Marianne Loose Job weg Na und?!? - Nora Mildt - E-Book

Marianne Loose Job weg Na und?!? E-Book

Nora Mildt

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Beschreibung

Marianne Loose ist eine gut situierte Mittfünfzigerin. Marianne lebt allein in einem kleinen Häuschen am Rande von Ostholstein nahe Lübeck. Einige Menschen aus ihrem Umfeld halten sie für schrullig. Marianne selbst sieht sich als aufgeschlossen, lebenslustig, manchmal ein kleines bisschen tollpatschig, dadurch unbedingt liebenswert. Sie durchlebt nach einer schlaflosen Nacht, einen rabenschwarzen Tag. Im Februar 2023 bekommt Marianne Loose nach über 30 Jahren in einem medizinischen Großhandel ihre Kündigung. Diese Tatsache fügt sich an diesem Tag nahtlos in eine Reihe kurioser Ereignisse. Mariannes Nacht endet um 00.03 Uhr. Es ist nie zu spät für einen Neuanfang, ihre Träume oder Wünsche...

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Ein rabenschwarzer Tag

Zeit für einen Neustart

Der Besuch in dem tausendmal schönen Café

Der Besuch beim Zahnarzt

Der Techniker

Henning

Der Yoga-Kurs

Die neue Frisur

Die Hochzeit

Die Prosecco Deerns

Der Spieleabend

Mariannes Reise mit sich allein

Prolog

Marianne Loose ist eine gut situierte Mittfünfzigerin. Sie lebt allein in einem kleinen Haus am Rande von Ostholstein nahe Lübeck. Manche Menschen aus ihrem Umfeld halten sie für schrullig. Sie selbst sieht sich als aufgeschlossen, lebenslustig, manchmal ein kleines bisschen tollpatschig, aber unbedingt liebenswert.

Sie durchlebt nach einer schlaflosen Nacht, einen rabenschwarzen Tag.

Im Februar 2023 bekommt Marianne Loose nach über 30 Jahren in einem medizinischen Großhandel ihre Kündigung. Diese Tatsache fügt sich an diesem Tag nahtlos in eine Reihe kurioser Ereignisse.

Ihre Nacht ist an diesem Tag für Marianne um 00:03 Uhr beendet.

Ein rabenschwarzer Tag

00:03 Uhr

Um 00:03 Uhr blickte Marianne Loose auf den Wecker und traute ihren Augen nicht. War die Nacht jetzt schon wieder für sie zu Ende. Sie wälzte sich von einer auf die andere Seite, doch sie fand keine Ruhe mehr.

„Ich kann es nicht glauben,“ sagte sie sich. „Warum kann ich nicht mal wieder durchschlafen.“

Seit Tagen plagten sie schwere Schlafstörungen.

„Ich gehe abends später. Esse früher zu Abend, ja ich gehe vor dem Schlafengehen sogar nochmal um die Häuser. Bewegung statt fernsehen. Das muss doch jetzt mal wirken.“

Der Griff zu Schlaftabletten kam für Marianne Loose nicht in Frage.

„So weit kommt es noch,“ sagte sie sich und quälte sich mühsam aus ihrem Bett.

Im Laufe der Jahre hatte sie etwas an ihrer früheren Beweglichkeit verloren. Es ging manches nicht mehr so leicht und unbeschwert wie früher. Wenn sie sich aus dem Bett schwingen wollte, blieb sie oft in Kerzenlage hängen. Es krachte und knackte im Rücken, wenn sie ihre Beine auf dem Boden absetzte.

„Ey Ey Ey…“ schoss es Marianne Loose in den Kopf. „Langsam Marianne, mach doch langsam,“ mahnte sie sich.

„Es ist erst kurz nach Mitternacht. Zur Hektik besteht wahrlich kein Grund, geschweige denn zur Eile.“

„Na prima jetzt bin ich wirklich hellwach“, dachte sie sich.

Draußen war es stockdunkel. Sie lauschte, weil sie meinte, ein Geräusch zu hören, da kullerte die umgefallene Flasche Selters zur Seite. Ihr linkes Puschen war an der Flasche hängengeblieben und hatte diese umfallen lassen. Marianne verdrehte die Augen, stellte die Flasche wieder neben ihren Nachttisch. Nicht dass sie ständig in der Nacht trinken musste, aber allein der Gedanke, sie hätte in der Nacht Durst und keine Wasserflasche am Bett stehen, raubte ihr in der Theorie den Schlaf.

Marianne Loose bewohnte ein kleines Haus in Sackgassenlage am Rande einer Kleingartenanlage. In jungen Jahren war es ihr gelungen, das renovierungsbedürftige Gebäude günstig zu erwerben. Im Laufe der Zeit hatte sie sich eine kleine Oase erschaffen. Das Haus auf den neuesten Stand renovieren lassen. Sie bewohnte es allein und war um diesen Umstand auch nie traurig.

00:22 Uhr

Nach einem kurzen Abstecher ins Bad, blickte sie in der Küche auf die Wanduhr. 00:22 Uhr zeigte diese an. Marianne atmete schwer aus.

„Jetzt ist es auch egal,“ sagte sie sich und schaltete das Radio an.

Einen Augenblick später dröhnte der alte Klassiker YMCA von der Band Village People aus den Boxen. Marianne hatte die Lautstärke hochgedreht, schleuderte ihre Puschen von den Füßen und begann sich zu der Musik zu bewegen. Mit ihren Armen zeichnete sie die Buchstaben in die Luft. Sie lächelte sich im Spiegel zu.

„Nicht schlecht Marianne…gar nicht schlecht,“ waren ihre Gedanken.

Früher war sie jedes Wochenende zum Tanzen gefahren, wo sie sich die Seele aus dem Leib getanzt hatte. Hin und wieder hing sie in der Vergangenheit fest und wusste manchmal nicht, wann es Zeit war, in die Realität zurückzukehren.

00:30 Uhr

00:30 Uhr Piiiiiiiieeeeeeep die aktuellen Verkehrsnachrichten kündigten sich an. „Es liegen uns keine Meldungen vor. Kommt gut durch die Nacht.“

Marianne drehte sich auf ihren Socken schwungvoll zur Seite und taumelte gegen ihr Sofa. Ihr rechtes Knie blieb an der Außenseite hängen. Mit einem leichten Knall landete sie auf dem Couchtisch. Laut lachte Marianne auf. Sie rappelte sich hoch. Das nächste Lied kündigte sich an und aus den Boxen brüllte TNT von ACDC sie an. Mit zugehaltenen Ohren taumelte sie auf das Radio zu, wo sie schnell den Sender wechselte. „Wie kann man um diese Uhrzeit nur dieses Lied spielen.“ schoss es ihr in den Kopf. Sie rieb sich ihre Ohren. „Wie gut, dass die nächsten Nachbarn ein gutes Stück entfernt wohnen.“

Einen Moment später schaltete sich der Bewegungsmelder von ihrem Haus an. Die Terrasse erleuchtete sich. Im ersten Augenblick schreckte Marianne zusammen, dachte aber schnell, dass es eines der Kätzchen aus der Nachbarschaft auf Raubzug sein wird. Auf dem unbebauten Nachbargrundstück tummelten sich hin und wieder die Katzen auf der Suche nach Mäusen. Als der Bewegungsmelder immer wieder die Terrasse ausleuchtete, bekam Marianne ein mulmiges Gefühl.

Mit einem Brotmesser bewaffnet trat sie aus der Terrassentür. Laut und eindringlich hörte sie sich sagen:

„Loose mein Name …ICH wohne hier!“

Sie lauschte. Von dem Nachbargrundstück vernahm sie ein Knacken zwischen den Bäumen.

Vorsichtig pirschte sie sich näher an die Bäume. Um besser in die Dunkelheit blicken zu können, blinzelte sie mit den Augen. Marianne schloss ihre Augen.

Sie horchte in die Nacht. Außer dem Knacken im Unterholz waren keine weiteren Geräusche zu hören. So wandte sie sich dem Haus zu und kontrollierte die Vorderseite ihres Grundstückes. Die Gartenpforte war verschlossen. Auch auf dieser Seite war nichts zu hören oder zu sehen.

Marianne Loose ging zurück zur Terrasse und erstarrte, als sie die weit geöffnete Terrassentür sah. Sie war sich sicher, dass die Tür angelehnt und die Fliegengittertür geschlossen war, bevor sie an die Bäume trat.

„Was…wer zum Henker.“ schoss es ihr in den Kopf „Hallo…kommen sie sofort heraus…ich…ich bin bewaffnet!“

Fest umklammert hielt sie das Brotmesser in ihrer rechten Hand.

Marianne betrat das Wohnzimmer. Sie schaltete das Licht ein. „Läge ich jetzt im Bett, könnte ich den Panikschalter betätigen.“ sagte sie sich.

Im Zuge der Renovierung ihres Hauses, bat sie den Elektriker damals, ihr einen Panikschalter im Schlafzimmer über ihrem Bett zu montieren. Sobald sie diesen drücken würde, erhellte sich das komplette Haus, samt der Bewegungsmelder auf der Vorderseite und der Rückseite des Hauses.

Stattdessen schlich sie auf Socken in den Flur. Auch hier schaltete sie das Licht ein. So durchkämmte sie jeden einzelnen Raum, um im Schlafzimmer, den letzten Raum, den sie kontrollierte, zu bemerken, dass sie allein im Haus war.

Plötzlich klirrte Glas. Das Geräusch kam aus der Küche. Marianne zuckte zusammen. Sie wandte sich um, rannte in die Küche. Sie schrie laut auf, als im selben Moment, wo sie die Küche betrat, eine Katze des Tresens über ihre Schulter in den Flur sprang.

„Siiiiiiiiilveeeeeeeeeester…“ hörte Marianne sich schreien.

Aus dem Flur ertönte ein leises „Mauuuuu.“

00.53 Uhr

Silvester war ein kleines Kätzchen aus der Nachbarschaft. Marianne hatte es so getauft, da sie nicht wusste, wohin es gehörte und welchen Namen es trug.

Es war schwarz mit weißen Flecken im Fell, so wie bei der Katze aus dem Comic Tweety und Silvester. Ein passender Name fand Marianne.

Erleichtert ließ sie sich in ihren Sessel fallen und freute sich über das mauzende Kätzchen an ihren Beinen.

„Silvester du kleiner Racker…du hast mich zu Tode erschreckt.“

Das Kätzchen schnurrte und stupste Marianne mit ihrem Kopf an. „Maaaaaauuuuuuu…“ „Es ist mitten in der Nacht… wo kommst du nur her… na komm, ich hol uns was Feines…“

Marianne wuchtete sich aus dem Sessel und ging zum Kühlschrank. Sie nahm sich ein Stück Käse und legte Silvester ein bisschen Katzenfutter in ein Schälchen. Schnurrenderweise fraß das Kätzchen das Schälchen leer. Reckte und streckte sich. Putzte sich ein wenig, scharrte mit dem Pfötchen auf dem Boden neben dem Schälchen, legte sich vor die Terrassentür und schlief ein.

01.25 Uhr

„Danke,“ dachte Marianne, „Du schreckst mich auf und jetzt schläfst du friedlich.“

Sie legte sich auf ihr Sofa. Schließlich dämmerte sie auch ein wenig ein.

03.42 Uhr

Marianne schreckte hoch, als Silvester ihr auf den Bauch sprang und mit dem Milchtritt begann. „Maaaaaaauuuuuuuu…“ schnurrte es vor sich hin.

Als Marianne die Augen aufschlug, sprang das Kätzchen herunter und lief zur Terrassentür. Mit einem leichten Kratzen signalisierte Silvester, dass sie raus müsste. „Puuuuhhh ist ja gut. Ich komme ich schon. Na komm, lauf nach Hause.“

„In gut 2 Stunden würde der Wecker klingeln und wenn ich jetzt wieder einschlafe, bin ich dann wie gerädert,“ dachte Marianne. Das Radio lief noch immer. Es spielte das Lied Morning has broken von Cat Stevens. Marianne Loose fasste sich an den Kopf. Laut sagte sie sich: „Was für ein verrückter Tag soll das heute werden.“

04.03 Uhr

„Das Wetter für heute.“ klang es aus der Box. „Der Sturm der letzten Tage frischt wieder auf. Richtet euch auf das eine oder andere schaurige Gewitter ein. Die Temperaturen liegen um die 5 Grad. Kommt gut in den Tag, wo immer ihr uns zuhört.“

„Ein guter Tag – heute wird ein guter Tag,“ sagte sich Marianne.

05:15 Uhr

Marianne hatte sich aufgerafft. Sie war unter die Dusche gestiegen. Ihre Kleidung legte sie sich zumeist am Vorabend bereit, damit sie morgens mit der Kleidersuche keine Zeit verplemperte. „Stürmische Gewitterschauer.“ überlegte sie, während der warme Wasserstrahl den Schaum des Shampoos aus ihren Haaren spülte. „Vielleicht sollte ich meine Auswahl noch einmal überdenken.“

Eine Jeans, ein T-Shirt und einen Pullover hatte Marianne sich für den Tag herausgelegt.

Sie stieg aus der Dusche, griff zum Handtuch und rubbelte sich trocken. Mit dem Handtuch auf dem Kopf cremte sie sich ein und ging nur mit einer Unterhose bekleidet zur Kaffeemaschine, um diese einzuschalten.

Zurück im Badezimmer griff Marianne zum Föhn und trocknete sich ihre langen Haare. Fröhlich pfeifend zog sie sich die ersten Kleidungsstücke an und setzte sich an den Frühstückstisch. Das Müsli bereitete sie jeden Abend zu. Morgens schnitt Marianne nur das frische Obst hinzu. Heute entschied sie sich für einen Apfel.

06.40 Uhr

Marianne nahm ihre Regenjacke von der Garderobe, schnappte sich ihr Fahrrad und stellte es vor die Haustür. Mit Rucksack und Fahrradhelm schob sie ihr Rad durch die Gartenpforte, schwang sich auf. So radelte sie zum Bahnhof.

Marianne Loose hatte im Rahmen der Energiekrise beschlossen, in Zukunft mit dem Zug nach Hamburg zu fahren. Seit 20 Jahren arbeitete sie im Norden Hamburgs. Bisher hatte sie immer das Auto vorgezogen.

Marianne war eher eine Einzelgängerin. Sie bevorzugte es, keine Konversationen am Morgen zu betreiben. Stattdessen genoss sie die gut einstündige Autofahrt nach Hamburg, um mit sich und der Welt langsam warm zu werden.

06.55 Uhr

Am Bahnhof angekommen, suchte Marianne nach dem Fahrradständer, nahm ihr Schloss aus der Halterung, stellte ihr Rad ab und verriegelte das Schloss mit dem Schlüssel. Ihren Fahrradhelm verstaute sie in ihrem Rucksack.

Der Zug war pünktlich. “Immerhin.“ dachte Marianne. Es war nach einer gefühlten Ewigkeit ihre erste Zugfahrt nach Hamburg. Sie fühlte sich ein wenig unsicher.

In dem kleinen Vorort von Lübeck stiegen um diese Uhrzeit nicht so viele Menschen in den Zug. Das würde sich am Lübecker Hauptbahnhof sicher ändern, darum war sie froh, eine Station vorher einsteigen zu können. Der Zug kam aus Kiel. Einige der Sitzplätze waren bereits besetzt.

Marianne wählte einen Platz am Fenster in Fahrtrichtung und lies die Landschaft an sich vorüberziehen. In Lübeck hatte der Zug ein paar Minuten Aufenthalt. Wie befürchtet, füllten sich die Plätze nach und nach sehr schnell.

Marianne starrte aus dem Fenster und dachte „Geh weiter. Geh bitte weiter. Setz dich gegenüber hin. Wähle bitte einen anderen Platz.“

Ihr Mantra wurde erhört, der Platz neben ihr blieb frei. Als der Zug sich in Bewegung setzte, atmete Marianne Loose tief durch. Die erste Hürde hatte sie gemeistert.

07.25 Uhr

Der Zug hielt im nächsten Ort. Marianne wollte gerade ihr Mantra starten, da hatte sie den Rucksack eines Jungen auch schon im Nacken sitzen.

„Oh tschullligu..“ hörte sie ihn schmatzend sagen. „Kannst mal bitte halten.“

Ehe Marianne sich versah, hielt sie eine angebissene Wurststulle in ihrer Hand. Mit weit aufgerissenen Augen schaute Marianne auf ihre Hand. Der aufgeweckte Junge drückte ihr erneut seinen Rucksack entgegen. Diesmal traf er ihre linke Wange. Marianne wollte gerade den Mund öffnen, da lächelte sie der Junge breit und mit Salami Stücken zwischen den Frontzähnen an und sagte:

„Moin, ich bin Henning, tut mir leid mit dem Rucksack. Ich war zu spät dran. Muddi hat den Wecker nicht gehört. Dann war keine Zeit mehr zum Frühstück und dann hat Muddi mir schnell ein Wurstbrot geschmiert. Weißt du unser Nussnougatglas war leer. Martha, meine kleine Schwester, hat‘s leer gemacht und nicht Bescheid gesagt.“

„Aha.“ entfuhr es Marianne.

„Und Muddi hatte es nicht auf dem Einkaufszettel stehen, dann konnte sie es ja auch nicht wissen und dran denken, ein neues Glas mitzunehmen. Zum Glück hatten wir noch Salami im Kühlschrank. Die mag ich auch zum Frühstück. Ohne Essen soll man ja nicht in den Tag starten.“

„Aha.“ bemerkte Marianne wieder.

„Ich mache heute einen Ausflug nach Hamburg in den Tierpark mit meiner Klasse. Wir haben Wandertag, weißt du.“

„Wo....“

„Wir haben ja aber verschlafen, wegen dem Wecker weißt du. Da treffe ich meine Klasse in Hamburg am Hauptbahnhof.“

„ist denn deine Klasse?“ ergänzte Marianne ihren Satz in Gedanken.

„Warum…“

„Wir haben Projektwoche in der Schule und da durften wir uns einen Tag selbst etwas ausdenken und die meisten aus meiner Klasse waren für den Tierpark. Ich wäre viel lieber ins naturkundliche Museum nach Lübeck gegangen, aber die Mehrheit hat entschieden.“ Henning zuckte mit den Schultern.

„hast du dir keinen anderen Platz gesucht“ waren Mariannes eigentlichen Gedanken.

07:45 Uhr

„Noch zwei Stationen“ dachte sich Marianne, als Henning sie wieder breit anlächelte und sagte „Danke, dass du dich so nett mit mir unterhältst.“

Marianne zog eine Augenbraue hoch und blickte irritiert über den Brillenrand, als sich eine Hitzewelle ankündigte.

„Die meisten Leute setzen ihren Kopfhörer auf oder vertiefen sich in ein Buch oder eine Zeitung. Die tun so, als wären sie irgendwie beschäftigt, weißt du.

Oooh das muss dir nicht peinlich sein. Ich finde das voll super. Jetzt muss ich aber los. Hat mich gefreut. Ich wünsche dir einen wunderschönen Tag in Hamburg.“

Marianne starrte dem aufgeweckten Jungen mit hochrotem Kopf hinterher und wünschte sich sehnlichst eine Klimaanlage herbei, um die Hitzewelle einzudämmen.

“Dass diese Wellen aber auch immer in den ungünstigsten Momenten auftreten müssen. Hier hätte die Natur aber noch viel Nachholbedarf.“ flüsterte Marianne vor sich hin.

Ein älterer Herr in der Reihe vor ihr drehte sich beim Aussteigen um. Er lächelte Marianne Loose an. „Ein aufgeweckter junger Mann. Beachtlich! Wirklich beachtlich! Haben sie einen schönen Tag, mein Fräulein.“

„Fräulein…wann hat mich zuletzt jemand mein Fräulein genannt“ durchschoss es Marianne.

Ihre Augen und ihr Mund waren weit geöffnet.

07:58 Uhr

Einen Moment später betrat Marianne Loose den Bahnsteig. Ehe sie sich orientieren konnte, wurde sie diverse Male angerempelt. Sie ließ sich schließlich mit der Menschentraube mittragen.

Wenig später fand sie sich schließlich vor dem Schauspielhaus wieder.

„Um Himmels Willen hier bin ich ja völlig verkehrt.“ durchfuhr es Marianne.

Sie hatte sich ihren heutigen Weg minutiös in ihr Handy eingetragen.

„Hasselbrook, Marianne…. in Hasselbrook solltest du aussteigen. Dich beim Aussteigen nach links und nicht nach rechts wenden, um zu den Leihfahrrädern zu kommen,“ fiel es ihr wieder ein.

08:07 Uhr

„Wie hole ich die Zeit nur wieder auf?“ zischte sie sich zu.

Marianne Loose arbeitete seit über 30 Jahren in einer Firma für medizinische Produkte. Sie hatte Gleitzeit und konnte eigentlich entspannt sein. An diesem Morgen war für Marianne nichts, aber auch wirklich gar nichts, entspannt.

Sie versuchte sich zu beruhigen. Ihr Handy zog sie aus der Tasche, tippte: „Ich komme später - habe verschlafen.“ hinein und schickte die Nachricht an ihre langjährige Kollegin Hedwig.

Hedwig war immer pünktlich. Sie würde die ersten Minuten ohne sie auskommen, da war sich Marianne sicher.

Marianne und Hedwig verband eine Art Seelenverwandtschaft und sie wusste, dass sie sich immer aufeinander verlassen konnten.

„Ich wünsche dir einen wunderschönen Tag.“ hallten Hennings Worte in ihren Ohren nach.

Lächelnd sah sie sich nach der nächsten Station der gelben Leihfahrräder um.

Am Hauptbahnhof fand sie rasch welche und war froh, dass sie diese nutzen konnte. Ein toller Service, da war Marianne sich sicher.

08:35 Uhr

Die App für die Leihfahrräder hatte sie sich bereits installiert und folgte nun den Anweisungen auf dem Display.

Fahrrad Nummer 13 leuchtete auf. Marianne ging los und suchte nach dem richtigen Rad.

„Aha, da bist du ja, so mal sehen. Und ziehen sie den Ring aus dem Schloss. Jetzt starten sie die Fahrt.“

Marianne schwang sich auf das Rad. Gerade so konnte sie einen Sturz verhindern, da sie nur mit den Zehenspitzen Kontakt zu den Pedalen hatte.

„Den Sattel, sie müssen den Sattel einstellen, bevor sie ihre Fahrt starten,“ ermahnte sich Marianne.

Marianne stieg vom Rad, fingerte die Schraube vom Sattel los und stellte ihre gewohnte Höhe ein. Sie atmete tief ein und aus und begann ihre Fahrt erneut.

Entlang der Außenalster steuerte sie das gelbe Fahrrad. Für einen Moment konnte sie die Fahrt genießen. Sie hielt einen Augenblick an und blickte auf das glatte Wasser. Mit geschlossenen Augen sog sie die frische Luft ein. Auch wenn es sehr frisch war. Die Temperaturen für Mitte Januar waren sehr kühl, doch Marianne wollte ihre erste Fahrt mit dem Rad ins Büro genießen.

Klock…Klock…Klock…

Im nächsten Moment zuckte sie erschrocken zusammen, als die ersten dicken Regentropfen auf ihren Helm trommelten. In der Ferne hörte sie ein dumpfes Grollen. Gleich darauf zuckten die ersten Blitze am Himmel.

„Und richtet euch auf den einen oder anderen gewittrigen Regenschauer ein.“ erinnerte sie sich an die Worte des Radio Reporters vom Morgen.

Die Blätter begannen sich zu bewegen und im nächsten Moment fegte ihr eine heftige Bö um die Ohren. Marianne schwang sich auf das Rad und trampelte in das Pedalen. Nach wenigen 100 Metern hatte sie eine Unterführung erreicht. Hier konnte sie den Rest des kurzen, aber heftigen Schauers abwarten.

09:25 Uhr

Marianne Loose erreichte halbwegs trocken den Radständer der gelben Leihfahrräder. Es waren nicht viele Plätze belegt. Marianne begann mit der Rückführung des Leihrades. Sie folgte den Anweisungen auf ihrem Handy und übernahm diese auf dem Display des Fahrrades.

„Nun schließen sie den Ring und warten auf das Klicken des Schlosses, um den Leihvorgang zu beenden.“ stand dort.

09:30 Uhr

„…und warten auf das Klicken des Schlosses, um den Leihvorgang zu beenden.“

09:39 Uhr

„…und warten auf das Klicken des Schlosses, um den Leihvorgang zu beenden.“

„Das darf doch nicht wahr sein!“ entfuhr es Marianne, als sich ein Radler der Station näherte. „Moin, Probleme mit der Rückgabe? Kenn ich. Moment ich helfe ihnen.“