Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Hannover versteht es, sein Licht in typisch norddeutscher Manier unter den Scheffel zu stellen - und hat doch so viel mehr zu bieten als nur das weltgrößte Schützenfest. Lassen Sie sich von »Hannovers Schriftstellerpaar« auch verkannte Highlights wie das Wald-Hochhaus in der Eilenriede, das Museum der Tierärztlichen Hochschule und Onkel Olli’s Kiosk zeigen. Gehen Sie der Frage auf den Grund, ob England immer noch zu Hannover gehören könnte, wenn die Welfen damals nicht alles versemmelt hätten. Kurz: Erkunden Sie in und um Hannover, was sie schon immer wissen wollten, aber nie zu fragen wagten. Und das mit dem größten Vergnügen!
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 144
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Lieblingsplätze in und um Hannover
Wolfram Hänel / Ulrike Gerold
Die Autoren und der Verlag haben alle Informationen geprüft. Gleichwohl wissen wir, dass sich Gegebenheiten im Verlauf der Zeit ändern, daher erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Sollten Sie Feedback haben, bitte schreiben Sie uns! Über Ihre Rückmeldung zum Buch freuen sich die Autoren und der Verlag: [email protected]
Sofern nicht im Folgenden gelistet, stammen alle Bilder von Wolfram Hänel:
Achim Uhlenhut 38, 150; Wolfram Hänel/Achim Uhlenhut 172
Alle Seitenangaben in diesem Buch beziehen sich auf die Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe.
Besuchen Sie uns im Internet:
www.gmeiner-verlag.de
1., überarbeitete Neuausgabe 2022
© 2015 – Gmeiner-Verlag GmbH
Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 0 75 75/20 95-0
Alle Rechte vorbehalten
Redaktion: Ricarda Dück
Herstellung: Julia Franze
E-Book: Mirjam Hecht
Bildbearbeitung/Umschlaggestaltung: Susanne Lutz
unter Verwendung der Illustrationen von © EH Grafik – stock.adobe.com,
© VRD – stock.adobe.com, © nasik – stock.adobe.com,
© scusi – stock.adobe.com, © Katrin Lahmer, © Susanne Lutz
Kartendesign: © Maps4News.com/HERE
ISBN 978-3-8392-7250-3
Impressum
Hannover
Liebenswerte Provinzhauptstadt mit kleinen Macken
Einführung Stadt: Hannover
1 Treffpunkt »Unterm Schwanz«
Hannover: Hauptbahnhof
2 Vom Café zum Platz
Hannover: Kreuzung Kröpcke
3 In der Unterwelt der Innenstadt
Hannover: Kneipe Jack the Ripper’s
4 Früher flanierten hier die Offiziere
Hannover: Opernhaus und Opernplatz
5 Wo der Kronleuchter wackelt
Hannover: Künstlerhaus Hannover
6 Das »Wunder von Hannover«
Hannover: Georgsplatz
7 Wo Werthers Lotte begraben liegt
Hannover: Gartenfriedhof
8 Stars erst auf Zelluloid, dann live
Hannover: Theater am Aegi
9 Ulbricht und Honecker lassen grüßen
Hannover: Restaurant Ständige Vertretung
10 »Alles bar bezahlt, Majestät!«
Hannover: Neues Rathaus
11 Gartenkunst im Sumpfland
Hannover: Maschpark
12 Willkommen beim Roten Franz
Hannover: Niedersächsisches Landesmuseum
13 Ein Haus für die moderne Kunst
Hannover: Sprengel Museum
14 Flacher Teich mit Linienverkehr
Hannover: Maschsee
15 Ein Glockenspiel zum Gedächtnis
Hannover: Aegidienkirche
16 Der Bauch von Hannover
Hannover: Markthalle
17 Wenn der Turmwächter Alarm blies …
Hannover: Marktkirche und Altes Rathaus
18 Der Schein trügt
Hannover: Altstadt
19 Ein Haus, um Federball zu spielen
Hannover: Ballhof
20 Idylle mitten im Trubel
Hannover: Rund um die Kreuzkirche
21 Wo Hannover seinen Anfang nahm
Hannover: Altstadtflohmarkt
22 »Der Spiegel« stammt aus Hannover
Hannover: Anzeiger-Hochhaus
23 Der Geheim(dienst)-Tipp
Hannover: KGB-Bar
24 Die Erste irische Kneipe
Hannover: The Irish Pub
25 Ein selbstverwaltetes Kulturkaufhaus
Hannover: Kulturzentrum Pavillon
26 Wo sich List und Oststadt treffen
Hannover: Wedekindplatz
27 Im Zylinder darf’s nicht klappern
Hannover: Konzertlokal Kanapee
28 Kult mit langer Vergangenheit
Hannover: Kneipe Plümecke
Was Sie über Hannover wirklich nicht wissen müssen
Stadtkultur: Typisch »hannöversch«!
29 Firmen von Weltruf am laufenden Meter
Hannover: Straße »Die Podbi«
30 Erst Schweine, dann Spaziergänger
Hannover: Stadtwald Eilenriede und Lister Turm
31 Der Duft nach Bücherwelten
Hannover: Buchhandlung Sternschnuppe
32 Über Nacht zum Millionär
Hannover: Altes Dorf Groß-Buchholz
33 »Holzbaracken« mit Modellcharakter
Hannover: Grasdachsiedlung
34 Mal andere Gesichter sehen
Hannover: Erlebniszoo Hannover
35 Ein Stall für Hannovers Kulturszene
Hannover: Theater Altes Magazin
36 Das einzige seiner Art
Hannover: Veterinärmedizinhistorisches Museum
37 Seltene Rosen und japanische Fische
Hannover: Stadtpark
38 Bürgerliche Idylle wie in England
Hannover: Gartenstadt Kleefeld
39 Mehrere Male umgezogen
Hannover: Alte Mühle
40 Früher gejagt, heute gefüttert
Hannover: Tiergarten
41 Hannover ist auch Hafenstadt
Hannover: Schleuse Anderten
42 Hannovers Klinkermoderne
Hannover: Stephansplatz
43 Man kann ja nie wissen
Hannover: Engesohder Friedhof
44 Vom Jammer zu Bullerbü
Hannover: Siedlung Döhrener Jammer
45 Kleines Geld für großes Logo
Hannover: Expo-Dach und Hermesturm auf dem Messegelände
46 Ein Deich mitten in der Stadt
Hannover: Ricklinger Deich und Masch
47 Kult oder Kitsch?
Hannover: Kneipe Barkarole
48 Kabarett im Wannenbad
Hannover: Theater am Küchengarten
49 Meditatives Lungern in Linden
Hannover: Limmerstraße
50 Hinterhof-Kino als Trendsetter
Hannover: Apollokino
51 Von Bettfedern und Tango
Hannover: Kulturzentrum Faust
52 Es geht auch ohne Rotkäppchen
Hannover: Kneipe … und der böse Wolf
53 Von weiß zu grün
Hannover: Lindener Berg
54 Qualität auf höchster Ebene
Hannover: Jazz Club
55 Eine Düne in der Ebene
Hannover: Alter Jüdischer Friedhof
56 Hannovers berühmtester »Späti«
Hannover: Onkel Ollis Kiosk
57 Für kollektive Esser
Hannover: Gaststätte Kaiser
Die Könige vom Kartoffelesserland
Stadtgeschichte: Die Personalunion 1714 bis 1837
58 Das Versailles des Nordens
Hannover: Großer Garten in den Herrenhäuser Gärten
59 Alles, was glänzt, ist Gold!
Hannover: Gartentheater im Großen Garten
60 Kleinod hinter dem Südschnellweg
Hannover: Technikdenkmal Wasserkunst am Großen Garten
61 Ein Tempel für ein Universalgenie
Hannover: Leibniztempel im Georgengarten
62 Mehr als Max und Moritz
Hannover: Wilhelm-Busch-Museum im Georgengarten
63 Ein Königreich für die Wissenschaft
Hannover: Welfenschloss im Welfengarten
64 Von Schwiegermuttersesseln
Hannover: Berggarten in den Herrenhäusern Gärten
65 Landschaftsgarten mit Teich
Hannover: Stöckener Friedhof
66 Dank der großen Nachfrage
Hannover: VW-Werk in Stöcken
Ümme Ecke
Wo die wilden Welfen wohnen
Einführung Umland: Ümme Ecke
67 Armseliges Fischerdorf wird chic
Wunstorf: Strandpromenade Steinhude
68 Das Alcatraz von Steinhude
Wunstorf: Festung Wilhelmstein in Steinhude
69 Brillante Live-Musik im Gewerbegebiet
Isernhagen: Blues Garage
70 Bunte Fassadenidylle
Celle: Altstadt
71 Mehr Heide geht nicht
Suderburg: Museumsdorf Hösseringen
72 Mit das schönste Fachwerk der Welt
Hildesheim: Knochenhauer Amtshaus
73 Kultur und Kuchen im Gewächshaus
Holle: Mausoleum und Schloss Derneburg
74 Neuschwanstein zwischen Rübenäckern
Pattensen: Schloss Marienburg
75 Traurige Geschichte
Nienstedt am Deister: Wanderung zum Nordmannsturm
76 Forst und Wildgetier
Springe: Wanderung auf den Berg Deister
77 Paradies für Kletterhaken-Fans
Lüerdissen: Lüerdissener Klippen
Karte
Warnung! Dieses Buch beinhaltet nicht alle Sehenswürdigkeiten Hannovers, es listet auch nicht immer alle Fakten auf, die womöglich wissenswert wären. Aber dafür erzählt es ein paar Geschichten, die Sie so ganz sicher in keinem anderen Stadtführer finden. Und es hat uns als Text- und Bildautoren eine große Freude gemacht, diese Stadt mal aus unserer Sicht zu beleuchten. Wir leben nun seit – zusammengezählten – mehr als 100 Jahren in Hannover und sind immer noch gerne hier. Klingt unglaublich, ist aber wahr! Seien Sie also gespannt auf einen Blickwinkel, der vielleicht nicht immer »politically correct« ist, dafür aber ungeschminkt und authentisch.
»Das Beste an Hannover ist die Auffahrt zur Autobahn«, ist so ein Satz, der in schöner Regelmäßigkeit bemüht wird, wenn es darum geht, dem gängigen Vorurteil zu folgen, das – aus welchen Gründen auch immer – Hannover gerne an die letzte Stelle der deutschen Großstädte rückt. Mit anderen Worten: Hannovers Image ist nicht das beste, und keiner vermag so recht zu sagen, woran das wohl liegen könnte. Hannover gilt vielen als langweilig und spießig, und die Hannoveraner selbst als typisch norddeutsch-spröde und wenig weltoffen. Leider taugt auch das gerne mal nieselig-graue Wetter nicht unbedingt dazu, Hannover auf den ersten Blick ins Herz schließen zu wollen.
Klar, im Jahr 2000 hat hier die Expo stattgefunden, jeder weiß, dass die Hannover Messe die größte Industriemesse der Welt ist und dass in Hannover (angeblich) das sauberste Hochdeutsch gesprochen wird, jeder hat auch schon mal vom Massenmörder und Polizeispitzel Haarmann gehört, aber das war es dann meistens auch schon. Und Hannover selbst müht sich zwar nach Kräften, muss aber immer wieder erkennen, dass alles Streben nur wenig hilft, wenn dann kleine und größere Skandale der Image-Aufbesserung einen Strich durch die Rechnung machen: ein Exkanzler, der ausgerechnet Putin zum Freund hat, ein ehemaliger Bundespräsident, der Privates und Politisches nicht so ganz zu trennen vermochte, die Hells Angels, die womöglich nicht nur das Rotlichtviertel kontrollier(t)en, der Begründer eines unabhängigen Finanzberatungsunternehmens, das eine Vielzahl von Anlegern über den Tisch gezogen haben soll. Da reicht es dann auch nicht, dass Lena mal den Eurovision Song Contest gewonnen hat, die Scorpions mal Deutschlands Aushängeschild in Sachen Hardrock waren, Hannover 96 1954 Deutscher Fußballmeister war, der »Bulli« seit 1956 in Hannover gebaut wird oder eine Drogeriekette aus Hannover zu den Marktführern gehört. Ganz zu schweigen von Deutschlands Ex-Porno-Queen Teresa Orlowski, die allerdings zugegebenermaßen auch eher wenig »Einblicke« in typisch hannöversche Qualitäten gezeigt hat.
Tatsächlich aber hat Hannover viel mehr zu bieten als nur das weltgrößte Schützenfest (und die dazugehörige Lüttje Lage, die jedes Trinkerherz höher schlagen lässt), Hannover hat auch einen größeren Stadtwald vorzuweisen als New York und ist nicht ohne Grund zur grünsten Großstadt Deutschlands gewählt worden, mit einer exzellenten Luftqualität. Ein gewisser Karl Jatho hat auf einer sumpfigen Wiese noch vor den Brüdern Wright den ersten Motorflug der Welt hingelegt (nun gut, es waren nur knappe 18 Meter und gerade mal 75 Zentimeter über dem Boden), Hannover war die erste Stadt des Kontinents mit Gasbeleuchtung und Standort der ersten Tankstelle in Europa. Bei der Grammophon ist die erste Schallplatte in Serie gegangen, bei der Hanomag wurde mit dem Kommissbrot das erste Fließbandauto in Deutschland gebaut und bei Telefunken ist das PAL-Farbfernsehsystem erfunden worden, die Hirnforschung am INI (International Neuroscience Institute) rangiert ebenso wie der Jazzclub unter den Top Ten weltweit.
Die Liste hannoverscher Firmen mit Weltruf ist lang, der frühere Intendant des Staatsschauspiels Alexander May hat aus den Namen sogar mal einen Rap gestottert: »Cococontinental, Bbbahlsen, Ppppelikan …« Keinesfalls zu vergessen sind dabei auch noch Appel (Feinkost), Geha (Füller), Läufer (Radiergummis), Sprengel (Schokolade), Varta (Batterien) und schließlich VW-Nutzfahrzeuge. Im Übrigen hat ausgerechnet Karl Marx die Stadt gegenüber London gelobt, als er Hannovers Parks als »viel geschmackvoller angelegt« bezeichnete, und das will ja wohl was heißen! Und Hannovers Dada-Künstler Kurt Schwitters hat sich zu dem Satz verstiegen: »Es ist wahr, dass Hannover stark zurückgeblieben ist, aber es hat alles wieder aufgeholt.«
Hannover gilt auch als die »Hauptstadt des Krautrocks« und hat immerhin eine eigene Tatort-Kommissarin, aus Hannovers Schauspielschule kommen so bekannte Namen wie Katja Riemann, Ulrike Folkerts, Matthias Brandt. An der Hochschule für Musik und Theater lehrt der weltbekannte Pianist Igor Levit. Auch mit großen Namen früherer Zeiten vermag Hannover durchaus zu punkten, mit den Schauspielern Grethe Weiser, Theo Lingen, Dieter Borsche, den Schriftstellern Karl Jakob Hirsch, Ernst Jünger, Karl Krolow, Hermann Löns, Hoffmann von Fallersleben, den Philosophen Hannah Arendt und Theodor Lessing, den Politikern Hindenburg, Noske, Schumacher, der Pilotin Elly Beinhorn, der Tänzerin Mary Wigman. Wilhelm Busch hat an der Polytechnischen Hochschule Maschinenbau studiert, nur wenige Kilometer südlich von Hannover, in Springe, hat Heinrich Göbel vielleicht sogar die Glühbirne erfunden, in der Werkstatt von Ernst Bandel in der Eisenstraße 1 ist das Hermanns-Denkmal gebaut worden (in Einzelteilen natürlich), im Café Kröpcke haben sich Erich Maria Remarque und Kurt Schwitters getroffen, im Weinhaus Wolf hat Gottfried Benn seine Gedichte geschrieben. Und John Kay, der spätere Sänger der amerikanischen Rockband Steppenwolf, war Schüler der hannoverschen Waldorf-Schule (damals hieß er allerdings noch Joachim Fritz Krauledat)!
Ärgerlich ist allerdings, dass die Gottfried Wilhelm Leibniz Universität dem Andenken des Universalgelehrten nicht universell nachkommt, sondern sich heute – nach einer kurzen Hochzeit mit dem Soziologen Oskar Negt, dem Germanisten Hans Mayer und dem Psychologen Peter Brückner – eher wieder zu einer technischen Universität zurückentwickelt. Aber vielleicht muss das auch so sein in einer Stadt, die mal der Königssitz eines Vereinten Königreiches von Hannover und England war – und das dann versemmelt hat, nur weil die Hannoveraner keine Frau als Thronfolgerin haben wollten.
Aber trotz alledem und von allen möglichen Macken mal ganz abgesehen: Irgendwie ist Hannover doch auch ganz schön cool! So ist es auch kein Wunder, dass Hannover unter den zehn entspanntesten Städten weltweit aufgeführt wird. Und jeder, der sich auf Hannover mal etwas länger einlässt, wird das nur bestätigen können. Genauso wie die Tatsache, dass die Hannoveraner eigentlich auch ganz nett sind – und es stimmt nicht wirklich, wenn böse Zungen behaupten, dass man sich samstags nur mal eine halbe Stunde in die Markthalle stellen muss, um alle Einwohner gesehen zu haben.
Allerdings eröffnet dieses »Jeder-kennt-hier-jeden« auch ungeahnte Möglichkeiten, wie die Chance, Deutschlands bis vor kurzem dienstältesten Oberbürgermeister (Herbert Schmalstieg, von 1972 bis 2006) persönlich am Mittellandkanal vorbeiradeln zu sehen oder Deutschlands einziges lebendes Steifftier, den »Totalkünstler« Timm Ulrichs, zu treffen. Apropos Kunst, Kurt Schwitters hat es auf den Punkt gebracht: »Hundekrankheiten bekommt der Hannoveraner nie! Das ergibt keinen Sinn, aber es erzeugt Weltgefühl. In Hannover sind weite Gedankensprünge erlaubt, dichterische Leistung und gefährliche Geistesblitze liegen eng beisammen.« Oder so ähnlich jedenfalls. In diesem Sinn wünschen wir Ihnen viel Spaß in und mit unserer Stadt, in der der (Leibniz-)Keks nur echt ist, wenn er genau 52 Zähne hat.
Hannover in Kürze
Bevölkerung: rund 543.000 Einwohner (Stand: März 2021)
Status: Landeshauptstadt von Niedersachsen
Lage: am südlichen Rand der norddeutschen Tiefebene zwischen Lüneburger Heide und Harz, gerade mal 55 Meter über dem Meeresspiegel
Ausdehnung: etwa 205 Quadratkilometer
Viele Bahnhofsgebäude sind in den letzten Jahren stilvoll restauriert worden und prägen jetzt als lebendige Kulisse das Stadtbild – Hannovers Hauptbahnhof gehört ohne Frage zu diesen Schmuckstücken, die Verbindung von historischer Fassade und modernem Innenleben ist gelungen.
Auch sonst kann der Bahnhof mit beeindruckenden Fakten aufwarten: Zwischen 1876 und 1879 als »Durchgangsbahnhof« angelegt, gehört er heute mit 640 Zügen täglich zu den Bahnhöfen der Kategorie 1. Der Durchgangsbahnhof war allerdings auch lange Zeit ein städtebauliches Problem, da die Bahnlinie die Stadt in zwei Hälften teilte, die repräsentative Innenstadt auf der einen Seite, auf der anderen die wie »abgehängt« wirkende Oststadt, die als einzige Attraktion das Gefängnis aufweisen konnte. Das hat sich nun schon lange geändert. Das Gefängnis ist verlegt und die Oststadt und List bevorzugte Wohngegenden alternativ-bürgerlicher Hannoveraner.
Dennoch hat sich der Bahnhof so etwas wie einen typischen Charme bewahren können, das beginnt schon mit dem Reiterstandbild vor dem Haupteingang. Das Ernst-August-Denkmal zu Ehren des Kurfürsten und Königs wird von den Hannoveranern gern als Treffpunkt genutzt, die Verabredung heißt dann: »Wir treffen uns unterm Schwanz.« Und die Inschrift auf dem Granitsockel gilt als Beispiel für den »hannoverschen Genitiv«: Dem Landesvater sein treues Volk. Wem sein treues Volk? Dem Landesvater seins. Wobei natürlich der Bildhauer in Wirklichkeit nur den Punkt hinter dem Landesvater vergessen hat.
Übrigens: Von seiner Aufstellung 1861 an überstand das Denkmal Bahnhofsneubau und zwei Weltkriege, auch einen kurzfristigen Umzug zum Leineschloss, als die U-Bahn gebaut wurde. Dann aber stand eine Generalsanierung an, dafür wurde der 140 Kilogramm schwere Kopf der Figur abgetrennt – Ernst August wurde geköpft. Nach der Rückkehr aus dem Ausbesserungswerk erhielt der König seinen Kopf zurück. Ein ähnliches »Versehen« wie bei der Inschrift ist auch bei der Namensgebung der Fußgängerunterführung passiert, die seit 1986 vom Kröpcke unter dem Bahnhof hindurch zum Raschplatz führt: die »Passerelle« – nur dass Passerelle eigentlich mit »kleiner Überweg« zu übersetzen wäre. Eben diese Passerelle war lange Zeit eine der umstrittensten Errungenschaften der Landeshauptstadt, eng, dunkel und mit tief hängender Betondecke, eine No-go-Area vor allem nachts. Inzwischen ist alles fein umgebaut und restauriert, die Läden sind vermietet, das Leben ist eingezogen und konsequenterweise heißt die Unterführung nun auch Niki-de-Saint-Phalle-Promenade – zu Ehren der französischen Künstlerin und hannoverschen Ehrenbürgerin. So kommt auch die von Stefan Schwerdtfeger und Diether Heisig geschaffene Skulptur von »Nessie«, die nicht aus dem Loch Ness, sondern hier mitten in Hannover aus dem Asphalt auftaucht, wieder gut zur Geltung.
Erst hinter dem Bahnhof wird wieder deutlich, was passiert, wenn eine an sich liebenswerte Provinzgroßstadt mit Macht versucht, durch Hochhäuser aufzufallen – vor allem die Betonbausünde des Bredero Hochhauses aus den 1970er-Jahren ist auch durch aufwendige Renovierung nicht ungeschehen zu machen.
Dagegen ist die Tatsache, dass dem Bahnhof zwei Gleise fehlen, ein durchaus sympathisches Kuriosum – als 1879 ein neues, großartiges Empfangsgebäude im Neo-Renaissance-Stil gebaut wurde, erhielten auch fünf der sieben Durchgangsgleise neue Überdachungen aus Stahl, zwei Gleise – nämlich 5 und 6 – verliefen dazwischen ohne Bahnsteig und ohne Überdachung. Die breite Lücke sollte einem besseren Abzug des Lokomotivendampfes zwischen den Hallendächern dienen. Der Wiederaufbau nach dem Krieg hielt sich dann an die alte Anlage, mit vier zusätzlichen Gleisen – nur die Gleise 5 und 6 entfielen!
Erlauben Sie sich doch mal den kleinen Scherz und fragen Sie einen Passanten oder Bahnbeamten, wie man zu den Gleisen 5 und 6 gelangt.
1
Ernst-August-Denkmal
Hauptbahnhof
Ernst-August-Platz 1
30159 Hannover
Nessie taucht auf in der Einkaufspassage unterm Hauptbahnhof
Mit dem Kröpcke ist es so eine Sache für sich – tatsächlich war der Platz einmal der Mittelpunkt der Stadt und das gleichnamige Café in den 1920er-Jahren weit über Deutschland hinaus bekannt als Treffpunkt von Literaten und Künstlern, zu den »Stammgästen« gehörten Kurt Schwitters, Erich Maria Remarque und Theodor Lessing.
Ursprünglich hieß das Café Robby nach seinem damaligen Besitzer Georg Robby, der – fasziniert von den Eisenkonstruktionen der Pariser Weltausstellung 1889 – ein Gebäude errichten ließ, das tatsächlich weltstädtisches Flair vermittelte.
Wie so vieles wurden Café und Platz im Krieg zerstört, 1948 wurde ein neues Café Kröpcke gebaut, für den U-Bahn-Bau wieder abgerissen und schließlich 1975 das Areal neu gestaltet, der kleine Park – mit Musikpavillon! – zwischen Kröpcke und Opernhaus musste dem Expo-Café weichen, das Kröpcke selbst wurde durch einen Tonnendachbau ersetzt, ein gewaltiger Büro- und Kaufhausklotz aus Beton dominierte den Platz über der größten U-Bahn-Station der Stadt. Mittlerweile hat man versucht, den umstrittenen Klotz durch Umbau wieder in ein attraktives Einkaufszentrum zu verwandeln.
Eine ähnliche Geschichte von städtebaulicher Zerstörung erzählt die Kröpcke-Uhr. Die reich verzierte Uhr von 1885 mit der Reklamesäule als Sockel passte nach Meinung der damaligen Stadtväter nicht mehr in die hannoversche Wiederaufbau-Zeit, wurde 1954 abgebrochen und als Altmetall entsorgt. An ihre Stelle kam eine schlichte Normaluhr mit drei Zifferblättern. Erst 1977 wurde eine Replik der Originaluhr aufgestellt, die nun immerhin auch wieder als beliebter Treffpunkt fungiert. In das Pflaster zu ihren Füßen ist eine Karte eingelassen, welche die Entfernungen von Hannover zu anderen Weltstädten zeigt – nach Montevideo sind es 11.700 Kilometer.
Wer heute bei Kaffee und Kuchen im Mövenpick sitzt, wird vielleicht ein bisschen wehmütig eingedenk der alten Zeiten mit den »Stammgästen« von früher.
2
Platz Kröpcke
Georgstraße
30159 Hannover
www.visit-hannover.com
Restaurant Mövenpick
Hannover KröpckeGeorgstraße 35
30159 Hannover
0511 32628445
www.moevenpick-restaurants.com/hannover-kroepcke
Gerade um den Kröpcke herum war Hannover nach den Bombennächten nahezu vollständig zerstört, und die typischen Bauten aus den 1950er- und 1960er-Jahren lassen kaum vermuten, dass sich darunter ja immer noch die Keller der früheren Innenstadthäuser befinden.
Ein solches Kreuzgewölbe aus dem Jahr 1880 bildet das Ambiente für die nach dem Vorbild einer typischen Londoner Kellerbar gestaltete Kneipe