Lisa Martensen Im Schatten des Zufalls - Nora Mildt - E-Book

Lisa Martensen Im Schatten des Zufalls E-Book

Nora Mildt

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Beschreibung

Sie stieß mit dem Typen in der Eingangstür zusammen, entschuldigte sich kurz, ohne dabei aufzusehen. Lisa bemerkte nicht, wie verachtend er ihr nachstarrte! Warum ich, schoss es Lisa Martensen durch den Kopf. Die Worte hallten in ihrem Kopf nach. Seit Tagen schwirrten ihre Gedanken umher. Durch den Überfall in Leas Wohnung, ihrer aktuellen Affäre in Frankfurt, schien ihre Welt, als Kriminalhauptkommissarin beim BKA in Wiesbaden, aus den Fugen zu geraten. Lisa fand in Frankfurt keine Ruhe mehr. Sie musste zurück auf ihre Heimatinsel Fehmarn in der Ostsee. Draußen heulte der Sturm um das reetgedeckte Haus. Hierhin hatte sie sich geflüchtet. Ihre neue und doch vertraute Heimat. Tief in ihrem Inneren reifte der Plan langsam heran. Sie spürte, dies war der richtige Weg...

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

Epilog

Nachbemerkung der Autorin

Prolog

Sie stieß mit dem Typen in der Eingangstür zusammen, entschuldigte sich kurz, ohne dabei aufzusehen. Lisa bemerkte nicht, wie verachtend er ihr nachstarrte.

Warum ich, schoss es ihr durch den Kopf. Warum nur ich. Die Worte hallten in ihrem Kopf nach.

Seit Tagen schwirrten die Gedanken nur so umher. Durch den Überfall in Leas Wohnung, ihrer aktuellen Affäre, schien ihre Welt aus den Fugen zu geraten. Lisa fand in Frankfurt keine Ruhe. Sie musste diesen Schritt wagen…

Draußen heulte der Sturm um das reetgedeckte Haus. Hierhin hatte sie sich geflüchtet. Ihre neue und doch vertraute Heimat.

Tief in ihrem Inneren reifte der Plan langsam heran. Immer konkreter konnte sie spüren: Es war der richtige Weg...

1. Kapitel

Sie stieß mit dem Typen in der Eingangstür zusammen, entschuldigte sich kurz, ohne dabei aufzusehen. Lisa bemerkte nicht, wie verachtend er ihr nachstarrte.

Lisa Martensen, 35 Jahre alt, 174cm groß, schlank, durchtrainiert, Kriminalhauptkommissarin beim BKA in Wiesbaden. In ihrem Wohnort in der Frankfurter Metropole genoss sie ihre Anonymität der Großstadt. Hier konnte sie ihre Affären ausleben, hatte keine Mühe, neue Frauen kennenzulernen. Für eine feste, dauerhafte Beziehung fehlte ihr die Zeit. Lisa liebte diese unbekümmerte Phase ihres Lebens. Ihr Job verlangte ihr einiges ab, da war es für sie von Vorteil, nur zum Handy zu greifen, um Leas Nummer zu wählen. Eine Uhrzeit reichte.

Sie konnte sich darauf verlassen. Lea war vor Ort war.

Lea, gut 10 Jahre jünger, stellte wenig Fragen.

Lisa gab sich zugeknöpft. Lea mochte ihre geheimnisvolle Art. Für sie war Lisa ihr erstes Abenteuer, dachte sie zumindest. Sie fand die Stunden sehr anregend. Nach jeder Nachricht spürte Lea ein leichtes Ziehen im Unterleib. Sie konnte Lisas heiße Küsse auf ihrer Haut spüren, wenn sie ihre Augen schloss. In ihr hatte Lea eine Frau gefunden, die sie mochte, wirklich mochte.

Manchmal kam Lisa zur Tür herein, blickte sie mit ihren hellblauen Augen an, zog sie sanft an sich. Mit innigen Küssen begann ein leidenschaftlicher Abend. Sie ließ ihre schwarze, kurze Lederjacke zu Boden sinken, knöpfte Leas weiße Bluse auf. Schwer atmend streifte Lisa sie von den Schultern. Stück für Stück fielen ihre Klamotten auf den hellen Holzfußboden, während sie sich von Lea auf ihr Sofa ziehen ließ.

Ihre eigene Wohnung war für ihre Affären tabu.

Sie wollte strikt Berufliches und Privates voneinander trennen. Seit Lisa in Frankfurt wohnte, hatte niemand, außer ihr, die Wohnung betreten. Lisa liebte es, als unnahbare Einzelgängerin zu gelten. Ihr Leben war unruhig, meist spontan. Neue Fälle führten sie immer wieder an andere Orte. Oft stand sie im Frankfurter Terminal, wo sie erst nach einem Blick in ihre Anweisungen das nächste Ziel ihrer Ermittlung erfuhr.

War der Einsatz für Lisa beendet, lotste sie ihr erster Weg in ihre Wohnung unter die Dusche.

Sie war meist voll Adrenalin.

Am selben Abend Anfang Juli zog Lisa in ihren Lieblingsclub. Das Seaside lag im Frankfurter Westend. Sie konnte mit dem Rad dorthin fahren. Meist zog sie gegen elf los und kam in den Morgenstunden zurück. Zu Trance, House oder Dance Classics mochte Lisa sich am liebsten durch die Rhythmen über die Tanzfläche treiben lassen. Sie schloss ihre Augen, spürte jeden Beat in ihren Beinen. Das ausgelassene exzessive Tanzen ließ die ganze Anspannung aus ihrem Körper fließen. Hierbei fühlte sie sich verdammt gut. In Flirtlaune war sie an so einem Abend selten. Sie wollte sich spüren, körperlich auspowern. Manche fanden ihren Tanzstil provokant, andere, zumeist Männer, anziehend.

Lisa spürte die Blicke auf sich kleben. Diesen einen Blick des Typen bemerkte sie jedoch nicht.

Sie selbst schaute, wenn überhaupt, nur auf die Frauen. Er erkannte dies sofort. Es gelang ihr zumeist immer, sich rechtzeitig an die Bar zurückzuziehen, bevor jemand auf die Idee kam sie anzusprechen. Passierte dies dennoch, war Lisa selbstbewusst genug, sich charmant, aber bestimmt, abzuwenden. Sie ließ sich konsequenterweise auf kein Getränk einladen. Ihre eigenen bestellten Drinks trank sie sofort aus. Zu oft hatte sie im Dezernat von K.-O.-Tropfen gehört oder davon in Berichten gelesen.

Vor nichts hatte Lisa mehr Angst als vor dem eigenen Kontrollverlust.

In der Morgendämmerung schwang sie sich auf ihr weißes Rennrad, um auf direktem Weg nach Hause zu fahren. Das Wasser aus der Dusche tat ihr gut, sowie die frische Bettwäsche in die sie anschließend fiel. Sie verfiel sofort in einen tiefen traumlosen Schlaf.

„Zeit und Lust heute 16 Uhr?“ lautete Leas Nachricht am nächsten Morgen. Sie wälzte sich lächelnd im Bett herum. Es war Dienstag.

„Gern…“, lautete Lisas knappe Antwort. Sie sprang aus dem Bett, stieg unter die Dusche.

Der warme Wasserstrahl tat ihr gut. Um richtig wach zu werden, drehte sie den Hahn eiskalt.

Sie griff in ihrem Kleiderschrank zu ihrer schwarzen Unterwäsche, nahm ein schwarzes Top sowie ein weißes Langarmshirt heraus, dann schloss sie die Schranktür wieder. Eine blaue verwaschene Jeans zog sie von der Kleiderstange, die neben dem Kleiderschrank stand.

Wenig später ging sie zum Frühstück ins Café gegenüber. Im Seasons bestellte Lisa sich ein Langschläfer Frühstück. Der Kellner brachte einen Korb mit einem Vollkornbrötchen, einem Croissant, eine Etagere mit Butter, einem Schälchen Heidelbeermarmelade, sowie eine kleine Käseauswahl. Als Getränk wurde ein Milchkaffee serviert. Sie schaltete ihr Tablet ein, wo sie ihre Mails las. Der letzte Einsatz war protokolliert, somit abgeschlossen. Im Dezernat übernahmen ihre Kolleginnen und Kollegen die restlichen Arbeiten. Gegen Mittag kehrte Lisa nach Hause zurück. Sie nahm sich ihr Rad, um zu Lea zu fahren. Ihre Wohnung lag, wie Lisas, im Frankfurter Westend. Sie hatten sich im Internet auf einem Dating Portal kennengelernt. Mittlerweile lief ihre Affäre seit Anfang des Jahres. Sie hatten ein Klingelzeichen ausgemacht. Nach dem Summen des Türöffners, stieß sie die Haustür auf. Lisa lief die Stufen ins Obergeschoss. Die Wohnungstür war bereits angelehnt.

Sie trat herein, wobei Lea entweder im Flur oder im Wohnzimmer wartete. Nie lag sie im Bett. Lisa mochte diesen knisternden Moment, wenn Lea sie mit langen Zungenküssen begrüßte. Nach und nach zogen sie sich ihre Klamotten aus und ließen diese auf den dunklen Holzfußboden gleiten. Lea liebte die Art, wie Lisa sie mit ihren langen Küssen verwöhnte.

Mitte Juli hatte Lisa sich eine Woche Urlaub genommen. Sie überlegte, in ihre kleine Kate nach Fehmarn an die Ostsee zu fahren, um ein bisschen abzuschalten. Erst einmal wollte sie aber die Stunden mit Lea abwarten. Der Nachmittag war wie immer heiß und liebevoll. Sie beschloss, ihr nichts von ihren Urlaubsplänen zu erzählen. Vielmehr freute sie sich auf einige gemeinsame Stunden in den kommenden Tagen.

Die Zeit in ihrer Kate konnte sie später nachholen. Lea hatte am Abend eine Verabredung. Es gab zwischen ihnen keine Fragen, so zog Lisa sich gegen 19:00 Uhr an. Beschwingt lief sie die Stufen hinunter. Vor dem Eingang stieß sie mit einem Mann zusammen. Sie entschuldigte sich, ohne ihn anzusehen, und schwang sich auf ihr Rennrad. Lisa bemerkte nicht, wie verächtlich ihr der Typ nachstarrte. Bevor sie nach Hause fuhr, nahm sie den Umweg zu ihrer Lieblingspizzeria. In ihrer Wohnung stieg sie unter die Dusche, zog sich ein schwarzes T-Shirt sowie eine hellblaue Frotteeshorts über. Die Diavolo Pizza schob sie zum Aufwärmen in den Backofen, nahm sich ein Glas Wein und aß auf ihrem kleinen Balkon, der zur Straße zeigte. Für die nächsten Tage hatten sich angenehme Temperaturen angekündigt. Lisa wollte ihre freie Zeit genießen. Die Hitzewelle vom Juni war zum Glück vorüber.

„Morgen Abend 21:00 Uhr?“ fragte Lea nach einem weiteren Treffen.

Es war weit nach Mitternacht. Lisa legte ihr Buch beiseite und machte sich bettfertig. Sie nahm ihr Handy, tippte für Lea „gern“ als Antwort hinein und schickte die Nachricht ab.

Am nächsten Morgen nahm Lisa eine Decke, etwas zu essen, zu trinken und fuhr mit ihrem Rad zum Main hinunter. Ein paar Stunden verweilte sie lesend auf einer grünen weichen Blumenwiese. Später ließ sie sich von ihrem Handy an ihr Date erinnern. In ihrer Urlaubszeit vermied Lisa es, eine Uhr zu tragen. Alles Wichtige trug sie in ihren Kalender ins Handy. Zuhause sprang sie unter die Dusche, streifte sich ein schwarzes T-Shirt über, stieg in ihre schwarze Jeans und griff nach ihrer Jeansjacke an der Garderobe. Vor Leas Haus bemerkte sie nicht, wie sie beobachtet wurde. Lea fiel über sie her, nachdem die Wohnungstür ins Schloss flog. Dabei riss sie ihr förmlich die Klamotten vom Leib.

Lisa blieb die Luft weg, konnte sich den stürmischen Küssen kaum erwehren. „Hoppla!“, entfuhr es Lea. Sie tat so, als würde sie sich für ihr stürmisches Verhalten entschuldigen. Kurz und heftig liebten sie sich. Sie lagen sich verschwitzt in den Armen, als Lea plötzlich abrupt aufstand. Sie kam mit einer Zigarette zurück aufs Sofa. „Seit wann rauchst du?“ Lisa schaute irritiert. „Probiere mal!“, zwinkerte Lea. Lisa erahnte den Joint sofort. In ihrer Jugend hatte sie ein paar Mal mit ihrem besten Freund und seiner Clique Gras geraucht. Gefühlte Ewigkeiten war dies her.

Sie zog an dem Joint, wobei Lea erregt ihre Brustwarzen liebkoste. „Ganz schön hart!“, säuselte Lea ihr ins Ohr. Lisa legte den Joint lasziv beiseite, griff nach Leas Handgelenken. Sie zog Lea nah an sich heran. Ihre Zunge spielte an Leas Brustwarzen. Gierig sog sie. Erregt fielen beide übereinander her und liebten sich. Sie liebten sich immer auf dem Schlafsofa. Lisa irritierte dies nicht. Es war bereits weit nach Mitternacht, als Lisa nach Hause kam. Erschöpft stieg sie unter die Dusche. Der Abend ging ihr noch einmal durch den Kopf. Sie war ein wenig irritiert über Leas Verhalten. So hatte sie Lea noch nie erlebt.

Auf einer Seite fand sie den Abend sehr erregend. Eine gewisse Hitze stieg in ihr hoch. Auf der anderen Seite war sie ein ratlos. Lisa hatte immer mal wieder Affären, die meist wenig Aufregung, jedoch jede Menge anregenden Spaß versprachen. Bei Lea war dies anders. Lea war jünger, war fordernder, was Lisa sehr anmachte.

Lächelnd stieg sie aus der Dusche und gönnte sich ein Bier. „Morgen 20:00 Uhr?“ Lisa schaute auf ihr Handy. Als sie die Nachricht im Display las, überlegte sie: „Hatte ich Lea von meinem Urlaub erzählt?“ Normalerweise sahen sie sich ein oder zweimal die Woche. Aber jetzt schon den dritten Abend hintereinander? Noch dazu an einem Donnerstag?

„Donnerstags hast du doch nie Zeit?!“

Lisa stutze und legte das Handy erst einmal beiseite. Antworten wollte sie diesmal erst am nächsten Morgen. Um 02:36 Uhr blickte Lisa auf ihr Handy. Lea hatte vor einer Stunde eine Nachricht mit zwei Fragezeichen geschickt. Sie legte ihr Handy mit dem Display nach unten auf den Nachttisch. Schlaf fand sie keinen mehr.

„Was willst du mit mir?“, fragte sich Lisa ein paar Mal, wobei sie sich im Bett herumwälzte.

Sie wollte die Kontrolle nicht aus der Hand geben. Lisa spürte den fordernden Klang der Nachricht. Am Donnerstagmorgen, es war der 14. Juli, nahm Lisa ihr Handy zur Hand. Sie sah zwei weitere Nachrichten von Lea mit je einem Fragezeichen versehen. Lisa lächelte in sich hinein. „Du kannst es wohl gar nicht erwarten, hm?“

Sie tippte „20:00 Uhr? Gern!“, dann schickte sie die Nachricht nichtsahnend ab.

Lea konnte ihre Nachricht nicht mehr lesen.

Lisa verbrachte den Tag in der City. Sie stöberte durch ein paar Klamottenläden auf der Suche nach einer neuen Jeans und neuen T-Shirts.

„Die Boots könnten auch mal erneuert werden.“, dachte sie und stöberte durch drei Schuhläden.

Mit zwei schwarzen, einem blauen sowie einem grünen T-Shirt fiel ihre Beute eher mager aus. In einem kleinen Bistro bestellte sich Lisa einen Salat sowie eine Johannisbeerschorle. Sie las ein paar E-Mails auf ihrem Handy, dabei fiel ihr sofort auf:

Lea hatte die Nachricht noch immer nicht gelesen.

Eigentlich kein Grund beunruhigt zu sein, dennoch war Lisa geneigt, eine weitere Nachricht zu schicken. Verwarf diesen Gedanken jedoch wieder, als der Kellner sie in ein Gespräch verwickelte.

„Möchtest du noch etwas trinken?“ „Nein, danke, ich zahle dann bitte.“

Lisa betätigte die Klingel mit dem gewohnten Klingelzeichen. Der Summer ertönte. Sie lief die Treppe hinauf ins Obergeschoss. Die Wohnungstür war wie gewohnt angelehnt. Lisa trat ahnungslos hinein. Ehe sie sich versah, verband ihr jemand mit einem schwarzen Tuch die Augen. „Hey…, was tust DU…?“ Lisa taumelte.

Sie verlor das Gleichgewicht. Ihre Handgelenke wurden auf den Rücken gedreht. Jemand fesselte sie. „Leeeeee!“ Sie wollte Leas Namen rufen, spürte aber, wie jemand ihr einen Stofffetzen vor ihren Mund presste.

Ihr Atem wurde schneller. Das Herz begann zu rasen. Ein Hauch von Panik stieg in ihr auf. Dies ist kein erotisches Sexspiel zwischen Lea und ihr, war ihr jetzt schlagartig klar. Wo war Lea? War sie auch in der Wohnung? War sie in Gefahr?

Was war passiert? „WAS passiert mit MIR?“

„Kontrollverlust!“, schoss es Lisa durch den Kopf. Dann wurde ihr schwarz vor Augen. Sie verlor ihr Bewusstsein. Lisa hatte nicht die geringste Ahnung, worauf sie sich bei der Affäre mit Lea eingelassen hatte. Sie dachte, Lea mochte ihre geheimnisvolle Art. Dabei war Lea es, die voller Geheimnisse steckte. Sie hatte keine Ahnung, wer Lea wirklich war! Als Lisa wieder zu sich kam, spürte sie, sie war nackt. Jemand saß auf ihr. Schwitzige, grobe Hände glitten über ihren Körper. Eine männliche Stimme stöhnte ihr ins linke Ohr. „Jetzt zeige ich dir mal, was dir guttut!“ Die feuchte Zunge drang in ihr rechtes Ohr. Wenig später leckte jemand an ihrem Ohrläppchen. Ihr wurde übel, sie musste sich zwingen, sich nicht zu erbrechen.

Mehrere Hände glitten über ihre Brüste. Lisa bekam einen Anflug von Panik. Schwer drang sie nach Luft. „Mindestens drei!“, schoss es ihr in den Kopf. Etwas klickte. Sie spürte etwas Metallisches an ihrem linken Oberschenkel. Kaum hatte sie den Gedanken im Kopf, spürte sie eine Hand auf der Innenseite ihres rechten Schenkels, eine andere auf dem Linken. Sie wollte ihre Beine zusammenpressen, dann wurde es wieder dunkel. Lisa verlor erneut das Bewusstsein. Die nächsten Stunden waren ein absoluter Filmriss.

Am nächsten Morgen wachte Lisa bekleidet auf.

Das Zimmer war ihr völlig fremd. Noch immer leicht benommen spürte sie ein schmerzendes Ziehen in ihrer linken Brustwarze. Sie versuchte sich aufzusetzen. Ein stechender Schmerz schoss ihr in den Rücken. „Versuche, dich zu erinnern!“ Die letzten Stunden waren nur schwarz.

Sie erinnerte sich an Leas geöffnete Wohnungstür. Danach fühlte sie nur Ekel. Lisa erbrach sich auf dem Bett. Sie rappelte sich auf. Mühsam schleppte sie sich zur Tür. Sie versuchte die Wohnung zu verlassen. Ihr Handy war ausgeschaltet. „Wo bin ich? Verflucht!“ Lisa öffnete taumelnd die Wohnungstür. An das Treppengeländer gestützt, wankte sie zur Haustür. Die Hochhäuser gegenüber waren ihr völlig fremd.

An den Namensschildern standen nur Nummern, keine Namen. „Verdammt!“ Dann wurde alles schwarz vor ihren Augen.

Am nächsten Abend wachte Lisa in einem Krankenbett auf. Eine Ärztin war gerade dabei, die Geräte zu überprüfen. Sie lächelte Lisa zu.

„Hallo, ich bin Greta Hinze, ihre behandelnde Ärztin.“ „Wie…wie komme ich hierher?“ Das Sprechen fiel ihr sichtlich schwer. „Sie wurden gestern in der Hochhaussiedlung Westend Süd bewusstlos aufgefunden.“ „Bin…wurde ich…?“

„Nein! Wir konnten keine Spuren einer Vergewaltigung feststellen. Wir haben ein Betäubungsmittel in ihrem Blut nachgewiesen, deren Herkunft wir noch prüfen.“ Die Ärztin erklärte Lisa, sie hätten eine Stichverletzung am Rücken gefunden. Da sie nur ihren Dienstausweis bei sich trug, wurde ihre Chefin informiert. Sandra hatte ein paar Stunden an Lisas Bett verbracht und wollte am nächsten Morgen wiederkommen. Lisa bekam Medikamente, um eine ruhige Nacht zu verbringen. Am nächsten Tag, es war Samstagmorgen, erschien Sandra. Sandra Maier, Lisas Chefin, Kriminalrätin beim BKA in Wiesbaden. Sie setzte sich auf den Stuhl neben dem Krankenbett. Sie schaute Lisa an und bat sie, sich ihr gegenüber zu öffnen. Nur wenig wusste sie aus Lisas Privatleben. Lisa begann, über ihre Affäre mit Lea zu erzählen. Sandra verstand die Sehnsucht nach Abenteuern. Sie vermied es, ihre Affäre zu beurteilen. Innerlich dachte sie jedoch. „Verdammt Lisa, ausgerechnet DU!“ Sie bat Lisa, alles zu erzählen, woran sie sich an diesem Abend erinnern konnte. Sie versuchte sich zu konzentrieren, was ihr sichtlich schwerfiel. Zögernd begann sie Sandra alle Einzelheiten, die ihr einfielen, zu erzählen. Sie konnte nicht sagen, ob Lea in den Überfall involviert war oder selbst zum Opfer wurde. „Es war nicht vorgekommen, dass Lea meine Nachrichten nicht gelesen hatte, bevor wir uns trafen.

In der Nacht auf Donnerstag bekam ich zwei Nachrichten mit je zwei Fragezeichen, nachdem ich unser Date nicht sofort bestätigt hatte. Ich kann nicht mal sagen, ob Lea es war. War es jemand anderes, der die beiden Nachrichten an mich verschickt hat?“ Sandra zog eine Augenbraue hoch und sah Lisa fragend an. „Ich weiß selbst wie das klingt…!“ „Gut.“, sagte Sandra.

„Was geschah, als du in Leas Wohnung kamst?“

Lisa erzählte ihr von dem Tuch über ihren Augen. „Ich dachte, Lea wollte etwas Neues ausprobieren. Am Abend zuvor rauchten wir einen Joint. Vielleicht…Es ergibt keinen Sinn, Sandra!“ Ihr wurde klar, zur Aufklärung ihres eigenen Überfalls konnte sie nicht viel beitragen. Die Überprüfung ihres Handys in der Kriminaltechnik brachte kein Ergebnis. Die Täter konnten alle Spuren zu Lea löschen. In Leas Wohnung fanden sich genauso wenig Spuren.

Alles, was auf Lea hindeuten konnte, war verschwunden. Die Wohnung schien klinisch rein.

Die Täter hatten ganze Arbeit geleistet. In Lisa erwachte eine ungeahnte Wut.

„Nicht mit mir!“, waren Lisas Gedanken, nachdem Sandra das Krankenzimmer verlassen hatte. Die nächsten Tage verbrachte sie für weitere Untersuchungen im Krankenhaus. Lisa wurde mit dem Narkotikum Gammahydroxybuttersäure betäubt, so das Ergebnis der Blutuntersuchungen. Am Mittwoch konnte sie dieses verlassen.

Sehr viel später, es war inzwischen Anfang Dezember, musste Lisa sich eingestehen, dass es ihr nicht gelang, in ihren Alltag zurückzukehren. Seit Wochen reiften in ihr die Gedanken. In Frankfurt kam sie nicht zur Ruhe. Schließlich überlegte sie, ihren Job zu kündigen. Der Überfall hatte sie völlig verändert. Sandra zeigte für Lisas Entscheidung wenig Verständnis. Mit ihr würde sie eine ihrer besten Mitarbeiterinnen verlieren. Ihren unerschrockenen Scharfsinn, ihre hervorragende Beobachtungsgabe sowie ihre unvergleichliche Intuition wollte Sandra nicht missen. Nach zahlreichen Diskussionen respektierte sie schließlich Lisas Entschluss, einen Abschluss in einem neuen Lebensabschnitt zu suchen. “Wir bleiben in Kontakt! Sobald sich etwas Neues ergibt, werde ich mich melden. Überlege es dir nochmal, Lisa. Du kannst jederzeit zurückkommen!“ „Zeit heilt keine Wunden - sie macht nur Pflaster drauf!“, waren Lisas abschließende Worte. Sie legte Sandra ihre Dienstwaffe sowie ihren Dienstausweis auf den Schreibtisch. Dann verließ sie ihr Büro. Sandra verwahrte beides in ihrem Schreibtisch. In Lisas Personalakte schrieb sie:

„unbestimmte Auszeit…“

2. Kapitel

Lisa hielt nichts mehr in der Frankfurter Metropole. Sie wollte zurück – zurück in ihre Heimat – zurück auf ihre Insel. Die Enge der Großstadt raubte ihr nach dem Überfall die Luft zum Atmen. Sie spürte eine Sehnsucht nach Meer. Den Geschmack des Salzes und die Kraft der rauen See wollte sie wieder spüren. Sie wollte sich wieder spüren. Seit dem Überfall überkam Lisa eine unendliche Leere, die sie wieder mit Leben füllen wollte. Nicht nur an den wenigen Urlaubstagen, die sie sich im Jahr gönnen konnte. Nein, sie wollte vielleicht für immer zurück. Lisa kehrte ihrem alten Leben in Frankfurt den Rücken. Sie brauchte Zeit und Abstand. Seit dem Überfall war nichts mehr so wie früher. Die Tat war noch immer nicht aufgeklärt. Wie nur sollte sie sich damit abfinden? Von Lea gab es seit dem Überfall kein Lebenszeichen. Es fühlte sich an, wie in einem Alptraum, aus dem sie langsam erwachte.

In der letzten Februarwoche gab Lisa ihr Leben endgültig in Frankfurt auf. Die Möbel und ihr Rennrad waren verkauft. Sie hatte nicht erwartet, dass sie eines Tages, dem Umstand der großen Erbschaft ihrer Eltern, so dankbar sein würde. Geldsorgen plagten sie erstmal nicht. Am Tag ihrer Abreise, als sie die Tür ihrer Wohnung hinter sich schloss, atmete Lisa tief durch. Sie nahm ihre Tasche und lief zu dem Mietwagen.

„Nicht mal einen eigenen Wagen hatte ich hier gebraucht“, dachte sie. Durch den dichten Verkehr in den Feierabend überfüllten Straßen, lenkte sie den Wagen in Richtung Autobahn. Wenn alles glatt lief, sollte sie kurz vor Mitternacht an der Fehmarnsundbrücke, die sie auf die Insel führte, ankommen.

Unterwegs stoppte sie nur zum Tanken. Dabei gönnte sie sich einen Latte Macchiato. An dem Süßigkeiten Regal blieb sie kurz stehen, zog dann aber ein belegtes Brötchen vor. Dem Treiben in der Tankstelle schenkte Lisa wenig