Liebesgedichte - Francesco Petrarca - E-Book

Liebesgedichte E-Book

Francesco Petrarca

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Beschreibung

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Laura – Ideal und Traumfrau. Um sie drehen sich die meisterhaften Sonette aus Francesco Petrarcas Lyriksammlung des »Canzoniere«. In seinem sorgfältig ausgelegten Netz aus Anspielungen entführt uns der größte Liebesdichter aller Zeiten in eine von unglücklicher Liebe, von Sehnen, Verlangen und Hoffen erfüllte Welt. Die schönsten seiner nach Musik klingenden Gedichte sind hier versammelt.

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Francesco Petrarca

Liebesgedichte

Lyrik

Fischer e-books

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon.Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur.Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.

Liebesgedichte

1

Ihr, die ihr hört in manch zerstreuter Zeile

Der Seufzer Ton, die mir das Herz genähret,

So lang’ der erste Jugendwahn gewähret,

Da ich ein andrer war wie jetzt zum Teile:

Von jedem, der erprobt der Liebe Pfeile,

Hoff’ ich, wenn ihm manch wechselnd Blatt erkläret,

Wie eitles Leid und Hoffen mich verzehret,

Wird nicht Verzeihn bloß, Mitleid mir zuteile.

Wohl seh’ ich jetzt, wie ich zu lange Zeiten

Der Menschen Fabel war, und muß entbrannen

Vor Scham, wenn ich mich mahn’ an mein Versäumen.

Und Scham ist nun die Frucht der Eitelkeiten,

Und büßendes Bereun, und klar Erkennen,

Daß, was der Welt gefällt, ein kurzes Träumen.

A. W. Schlegel

2

An mir zu üben seine holde Tücke,

Für tausend Frevel eine Schmach zu spenden,

Nahm seinen Bogen Amor still zu Händen,

Und Zeit und Ort ersahen seine Blicke.

Zum Herzen zog die Tugend sich zurücke,

Den Sturm von Herz und Augen abzuwenden;

Da eilt’ er, seinen Todespfeil zu senden

Dahin, wo jeder Pfeil sonst brach in Stücke.

Bestürzt jedoch vom ersten Angriff, waren

Ihr weder Kräfte, g’nug noch Raum verliehen,

Zu brauchen, wie es Not ihr tat, die Waffen,

Oder mit List vom Orte der Gefahren

Zu steiler Höh’ zurücke mich zu ziehen.

Nun möchte sie und kann doch Rat nicht schaffen.

Karl Förster

3

Es war der Tag, wo man der Sonne Strahlen

Mitleid um ihren Schöpfer sah entfärben:

Da ging ich sorgenlos in mein Verderben,

Weil eure Augen mir die Freiheit stahlen.

Die Zeit schien nicht gemacht zu Amors Wahlen,

Und Schirm und Schutz vor seinem Angriff werben,

Unnötig; so begannen meine herben

Drangsale mit den allgemeinen Qualen.

Es fand der Gott mich da ohn’ alle Wehre,

Den Weg zum Herzen durch die Augen offen,

Durch die seitdem der Tränen Flut gezogen.

Doch, wie mich dünkt, gereichts ihm nicht zur Ehre:

Mich hat sein Pfeil in schwachem Stand getroffen,

Euch, der Bewehrten, wies er kaum den Bogen.

A. W. Schlegel

4

Der ew’ge Vorsicht einst und Kunst entfaltet

In seines Wunderbaues lichter Hehre,

Der diese schuf und jene Hemisphäre

Und milder Jupiter als Mars gestaltet,

Auf Erden einst aus Blättern, fast veraltet,

Zum Lichte zog die lang verborgne Lehre,

Vom Netz Johannem zu des Himmels Ehre

Und Petrum rief, wo Er als König waltet;

Nicht Rom hat er, mit seiner Wieg’ entzücket,

Judäa war’s; und wie zu Glanz und Wonne

Die Demut er vor Allen stets erkoren,

Sandt’ er aus kleiner Stadt uns eine Sonne;

Drob fühlen sich Natur und Ort beglücket,

Wo solche Schönheit ward der Welt geboren.

Karl Förster

5

Wann meine Seufzer, euch zu nennen steigen,

Beim Namen, den, mir Amor eingeschrieben

Ins Herz, »Laudate!« ruft der Klang der lieben

Drei ersten Laut’ und bricht alsbald das Schweigen.

O dann seh’ ich als REgina euch neigen,

Und kräft’ger fühl’ ich mich zum Werk getrieben!

Doch »Tace!« ruft der Schluß, mich zu betrüben;

»Denn Andrer ist’s, die Ehr’ ihr zu erzeigen!«

So muß zu loben und zu huld’gen lehren

Das bloße Wort, sowie euch Einer nennet,

O aller Huld’gung Wert’ und aller Ehren!

Wenn nicht vielleicht Apollo zürnt, zu hören,

Wie Menschenwort zu reden kühn entbrennet

Von seinem Blätterschmuck, dem ewig hehren.

Karl Förster

6

So irrt mein töricht Sehnen ab vom Wege,

Ihr, die zur Flucht sich wandte, nachzubringen,

Die leicht entfliegt und frei von Amors Schlingen,

Vor mir, der ich mich langsam nachbewege;

Daß, ruf’ und lenk’ ich’s auch zum sichern Stege,

Je mehr ich’s tu’, so minder es zu zwingen.

Nicht Sporn noch Zaum kann’s zum Gehorsam bringen;

Denn widerspenstig macht es Amors Pflege.

Und wenn’s den Zügel mit Gewalt ergreift,

Dann bin ich seiner Herrschaft ganz verfallen,

Der mich zum Tode führet wider Willen,

Dem Lorbeer bloß zu nahn, auf welchem reiset

Die bittre Frucht, die, wenn gekostet, Allen

Mehr Schmerz verleiht, als Schmerz vermag zu stillen.

Karl Förster

7

Schlaf, träge Pfülben, Prasserei verjagen

So aus der Welt jeglicher Tugend Streben,

Daß, der Gewohnheit gänzlich hingegeben,

Unsre Natur aus ihrer Bahn verschlagen.

Am Himmel will kein mildes Licht mehr tagen,

Wodurch sich sonst gestaltet menschlich Leben;

So daß man den zum Wunder sieht erheben,

Der Quellen aus dem Helikon will schlagen.

Wer ist, dem noch an Myrt’, an Lorbeer läge?

Arm kommst du, nackt, Philosophie geschritten;

So spricht das Volk, nur trachtend zu gewinnen.

Wenig Gefährten auf dem andern Wege

Fìndst du; drum muß ich, edler Geist, dich bitten,

Nicht fahren lass dein großgeherzt Beginnen.

A. W. Schlegel

8

Am Fuß der Hügel, wo das Prachtgeschmeide

Der Erdenglieder sie vordem empfangen,

Die den vom Schlaf zu Tränen oft und Bangen

Erweckt, der uns gesandt dir zum Bescheide;

Da wandelten wir froh in Fried’ und Freude

Durch’s Leben, das die Wesen all’ verlangen,

Von Sorge frei, von keiner Furcht befangen

Daß unserm Wege was die Lust verleide.

Doch, wie sich unser Schicksal auch gewandelt,

Wir haben, ob entrückt dem heitern Leben,

Selbst für den Tod noch einen Trost gefunden:

Daß Straf’ ihm wird, der also uns behandelt,

Der, nah’ dem End’, in fremde Hand gegeben,

Mit einer stärkern Kette steht gebunden.

Karl Förster

9

Wenn der Planete, der die Stunden scheidet,

Zum Zeichen wieder sich des Stiers erhoben,

Fällt aus den Flammenhörnern Kraft von oben,

So ganz die Welt in neue Farbe kleidet.

Und nicht nur was den Blick von außen weidet,

Bach, Hügel, wird mit Blümlein rings umwoben,

Nein, auch der Erd’ inwend’ges Feucht gehoben,

Geschwängert, was den Tag, verborgen, weidet.

Vielfält’ge Frucht entquillet diesem Triebe;

So sie, die unter Frauen eine Sonne,

Zuwendend mir der schönen Augen Schimmer,

Wirkt in mir Wort, Gedanken, Tat der Liebe:

Jedoch, wie sie auch lenkt der Strahlen Wonne,

Frühling nur ist für mich von nun an nimmer.

A. W. Schlegel

10

Glorreiche Säul’, auf die sich unsre Plane

Und der Lateiner großer Name bauen,

Die Jovis Zorn mit stürmisch fmsterm Grauen

Noch niemals abgelenkt zu irrem Wahne:

Hier nicht Paläste, Bühnen, noch Altane,

Nein Tannen, Buchen, Fichten, von den Auen

Bis zu des nahen schönen Berges Brauen,

Den dichtend ich mir auf und nieder bahne,

Erheben unsre Geister von der Erden;

Und dann die Nachtigall in schatt’gen Ranken,

Die alle Nächte süße Klag’ anstellet,

Beladet unser Herz mit Liebsgedanken.

So groß Gut muß nur unvollkommen werden,

Weil du von uns, mein Herr, dich abgesellet.

A. W. Schlegel

11

Vom Schleier geht ihr, in der Sonn’, im Schatten,

O Herrin! stets umfangen,

Seit meine Brust verriet ihr groß Verlangen,

Das keinem andern Wunsch will Raum gestatten.

Als ich geheim Gedanken noch gefeiert,

Die mit der Sehnsucht Netz die Seel’ umgarnet,

Wähnt’ ich, daß Mitleid euer Antlitz schmücke.

Doch als euch Lieb’ einmal vor mir gewarnet,

Ward alsobald das blonde Haar verschleiert,

Und wich der holde Blick in sich zurücke.

Versagt ist mir mein schönstes Teil am Glücke;

Der Schleier, allzu herbe,

Will, so bei Hitz’ als Frost, damit ich sterbe,

Mir eurer Augen süßes Licht umschatten.

A. W. Schlegel

16

Der grau’ und weiße Alte läßt die Schranken

Des süßen Orts, der immer ihn umgeben,

Und die Familie, die in Not muß schweben,

Da sie den teuren Vater sieht erkranken.

Dann schleppt er den bejahrten Leib mit Schwanken

Die letzten Tagereisen durch im Leben;

Hilft sich, so viel er kann, mit will’gem Streben,

Von Jahren mürbe, wenn die Tritt’ ihm wanken.

Und kommt nach Rom, befolgend das Verlangen,

Deß Abbild zu betrachten, den er droben

Einst noch zu sehn hofft in des Heils Gefilde.

So, Herrin, bin ich Armer wohl gegangen,

An andern suchend, so viel möglich, Proben

Von dem begehrten wahren eurem Bilde.

A. W. Schlegel

17

Mir träufeln bittre Tränen von den Wangen,

Weil’s aus der Tiefe stöhnt, wie Sturmeswehen,

Geschieht es, daß die Augen euch erspähen,

Um die allein ich aus der Welt gegangen.

Wahr ist’s, gesänftigt wird mein heiß Verlangen,

Laßt ihr ein freundlich-mildes Lächeln sehen,

Dann fühl’ aus Flammenqual ich mich erstehen,

Wenn unverwandt an euch die Blicke hangen.

Doch bald zu Eis erstarren die Gedanken,

Seh’ ich beim Scheiden, wie mit holder Sitte

Ihr von mir lenket meine Schicksalssterne.

Öffnen der Liebe Schlüssel dann die Schranken,

Reißt sich die Seele aus des Herzens Mitte

Und folgt gedankenvoll euch in die Ferne.

Karl Förster

19

Es gibt Geschöpfe, welche nicht erblinden,

Obwohl sie stolz der Sonne schaun entgegen;

Andre, die abends nur hervor sich regen,

Weil schmerzlich sie das starke Licht empfinden.

Als müsse Lust sich mit dem Glanz verbinden,

Lockt andre noch das Feu’r, bis sie verwegen

Der andern Kraft, der, welche brennt, erlegen.

Ich leider muß in dieser Schar mich finden.

Denn dieser Frau’n Lichthelle zu bestehen

Bin ich nicht stark; und mir zum Schutze taugen

Nicht düstre Winkel oder späte Stunden.

So führt mit tränenvollen kranken Augen

Mich mein Verhängnis immer, sie zu sehen,

Und ich weiß wohl, ich suche meine Wunden.

A. W. Schlegel

21

Viel tausendmal, o süße Kriegerinne,

Bot ich mein Herz euch dar, damit mir Frieden

Von euren schönen Augen wär’ beschieden;

Doch ihr seht drüber hin mit stolzem Sinne.

Und hofft ein andres Weib, daß sie’s gewinne,

So ist sie von der Wahrheit ganz geschieden.

Mein, weil ich muß verschmähn, was ihr gemieden.

Kann es nicht mehr so sein, wie vom Beginne.

Verjag’ ichs nun, und in dem Bann erduldet

Es eure Härte, kann allein nicht bleiben,

Noch hingehn auch, wo man ihm Zuflucht gibet:

Da möcht’ es ganz aus seiner Laufbahn treiben,

Dann hätten wir es beide schwer verschuldet,

Ihr aber um so mehr, je mehr’s euch liebet.

A. W. Schlegel