Lieben und lieben lassen - Saskia Michalski - E-Book

Lieben und lieben lassen E-Book

Saskia Michalski

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Beschreibung

Liebe ist ein Spektrum, keine Schublade Aufgewachsen in einer Welt zwischen Disney-Klischees und konservativen Geschlechteridentitäten, spürt Saskia Michalski früh, dass Saskia nicht den Erwartungen entspricht. Saskia begreift, dass Liebe facettenreich ist, und entscheidet sich für einen eigenen Weg. Damit wird Saskia zum Vorbild, denn Saskia spricht über die Themen, die viel zu lange tabu waren, und räumt mit Mythen rund um Beziehungsmodelle außerhalb des heteronormativen Konstrukts auf. Mit Empathie und Humor schafft Saskia es, queere Inhalte auch für diejenigen zugänglich zu machen, die damit bisher kaum Berührungspunkte hatten.

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Unter Mitarbeit von Aylin Atmaca

© Piper Verlag GmbH, München 2024

Covergestaltung: FAVORITBUERO, München

Covermotiv: Jendrik Wichels

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence, München mit abavo vlow, Buchloe

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Text bei Büchern ohne inhaltsrelevante Abbildungen:

Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Widmung

Ein paar Hinweise zum Inhalt und meiner Sprachwahl

Vorwort

Warum eigentlich Liebe?

Kapitel 1: Ich dachte, das ist Liebe?

All you need is love. Oder?

Zwischen Disney, der Gesellschaft und unseren Eltern

Lieb mich oder ich lieb dich!

Unter dem Deckmantel der Liebe

If you wanna be my Lover

Die eine wahre große Liebe

Kapitel 2: Die Liebe als Spektrum

Liebe ist kein Besitz

Selbstsabotage: Ich bin lieb und brav

Zwischen Selbsterfahrung und Rücksicht

Ich liebe mich

Kapitel 3: Bin ich falsch oder ist es die Welt?

Wer bin ich eigentlich?

Holy moly, I’m poly!

Poly-Guide

Impulse für dein nicht monogames Leben

»Ich habe mich in eine neue Person verliebt« – Dos und Don’ts

Verschiedene Formen der Polyamorie

Queere Liebe – mein Coming out

Coming out-Guide

Die fünf Phasen des Coming out

»Ist doch alles nur eine Phase«

Kapitel 4: Liebe, Lust und Frust

Verletzlichkeit verletzt nicht, aber Verletzte verletzen

Mit Eifer gesucht, Leid gefunden

Schäm dich!

Bi+/Queerfeindlichkeit und Allyship

Konsens is Key

Sex

Weil ich liebe

Danksagung

Glossar

Queere Begriffe

Begriffe der Polyamorie

Leseliste

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Literaturverzeichnis

Für Rebellion in Liebe

Ein paar Hinweise zum Inhalt und meiner Sprachwahl

In diesem Buch werden sensible Themen wie sexualisierte, physische und psychische Gewalt sowie Queerfeindlichkeit, Misogynie und Schwangerschaftsabbruch angesprochen.

In manchen Fällen verzichte ich bewusst auf das Gendern.

Wenn ich über meine Vergangenheit spreche, bezeichne ich mich als Mädchen/Frau.

Ich erzähle überwiegend von meinen persönlichen Erfahrungen und den daraus resultierenden Learnings. Sie spiegeln meine ganz subjektive Sichtweise wider und müssen nicht für jeden Menschen zutreffen. Spreche ich von vergangenen Erfahrungen, beziehe ich mich meist auf binäre Darstellungen, da ich damals noch nicht den Wissenstand eines nicht binären Menschen mit den entsprechenden Begrifflichkeiten hatte.

Ein Glossar zu diversen Fachbegriffen findest du am Ende des Buches.

Vorwort

Hej Wunderwesen,

hättest du mir vor fünf Jahren gesagt, dass ich einmal ein Buch über Polyamorie und diverse Liebe schreiben würde, hätte ich dir nicht nur nicht geglaubt, sondern vermutlich auch an deinem Verstand gezweifelt. Aber jetzt sitze ich hier und schreibe das Vorwort für mein fertiges Buch zu genau diesem Thema. Für dich. Für mich. Für die Welt.

Mein Weg in die Polyamorie war auf den ersten Blick überraschend, aber in der Retrospektive unvermeidlich. Die Herausforderungen, denen ich in den letzten vier Jahren begegnen durfte, und die Learnings, die daraus resultierten, haben mich zu einer freieren, glücklicheren, softeren und verletzlicheren Person gemacht. All diese Momente – ob schön oder schmerzhaft, ob angenehm oder unangenehm – waren unglaublich wertvoll und bereichernd.

Ich möchte, dass dieses Buch nicht nur meine persönliche Geschichte erzählt, sondern dass es vor allem Liebe in deine Welt trägt. Ich möchte dich dazu inspirieren, Liebe neu zu definieren, unabhängig davon, ob du die Polyamorie schon lebst, noch unsicher bist, was du davon halten sollst, oder sie sogar (so wie ich damals) ablehnst.

Es ist mein Herzenswunsch, dass du dieses Buch mit offenen Gedanken und offenem Herzen liest. Ich lade dich ein, die Welt für nachfolgende Generationen ein kleines bisschen individueller und leichter zu machen. Vielleicht findest du in den folgenden Zeilen auch ein wenig von dir, vielleicht helfen sie dir auch, dein wahrhaftiges Selbst zu entdecken. Denn Gefühle – für dich selbst genauso wie für andere – passen in keine Schublade.

Wenn dein Herz rebelliert, fühl hin.

Full of love –

Saskia

Warum eigentlich Liebe?

Liebe betrifft uns alle auf die eine oder andere Weise – ob wir es wollen oder nicht. Unser Leben lang lesen und hören wir so viel über sie, über das Geliebtwerden und Lieben – und doch oder gerade deshalb sind wir ständig aufs Neue auf der Suche nach Antworten.

Wir sind gefangen in vorgegebenen Schubladen und vermeintlich richtigen Wegen, zwischen »zu viel«, »zu wenig« und »das hat man halt immer schon so gemacht«. Und weißt du was? Dabei haben wir – geblendet von der Illusion, dass es ein »richtig« oder »normal« gibt, und aus Angst vor Ablehnung irgendwann verlernt, etwas ganz Entscheidendes zu tun: nämlich auf unser Herz zu hören und unser eigenes Skript zu schreiben.

Aber soll ich dir etwas verraten? Wir alle können uns selbst neu kennenlernen, wenn wir zulassen, dass unsere Neugierde größer als unsere Angst wird. Denn nur so entsteht Mut. Wie spannend und zugleich beängstigend es sein kann, die vermeintlichen Regeln und Normen der Liebe zu hinterfragen, habe ich einst selbst erfahren. Und das hat mein Leben für immer grundlegend verändert. So sehr, dass ich heute sagen kann: Ich fand Sicherheit in Freiheit und Freiheit in Sicherheit.

Aber dazu später mehr. Viel wichtiger ist jetzt erst mal die Frage, wie wir eigentlich darauf kommen, eine Emotion wie Liebe in eine Norm pressen zu wollen – wohlgemerkt eine, in die ganz zufälligerweise auch noch knapp acht Milliarden Menschen passen? Warum betrachten wir ausgerechnet die Liebe nicht als emotionales Spektrum, so wie wir es bei anderen Gefühlen auch tun?

Fragen über Fragen. Ich finde, es ist an der Zeit, Antworten darauf zu finden – oder besser: mit Mythen zu brechen, der Verlustangst und Eifersucht Raum zu geben, sie zu verstehen, die Heteronormativität zu hinterfragen, geheime Bedürfnisse und Wünsche zu entfesseln und die Facetten der diversen Liebesformen im rauschenden, nicht immer ruhigen Fluss des Lebens neu zu entdecken.

Wenn du möchtest, komm mit!

Ich dachte, das ist Liebe?

Ich dachte immer, Liebe sei das, was ich im Fernsehen sehe. Der Stoff aus den Teenie-Filmen und Schnulzen, die wir als Kinder und Jugendliche so gern geschaut haben. Ich dachte, Liebe sei das, was ich bei meinen Eltern beobachten konnte, oder wie sich mein erster Freund mir gegenüber benommen hat. Ich habe mich immer bemüht, ein Richtig oder Falsch zu definieren; eine Liste zu erstellen, bei der ich meine Häkchen setzen konnte, um sicherzugehen: Das ist Liebe.

Schließlich war die Liebe allgegenwärtig, sie wurde mir überall präsentiert, und irgendwie hatte ich dabei doch das immer gleiche Bild von ihr. Eines, das so klar und unumstößlich war, dass ich gar nicht auf die Idee kam, dass Liebe auch anders aussehen könnte.

Es ist ein bisschen so wie bei Platons Höhlengleichnis, das beschreibt, wie ein paar Menschen ihr gesamtes Leben in einer dunklen Höhle verbringen – und zwar so festgebunden, dass sie alle nur geradeaus auf eine einzige Wand blicken können. Hinter ihnen brennt ein Feuer, und zwischen diesem Feuer und den Menschen befinden sich verschiedene Gegenstände, die Schatten an die Wand werfen. Da sie nie etwas anderes gesehen haben, glauben die Menschen natürlich, dass diese Schatten die wirkliche Welt darstellen. Die Wahrheit erkennt einer von ihnen erst, als es ihm gelingt, sich zu befreien und die Höhle zu verlassen. Zunächst wird er draußen vom Sonnenlicht geblendet, doch nach einiger Zeit begreift er, dass das, was er sieht – die Sonne, die Bäume, die Tiere –, die wirkliche Welt ist und dass die Schatten in der Höhle lediglich eine schemenhafte Abbildung der Realität waren. Als er zurückkehrt, um seinen noch immer gefesselten Mitmenschen von der wahren Welt zu berichten, glauben sie ihm nicht und reagieren sogar feindselig.

Das Höhlengleichnis verdeutlicht meiner Meinung nach gut, wie Menschen durch eine begrenzte Perspektive getäuscht werden können. Gleichzeitig betont es aber auch, wie wichtig es ist, über den eigenen Horizont hinauszublicken, um die Wahrheit und Vollkommenheit unserer bunten und schönen Welt zu erfassen. Wir formen unsere Überzeugungen und unsere Realität auf Grundlage dessen, was wir in unserem bisherigen Leben vorgelebt bekommen und selbst gesehen und erlebt haben. Deswegen suchen wir meist nach dem, was wir bereits kennen, auch wenn es nicht unbedingt das Beste für uns ist oder das, was wir wirklich wollen. Es handelt sich dabei lediglich um vertrautes Terrain, unsere Komfortzone. Diese Komfortzone formt sich aus dem, was wir glauben, verdient zu haben, da wir es gar nicht anders kennen. Das kann dazu führen, dass wir uns immer wieder in ungesunde und abhängige Beziehungen begeben und dabei die Warnsignale völlig ignorieren. Das geschieht manchmal bewusst, oftmals auch unbewusst, einfach weil sie uns bekannt vorkommen – die Beziehungsdynamiken erinnern uns an unsere Kindheit oder an frühere Beziehungen.

Nur: Ich werde immer wieder gegen Wände laufen, wenn ich weiterhin dem mir vorgelebten Weg folge und mich nicht aus den Schubladen befreie, in die ich mich selbst den größten Teil meines Lebens gesteckt habe. Und genau deshalb habe ich mir fest versprochen, offen und neugierig zu bleiben, da sich jedes Individuum – also auch ich – im Laufe des Lebens unweigerlich weiterentwickelt. Schließlich bedeuten jede Erfahrung und jede Begegnung neue Impulse; sie zeigen mir neue Wege auf, die mich in meinem Leben bereichern und mich als Mensch wachsen lassen.

Trotz all meiner schwierigen Erfahrungen, die ich in diesem Buch mit dir teilen werde, glaube ich fest an die Wahrhaftigkeit von Liebe und an das Mitgefühl in jedem Menschen. Denn obwohl alles in meinem Leben dagegen sprach, lebe ich heute in einer Beziehung voller Liebe – mit zwei verschiedenen Menschen.

Die Erkenntnis, dass ich dazu in der Lage bin, hat mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Als ich meine Beziehungsperson Lui kennengelernt habe, war ich glücklich mit meinem ehemaligen Mann Marcin verheiratet. Wir hatten eine tiefe, liebevolle Beziehung, die auf Vertrauen und offener Kommunikation beruhte. Lui lernte ich beim Sport kennen, ich war deren Crossfit-Coach.

Zwischen der Wohnung von Lui und der, die Marcin und ich uns teilten, lagen nur ein paar Straßen sowie die Brücke über den Osterbekkanal. Ich erinnere mich noch gut an den Tag, als ich mich nach einem herausfordernden Crossfit-Training bei Lui voller unausgesprochener Spannungen auf den Heimweg machte. An diesen entscheidenden Moment, in dem mir klar wurde, dass ich nun vollkommen ehrlich mit mir selbst sein musste. Ein Gedanke durchzuckte mich: Saskia, emotionales Fremdgehen ist auch Fremdgehen. Mir war vollkommen bewusst, dass da eine gewisse Anziehung zwischen Lui und mir war. Ein Bedürfnis nach Nähe – doch ich konnte nicht genau sagen, wohin das führen würde. Manche hätten vielleicht gesagt: »Dann triff dich einfach nicht mehr mit Lui, und niemand muss es jemals erfahren.« Aber allein das Verbergen dieser Erkenntnis hätte eine innere Distanz zu mir selbst und meinen Werten geschaffen, und das wollte ich nicht. Und um ehrlich zu sein, wollte ich auch Lui unbedingt wiedersehen.

Während ich über die Brücke ging, spürte ich eine Mischung aus Angst, Aufregung und einem Gefühl der Befreiung. Ich entschied mich, diesen Gefühlen nachzugehen und mit Marcin darüber zu sprechen, ganz ohne Plan. Ich hatte nicht einmal die passenden Worte für das, was ich fühlte. Wir hatten immer gesagt, dass wir über alles sprechen können und dabei versuchen würden, wertfrei zu bleiben. Ich fühlte mich unglaublich schlecht, fast wie in einer Identitätskrise, geplagt von Scham und der Sorge, dass die verurteilenden Stimmen der Vergangenheit recht haben könnten – dass ich mich einfach nicht binden kann. Meine größte Angst war allerdings, dass Marcin mir nicht glauben könnte, dass meine Gefühle für Lui nichts darüber aussagten, was ich für ihn empfand. Ich hatte nämlich keinerlei Zweifel an meiner Liebe zu ihm. Doch ich vertraute darauf, dass ich wusste, was Marcin und ich miteinander hatten, ich wollte unbedingt ehrlich zu mir selbst und zu ihm sein. Denn wahre Verletzung entsteht nicht durch ein unangenehmes Gefühl, sondern dadurch, dass wir die Verbindung zueinander verlieren, wenn wir einander nicht in unsere jeweilige Gedankenwelt einbeziehen. Die Heimlichkeiten und Lügen gegenüber sich selbst und anderen – das ist die eigentliche Bedrohung der (Selbst-)Liebe.

Die Brücke war nicht besonders lang, aber all diese Gedanken schwirrten mir gleichzeitig durch den Kopf. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich die Treppe zu unserer Wohnung hinaufstieg. Ich schloss die Tür auf und sagte zu Marcin: »Ich würde gern mit dir sprechen. Zuerst möchte ich dir aber sagen, dass ich mir wünsche, dass du mir vertraust, wenn ich dir sage: Ich liebe dich und ich liebe unsere Beziehung.« Er sah mich nachdenklich an und antwortete: »Okay, lass uns reden. Ich höre dir zu.« Und wir setzten uns aufs Bett. Dies markierte den Beginn meiner wilden, unvorhersehbaren und doch heilsamen Reise zu mir selbst.

All you need is love. Oder?

»All you need is love«, sangen schon die Beatles. Hörst du den Song jetzt auch in deinem Kopf? Toll! Dann wären wir schon zu zweit. Und wenn wir schon dabei sind: Kai Pflaume hat mit der TV-Show »Nur die Liebe zählt« seinerzeit dieses Bild, dass wir nur Liebe brauchen, um glücklich zu sein, in mir verankert. Und die Antwort auf die Frage, wie diese Liebe denn bitte schön auszusehen habe, wurde einem sowohl im Song der Beatles als auch in der Fernsehsendung direkt mitgeliefert: Eine Person ist unsterblich in eine andere Person verliebt und möchte sie erobern – und meist handelt es sich dabei, richtig: um einen Mann, der es auf eine Frau abgesehen hatte.

Verknallt? Verliebt? Liebe? Oder doch nur ein Strohfeuer? Egal! Hauptsache ein wohlig warmes Gefühl im Bauch. Jeden Tag, für immer und ewig, bis dass der Tod uns scheidet. Es ist ja auch wirklich ein sehr schöner Gedanke, dass die Liebe allein alles regelt, wir uns entspannt zurücklehnen können und jeden Tag in einem süß duftenden Bad voller Rosenblätter mit unserer Beziehungsperson treiben dürfen, glücklich bis in alle Ewigkeit. Doch, Überraschung – das ist nicht die Realität!

Vermutlich hast du es schon am eigenen Leib erfahren: Liebeskummer tut fucking weh. Und hinzu kommt leider auch noch, dass die Hoffnung, die nächste Liebe würde dein gebrochenes Herz wieder reparieren, völlig unbegründet ist. Denn diesen Schmerz kannst nur du selbst heilen – auch wenn du vieles gemeinsam mit deiner Beziehungsperson heilen kannst. Ob du es glaubst oder nicht, auch in meinem Kopf gab es vor einigen Jahren nichts Schlimmeres als die Vorstellung, von meinem Partner verlassen zu werden, weil er mich nicht mehr liebt. Ich sehnte mich so sehr nach einer Garantie, dass das auf gar keinen Fall passieren würde und er mich bis an unser Lebensende liebt. Ich wollte sicherstellen, dass Marcin immer an meiner Seite bleiben würde, dass er niemals eine andere Person attraktiv finden würde – genauso wie ich auch niemand anderen begehren würde. Ich dachte, dass dies der einzige Weg sei, um die Kontrolle über unsere Liebe zu behalten. Die Illusion der Sicherheit hatte mich ganz fest im Griff! Aber wir liebten uns und untermauerten unsere Liebe sogar mit dem Eheversprechen, ich hatte also nichts zu befürchten – dachte ich zumindest. Ich war fest gefangen in einer toxisch monogamen Einstellung und hatte trotzdem mit Verlustängsten zu kämpfen.

Wenn ich den Begriff »toxisch monogam« verwende, regen sich übrigens unglaublich viele Menschen darüber auf. Was ich jedoch eigentlich damit sagen möchte: Ich halte die Monogamie keineswegs für falsch, finde es aber wichtig, die toxischen Vorstellungen von Monogamie zu hinterfragen, die in der Gesellschaft vorherrschen. Was ich kritisiere, ist die Tatsache, dass extreme Eifersucht, Kontrollzwang und das vollständige Aufgeben der eigenen Privatsphäre als Zeichen wahrer Liebe gelten. Ebenso problematisch finde ich die Idee, dass intensive Liebe ausreicht, um alle Inkompatibilitäten oder Verletzungen zu überwinden. Man kann eine Person sehr lieben und dennoch inkompatibel mit ihr sein. Den Gedanken, dass Liebe alles ist, was man braucht, empfinde ich schlichtweg als irreführend. Es ist durchaus möglich, einen Menschen tiefgehend zu lieben und dennoch von diesem schlecht behandelt zu werden. Doch oft wird diese Vorstellung romantisiert. Wenn eine Person eine Beziehung beendet, obwohl er*sie die Person noch liebt, können viele Menschen das nicht nachvollziehen.

Zu den toxisch monogamen gesellschaftlichen Normen gehört auch die Vorstellung, dass man zu jeder Zeit und in jeder Lebensphase alle Bedürfnisse seiner Beziehungsperson erfüllen muss. Wenn man das nicht schafft, wird einem schnell suggeriert, nicht gut genug zu sein. Ebenso problematisch empfinde ich die Tendenz, einen Menschen, der seine Bedürfnisse äußert, schnell als übermäßig anhänglich oder »clingy« abzustempeln. Es ist essenziell zu kommunizieren, was man sich vom Gegenüber wünscht! Natürlich kann dies bei der Person, die diese Bedürfnisse erfüllen soll, Druck auslösen, aber dann liegt es an allen involvierten Personen, mit den unterschiedlichen Anforderungen umzugehen.

Ein weiteres toxisches Narrativ ist die Vorstellung, dass man keinen anderen Menschen interessant, attraktiv oder auch nur nett finden darf. Sobald man mit einem anderen Menschen interagiert, wird einem manchmal direkt unterstellt, man hätte Interesse an dieser Person. Solche eifersüchtigen Beziehungsverhaltensweisen werden in unserer Gesellschaft teilweise stark romantisiert und als Zeichen echter Liebe gewertet.

Das Commitment in einer Beziehung gilt oft als ein Synonym für Exklusivität. Genauso, wie gesellschaftlich suggeriert wird, dass eine Beziehung und Liebe nur valide sind, wenn du geheiratet hast und am besten auch gleich noch Kinder bekommst. Sonst stimmt etwas mit euch und eurer Beziehung nicht, wahrscheinlich seid ihr euch nur noch nicht so wirklich sicher. Für die Mehrheitsgesellschaft ist es oft normaler, in einer Beziehung zu bleiben, die uns ausbrennt und nicht mehr erfüllt, nur weil sie lange funktioniert hat, als Single und glücklich zu sein.

Das alles meine ich, wenn ich von toxischer Monogamie spreche, und auch ich steckte mittendrin in ihren normativen Zwängen. In meinem Wunsch nach Sicherheit hatte ich allerdings etwas Entscheidendes übersehen: Absolute Sicherheit gibt es nicht! Irgendwann musste ich sogar lernen, dass Liebe nicht das ist, was ich lange Zeit für Liebe hielt, und das war die schmerzhafteste Erkenntnis meines Lebens. Auch ich hatte mir über Jahre eingeredet, dass ich ohne Marcin nicht leben könnte; ein Alltag ohne ihn war unvorstellbar für mich. Ich wusste nicht, wie ich allein funktionieren sollte. Als meine Ehe zu Ende ging, erkannte ich jedoch, dass es keine Garantie für immer gibt. Der Grund für meine Scheidung, so schmerzhaft es auch war, war eigentlich recht simpel: Es gab einen Vertrauensbruch, der rein gar nichts mit Drittpersonen zu tun hatte, sondern ein Thema betraf, das von Anfang an in unserer Beziehung präsent war und an dem wir gemeinsam gearbeitet hatten. Dieser Bruch stand in keiner Verbindung zur Form unserer Beziehung. Es ist erstaunlich, wie die Gesellschaft auf eine Trennung reagiert, besonders im Kontext von nicht monogamen Beziehungen. Oft wird nicht dem Individuum, sondern der Beziehungsform die Schuld zugeschrieben. In einer monogamen Beziehung wird eine Trennung als normaler angesehen, und selbst bei Untreue wird nicht »war ja klar« gerufen. Wenn eine offene oder polyamore Beziehung in die Brüche geht, ist immer gern die Liebesform schuld, egal ob es an zwischenmenschlichen Konflikten gelegen hat oder nicht. Bei monogamen Paaren, wo es einfach nicht gepasst hat oder betrogen wurde, liegt es eher am Individuum. Dort wird nicht gefragt: »Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, dass eine monogame Beziehung vielleicht nicht das richtige Modell für euch war?« – Nein, es ist immer andersherum: »Klar, so eine offene Beziehung kann ja gar nicht funktionieren!« Übrigens auch gern, ohne die wirklichen Gründe dafür zu kennen, wie in meinem Fall. Die Monogamie als Beziehungsform wird selten hinterfragt. In einer polyamoren Beziehung hingegen scheint die Beziehungsform automatisch als Ursache für Probleme gesehen zu werden, obwohl wir damals sogar zu dritt versucht haben, diese zu lösen.

Aber warum schreibe ich das überhaupt? Weil ich es wichtig finde, auch das Leid und das emotionale Wachstum hinter meiner heutigen Leichtigkeit transparent zu machen. Leichtigkeit, weil mich das Lösen von der Vorstellung der Monogamie als einzig funktionierende Form der Liebe befreit hat. Aber vor einigen Jahren war das noch ganz anders. Da dachte ich noch, dass man sich eben kennenlernt, sich ineinander verliebt, dann am besten so schnell wie möglich heiratet und für immer und ewig glücklich und voller Liebe zusammenbleibt. Vor allem dachte ich, dass das der einzige Weg ist.

Was ich mich allerdings nie gefragt habe, ist: Was bedeutet Liebe eigentlich für mich? Und wie bleibt die Liebe am Leben? Wie können wir sie neu entfachen? Die harte Erkenntnis in meinen frühen Zwanzigern war, dass eine Beziehung aus (mindestens) zweimal 100 Prozent besteht und dass Liebe nicht einfach ist, sondern auch Einsatz und viel Arbeit erfordert. Es ist das dritte aus zweien. Dabei ist Kommunikation das A und O, aber auch die Bereitschaft, den anderen anzunehmen, sich in Verständnis zu üben, und der Wunsch nach persönlichem und gemeinsamem Wachstum sind absolut essenziell. Es ist nicht wahr, dass einmal entflammte Liebe von allein ewig brennt. Wie eine Pflanze muss auch die Liebe gehegt und gepflegt werden. Der Mensch ist wie eine Pflanze, man wächst und verändert sich, manchmal wird der Topf zu klein, und im schlimmsten Fall geht man sogar ein. Das Problem dabei ist, dass jeder Mensch seinen eigenen kleinen, manchmal auch großen Koffer voller Erfahrungen, Werten und Erwartungen in eine Beziehung mitbringt und jede*r eine andere Vorstellung davon hat, wie man mit diesem Ballast umgehen sollte. Schließlich sind wir alle Individuen mit völlig unterschiedlichen Ideen von der idealen Liebesbeziehung.

Diese bunte Mischung kann zufällig zusammenpassen und für eine gewisse Zeit auch ohne Invest gut funktionieren, manchmal aber auch zu immensen zwischenmenschlichen Spannungen führen. Das muss nicht zwangsläufig das Ende der Liebe bedeuten, sondern stellt, wenn beide Parteien bereit sind zu investieren, eine Chance dar, voneinander zu lernen und gemeinsam in der Beziehung zu wachsen. Das setzt allerdings voraus, dass die beteiligten Personen sich dieses Umstands überhaupt bewusst sind. Die Liebe ist nämlich nicht einfach da und bleibt, weil man das mal gemeinsam beschlossen oder auf dem Standesamt ein paar Zettel unterschrieben hat. Sie ist eher ein Resultat aus vielen Faktoren und erfordert ein ständiges Anpassen an sich stetig ändernde Bedürfnisse und Umstände. Man wacht eben leider nicht jeden Tag neben seinem Beziehungsmenschen auf und liebt und begehrt ihn wie beim ersten Date.

Diesen Zustand aufrechtzuerhalten, erfordert Arbeit, und zwar von allen Beteiligten. Der große Wunsch, geliebt zu werden, ist valide, aber das bedeutet auch, selbst zu lieben, zu investieren und zu verstehen, dass wir alle die gleiche Liebe verdient haben, die wir reingeben – ohne sie im Gegenzug als selbstverständlich anzusehen. Allerdings heißt das im Umkehrschluss auch, dass man in erster Linie an und mit sich selbst arbeiten muss. Und das erfordert nicht nur Mut und den Willen, sich stetig weiterzuentwickeln, sondern es bedeutet auch, die vermeintlich sichere Komfortzone zu verlassen, die eigenen vielleicht unterdrückten Bedürfnisse wahrzunehmen, sich selbst zu reflektieren, zu verstehen, dass wir alle Liebe verschieden senden und empfangen, und auch offen für die Bedürfnisse des anderen zu sein, ohne zu be- oder verurteilen.

Aber glaube mir, wenn ich dir sage: Dein Mut wird belohnt! Die Reise zu sich selbst ist ein spannendes Abenteuer, bei dem man nie ausgelernt hat. Liebe neu zu definieren und zu verstehen, dass sie kein starrer Zustand ist, wird deine Sicht auf die Welt und auf dich selbst zum Positiven verändern, genauso wie es meine Sicht verändert hat. Heute lebe ich sowohl mit meiner Beziehungsperson als auch mit meinem Freund in einer glücklichen Beziehung. Ich kann zwei Orte mein Zuhause nennen. Ich führe zwei romantische Liebesbeziehungen; eine davon war sogar ursprünglich eine Fernbeziehung, aber jetzt leben beide Beziehungsmenschen mit mir in Hamburg. Ich habe eine intensive Bindung zu beiden und teile meinen Alltag mit ihnen. Ich stehe sogar neuen Verbindungen verschiedener Art, je nach meinen Kapazitäten, offen gegenüber. Klingt unvorstellbar für dich? Das war es für mich auch einmal! Doch wie du auf den nächsten Seiten lesen wirst, habe ich meine Einstellung von Grund auf hinterfragt und meine Vorstellungen von Liebe neu definiert.

Zwischen Disney, der Gesellschaft und unseren Eltern

Frauen und weiblich gelesene Personen sind hilflose Wesen, die erobert und gerettet werden müssen, ob sie wollen oder nicht – so der Output meiner liebsten Kinderfilme, als ich klein war. Arielle verließ nicht nur ihre Familie, sondern gab sogar ihre Stimme für ihren Traumprinzen auf. Belle in »Die Schöne und das Biest« litt offenbar unter dem Stockholm-Syndrom, sonst hätte sie wohl kaum Gefühle für ihren Peiniger entwickelt, und Schneewittchen war sogar sieben Männern ausgeliefert und selbst in ihrer letzten Ruhestätte nicht sicher vor übergriffigen Prinzen.

Wie du siehst, bin ich – wie die meisten Kinder der Neunziger- und Nullerjahre – mit Disney aufgewachsen. Dieses romantisierte, aber auch ungesunde Bild von Liebesbeziehungen wurde uns von Kindesbeinen an vorgespielt und als Nonplusultra verkauft. Und wir haben es gefressen. Löffel für Löffel. Wie hätten wir es auch besser wissen können? Wir waren Kinder und hatten unser ganzes Leben noch vor uns. Kein Wunder, dass ich nie hinterfragt habe, ob das richtig oder falsch für mich sein könnte. Ich kannte schließlich kein anderes Bild.

Wir sind in einer Gesellschaft groß geworden, die uns ein festgelegtes Skript vorgelegt hat, wie Liebe auszusehen hat. Ein Skript, das Schritt für Schritt nachgespielt werden soll. In dieser Gesellschaft, in der Normen gelten, die eigentlich gar nicht zu mir passen, habe ich also versucht, mich anzupassen – was, wie du auf den nächsten Seiten lesen wirst, nicht wirklich gut geklappt hat. Meine Eltern hätten dieses Skript vielleicht umschreiben können, wenn sie es selbst nicht so tief verinnerlicht hätten. Doch ich assoziierte die »Liebe«, die ich bei meinen Eltern sah, mit der meiner Großeltern und verglich diese mit den Bildern der Disney-Helden (Held*innen gab es damals noch nicht wirklich) und den hilflosen, treuen, nicht besonders clever dargestellten Prinzessinnen, die gerettet werden und dann überaus dankbar sein mussten, dass eine männliche Figur ihnen das Mindeste an Respekt entgegenbringt. Gleichzeitig versuchte ich immerzu, allen Menschen um mich herum zu helfen, und habe das falsche Bild internalisiert: »Mich für andere aufzuopfern und zu leisten bedeutet, dass ich geliebt und gebraucht werde.«

Du liest diesen Glaubenssatz jetzt gerade und denkst dir vielleicht: »Oje, Saskia, da warst du aber ganz schön naiv!« Ja, vielleicht war ich das, aber ich weiß, dass es vielen, vor allem Frauen, ganz ähnlich ging wie mir. Das Hin und Her der Protagonist*innen in Hollywoodschnulzen und Disney-Filmen ist im Grunde selten etwas anderes als eine ungesunde Symbiose, die trotz aller Red Flags ein Happy End hat, das unrealistischer nicht sein könnte.

Es war immer die gleiche Leier: Der männliche Part behandelt den weiblichen Part ewig scheiße und erkennt dann – just in dem Moment, in dem er sie verliert –, dass sie doch seine große Liebe sein muss. Das könnte der Plot eines jeden sogenannten Chick Flicks sein. Du sitzt auf der Couch und träumst, dass dir das gleiche widerfährt? Glückwunsch, willkommen im Club der Träumenden! Schnapp dir schon mal ein paar Taschentücher, du wirst vermutlich noch viele Tränen vergießen.

Aber hatten wir überhaupt die Chance, gesündere Glaubenssätze zu verinnerlichen? Hollywood und Disney haben dafür gesorgt, dass ganz viele Prinzessinnen zu Hause sitzen und darauf warten, von ihren Prinzen auf weißen Schimmeln gerettet zu werden. Schade nur, dass die sich am Ende oft als ziemlich unzugängliche Partner entpuppten, welche nie wirklich gelernt haben, mit Emotionen und Selbstoffenbarungen umzugehen … Natürlich ist das vor allem ein gesellschaftliches Problem, Männer wie Frauen wachsen mit Stereotypen auf, denen sie sich kaum entziehen können.

Auch wenn die Popkultur uns genau dieses Bild vermittelt: Es ist nicht deine Aufgabe, deinen Partner zu reparieren, zu retten, zu verändern, zu erziehen oder diesem Menschlichkeit beizubringen, um dann für das absolute Minimum an Respekt, was er dir entgegenbringt, dankbar zu sein. Du verdienst einen Partner, nicht ein Projekt. Dein Herz ist kein einseitiges Therapiezentrum für Männer. Doch genau das lebte ich förmlich bis vor einigen Jahren noch selbst. Dies zu begreifen war ein langsamer, schleichender Prozess. Früher habe ich mir nämlich grundsätzlich den gleichen Typ Mann gesucht: einen, der irgendwie hilfsbedürftig war und sein Leben allein nicht auf die Reihe gekriegt hat, aber nach außen hin so wirkte, als wäre alles ganz toll, und ich unglaublich viel Potenzial in ihm sah.

Im Grunde genommen habe ich mir immer Männer gesucht, die dem entsprachen, wie ich meinen eigenen Vater gesehen habe, was im Umkehrschluss natürlich bedeutet, dass ich die Rolle der Mutter in der Beziehung übernommen habe. Ich habe meinem Partner das Leben organisiert, ihm den Umgang mit Emotionen beigebracht, Grenzen setzen geübt und ihm jeden Need erfüllt. Ich ging regelrecht auf in dieser Rolle und freute mich über jeden emotionalen Brotkrümel, der mir hingeworfen wurde. Ich hatte das Gefühl, gebraucht zu werden, und war als Therapeutin Weltklasse. Auch hier lässt sich eine wunderbare Parallele zu den Disney-Filmen meiner Kindheit ziehen. Denn wenn man genau darüber nachdenkt, waren eigentlich alle Disney-Prinzen auf den zweiten Blick ziemlich unfähige Typen, die erst durch die Prinzessin an ihrer Seite ihr volles Potenzial entfalten konnten. Der »Rohdiamant«, der geschliffen werden muss. Dieses Image hat dazu geführt, dass viele, viele Frauen heute unglücklich und frustriert in ihren Beziehungen sind. Disney und die Gesellschaft vermittelt uns also nicht nur ein unrealistisches Bild von Liebe, sondern auch von Frauen und Männern (nicht binäre Menschen wurden einfach gar nicht sichtbar gemacht).

Können wir also bitte aufhören zu romantisieren, dass unser Freund mal im Haushalt hilft oder mit dem Kind spielt? Er räumt dort auf, wo er auch wohnt, und ist genauso ein Elternteil wie du. Wenn uns unser Freund nichts verbietet, wir tragen »dürfen«, was uns gefällt, und er unser Gewicht nicht kommentiert – müssen wir dafür wirklich dankbar sein? Du kennst die Antwort bereits, und trotzdem passiert es, dass wir solch ein Verhalten unverhältnismäßig loben.

Du musst dir deine Liebe nicht mit Gefälligkeiten verdienen. Du musst nicht so sein, wie Männer, deine Eltern, Freund*innen oder die Gesellschaft es von dir erwarten. Für mich war es eine lange und manchmal sehr schmerzhafte Reise, mich von dem Bild der Disney-Liebe zu lösen und mein queeres polyamores Wesen anzuerkennen und anzunehmen. Es erforderte Mut, mich ehrlich mit mir selbst auseinanderzusetzen und meine tiefsten Ängste zu erkunden. Doch auf dieser Reise habe ich eine befreiende Erkenntnis gewonnen: Es ist in Ordnung, unsicher zu sein, und vor allem: Liebe definiert sich nicht durch das gesellschaftliche Bild, mit dem du aufgewachsen bist.

Die meisten von uns sind in heteronormativen Familien aufgewachsen. Die klassische Konstellation bestand damals aus Vater, Mutter, 1,5 Kindern und am besten noch einem Haustier. Die Mutter blieb mit den Kindern zu Hause, während der Vater arbeiten ging. Teilweise wird dieses Modell auch heute noch gelebt. Dabei begibt sich die Frau oft nicht nur in eine finanzielle Abhängigkeit, sondern häufig noch in eine emotionale. Unsere Mütter waren tagsüber quasi alleinerziehend, obwohl sie verheiratet waren. Es gab und gibt natürlich auch immer Ausnahmen. Meine Familie war keine davon.

Nach außen wirkte unser Familienkonstrukt wohl wie eine stabile und sichere Verbindung, aber es war alles mehr Schein als Sein – eher wie ein organisatorisches Nebeneinanderherleben, ohne wirklich interessierten Umgang zwischen meinen Eltern. Meine Mutter opferte sich für mich und meinen Bruder regelrecht auf und richtete ihr ganzes Leben nach uns aus, mein Vater hingegen hielt seine bloße physische Anwesenheit und zwar liebevoll gemeinten, jedoch leeren Floskeln für ausreichend. Meine Großeltern sind heute noch zusammen und haben sich immer liebevoll um uns gekümmert. Deren Liebe war schon immer ein großes Vorbild für mich. Ganz traditionelle Rollenbilder also, die ich vorgelebt bekam und als die Norm empfand. Vieles wurde abgetan mit »das ist eben so«. Ich konnte das mit meinem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn jedoch nie in Gänze akzeptieren oder verstehen.

Mein Opa zum Beispiel schützte mich vor den Menschen, die mich verletzten, und war so für mich das, was man als Vaterfigur bezeichnet. Aber brauche ich die überhaupt? Wie viel ist dran an dem Narrativ von »Du brauchst eine Mutter und einen Vater« oder wenigstens eine Mutter- und Vaterfigur, also jeweils ein weibliches und ein männliches Leitbild? Aus heutiger Sicht fällt mir nichts anderes ein, als zu sagen: Das ist Bullshit.

Es gibt viele alleinerziehende Mütter und auch alleinerziehende Väter, die glückliche Kinder großziehen und begleiten. Ich bin der festen Überzeugung, dass es darauf ankommt, welche emotionalen Erfahrungen ein Kind macht, und nicht, welche Rollenbilder ihre Erziehungspersonen verkörpern. Wozu braucht ein Kind ein Rollenbild? Es ist völlig egal, wer diese Figuren sind. Diese Idee, dass man eine Mutter- und Vaterfigur braucht, ist absolut veraltet. Sie basiert auf verschlissenen Rollenbildern, nach welchen man eine Person braucht, die einem das Emotionale beibringt und zeigt, wie man den Haushalt schmeißt, und dann noch eine, die für finanzielle Sicherheit sorgt und das Praktische übernimmt – also eine umsorgende und eine leitende Figur. Das Bild von der Mutter als emotionaler Hausfrau und dem Vater als rationalem Versorger hat sich zum Glück schon lange gewandelt. Kinder brauchen vor allem ein liebevolles Umfeld, in dem sie verstanden und gehört werden. Kinder brauchen, dass wir ihnen zuhören und ihre Meinungen und Gefühle ernst nehmen. Dabei ist es erst einmal völlig egal, wer ihnen dies bietet. Das lässt sich leicht bei Menschen, die nur bei einem Elternteil, bei den Großeltern oder sonstigen Bezugspersonen aufwachsen, erkennen. Es müssen nicht mal zwingend Blutsverwandte sein. Diese Kinder fühlen sich genauso geliebt und verstanden.

Ich bekomme viele Nachrichten von Menschen, die sagen, dass sie sich gern trennen würden, sich aber nicht trauen, weil sie das Familiengefüge der Kinder wegen nicht stören wollen. Aber ganz ehrlich, es wäre für mich als Kind vielleicht für einen kurzen Moment hart und schmerzhaft geworden und immer mal wieder hochgekommen, aber auf lange Sicht hätte es vieles leichter gemacht. So hingegen bin ich in einem Haushalt groß geworden, in dem ich eindeutig gespürt habe, dass meine Eltern sich nicht wirklich lieben und nicht glücklich miteinander sind.

Ich war schon immer ein Mensch, der gern Liebe schenkt, und habe auch viel Liebe von meiner Blutsfamilie erfahren. Daher war es für mich besonders schwierig, unglücklich verheiratete Eltern zu erleben. Ich entwickelte das starke Gefühl, ich wäre für das Glück meiner Eltern mitverantwortlich. Ich weiß noch, dass ich aus lauter Verzweiflung meinen Eltern zu Geburtstagen und Weihnachten Gutscheine geschenkt habe, in der Hoffnung, dass sie, wenn sie mal wieder zusammen essen gehen würden, sich wieder etwas lieber haben würden. Hätten die beiden sich getrennt, als ihre Ehe nicht mehr für sie funktionierte, hätte ich vielleicht einfach zwei glückliche, getrennt lebende Elternteile gehabt, so hingegen waren beide unglücklich und abhängig – und ich somit auch. Meine Eltern haben auch vor uns und anderen so getan, als wären sie sehr glücklich, obwohl sie es nicht waren. Ich bin mir sogar sicher, dass sie sich dessen gar nicht bewusst waren oder sich einfach damit abgefunden haben. Diese Ambivalenz hat unter anderem auch dazu geführt, dass ich immer gemischte Gefühle und ein verzerrtes Bild der Realität verspürt habe.

Kinder brauchen nicht eine Mutter und einen Vater, um glücklich zu sein. Kinder brauchen Menschen, die ihnen zuhören, sie bedingungslos lieben, sie nicht parentifizieren oder durch ihre Kinder eigene Wünsche ausleben, sondern bei der individuellen Entfaltung begleiten und ihnen im besten Fall vorleben, wie gesunde Liebe und Beziehung aussehen kann. Das war bei mir leider nicht der Fall, und das hat sich dann auch durch meine Dating-Historie gezogen. Das ging sogar so weit, dass ich die erste Person, die mir nicht das Gefühl von Angst, Spannung und Unsicherheit vermittelt hat, direkt langweilig fand. Irgendwann stellte ich fest: Die vermeintlichen Schmetterlinge in meinem Bauch sind eigentlich Verlustängste und das Gefühl, gemocht werden zu wollen. Ich war gar nicht aufgeregt vor Freude, sondern aus Angst. Das bei sich selbst zu erkennen kann sehr schmerzhaft sein, vor allem wenn man nach und nach erkennt, dass man selbst Anteil daran hat.

Ich kann nicht jedes Mal sagen: »Ich gerate einfach nur an Arschlöcher.« Stattdessen muss ich erkennen, dass ich mich aufgrund eines eigenen Defizits immer wieder in diese Situationen begebe. Was mir hingegen guttut, lehne ich ab. Das ist der Inbegriff der Selbstsabotage. »Was sich liebt, das neckt sich«, ist nur wahr, solange persönliche Grenzen respektiert werden. Man kann natürlich darauf warten, dass sich (in meinem Fall) die Männer verändern. Oder man erkennt dieses Muster bei sich selbst und begibt sich in Gewässer, die man vielleicht noch nicht kennt und die nicht die altbekannte Retter*innenrolle beinhalten.

Die Sicherheit, die du letztendlich in einer Beziehung oder in der Liebe findest, resultiert aus dem Zusammenspiel der involvierten Menschen und unserer eigenen Handlungen sowie der Art und Weise, wie wir kommunizieren. Sie ist jedoch nicht ausschließlich an einen bestimmten Beziehungsstil gebunden. Denn es gibt monogame Ehen und Partner*innenschaften, die nicht funktionieren, genauso wie es natürlich auch polyamore Beziehungen gibt, die enden. Beziehungen scheitern nicht, sie enden. Ein immer gültiges Erfolgsrezept gibt es nicht, aber die Bereitschaft, sich verletzlich und authentisch zu zeigen und klar und deutlich miteinander zu kommunizieren, ist ein guter Wegweiser für alle Formen von Beziehungen.

Die Monogamie ist ein vermeintlich sicherer Pfeiler – doch auch sie ist nur eine Illusion von Sicherheit. Denn wahre Sicherheit kann nicht in einem Konstrukt stecken. Sie kann nur durch die Personen vermittelt werden, die in diesem oder einem anderen Konstrukt leben. In dem Wunsch und Willen, sich jeden Tag gemeinsam entweder für oder gegen etwas zu entscheiden, entsteht Sicherheit. Füreinander und miteinander – immer wieder aufs Neue.

Auf meiner Reise war die allerwichtigste Erkenntnis für mich: Sicherheit finde ich in mir selbst. Denn ich habe mich entschieden, zu vertrauen und neugierig zu sein auf das Leben und das, was noch kommt und wie ich etwas lösen werde. Selbst Disney ist mittlerweile auf den Trichter gekommen, dass Frauen nicht unbedingt einen Mann an ihrer Seite brauchen und sich selbst Heldin genug sein können. Figuren wie Merida, Vaiana oder Mirabel bieten da die besten Vorbilder und bringen nicht nur die lang ersehnten diverseren Bilder ins Disney-Universum, sondern zeigen uns auch, dass es oft nicht unbedingt das System ist, welches uns Sicherheit gibt, sondern das Individuum, der liebende Mensch selbst.

Die Entscheidung, unser eigenes Skript zu schreiben, kann sehr beängstigend sein, da die Bewertungen von außen immens sind und wir am Anfang vor einem leeren Blatt Papier sitzen und nicht wissen, wo wir anfangen sollen. Wir leben in einer Gesellschaft, die uns nur zwei Wege zeigt – den richtigen und den falschen. Das Leben scheint schwarz und weiß. In Filmen und Büchern gibt es den Mann und die Frau, die Mutter und den Vater. Formulare haben nur Spalten für eine*n Ehepartner*in, man bekommt bei Einladungen ein plus Eins, man wird nur als vollständig angesehen, wenn man eine*n Partner*in hat. Dabei ist das Spektrum doch viel breiter! Wir sind Individuen mit ebenso individuellen Emotionen, Erfahrungen und Bedürfnissen. Jede*r hat ein eigenes Päckchen zu tragen und darf sich genauso ein eigenes Bild von Liebe malen. Liebe lässt sich nicht als die eine isolierte Emotion betrachten, sondern vielmehr als Emotionsspektrum. Sie sieht für jeden einzelnen Menschen anders aus, fühlt sich ebenso anders an.

Voller Liebe zu sein und Liebe in allen Facetten zu leben, das bin ich. Mich dafür lieb zu haben und nicht mehr abzulehnen war, wie nach Hause zu kommen. Mein Zuhause ist keine Person, sondern die Sicherheit in mir selbst. Ich war die letzte Person, die sich hätte vorstellen können, sich jemals von dem festgefahrenen Bild von Liebe und Ehe zu lösen, mit dem sie aufgewachsen ist. Und doch passierte es. Auf einmal war ich verliebt und merkte, dass ich zwei Menschen gleichzeitig lieben kann. Im selben Moment musste ich aber auch lernen, dass Liebe allein noch keine funktionierende Beziehung macht. Ich musste mich von dem Bild, was Liebe ist und wie sie funktioniert, komplett lösen.

Heute betrachte ich die Liebe als dynamische und unendliche Ressource. In vielen Beziehungen wird Veränderung als absolutes No-go betrachtet, weil das Fundament, auf dem die Beziehung gebaut wurde, dadurch wackeln könnte. Dabei sind wir als Individuen doch ständig in Bewegung und entwickeln uns stetig weiter. Wir werden älter, erfahrener und manchmal auch sensibler oder desillusionierter. Aber eine Garantie gibt es im Leben immer: Nichts bleibt, wie es war. Du bist heute nicht mehr derselbe Mensch wie gestern und wirst auch morgen nicht derselbe sein wie heute. Es sind die kleinen, feinen Nuancen, die sich verändern. Wir haben die Chance, uns gemeinsam weiterzuentwickeln oder uns unweigerlich auseinanderzuleben. Wir können uns jeden Tag dafür entscheiden, an uns selbst und mit den Menschen, die wir lieben, zu arbeiten und zu wachsen. Manchmal überschreiten wir dabei jedoch unsere eigenen Grenzen, weil wir Angst haben, einen Menschen zu verlieren. Ich habe meine eigenen Grenzen oft überschritten, um anderen zu gefallen, um gemocht zu werden. Weil ich dachte, nur wenn ich so bin, bin ich liebenswert. Nur wenn ich etwas leiste, bin ich es wert, geliebt zu werden, so wie ich es brauche. Nur wenn ich mitmache, bin ich nicht langweilig, anstrengend oder uncool. Aber das ist ein Trugschluss. Denn wenn ich dafür geliebt werden möchte, was ich eigentlich nicht bin, werde eigentlich gar nicht ich selbst geliebt. Und das ist – unabhängig davon, ob es sich um eine polyamore oder monogame Beziehung handelt – der Kern des Problems.

Diese Erkenntnis führte mich zu einer tieferen Wahrheit über mich selbst und über die Art und Weise, wie ich Beziehungen führe. Ich habe gelernt, dass es nicht nur darum geht, Liebe zu empfangen, sondern auch darum, Liebe in einer Art und Weise zu geben, die sowohl mir selbst als auch anderen gerecht wird. Es ist ein Tanz zwischen Selbstachtung und Empathie, ein Balanceakt zwischen meinen Bedürfnissen und denen der anderen.

Das Loslassen von traditionellen Vorstellungen hat mir ermöglicht, mehr Authentizität in meinen Beziehungen zu finden. Es ist eine ständige Reise der Selbstentdeckung, wo jeder Schritt, den ich mache, mich sowohl mir selbst als auch den Menschen, die ich liebe, näher bringt. Ich habe gelernt, dass es nicht darum geht, mich zu verbiegen, um in ein bestimmtes Bild zu passen, sondern darum, meine wahre Natur anzunehmen und zu umarmen. Dabei ist es wichtig, Grenzen zu setzen und zu respektieren – sowohl meine eigenen als auch die der anderen. Das erfordert Mut, Ehrlichkeit und manchmal auch die Bereitschaft, unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Es bedeutet auch zu akzeptieren, dass nicht jede Beziehung für die Ewigkeit bestimmt ist. Manche Begegnungen sind flüchtig, aber nicht weniger bedeutsam.

Meine Reise durch die Vielschichtigkeit der Liebe hat mich auch gelehrt, dass es in Ordnung ist, allein zu sein. Alleinsein bedeutet nicht Einsamkeit, sondern kann eine kraftvolle Zeit der Selbstreflexion und des persönlichen Wachstums sein. In diesen stillen Momenten habe ich oft die stärksten Verbindungen zu mir selbst gefunden.

Liebe, in all ihren Formen, ist eine Reise, kein Ziel. Es geht darum, jeden Tag bewusst zu leben, Fehler zu machen, Anteile zu erkennen, seine Werte zu kennen und zu vertreten, sich selbst treu zu bleiben und offen für das Unbekannte zu sein. Es ist eine Reise, die sowohl Freude als auch Schmerz mit sich bringt, aber vor allem eine, die unendliches Wachstum ermöglicht.

Lieb mich oder ich lieb dich!

Wir reden ständig über toxische Beziehungen, Co-Abhängigkeiten und wie schwer es ist, eine toxische Beziehung zu erkennen und sich daraus zu befreien. Social Media, Zeitschriften und Artikel sind voll mit diesen Themen. Es geht überall um Warnsignale, sogenannte Red Flags. Aber weißt du, was mir wirklich Angst gemacht hat? Eine gesunde Beziehung! Nachdem ich die Liebe jahrelang durch eine gerissene Linse betrachtet habe, war meine Vorstellung von dem, was ich glaubte, verdient zu haben, entsprechend verzerrt. Das, was ich hingegen eigentlich verdient habe – nämlich eine gesunde Liebe, in der Muster verlernt werden, die wir in der Vergangenheit erlebt und als die Norm abgespeichert haben –, war für mich absurderweise das Gruseligste überhaupt! Ich dachte schlicht und ergreifend: Das existiert überhaupt nicht, zumindest nicht für mich. Doch irgendwann habe ich mich aktiv gefragt: Warum macht mir das eigentlich so eine unfassbare Angst? Warum gehe ich ständig Beziehungen mit Männern ein, die mich gar nicht wirklich lieben (und ich sie in Wirklichkeit auch nicht)?

Wie ich es geschafft habe, diesen Geisterchen weniger zuzuhören und endlich mein eigenes Bild von Liebe zu basteln und mein eigenes Skript zu schreiben? Eigentlich ist die Antwort ziemlich naheliegend: Ich war erschöpft davon, cis Männern zu helfen und sie zu therapieren. Ausschlaggebend dafür war ein Mann, der mich emotional am ausgestreckten Arm verhungern ließ. Auf den ersten Blick war er total einfühlsam und liebevoll, aber er konnte mir weder seine Liebe gestehen noch meine annehmen. Die Intensität der Gefühle, die ich für ihn empfand, machte ihm Angst, obwohl er ebenso für mich fühlte. Ich hatte so ein starkes Bedürfnis nach Liebe, bekam sie aber nicht von ihm. Ich war verliebt in die Hoffnung, was wir sein könnten, statt zu sehen, was wir wirklich waren. Diese Erfahrung erinnerte mich an meinen Vater, und in der Therapie erkannte ich, dass ich immer noch wie ein Kind versuchte, diesen leeren Raum in mir zu füllen, der eine bestimmte Art von Liebe brauchte. Dass ich mir wünschte, ein Mann würde sich um sich selbst kümmern und auch für mich da sein. Ich bettelte regelrecht darum, geliebt zu werden. Schließlich sagte ich besagtem Mann, dass ich so nicht weitermachen konnte, und beendete die ganze Verbindung. Ich wurde oft von außen kritisiert, dass ich Beziehungen schon nach ein paar Monaten beendete und »zu schnell« wechselte. Ich war jedoch nie ein Fan von Push-and-Pull-Dynamiken oder On-off-Beziehungen, weshalb für mich meist schnell klar war, ob etwas passte oder nicht. Zwar habe ich manchmal zu viel geduldet und einigen Menschen zu viele Chancen gegeben, doch sobald es leidvoll wurde und nur meine Energie verschwendete, bin ich gegangen. Sogar oft ohne jeglichen Groll.

PUSH-AND-PULL-DYNAMIK: Beschreibt das Wechselspiel zwischen dem Wunsch nach Nähe und dem Bedürfnis nach Distanz in Beziehungen.