Liebesglück in Tirol - Andrea Eichhorn - E-Book

Liebesglück in Tirol E-Book

Andrea Eichhorn

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Beschreibung

"Willkommen im Glück" - dies sind Name und Programm von Rosas Pension in den Tiroler Bergen. Ob beim ersten Liebeskummer oder bei den Stolpersteinen im Ehealltag - für ihre Gäste hat die hübsche Pensionswirtin stets die passende Lösung. Nur sie selbst hat einfach kein Glück in der Liebe. Schon seit Jahren schwärmt sie für ihren attraktiven Jugendfreund Christian. Doch dann steht Florian mit den stechend blauen Augen und dem verführerischen Lächeln vor ihr. Er erobert sie im Sturm und bringt ihr ruhiges Leben völlig durcheinander. Doch ausgerechnet Christian misstraut dem Liebesglück. Hat er doch Gefühle für Rosa? Wem kann sie noch vertrauen und wer meint es wirklich ehrlich mit ihr?

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LESEPROBE zu

Vollständige E-Book-Ausgabe der im Rosenheimer Verlagshaus erschienenen Originalausgabe 2015

© 2015 Rosenheimer Verlagshaus GmbH & Co. KG, Rosenheim

www.rosenheimer.com

Titelfoto: © mRGB – Fotolia.com (oben) und Photolyric – iStockphoto.com (unten)

Lektorat: Iris Erber, Aistersheim

Satz: SATZstudio Josef Pieper, Bedburg-Hau

Worum geht es im Buch?

Andrea Eichhorn

Liebesglück in Tirol

»Willkommen im Glück« – dies sind Name und Programm von Rosas Pension in den Tiroler Bergen. Ob beim ersten Liebeskummer oder bei den Stolpersteinen im Ehealltag – für ihre Gäste hat die hübsche Pensionswirtin stets die passende Lösung. Nur sie selbst hat einfach kein Glück in der Liebe. Schon seit Jahren schwärmt sie für ihren attraktiven Jugendfreund Christian. Doch dann steht Florian mit den stechend blauen Augen und dem verführerischen Lächeln vor ihr. Er erobert sie im Sturm und bringt ihr ruhiges Leben völlig durcheinander. Als ihre stets eifersüchtige Schwester Therese bei ihr einzieht, hofft Rosa, dieser näher zu kommen. Doch ausgerechnet Christian misstraut der neuen Situation und treibt so einen Keil zwischen sich und Rosa. Doch wer meint es wirklich ehrlich mit ihr?

1

Liebe Frau Blauensteiner, unser diesjähriger Urlaub bei Ihnen war so schön, dass wir – gestern erst nach Stuttgart zurückgekehrt – bereits wieder Heimweh nach den traumhaften Tiroler Bergen haben! Deshalb (und da wir wissen, wie schnell die entzückenden zehn Zimmer Ihrer Pension ausgebucht sind) wollen mein Mann und ich für dieses Jahr in den ersten drei Juliwochen »unser« Zimmer »Glücksgefühl« reservieren. Übrigens, dass eine so umwerfend hübsche und sympathische Frau wie Sie Single ist, kann ich nicht länger hinnehmen! Ich werde alle verfügbaren attraktiven Männer in meiner Bekanntschaft durchgehen und nach Kirchberg in Tirol schicken! Machen Sie sich auf etwas gefasst!

Herzliche Grüße

Ihre treuen Gäste und Wahl-Tiroler Bernd und Grit Jakobs

Huch, bei so viel Überschwänglichkeit wurde einem ja ganz schwindelig! Als Rosa bei den letzten Sätzen der E-Mail angelangt war, konnte sie nicht anders, als laut loszuprusten. Vom gegenüberliegenden Schreibtisch streckte Kathi ihren Kopf mit dem schicken kupferroten Kurzhaarschnitt hinterm Bildschirm hervor. »Was gibt’s denn bei dir Lustiges, das dich so zum Lachen bringt?«

Ihr breites Grinsen ließ kaum einen Zweifel daran, dass sie für eine kleine Abwechslung äußerst dankbar war. Bereits seit einer Stunde mühte sie sich durch die aktuelle Buchhaltung von Rosas Ferienpension, kam bis jetzt aber auch nicht so richtig weiter. Einigermaßen seltsam das Ganze … »Irgendwas stimmt nicht mit der Abrechnung«, hatte ihr die alte Schulfreundin zwei Tage zuvor bei einer Tasse Kaffee erzählt. Rosa hatte nicht den blassesten Schimmer, warum sich eine Summe von fast zweitausend Euro scheinbar in Luft aufgelöst hatte.

»Ich schau’s mir an«, hatte sie, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, erwidert.

Dafür war ihr Rosa mehr als dankbar. Nun ja, im Grunde war es ihr auch total unangenehm, denn Kathi ließ sich dafür keinen Cent zahlen, höchstens mit frischem Strudel belohnen. Als Besitzerin eines gut besuchten Friseursalons im Nachbarort Kitzbühel hatte sie an ihrem freien Montag bestimmt weitaus Besseres zu tun, als vor der Abrechnung der »Willkommen im Glück«-Pension zu versauern. Aber das war eben Kathi, wie sie leibte und lebte: Wenn sie von etwas überzeugt war, ließ sich die zarte Powerfrau nur sehr selten davon abbringen. »Du weißt ja, ich kann nicht nur gut mit Haaren, sondern auch ganz passabel mit Zahlen – und außerdem krieg ich bei dir den besten Apfelstrudel von ganz Tirol«, war ihr abschließender Kommentar dazu gewesen.

Der im Übrigen keinen Widerspruch duldete.

Jetzt schaute sie ihre Freundin wissbegierig an, musste aber warten, bis die sich einigermaßen beruhigt hatte. »Die Leute machen sich einfach ganz schön viele Gedanken um meinen – wie sagt man heute so schön – ›Beziehungsstatus‹ …«, erklärte die schließlich.

Beim letzten Wort malte sie grinsend Gänsefüßchen in die Luft. Die andere verzog fast enttäuscht den Mund. »Geht’s auch ein bisserl genauer?«

Rosa nickte und las die nett gemeinte »Drohung« von Grit Jakobs laut vor. »Oh … na, dann mach dich mal auf was gefasst!«, lachte Kathi derartig schallend, dass ihre kupferroten Fransen geradezu vibrierten.

»Ist dann wohl bald endgültig vorbei mit deinem ruhigen Mauerblümchendasein …«

Und mit einem Augenzwinkern fügte sie hinzu: »Vielleicht schafft diese Frau Jakobs das schier Unmögliche und holt dich mit einem feschen Prinzen raus aus dem Dornröschenschloss … hinter der dichten, dichten Dornenhecke … mir ist das ja bis jetzt nicht gelungen.«

Die andere verdrehte ihre großen braunen Augen. Jetzt kam das schon wieder! Kathi, die seit fast sechs Jahren mit ihrem Johann in einer zwar turbulenten, aber nichtsdestotrotz, davon war sie fest überzeugt, ausnehmend glücklichen Beziehung lebte, konnte einfach nicht begreifen, dass ihre Freundin auch alleine recht zufrieden war. Insgeheim vermutete Rosa sogar, dass sie in ihrem Kitzbüheler Friseursalon heimlich eine Liste führte, welcher Kunde für ihre Single-Freundin in Betracht kam – vielleicht sogar mit Sternchen-Bewertung wie bei den Hotels, das wäre ihr durchaus zuzutrauen. Und wofür Kathi die meisten Sternchen vergab, wollte sie gar nicht wissen … Wäre sie jetzt Frau Jakobs, hätte sie hinter diesem Gedanken bestimmt mindestens ein Smiley platziert. Apropos Frau Jakobs: Die resolute Stuttgarterin war höchstwahrscheinlich die leidenschaftlichste Kupplerin, aber beileibe nicht die einzige. Auch andere Feriengäste, Freunde und Bekannte wollten genau den »Richtigen« für Rosa an der Angel haben. Es war zum Verzweifeln – oder einfach nur zum Totlachen. Tja, augenscheinlich gab sie ein ziemlich jämmerliches Bild vor ihren Mitmenschen ab, da brauchte sie sich gar nichts vorzumachen. Dabei hatte sie sich bereits seit einiger Zeit heimlich geschworen: Noch ein einziges arrangiertes Date von irgendwem, und sie würde mindestens einen mittleren Schreikrampf kriegen! »Brauchst dir keine Sorgen um mich machen. Irgendwann lerne ich bestimmt jemanden kennen, bei dem’s ›Zoom‹ macht – so wie in ›Tausendmal berührt‹ oder wie das Lied auch immer heißen mag«, erklärte sie jetzt bemüht locker und vertiefte sich scheinbar wieder in ihre E-Mails. »Passt ja für dich wie die Faust aufs Auge«, ließ sich Kathi jetzt vom anderen Schreibtisch halblaut vernehmen.

Unwillkürlich musste sie schlucken. Mist, sie war ja selbst schuld, dass sie ausgerechnet mit diesem Lied dahergekommen war … geradezu eine Einladung an Kathi, um auf Rosas äußerst peinliche Verliebtheit in Christian anzuspielen, den sie beide seit der Schulzeit kannten. Die Unmengen von kitschigen Herzchen, die in ihren Augen jahrelang wie betrunken auf und ab getanzt hatten, waren ja für jeden offensichtlich. Und absolut jämmerlich, wie sie sich nun selbst eingestehen musste. Obwohl sie sich dagegen wehrte, schob sich wieder einmal das Bild des großen, schlaksigen Mannes vor ihr inneres Auge. Warum nur, warum, stöhnte sie innerlich auf. Langsam reichte es wirklich! Aber nein, da war er! Dunkelblond, mit dem charakteristischen Wirbel über der Stirn, wodurch seine Haare immer ein wenig widerspenstig wirkten, sah sie den Gynäkologen aus Kitzbühel vor sich stehen. Mit dummerweise wahnsinnig schönen grüngrauen Augen und diesem ehrlichen und doch so verheißungsvollen Lächeln, das wie auf Knopfdruck Gänsehaut auf ihre Arme zauberte. »Für immer und ewig bleiben wir die besten Freunde der Welt«, hatte er als Sechzehnjähriger zu ihr gesagt, wie sie nebeneinander auf einer Kitzbüheler Alm im Gras gesessen hatten.

Und sie? Sie hatte eifrig genickt, wie so ein belämmerter Wackeldackel, obwohl sie doch schon damals längst bis über beide Ohren in den feschen Burschen verknallt gewesen war. Danach hatte er sie ganz seltsam angeschaut, während sie mit eher bescheidenem Erfolg versucht hatte, die rasant aufsteigenden Tränen wegzublinzeln. »Die Sonne blendet total stark«, hatte sie schließlich hektisch erklärt und war aufgesprungen. Danach hatte sie sich besser im Griff gehabt, jahrelang nichts anderes behauptet, als dass sie in ihm wirklich nur einen guten Kumpel sah. Also offiziell rein gar nix mit »Zoom gemacht« … Sogar Kathi, vor der sie sonst keine Geheimnisse hatte, wollte sie nichts von ihren Gefühlen erzählen. Und insgeheim – wie dusselig war das denn? – hatte sie nichtsdestoweniger immer auf ein Zeichen von Christian gewartet. Auch als er in München Medizin studiert hatte. Und dann – trara! – als er im letzten Jahr nach Kitzbühel zurückgekommen war, hatte dieses Zeichen direkt vor ihrer Nase auf endlos langen Giraffenbeinen gestanden: In Gestalt von Ines, Christians ehemaliger Studienkollegin und aktueller Lebensgefährtin, die sich nun im Krankenhaus von Kitzbühel zur Kinderärztin ausbilden ließ. »Es war nur eine dumme, kleine Schwärmerei«, hatte sich Rosa bestimmt tausendmal wie ein Mantra im Stillen vorgebetet.

Und es irgendwann sogar selbst ein wenig geglaubt. Ja, sie konnte eigentlich recht zufrieden sein, denn mit jedem Tag tat es ein bisschen weniger weh. Kleine Rückschritte gab es nur, wenn Christian ihr begegnete. Der hatte ja zum Glück immer noch keine Ahnung, streute ihr so aber auch unwissentlich bei jeder seiner innigen Umarmungen so richtig schön Salz in die Wunden. Und danach spürte sie immer einen seltsamen Druck auf der Brust, der sich erst nach Stunden verflüchtigte. Kein Wunder, dass sie ihrem »Kumpel« inzwischen so weit wie möglich aus dem Weg ging. Und dass er, wenn sie ihm wieder mal absagte, darüber ziemlich niedergeschlagen zu sein schien, das war ausnahmsweise einmal nicht ihr Problem.

Sie atmete tief durch, spürte verärgert, wie sich ihr Puls gehörig beschleunigt hatte. Auch jetzt, obwohl sie die Sache mit Christian endlich überwunden hatte, tat es ihr nicht gut, an ihn zu denken. Schnell schaute sie aus dem geöffneten Fenster, atmete einige Male tief durch, konzentrierte sich auf den Ausblick … ja, viel, viel besser. Immer wieder herrlich war es für sie, ihre idyllische Heimat zu betrachten, die Berge und Almen, die einfach wunderschön, geradezu wie eine Postkartenidylle aussahen. Und wieder mal freute sie sich darüber, was für einen fantastischen Ausblick sie von ihrem Bürofenster im ersten Stock hatte. Die kleine Pfarrkirche mit dem schlanken, hohen Kirchturm vor ihr, dahinter der Gaisberg mit seinen jetzt im Mai besonders frischen grünen Wiesen. Und darüber thronte eine strahlende Sonne am nahezu wolkenlosen blauen Himmel. Nach den letzten Regentagen meinte sie es nun endlich gut mit den Urlaubern, die zum Wandern nach Tirol gekommen waren und bereits ein wenig missmutig aus der Wäsche geschaut hatten.

Für einen Moment schloss Rosa die Augen, während sie sich bemühte, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Okay, vielleicht war diese dumme Schwärmerei für Christian wirklich nicht ganz unschuldig an ihrem Single-Dasein gewesen. So richtig verliebt hatte sie sich bis jetzt in keinen anderen Mann. Und Affären waren auch absolut nicht ihr Ding, wie sie sich nach einem eher desaströs verlaufenen One-Night-Stand hatte eingestehen müssen. Sie wagte einen kurzen Blick Richtung Kathi. »Das, was du meinst, ist schon lange vorbei. Schnee von gestern, was sag ich, von vorgestern sozusagen«, murmelte sie.

Prompt lachte ihre Freundin ungläubig auf. »Bitteschön, wenn du das so sagst …«

»Es ist aber wirklich so!«, erklärte die andere vielleicht einen Hauch zu energisch.

Mist, sie merkte ja selbst, dass sie sich dabei wie ein trotziges Kind anhörte. Nein, so machte sie die Sache wirklich nicht besser. Aber ehrlich über Christian zu reden, das schaffte sie einfach nicht. Herrje, sie musste endlich an etwas anderes denken, am besten an jemand anderen … und wirklich, auf einmal breitete sich ein angenehmes Gefühl in ihrer Brust aus. Sicher, bis jetzt war alles völlig unverfänglich gewesen. Poetischere Menschen als sie würden es vielleicht als »zartes Pflänzchen« bezeichnen. Aber ehrlich gesagt war es nicht mal das. Bloß ein paar nette Gespräche und eine sehr herzliche Umarmung zum Abschied … und nun ein paar E-Mails und Anrufe, völlig freundschaftlich gehalten. Eigentlich gar nicht erwähnenswert, außer man war ein dreizehnjähriger weiblicher Teenager, der Jungs endlich nicht mehr doof fand und auf den ersten Kuss hoffte … und dennoch, der Mann schien sie zu verstehen, konnte offenbar bis auf den Grund ihrer Seele schauen, obwohl sie sich kaum kannten.

Da schnalzte Kathi auf einmal mit der Zunge. »Vielleicht sollten wir dir die Haare blond färben, das wirkt wie ein Magnet auf die Mannsbilder!«

Rosa schüttelte den Kopf, so dass ihre schulterlangen braunen Locken nur so flogen. »Nein, danke, ich bleib bei meiner eigenen Haarfarbe. Und wenn du es ganz genau wissen willst …«

Sie machte eine bedeutsame Pause, und wie auf Kommando riss ihre Freundin die Augen auf. »Rück schon raus, Mädel! Oder ich fall auf der Stelle tot um!«

Rosa atmete tief durch. Sie wusste gar nicht so richtig, wo sie beginnen sollte. »Also«, fing sie schließlich an und merkte dabei selbst, wie sie versonnen zu lächeln begann.

Menschenskind, sie interpretierte wirklich viel zu viel in die ganze Sache hinein. Wieder ließ sie ihren Blick durchs Fenster nach draußen schweifen, betrachtete die weiß-braun gefleckten Kühe, die ganz in der Nähe auf einer Weide standen und sich das frische Gras schmecken ließen. Melodisch bimmelte die Glocke der Leitkuh, die recht energisch quer über die Wiese stapfte, offenbar duftete es dort hinten nach ganz besonders leckeren Kräutern. Traumhaft musste es sein, durchs frische Grün zu wandern, anstatt hier im Büro zu hocken … Besonders mit Florian, dem Maschinenbauingenieur aus Nürnberg mit den breiten Schultern und äußerst attraktiven Grübchen in den Wangen. Vielleicht würden sie sich zwischen blauem Enzian und Almrausch irgendwann tatsächlich küssen. So wie es vor drei Wochen um ein Haar passiert wäre, an Florians letztem Tag in ihrer Pension, als er sie zum Abschied einfach in den Arm genommen hatte. Tja, aber dann war Maria, ihre Angestellte, auf einmal ums Eck gekommen, und weil Rosa das Gesicht rasch zur Seite gedreht hatte, war Florians Kuss statt auf ihrem Mund auf ihrer Wange gelandet … »Erde an Blauensteiner! Bist du noch unter uns?«

Schützend hielt Rosa die Hände vor den Körper, aber zu spät. Kathi konnte es sichtlich nicht mehr erwarten, die Geschichte serviert zu bekommen und hatte eben einen Kugelschreiber nach ihr geworfen. Peng, war er auf Rosas Schulter gelandet und hatte noch dazu einen kleinen blauen Fleck auf ihrem weiß-roten Ringelshirt hinterlassen. »Aua! Ist ja schon gut!«, schrie sie entrüstet, begann aber endlich zu erzählen.

Nach zehn Minuten hatte sie wohl noch jedes klitzekleine Detail ihrer Begegnung mit Florian geschildert. Tja, erstaunlich, die Worte sprudelten geradezu aus ihr heraus. Während sie erzählte, wurden Kathis Augen immer größer. »So kenne ich dich ja gar nicht!«

Begeistert sprang sie auf und fiel der Freundin um den Hals. »Klingt ja nach so was von Traummann«, seufzte sie schließlich, als sie sich ein wenig beruhigt hatte, und klang dabei verdächtig rührselig.

Dann schob sie Rosa ein Stück von sich fort, zwinkerte ihr nun, wieder ganz die gewohnt resolute Friseurmeisterin, spitzbübisch zu. »War aber auch höchste Zeit! Sonst hätte ich dir glatt den Titel ›Mauerblümchen des Jahres‹ verliehen – samt selbst gemalter Urkunde und Plastikstatuette.«

»Na, herzlichen Dank auch!«, erwiderte Rosa gespielt empört, musste aber sofort wieder loslachen.

»Blink!«, meldete sich genau in dieser Sekunde ihr Computer und signalisierte so den Eingang einer E-Mail.

Kathi hob demonstrativ eine Augenbraue. »Vielleicht Florian?«

»Ach komm, das kann alles Mögliche sein!«

Sie winkte betont lässig ab, spürte aber gleichzeitig, wie es in ihrem Bauch auf einmal leicht zu kribbeln begann. »Schau doch einfach mal nach!«, sprach da Kathi ein Machtwort und reckte hinter ihrer Freundin den Hals, als die endlich die Computermaus bewegte.

»Jetzt hör dir das mal an«, erklärte Rosa gleich darauf mit einem leisen Seufzer.

Und las zum zweiten Mal an diesem Vormittag eine E-Mail vor:

Liebe Rosa, beim Aufwachen denke ich an dich, beim Einschlafen genauso. Und die restliche Zeit? Tagsüber gehst du mir nicht mehr aus dem Kopf, in der Nacht träume ich von dir. Wie soll das bloß weitergehen? Ich sag’s dir: So gar nicht! Ich will dich nämlich reden und lachen hören und dir dabei in deine schönen dunkelbraunen Augen sehen. Sonst sterbe ich noch vor Sehnsucht! Ich habe mir eine Woche Urlaub genommen und könnte bereits morgen vor deiner Tür stehen und eines deiner Ferienzimmer beziehen.

»Na, der geht ja ganz schön ran!«, kicherte Kathi los wie ein Teenager.

»Findest du?«

Sie schluckte, im ersten Moment fühlte sie sich tatsächlich ein wenig überrumpelt. Das waren ja ganz neue Töne. Doch das winzige Unbehagen verschwand sofort, machte einem wohligen Gefühl in der Brustgegend Platz. War es nicht großartig, dass Florian sie gern hatte und keinen Hehl daraus machte? Genau das war’s doch! Viel zu lange hatte sie wie eine Blöde Christian hinterhergehechelt und gehofft, dass er irgendwann das Gleiche für sie empfinden würde wie sie für ihn. Wie lächerlich konnte man sich denn noch machen? Es schüttelte sie ja geradezu, wenn sie daran dachte, wie sie bis vor Kurzem, obwohl Christian ja mit Ines zusammenlebte, immer noch insgeheim davon geträumt hatte, dass der Mann quasi über Nacht in heller Liebe zu ihr entflammen würde. Himmel auch! Kathi stieß sie jetzt breit grinsend in die Seite. »He, das hab ich doch nicht so gemeint! Aus mir spricht nur der Neid, weil der Johann niemals so was Süßes schreiben würde!«

»Aber geh! Sei doch ehrlich, wenn der Johann mit so was Schmalzigem daherkäme, würdest du ihm glatt einen Vogel zeigen«, antwortete sie mit hochgezogenen Augenbrauen.

Die andere gluckste. »Hast wahrscheinlich recht … aber wichtig ist doch, dass dir das Schmalz gefällt … und jetzt solltest du gleich mal antworten!«

»Ich weiß nicht so recht …«, überlegte sie laut.

Irgendwas sträubte sich noch in ihr. Es war schließlich etwas ganz anderes, ein wenig aus der Ferne zu flirten, als sich zu verabreden. Und dann wollte der Mann noch eine ganze Woche bei ihr wohnen! Okay, bei ihr wohnten zwar immer wieder Leute, das hatte es so an sich, wenn man eine Frühstückspension sein Eigen nannte, aber das hier war doch etwas völlig anderes. Huch, irgendwie lief das alles so irrsinnig schnell! Auf einmal war sie sich gar nicht mehr sicher, ob sie das überhaupt wollte. Vielleicht brauchte sie noch ein bisschen mehr Zeit, um endgültig mit Christian abzuschließen. Da räusperte Kathi sich vernehmlich. »Übrigens … ich hab gestern in Kitzbühel beim Bäcker die Ines getroffen.«

Sie machte eine kurze Pause, so als ob sie ihrer Freundin die Gelegenheit geben wollte, sich zu erinnern, wer diese Ines denn eigentlich sei. Rosa verdrehte die Augen – langsam reichte es wirklich mit dem blöden Versteckspiel. »Und, was hat sie erzählt?«, fragte sie und merkte dabei ärgerlicherweise, wie ihre Stimme leicht zitterte.

»Sie und Christian wollen im September heiraten. Seine Frauenarztpraxis läuft schon ganz gut, und jetzt können sie in Ruhe ihre Traumhochzeit planen.«

Mitfühlend strich sie der Freundin, die die letzten Worte nur mehr wie durch einen Nebel mitgekriegt hatte, über den Oberarm. »Ich glaub, es wird echt mal Zeit …«

Rosa schluckte. »Wo du recht hast, hast du recht …«

Nein, sie würde jetzt nicht zu heulen beginnen. Stattdessen ließ sie sich auf ihren Stuhl fallen, straffte den Rücken und begann, entschlossen zu tippen:

Lieber Florian, ich würde mich auch sehr freuen, wenn wir uns wiedersehen. Aber bitte lass uns nichts überstürzen! Schauen wir einfach, was die gemeinsame Woche bringt. Auf jeden Fall steht das Zimmer »Traumland« für dich bereit. Bis morgen und viele Grüße …

Sie warf einen raschen Blick zu Kathi, die nickte zustimmend. »Ist vielleicht gar nicht schlecht, wenn du ihn ein bisschen bremst … sonst macht er dir in drei Tagen noch einen Heiratsantrag!«

»Ha, ha … sehr witzig.«

Bevor sie es sich noch anders überlegen konnte, drückte sie rasch auf »Senden«. »Braves Mädchen«, murmelte Kathi, dann schien ihr wieder einzufallen, warum sie eigentlich hier war.

Ausgiebig reckte sie ihre Arme über den Kopf, setzte sich danach vor den anderen Computerbildschirm, um ihren Blick erneut über Zahlenkolonnen wandern zu lassen. »Was ist eigentlich mit der Therese? Zahlst ihr noch was?«

Unmerklich zuckte Rosa bei der Nennung des Namens ihrer fünf Jahre älteren Schwester zusammen. Noch so eine Baustelle in ihrem Leben … Keine Frage, es tat ihr immer noch weh, dass Therese sie nicht besonders mochte. Und das war noch milde ausgedrückt: Im Grunde hasste ihre ältere Schwester sie, da brauchte sie sich gar nichts vorzumachen. Das Äußerste, was von ihr kam, war hin und wieder mal eine Karte zum Geburtstag. Und trotzdem beschlich Rosa jedes Mal ein schlechtes Gewissen, wenn sie an ihre Schwester dachte. »Letzten Monat … ja, genau … im April war es das letzte Mal«, antwortete sie jetzt und hoffte dabei inständig, dass Kathi ausnahmsweise mal nicht ihren Senf zu diesem Thema dazugeben würde.

Zum Glück sagte sie nichts, runzelte bloß die Stirn. Auch so wusste Rosa, dass die Freundin ihre Entscheidung, der älteren Schwester dreißigtausend Euro als Ausgleich zu ihrem eigenen Erbe in Raten zu bezahlen, im besten Falle als unrettbar gutherzig bis völlig durchgeknallt bewertete. Verständlich, denn Rosa konnte nun mal nichts dafür, dass Tante Grete ihr alleine den alten Bauernhof, der nun zur Ferienpension mit kleinem Streichelzoo umgebaut worden war, vermacht hatte. Als die Eltern der beiden Mädchen vor zwölf Jahren bei einem Autounfall gestorben waren, war Rosa erst vierzehn, Therese neunzehn Jahre alt gewesen, hatte bereits in München eine Modeschule besucht und dort in einem Studentenwohnheim gelebt. So war bloß Rosa, völlig traumatisiert nach dem plötzlichen Tod der Eltern, zu Tante Grete in ihr altes Bauernhaus mit den vielen Hühnern gezogen. Die um einiges ältere Schwester des Vaters mochte vielleicht eine einfach gestrickte und etwas bedächtige Frau gewesen sein, aber sie hatte ihren Schützling geliebt und umsorgt wie ein eigenes Kind, und das junge Mädchen hatte ebenfalls sehr an der Tante gehangen. Rosa hatte es auch gar nicht fassen können, als Grete vor fünf Jahren mit Mitte siebzig nach einem schweren Schlaganfall gestorben war. Hatte der alten Frau, die sie sieben Jahre lang wie eine Mutter behütet hatte, viele Tränen nachgeweint. Im Gegensatz zu Therese, die Tante Grete, in ihren Augen »ein strunzdummes Bauernweiberl«, nie wirklich hatte besonders leiden können.

Rosa hielt für einen Moment den Atem an. Als ob es erst gestern gewesen wäre, sah sie die Szene bei der Testamentseröffnung in der Kanzlei des Notars vor sich.

Mit glühenden Wangen wetzte Therese auf dem schweren Stuhl hin und her, konnte es sichtlich kaum erwarten, dass Doktor Steinfellner, der Notar von Kirchberg, endlich anfing, Tante Gretes Testament vorzulesen. Dabei wirkte sie wie ein aufgeregtes Schulmädchen und trotz ihrer topmodischen, engen schwarzen Lederhose und der hohen Stiefeletten gar nicht mehr wie die trendige, stets coole Münchner Modedesignerin, als die sie sich so gerne präsentierte. Dabei würdigte sie ihre jüngere Schwester, damals einundzwanzig, die im braven Dirndl neben ihr wie ein Häufchen Elend hockte, keines einzigen Blickes. »Wie lange dauert es denn noch?«, fragte sie ungeduldig den Notar, der eben noch dabei war, seine Unterlagen zu ordnen.

»Keine Sorge, es geht schon los.«

Steinfellner warf ihr einen kühlen Blick zu. Einen Bruchteil einer Sekunde lang glaubte Rosa sogar ein spöttisches Lächeln zu erkennen, das seine Lippen umspielte. Aber vielleicht hatte sie sich das auch bloß eingebildet. Mit ruhiger Stimme, scheinbar ohne jede Gefühlsregung, las er das Testament bis zum letzten Satz vor. Danach war es einen Moment lang so ruhig in dem eichenholzgetäfelten Raum, dass man die sprichwörtliche Stecknadel hätte fallen hören können. Doch schon in der nächsten Sekunde schnappte Therese wie eine Ertrinkende nach Luft, um dann mit hochgeschraubter Stimme loszukreischen: »Wie bitte? Rosa erbt von der alten Schachtel alles allein? Den ganzen Hof?«

»Exakt«, kam die Antwort des Notars wie aus der Pistole geschossen.

Rosa warf abwechselnd ihm, dann Therese einen entsetzten Blick zu. Ihr Magen hatte sich verkrampft, und sie musste mehrmals schlucken, um nicht auf der Stelle in Tränen auszubrechen. Heute noch lief ihr ein eisiger Schauer den Rücken hinunter, wenn sie an den wutverzerrten Ausdruck im Gesicht ihrer Schwester dachte. »Alles kriegst du! Nachdem uns unsere Eltern nichts als Schulden hinterlassen haben … hast ja ganz wunderbar eingefädelt … du kleine, fiese Egoistin!«

»Aber ich hab doch gar nix gewusst … und verstehe auch nicht, warum Tante Grete das getan hat.«

Obwohl Rosas Erklärung der reinen Wahrheit entsprach, sprang Therese schäumend vor Wut auf. »Wer’s glaubt, wird selig!«, zischte sie, rauschte an Rosa vorbei, die ebenfalls aufgestanden war.

Als sie die Jüngere grob an der Schulter streifte, entschuldigte sie sich nicht, sondern starrte Rosa nur hasserfüllt an. Ein scharfer Schmerz schoss ihrer Schwester bis in die Brust, obwohl es doch bloß ein leichter Rempler gewesen war. Bereits am nächsten Tag schlug sie Therese die dreißigtausend Euro als Ausgleichszahlung vor. Ohne mit der Wimper zu zucken, nahm die das Angebot an. Und dennoch, bis heute war es offensichtlich, dass Therese ihre jüngere Schwester verabscheute.

»Tja, dann muss ich wohl weitersuchen«, holte Kathi Rosa wieder in die Gegenwart zurück.

Die runzelte die Stirn. »Tut mir echt leid, dass du dir so viel Arbeit machst!«

»Ach, das tu ich doch gern … Und jetzt werd ich erst so richtig neugierig!«

Sie zwinkerte ein paar Mal. »Kannst mich gerne Sherlockine Holmes nennen!«

Ihre Freundin schmunzelte, merkte auf einmal, wie Kathi sie liebevoll anschaute. »Außerdem bin ich total stolz auf dich, dass du die Pension so super schupfst. Quasi aus dem Nichts hast du es geschafft, dass jeder Gast wiederkommt, ja am liebsten gleich bei dir einziehen möchte!«

Rosa, der so viel Lob richtig unangenehm war, winkte ab. »Im Grunde hab ich einfach nur viel Glück gehabt … und supernette Gäste, die weitererzählen, wenn es ihnen hier gefällt.«

»Aber sicher.« Kathi, die merkte, wie Rosa sich vor Verlegenheit wand, kam wieder zur eigentlichen Sache. »Bezahlen nicht viele auch in bar?«

»Schon, aber das Geld bringen Maria oder ich einmal die Woche auf die Bank, und im Moment ist nichts offen.«

»Aha, Maria …«

Energisch schüttelte Rosa den Kopf. Über ihre Mitarbeiterin, die von Anfang an dabei war, ließ sie nichts kommen. Seit fünf Jahren arbeitete die sechzigjährige Witwe bei ihr; eigentlich seit dem Eröffnungstag der Ferienpension »Willkommen im Glück«. Von ihr war auch der Vorschlag gekommen, die zehn Zimmer, anstatt sie einfach zu nummerieren, mit klingenden Namen wie »Herzenswärme«, »Kinderlachen« oder »Liebeszauber« zu versehen. Rosa hatte die Idee umwerfend gefunden – und erfreut gemerkt, dass sie auch bei ihren Gästen unglaublich gut ankam. Und jetzt war Maria so was wie das »Mädchen für alles«, putzte die Zimmer, half beim Frühstücksbuffet und fungierte insgesamt als die gute Seele des Hauses. »Du, wirklich … für sie lege ich meine Hand ins Feuer«, erklärte Rosa nun mit Nachdruck.

Kathi setzte eben zu einer Antwort an. Doch ausgerechnet jetzt wurde von außen die Bürotür aufgerissen.

»Da bist du ja!«

Große blaue Kinderaugen schauten Rosa vorwurfsvoll an und zauberten sofort ein Lächeln auf die Gesichter der beiden Frauen. Zu niedlich sah die fünfjährige Nele aus Köln aber auch aus in ihrem rosa geblümten Kleiderl und mit den zwei geflochtenen blonden Zöpfen! Wie ein kleiner Engel, der jetzt aber eher wie ein trotziges Teuferl die Unterlippe vorschob. »Wir wollten doch gemeinsam zu den Kaninchenbabys gehen!«

»Aber sicher, Nele!«

Rosa beugte sich zu ihr. »Ich hab’s auch nicht vergessen!«

»Na, dann gehen wir doch!«

Zappelig fasste ihr im Moment jüngster Gast nach ihrer Hand. »Darf ich ihnen Namen geben? Ich weiß auch schon ganz tolle: Murmel für das Braune … und Schneeflocke für …«

»Das Weiße?«, fragte Kathi mit treuherzigem Blick nach.

Nele rollte mit den Augen. »Na, logo!«

Die beiden Frauen tauschten einen raschen Blick aus, bemühten sich, dabei ernst zu bleiben. »Ist es okay, wenn ich dich ein bisserl allein lasse?«, fragte Rosa die Freundin.

»Na, logo!« Kathi grinste breit, ging dann wie bei Karate in Kampfstellung. »Mit deiner Abrechnung werde ich auch alleine fertig.«

»Bis später!«

Rosa lachte auf und war in der nächsten Sekunde auch schon an Neles Hand zur Tür draußen.

Die Kleine hatte es ziemlich eilig, zog sie rasant wie auf einer Flucht den schmalen Weg zum Kaninchenstall hinter sich her. Erstaunlich, wie schnell so kleine Füßchen laufen konnten! Mmmh, als sie am Kräutergarten vorbeikamen, zog ein wunderbar würziger Duft nach Salbei, Zitronenminze und Basilikum zu ihnen herüber. Normalerweise hätte Rosa das Mädchen darauf aufmerksam gemacht, aber jetzt … jetzt waren die Kaninchen einfach interessanter, alles klar. Auch Benno, Rosas ein Jahr altem Hovawart, der eben noch faul in der Sonne gedöst hatte und nun die beiden schwanzwedelnd begrüßte, wurde von Nele ausnahmsweise bloß im Vorbeigehen der Kopf getätschelt. Da fiel Rosa etwas ein. »Wissen deine Eltern überhaupt, dass du bei mir bist?«, fragte sie und blieb abrupt stehen.

Wie von grimmiger Zauberhand weggewischt, verschwand blitzartig das eben noch so fröhliche Lachen aus Neles Kindergesicht. »Denen ist das doch egal … die streiten ohnehin die ganze Zeit!«

»Ach, Mäuschen …«, murmelte Rosa, strich der Kleinen über die blonden Haare.

Ihr selbst war auch schon aufgefallen, dass sich Neles Eltern, Doris und Klaus Reichart, seitdem sie vor einer Woche angekommen waren, häufig angifteten. Einmal, als sie frische Handtücher ins Zimmer gebracht hatte, war Rosa sogar unbeabsichtigt Zeugin eines handfesten Ehekrachs geworden. Ungewöhnliche Kreditkartenabrechnungen von Klaus und eine Arbeitskollegin, die verdächtig oft in der Anrufliste seines Handys auftauchte … Am liebsten hätte die Pensionswirtin das alles gar nicht mitgekriegt, und besonders tat ihr natürlich die Kleine leid. »Das wird schon wieder«, versuchte sie zuversichtlich zu klingen, aber die Traurigkeit wich immer noch nicht aus Neles Blick. »Die wollen sich scheiden lassen …«, flüsterte sie mit hängenden Schultern.

Mit einem tiefen Seufzer, den sie einfach nicht unterdrücken konnte, schloss Rosa sie in die Arme. »Aber, aber … so schnell lässt man sich nicht scheiden«, flüsterte sie, spürte dabei selbst einen dicken Knödel im Hals. »Am liebsten würde ich bei dir bleiben, für ewig oder noch länger«, wisperte das Mädchen.

Die Frau stupste es sanft am Kinn an. »Aber geh, deine Mama und dein Papa haben dich doch so lieb. Wenn du weg wärst, würden die den ganzen Tag nur weinen!«, versuchte sie einen lockeren Ton anzuschlagen.

»Und jetzt gehen wir zu den Kaninchenbabys, die warten schon auf uns!«

Dafür war Nele zum Glück sofort zu begeistern. »Und das Scheckige nenne ich Kasimir!«

»Einen schöneren Namen wüsste ich auch nicht«, pflichtete ihr Rosa bei, erleichtert darüber, dass die Kleine so schnell auf andere Gedanken gekommen war.

Kurz vorm Stall kam ihnen Maria mit einem vollen Wäschekorb in den Händen entgegen. »Klasse, dass alles in der Sonne so schnell trocken geworden ist, nicht wahr?«, meinte ihre Arbeitgeberin, deutete lächelnd auf die Bettüberzüge.

Von der kleinen, molligen Frau erntete sie dafür nur ein mürrisches Nicken. Was war denn da los? Verwundert runzelte sie die Stirn. So kannte sie Maria, die sonst immer die gute Laune in Person war, gar nicht. In einer ruhigen Minute würde sie sich bei ihr erkundigen, ob sie etwas auf dem Herzen hatte. Mit einem mulmigen Gefühl dachte sie an die starken Magenschmerzen, die Maria ein paar Tage zuvor erwähnt hatte und deretwegen sie zum Arzt gehen wollte. Hoffentlich war da nichts Schlimmes rausgekommen …

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