Liebesbriefe - Napoleon Bonaparte - E-Book

Liebesbriefe E-Book

Napoléon Bonaparte

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Beschreibung

Désirée Clary, die spätere Königin von Schweden, war die erste Geliebte des damals noch unbedeutenden Napoleon Bonaparte. Die junge polnische Gräfin Maria Walewska sowie Marie-Louise von Österreich folgten ihr. Napoleon schrieb ihnen allen hinreißende Briefe, die hier zum ersten Mal auf Deutsch zu lesen sind. Sie dokumentieren Napoleons Aufstieg, seine Schlachten und Siege, offenbaren aber auch bisher ungeahnte, zarte Seiten an ihm und zeigen, dass in seinem Leben als Kaiser der Franzosen erstaunlich viel Zeit für Liebesdinge war. Doch während er militärisch seinen Einflussbereich immer weiter ausbreiten konnte, scheiterte er daran, seine größte Sehnsucht zu stillen: Seine erste Frau Joséphine de Beauharnais blieb der leidenschaftlichen Hingabe ihres Mannes gegenüber stets ein wenig reserviert. Umso hitziger und verzweifelter werden seine Worte; nahezu herzzerreißend liest sich sein Versuch, einen Streit mit drei Küssen zu beenden. Napoleons Liebesbriefe sind ein Zeitzeugnis von unschätzbarem Wert, sie zeigen einen der wichtigsten Männer der europäischen Geschichte in neuem Licht.

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Napoleon Bonaparte

Liebesbriefe

an Désirée, Joséphine,Maria und Marie-Louise

Aus dem Französischenund mit Anmerkungen vonUlrich Kunzmann

INHALT

Briefe an Désirée Clary

Briefe an Joséphine de Beauharnais

Briefe an Maria Walewska

Briefe an Marie-Louise

Anmerkungen

BRIEFE AN DÉSIRÉE CLARY1

Napoleon an Désirée Clary

Oneglia,am 24. Fructidor des Jahres II [10. September 1794]2

Die unwandelbare Sanftmut, die Sie auszeichnet, die glückliche Offenherzigkeit, die nur Ihnen zu eigen ist, erwecken meine Freundschaft, gute Eugénie;* weil mich jedoch Pflichtaufgaben beanspruchten, durfte ich nicht daran denken, dass dieses Gefühl in meiner Seele eine tiefere Spur hinterlassen musste. Da mir zärtliche Leidenschaften fremd waren, sollte ich mich nicht vor dem Vergnügen hüten, das Ihre Gesellschaft bietet. Der Zauber Ihrer Person und Ihres Wesens hat das Herz Ihres Geliebten unmerklich gewonnen. Seitdem haben Sie in meiner Seele gelesen. Sie haben mir Freundschaft versprochen. Es ist wahr, dass Sie sich dennoch beeilt haben, sich von Ihren Freunden zu entfernen.** Mich aber drängt die Pflicht, Sie zu verlassen. Darum werden Sie nicht überrascht sein, dass ich die Entfernung überwinde, indem ich Ihnen mein Herz ausschütte. Es ist Nacht, alles lässt einen aufs Meer wehenden Wind erwarten, und morgen werden wir weitere zehn Meilen entfernt sein. Ich werde nur noch öfter an Eugénie denken, doch wird sie, mit ihrem wankelmütigen Alter und Geschlecht, meine Sorge, meine Leiden, meine Liebe teilen? Gerade wenn man getrennt ist, schwanken die Gefühle und treten besonders hervor. Gehört Eugénie ganz ihrem Geliebten?

Sie sind daheim, Sie haben eine musikalische Begabung. Kaufen Sie ein Pianoforte, nehmen Sie einen guten Lehrer. Die Musik ist die Seele der Liebe, die Süße des Lebens, der Trost der Leiden und die Gefährtin der Unschuld. Ihre Stimme wird sich noch weiter vervollkommnen, und neue Talente werden das Vergnügen Ihrer Freunde vergrößern. Geben Sie gut acht auf sich, Eugénie, seien Sie fröhlich und glücklich. Denken Sie ein paar Augenblicke an Ihren Freund, und berauben Sie mich nicht des Glücks, zwei Worte von Ihnen zu erhalten, wenn Sie Freude empfunden haben, als Sie diesen Brief lasen.

*Bonaparte nannte seine spätere Verlobte »Eugénie«. Ihr vollständiger Name lautete: Bernardine Eugénie Désirée Clary. Die Verlobung fand am 21. April 1795 statt.

**Désirée hatte sich bei ihrer Schwester in Antibes aufgehalten, wo sie Napoleon wiedersah, bevor sie nach Marseille zurückkehrte.

Napoleon an Désirée Clary

Hauptquartier, Port-la-Montagne,*am 16. Pluviôse des Jahres III [4. Februar 1795]

Ich nutze die erste Gelegenheit, die sich mir bietet, um Ihnen zu schreiben. Eine solche Gelegenheit kommt nicht immer, wenn ich es möchte. Ich habe Stunden dafür verwendet, die ich bei Ihnen verbracht hätte, wenn ich in Marseille gewesen wäre, um für Sie eine Musiklehre zusammenzustellen, die Ihnen vielleicht etwas Vergnügen bereiten wird. Ich werde sie an Élisa** schicken, die sie Ihnen geben wird. Beiliegend finden Sie das kurze Bücherverzeichnis; ich hatte vergessen, es Ihnen auszuhändigen. Ich habe das aufgenommen, wovon ich glaube, dass es für Sie am nützlichsten und am angenehmsten zu lesen ist. Ich habe nur sehr wenig Romane und vor allem keine von diesen vergleichenden Darstellungen*** einbezogen, die nie enden. Ich habe überhaupt keine Theaterstücke aufgenommen, wenn Sie nämlich jeden Abend ins Theater gehen, können Sie von selbst einschätzen, was Ihnen besser gefällt. Ihr Verstand wird durch die Lektüre gründlicher ausgebildet. Ihr Gedächtnis wird sich mit Kenntnissen füllen. Sie werden es lernen, die Menschen und die Ereignisse zu beurteilen. Doch davon werden Ihr Herz und Ihre Gefühle nicht bereichert. Die Natur, die es selbst geformt hat, achtete sorgfältig darauf, ihm diese Aufrichtigkeit und Reinheit zu geben und darin dieses Feuer zu entzünden, die Seele der Tugend, des Glücks und der Freundschaft.

Ich wünsche sehr, von Ihnen selbst zu erfahren, welche Wirkung die Werke, die Sie lesen werden, auf Ihre Seele ausüben. Sie werden ohne Künstelei mit mir sprechen und offenherzig schreiben; die Musik ist von allen Talenten dasjenige, das mit den Gefühlen am engsten verbunden ist und die glücklichsten Wirkungen auf das Leben hat. Ich hätte es gern gesehen, dass Sie Ihre Tanzpläne verwirklichten, da Sie ja besser als drei Viertel der Leute tanzen, doch schmeicheln diese die jungen Leute auszeichnenden Talente zuweilen der Eigenliebe, sodass es keine Mühe kostet, sich ihnen zu widmen.

Man wird noch ein paar Tage bis zum Aufbruch**** warten. Alles ist noch nicht bereit. Wenn es die Pflichtaufgaben gestattet hätten, würde ich Sie besuchen, doch ich bezweifle sehr, ob es mir möglich sein wird.

*Am 19. Dezember 1793 hatte die französische Revolutionsarmee unter Führung Bonapartes die Stadt Toulon zurückerobert; danach wurde die Stadt in »Port-la-Montagne« umbenannt.

**Bonapartes älteste überlebende Schwester Élisa hielt sich damals mit den anderen Schwestern und der Mutter in Marseille auf.

***Im französischen Text parallailes anstelle des korrekten parallèles.

****Zu der geplanten Expedition nach Korsika (s. u.).

Napoleon an Désirée Clary

Toulon,am 24. Pluviôse des Jahres III [12. Februar 1795]

Wenn Sie, Mademoiselle, Zeugin der Gefühle wären, die Ihr Brief in mir geweckt hat, so würden Sie sich zu der Einsicht bringen lassen, wie ungerecht Ihre Vorwürfe sind. Wenn ich Ihnen den täglichen Gang meiner Gedanken schilderte, könnten Sie sich noch mehr davon überzeugen, dass die gute Eugénie diesmal ganz unrecht hat. Oft habe ich Grund, zu wünschen, dass Ihre Gefühle der Stärke der meinigen entsprächen. Es gibt keine Freude, die ich nicht mit Ihnen gemeinsam empfinden möchte. Es gibt keinen Traum, an dem Sie nicht zur Hälfte beteiligt sind. Seien Sie darum ganz sicher, es ist ein ungerecht boshafter und grundloser Satz, an den Sie nicht geglaubt haben, als Sie ihn schrieben: dass »die empfindsamste Frau den kältesten Mann liebt«. Ihr Herz strafte ihn Lügen, als ihn Ihre Hand schrieb.

Ich glaube nicht, dass es ganz sicher und sehr bequem für Sie ist, Ihnen postlagernd zu schreiben. Sie hatten mir gesagt, dass es Julie* übernommen habe, Ihnen meine Briefe zu überbringen. Das ist das einfachste Mittel. Bitte lassen Sie mich wissen, ob ich mich künftig dieses Mittels bedienen kann. Ich werde Ihnen oft und ausführlich schreiben. Keine Beschäftigung und kein Vergnügen sind mir angenehmer, und meine Seele hat kein dringlicheres Verlangen.

Saliceti** wird nach Paris zurückgerufen; er wird durch einen anderen Repräsentanten ersetzt. Wahrscheinlich wird das die Expedition*** um ein paar Tage verzögern. Dann werde ich es nicht versäumen, Marseille zu besuchen. Joseph hat Julie geschrieben, dass sie nach Port-la-Montagne kommen soll. Ich meine, dass Sie sie begleiten werden. Joseph hat die Möglichkeit, Sie bei sich unterzubringen; es ist alles eingerichtet, und ich glaube, dass Sie mit dieser kleinen Reise zufrieden sein werden. Das Geschwader hat eine Besichtigung verdient.

Schicken Sie mir Ihre Briefe so, wie Sie es bisher getan haben, doch Sie müssen darauf achten, sie zu nummerieren, damit Sie sicher sind, dass keine abhandenkommen und verloren gegangen sind.

Morgen schreibe ich Ihnen eine kurze Aufstellung über die Noten, die Sie sich beschaffen müssen, um Ihre Fortschritte zu beschleunigen. Ich werde für Sie ein Klavier-Journal abonnieren, das in Paris gedruckt wird, sodass Sie alle zehn Tage ein Musikheft mit den neuesten Melodien erhalten. Ich weiß nicht, ob Ihr Lehrer so gut ist, wie ich es wünsche. Er lässt Sie gewiss alles so singen, wie er damit beginnen musste, Sie die Tonleiter zu lehren.

Gewöhnen Sie sich daran, die Tonleiter mit einer beliebigen Note zu singen. Das verlangt einige Übung und Gewohnheit beim Zuhören und Beherrschen der Stimme. Sie singen zum Beispiel ganz allein C, D, E, F, G, A, H, C, was die von uns verwendete Tonleiter ist. Wenn Sie mit D beginnen und D, E, F, G, A, H, C, D singen, wissen Sie, was dann gewöhnlich geschieht? Dass man D richtig ausspricht, man ihm jedoch denselben Wert wie C gibt, das heißt, dass die Stimme ein Intervall von einem Ton zwischen D und E macht, anstatt nur einen Halbton weiterzugehen. Von E bis F geht sie auch noch einen Ton weiter, was dem DE entspricht, sodass die Kunst darin besteht, D und dann E zu intonieren, das heißt einen Ton Unterschied. Danach F, einen halben Ton, und A, einen Ton. Hierauf muss man E, F, G, A, H, C, D, E singen, das heißt vom ersten Ton zum zweiten durch ein Halbtonintervall übergehen. Zum Schluss singen Sie H, C, D, E, F, G, A, H, das war die Tonleiter der Alten. Befragen Sie Ihren Lehrer über das, was ich Ihnen hierzu sage. Übrigens genügt es, dass man sich daran gewöhnt, sich nach dem Fortepiano zu richten.

Adieu, meine liebe, schöne und zärtliche Freundin.

Grüße, Frohsinn und Gesundheit.

*Marie Julie Clary, seit dem 1. August 1794 mit Joseph Bonaparte verheiratet, übernahm es, Désirée die Briefe Napoleons zu überbringen.

**Antoine Christophe Saliceti (1757–1809), französisch-korsischer Revolutionär. Er hatte Napoleon zum Kommandanten der Artillerie bei der Belagerung Toulons (1793) ernannt. Nach dem Sturz Robespierres (1794) wurde er verhaftet und kam durch eine Amnestie frei; er sorgte dann für die Haftentlassung Bonapartes.

***Die geplante Expedition nach Korsika, um die Insel für Frankreich zurückzugewinnen. Damit beschäftigte sich Bonaparte im Winter 1794/95. Wegen der Überlegenheit der englischen Mittelmeerflotte wurde dieses Unternehmen schließlich nicht durchgeführt.

Napoleon an Désirée Clary

Marseille,am 22. Germinal des Jahres III [11. April 1795]

Ich habe Dir aus Avignon geschrieben, meine liebe Freundin. Gerade erhalte ich Deinen Brief vom 13., der mir die innigste Freude bereitet hat. In jedem einzelnen Deiner Worte habe ich meine eigenen Gefühle, meine eigenen Gedanken wiedererkannt. Unaufhörlich warst Du in meinem Gedächtnis gegenwärtig. Dein Bild hat sich meinem Herzen tief eingeprägt. Ich habe nie an Deiner Liebe gezweifelt, meine zärtliche Eugénie, warum kommst Du auf den Gedanken, dass ich Dich nicht mehr lieben könnte? Ich breche sogleich nach Tarascon auf, und von dort werde ich Dir heute Abend ausführlicher schreiben. Es ist vier Uhr nachmittags. Dein fürs ganze Leben.

Désirée Clary an Napoleon

Avignon,am 19. Floréal des Jahres III [8. Mai 1795]

Jeder Augenblick durchbohrt mir die Seele und entfernt mich von meinem allerliebsten Freund. Doch Du bist in meinem Herzen stets gegenwärtig. Meine Fantasie glaubt, Dich auf allen Wegen zu sehen, die ich entlangkomme. Der Gedanke an Dich folgt mir überallhin und wird mich bis ins Grab verfolgen.

Oh, mein Freund! Könnten Deine Schwüre doch ebenso aufrichtig wie die meinen sein, und könntest Du mich ebenso lieben, wie ich Dich liebe. Nun bist Du vor einer halben Stunde fortgegangen. Die Stunde des Spaziergangs naht, aber mein Freund kommt nicht, um mich abzuholen. Ach! Wie sehr bedauere ich es, dass ich Dich gehen ließ. Aber dieser Augenblick musste kommen, ich musste ja diesen guten Freund verlassen, dem ich nicht sagen kann, wie sehr …

Es bleibt nur der Gedanke, Dich immer treu zu wissen …

Vor einer Stunde bist Du fortgegangen: Sie scheint so lang wie Jahrhunderte …

Von Dir zu hören und die Versicherung zu erhalten, dass Du mich liebst, das ist alles, was mich eine so lange und schmerzliche Abwesenheit ertragen lässt …

Heute waren wir zur gleichen Zeit in demselben Wald, wo wir einen Tag zuvor zusammen waren. Ich kann nicht genau beschreiben, was …

Ich sehe den Wagen nicht mehr. Jeder Augenblick durchbohrt mir das Herz, denn er entfernt mich von Dir … Er entfernt mich von meinem allerliebsten Freund … Von diesem Freund, der … Aber ich folge Dir, gemeinsam mit Dir nehme ich die Extrapost … Meine Fantasie eilt weiter und sieht Dich auf den Wegen, die Du entlangkommst.

Napoleon an Désirée Clary

An die Bürgerin Eugénie Clary, MarseilleAn Eugénie

Avignon,am 20. Floréal des Jahres III [9. Mai 1795],mittags

Ich komme in Avignon an und bin tief betrübt, wenn ich daran denke, dass ich so lange fern von Dir sein muss. Die Straße kam mir recht widerwärtig vor. Allein die Hoffnung, dass meine gute Eugénie oft an ihren guten Freund denken und ihm die liebevollen Gefühle bewahren wird, die sie ihm versprochen hat, kann meinen Schmerz lindern und meine Lage erträglich machen.

Vor Paris werde ich keinen Brief von Dir erhalten. Das wird dafür sorgen, dass ich den Weg so schnell wie möglich zurücklege. Richte es so ein, dass ich wenigstens welche erhalte, sobald ich angekommen bin.

Die Überschwemmung der Durance hat mich daran gehindert, früher hier einzutreffen.

Ich konnte auch nicht den Auftrag für Deine Mama erledigen, denn ich war so unbesonnen, das Gesuch und die Beglaubigungsschreiben zu vergessen.

Morgen Abend werde ich in Lyon sein.

Adieu, meine liebe und zärtliche Freundin. Grüße und Liebe von dem, der fürs ganze Leben der Deine ist.

N. Bp.

Adr.:

An General Buonaparte, Kommandeur

der Artillerie der Westarmee.

Gegenwärtig in Paris, postlagernd.

Désirée Clary an Napoleon

[Mai 1795]

Ich schreibe Dir, ohne zu wissen, wo und wie Dich mein Brief erreichen wird. Ich weiß nicht, warum Du vergessen hast, mir Deine Adresse zu schicken. Du hättest selbst, wenn Du gewollt hättest, aus Aix ein paar Worte an Deine liebe Freundin Eugénie schreiben können, die seit Deiner Abreise in größter Trauer, in tiefstem Schmerz leidet, die keine Ruhe findet, der alles missfällt, die fern von ihrem Freund, den sie sehr liebt, alles beunruhigt. Du weißt, wie sehr ich Dich liebe, doch ich kann es Dir nie so gut sagen, wie ich es fühle. Trennung und Entfernung vermögen nichts gegen das Gefühl auszurichten, das Du in mir geweckt hast. Alle meine Gedanken, meine Vorstellungen, mit einem Wort, mein Leben, gehören Dir.

Ein mit Joseph befreundeter Repräsentant ist eingetroffen. Er hat uns erzählt, dass man sich in Paris gut amüsiert. Ich hoffe, dass Dich die lauten Vergnügungen dieses Landes nicht die ruhigen und ländlichen Freuden Marseilles vergessen lassen und dass die Promenaden im Bois de Boulogne mit Madame T…* nicht den Spaziergang aus Deinem Gedächtnis verbannen werden, den Du am Flussufer mit Deiner lieben, kleinen Eugénie gemacht hast, und sie will Dir nicht ans Herz legen, treu zu sein.

Schreib mir so bald wie möglich, nicht, um mich über Deine Zuneigung zu beruhigen – unsere Herzen sind viel zu innig vereint, als dass sie sich jemals trennen könnten –, sondern über Deine Gesundheit, die nicht sehr gut war, als Du aufgebrochen bist, was noch zu dem Kummer hinzukommt, dass wir getrennt sind.

O mein Freund! Gib acht auf Dein Leben, damit Du dasjenige Deiner Freundin Eugénie bewahrst, die nicht ohne Dich leben könnte. Halte mir gegenüber ebenso treu den Schwur, den Du mir geleistet hast, mich zu lieben, wie ich den halten werde, den ich Dir geleistet habe, nicht fortzugehen. Joseph hat mir Deine Adresse gegeben, sonst wäre es mir sehr schwergefallen, Dir zu schreiben. Wenn Du die Adresse änderst, schreib es mir bitte, damit ich Dich über alles unterrichten kann, denn ich hoffe, dass Du von Deiner Seite alles tun wirst – wie ich es von meiner Seite tue –, was den Augenblick unseres Bundes fürs Leben näher bringen kann. Vergiss nicht, was Du mir versprochen hast, schick mir so bald wie möglich Dein Bild …

Ich weiß nicht, ich habe düstere Vorahnungen, ich will hier enden, weil ich Angst habe, sie Dir mitzuteilen. Lieb mich immer aufrichtig. Alle anderen Missgeschicke werden mir nichts bedeuten.

Als ich gerade meinen Brief beende, erfahre ich, dass Joseph einen von Dir erhalten hat. Ich beeile mich, um zu sehen, ob einer gekommen ist von meinem …

Was unsere Angelegenheiten betrifft, so gibt es nichts Neues seit Deiner Abreise. Der Pass wurde nicht gefunden. Das wird Joseph noch etwas mehr bekümmern.

Aber mit Geduld wird man mit allem fertig. Du wirst, wenn der Kummer, den Du empfindest, dem meinen gleich ist …

Ach, mein guter Freund! Wenn man fern von dem ist, was man liebt, dann missfällt und beunruhigt einen alles.

Wenn Du wüsstest, wie sehr ich Dich liebe. Wie grausam ist der Kummer, von seinem Freund getrennt zu sein, und wie groß ist das Verlangen, sich mit ihm zu vereinen, wenn man wahrhaftig liebt.

*Thérésia Cabarrus (1773–1835), berüchtigte und einflussreiche, als »Madame Tallien« bekannte Kurtisane der Revolutionszeit.

Désirée Clary an Napoleon

[Am 21. oder 22.] Mai 1795

Du musst einen meiner Briefe vom 22. [Floréal]* erhalten haben. Ich habe Deinen vom 20. bekommen. Er hat mich in Bezug auf Deine Gesundheit beruhigt, über die ich mir große Sorgen gemacht hatte. Ich zweifle nicht, dass Du meine Sorge teilst, fern von Dir zu sein. Diese Vorstellung lindert meinen Schmerz. Er nimmt jeden Tag zu, weil ich Dich jeden Tag mehr vermisse.

Ich habe alles verloren, als ich mich von Dir trennte. Teilst Du nicht einen solch tiefen Kummer? Du siehst ja, wie begründet Deine Hoffnungen sind: Ja, mein Freund, Du kommst mir nie aus dem Sinn, und meine Gefühle für Dich werden erst mit meinem Leben enden.

Doch ich sage es Dir noch einmal, ich könnte nicht leben, ohne Dich zu lieben, also ohne es Dir zu sagen und ohne zu sehen, dass Du davon überzeugt bist. Wie kannst Du eine solch zärtliche Liebe nicht teilen? Ja, mein Freund, ja, ich glaube, dass Du mich liebst. Mir ist diese Hoffnung teuer. Sie ist für mich lebensnotwendig: Ohne Dich, ohne Deine Liebe würde mir das Leben nichts mehr bedeuten.

Deine Schwestern haben, wie sie mir gesagt haben, Briefe von Dir aus Lyon erhalten. Ich bin erstaunt, warum hast Du nicht an die gute Eg** geschrieben? Wenn ich daran denke, dass Du sie hassen könntest! Diese Vorstellung lässt mich erschaudern! O mein Freund: Nein, Du wirst niemals die Frau hassen, die Dich stets innig liebt, Désirée.

Schreib Deiner Freundin.

Das ist das Einzige, was sie diese grausame Trennung ertragen lassen kann. Ich kann Dir nicht dringend genug ans Herz legen, mir Dein Bild zu schicken: Es wird für Deine Freundin ein überaus großer Trost sein.

Joseph bemüht sich, den Pass zu erhalten. Ich glaube, es wird ihm gelingen. Ich habe erfahren, dass mein Bruder meinen Brief bekommen hat, und ich könnte jeden Tag seine Antwort erhalten. Adieu, Du am meisten Geliebter aller Menschen. Ach! Das ist kein Adieu, mit dem man sich bis morgen verabschiedet, es ist ein Adieu für ich weiß nicht wie lange Zeit.

*11. Mai 1795.

**Eugénie.

Napoleon an Désirée Clary

An Eugénie

Paris,am 14. Prairial des Jahres III [2. Juni 1795]

Ich habe Deine zwei entzückenden Briefe bekommen, sie haben mir das Herz erfrischt und es einen Augenblick des Glücks genießen lassen. Ein trauriges Trugbild, das Dein Fernsein und die ungewisse Zukunft ausgelöscht haben. Doch ich fühle deutlich, dass man nicht unglücklich sein kann, wenn man von meiner guten Freundin geliebt wird. Bei Marmont* in Châtillon habe ich hübsche und sehr liebenswürdige Frauen gesehen, aber keine konnte in meinen Vorstellungen einen Augenblick den Vergleich mit meiner zärtlichen und guten Eugénie aushalten. Die aufeinanderfolgenden Entscheidungen werden, glaube ich, mein Bestimmungsziel ändern. Ich bin noch für ein paar Dekaden in Paris. Ich beschwöre Dich, lass keinen Tag vergehen, ohne mir zu schreiben, ohne mir zu versichern, dass Du mich weiter liebst, umso mehr, als dies meine Entscheidungen beeinflussen kann. Adieu, meine anbetungswürdige Freundin. Ich werde Dir heute Abend schreiben. Dein Freund.

*Auguste Viesse de Marmont (1774–1852), französischer Militär, Artillerieoffizier, lernte Napoleon bei der Belagerung von Toulon (1793) kennen und wurde dessen Adjutant beim Italienfeldzug (1796).

Napoleon an Désirée Clary

Paris,am 16. Prairial des Jahres III [4. Juni 1795]

Keine Briefe mehr von Dir,* meine anbetungswürdige Freundin. Wie konntest Du mir elf Tage lang nicht schreiben? Hast Du etwa diese ganze Zeit verbracht, ohne an mich zu denken? Ich schicke Dir Romanzen, die hübsch und traurig sind. Du wirst sie gern singen, wenn allerdings Deine seelische Stimmung der meinen entspricht. Ich werde noch einige Zeit hierbleiben. Schreibe mir schnell und befreie mein Herz von der Ungewissheit, in der es Dein Schweigen lässt. Wenn Du nur gleichgültig an Deinen Freund dächtest, hättest Du Dich gründlich geändert und wärest ganz ungerecht. Dein Bild ist für mich mit dem der Vergnügungen der Hauptstadt verbunden. Adieu, gute und schöne Freundin. Grüße und Liebe.

*Bonaparte weiß noch nicht, dass Désirée Anfang Juni zusammen mit Joseph und Julie Bonaparte überstürzt nach Genua abreisen musste.

Napoleon an Désirée Clary

Paris,am 19. Prairial des Jahres III [7. Juni 1795]3

Ich erhalte Briefe von überallher, von allen Leuten und keine von Ihnen, Mademoiselle. Wäre es Ihnen schon gleichgültig geworden, mir zu schreiben, und interessiert es Sie nicht mehr, von mir zu erfahren, wie es mir geht? Ich weise diesen Gedanken von mir, der mein Leben vergiften und mein Herz verletzen würde. Wenn Sie nicht fühlen, wie viel Kummer mir Ihr Schweigen bereitet hat, so empfinden Sie etwas Derartiges nicht. Ich kann nicht bei solchen Gedanken stehen bleiben, die die stets gegenwärtige Erinnerung an jenen bezaubernden Abend und jene Spaziergänge zerstören, als uns die Liebe vereinte, ohne uns zufrieden zu stellen, und uns in einen Hoffnungstaumel versetzte. Paris wäre zusammen mit meiner Eugénie sehr fröhlich, ohne sie ist es traurig. Gerade habe ich gehört, wie man Stücke Sapphos vortrug, die ich Dir schicke, meine liebe Freundin. Ich bin sicher, dass sie Dir gefallen. Die Liebe machte Sappho unglücklich. Sie starb an Liebeskummer, nachdem sie nur als Opfer der Liebe gelebt hatte.* Wann haben wir uns nicht mehr über sie zu beklagen? Adieu, Schöne und Gute.

*Sappho, die größte griechische Lyrikerin der Antike (um 600 v. u. Z.), soll sich wegen ihrer unglücklichen Liebe zu dem schönen Phaon von einem Felsen gestürzt haben.

Napoleon an Désirée Clary

Paris,am 26. Prairial des Jahres III [14. Juni 1795]

Du bist nicht mehr in Frankreich, meine geschätzte Freundin; waren wir denn nicht weit genug voneinander entfernt? Du hast Dich entschlossen, uns durch das Meer zu trennen! Ich tadele Dich darum nicht; ich weiß, dass Deine Lage zu schwierig war, und Dein letzter Brief hat mich lebhaft betrübt, weil Du Deine Leiden anrührend schilderst. Zärtliche Eugénie, Du bist jung. Deine Gefühle werden zuerst nachlassen, sie bekommen eine andere Richtung, und etwas später findest Du Dich selbst verändert. So ist die Macht der Zeit. So ist die unheilvolle, unfehlbare Wirkung des Fernseins. Ich weiß, dass Du Anteilnahme für Deinen Freund bewahren wirst, doch das wird nur noch Anteilnahme, Achtung sein. Glaube nicht, dass ich Dir Ungerechtigkeit vorwerfen kann. Sei glücklich, und Dein guter Freund entschuldigt Dich. Ein von den Stürmen der Leidenschaften des Mannesalters verletztes Herz war Deiner nicht würdig. Es gibt einen Augenblick im Leben, den man nicht wiederfindet, wenn man die Menschen zu gründlich kennengelernt hat, wenn man sie nicht mehr schätzt und wenn die Tugend zu einem Problem wird, die Seele ausgebrannt und verdorrt ist, selbst wenn sie sich vielleicht in ihrer Morgenstunde befindet. Wenn Du ein zweites Mal lieben solltest, muss der Erste, dem Du sagst, »ich liebe Dich«, die dem Mann angemessene Tatkraft mit einem vollkommenen und absoluten Rausch vereinen. Weise den weit von Dir, der die sittliche Regung berechnen würde, die Du in ihm wecken würdest, und der sein Glück nicht als so ewig wie den unendlichen Gedanken ansehen würde. Derjenige, der sich nicht allein der Rührung des köstlichen Liebesgefühls hingeben würde, darf nicht Dein Geliebter sein. Mit einer feurigen Fantasie, einem kalten Kopf, einem launenhaften Herzen und trübsinnigen Neigungen kann man unter den Menschen wie ein Meteor glänzen und gleich ihm verschwinden. Wenn man das Leben verachtet, ist es keine Tugend, tapfer zu sein. Inmitten der Grausamkeit und Unsittlichkeit der Menschen kann man einiges Gute tun, ohne dass es sehr verdienstvoll ist. Wenn mir also ein paar von den Menschen geschätzte Vorzüge Deine Liebe eingebracht haben, werde ich ohne eine rückwärtsgewandte Regung sehen, wer tugendhafter ist und ähnlichere Gefühle bekundet, die besser geeignet sind, Dir Dein zukünftiges Glück zu verbürgen. Darum, meine einzige Freundin, lasse ich nicht den Schwur ewiger Liebe gelten, den Du in Deinem letzten Brief wiederholst, doch ich ersetze ihn durch den einer unangreifbaren Offenherzigkeit. Schwöre es, mir zu sagen, wenn der Tag gekommen ist, an dem Du mich nicht mehr liebst. Ich leiste denselben Schwur. Ja, ein Geliebter, der Dich glücklich macht, den ich eingestehen kann, ohne zu erröten, und er wird mein Bruder sein. Wenn die Umstände unsere Schicksale so verbunden hätten, wie es unsere Seelen sind, hättest Du Dich vielleicht an die Launenhaftigkeit Deines Geliebten gewöhnt. Er ist das Gegenteil der anderen Menschen. Er hat dort begonnen, wo der große Haufen endet, und er hat dort geendet, wo die anderen beginnen. Mit beinahe 26 Jahren hat er Armeen mit einigem Erfolg kommandiert, und heute gehört er ganz seiner Liebe, die sein Lebensglück ausmacht. Tröste Dich über die Widerwärtigkeiten hinweg, die wir durchmachen. Wenn es Möglichkeiten gibt, dass wir zusammenkommen, so nenne sie mir. Es gibt nichts, was ich nicht für meine anbetungswürdige Eugénie unternehmen würde. Doch wenn uns das Schicksal feindlich ist, so denke nur an Dich, an Dein Glück: Es ist wertvoller als meines. Es gibt Umstände, unter denen ich mich verhärten, das Glück ebenso wie das Leben gering schätzen und ein moralisches Übel – zum Beispiel Deinen Verlust – wie eine Kanonenkugel ansehen kann, ohne mich einschüchtern zu lassen, Du aber, die so naiv wie jung ist, Du hast noch den ganzen Raum der Gefühle und Illusionen vor Dir. Von einem Moment, ein paar Augenblicken der Freude und vom Rausch der Hoffnung musst Du Dich für immer lossagen. Ich werde noch lange in Paris bleiben. Ich bin bei sehr guter Gesundheit. Alle sind ruhig, das Brot ist sehr teuer, und die Assignaten sind stark entwertet. Doch alle schlagen sich recht und schlecht durch. Adieu, meine zärtliche Freundin. Schreib mir, wie es Dir geht. Antworte mir, dass Du mich noch liebst.

Napoleon an Désirée Clary

Paris,am 6. Messidor des Jahres III [24. Juni 1795]

Seit sehr langer Zeit habe ich nichts von Dir gehört, meine zärtliche Freundin. Seitdem Du in Italien bist, denkst Du also nicht mehr an die, die sich so lebhaft für Dein Schicksal interessieren? Wenn es sich so verhält, hättest Du Dich sehr schnell verändert. Ich werde noch lange hierbleiben. Dabei erwarte ich voller Ungeduld, von Dir zu hören. Ich habe noch nicht erfahren, dass Du in Genua angekommen bist. Auf See hast Du gewiss viel gelitten. Ich weiß, wie sehr Dir das nasse Element zuwider ist. Mein Bruder schreibt mir, dass er sich Euch ebenfalls anschließen will. Ihr werdet alle zusammen sein. Seid glücklich. Das wird Deine Erinnerungen an die schönen Spaziergänge neu beleben, die wir in diesem Frühling gemacht haben. Du wirst nicht den Wald mit der düsteren Vorahnung und die ländliche Gegend vergessen, in der wir einen überaus schönen Abend verbrachten, der sich nur von der Inspiration heraufbeschwören lässt und der sich nicht wiederholen wird.

Luxus und Vergnügungen haben sich in Paris erstaunlich wiederbelebt, doch ich versichere Dir, dass es nichts davon gibt, woran ich mich allzu sehr beteilige. So etwas kann ich nur zusammen mit meiner guten Eugénie genießen. Paris ist vollkommen ruhig. Brot ist für das Volk knapp und für diejenigen sehr teuer, die es bezahlen können. Das Pfund kostet sechzehn Sous. Trotzdem lebt man fröhlich. Dieses Volk hier ist immer dasselbe: Man diskutiert gerade die Verfassung, die offenbar auf vernünftigen Grundsätzen beruht. Vielleicht wird sie das Schicksal dieses unwandelbaren Volkes festlegen. Übrigens habe ich in den Landgebieten zwischen Marseille und Paris keine Spuren der Tollheiten und Schändlichkeiten gefunden, die man in Marseille begangen hat. Bei der nächsten Gelegenheit schicke ich Dir mein Bild, Deines verlässt mich nie. Es vergegenwärtigt mir die glücklichen Augenblicke, die wir zusammen verbracht haben. Adieu, meine liebe und zärtliche Freundin. Ich wünsche Dir Glück und möchte, dass Du Dich ein wenig an den erinnerst, der Eugénie fürs ganze Leben gehört.

Désirée Clary an Napoleon

Am 18. Messidor des Jahres III [6. Juli 1795]

Nun bin ich in diesem verdammten Vaterland! Oh, mein guter Freund! Du bist gewiss sehr böse auf mich und behandelst mich als Kind, aber Du musst ja auch einsehen, dass mich die Umstände hierzu gezwungen haben. Außerdem glaube ich, mein lieber Freund, dass es dem Schicksal gefällt, unser Glück zu stören. Meine Bestimmung, o mein Freund!, ist es, Dich immer zu lieben. Möge Deines dem meinen gleich sein, und hoffentlich kannst Du immer für Deine Freundin die gleichen Gefühle haben. Ja, manchmal kann ich mich überzeugen, dass Du mich noch liebst. Doch wenn ich über alles nachdenke, was Du mir für den Fall gesagt hast, dass ich nach Italien gehe, ach! Wie vergänglich diese Illusion ist, und wie dauerhaft die Leiden sind, die auf sie folgen!

Dennoch, mein Geliebter, wenn Du mir gerecht werden willst, wirst Du sehen, dass Eugénie nicht schuldig, sondern nur unglücklich ist! Wenn Du wüsstest, wie ich leide. Ich weiß nicht, wo ich mit meinen Gedanken verweilen soll. Ich schwanke zwischen Furcht und Hoffnung. Kurz, alle Qualen der zärtlichen Seelen sind in meinem Herzen vereint. Du allein, o mein Freund!, kannst mich aus dieser entsetzlichen Lage befreien, wenn Du mir schreibst, dass Du noch ein wenig Zuneigung für mich empfindest; doch wenn Dir Eugénie teuer war, warum sollte sie es heute nicht mehr sein? Italien hat mein Herz nicht verändert; o mein Freund!, ich liebe Dich noch mehr, wenn dies möglich ist. Du bist der einzige Gegenstand meiner Gedanken. Ich seufze, wenn Du abwesend bist. So ist alles in meiner Seele traurig, und es gibt keinen einzigen Augenblick, der nicht Dir gehört. So verzögert sich unser Glück, lieber Freund, das ist wahr, aber nicht für immer. Wenn Du mich ebenso lieben willst, wie ich Dich lieben werde, wird es darauf warten, dass uns glücklichere Ereignisse vereinen. O mein Freund! Als ich Dir gerade schrieb, ist Joseph zusammen mit Julie angekommen. Sie haben mir das Leben zurückgegeben, sie haben mir vier Briefe von Dir gebracht. Wie eifrig ich sie gelesen habe! Wie groß meine Freude war, o mein Freund!, als ich gesehen habe, dass Du mich gerecht behandelt hast. Aber der Zweifel, aber, sagst Du, die Trennung hindern mich daran, Gefühle für Dich zu haben. O mein Freund! Wie sehr betrübt mich dieser Zweifel. Ich möchte Dich überzeugt sehen, dass ich Zärtlichkeit und Liebe fürs ganze Leben bewahren würde und dass Eugénie stets für Dich außer der Achtung die zärtlichste Liebe empfinden wird. Alles, was Du mir über den sagst, den ich lieben könnte, ist unnütz: Du weißt genau, dass ich nur Dich lieben kann. Dir allein, o mein Geliebter!, werde ich zeitlebens sagen: »Ich bete Dich an.« Du bist nicht einverstanden, es mir zu sagen. Die Schwüre, die ich in meinem letzten Brief geleistet habe, nehme ich nicht zurück, sondern wiederhole sie Dir, und ich lasse den nicht gelten, den Du mir leistest, wo Du doch weißt, o mein einziger Geliebter!, dass ich niemals in der Lage sein werde, ihn Dir zu leisten. Wolle der Himmel, dass auch Du niemals in diese Lage gerätst und dass der einzige Schwur, den wir einander leisten, der ist, uns immer zu lieben.

Was mich betrifft, o mein guter Freund!, so schwöre ich Dir, nur Dich zu lieben und nur Dir zu gehören. Wenn Du mir den gleichen Schwur leisten willst, so weiß ich, dass der Tag kommt, an dem wir uns wiedersehen, und er wird uns fürs ganze Leben vereinen. Einstweilen, mein guter Freund, möge ein Briefwechsel, wenn das möglich ist, unsere Trennung lindern.

Napoleon an Désirée Clary

Paris,am 23. Thermidor des Jahres III [10. August 1795]

Ich habe erst heute, Mademoiselle, Ihren Brief vom 18. Messidor* erhalten. Er macht mir die gleiche Freude, die Ihnen offenbar die Briefe gemacht haben, die Sie erhalten haben. Ich war nicht über die Gefühle überrascht, die darin geschildert werden. Ich urteile nach mir selbst, und außerdem wusste ich, dass sich diese Wandlung nicht aus einer zweimonatigen Trennung ergeben konnte. Wenn Sie mir schreiben oder an mich denken, müssen Sie sich daran erinnern, dass Sie sich mit Ihrem besten Freund unterhalten, mit demjenigen, der sich am meisten für Ihr Glück interessiert. Darum sind Sie ihm schuldig, ihm uneingeschränkt anzuvertrauen, wie es um Ihre seelische Stimmung steht. Da Sie noch jung sind, können Sie nicht glauben, dass Ihr Schicksal unwiderruflich gebunden und festgelegt sei. Wenn daher zuerst die Freundschaft, dann Anteilnahme und Liebe Sie mit einem Ihrer Gefährten vereinten und wenn er dieser Wahl würdig ist, dürfen Sie mich nicht, sobald er Sie glücklich macht, als einen Richter ansehen, der von Ihnen Rechenschaft über Ihre ersten Schwüre verlangte. Wir dürfen nichts von der Zukunft verlangen, meine liebe Freundin, sondern alles von der Gegenwart, das ist das geeignete Mittel, um nichts zu bedauern, weil man dann keine traurigen, mit unserer Natur unvereinbaren Überlegungen anstellt. Die Zeit reißt die Reiche nieder, zerstört die Welt und verändert alle unsere Angelegenheiten. Also ist es ganz notwendig,** die Zukunft vorwegnehmen und im Voraus beurteilen zu wollen. Alles, was wir tun müssen, besteht darin, die Gegenwart zu genießen, und das Schicksal entscheidet über die Zukunft.

Was mich betrifft, so musst Du trotzdem ganz ruhig sein. Du darfst nicht daran zweifeln, dass ich Dich liebe, oder Du wärest zugleich mir und Dir selbst gegenüber ungerecht. Doch ich will auf keinen Fall, dass Du Deiner Seele Gewalt antust, dass Du Dir Pflichten auferlegst usw., dass Du Dir im Herzen sagst: »Ich gehöre gar nicht mir, ich habe versprochen, zu lieben.« Nein, meine gute Freundin, gib Dich dem richtigen Gefühl hin, der süßen Wohltat, das zu lieben, was es in Deiner Nähe gibt. Wenn sich jemand findet, dem sich Dein Herz öffnet, bei dessen Anblick sich Dein Geist verwirrt und Deine Vernunft nachgibt, so tu Dir deshalb keinen Zwang an, liebe und sei glücklich. Du weißt, dass mein Schicksal von den Wechselfällen der Kämpfe abhängt, dass es Ruhm oder Tod ist […] in jedem Augenblick. Dadurch hat sich mein Herz formen lassen, und meine Seele ist deshalb heftigen Regungen gefolgt, und wenn die gute Eugénie darin herrscht, darf dies doch nur so lange gelten, bis ihr eine andere, Neuere, Sanftere, Jüngere das Leben teurer und das Glück liebenswerter machen sollte.

Dieses Land ist das der Illusionen und Deiner Geschlechtsgenossinnen. Sie sind hier ebenso schön wie alle Romane […], ebenso gut unterrichtet wie Gelehrte […]. Die Toilette, die schönen Künste und die Vergnügungen teilen sich ihre ganze Zeit. In Paris ist man Philosoph, Liebhaber, Höfling und Künstler. Doch was all diese so überaus leichtfertigen Frauen kennzeichnet, ist, dass sie Ruhm und Kühnheit in erstaunlichem Maße lieben. Sie sind es wahrhaftig, die der Nation diese […] an Mut geben, der sie […] macht, um Europa zu erobern. Hier ist jede Frau stolz auf die Kühnheit ihres Kavaliers; all das vereinen sie meistens mit einem stürmischen Hang zum Royalismus, und ihre Bemühungen und Vergnügungen bestehen darin, rechtschaffene Leute für ihre Sache zu gewinnen. Du musst deutlich erkennen, dass diese Schilderung der Wahrheit entspricht und nicht dasjenige ist, dem ich folge. Für mich gibt es nur eine Eugénie.

Denken Sie an Ihre Freunde, schreiben Sie mir nach Paris wie nach Marseille oder wie nach Genua. Ganz der Ihre. Vielleicht wird es, noch bevor ein Monat vergangen ist, zweihundertfünfzig Meilen weniger zwischen uns geben, vielleicht werden wir so nahe beieinander sein, dass uns keine acht Meilen trennen.

*6. Juli (s. o.).

**Gemeint ist: nutzlos.

Désirée Clary an Napoleon

Am 13. Fructidor des Jahres III [30. August 1795]

Ich bin erstaunt, mein guter Freund, dass Du den Brief noch nicht erhalten hast, den ich Dir gleich nach meiner Ankunft in Genua geschrieben und dem Kapitän übergeben habe, der ihn nach Marseille gebracht hat. Aber noch mehr erstaunt mich, dass Du immer noch an meiner Zuneigung zu Dir zweifelst. Wie kannst Du einen Augenblick denken, dass Du nicht mehr der Freund Eugénies bist und dass sie nicht mehr an Dich denkt? Oh! Wie schlecht urteilst Du über das Herz Deiner Freundin! Doch Du musst meinen Brief erhalten haben, und Du darfst nicht mehr daran zweifeln, dass dieses Herz Dir gehört und dass es immer dabei bleiben wird.

Ich habe Deinen Brief vom 6. Messidor* erhalten. Du teilst mir darin mit, dass Du noch nichts über meine Ankunft in Italien erfahren hast, und das schreibst Du meiner Vergesslichkeit zu. Wann wirst Du indes Deine Freundin gerecht behandeln? Und wann sehe ich, dass Du von meiner Liebe zu Dir überzeugt bist und dass ich sie zeitlebens empfinden werde. Ich hatte keine große Angst vor dem Meer, doch ich habe auf diesem unseligen Schiff, das mich immer weiter von meinem lieben Freund entfernte, schlimm gelitten. Wir haben acht Tage für die Überfahrt gebraucht, und wir waren an Bord der Thémis, desselben Schiffes, das Du in Toulon besteigen solltest. Zu unserer Freude haben wir Joseph und Julie seit einiger Zeit bei uns. Es ist wahr, dass es mich sehr freut, mit so guten Freunden zusammen zu sein. Aber glaube ja nicht, dass ich glücklich bin: Kann ich es fern von Dir sein? Die Erinnerung an unsere bezaubernden Spaziergänge ist in meinem Herzen ständig gegenwärtig, ebenso wie der Wald mit der düsteren Vorahnung. Ach! Sie war nur zu sehr begründet, denn wir müssen so lange getrennt sein, das Schicksal hat es so gewollt. Wir müssen hoffen, dass es ihm eines Tages gefällt, uns zu vereinen. Lieben wir immer weiter, und hoffen wir darauf.

Die Vergnügungen hier sind nicht denen von Paris gleich, obwohl es nicht an Gesellschaft, Schauspielen, Bällen fehlt. Doch darauf kommt es mir wenig an, all diese Unterhaltungen können mir fern von Dir nicht angenehm sein, lieber Freund. Da ich Deine Vorliebe für die Erziehung dieser Lyoner Damen kenne und da es hier sehr wohlerzogene gibt, suche ich zuweilen gern ihre Gesellschaft auf, wobei ich durchaus meine, dass es Dir angenehm wäre, wenn ich ihren Ton und ihr Auftreten bei Gesellschaften annähme.

Du erzählst mir nichts über Madame Tallien. Bitte sage mir, was es Neues von ihr gibt. Ungeduldig warte ich auf Dein Bild; ich werde Dich an meinem Herzen tragen und damit die einzigen angenehmen Augenblicke verbringen, die ich fern von Dir genießen kann.

Ich danke Dir für die hübschen Romanzen, die Du so freundlich warst, mir zu senden. Ich finde sie entzückend. So viele entdecke ich darunter, die unserer Lage entsprechen. Allerdings glaube ich, dass wir nicht unglücklich wie Tom und … sein werden. Stell Dir vor, dass es in einer großen Stadt wie Genua nicht einmal einen guten Klavierlehrer gibt. Doch es gibt gute Gesangslehrer; ich beschäftige mich eifrig mit Musik.

Adieu, mein guter Freund, liebe mich stets so, wie ich Dich liebe, das heißt so sehr, wie man lieben kann, und wenn Du meine Briefe nicht pünktlich erhältst, gib die Schuld nicht mir, sondern der Post, die Briefe nicht pünktlich und manchmal überhaupt nicht zustellt. Aber ich sage es Dir noch einmal, schreibe es nie einem Sinneswandel von mir zu, der erst kommen wird, wenn ich nicht mehr denken werde!

*24. Juni (s. o.).

Napoleon an Désirée Clary

Paris,am 14. Fructidor des Jahres III [31. August 1795]

Ich habe Deinen bezaubernden Brief erhalten, meine liebe Freundin. Er macht mir solche Freude, wie sie stets die Erinnerung an Dich in mir erregt. Inmitten der lärmenden Vergnügungen dieser riesigen Gemeinde denke ich oft an meine liebenswerte Eugénie. Meine Gedanken fliegen über die Meere, trotzen den Qualen, die mit der Entfernung verbunden sind, und eilen zu Dir, um auszuruhen.

Ich habe mit Interesse erfahren, dass Du Freundinnen in Genua hast und oft die Gesellschaft aufsuchst, nicht die jener trübseligen und griesgrämigen Herrschaften, sondern einiger liebenswürdiger Lyoner Damen. Dort wirst Du gewiss auch einen liebenswürdigen Lyoner finden. Sie sind gewöhnlich gut gewachsen.

Du siehst: Wenn Du gewollt hättest, mit mir zu kommen, wärest Du nicht in den Krieg gezogen, wie Du dachtest. Ich bin immer noch in Paris und beim Wohlfahrtsausschuss bei der Leitung der Armeen beschäftigt. Dies beansprucht mich von zwei Uhr nachmittags bis vier Uhr und von ein Uhr nach Mitternacht bis zwei Uhr. Ohne mir Zwang anzutun, hätte ich allerdings ausreichend Zeit gehabt, um meiner Freundin die Sehenswürdigkeiten dieser prächtigen Stadt und die Gesellschaften charmanter Pariserinnen zu zeigen. Doch sie wollte ja nach Italien reisen, sie hatte Genua lieber als Paris und zog einen Bruder einem Geliebten vor. Das nennt sich Klugheit und Vernunft, ja, Vernunft. Was werden das zärtliche Gefühl, die Seelenrührung, das Liebesfeuer bei ihr? Pfui! Du Böse! Du hast die Freundschaft der Liebe vorgezogen!

Vorgestern Abend habe ich bei Madame T.* gespeist. Sie ist immer noch recht liebenswürdig, doch ich weiß nicht, welches Verhängnis bewirkt hat, dass ihre Reize, wie ich es sehe, verblasst sind. Sie ist ein wenig gealtert. Sie würde Dich gern haben, wenn sie Dich kennen würde. Bei diesem Essen habe ich ein Kränzchen von ungefähr zwanzig Frauen beobachtet.

Bei ihr sehe ich immer nur hässlichere und ältere Frauen. Hier, meine gute Freundin, gibt es eine gewisse geistige Unruhe, aber im Übrigen ist alles ganz friedlich. Wir müssen hoffen, dass es gut gehen wird. Der Überfluss ist zurückgekehrt, es herrscht eine heitere und glänzende Stimmung, und die Vergnügungen reizen dieses unbeschreibliche Volk. Was mich betrifft, so versichere ich Dir, wenn ich fern von Dir glücklich sein könnte, so wäre ich es. Ich habe Freunde, werde sehr geschätzt, nehme an Festen und Ausflügen teil. Doch fern von meiner zärtlichen Eugénie kann es für mich zwar einiges Vergnügen und manche Genüsse, aber kein Glück geben. Genießen wir darum ganz schnell, meine gute Freundin, beeilen wir uns, glücklich zu sein, die Zeit fliegt, die Jahreszeiten erneuern sich, und das Alter kommt. Ich küsse Dich eine Million Mal. Dein lieber Freund fürs Leben.

*Tallien.

Désirée Clary an Napoleon

[Januar 1796]

Womit soll ich beginnen, um Ihnen die schreckliche Lage zu beschreiben, in die mich Ihr Brief versetzt hat?* Was aber haben Sie beabsichtigt? Wollten Sie mich niederschmettern? Ach! Das ist Ihnen nur zu gut gelungen. Ja, Grausamer, Sie haben mich in Verzweiflung gestürzt. Diese Erklärung, »jede Verbindung« abzubrechen, lässt mich erschaudern. Ich glaubte, ich hätte in Ihnen einen Freund gefunden, den ich mein ganzes Leben geliebt haben würde. Aber nein, ich soll Sie nicht länger lieben; denn meine Vorstellungskraft entdeckt keinen Ausweg, um eine Zustimmung zu unserer Verbindung zu erreichen. Niemals werde ich mich entschließen können, meine Angehörigen anzusprechen, die, wenn sie von meiner Heiratsabsicht erführen, mich zur Verzweiflung bringen würden, um mich den annehmen zu lassen, den ich zurückgewiesen habe. Das, lieber Freund – ach!, es möge mir erlaubt sein, Ihnen noch diesen Namen zu geben –, das hat mich eine der grausamsten Nächte verbringen lassen, die mir dennoch weniger schrecklich als dieser Tag vorkam, weil ich meine Tränen reichlich fließen lassen konnte, als ich in meinem Zimmer allein war. Doch wie sehr habe ich heute gelitten, weil ich gezwungen war, mit einem fröhlichen Gesicht aufzutreten. Nun fühle ich mich etwas besser, ich kann weinen und Ihnen mein Herz ausschütten. Sie sehen alles, was in diesem Herzen geschieht, das bisher nur sanfte und ruhige Gefühle empfunden hatte, die von den schrecklichsten Qualen abgelöst worden sind. Was soll ich tun, lieber Freund? Leiten Sie mich, seien Sie stets mein Freund, aber seien Sie nur das. Können Sie sich beklagen? Ich habe Ihnen alles gegeben, was mein war: meine Achtung und meine Freundschaft. Wenn Ihnen diese Gefühle nicht genügen können – werde ich die Kraft aufbringen, es auszusprechen? –, werden wir uns nicht wiedersehen. Ach! Wie wird es mir schwerfallen … Aber darauf kommt es nicht an! Was würde ich nicht tun, um Sie glücklich zu wissen. Adieu, lieber Freund, möge ein Herz, dem das Schicksal mehr als meinem gewogen ist, Sie glücklich machen.

*Napoleon hatte Désirée erklärt, wenn sie nicht die sofortige Zustimmung ihrer nächsten Angehörigen – ihrer Mutter und ihres ältesten Bruders Nicolas – zu einer Ehe mit ihm erreiche, sei es besser, »jede Verbindung abzubrechen«. – Der junge General hatte bereits am 15. Oktober 1795 bei Barras dessen Mätresse, die verwitwete Joséphine de Beauharnais, kennengelernt, mit der er ein leidenschaftliches Liebesverhältnis begann. Daher wollte er sein Ultimatum an Désirée nutzen, um sich von seiner Verlobten zu trennen.

Désirée Clary an Napoleon

Am 17. Ventôse des Jahres IV [7. März 1796]*

Sie haben mich für mein ganzes Leben unglücklich gemacht, und ich bin noch so schwach, Ihnen alles zu verzeihen. Sie sind also verheiratet! Es ist der armen Eugénie nicht mehr erlaubt, Sie zu lieben, an Sie zu denken … Der einzige Trost, der mir nun bleibt, ist, zu wissen, dass Sie von meiner Beständigkeit überzeugt sind, danach wünsche ich nur noch den Tod. Das Leben ist für mich eine schreckliche Marter, seitdem ich es nicht mehr Ihnen widmen kann … Sie, verheiratet! Ich kann mich nicht an diese Vorstellung gewöhnen; sie bringt mich um … Nie werde ich heiraten … Ich wünsche Ihnen alles Glück und allen Segen in Ihrer Ehe. Ich möchte, dass die Frau, die Sie auserwählt haben, Sie ebenso glücklich macht, wie ich es erreichen wollte und wie Sie es verdienen; doch vergessen Sie inmitten Ihres Glücks nicht Eugénie und beklagen Sie ihr Schicksal.

*Napoleon heiratete Joséphine de Beauharnais tatsächlich am 9. März 1796 (am 19. Ventôse des Jahres IV).

BRIEFE AN JOSÉPHINE DE BEAUHARNAIS4

Napoleon an die Bürgerin Beauharnais

Paris,am 28. Vendémiaire des Jahres IV [20. Oktober 1795]

Ich begreife nicht, was der Anlass Ihres Briefes sein mag. Bitte seien Sie so gütig und glauben Sie mir, dass niemand Ihre Freundschaft so sehnlich wünscht wie ich und dass niemand sehnlicher als ich bereit bin, etwas zu tun, das es beweisen kann. Wenn es mir meine Pflichtaufgaben erlaubt hätten, wäre ich selbst gekommen, um Ihnen meinen Brief zu bringen.

Bonaparte

An Madame Beauharnais

Paris,[Dezember 1795,]um 7 Uhr morgens

Ich erwache ganz von Dir erfüllt. Dein Bild und die Erinnerung an den betörenden Abend gestern haben meinen Sinnen keine Ruhe gelassen. Süße und unvergleichliche Joséphine, welch eigentümlichen Einfluss üben Sie auf mein Herz aus! Ärgern Sie sich? Sehe ich, dass Sie traurig sind? Sind Sie besorgt? Meine Seele ist vom Schmerz zerrissen, und es gibt keine Ruhe für Ihren Freund … Aber kann ich denn größere Ruhe finden, wenn ich mich dem tiefen Gefühl hingebe, das mich überwältigt, und von Ihren Lippen, aus Ihrem Herzen eine Flamme gewinne, die mich verbrennt? Ach! Heute Nacht habe ich deutlich gespürt, dass Ihr Bild nicht Sie selbst sind! Du fährst am Mittag ab, ich sehe Dich in drei Stunden. Empfange inzwischen, mio dolce amore, tausend Küsse, aber gib mir keine, denn sie verbrennen mir das Blut.

B. P.

An Madame Beauharnais

[März 1796,]5um 9 Uhr morgens

Ich verließ Sie und nahm ein schmerzliches Gefühl mit. Ich war sehr gekränkt, als ich schlafen ging. Ich glaubte, die meinem Wesen schuldige Achtung müsste Sie von dem letzten Gedanken abbringen, der Sie gestern Abend bewegte. Wenn er Ihren Geist beherrschte, wären Sie sehr ungerecht, Madame, und ich wäre sehr unglücklich!

Sie haben also angenommen, ich liebte Sie nicht um Ihrer selbst willen!!!* Wer mag denn sonst der Grund sein? Ach, Madame! Dann hätte ich mich sehr verändert! Konnte eine so reine Seele ein so niedriges Gefühl hervorbringen! Darüber wundere ich mich immer noch, und weitaus mehr wundere ich mich über das Gefühl, das mich, als ich erwachte, ohne Groll und ohne eigenen Willen zu Ihren Füßen zurückgeführt hat. Es ist gewiss unmöglich, schwächer und unterwürfiger zu sein. Über welch sonderbare Macht verfügst Du also, unvergleichliche Joséphine? Ein Gedanke von Dir vergiftet mein Leben, zerreißt meine Seele durch die widersprüchlichsten Wünsche; doch ein stärkeres Gefühl, eine weniger düstere Stimmung hält mich fest, bringt mich zurück und führt mich, während ich mich immer noch schuldig fühle. Ich spüre es deutlich, ich müsste mein Herz und mein Gewissen verleugnen, wenn wir uns streiten: Du hast sie verführt, sie sind noch auf Deiner Seite.

Du aber, mio dolce amore, Du hast wohl gut geschlafen? Hast Du auch nur zweimal an mich gedacht!! Ich gebe Dir drei Küsse: einen auf Dein Herz, einen auf Deinen Mund, einen auf Deine Augen.

Bonaparte

*Barras behauptet, Bonaparte hätte geglaubt, Madame de Beauharnais sei reich; der junge General habe ihr angeblich einen politischen »Kredit« zugeschrieben, den sie gewiss nicht hatte (Memoiren, Bd. II, S. 59). Auf St. Helena bestätigte Napoleon gegenüber Bertrand die Äußerungen von Barras.

An die Bürgerin Beauharnais,

Rue Chantereine, in Paris

Chanceaux,am 24. Ventôse des Jahres IV [14. März 1796],um 6 Uhr abends

Ich habe Dir aus Châtillon geschrieben und Dir eine Vollmacht geschickt, damit Du verschiedene Summen in Empfang nimmst, die mir zustehen. Es müssen siebzig Louisdor in bar und fünfzehntausend Francs in Assignaten sein.

Jeder Augenblick entfernt mich von Dir, anbetungswürdige Freundin, und in jedem Augenblick finde ich weniger Kraft, um zu ertragen, dass ich von Dir entfernt bin. Du bist ständig das Ziel meiner Gedanken. Meine Einbildungskraft erschöpft sich damit, dass sie sich ausmalt, was Du tust: Wenn ich Dich traurig sehe, zerreißt es mir das Herz, und meine Schmerzen wachsen. Wenn Du fröhlich bist und mit Deinen Freunden scherzt, tadele ich Dich, dass Du die schmerzliche Trennung von drei Tagen so bald vergessen hast; dann bist Du leichtfertig und deshalb von keinem tiefen Gefühl angerührt. Wie Du siehst, gebe ich mich nicht leicht zufrieden; aber, meine liebe Freundin, es ist etwas ganz anderes, wenn ich fürchte, dass Deine Gesundheit leidet oder dass Du Gründe für einen Kummer hast, die ich nicht erraten kann. Dann bedauere ich, wie schnell man mich von meinem Herzen* entfernt. Ich fühle wahrhaftig, dass Deine natürliche Güte für mich nicht mehr vorhanden ist und dass ich erst, wenn ich ganz sicher bin, dass Dir nichts Unerfreuliches zustößt, zufrieden sein darf. Wenn man mich fragt, ob ich gut geschlafen habe, so fühle ich, dass ich einen Brief empfangen müsste, der mir versichert, dass Du gut geruht hast, bevor ich antworten kann. Die Krankheiten und die Raserei der Menschen berühren mich nur, wenn ich mir vorstelle, dass sie Dich treffen können, meine liebe Freundin. Möge mein Schutzgeist, der mich inmitten der größten Gefahren stets bewahrt hat, um Dich sein und Dich decken, und ich liefere mich ungeschützt aus. Ach! Sei nicht heiter, sondern ein wenig melancholisch, und vor allem möge Deine Seele frei sein von Kummer wie Dein schöner Körper von Krankheit: Du weißt, was unser guter Ossian hierüber sagt.**

Schreib mir, meine zärtliche Freundin, und das ganz ausführlich, und empfange tausend und einen Kuss der zärtlichsten und wahrhaftigsten Liebe.

Bonaparte

*Bei Max Gallo: aus Deinem Herzen.

**Auf welche Stelle in Macphersons Ossian (1765) sich Napoleon hier bezieht, ist in der Ossian-Forschung bis heute ungeklärt. Bonaparte war ein fleißiger Leser des Ossian; er nahm das Buch sogar aufs Schlachtfeld mit.

An die Bürgerin Bonaparte

bei der Bürgerin Beauharnais,

Rue Chantereine, Nr. 6,

in Paris

Nizza,am 10. Germinal des Jahres IV [30. März 1796]

Ich habe keinen Tag verbracht, ohne Dich zu lieben; ich habe keine Nacht verbracht, ohne Dich in die Arme zu schließen; ich habe keine Tasse Tee getrunken, ohne Ruhm und Ehrgeiz zu verwünschen, die mich von der Seele meines Lebens fernhalten. Wenn ich mit meinen Pflichtaufgaben beschäftigt bin, meine Truppen führe, durch die Lager laufe, wohnt meine anbetungswürdige Joséphine allein in meinem Herzen, erfüllt meinen Geist, vereinnahmt mein Denken. Wenn ich mich schnell wie der Rhône-Strom von Dir entferne, so deshalb, um Dich schneller wiederzusehen. Wenn ich mitten in der Nacht aufstehe, um noch zu arbeiten, so deshalb, weil es die Ankunft meiner süßen Freundin um ein paar Tage beschleunigen kann, und doch redest Du mich in Deinem Brief vom 23., vom 26. Ventôse mit Sie an. Sie bist Du selbst! Ach, Du Böse, wie konntest Du diesen Brief schreiben! Wie kalt er ist! Und dann bleiben vier Tage vom 23. zum 26. Ventôse; was hast Du getan, da Du ja Deinem Mann nicht geschrieben hast? … Ach, liebe Freundin, dieses Sie und diese vier Tage lassen mich meiner früheren Gleichgültigkeit nachtrauern. Wehe dem, der daran schuld sein sollte! Möge er als Strafe und Qual empfinden, was Überzeugung und Gewissheit, die Deinem Freund dienten, mich empfinden ließen! Die Hölle hat keine Qualen! Und auch die Furien keine Schlange! Sie! Sie! Ach! Was wird es in zwei Wochen sein? … Meine Seele ist betrübt; mein Herz ist versklavt, und meine Einbildungskraft erschreckt mich … Du liebtest mich weniger; Du wirst Trost finden. Eines Tages wirst Du mich nicht mehr lieben. Sag es mir; dann kann ich wenigstens das Unglück verdienen … Adieu, Frau, Marter, Glück, Hoffnung und Seele meines Lebens, die ich liebe, die ich fürchte, die in mir zärtliche, mich zur Natur rufende Gefühle und ungestüme, dem Donner gleiche, vulkanische Regungen weckt. Ich verlange von Dir keine ewige Liebe oder Treue, sondern nur … Wahrheit, grenzenlose Aufrichtigkeit. Der Tag, an dem Du mir sagen wirst: »Ich liebe Dich weniger«, wird entweder der letzte meiner Liebe oder der letzte meines Lebens sein. Wenn mein Herz niederträchtig genug wäre, um ohne Gegenliebe zu lieben, würde ich es mit den Zähnen zerreißen. Joséphine! Joséphine! Denk daran, was ich Dir manchmal gesagt habe: Die Natur hat mir eine starke und entschlossene Seele verliehen; Dich hat sie aus Spitzen und Gaze geschaffen. Hast Du aufgehört, mich zu lieben?? Verzeih, Seele meines Lebens, meine Seele ist weich von endlosen Spekulationen. Mein ganz von Dir erfülltes Herz hegt Befürchtungen, die mich unglücklich machen … Ich bin es müde, Dich nicht bei Deinem Namen zu nennen. Ich warte darauf, dass Du ihn mir schreibst.

Adieu! Ach! Wenn Du mich weniger liebst, hast Du mich gewiss nie geliebt. Dann wäre ich sehr zu beklagen.

Bonaparte

PS: In diesem Jahr ist der Krieg nicht mehr wiederzuerkennen. Ich habe Fleisch, Brot und Futter ausgeben lassen; meine Kavallerie wird bald ausgerüstet losziehen. Meine Soldaten bekunden mir ein Vertrauen, das sich gar nicht ausdrücken lässt: Du allein bekümmerst mich; Du allein, Freude und Qual meines Lebens. Einen Kuss für Deine Kinder, von denen Du nichts sagst. Wahrhaftig! Das würde Deine Briefe um die Hälfte verlängern; die Besucher würden um zehn Uhr morgens nicht das Vergnügen haben, Dich zu sehen. Frau!!!

An die Bürgerin Bonaparte

bei der Bürgerin Beauharnais,

Rue Chantereine, Nr. 6,

in Paris

Porto Maurizio,am 14. Germinal des Jahres IV [3. April 1796]

Ich habe alle Deine Briefe erhalten, doch keiner hat mich so beeindruckt wie der letzte. Denkst Du daran, meine anbetungswürdige Freundin, wenn Du mir mit diesen Worten schreibst? Glaubst Du denn, meine Lage sei noch nicht grausam genug, ohne dass Du meinen Kummer verschlimmerst und meine Seele erschütterst? Was für eine Ausdrucksweise! Was für Gefühle beschreibst Du! Sie sind aus Feuer; sie verbrennen mein armes Herz! Meine einzige Joséphine, fern von Dir gibt es keine Fröhlichkeit; fern von Dir ist die Welt eine Wüste, in der ich einsam zurückbleibe und nicht das süße Gefühl empfinde, mich zu offenbaren. Du hast mir mehr als meine Seele geraubt; Du bist der einzige Gedanke meines Lebens. Wenn ich der mühseligen Pflichtaufgaben müde bin, wenn ich ihren Ausgang fürchte, wenn mich die Menschen anekeln, wenn ich bereit bin, das Leben zu verfluchen, lege ich die Hand auf mein Herz: Dort pulsiert Dein Bild, ich betrachte es, und die Liebe ist für mich das uneingeschränkte Glück in jedem Augenblick, außer in der Zeit, wenn ich nicht bei meiner Geliebten bin.

Durch welche Kunst konntest Du all meine Fähigkeiten fesseln, meine geistige Existenz ganz auf Dich ausrichten? Meine süße Freundin, das ist Zauberei,6 meine süße Freundin, die erst gemeinsam mit mir enden wird. Durch7 Joséphine zu leben, das ist die Geschichte meines Lebens. Ich bin tätig, um zu Dir zu kommen; ich verzehre mich,8 um Dir zu nahen. Ich Unvernünftiger! Ich merke nicht, dass ich mich von Dir entferne … Wie viele Länder, wie viele Regionen trennen uns! Wie viel Zeit vergeht, bevor Du diese Buchstaben liest, diesen schwachen Ausdruck einer gerührten Seele, in der Du herrschst! Ach! Meine anbetungswürdige Frau! Ich weiß nicht, welches Schicksal mich erwartet; doch wenn es mich länger von Dir entfernt, wird es mir unerträglich sein; so lange hält mein Mut nicht durch. Es gab eine Zeit, in der ich stolz auf meinen Mut war, und manchmal, wenn ich mir das Übel ausmalte, das mir die Menschen antun könnten und das mir das Schicksal vorbehalten könnte, dachte ich an die unerhörtesten Missgeschicke, ohne die Stirn zu runzeln und ohne zu erstaunen. Heute aber wird meine Seele geschwächt von dem Gedanken, dass es meiner Joséphine schlecht gehen könnte, und vor allem von der grausamen, verhängnisvollen Vorstellung, dass sie mich weniger lieben könnte, und es lässt mein Blut erstarren, macht mich traurig und niedergeschlagen, und es bleibt mir nicht einmal der Mut der Raserei und Verzweiflung … Früher sagte ich mir oft: Die Menschen vermögen nichts gegen den auszurichten, der ohne Bedauern stirbt; doch heute bedeutet es eine Höllenqual, zu sterben, ohne von Dir geliebt zu werden, ohne diese Gewissheit zu sterben, dies ist das leibhaftige und treffende Bild der vollständigen Vernichtung. Ich fühle mich so, als würde ich ersticken. Meine einzige Gefährtin, Du, die das Schicksal ausersehen hat, mit mir die mühevolle Lebensreise zu unternehmen: Der Tag, an dem ich nicht mehr Dein Herz besitze, wird derjenige sein, an dem die karge Natur für mich ihre Wärme und ihren Pflanzenwuchs einbüßt … Ich halte inne, meine süße Freundin; meine Seele ist traurig, mein Körper müde, mein Geist gelähmt. Die Menschen langweilen mich. Ich müsste sie eigentlich verabscheuen: Sie entfernen mich von meinem Herzen.

Ich bin in Porto Maurizio bei Oneglia; morgen bin ich in Albenga. Die beiden Armeen sind in Bewegung; wir versuchen, uns gegenseitig zu täuschen. Dem Geschicktesten fällt der Sieg zu. Ich bin mit Beaulieu* recht zufrieden; wenn er gut manövriert, ist er stärker als sein Vorgänger. Ich hoffe, ihn vollständig zu schlagen. Mach Dir keine Sorgen, liebe mich wie Deine Augen; aber das genügt nicht: Liebe mich wie Dich selbst, mehr als Dich selbst, als Dein Denken, Deinen Geist, Dein Leben, Dein Alles. Süße Freundin, verzeih, ich fantasiere; die Natur ist schwach, wenn man lebhaft empfindet, für den, den Du liebst.9

B. P.

Beste Grüße an Barras, Sucy**10 und Madame Tallien; die üblichen Empfehlungen an Madame de Châteaurenaud;*** aufrichtige Liebesgrüße an Eugène und Hortense.

Adieu, adieu, ich gehe ohne Dich zu Bett, ich werde ohne Dich schlafen, bitte lass mich schlafen. Schon seit mehreren Tagen fühle ich, dass ich Dich in meine Arme schließe – ein glücklicher Traum, aber, aber Du bist es nicht …

*Jean-Pierre de Beaulieu (1725–1819), aus Brabant stammender österreichischer General und Oberbefehlshaber des Heeres in Italien; Napoleon schlug ihn am 12. April 1796 in der Schlacht von Montenotte.

**Simon-Antoine de Sucy (1764–1799), Hauptzahlmeister der französischen Italienarmee.

***Constance de Laage, Comtesse de Mailly de Châteaurenaud (1770–1829), Freundin Joséphines, unterhielt einen Salon, in den Napoleon eingeführt wurde.

An die Bürgerin Bonaparte,

bei der Bürgerin Beauharnais,

Rue Chantereine, Nr. 6, Chaussée d’Antin,

in Paris

Albenga,am 16. Germinal des Jahres IV [5. April 1796]

Es ist eine Stunde nach Mitternacht. Man bringt mir einen Brief. Er ist traurig: Meine Seele ist davon betrübt. Chauvet* ist tot. Er war Hauptzahlmeister der Armee. Du hast ihn manchmal bei Barras gesehen. Liebe Freundin, ich fühle, dass ich Trost brauche. Wenn ich Dir allein schreibe, denn Dein Denken kann die seelische Ausrichtung meiner Ideen zutiefst beeinflussen, muss ich meine Qualen offenbaren. Was ist die Zukunft? Was ist die Vergangenheit? Was sind wir? Welches magische Fluidum umgibt uns und verbirgt uns die Dinge, deren Kenntnis für uns am wichtigsten ist? Wir werden geboren, wir leben, wir sterben inmitten des Wunderbaren. Ist es da erstaunlich, dass die Priester, Astrologen und Scharlatane diese Neigung, diesen einzigartigen Umstand ausgenutzt haben, um unsere Ideen irrezuleiten und ihren Leidenschaften entsprechend zu lenken?

Chauvet ist tot. Er war mir sehr zugetan. Er hätte dem Vaterland noch maßgebliche Dienste geleistet. Seine letzte Mitteilung lautete, dass er aufbrechen wolle, um mich zu treffen. Aber ja. Ich sehe seinen Schatten; er irrt im Zimmer umher; er saust durch die Luft; seine Seele schwebt in den Wolken; er wird über mein Schicksal wachen.

Doch ich Unsinniger vergieße Tränen über die Freundschaft; und wer sagt mir, dass ich nicht schon unersetzliche Verluste zu beweinen habe? Du Seele meines Daseins, schreib mir mit jeder Post; sonst könnte ich nicht leben.

Ich bin hier sehr beschäftigt. Beaulieu hält sein Heer in Bewegung. Wir stehen einander gegenüber. Ich bin etwas erschöpft. Ich sitze jeden Tag im Sattel.