Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest - Eva-Maria Zurhorst - E-Book

Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest E-Book

Eva-Maria Zurhorst

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Beschreibung

Die Jubiläumsausgabe des Spiegel-Bestsellers

»Die meisten Scheidungen sind überflüssig«, glaubt Eva-Maria Zurhorst. Anhand zahlreicher Beispiele macht sie deutlich, woran es hakt, wenn vom Anfangsglück einer Partnerschaft nicht mehr viel übrig ist außer Enttäuschung und Wut oder warum die Erwartung, dass mit dem nächsten Partner alles besser werde, falsch ist. Die Autorin zeigt, wie wir die Partnerschaft als Entwicklungsweg nutzen können. Denn eine tiefe Beziehung und Liebe sind gerade dort möglich, wo wir die Hoffnung vielleicht schon aufgegeben haben.

Mit neuem Vorwort von Eva-Maria Zurhorst.

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Seitenzahl: 442

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Buch

»Die meisten Scheidungen sind überflüssig«, davon ist Eva-Maria Zurhorst überzeugt. Anhand zahlreicher Beispiele macht sie deutlich, woran es hakt, wenn vom Anfangsglück einer Partnerschaft nicht mehr viel übrig ist außer Enttäuschung und Wut oder warum die Erwartung, dass mit dem nächsten Partner alles besser werde, falsch ist. Die Autorin zeigt, wie wir die Partnerschaft als Entwicklungsweg nutzen können. Denn eine tiefe Beziehung und Liebe sind gerade dort möglich, wo wir die Hoffnung vielleicht schon aufgegeben haben.

Autorin

Eva-Maria Zurhorst ist Bestsellerautorin und gehört zusammen mit ihrem Mann Wolfram seit über 20 Jahren zu Deutschlands erfolgreichsten Beziehungscoaches. Zurhorsts Bücher wurden weltweit in 17 Sprachen übersetzt und über eine Million Mal verkauft. Sie war ursprünglich als Journalistin tätig, wechselte dann als Kommunikationsberaterin in die Wirtschaft, bis sie nach einer psychotherapeutischen Zusatzausbildung begann, Menschen als Coach zu begleiten. In ihren Onlinetrainings und Programmen begleitet sie jedes Jahr mehrere Tausend Frauen durch ihren Wachstums- und Transformations- prozess. Ihr Podcast »Liebe kann alles« zählt mit über vier Millionen Downloads zu den bekanntesten des Genres.

Außerdem von Eva-Maria Zurhorst im Programm

Liebe kann alles ida – Die Lösung liegt in dir Soulsex (mit Tatjana Blobel)

Zusammen mit Wolfram Zurhorst:

Liebe dich selbst und freu dich auf die nächste Krise Liebe dich selbst und entdecke, was dich stark macht Das Liebesgeheimnis

EVA-MARIA ZURHORST

und es ist egal, wen du heiratest

Mit aktuellem Vorwort zur Neuausgabe

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Erweiterte Ausgabe Februar 2024

Copyright © 2004 der Originalausgabe: Arkana Verlag, München

Copyright © 2024 dieser Ausgabe: Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Cover: UNO Werbeagentur, München, in Anlehnung an die Umschlaggestaltung der Erstausgabe (Design Team)

Redaktion: Kristina Lake-Zapp

Satz: Barbara Rabus

KF ∙ CB

ISBN 978-3-641-31227-5V001

www.goldmann-verlag.de

Für Wölf und Annalena

Ich werde erobert, besiegt und entmachtet. Von der Liebe.

Ich liebte sie nicht,

weil wir zueinander passten.

Ich liebte sie einfach.

Robert Redford alias Tom Booker im Pferdeflüsterer

Inhaltsverzeichnis

Einleitung: Geben Sie nicht aufWarum dieses Buch? Weggehen, um wiederzukommenFür wen ist dieses Buch?Gehören Sie zu den von innen Ausgelaugten . . .. . . oder zu den von außen Gehetzten?I. Teil1. Kapitel: Es ist egal, wen Sie heiratenDie meisten Scheidungen sind überflüssigDer einzig wahre Partner sind Sie selbstLügen, Mieder und andere LiebestöterSucht kommt von SucheEine wie alle – das Boris-Becker-PhänomenWarum alles gleich bleibt, wenn alles anders werden sollWie aus Prinzen Gott sei Dank Frösche werdenEhepaar, Elternpaar, LiebespaarScheidung heißt, sich von alten Schmerzen zu trennenDie neue Beziehung – »Ich hatte Sehnsucht nach Leben!«Eigene Kraft entdecken, eigene Leidenschaft entfachen2. Kapitel: Sie heiraten sowieso aus den falschen GründenZwei Einbeinige wollen laufen lernenDie Gründe gehen, der Partner bleibt»Ich liebe dich« ist ein Satz mit »ich«Das EisbergmodellDas Kind in uns lebt weiterDie Frau will Leidenschaft – das Kind will SchutzWas wir nicht sagen, hört der andere ganz genauWenn wir heiraten, wollen wir heilen3. Kapitel: Ihr Partner spielt nur eine Rolle in Ihrem StückWir verlieben uns, damit wir nicht lieben müssenDu bist so schwachProjektion – Ihr Partner ist das, was Sie nicht wollenSpiegel – Ihr Partner ist das, was Sie nicht sehen könnenSchatten – Ihr Partner ist das, was Sie nicht leiden könnenDer gefallene EngelEndlich bin ich so rücksichtslos wie mein Mann!Die böse Stiefmutter ist unsere engste VerbündeteWenn der Eisberg schmilzt . . .4. Kapitel: Je größer die Verliebtheit, desto größer die Ent-TäuschungDer romantische RauschDer ernüchternde MachtkampfDer Steppenwolf und die KletteDie EiszeitDu machst mich krankEs hört nie auf – aber es wird immer schöner5. Kapitel: Supergeil . . .!? – Keine Lust . . .!?Sex haben, Liebe machen – alles ist möglichIdealbilder, Idealpartner, IdealstellungenDie große Sackgasse SexualitätWir wollen alles und fühlen nichtsSex als Waffe6. Kapitel: Von Furien und JammerlappenKlagelied der verletzten WeiblichkeitTräume von Rittern und RetternHinter jeder unzufriedenen Frau steht ein schwacher MannWenn Frauen Geld verdienen, können Männer Kinder hütenFrauen sind Anführer auf dem Weg zum Herzen der Männer7. Kapitel: Wenn zwei sich streiten, nützt der Dritte auch nichtsDie heimliche Liebe als LebenselixierErst der Spaß und dann die SchuldDer Betrogene ist zuerst gegangenIn der Dreiecksbeziehung haben drei Angst vor NäheVon der Ehepartner-Raupe zum Geliebten-SchmetterlingNur Unabhängigkeit ist schlimmer als Abhängigkeit8. Kapitel: Trennung – die Vertagung der LösungDie Chancen der TrennungWie Sie sich wirklich befreienOhne Frieden bleiben Sie abhängigIn der Trennung die Liebe lernenII. Teil1. Kapitel: Wahre Liebe – oder: Die Sache mit GottDie Sache mit GottDie Sinnlosigkeit von SiegWir müssen nichts tunGott ist nicht der Mann mit dem grauen BartSterben, um geboren zu werden2. Kapitel: Die Wahrheit ist, es gibt Lügen in Ihrer EheLieber sterben wirLügen für die LiebeVor dem Anfang kommt das EndeWenn wir loslassen, kommt die Heilung zu unsDas Nützliche an KatastrophenDie Wahrheit heilt3. Kapitel: Abenteuer AlltagLassen Sie Ihren Gefühlen wieder freien LaufGehen Sie nicht fremd – geben Sie bekannt, was Sie denkenEs gibt nichts außer diesem MomentEin Leben in Gottvertrauen4. Kapitel: Vergebung – Sie können niemanden ändernGroll macht krankVergeben heißt sich selbst befreienEltern sind wie HantelnWahre Wunder5. Kapitel: Die Lust an der LiebeAlles ist möglichDer Fluss der LiebeDie Suche nach dem Geheimnis körperlicher LiebeDer Schoß gebiert alle DingeErfüllung jenseits von OrgasmusDas Phantom der LeidenschaftVerlernen Sie den SexWahre körperliche Liebe geht nur durch das HerzUnser Körper ist unser GedächtnisTun Sie es, so oft Sie können6. Kapitel: Kinder der LiebeSchwangergehen mit uns selbstDie Geburt – Anfang der TrennungDas Neugeborene bringt unsere Defizite zur WeltDas Gegenteil von gut ist gut gemeintUnsere Kinder brauchen das, was uns am meisten schmerztIch will nicht Papa – ich will die LiebeMachtkampf ist KinderlähmungKinder heilen ihre ElternIhre Heilung ist Ihr wahres VermächtnisAbtreibung – Zeit zur Trauer7. Kapitel: Die Liebe – Arbeit, Ausdauer, Disziplin und ErnteSuperstars aus der TüteMache deine Hausaufgaben, sonst machen sie dichDie Krise ist die Geburtswehe der LiebeEs gibt nur Siege mit VerlierernJa, ich will!Nachwort: Einer reicht – aber zu zweit lesen ist besserDankLiteraturnachweis und EmpfehlungenLiteraturnachweis

Vorwort zur Neuausgabe

Es ist ziemlich genau zwanzig Jahre her, dass ich dieses Buch zu schreiben begann. Ich rolle meinen Koffer zum Check-in-Schalter am Münchner Flughafen. Gut in der Zeit und doch wie immer in dem Gefühl, mich beeilen zu müssen, weil der Flieger sonst ohne mich abheben könnte. Eine fremde Frau kommt mir entgegen. Sie schaut mir in die Augen, öffnet spontan die Arme und fragt: »Darf ich Sie mal drücken?« Ich lächle und öffne auch meine Arme. Sie drückt mich feste und sagt: »Danke, danke, danke. Ich hätte nicht gewusst, wie ich ohne dieses Buch durch alles durchgekommen wäre. Wir sind heute sicher kein Traumpaar, aber sogar mein Mann ist mittlerweile dankbar, dass ich damals das Buch angeschleppt habe und wir so mit Ihrer Hilfe die Kurve gekriegt haben.« Sie entlässt mich aus der Umarmung, guckt ganz berührt und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. Ich drücke ihre Hände und bedanke mich, nicht minder berührt. Dann sause ich vollen Herzens – immer noch rechtzeitig – zum Schalter und fühle, wie so oft in den zwanzig Jahren, die es dieses Buch nun schon gibt, dass es richtig und wichtig war, es zu schreiben, und dabei beispielhaft viele Herausforderungen aus unserer eigenen Ehe mit anderen Menschen zu teilen.

Dass ich hier das Ringen um unsere eigene Ehe, unsere Beinahe-Scheidung und viele Geschichten von anderen Menschen veröffentlicht habe, hat mich damals viel Mut und Überwindung gekostet. Ich hatte beim Schreiben nicht die leiseste Ahnung, ob dieses Buch überhaupt jemals einen Verlag finden würde. Hatte keine Vorstellung, welche Resonanz es schon kurz nach Erscheinen auslösen sollte. Wie aus dem Nichts, geschrieben von einer damals kaum bekannten Autorin, eroberte es die SPIEGEL-Bestsellerliste im Sturm. Vier Jahre sollte es dort bleiben, weltweit über eine Million Mal verkauft und in siebzehn Sprachen übersetzt werden. Vor allem aber weiß ich deshalb heute, dass es damals richtig war, das alles aufzuschreiben, weil mir seither Menschen in Tausenden Mails erzählt haben, wie sie selbst einen neuen Weg für sich und ihre Beziehungen und vor allem eine neue Sicht auf die Liebe gefunden haben.

Und trotzdem hatte ich ein mulmiges Gefühl, als ich mich auf dieses neue Vorwort einstimmen wollte und nach vielen Jahren mein ziemlich zerfleddertes, allererstes eigenes Exemplar von Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest zum ersten Mal wieder aufschlug. Es schoss mir unweigerlich durch den Kopf: Was, wenn du heute alles überholt oder altbacken findest? Aber nach einer halben Stunde des Lesens konnte ich meinen alten Schatz gelassen voller Wertschätzung und Dankbarkeit an meine Brust drücken. Ja, von dem, was hier steht, bin ich unverändert überzeugt: Es ist egal, wen Sie heiraten … Egal, wen Sie treffen, Sie begegnen am Ende sich selbst.

Und nachdem ich mittlerweile mit tausenden Paaren an ihren Beziehungen gearbeitet und so viele neue Lösungs- und Heilungswege entdeckt habe und es außerdem heute so viele neue Erkenntnisse aus der Forschung und neue Wege gibt, die ich in meiner Arbeit nutzen kann, weiß ich doch, dass die zeitlos wahre Bilanz dieses Buches – und nach wie vor der Schlüssel – bleibt: Liebe Dich selbst. Auch heute kann ich ­uneingeschränkt diese These von damals unterschreiben: Siebzig Prozent aller Ehen müssten nicht geschieden werden, wenn Menschen das, was ich in diesem Buch ausführe, wirklich mit Herz und Seele in ihrem Alltag ins Leben bringen würden.

Mein Mann und ich sind jetzt tatsächlich über dreißig Jahre verheiratet. Aber bloß weil ich mittlerweile ein gutes Dutzend Bücher über Beziehung und persönliche Entwicklung geschrieben habe und mein Mann und ich tausende Menschen in unserer Arbeit begleiten durften, ist unser Beziehungsleben keineswegs ein ruhiger Fluss. Auch wir stehen immer wieder vor neuen Herausforderungen. Heute weiß ich, dass das einfach ein wesentlicher Teil einer lebendigen und wachsenden Partnerschaft ist. Und es gab in den vergangenen zwanzig Jahren mehr als eine Phase in unserer Ehe, in der mindestens einer von uns gedacht hat: »Warum müssen wir denn nun auch noch hier durch?« Hinterher, wenn wir uns wieder ein Stück näher gekommen waren, wussten wir es dann.

Und ich versichere Ihnen: Wenn Sie am Ende dieses Buches sagen: Okay, jetzt habe ich einen neuen Blick auf die Dinge. Und ja, ich will einen neuen Weg gehen. Ich will mich noch einmal neu einlassen. Ich bin bereit, die Verantwortung zu übernehmen für das, was ich da draußen mit einem anderen Menschen erlebe. Dann stehen auch Sie garantiert am Beginn einer völlig anderen Art, Beziehung zu sehen und zu leben – und am Beginn eines echten Abenteuers.

So empfinden zumindest wir diesen Weg. Das Abenteuer unserer Ehe ist, dass wir von Jahr zu Jahr immer klarer sehen können, dass nichts in unserer Partnerschaft oder unserem Leben einfach zufällig ist. Dass wir immer für unsere Erfahrungen miteinander verantwortlich sind und sein werden. Dass wir damals, in der Zeit, die ich in diesem Buch beschreibe, nicht einfach all diese Probleme miteinander hatten und kurz vor der Scheidung standen, weil wir nicht zusammenpassten oder einer von uns etwas falsch gemacht hätte. Unsere Probleme waren in Wahrheit viel unpersönlicher. Jeder von uns wollte lieben und jeder von uns sehnte sich nach Liebe. Aber keiner von uns beiden hatte eine geeignete Software für eine erfüllende Beziehung. Das war in Wahrheit unser Dilemma. Wir wussten nicht, wie man liebt. Wie man sich einem anderen Menschen wirklich anvertraut. Das war der Grund, warum wir glaubten, dass wir uns trennen müssten. Aber das hatten wir damals noch nicht verstanden.

Heute, über zwanzig Jahre nach der dunkelsten Zeit, die wir miteinander erlebt haben, weiß ich, was für eine Freiheit in ein Leben und in eine Partnerschaft Einzug halten kann, wenn zwei Menschen lernen, wie man seine innere Software erneuert. Das heißt, alte, meist unbewusste Wunden heilen lernt. Wenn man begreift, was man alles ausblendet und wie sehr man »auf Autopilot« fährt, wenn es um die Liebe geht. Menschen das zu zeigen, ist Inhalt unserer täglichen Arbeit geworden.

Nicht nur mein Mann und ich haben seit damals auf unterschiedlichsten Wegen mit Tausenden von Menschen in unserer Beziehungsakademie gearbeitet. Mittlerweile begleitet dort auch unsere Tochter junge Menschen durch Dating-Frust, Trennungsangst und Liebeskummer. Und ich begleite jedes Jahr tausende Frauen in meinen Trainings durch ihren persönlichen Transformationsprozess. Mein Mann liebt es immer noch, ganz nah eins zu eins mit Paaren zu arbeiten

Mittlerweile wissen wir, dass es möglich ist, in sich die Programme zu identifizieren, die der Liebe im Weg stehen. Ich weiß, dass Sie das Gleiche lernen können, was uns beiden damals den Weg zurück zueinander ermöglicht hat: alte Prägungen und unbewusste Bindungs- und Verlustängste erkennen und loslassen. Sie können lernen, miteinander nah zu bleiben, auch wenn es schmerzhaft wird. Und Sie können lernen, sich gegenseitig in ihrer Welt abzuholen. Einander zu sagen, was Sie fühlen und brauchen.

Sie können lernen, was eine dauerhaft wachsende Partnerschaft braucht: sich zu überwinden und aus der eigenen Ecke einen Schritt auf den anderen zu zu tun. Zu reden, auch wenn Schweigen leichter wäre. Das Herz wieder mutig zu öffnen, auch wenn es im ersten Moment so viel sicherer scheint, es zu schützen und verschlossen zu halten. Sie können lernen, Prioritäten völlig neu zu setzen, so dass Ihre Partnerschaft mehr Raum bekommt. Kostbarer Freiraum, wo es früher nur Arbeit, Pflichten oder andere Bindungen gab. Sie können lernen, dass Ihre Ehe ein Ort sein darf, an dem beide Partner ihre Angst vor der Liebe spüren und alte Wunden heilen können.

Wenn Sie sich aufmachen – egal ob aus der Komfortzone heraus oder aus einem Gefühl der Resignation und des Kampfes – ist dieser Weg, die eigene Partnerschaft wieder zum Leben zu erwecken und lebendig zu halten, sicher ein spannenderes Abenteuer und so viel erfüllender, als die Suche nach vermeintlich idealen, in Wahrheit nicht existenten Traumpartnern.

Wenn Sie bleiben und sich all dem weniger romantischen und oft ziemlich unattraktiven Zeug in sich und in Ihrem Partner zuwenden, was echte Nähe nun mal nicht im Dunkeln lässt, und es aufräumen, dann durchleben und entdecken Sie in einer einzigen Ehe gleich mehrere, neue Partnerschaften und Partner. In unserer Ehe gibt es heute die beiden, die vor drei Jahrzehnten geheiratet haben und auch die beiden, die vor über zwanzig Jahren wieder zusammengefunden haben nicht mehr. Wir haben jeder für sich einen solchen Wandel unserer eigenen Persönlichkeiten durchlebt, aber deshalb eben auch in unserem Miteinander, dass wir immer weiter zusammen gewachsen sind.

Rückblickend kann ich nur sagen: Ich hatte damals nicht die geringste Ahnung, wer ich war oder wer mein Mann, als wir den Eindruck hatten, wir wären die Falschen füreinander. Umso spannender war es, in sich und im Partner gerade in den herausforderndsten Zeiten so viel Unbekanntes und am Ende Liebenswertes zu finden. Unwissend und ängstlich hatten wir lange Zeit dagegen gekämpft. Im Übrigen sei angemerkt, dass sich die Liebe in unserem jahrzehntelangen Ehealltag nie einfach nur sanft über uns gesenkt hat. Sie kam, wenn wir unseren Widerstand gegen sie endlich aufgeben konnten. Immer wenn einer von uns in sich selbst einen Schalter umgelegt hat, dann bewegte sich automatisch etwas zwischen uns und in unserer Ehe. Wenn Sie das in Ihrer Beziehung einmal unmittelbar selbst erleben, dann wissen sie, was ich mit Abenteuer meine.

Wenn Sie mich heute fragen, was für mich das Kostbarste an den letzten zwanzig Jahren unserer Partnerschaft gewesen ist – Jahre, die Ihnen ja vielleicht glücklicherweise noch bevorstehen – dann würde ich es so formulieren: Wir haben gelernt, dass wir uns eine eigene Vision für unser Beziehungsglück entwickeln durften. Wir haben gelernt, den Autopiloten zu stoppen und selbst das Steuer in unserer Partnerschaft zu übernehmen. Gelernt haben wir, dass nichts einfach so sein und bleiben muss, wie es war. Und vor allem, dass nichts so sein muss, wie wir es von Kind an mehr oder minder unbewusst gelernt haben. Ich möchte Ihnen sagen: Erlauben Sie sich keinen Tag länger in Ihrem Leben zu sagen »So bin ich nun mal.« Oder: »So ist mein Partner nun mal.« Keiner von Ihnen ist einfach so, und jeder von Ihnen hat unzählige Möglichkeiten, eine neue Sicht auf sich zu finden und zu lernen, wie die Liebe wirklich funktioniert.

Ein erster Schritt wäre es, zu sagen: Ich habe keine Ahnung von einer erfüllenden Beziehung. Aber ich will alles tun, um ein Mensch zu werden, der lernt, sich selbst zu lieben und der diese Liebe mit einem anderen Menschen teilen darf.

Im Herbst 2023

Eva-Maria Zurhorst

Einleitung Geben Sie nicht auf

Ich weiß, dass es geht. Ich weiß, dass aus Ihrer Beziehung genau die Beziehung werden kann, die Sie sich wünschen. Das Schicksal hat Ihnen dieses Buch in die Hände gespielt. Vielleicht haben Sie es ja nur geschenkt bekommen, von einem dieser wohlmeinenden Freunde. Vielleicht lesen Sie diese ersten Zeilen nur, weil jemand gesagt hat: »Komm, wenn du deine Beziehung retten willst, dann lies so was endlich mal.« Vielleicht hat Ihr Partner mit diesem Buch gedroht wie mit einem Nudelholz: »Tu doch endlich mal was für unsere Ehe!« Vielleicht lag es einfach plötzlich vor Ihrer Nase, in einer Buchhandlung, auf einem Couch- oder Nachttisch und sagte: »Schlag mich auf und lies mich.« Vielleicht waren Sie aber auch schon lange auf der Suche nach Antworten auf Ihre Fragen, nach einer neuen Sicht, nach einer tief greifenden Veränderung Ihres Liebeslebens . . . Wenn Sie jetzt gerade diese Zeilen lesen, dann seien Sie sich auf jeden Fall sicher, dass Sie bewusst oder unbewusst den Wunsch haben, Ihre Beziehung zu vertiefen oder endlich eine tiefe Beziehung zu finden. Seien Sie sich sicher, Ihre Seele will sich von ganzem Herzen geben, selbst wenn Ihr Verstand vielleicht noch etwas anderes sagt.

Auch wenn Sie die Hoffnung womöglich schon aufgegeben haben, dass Ihre Ehe tiefer und erfüllender sein könnte, dass es noch mal klappen könnte mit Ihrem Partner, wenn Sie oder Ihr Partner eine Affäre oder immer wieder neue haben; wenn die körperliche Liebe Ihre Erfüllung verloren hat. Wenn Sie sich nur noch streiten; wenn alles einfach nur leer ist, so vor sich hin dümpelt und Sie sich und Ihren Partner mit freundlichen, aber leeren Nettigkeiten schonen. Vielleicht können Sie nicht mehr verzeihen und sind gefangen in Ihrem Groll. Vielleicht führen Sie über aufgeschraubte Zahnpastatuben oder Krümel auf dem Tisch Kleinkrieg und sind erschreckt über die stetige Aufrüstung zwischen den Fronten. Vielleicht haben Sie aber auch schon dutzende von Büchern gelesen, Seminare besucht, sogar eine Paartherapie gemacht und dennoch den Glauben an eine Lösung für Ihre Beziehung verloren.

Es kann trotzdem gehen! Alles kann sich um hundertachtzig Grad wenden, zwei Menschen können wieder – oder zum ersten Mal richtig – zusammenfinden. Ich weiß, dass das möglich ist, selbst wenn es klingt wie ein Wunder. Wenn man es erlebt, fühlt es sich auch manchmal an wie ein Wunder. Aber es liegt trotzdem ganz und gar in Ihrer Macht. Sie können genau die Beziehung führen, die Sie sich wünschen, und zwar genau mit dem Partner, den Sie jetzt haben. Egal, wie distanziert, unattraktiv oder abschreckend er gerade auf Sie wirkt. Ich weiß einfach, dass es geht. Ich weiß es deshalb, weil ich es selbst erlebt habe. Vielleicht bin ich verdächtig, so etwas wie eine Beziehungsspezialistin zu sein, weil ich das Thema schon seit vielen Jahren studiere, schon so viel darüber gelesen und von großartigen und kompetenten Lehrern gelernt habe. Vielleicht deshalb, weil ich schon mit vielen Menschen an der Heilung ihrer Beziehung gearbeitet habe. Das alles ist wichtig. Aber die Wahrheit ist: Ich weiß deshalb, dass es geht, weil ich heute noch mit meinem Mann verheiratet und von tiefstem Herzen dankbar dafür bin.

Wir galten vom ersten Tag an nicht als Traumpaar. Es gab Jahre, da hätte niemand auch nur einen Pfifferling auf unsere Ehe gegeben. Aber heute glaube ich, dass dieser vermeintliche Mangel zwischen uns beiden mich gezwungen hat, nach der wahren Kraft einer funktionierenden Beziehung zu suchen. Heute bin ich überzeugt davon, dass das Leben uns zusammengeführt und so unendlich viele Hürden in den Weg gestellt hat, weil deren Überwindung, der wachsende Glaube und damit die Heilung unserer selbst unsere eigentliche Lebensaufgabe war. Ohne diese Herausforderung hätten wir nie entdecken können, wie viel Liebe und Geduld, Stärke und Mut schon immer in unseren Herzen wohnten, hätten wir nie erfahren, dass zwei Menschen zusammen alle scheinbar unüberwindbaren Gräben überwinden können; hätte ich nicht Stück um Stück annehmen können, dass alles an mir in Ordnung ist. Hätte ich dieses Buch nicht schreiben können.

»Ich weiß, dass es geht!« ist die eigentliche, wahrhaft authentische Kraft meiner Arbeit. Und es ist auch die Kraft, die in diesem Buch steckt.

Meiner Tochter und meinem Mann in tiefer Dankbarkeit verbunden

Wuppertal, im Juni 2003

Eva-Maria Zurhorst

Warum dieses Buch? Weggehen, um wiederzukommen

Ich wollte dieses Buch nicht schreiben. Dieses Buch habe ich geschrieben, weil ich es schreiben musste. Es ließ mich nicht in Ruhe, es breitete sich einfach in mir aus, begegnete mir überall. Es wollte auf die Welt, und das offensichtlich durch mich.

In meinem Leben ging es immer um die Erforschung von Beziehungen, allerdings ohne dass mir dies lange Zeit auch nur im Geringsten klar gewesen wäre. Ich hatte jede Menge eigene Ziele, Pläne und Wünsche. Aber häufig, wenn ich sie mit aller Kraft verfolgen wollte, kam alles ganz anders. Mein Leben hat mich früh daran gewöhnt, dass ich es nicht kontrollieren, darüber bestimmen kann. Dass es sich entfaltet und ich lediglich dazu aufgefordert bin, dieser Entfaltung beizuwohnen. Auch gegen meinen Willen hat es mich gelehrt, dass es immer – Zyklus um Zyklus – in Bewegung ist, immer im Wandel begriffen. Dass dieser Wandel mein eigentlicher Lebenssinn ist. Dass sich in jedem dieser Zyklen die Dinge vollenden und sterben. Dass ich damit gleichzeitig zur Neuordnung, Neubewertung und Neuentwicklung meiner selbst und damit zum Wiedererlangen meiner Lebendigkeit geführt werde.

Mit jedem Zyklus, der mich in der Vergangenheit schon geängstigt und geschüttelt hat, lernte ich, noch tiefer darauf zu vertrauen, dass immer etwas Neues kommt. Ich lernte, wach zu bleiben, ein Gespür für die Richtung und den Sinn meines Lebens aufrechtzuerhalten. Ich lernte, vertraute Gewohnheiten und Muster aufzugeben, die mich von dort zurückhielten, wo ich gerne wäre. Ich lernte, darauf zu vertrauen, dass die unbekannte Strecke, die noch vor mir lag, der beste Teil der Reise sein könnte. Dass an der nächsten Weggabelung wieder eine Chance wartete, neu zu erfassen, was für mein Lebensglück eigentlich wichtig ist. Nie war wirklich Ende. Immer entpuppte sich das Fremde in mir, der Makel, die scheinbare Behinderung, als Wegweiser. Immer eröffnete sich dahinter eine Möglichkeit, ein tieferes und authentischeres Gefühl von Erfüllung zu erfahren als jemals zuvor. Wieder und wieder war ich gezwungen auszuhalten, dass sich ein gewohnter Raum leerte – nur um Platz zu schaffen für etwas Neues. Aber dieses scheinbar Neue trug in seiner Tiefe doch immer das Gleiche. Am Ende ging es in meinem Leben immer – auch wenn es mir eben lange Zeit nicht bewusst war – um die Erforschung von Beziehungen und die Annahme meiner selbst.

Als Fünfjährige fühlte ich mich oft einsam. Mich überkam manchmal eine so seltsame Angst, dass ich es nicht wagte, mit jemandem darüber zu reden. Ich hatte das Gefühl, das Leben sei irgendwie nicht echt. Ich beobachtete die Menschen und fragte mich, ob sie wohl alle Bescheid wüssten und nur ich keine Ahnung hätte. Ängstlich stellte ich mir vor, dass die Personen um mich herum vielleicht nur Schauspieler wären, die sich ein Theaterstück ausgedacht hätten. Dass ich womöglich die Einzige wäre, die das alles für wahr hielt. Die Einzige, die echte Furcht kannte oder sich wirklich freute. Oder ich fragte mich, ob es vielleicht auch genau andersherum sein könne. Dass vielleicht nur ich ahnte, dass irgendetwas gar nicht real sei an diesem Leben. Dass ich mich deshalb häufig so fremd und einsam fühlte, während alle anderen bestimmt glücklich und zufrieden wären.

Während der Schulzeit bekam ich, wenn ich unter Leuten war, häufig starke Migräneanfälle und konnte es nur noch in einem dunklen Zimmer aushalten. In meiner Jugend begann ich in Ansammlungen mit vielen Menschen plötzlich zu hyperventilieren, bis ich ohnmächtig wurde. Kaum volljährig, verließ ich eher fluchtartig unsere Kleinstadt und trat aus der katholischen Kirche aus in der Hoffnung, irgendwo sonst Glauben und Zugehörigkeit zu finden. Mit Anfang zwanzig hatte ich das große Glück, als Journalistin nach Ägypten gehen zu können. Die kulturelle, religiöse und räumliche Distanz zu meinem bisherigen Leben weckte all meine Neugierde. Ich war fasziniert von der allgegenwärtigen Präsenz der im Alltag gelebten Religion. Leben und Glaube schienen hier in Verbindung zu stehen. Aber der Preis dafür war hoch: Während die Muezzins durch die Straßen von Kairo hallten, waren diese voll von bedrohlich begierigen Männeraugen und von sich selbst aufgegebenen Frauen.

Mit Ende zwanzig trieb mich meine innere Suche bis ans Kap der Guten Hoffnung. Aber selbst im Land von Schwarz und Weiß konnte ich keine Klarheit finden. Stattdessen wurde ich dort Wanderer zwischen den Welten und traf bis in den innersten Kern verfeindete Menschen mit den trotzdem gleichen, tiefen Sehnsüchten – egal, welche Hautfarbe sie hatten. Irgendwann war mir auch hier kein eindeutiger theoretischer Anti-Apartheids-Standpunkt mehr vergönnt. Ich fühlte mich nicht länger im Stande, als aktuelle Journalistin zu funktionieren. Drei-Minuten-Hörfunk-Beiträge über die Lage am Kap kamen mir wie eine Vergewaltigung der Wahrheit vor. Die Fragen, die mich nach Gesprächen mit rechtsradikalen, Hakenkreuz tragenden Buren oder jahrelang gefolterten schwarzen Untergrundkämpfern wirklich bewegten, waren nach zwei Jahren immer weniger politischer als vielmehr psychologischer Natur. Ich begann, mit Blinden über Südafrika zu sprechen. Sie hatten gelernt, eine andere Hautfarbe zu riechen oder zu hören. Alles schien mir absurd. Ich hatte nur noch eine Sehnsucht – ich wollte die Menschen unterschiedlicher Hautfarbe wieder in Kontakt bringen. Um meinen Erfahrungen treu bleiben zu können, beendete ich meine Laufbahn als Journalistin in Südafrika und schaffte mir in einem Buch ausreichend Raum für meine komplexen, manchmal verwirrenden Begegnungen mit den Schwarzen und Weißen am Kap.

Zurück in Deutschland, wartete schon der nächste Lehrzyklus im Forschungsprojekt Mensch auf mich. Die Mauer war gefallen. Ich wurde verantwortlich für Kommunikation, später auch für Personalwesen bei einem großen ehemaligen Ostunternehmen in Berlin. Gut drei Jahre war ich unter den Pionieren des Aufbau Ost, als mich eines Morgens in meinem Büro ein Nervenzusammenbruch ereilte. Ich hätte an diesem Tag erstmalig die Kommunikationsstrategien, die ich für unser Unternehmen entwickelt hatte, einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen sollen. Der Zusammenbruch war nur der Höhepunkt eines schleichenden Prozesses gewesen.

Tagelang hatte sich alles in mir gesträubt, diesen Vortrag zu halten. Ich hatte ihn mit größter Mühe so geschrieben, wie »man« als Managerin solche Präsentationen formuliert: Charts, Zahlen, Diagramme, managerale Sprache. Aber das alles war es schon lange nicht mehr, was mich bei meiner Arbeit bewegte. Wieder waren es die Menschen. Diesmal war der Spannungsbogen nicht schwarz-weiß. Auch für die interne Kommunikation in unserem Unternehmen zuständig, war ich neben meinen offiziellen Aufgaben zu so etwas wie der Übersetzerin zwischen Ost und West, zwischen Management und Arbeiterschaft avanciert. Ich führte Coaching-Prozesse und Persönlichkeitsentwicklungs-Seminare und wurde von unserem Vorstandsvorsitzenden bei allen möglichen Verhandlungen als Mittlerin eingesetzt. Wieder stand ich vor der Herausforderung, scheinbar unüberwindbare Gräben zwischen Menschen kommunikativ zu überwinden. Offiziell war ich verantwortlich für meinen Bereich, dessen Mitarbeiter und dessen Tagesgeschäft, aber innerlich war ich ein weiteres Mal in meinem Leben vollkommen erfüllt von Forschergeist und dem Wunsch, Menschen unterschiedlicher Sozialisation einander näher bringen zu können.

Diesmal hatte ich besonders lange versucht, den Anforderungen gerecht zu werden. Äußerlich dynamisch, ließ ich mich von einem stetig voller werdenden Terminkalender kettenrauchend durch einen Zwölf-Stunden-Tag jagen. Im Inneren war ich immer öfter geplagt von medizinisch nicht begründbaren Herzrhythmusstörungen und diffusen Angstgefühlen. Es war, als ob ich eine Rolle spielte, unter der ich mich selbst nicht mehr wiederfand. Der Nervenzusammenbruch hatte Kraft genug, mich ein weiteres Mal aus allem herauszureißen, mir meinen Mut und die Treue zu mir selbst zurückzubringen: Ohne zu wissen, was kam, reichte ich meine Kündigung ein und gab meinen gut bezahlten Job auf. Damit war ich gezwungen, mich auch von meinem Sportwagen, meiner opulenten Penthouse-Wohnung, den Reisen und Nächten in Luxushotels zu verabschieden. Ich renovierte einen heruntergewohnten Altbau und lebte dort ziemlich zurückgezogen von kleinen Jobs als Texterin ohne irgendeine Idee, wie mein Leben weitergehen sollte.

Erschöpft und ausgebrannt kam ich mir vor, wie jemand, der die ganze Welt überall und nirgends vergeblich nach einer Antwort auf seine Fragen nach der menschlichen Natur abgesucht und durchforstet hatte. Ich war gerade zweiunddreißig, hatte eine ziemlich umwegige Karriere mit einem Nervenzusammenbruch abgeschlossen und lebte nun nach Jahren als Weltenbummler zurückgezogen als Eremit. Ich war reduziert auf ein Thema: Wie finde ich Erfüllung? Wie kann ich dabei gleichzeitig etwas wirklich Sinnvolles tun? Und wie kann ich Verbindung zwischen Menschen schaffen?

Ich bekam eine seltsame Antwort auf diese Fragen: Ich wurde schwanger. Meine Spirale war verrutscht. Das Schicksal schenkte mir ein Kind, das genug Lebenswillen besaß, um sich an meiner Verhütung vorbeizudrängen. Und als Vater brachte es mir einen umtriebigen jungen Mann, der weder Zweifel noch Suche kannte und dessen Lebenserfahrungen und -perspektiven zu meinen nicht unterschiedlicher hätten sein können: Er war sechs Jahre jünger als ich und vom Leben gewöhnt, dass es ihm ohne große Umwege bescherte, was er sich von ihm wünschte. Jungenhaft attraktiv, fast immer guter Laune, wollte er Spaß haben, die Umsätze seines Unternehmens und seinen beruflichen Einfluss steigern. Irgendwann besser zu sein als seine großen Brüder – das war es, was er damals vom Leben erwartete.

Bis er mich kennen lernte, war er meist ins Nachtleben und heiter seichte Affären vertieft. In seinem Freundeskreis und seinem Lebensalltag wirkte ich wie ein Fremdling, nicht nur weil ich gänzlich anders aussah als die grazilen, geradlinigen Geschöpfe, die der unbekannte Vater meines Kindes vor mir hatte. Auch er verkörperte nichts von meinen bisherigen Idealen: Es war warm in seiner Nähe, er brachte mich zum Lachen. Aber weder hatte uns beim ersten Blick in die Augen der Blitz getroffen, noch war er der Kreative – der begnadete Architekt oder wortvirtuose Autor –, von dem ich immer geträumt hatte. Er war nicht der breitschultrige Mann zum Anlehnen und auch nicht auf der Suche nach dem Sinn oder der Frau des Lebens. Ich dagegen war bis zu diesem Zeitpunkt immer auf der Suche nach dem Mann fürs Leben gewesen. Vergeblich. Stets in der Hoffnung auf ihn, fand ich zwei Lieben und eine lange Reihe von Liebschaften. Mein Herz hatte nie Ruhe finden können. Obwohl ich so gerne bleiben wollte, mich so gerne ganz geben wollte, riss mich immer wieder etwas fort: Bei den einen war es die Angst, verlassen zu werden, bei den anderen die Angst, erdrückt zu werden. Alle, die mich kannten, waren sich einig: Sie ist unvermittelbar!

Mit uns war es unspektakulär. Keine große romantische Geschichte. Ich kannte meinen sechs Jahre jüngeren Ehemann ja kaum. Wir waren kein Traumpaar, das konnte jeder sehen. Aber Eltern waren wir, das konnte auch bald jeder sehen. Für mich war klar, ich würde dieses Kind bekommen. Und für ihn war klar: »Das kriegen wir schon hin!« Wir ließen alles hinter uns, zogen in eine neue Stadt und heirateten.

Zwei Jahre später: Unsere Tochter kann laufen. Unsere Ehe ist ein spießiges Tal der Langeweile. Mutti kocht, Vati arbeitet. Kaum etwas, was uns wirklich verbindet. Mein Ehemann kommt immer später und seltener nach Hause, ich ersticke zwischen Sandkästen und Krabbelgruppen. Wir streiten uns immer öfter. Die einen Freunde hatten es ja von Anfang an gewusst, den anderen schien es unausweichlich: Mit den beiden konnte das ja nicht gut gehen.

Nichts ist erfüllend, aber wir trennen uns nicht. Wir richten uns ein. Viele routinierte Abläufe und lieb gewonnene Gewohnheiten. Ein gemeinsames Kind. Anfänglich wurschteln wir uns durch – seelisch und körperlich immer sprachloser. Stille und laute Machtkämpfe. Schließlich quälen wir uns durch: heimeliger Alltag und heimliche Affären, Karrieresprünge, Umzüge, Hoffnungslosigkeit und Neuanfänge. Wir trennen uns trotzdem nicht. Immer wenn wir so weit sind, werden wir ergriffen von Traurigkeit, taucht dieses lange verloren geglaubte, warme Gefühl von tiefer innerer Verbindung zwischen uns auf. Nichts Wildes, nichts Leidenschaftliches – ein leises, melancholisches Gefühl in Erinnerung an Liebe, das, so überraschend es gekommen ist, auch genauso schnell wieder verschwindet.

Dieses Gefühl ist zwar noch nicht die Antwort auf meine innere Suche, aber es übt magische Anziehungskraft auf mich aus. Es scheint wie ein Geheimcode, den ich nur entschlüsseln muss. Wir versuchen, dieses Gefühl aktiv zu suchen. Wir beginnen, es zu erkunden. Irgendwie ahne ich, dass es in einer Beziehung um etwas anderes geht als um den einen wahren Richtigen. Irgendetwas in mir sagt: Gib noch nicht auf! Irgendwie entdecke ich Gräben zwischen uns wieder, die mich schon von gänzlich anderen Männern getrennt haben. Ja, wenn ich verzweifelt und ehrlich genug bin, muss ich mir eingestehen: Das alles kenne ich schon. Er ist so wenig schuld wie die anderen! Irgendwie befinde ich mich an diesem Punkt meiner Ehe mitten im Township von Südafrika, direkt an der Mauer zwischen Ost und West. An dem scheinbar unüberwindbaren Punkt, an dem ich schon immer die Menschen zusammenbringen wollte, obwohl sie sich getrennter nicht fühlen konnten.

Wir treffen uns nun häufiger an der Grenze unserer Verletzungen. Reden miteinander, beginnen die Welt des anderen langsam mit Neugierde statt mit Angst und Abwehr zu betrachten. Ich werde zur Beziehungsforscherin, lese jedes Buch zu diesem Thema. Besuche Seminare, beginne eine eigene therapeutische Ausbildung. Immer häufiger trauen wir uns, unsere jeweilige Wahrheit dem anderen wirklich zu offenbaren. Indem wir aussprechen, wie weit entfernt wir voneinander sind, desto näher kommen wir uns. Mit wachsendem Mut beginnen wir, über unser wenig ideales Eheleben auch mit Freunden zu reden. Anderen geht es auch nicht besser. Erleichterung. Noch mehr Nähe zwischen uns und mit anderen.

Während mein Mann immer häufiger nach Hause kommt, steige ich wieder in den Beruf ein. Mittlerweile ausgebildete Psychotherapeutin, arbeite ich mit Menschen, die beruflich in ähnliche Sackgassen geraten sind wie ich damals als Managerin. Endlich stehen die Menschen im unmittelbaren Fokus meines Tuns. Ich beginne zu verstehen, dass man alles, was man selbst erst einmal geheilt hat, an andere Menschen weitergeben kann. Meine berufliche Suche, der Zickzack-Kurs von damals – alles macht Sinn. Zur gleichen Zeit beginnt meine Ehe zu erwachen – Erfolg und Erfüllung stellen sich parallel ein.

Zu Beginn dieser Phase fügen sich einmal mehr die Dinge in meinem Leben auf wundersame Weise. Während ich noch nicht einmal ahne, dass bald eine Beziehungswelle über mich hereinschwappen könnte, lerne ich Dr. Chuck Spezzano kennen. Die Blockaden meiner Ehe haben mich zu einem seiner Vortragsseminare geführt. Da sitze ich nun zwischen hundertfünfzig anderen Menschen und weiß nur, dass er ein angesehener Beziehungsspezialist aus Amerika sein soll und viele Bücher geschrieben hat. Ich habe davon noch keins gelesen.

Es dauert ungefähr zehn Minuten nachdem er mit seinem Vortrag begonnen hat, dass ich im Inneren so bewegt und angerührt bin, dass ich die Tränen nicht zurückhalten kann. Dieser Mann vorne scheint meine Suche, jeden meiner Gedanken zu kennen. Er spricht entscheidende Thesen und Gesetzmäßigkeiten von Beziehungen so selbstverständlich aus – Thesen, die ich lange schon in mir hin und her wälze, denen ich aber in ihrer tiefen Wahrheit nie ganz vertraut habe. Außerdem hat er offensichtlich als Spion jahrelang bei uns zu Hause hinter dem Vorhang verbracht. Mit jedem seiner Beispiele, jeder Fallgeschichte, jedem Witz ist es, als ob er meinen Mann und mich in- und auswendig kennt. Ich bin erschüttert, berührt und befreit zugleich.

Drei Tage lang muss ich mich wieder und wieder meinen Tränen und einer tiefen inneren Bewegung beugen. Dann weiß ich, dass ich auf bedeutende Fragen in meinem therapeutischen und persönlichen Leben eine Antwort bekommen habe, die mich, egal, um welches Problem es auch in meinem Leben geht, immer mit der Liebe zu mir selbst konfrontiert. Meine Ehe und meine Arbeit hatten mich schon lange auf diesen Kern hingeführt, aber noch nie hatte man ihn mir so fundiert, detailliert und präzise nahe gebracht. All die Antworten waren immer in mir gewesen, aber ich hatte ihnen nicht vertraut. Chuck Spezzano hatte seinen Blick darauf gerichtet, und endlich entfaltete und verdichtete sich in mir eine neue Verständniswelt. Ich war glücklich und von unendlichem Forschergeist.

Meine Art zu arbeiten verändert sich erneut. Meine Beziehung zu meinem Mann ändert sich erneut. Wir lösen die nächste Schicht in unserer Ehe: Wir zeigen uns noch ehrlicher, wie fremd wir uns gewesen waren. Dafür bekommen wir jeder vom anderen auf einmal Verständnis und Unterstützung, wo sonst ständiger Kampf herrschte. In unserem neuen Bewusstsein für unsere Unterschiede und Sehnsüchte bedarf es immer weniger Worte, und doch verbessert sich unsere Kommunikation dramatisch. Freunde trauen ihren Augen nicht. »Ausgerechnet die beiden . . .« Unsere neu gewonnene Kraft und Liebe sind nicht mehr zu übersehen. In alltäglichen Situationen wirken wir wie frisch verliebt.

Zur gleichen Zeit bricht in unserem Freundeskreis die Krankheit aus, die wir gerade heilten. Kaum ein Tag in meinem Leben vergeht, ohne dass mir nicht jemand von den Schwierigkeiten in seiner Partnerschaft erzählt. Immer mehr Männer, Frauen und Paare scheinen in einer Sackgasse angekommen zu sein. Manchmal werde ich von der Wucht dieses Themas regelrecht erschlagen. Gestern noch Plaudereien übers Wetter, heute Trennung und kalte Verbitterung am anderen Ende: »Meine Frau ist gerade ausgezogen. Sie will mit ihrem Liebhaber zusammenleben.« Manchmal gibt es vier kleine Kinder, manchmal haben beide einen Geliebten. Manchmal ist einfach nur alles leer zwischen den beiden Partnern, manchmal ist es wie im Krieg. Es hat etwas von einer sich ausbreitenden Epidemie. Der schleichende, aber unaufhaltsame Krankheitsverlauf endet immer häufiger im Tod durch Scheidung. Immer schneller, immer öfter, unter immer spektakuläreren Bedingungen laufen die Beziehungen auseinander. Gute Freunde, Nachbarn, Kollegen – niemand will sich trennen, aber alle haben resigniert, fühlen sich gezwungen, diesen letzten Schritt zu tun.

In meiner Praxis taucht das Thema anfangs eher über Umwege auf, verlagert sich der Schwerpunkt erst unmerklich. Vor allem die Männer kommen in erster Linie immer noch auf der Suche nach wachsendem Erfolg und beruflicher Erfüllung zu mir. Aber meist reichen ein, zwei Zielfindungsgespräche, und alles beginnt sich um Beziehungen zu drehen – Beziehungen zu Kollegen, Mitarbeitern, Vorgesetzten – und – für meine Klienten überraschenderweise – auch zum Partner. An diesem Punkt stockt bei vielen von ihnen plötzlich der Atem, versagt die Kontrolle, beginnen Tränen zu rollen, weil das wahre Zentrum des Orkans zu Hause direkt durch die Mitte des Ehebetts fegt.

Mit dieser lang aufgestauten Welle von Gefühlen geht meist eine tiefe Erkenntnis einher: Zwar endlich weit oben auf der Karriereleiter angekommen, müssen die Männer sich eingestehen, wie sehr sich ihr ganzes Tun verselbstständigt und von ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen entfernt hat. Wie sehr sie sich dabei gleichzeitig von ihren Partnern und Familien entfernt haben. Wie groß ihr Wunsch nach einer erneuten Verbindung von persönlichen und beruflichen Zielen ist. Meist verliert die bisherige uneingeschränkte Ausrichtung auf den beruflichen Erfolg langsam an Gewicht, wenn die Kräfte zehrenden Schwierigkeiten in der privaten Partnerschaft endlich in den Mittelpunkt der Gespräche rücken dürfen. Auf einmal taucht der Wunsch auf, wieder mit dem Partner zu reden, diesen doch einmal zu unseren Sitzungen mitzubringen.

Schließlich sehe ich mich in meiner Praxis immer öfter mit den Beziehungsproblemen konfrontiert, die ich so lange selbst erlebt hatte. Immer mehr Paare kommen so hoffnungslos und verzweifelt, wie ich es selbst gewesen war. Kaum jemand will die Trennung. Kaum jemand versteht, wie sich dieser Virus in die Beziehung hatte einschleichen können. Die meisten sind resigniert, voller Schuldgefühle oder Angst um die Kinder.

Ohne dass ich diesen Weg bewusst gewählt oder verkündet hätte, wurde ich zu so etwas wie einer Beziehungsfachfrau. Ich wurde dazu, so wie ein Flussbett vom Fluss stetig ausgehöhlt wird. Meine Ehe war die Quelle. Bücher und Ausbildungen die ersten Schneeschmelzen. Chuck Spezzano eine Überschwemmung. Meine Klienten mein stetiger Fluss. Sie wurden zu meinen Lehrmeistern. Mit jeder ihrer Fragen zeichnete sich immer deutlicher eine Landkarte durch das Beziehungsdickicht ab. Mit jeder ihrer Fragen erkannte ich, dass in dem, was ich in meiner Ehe durchlebt und erfahren hatte, Gesetzmäßigkeiten verborgen waren. Dass private und berufliche Beziehungen – ja sogar Rassenkonflikte – gleichermaßen nach diesen Gesetzmäßigkeiten verlaufen. Dass jede Beziehung nur in ihrer Tiefe verstanden und gelebt werden will. Dass die Probleme in einer Beziehung nur für die Menschen, die in ihr leben, als Aufforderungen verstanden werden müssen, sich selbst zu heilen. Dass Trennung keine Lösung ist, sondern nur ein Aufschub der Heilung.

Mit diesem Buch soll der Fluss weiterfließen. Mit ihm möchte ich meiner Dankbarkeit Ausdruck verleihen für das Geschenk der Liebe in meinem Leben. Von tiefstem Herzen würde es mich glücklich machen, wenn es Menschen, die den Glauben an ihre Ehe oder Partnerschaft verloren haben, noch rechtzeitig vor der Scheidung erreichen kann. Wenn ich ihnen mit diesen Zeilen etwas von der Hoffnung, Liebe und dem Mut weitergeben kann, die ich auf diesem Weg gefunden habe. Wenn ich sie ermutigen kann, das Gleiche auch in ihren Beziehungen wieder zu entdecken.

Für wen ist dieses Buch?

Dieses Buch ist für Menschen, die in einer festen, aber unbefriedigenden Beziehung leben. Für Menschen, die vor der Scheidung stehen oder in einer Dreiecksbeziehung leben. Für Menschen, die fremdgehen, betrogen werden, geradezu zwanghaft den Partner wechseln müssen oder immer wieder verlassen werden. Für Menschen, die auf der Suche sind nach Heilung für ihre Beziehung, die aber vielleicht nicht den Weg in eine Paartherapie wagen oder nicht die richtige gefunden haben. Für Menschen, die vielleicht schon einen längeren Leidensweg hinter sich haben.

Vielleicht sind Sie ernüchtert, erleben Ihre Ehe als Routine. Vielleicht sind Sie resigniert, haben kaum noch Hoffnung, jemals wieder echte Nähe zu Ihrem Partner finden zu können. Vielleicht will trotzdem noch irgendetwas in Ihnen um die alte verblasste Liebe kämpfen. Vielleicht sind Sie aber auch verzweifelt, weil Sie einen heimlichen Liebhaber oder eine Geliebte haben und geplagt sind von Schuldgefühlen und Angst um die Kinder oder Ihren Partner.

Vielleicht denken Sie bereits an Scheidung, haben Angst vor dem Aussprechen der Wahrheit, vor dem Geständnis, dem Auszug oder einem Rauswurf. Was auch immer nicht stimmt in der Beziehung – meine Erfahrung zeigt, dass es im Grunde zwei Arten gibt, mit einer belasteten Beziehung umzugehen: Entweder fühlen Sie sich so erdrückt, dass Sie glauben, wegzurennen sei die einzige Chance, oder Sie verdrängen jedes Störgefühl sofort und versuchen es mit den drei Affen zu halten, die nichts sehen, hören oder sagen. Vielleicht schauen Sie selbst, ob und wo Sie sich wiederfinden:

Gehören Sie zu den von innen Ausgelaugten . . .

Scheint äußerlich vieles intakt zu sein, innerlich fühlt es sich aber erstarrt und kraftlos an? Werden Sie manchmal überfallen von einem dumpfen »Soll-das-wirklich-alles-gewesen-sein«-Gefühl? Plätschert alles so dahin? Ist es, als ob Sie sich selbst oder Ihrem Partner etwas vormachen, als ob Ihr Partner der Letzte ist, der wirklich weiß, was in Ihnen vorgeht? Kennen Sie die Angst, dass die anderen etwas merken könnten von der Lüge in Ihrer Partnerschaft? Ist da immer öfter im Restaurant, auf Partys, unter Freunden diese »Die-anderen-sind-wahrscheinlich-glücklicher«-Fantasie? Machen Sie immer mehr, und wird’s gleichzeitig immer weniger? Ist die Sexualität unterwegs verloren gegangen, ist sie mechanisch versiert oder verlangt ständig nach neuen, ausgefalleneren Kicks? Fühlen Sie sich ausgebrannt? Haben Sie gerade einen Liebhaber oder eine Geliebte? Träumen Sie von der großen Liebe oder wenigstens von einer aufregenden Affäre? Haben Sie Angst um die Kinder? Angst davor, den anderen verlassen zu müssen? Angst vor dem Scheitern Ihres Lebenstraumes? Angst vor der Wahrheit Ihres Herzens?

. . . oder zu den von außen Gehetzten

Sind Sie eigentlich viel zu beschäftigt, um sich mit Ihrer Beziehung zu beschäftigen? Mögen Sie diese Diskussionen um Befindlichkeiten nicht? Geht Ihr Inneres im Grunde niemanden etwas an? Haben Sie trotzdem manchmal Angst, verlassen zu werden? Zweifelt Ihr Partner gerade an seinen Gefühlen für Sie? Haben Sie lange schon eine Ahnung oder gerade erfahren, dass Ihr Partner in jemand anderen verliebt ist? Sie verstricken sich immer mehr in Arbeit, neue Hobbys und Termine, sodass Ihnen gar keine Zeit bleibt für Ihren Partner? Fühlen Sie sich von Ihrem Partner ausgeschlossen, unter Druck gesetzt, belagert oder aus dem Haus getrieben? Haben Sie das Gefühl, dass alles, was Sie tun, nie genug ist für Ihren Partner? »Passieren« Ihnen Affären, ohne dass Sie es eigentlich wollen?

Betäuben Sie sich mit Alkohol, Essen, Drogen, Sex, Fernsehen, Computer oder anderen Süchten, die Sie nicht mehr selber steuern können? Süchten, die entweder in heiterer Gesellschaft oder beim Alleinsein besonders stark werden?

Wenn vieles oder nur etwas davon auf Sie zutrifft, dann bedarf es nicht der Trennung von Ihrem Partner, sondern der Arbeit an Ihnen selbst. Es bedarf einer echten Entscheidung zur Heilung. Es bedarf nicht endlich des einzig richtigen Partners, sondern schonungsloser Offenheit und des Mutes zur Wahrheit in Ihrer Beziehung, und es bedarf Willenskraft, Verstehen, Zeit, Geduld und viel, viel Übung.

I. Teil

1. Kapitel Es ist egal, wen Sie heiraten

Es ist egal, wen Sie heiraten. Sie treffen dabei sowieso immer nur sich selbst. Der andere ist immer nur die Leinwand, auf der Sie Ihre eigenen unerfüllten Bedürfnisse, Ihre eigene Fähigkeit zu lieben, Ihre eigenen Blockaden und Verletzungen, Ihre eigene Lebendigkeit, vor allem aber Ihre eigene tiefe, innere Spaltung zwischen Sehnsüchten und Ängsten betrachten können. Kein Partner kann Ihnen zu Wohlergehen verhelfen, noch kann er Ihnen Selbstachtung oder Selbstvertrauen gewährleisten. Egal, wen Sie treffen, Sie begegnen am Ende sich selbst. Und deswegen können Sie meiner Erfahrung nach auch ruhig bei dem Partner bleiben, bei dem Sie gerade sind – egal, wie unangenehm Ihnen dieser Zustand erscheint. Gerade da, wo es sich besonders festgefahren, kalt, wutgeladen, hasserfüllt oder abstoßend anfühlt, gibt es eine Menge zu tun – und zwar in Ihnen selbst.

Ich bin mir im Klaren darüber, dass diese These sofort alle möglichen Widerstände hervorrufen wird. Von Kind an haben wir gelernt, dass nur der richtige Prinz auf die richtige Prinzessin treffen muss, und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute glücklich und zufrieden . . . Meistens enden die Märchen allerdings am Tag der Hochzeit. Meistens fängt der Ehealltag aber nach der Hochzeit erst richtig an. Und immer häufiger hört die Ehe weit vor dem und wenn sie nicht gestorben sind leider auch schon wieder auf.

Jede dritte Ehe endet hierzulande vor dem Scheidungsrichter. In den Ballungsgebieten sogar jede zweite. Seit Anfang der Neunziger ist die Tendenz kontinuierlich steigend, fand die Entwicklung ihren vorläufigen Höhepunkt mit der Scheidung von über zweihunderttausend Ehepaaren allein 2003. All diese Menschen haben geheiratet, weil sie etwas gesucht haben und weil sie geglaubt haben, mit dem anderen genau das gefunden zu haben. Und sie haben sich später scheiden lassen, weil sie dieses Etwas dann doch nicht bekamen. Der Partner kommt ihnen vor wie eine Mogelpackung, in der etwas anderes drin war, als vorher draufstand. Die Ehe mit diesem Menschen scheint rückblickend betrachtet ein Betrug gewesen zu sein.

Die meisten Scheidungen sind überflüssig

Wenn ich behaupte, dass bestimmt siebzig Prozent der Ehen nicht geschieden werden müssten; wenn ich behaupte, es sei egal, wen Sie heiraten, Sie träfen dabei sowieso immer nur sich selbst, dann möchte ich Sie mit dieser vielleicht provokanten These dazu bewegen, die Ehe als etwas ganz anderes zu begreifen, als Sie es bisher getan haben: Die Ehe ist nicht die Geschenkverpackung für eine Romanze, der wahre Sinn der Ehe ist immer, die inneren Konflikte der beiden Partner ins Gleichgewicht zu bringen. Damit ist sie ein Ort tiefer Heilung und der Entdeckung wahrer gebender Liebe. Alltagsphilosophen behaupten, das Leben sei eine Schule. Wenn dem so ist, dann sind die intime Beziehung und die Ehe eine Art Elite-Universität. Hier stehen Sie vor den schwierigsten Prüfungen, hier können Sie am meisten lernen und wachsen – aber auch am meisten empfangen . . .

Dies hat die Natur so angelegt, auch wenn uns die Brüder Grimm und all ihre Nachfolger in Hollywood etwas anderes glauben machen wollen. Tief im inneren Kern der Ehe liegt die herausforderndste Dynamik des Lebens – eine Art Paradoxon – versteckt: Obwohl die ihr innewohnenden Möglichkeiten der intimen Begegnung allumfassender sind als in irgendeiner anderen Beziehungsform, tauchen doch unsere Defizite nirgendwo deutlicher auf als in einer verpflichtenden, dauerhaften Partnerschaft. Nichts zwingt uns mehr als die Ehe zu erkennen, dass wir als Individuum aber keineswegs allumfassend sind, dass uns immer etwas – nämlich unsere bessere Hälfte – fehlt, dass wir nur Mann, nur Frau sind.

Wir alle werden als Mann oder als Frau geboren und befinden uns damit qua Geburt im größten Spannungsfeld, der größten Polarität des menschlichen Lebens. Vom ersten Moment an sind wir Menschen nicht ganz, sind wir entweder – oder, sind wir männlich oder weiblich. Vom ersten Moment an sehnen wir uns nach körperlicher, emotionaler und seelischer Wiedervereinigung mit dem anderen Pol. Die Suche nach der anderen Hälfte ist Teil von uns, die Sehnsucht sozusagen Bestandteil des genetischen Codes. Davon in jeder Zelle unseres Körpers, in unserem ganzen Sein unablässig angetrieben, treffen wir irgendwann endlich jemand, der das zu sein scheint, was uns fehlt. Endlich werden wir ein Paar – heiraten wir, scheint unsere Sehnsucht gestillt, fühlen wir uns wieder vollkommen und eins.

Aber wie oft wirkt so ein Paar nach Jahren der Gemeinsamkeit tatsächlich noch vollkommen und eins, verbunden und ganz? Wie oft spürt man noch Harmonie und Freude und erlebt tiefe und lebendige Kommunikation? Welches langjährige Paar kennen Sie, das tatsächlich noch davon beseelt ist, durch den anderen ganz geworden zu sein? Welches Paar, das Unterschiede als Herausforderung akzeptiert, mitfühlender und großherziger zu werden? Welches Paar, das Spannungen als Wegweiser betrachtet, sich gegenseitig besser verstehen zu lernen? Wenn wir der Scheidungsstatistik von oben glauben, dann könnte man daraus schließen, dass das Leben mit einem anderen Menschen im Laufe der Zeit eher zu einer unerträglichen Last wird. Dass es uns all unsere Hoffnung auf Erfüllung und unseren Glauben in das andere Geschlecht nimmt, anstatt Glück, Einheit und die lang ersehnte, harmonische Nähe zu bringen, die wir uns bei der Heirat erhofften.

Dieses Buch handelt vom Glück. Von Glück und Harmonie in Beziehungen. Es behauptet sogar, dass beides von Jahr zu Jahr wachsen kann. Es zeigt, dass man immer wieder von neuem eine Menge für dieses Glück tun kann. Aber es möchte Sie eben gerne von dem Irrglauben befreien, dass Sie nur den richtigen Partner bräuchten zu diesem Glück. Es bekräftigt, dass Sie allein es in der Hand haben, Ihre Beziehung wieder mit Leben und Liebe zu erfüllen. Dazu müssen Sie allerdings den Raum Ihrer Suche auf Ihr Inneres begrenzen.

Der einzig wahre Partner sind Sie selbst

Das Einssein, nach dem alle so ruhelos suchen, existiert tatsächlich. Nur nicht da draußen, wo wir es vermuten. Vielmehr finden wir unser ideales Sein, dieses Gefühl von Ganzheit, nur bei uns selbst, in unserem eigenen Inneren. Jeder wurde damit geboren, aber kaum jemand erinnert sich noch daran. Es liegt in uns wie der Same einer Sonnenblume, der vom ersten Moment an bereits alle Informationen für die spätere Pflanze in sich trägt. Nie würde sich der Same einer Sonnenblume während des Heranwachsens fragen, ob er vielleicht lieber ein Apfelbaum werden möchte. Er wächst einfach und wird die beste Sonnenblume, die er sein kann.

Unser menschliches Heranwachsen verläuft meist weniger ungestört und eindeutig. Die Begrenzungen unserer Erziehung, die familiären Anforderungen und gesellschaftlichen Einflüsse wirken häufig wie seelische Genmanipulationen auf unseren Samen. Im Laufe der Zeit hinterlassen sie so starke Prägungen und Eindrücke, dass wir von unserer ursprünglichen Vollkommenheit nicht mal mehr eine Ahnung haben. Unser Kern ist aus unserem Blickfeld verschwunden – denn aus den Störungen, Einschränkungen, An- und Überforderungen haben sich unzählige Spannungsfelder entwickelt, die sich wie ein dichter Nebel um unser Samenkorn angesiedelt haben. Uns fehlen die Wurzeln und natürlichen Handlungsimpulse, nach denen wir uns spontan ausrichten können. Wir haben kein Gefühl mehr von natürlicher Verbindung. Was wir nur nicht verstehen, ist, dass uns nicht die Verbindung nach außen, sondern die Verbindung nach innen fehlt. Wir haben keinen Zugang mehr zu unserer Quelle, zu unserer natürlichen, kraftvollen und intuitiven Lebendigkeit. Was dazu führt, dass wir um diese vermeintlich unsichere Leere eine harte Schale entwickeln –, unsere Rolle, die wir spielen, die Persönlichkeit, für die wir uns halten.