wurde, sie zu verstehen... Ein Skript von A bis Z vorausgesetzt, kamen in dieser Version die Buchstaben M-N-O plötzlich vor D-E-F und so weiter. Ich bin sicher, dass das Publikum verwirrt war, denn die Geschichte eines Films, der wie dieser hier vielschichtig ist, muss einfach sein, damit man weiß, was passiert.«
1972 gründete Lee zusammen mit Anthony Nelson Keys, der für Hammer produziert hatte, eine eigene Produktionsfirma: Charlemagne Productions Ltd. Die beiden stellten einen eher mittelmäßigen Thriller her, Nothing But the Night, nach einer Geschichte von John Blackburn, und übertrugen eine Option, die sie auf ein Buch von Dennis Wheatley hatten, unfähig, eine eigene Finanzierung auf die Beine zu stellen, an Hammer und die Berliner Terra Filmkunst: To the Devil a Daughter (Die Braut des Satans - 1974). Lee spielt hier einen Teufelsanhänger, der die Seele der jungen Nastassja Kinski in einen Homunkulus zu transferieren sucht, den er geschaffen hat, aber daran von Richard Widmark gehindert wird. Laut Lee »ein perfektes Beispiel für einen erstklassigen Film, der durch Halsstarrigkeit ruiniert wurde. Aufregend, intelligent, tempogeladen. Zeigte die Gefahren und die blasphemischen Handlungen und Obszönitäten der Schwarzen Magie: die Kreuzigung mit dem Kopf nach unten, den ausgestoßenen Priester, die Entweihung all dessen, was als heilig gilt. In ihrer Weisheit - oder besser: in ihrem Mangel an Weisheit - zog es Hammer allerdings vor, den Film zweifach zu ruinieren: durch die obszöne Babyszene, die geschmacklos war, und durch meinen Tod, bei dem ich elend verschwinde. Wie aber kann man den Teufel mit einem Stein töten, den man ihm über den Schädel haut? Ein lächerlicher Schluss.
90 Minuten exzellenten Films, ruiniert durch 2 oder 3 Minuten am Schluss!
Sie haben zwar auch einen anderen Schluss gedreht, ihn aber nicht verwendet.«
Zu seinem großen Bedauern war es Lee bisher versagt, an einem Okkult-Film von der Qualität des Rosemary-Babys mitzuwirken: »In Rosemary's Baby hat man nichts gesehen, erinnern Sie sich, hat man nichts gesehen, rein gar nichts. Und trotzdem hab' ich fünfzig, sechzig Leute getroffen, die mir in allen Einzelheiten dieses Baby beschrieben haben. Seine Hände, seine Füße, seine Augen. Sie haben's nie gesehen. So, und nicht anders, sollte man Filme machen.«
Vom konventionellen Horrorfilm hat sich der hochgewachsene Brite in den siebziger Jahren mehr und mehr entfernt, ist stattdessen in ein paar internationalen Großproduktionen zu sehen gewesen: als Comte de Rochefort in The Three Musketeers (Die drei Musketiere) und The Four Musketeers (Die vier Musketiere) von Richard Lester; als schurkischer Bond-Gegenspieler Scaramanga in The Man with the Golden Gun (Der Mann mit dem goldenen Colt) - 007-Schöpfer Ian Fleming, ein Vetter Lees, hatte ihn sich sogar schon als Dr. No gewünscht; in dem Katastrophenschocker Airport '77 (Verschollen im Bermuda-Dreieck) als Partner von Jack Lemmon, Joseph Cotten und Olivia de Havilland; als Partner von Bette Davis in der phantastischen Disney-Produktion Return from Witch Mountain; als Partner von Toshiro Mifune in Steven Spielbergs 1941.
Aber Lee hat auch noch drei außerordentliche Parodien des Genres geliefert:
In Edouard Molinaros Dracula pere et fils (Die Herren Dracula) aus dem Jahr 1975 spielt er einen Vampirgrafen, der nach seiner Flucht aus Transsylvanien, wo die Kommunisten sein Schloss in ein Kulturhaus umfunktioniert haben, zum Star in englischen Vampirfilmen avanciert. Sein etwas aus der Art geschlagener Sohn Ferdinand (er mag weder Blut, noch beherrscht er den Vampirbiss) ist derweil in Frankreich gestrandet, wo er Nicole kennenlernt, die Managerin einer Werbeagentur, die Dracula sen. für einen Zahnpastafilm engagieren will. Die Herren Dracula werden zu Rivalen um die Gunst Nicoles. Doch als Papa seine Liebe auch noch mit einem zünftigen Biss krönen will, setzt ihn der Sohn kurzerhand der Sonne aus, der er selbst - merkwürdigerweise - widersteht. Dann versorgt er Nicole mit Nachwuchs - wobei sich der männliche Sproß in auffallender Weise (offensichtlich eine kleine Anspielung auf den ähnlich gelagerten Schluss des Rene-Clair-Films I Married a Witch) für den Hals seines Schwesterchens zu interessieren beginnt.
1982 war er Partner von Vincent Price, Peter Cushing und John Carradine in House of the Long Shadows: Ein junger amerikanischer Schriftsteller wettet darin während eines England-Aufenthalts mit seinem Verleger, dass er innerhalb von 24 Stunden einen kompletten Roman schreiben könne. Einzige Bedingung: ein Ort, an dem er ohne jede Störung arbeiten kann. Doch im abgelegenen Herrensitz, den ihm sein Verleger zu diesem Zweck zur Verfügung stellt, tauchen alsbald merkwürdige Gruselgestalten auf.
Schließlich wäre da noch, aus demselben Jahr, The Return of Captain Invincible (Captain Invincible oder: Wer fürchtet sich vor Amerika?) zu erwähnen, der teuerste Film, der bis dahin in Australien gedreht wurde, eine unglaubliche Superman-Persiflage.
Star des Films ist Alan Arkin als Captain Invincible. Einst die mächtigste Waffe im Kampf gegen Adolf Hitlers Stukas und Hirohitos Flugzeugträger, das Vorbild der amerikanischen Jugend. Nach dem Krieg, in der McCarthy-Ära, elendig gestürzt: Wegen seines roten Umhangs wurde er des Kommunismus bezichtigt, angeklagt wegen Fliegens ohne Pilotenschein und verurteilt wegen öffentlichen Tragens seiner Unterhosen! Demoralisiert bis ins Mark, verfiel Invincible dem Teufel Alkohol - ein menschliches Wrack, das mit der Zeit all seine übernatürlichen Fähigkeiten eingebüßt hat: Er vergisst, wie man fliegt, seine magnetischen Kräfte werden zu magnetisch, sein früher fabelhaft funktionierendes Computergehirn spielt verrückt.
Das ist die Stunde von Christopher Lee als Mister Midnight, eines Superschurken in schwarzem Leder und Schaftstiefeln, der sich bereits in Hitlers Umgebung nützlich gemacht hatte. Midnight schreckt nicht davor zurück, die geheimste Superwaffe des Pentagon zu klauen - den »Hypnostrahl«, der eine geradezu unwiderstehliche Wirkung auf den menschlichen Willen hat. Furchtbares führt er mit diesem wahrhaft unheilvollen Instrument des Grauens im Schilde: Völlig wertlosen Grundbesitz will er den Massen aufschwatzen, um ihn hernach in boshafter Gemeinheit zu versenken und zu zerstören.
In seiner Verzweiflung erinnert sich der Präsident der Vereinigten Staaten (Michael Pate) seines Jugendidols: Als er noch ein kleiner Pfadfinder war, hatte ihm Captain Invincible prophezeit, dass er dereinst Präsident würde, und versprochen, dann stets für ihn da zu sein. Als Ehrenmann muss der Captain natürlich zu seinem Versprechen stehen und lässt sich willig von der reizenden Präsidenten-Beauftragten Patty reaktivieren. Dann ortet er das unter einem New Yorker Delikatessengeschäft gelegene Hauptquartier Midnights. Aber so leicht gibt der Bösewicht nicht auf: Er lädt den Captain an seine gutsortierte Bar. Appelliert, einen feuchten Song auf den Lippen (den die Rocky Horror Picture Show-Mannen Richard O'Brien und Richard Hartley geschrieben haben), an den Suff im Manne, was das Gute jedoch nicht aufhalten kann. Buchstäblich versinkt Midnight in Hitler'schem Größenwahn.
Auf die Frage, was er selbst, Christopher Lee, dem Kinopublikum heute bieten würde, antwortete er dem Autor, ohne lange zu überlegen:
»Ich würde eskapistische Sujets wählen: Fantasy und Comic und Frightening. Das, denke ich, will das Publikum sehen. Das Publikum will dem Alltag entfliehen - das ist gewiss. Ich glaube nicht, dass das Publikum sich selbst sehen will. Mit anderen Worten: Der Mann auf der Straße will nicht den Mann auf der Straße sehen.«
Sein Herz, ganz privat, gehört den großen Trickfilmstars der goldenen Ära - an ihrer Spitze Sylvester, dem Katzenantipoden von Tweety Bird, und, absolute Nummer 1, Yosemite Sam, einem Winzling mit Riesenschnurrbart und volltönender Stimme, dem bevorzugten Gegenspieler des populären Bugs Bunny: »Animation is the purest form of Film. Yosemite Sam öffnet eine Tür und steht vor einer Kanone: Bum! Er ist schwarz vor Schießpulver, aber in der nächsten Szene ist er wieder völlig in Ordnung. Das ist die perfekteste Form von Film.«
Magie - das sei es, was das Kino heute am meisten brauche. Magie - wie sie am ursprünglichsten im Animationsfilm konserviert ist. (Lee selbst hat übrigens den tragischen König Haggard in einem abendfüllenden Fantasy-Trickfilm nach Peter S. Beagle gesprochen und damit seinen Beitrag zum magischen Fortbestand der Kunst des Zeichenfilms geleistet: The Last Unicorn.)
Literatur:
David Bartholomew: The Wicker Man. In: Cinefantastique Vol. 6 No. 3, Oak Park/Illinois 1977.
John Brosnan: The Horror People. London 1976.
Allen Eyles, Robert Adkinson und Nicholas Fry: The House of Horror. The Story of Hammer Films. London 1973 (erweiterte Neuauflage: 1981).
Gerard Garret: The Films of Christopher Lee. London 1975.
Manfred Knorr: Graf Dracula persönlich. Christopher Lee und seine Filme. In: Vampir Nr. 2, Nürnberg 1973.
Christopher Lee: (Einführung zu) Christopher Lee Introduces the Illustrated Dracula. New York 1975.
Christopher Lee: (Einführung zu) Christopher Lee's Treasury of Terror. New York 1966. Christopher Lee: (Nachwort zu) The Ghouls. Einführung von Vincent Price. New York 1971.
Christopher Lee: Tall, Dark and Gruesome: An Autobiography. London 1977. Christopher Lee/Michel Parry (Hg.): Christopher Lee's »X« Certificate. London 1975. Christopher Lee/Michel Parry (Hg.): From the Archives of Evil. New York 1976. Christopher Lee/Michel Parry (Hg.): From the Archives of Evil #2. New York 1976. James Robert Parish und Michael R. Pitts: Christopher Lee. In: Cinefantastique Vol. 3 No. 1, Oak Park, Illinois 1973.
David Pirie: A Heritage of Horror. The English Gothic Cinema 1946-1972. London 1973. Robert W. Pohle jr. und Douglas C. Hart: The Films of Christopher Lee. Unter Beteiligung von Christopher Lee. Metuchen, N.J./London 1983.
Als Ladislav Loewenstein in Rózsahegy, Ungarn, geboren. Seine Mutter, Elvira Loewenstein, starb vier Jahre nach seiner Geburt mit 27 Jahren. Der Vater, Alois, Sohn eines Rabbiners und strammer Monarchist mit militärischem Background, heiratete schon bald darauf Elviras beste Freundin, Melanie Klein, damit Ladislav und seine jüngeren Geschwister nicht ohne mütterliche Obhut aufwuchsen. Doch Ladislav akzeptierte die Stiefmutter nicht. Während des Krieges besuchte er die Bürgerschule in Wien. Alois, der große Hoffnungen auf seinen Ältesten setzte, war verständlicherweise ein wenig erregt, als dieser ihm plötzlich eröffnete, er wolle Schauspieler werden. Der Vater warnte den Sohn, dass er als Schauspieler Hunger leiden werde, und rang ihm den Kompromiss ab, zur Sicherheit erst mal ein vernünftiges Bankhandwerk zu erlernen und den schauspielerischen Ambitionen nebenbei zu frönen. Doch das Doppelleben fiel Ladislav nicht leicht, und so sorgte er dafür, dass er aus der Bank flog. Jetzt konnte er sich voll und ganz dem Theater widmen. Sein Freund Walter Reisch, später ein bekannter Drehbuchautor, der u. a. die Filmversion der Reise zum Mittelpunkt der Erde geschrieben hat: »Er war davon besessen, zum Theater zu gehen. Seine große Leidenschaft war die Bühne, und da Wien damals einen äußerst reichhaltigen Spielplan hatte, verbrachte er praktisch jede Nacht im Theater.« (Reisch, zit. nach Youngkin/Bigwood/Cabana jr.: The Films Of Peter Lorre.)
Tagsüber lungerte er in den Kaffeehäusern herum, trank eine Tasse Kaffee und viel Wasser, studierte die Zeitungen und diskutierte mit den Künstlern, die sich ebenfalls dort herum trieben. So traf er William Moreno, der ihn seinem Bruder Jacob vorstellte. Der hatte 1922 das Stegreiftheater gegründet, war von Ladislav sehr angetan und holte ihn an seine Bühne, unter dem Künstlernamen Peter Lorre.
Dann folgte Ladislav-Peter einem Ruf Leo Mitlers nach Breslau und kehrte über Zürich nach Wien zurück. Da ihm aber Wien nicht mehr der geeignete Fleck für eine vielversprechende Theaterkarriere zu sein schien, ging er nach Berlin und hatte auf Anhieb Erfolg im Theater am Schiffbauerdamm unter der Regie von Bert Brecht in Marieluises Fleissers Pioniere in Ingolstadt. Peter gefiel dem Publikum, der Kritik, der eleganten Schauspielkollegin Cäcilie Lvovsky (die sich später Celia Lovsky nannte und sogar in einer Star Trek-Folge spielte), und es dauerte nicht lange, da interessierte sich auch der Film für ihn - in Gestalt des Regisseurs Fritz Lang. Der gab ihm die Rolle des Kindermörders in seinem ersten Tonfilm M (1931), die ihm eine gefährliche Reputation brachte. Nach dem Film will er 310 Angebote für ähnliche Rollen gekriegt haben, die er allesamt ablehnte, denn er wollte ja nicht auf den wahnsinnigen Mörder festgelegt werden. Stattdessen ließ er sich von der prestigereichen Ufa anheuern und war u. a.in drei Filmen als Partner von Hans Albers zu sehen: als Pawlitschek in einer kurzen Szene mit Albers und Heinz Rühmann in Bomben auf Monte Carlo (1931), der 1959 neu verfilmt wurde mit Eddie Constantine und Marion Michael; als buckliger Rauschgiftschmuggler in Der weiße Dämon (1932) unter der Regie von Kurt Gerron; als Hans Albers' Reporterfreund Johnny in der technischen Utopie über eine schwimmende Flugzeugplattform im Ozean F. P. 1 antwortet nicht (1932) nach einem Roman von Kurt Siodmak. (In Siodmaks Roman war der Part ursprünglich kleiner, aber Lorres Freund, Drehbuchautor Reisch, erweiterte die Rolle auf Vorschlag des Regisseurs Karl Hartl.)
Als Hitler an die Macht kam, flohen Lorre und Celia über Wien und die Tschechoslowakei nach Paris, wo Peter eine kleine Rolle in G. W. Pabsts Du Haut en Bas (1933) spielte, aber ansonsten untätig herumsaß. Davon erfuhr, durch deutsche Emigranten, Hitchcock-Mitarbeiter Ivor Montagu, und da er wusste, wie sehr der Meister Lorre als Kindermörder in M bewundert hatte, schlug er ihn für die Rolle des Attentäters in Hitchcocks nächstem Film The Man Who Knew Too Much (1934) vor: »In Lorre fand er (Hitchcock) einen bizarren Typ ganz nach seinem Herzen, unheimlich und makaber, dabei faszinierend in der Arbeit.« (Taylor: Die Hitchcock-Biographie. Alfred Hitchcocks Lebens und Werk.) Während der Dreharbeiten zu diesem Film heiratete Peter Celia.
Inzwischen hatte auch Hollywood ein Auge auf Lorre geworfen: Columbia Pictures-Talentsucher Rufus LeMaire empfahl ihn seinem Chef Harry Cohn und köderte ihn mit einem Angebot von 1.000 Dollar die Woche. In Hollywood musste Peter jedoch erst einmal feststellen, dass Columbia nicht viel Verwendung für den Emigranten hatte, und verbrachte die nächsten Wochen mit teuer bezahltem Nichtstun. Schließlich lieh ihn Cohn an Metro Goldwyn Mayer aus - für einen Horrorfilm: Mad Love (1935), einen Ausflug in die Welt des Grand Guignol unter der Regie von Karl Freund. Die Vorlage des Films, die Erzählung Les Mains d'Orlac von Maurice Renard, war schon einmal verfilmt worden - 1925 als Orlacs Hände unter der Spielleitung von Caligari-Regisseur Robert Wiene mit Conrad Veidt und Fritz Kortner in den Hauptrollen. Am Drehbuch der amerikanischen Version hatten die horrorerfahrenen Guy Endore und John L. Balderston gearbeitet. Lorre spielte Dr. Gogol, einen berühmten Pariser Chirurgen, der sich in Yvonne Orlac (Frances Drake), den Star des Theatre des Horreurs, verliebt hat, aber Yvonne erwidert seine Liebe nicht. Die Stunde der Rache kommt, als Yvonnes Gatte, der Pianist Stephen Orlac (Colin »Frankenstein« Clive), der bei einem Zugunglück beide Hände verloren hat, unter Gogols Messer gerät. Der Chirurg schenkt ihm die Hände eines Mörders, der so gut mit dem Messer umgehen konnte, dass er hingerichtet wurde, und macht den Pianisten glauben, er werde nun selbst zum Mörder. Gogol bringt Stephens Stiefvater um, mit einem Messer natürlich, und langsam beginnt der zu glauben, dass es wirklich seine, Orlacs Hände waren, die das Verbrechen verübten. Als Gogol auch noch die Frechheit hat, Yvonne strangulieren zu wollen, wird er von Stephen getötet - mit einem meisterhaften Messerwurf. The Hands of Orlac (wie Mad Love in England hieß) habe ihm Schauer über den Rücken gejagt, schrieb Graham Greene in The Spectator. Was konnte man mehr erwarten?