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Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Film und Fernsehen, Note: 1,0, Universität Bayreuth, Veranstaltung: Medienkunst, Sprache: Deutsch, Abstract: „Der große Umfang der objektiven Wirklichkeit, der dem literarischen Roman offen steht, steht auch ganz dem Film offen.“ Vor nunmehr 80 Jahren schrieb W.I. Pudowkin diese Feststellung nieder und beteiligte sich energisch an der damals geführten Debatte, die versuchte das Phänomen Film und cinéma greifbar zu machen und es im Rahmen seiner Eigenheiten in Reflexion auf andere Künste zu positionieren. Pudowkins Offensive geht soweit, dass er den Film als die allumfassende Generalkunst bezeichnet, die „alle bisher geschaffenen Künste in sich [faßt]“. So leitet der Filmemacher, unterstützt von weiteren Filmtheoretikern des russischen Formalismus, her, wie Musik durch die Bewegung und Entwicklung in der Zeit, Theater durch lebendige Sprache sowie natürlich Malerei und Fotografie durch die unmittelbare Entwicklung eines Sehbildes in das filmische übergehen. Für Diskussionen, die bis heute allerdings die größte Nachhaltigkeit haben, sorgte die Gegenüberstellung von Film und Literatur. Obwohl beide medialen Formen in ihrem buchstäblich objektiven Vorkommen zunächst plakativ betrachtet vollkommen verschiedenen scheinen, ist die beidseitige Kopplung doch immens. Gerade weil die immanenten Möglichkeiten beider Medienformen ähnlichen scheinen, hatte man in der medienhistorischen Betrachtung nicht selten das Gefühl als würden beide Formen geradezu oppositionell gegeneinander gestellt. „Bis zur Erfindung des Films und bis zur Bewußtwerdung der Montage war als einzige Kunst die Literatur in der Lage, komplexe Sujetkonstruktionen zu entfalten, Fabel- Parallelen zu entwickeln, den Handlungsort beliebig zu wechseln, Details zur Geltung zu bringen usw.“ Trotzdem wurde in der Filmgeschichte recht zügig deutlich, wie eng Literatur und Film zusammengehören. Rasant etablierten sich filmische Umsetzungen bestehender literarischer Werke. Den Anfang nahm es mit einer Umsetzung von Goethes Faust im Jahre 1896 von Louise Lumière, desselben Medienpioniers der gesagt haben soll, dass der Film eine Erfindung ohne Zukunft sei. Doch allein 230 deutsche Werke wurden in den siebzehn Jahren zwischen 1912 bis 1929 verfilmt. Mit Ende der Naziherrschaft 1945 waren es hunderte Literaturverfilmungen mehr, die natürlich konform der ‚Sieben Filmthesen’ Joseph Goebbels gedreht wurden sind.
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Vorüberlegung
1.2 Einteilung der Arbeit
1.3 Abgrenzung
2. Der Neue Deutsche Film
2.1 Ausgangssituation nach 1945
2.2 Das Autorenkino
2.3 Rainer Werner Fassbinder
3. Literatur im Film
3.1 Literaturverfilmung
3.2 Der literarische Film
3.2.1 Zeit, Tempo & Rhythmus
3.2.2 Leerstellen
3.2.3 Sprache
4. Fontane Effi Briest
4.1 Einordnung des Films und Verhältnis zum Roman
4.2 Titel, Farbe und Licht
4.3 Blenden und Texttafeln
4.4 Romantext, Darsteller und Sprache
4.5 Kamera und Schnitt
4.6 Literarisches Motiv – der Spiegel
5. Fazit
6. Quellen
6.1 Literatur
6.2 Internetlinks
6.3 Audiovisuelle Medien
6.4 Abbildungsverzeichnis
„Der große Umfang der objektiven Wirklichkeit, der dem literarischen Roman offen steht, steht auch ganz dem Film offen.“[1]
Vor nunmehr 80 Jahren schrieb W.I. Pudowkin diese Feststellung nieder und beteiligte sich energisch an der damals geführten Debatte, die versuchte das Phänomen Film und cinéma[2] greifbar zu machen und es im Rahmen seiner Eigenheiten in Reflexion auf andere Künste zu positionieren. Pudowkins Offensive geht soweit, dass er den Film als die allumfassende Generalkunst bezeichnet, die „alle bisher geschaffenen Künste in sich [faßt]“[3]. So leitet der Filmemacher, unterstützt von weiteren Filmtheoretikern des russischen Formalismus, her, wie Musik durch die Bewegung und Entwicklung in der Zeit, Theater durch lebendige Sprache sowie natürlich Malerei und Fotografie durch die unmittelbare Entwicklung eines Sehbildes in das filmische übergehen. Für Diskussionen, die bis heute allerdings die größte Nachhaltigkeit haben, sorgte die Gegenüberstellung von Film und Literatur. Obwohl beide medialen Formen in ihrem buchstäblich objektiven Vorkommen zunächst plakativ betrachtet vollkommen verschiedenen scheinen, ist die beidseitige Kopplung doch immens. Gerade weil die immanenten Möglichkeiten beider Medienformen ähnlichen scheinen, hatte man in der medienhistorischen Betrachtung nicht selten das Gefühl als würden beide Formen geradezu oppositionell gegeneinander gestellt.
„Bis zur Erfindung des Films und bis zur Bewußtwerdung der Montage war als einzige Kunst die Literatur in der Lage, komplexe Sujetkonstruktionen zu entfalten, Fabel-Parallelen zu entwickeln, den Handlungsort beliebig zu wechseln, Details zur Geltung zu bringen usw.“[4]
Trotzdem wurde in der Filmgeschichte recht zügig deutlich, wie eng Literatur und Film zusammengehören. Rasant etablierten sich filmische Umsetzungen bestehender literarischer Werke.[5] Den Anfang nahm es mit einer Umsetzung von Goethes Faust im Jahre 1896 von Louise Lumière,[6] desselben Medienpioniers der gesagt haben soll, dass der Film eine Erfindung ohne Zukunft sei.[7] Doch allein 230 deutsche Werke wurden in den siebzehn Jahren zwischen 1912 bis 1929 verfilmt.[8] Mit Ende der Naziherrschaft 1945 waren es hunderte Literaturverfilmungen mehr, die natürlich konform der ‚Sieben Filmthesen’ Joseph Goebbels gedreht wurden sind. Nach einer langen filmisch-kulturellen Dürrezeit belebten erstmals in den 60er Jahren die Filmschaffenden des so genannten Neuen Deutschen Films die Leinwand der BRD. Unter dem Slogan ‚Papas Kino ist tot’ distanzierten sie sich bewusst vom damaligen kleinbürgerlichen Zeitgeist und wandten sich gegen die Epoche der Stagnation und die unpolitische Haltung der Altfilmer.[9] Derjenige der dem Neuen Deutschen Film international endgültig zum Durchbruch verhalf[10] war Rainer Werner Fassbinder, der spätestens mit seinem frühen Tod im Alter von 37 den Status einer umstrittenen Legende innehat. Diese Jungfilmer Deutschlands der 60er und 70er, Fassbinder allen voran, etablierten eine neue, progressive Art des Films, welche sich einerseits auf die Aspekte der Kunst und des Künstlichen besann, andererseits in gehobenem Maße als Gegenstück zum herkömmlichen, gradlinig narrativen Kino sich den episch-demonstrativen Darbietungsweisen der Brechtschen Verfremdungsidee[11] zuneigte. In welchem Maße ein Film aber nun wahrhaftig literarisch sein kann, soll in dieser Arbeit untersucht werden.
Der grundsätzlichen Fragestellung ob und in welchem Maße das Phänomen ‚literarischer Film’ in Deutschland existierte, möchte ich mich in drei Schritten nähern. Zum ersten werde ich einen Einblick in die Ausgangssituation der Deutschen Filmlandschaft in den 60er und 70er Jahren geben. Wobei die Geburt des Autorenkinos sowie natürlich im Verbund damit, die Person Fassbinder näher in Augenschein genommen werden. Im darauf folgenden Kapitel wird erörtert wie und wodurch ein Film überhaupt literarisch sein könnte und inwieweit eine solche Kategorisierung überhaupt sinnvoll wäre. Exemplifiziert werden diese Überlegungen anschließend im dritten Punkt der Arbeit, anhand des praktischen Filmbeispiels ‚Fontane Effi Briest’ von Rainer Werner Fassbinder.