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Ist »Dark Romance« etwas für Dich? Wer auf düstere Romantik, blutrünstige Bad Boys und selbstbewusste Frauen gepaart mit spritzigem Humor und expliziten Szenen steht, sollte sich diese Sammelausgabe nicht entgehen lassen. Vom Serienkiller bis zum Politiker, Polizisten bis Mafioso – hier kommen alle auf ihre Kosten. Mehrfach. Enthält fünf Romane, eine unveröffentlichte Szene aus »Sinister – Finsteres Begehren« und eine kleine Bonus-Episode zu der Mafia-Familie Moretti, sowie drei Leseproben. DARKSOME Mein Job als Detective bei der Polizei am seidenen Faden. Zur Strafe bekomme ich eine Journalistin aufgehalst. Ich hasse Journalisten, selbst wenn sie so sexy wie Chloe Emerson sind. Wenn sie mir noch einmal mit ihren penetranten Fragen auf den Leib rückt, werde ich von meinen Handschellen Gebrauch machen – und dann möchte ich sehen, wie viel von ihrem losen Mundwerk noch übrig ist … HURT ME Die Tochter eines ruchlosen Gangsterbosses und ein gefährlicher Mann, von dem die Mafia glaubt, er sei längst tot. Stell dir vor, du willst dich an dem Kerl rächen, der dich umbringen lassen wollte. Stell dir vor, du hast seine Tochter entführt und bist auf dem Weg zu einer verlassenen Hütte im Nirgendwo. Stell dir vor, seine Tochter ist wesentlich verführerischer, als du eingeplant hast … A PRETTY MESS Entführt. Verkauft. Verloren? Während ich nach einer Möglichkeit suche, aus diesem verdammten Käfig zu flüchten, sehe ich den Ausdruck in seinen Augen genau. Ausgerechnet dieser Kerl will mir helfen? Nachdem er mich bei einer illegalen Auktion ersteigert hat und keinen Hehl daraus macht, dass er mich in seinem Bett will? Ich kann ihm unmöglich vertrauen. Schon gar nicht, wenn ich keine Chance habe, mich gegen seine dunkle Begierde zu wehren. Doch einen Gedanken kann ich einfach nicht abschütteln … Will ich mich überhaupt wehren? SUGAR DADDY ISSUES »Komm für Daddy, Sugar.« Mein Name ist Sugar und ich habe einen Daddy-Kink. Deshalb arbeite ich für sugaraddictsanonymous – ein Service, der Mädchen wie mich an ältere, erfahrene und wohlhabende Männer vermittelt. Selbstverständlich ist es ein vollkommen legaler Service, an dem moralisch absolut nichts verwerflich ist, und ich würde niemals auf die Idee kommen, mit einem meiner zahlreichen Daddys ins Bett zu gehen. Ich würde auch nie mit meinem Boss schlafen. Oder mich in einen Mordfall verwickeln lassen … SULTRY SHADOWS Wenn du zugegeben hättest, wie gut wir zusammen sind, müsste ich dir jetzt nicht wehtun. Und es wird wehtun … Nur in Ruhe eine Leiche entsorgen – mehr wollte ich nicht. Stattdessen stört mich ein Kerl, der selbst einen Toten im Gepäck hat. Wie soll ich mich konzentrieren, wenn er ständig seine Hände an Stellen hat, an denen sie absolut nichts zu suchen haben? Wie soll ich ihn loswerden, wenn er ignoriert, was ich sage? Und wie weh wird es tun, wenn er mich im Bett so hart anfasst, wie er versprochen hat?
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Seitenzahl: 1352
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Copyright: Mia Kingsley, 2015-2016, Deutschland.
Coverfoto: © Mia Kingsley
Korrektorat: http://www.swkorrekturen.eu
Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.
Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.
Black Umbrella Publishing
www.blackumbrellapublishing.com
Einführung
Darksome
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Interlude
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Interlude
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Interlude
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Hurt Me
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
A Pretty Mess
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Sugar Daddy Issues
Einführung
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Sultry Shadows
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Vier Monate später
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Bonus-Szene zu »Sinister – Finsteres Begehren«
Bonus zu »Tied To … (The Moretti Family)«
Leseprobe »Crimson Hunger«
Vorspiel
Kapitel 1
Kapitel 2
Leseprobe »The Twisted Princess (The Twisted Kingdom 1)«
THE TWISTED PRINCESS
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Leseprobe »All Those Ugly Lies«
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
FAQ
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Über Mia Kingsley
Liebe Leserinnen, lieber Leser,
als ich begonnen habe, Dark Romance zu schreiben, erschien es mir angebracht, am Anfang des Buches eine Warnung auszusprechen. Wer Probleme mit Blut, Gewaltdarstellungen, überheblichen Protagonisten, vulgärer Sprache, uneinvernehmlichen Sexszenen und dem Verzicht auf Verhütungsmittel hat, ist bei mir wahrscheinlich nicht gut aufgehoben.
Mit der Zeit fand ich das Vorwort hinfällig, da eigentlich anhand des Klappentextes klar wird, worum es in der Geschichte geht. Trotzdem merke ich es noch immer an, wenn ich finde, dass die Story es verlangt. Möglicherweise schreckt es die zartbesaiteten Leser ab oder gibt mich dem Spott der Hardcore-Leser preis, die es für völlig übertrieben halten, aber wenigstens kann ich sagen: Mein Gewissen ist rein.
Ja, es sterben Leute. Ja, das Wort »Nein« wird manchmal oft ignoriert, aber darum geht es eben: Es ist Fiktion. Meine Geschichten sollen eine Flucht aus dem Alltag darstellen und keine Selbsthilferatgeber in Beziehungs- oder Moralfragen.
Wir wollen doch alle nur vergessen, dass die eine Rechnung unbezahlt ist, unser Schatz den Jahrestag vergessen hat, das Kind das Gemüse wieder nicht essen wollte und dass der Vermieter am Telefon ein Vollidiot war.
Wem nicht klar ist, dass Unterhaltungsliteratur genau das tun soll – unterhalten –, der sollte mein Buch wahrscheinlich besser zur Seite legen.
Wer neugierig geworden ist: Komm auf die dunkle Seite. Wir haben jede Menge Spaß hier.
Ich verrate es auch keinem. Versprochen. Das bleibt unser Geheimnis.
Deine Mia
Es war nichts Persönliches, sondern eher wie ein Job – ein Job, den ich zu erledigen hatte. Wobei es schon eher einem Traumjob gleichkam, einer Fantasie, auf die ich so lange hingefiebert hatte.
Der Typ war betrunken, allerdings nicht zu sehr. Das sah ich an der Art, wie er mich musterte. Er war scharf auf mich. Immer, wenn er zu mir blickte, spitzte er die Lippen oder leckte sich darüber.
Ich strich meine Haare nach hinten, heute waren sie lang und dunkel, und bewegte meine Schulter. Wie zufällig rutschte der Träger meines Tops nach unten, enthüllte das Neonorange des BHs.
Männer wie er mochten Signalfarben. Dabei spielte es keine Rolle, ob es um die Unterwäsche oder das Make-up ging. Billig bedeutete leicht zu haben, hohe Absätze und tiefe Ausschnitte bedeuteten leicht zu haben, ein hochgerutschter Rock und der Blick auf die kaum verhüllte Pussy bedeuteten leicht zu haben.
Er ließ mir den Vortritt, damit ich zuerst die Treppe nach oben ging. Ich machte mir keine Illusionen darüber, dass er vielleicht ein Gentleman war. Er wollte mir lediglich auf den Arsch glotzen und die Hand danach ausstrecken, weil ich … nun ja … leicht zu haben war.
Ich zählte mit, und schon auf der vierten Stufe spürte ich seine Finger, die unter den Rocksaum glitten, meine glatte Haut streichelten. Als ich einen neckischen Blick über die Schulter warf, hatte er bereits eine Latte. Sie drückte gegen den Stoff seiner Hose, und er tat mir fast ein wenig leid, weil er heute keine Erleichterung mehr finden würde. Nie wieder, um genau zu sein.
Auf dem Treppenabsatz holte er mich plötzlich ein – wesentlich flinker, als sein betrunkener Zustand hätte vermuten lassen. Ich spürte den festen Griff an meinem Ellenbogen, er riss mich zurück und drückte mich gegen die Wand.
Sein Mund suchte meinen, und er wurde ungeduldig, als ich den Kopf abwandte. Hastig schob er meinen Rock hoch, zerriss das billige Höschen und wollte meine Beine auseinanderschieben.
Die Hände gegen seine Brust gepresst, wollte ich ihn wegdrücken. »Ich glaube, ich habe es mir anders überlegt.«
Er lachte, und meine Kopfhaut prickelte, weil das Geräusch alles andere als sympathisch klang. »So geht das aber nicht, du kannst mich nicht erst heißmachen und dann hängen lassen. Das ist nicht nett.« Seine Finger gruben sich in meine Haare, er zwang mich, ihn anzusehen. »Hab dich nicht so und sei ein braves Mädchen.«
Überrascht merkte ich, dass er mich auf die Knie drücken wollte. »Nein«, keuchte ich und schlug seinen Arm weg.
»Du Nutte«, knurrte er und wollte mich mit seinem Körper gegen die Wand pressen. Damit drückte er sich nur von selbst auf das Messer. Eigentlich hatte ich ihn bis oben locken und erschießen wollen, doch aufgrund der unerwarteten Wendung hatte ich improvisieren und das Messer ziehen müssen.
Ich drückte es tiefer und legte gleichzeitig die Hand auf seinen Mund, um den Schrei zu dämpfen. Er winselte wie ein kleines Mädchen.
Langsam rutschte er nach unten. Als sich seine Augen nach oben verdrehten, richtete ich mich auf, ließ ihn los und stieg über die Leiche.
Zwar hatte ich einen Blutfleck auf meinem Kleid und würde mich umziehen müssen, doch die Nacht war noch jung. Es gab genügend Männer, die um das gleiche Schicksal bettelten, und ich würde sie nur zu gern erhören.
Chief Wick redete seit mehr als einer halben Stunde mit diesem sexy Exemplar von Frau, das mit übereinandergeschlagenen Beinen in dem Stuhl vor seinem Schreibtisch saß.
Der ohnehin kurze Rock war hochgerutscht und gab den Blick auf schwarze Spitzenstrumpfbänder und Strapshalter frei. Ich hatte heute schon wesentlich Schlimmeres gesehen. Mit dem Kugelschreiber trommelte ich auf den Papieren herum, die ich eigentlich ausfüllen sollte.
Die Akten und Formulare stapelten sich auf meinem Schreibtisch, weil ich diese Arbeit immer ewig vor mir herschob – bis der Chief mich dafür anschrie, weil meine Berichte längst überfällig waren.
Aber solange die Lady noch in seinem Büro war, würde ich den Anblick genießen, statt mir die Finger wund zu schreiben.
Die braunen Locken fielen bis zur Mitte ihres Rückens, und vom Profil ihres Gesichts konnte ich ablesen, dass sie hübsch war, auch wenn ich es nicht ganz sehen konnte. Für den Moment reichte mir vollkommen die Kombination ihrer runden Brüste, die von innen gegen die weiße Bluse spannten, und ihren schmalen Schenkeln.
Mit ihren hohen Absätzen und ihrem engen Rock schien sie aus meinem persönlichen Sextraum gestiegen zu sein.
Chief Wick gestikulierte übertrieben mit den Händen, was bedeutete, dass er sich größte Mühe gab, sie zu beeindrucken. Außerdem versuchte er krampfhaft, nicht zu sehr auf ihre Beine oder Titten zu glotzen. Er starrte ihr geradewegs ins Gesicht, und ich wartete nur darauf, dass die Schweißperlen auf seine Stirn traten. Wenn er so weitermachte, würde er heute Abend einen steifen Nacken haben – was dann wahrscheinlich nicht das einzig Steife an ihm wäre.
Es war ein offenes Geheimnis, dass der Boss chronisch untervögelt war, seit seine Frau ihn verlassen hatte. Eyleen Wick war der klassische Fall der Polizistenfrau gewesen: fasziniert von der Uniform, abgestoßen vom Job ihres Mannes. Die Arbeitszeiten waren für jede Beziehung tödlich, dazu kam noch die durchaus berechtigte Sorge, dass dem Partner jederzeit etwas zustoßen konnte.
Mit einem festgefrorenen Lächeln stand Wick auf und ging zur Tür. Die Lady blieb sitzen, als er die Tür öffnete und mich anblickte.
»Damien, kommst du mal?«
Er formulierte es wie eine Bitte, aber ich hörte an dem stählernen Unterton, dass ich mich noch immer auf dünnem Eis bewegte.
Kein Wunder, denn ich lag nicht nur Wochen mit meinem Papierkram zurück – ich war auch der Einzige, der wusste, warum mein Partner mit einem Bauchschuss im Krankenhaus lag, und schwieg darüber ebenso verbissen wie er selbst.
»Klar.« Ich stand auf und knöpfte mein Jackett zu. Der erste Eindruck zählte schließlich.
Der Chief wedelte mit der Hand, damit ich die Tür hinter mir schloß, und ich tat es, bevor ich mich der Besucherin zuwandte. Sie erhob sich, um mir die Hand zu schütteln, und es überraschte mich, wie klein sie trotz der schwindelerregend hohen High Heels war, die sie trug.
Ihr blieb nichts anderes übrig, als den Kopf weit in den Nacken zu legen, wenn sie mich ansehen wollte, weil sie mir gerade einmal bis zur Brust reichte.
Ich durfte gar nicht darüber nachdenken, wie einfach es wäre, sie zu überwältigen und auf den Schreibtisch des Chiefs zu pressen, um zu erforschen, was sie wohl unter dem Rock trug.
Vermutlich kein Höschen, sie hatte so ein Funkeln in den Augen, das verriet, wie durchtrieben sie eigentlich war. Genau mein Typ Frau.
Als ich ihre Hand schüttelte, nahm ich zur Kenntnis, dass sie keinen Ring trug. Aber das musste natürlich nichts heißen.
»Chloe Emerson, das ist Detective Damien Rawlings«, erläuterte mein Boss und deutete dabei auf mich, als würden sich noch zwanzig andere Leute im Raum befinden und Verwechselungsgefahr bestehen. Ihm war das Gehirn wohl ebenso in den Schwanz gerutscht wie mir.
»Detective Rawlings wird Ihnen alle Fragen beantworten, Chloe.«
Was für ein schöner Name, dachte ich und spürte das Ziehen in meinen Hoden, während Chloe ihre Lippen zu einem verführerischen Lächeln verzog, als hätte Chief Wick etwas Unanständiges gesagt.
Seine kräftige Pranke landete auf meiner Schulter und er drückte schmerzhaft fest zu. »Miss Emerson arbeitet für die Tribune und wird dich einige Tage bei der Arbeit begleiten, Damien.«
Ich erstarrte und meine Hoden schrumpften auf Erdnussgröße zusammen. Eine Journalistin?
Es gab ungefähr nichts, was ich so sehr hasste wie Journalisten. Jeder auf diesem Planeten wusste das. Egal, wie scharf Chloe war, egal, dass ihre Titten fast aus ihrem BH quollen und ich sie gern auf den Knien vor mir gehabt hätte, um herauszufinden, wie ihre vollen Lippen aussahen, wenn sie sich um meinen Schwanz schlossen – ich hasste Journalisten.
Abrupt ließ ich ihre Hand los, die ich bis jetzt noch immer geschüttelt hatte. »Nein, danke.«
Ich machte auf dem Absatz kehrt und verließ das Büro. Weil ich wusste, dass der Chief mir folgen würde, um mich anzubrüllen, flüchtete ich aufs Dach. Wenn ich jetzt endlich gefeuert wurde, musste es nicht direkt das ganze Präsidium mitbekommen.
Meine Schritte dröhnten auf den Stufen, und ich sog gierig die frische Luft ein, als hätte ich die ganze Zeit keine bekommen. Was fiel dem Chief nur ein?
»Damien«, bellte er in diesem Moment hinter mir.
Ich verschränkte die Arme und setzte meine ablehnendste Miene auf. »Unter gar keinen Umständen. Eher gebe ich meine Marke ab.«
Wick schnaufte. Wie immer, wenn er sich bewegen musste, machten sich die 40 Kilo Übergewicht bemerkbar, die er mit sich herumschleppte. Ich konnte es ihm kaum verübeln, dass er aus Stress Unmengen Süßigkeiten vertilgte, immerhin musste er die Handlungen von solchen Idioten wie mir verteidigen und rechtfertigen.
»Damien, du gehst jetzt nach unten und lässt deinen gesamten Charme bei dieser verdammten Reporterin spielen. Der Bürgermeister sitzt mir im Nacken, die Presse sitzt mir im Nacken und meine Exfrau sitzt mir im Nacken. Das Mindeste, was du tun kannst, ist, sie mit zu ein paar Tatorten zu nehmen und ihre Fragen zu beantworten. Zeig ihr, dass die Polizei ihr Bestes gibt und wir nicht ein Haufen Loser sind, die nicht einmal die Bürger dieser Stadt beschützen können. Seit dieser Psycho unterwegs ist, hat unser Ruf verdammt noch mal gelitten, und der einzige Cop, der ihn mal aus der Nähe gesehen hat, liegt seit Dienstag angeschossen im Krankenhaus und weigert sich, zu reden. Du bist der Einzige, der mit ihr umzugehen weiß und ihr das richtige Bild vemitteln kann. Außerdem bist du mir einiges schuldig.«
Schlechtes Gewissen kroch durch meine Eingeweide und nistete sich in der Magengegend ein. Mein Partner Xander und ich waren dem Killer extrem nah gewesen, und auf gewisse Weise war es unsere Schuld, dass er noch auf freiem Fuß war – ein Geheimnis, das ich mit ins Grab nehmen würde.
»Ich hasse Journalisten«, knurrte ich und wollte bereits meine Waffe ablegen. Ich würde wirklich eher den Job hinschmeißen, als mich freiwillig tagelang von einer Reporterin begleiten zu lassen. Es würde einem Verrat an Paul gleichkommen, wenn ich das tat.
Meine Mutter litt ohnehin darunter, dass ich für die Polizei arbeitete und nicht für Dads Firma wie meine Brüder.
Der Chief schnaufte und wischte sich mit der Hand übers Gesicht. »Entweder du arbeitest mit ihr zusammen, oder ich eröffne interne Ermittlungen, warum die Kugel in Xanders Bauch aus seiner eigenen Waffe stammte. Du sollst die Tussi nicht heiraten, drei oder vier Tage werden reichen, bis sie sich zu Tode langweilt. Nimm sie mit zum nächsten Tatort, und wenn sie beim Anblick der Leiche kotzen muss, bist du sie schneller los, als du gucken kannst.«
»Ich hasse …«
Weiter kam ich nicht, weil Chloe Emerson das Dach nun ebenfalls betrat. Das Lächeln haftete unverändert auf ihren Lippen. »Ich muss Sie leider enttäuschen, Chief. Mein Magen ist nicht sonderlich empfindlich.«
Wick wechselte dreimal die Hautfarbe, bevor er abwehrend die Hände hob. Er kam nicht einmal dazu, sich zu rechtfertigen, denn Chloe drehte sich zu mir und zog spöttisch eine Augenbraue hoch. »Allerdings wird es die Leser sicherlich brennend interessieren, was die Polizei alles zu verheimlichen hat. In welchem Krankenhaus liegt dieser Xander noch gleich, sagten Sie?«
Mein Blick wurde zu einer tödlichen Waffe, doch sie zeigte sich nicht im Mindesten beeindruckt.
»Drei Tage, Mister Rawlings, mehr brauche ich bestimmt nicht.« Sie hielt die entsprechende Anzahl Finger hoch, weil sie mich offensichtlich für blöd hielt.
»Für Sie ›Detective Rawlings‹ – und nein.«
»Doch«, hielt Chief Wick dagegen.
»Drei Tage.« Chloe baute sich vor mir auf, als würde sie mich mit ihrer körperlichen Präsenz beeindrucken wollen. Ja, sie war sexy, und so dicht unter meiner Nase bemerkte ich natürlich auch, dass sie gut roch, aber das änderte nichts daran, dass sie den schlimmsten, niveaulosesten und abartigsten aller Jobs hatte.
Kurz überlegte ich, ob es meine Probleme lösen würde, wenn ich sowohl den Chief als auch Miss Emerson vom Dach warf. Vermutlich nicht.
Diese Diskussion war sinnlos. Ich wandte mich ab und wollte die Treppe nach unten steigen. Ich würde dem Chief meine Marke auf den Tisch legen und sehen, welche Jobangebote mein Vater für mich hatte.
»Haben Sie Angst vor mir?« Chloes Stimme hielt mich zurück.
»Ich habe keine Angst.« Weil ich wusste, dass sie mich nur provozieren wollte, drehte ich mich nicht einmal um. Ich konnte mir ihr herausforderndes Grinsen auch so vorstellen. Jemand musste Chloe Emerson dringend den Hintern versohlen.
Paul, mein ältester Bruder, hasste die Presse in etwa so sehr wie ich, wenn nicht sogar mehr. Er hätte sicherlich nicht das geringste Problem damit, Chloe über den nächsten Lederbock zu zwingen und ihr den Arsch zu versohlen, bis sie drei Tage nicht sitzen konnte. Das wären dann drei Tage, die eher nach meinem Geschmack waren.
Je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass ich nicht einmal meinen Bruder brauchte, um sie zu maßregeln, das konnte ich ganz gut selbst.
Drei Tage? Ein Lächeln umspielte meine Lippen. Hatte Miss Emerson eigentlich eine Ahnung, wie lang drei Tage sein konnten? Niemand würde mich daran hindern, ihr das Leben zur Hölle zu machen, bis sie freiwillig hinschmiss und die Flucht ergriff.
Die Frage war wohl eher, ob sie überhaupt so schnell laufen konnte. Langsam drehte ich mich um.
»Chief, gibst du uns ein paar Minuten?«, fragte ich und stellte mit großer Genugtuung fest, dass Chloes Lächeln für den Bruchteil einer Sekunde bröckelte. Sie war ganz offensichtlich nicht scharf drauf, mit mir allein zu sein.
Dein Pech, Sweetie.
Mein Boss warf mir einen Blick zu, der besagte, dass ich keinen Unsinn machen sollte, stiefelte dann aber an mir vorbei zur Treppe. Hinter ihm fiel die schwere Metalltür mit einem Krachen ins Schloss. Wir waren allein.
Chloe schluckte schwer, hielt ihre Schultern weiterhin gestrafft, den Rücken gerade. Doch ich konnte sehen, dass ihr Puls raste.
»Wollen Sie mich jetzt einschüchtern, damit ich aufgebe?«
Ich schüttelte den Kopf. »Wir sollten die Regeln festlegen.«
»Regeln?« Sie wich zurück, weil ich einen Schritt auf sie zu machte.
Mit einem Nicken bestätigte ich, dass sie mich richtig verstanden hatte.
»Was für Regeln?«
Ich hörte das Misstrauen in ihrer Stimme, den Trotz und konnte nicht leugnen, dass es mich erregte. »Falls ich damit einverstanden bin, mich drei Tage begleiten zu lassen, sollte dir klar sein, dass ich der Boss bin. Du tust, was ich sage, und zwar sofort.«
Chloe verschränkte die Arme, schob die vollen Brüste damit nur noch höher. »Interessant, aber ich glaube, das liegt nicht in meiner Natur. Und seit wann duzen wir uns?«
Sie hätte mich vielleicht getäuscht, wenn ihr Tonfall nicht viel weicher und nachgiebiger geworden wäre.
Unbeirrt fuhr ich fort: »Du verhältst dich ruhig und im Hintergrund – die Betonung liegt auf ›ruhig‹. Ich habe keinen Bock, die ganze Zeit nervige Fragen zu beantworten.«
Mit einer Bewegung ihrer Hand warf sie ihre Haare zurück und sah mich empört an. »Sonst noch etwas? Ich finde es wirklich amüsant, Detective Rawlings, dass du denkst, ich würde freiwillig mehr als notwendig mit dir reden.«
»Dann verstehen wir uns ja«, knurrte ich.
»Sieht so aus.«
Sie wollte an mir vorbeistolzieren, und ich ließ sie für ein paar Sekunden, damit ich ihr auf den Arsch blicken konnte.
»Eins noch, Sweetie.«
Ein Ruck ging durch ihren Körper, und ich wusste, dass sie mir am liebsten das Gesicht mit den Nägeln zerkratzt hätte.
Fast hätte ich behaglich geseufzt, aber ich hatte mich im Griff. »Wenn du vor Ablauf der drei Tage das Handtuch wirfst, wirst du einen exzellenten Artikel über die Polizeiarbeit und vor allem Chief Wick schreiben, in dem mein Name nicht ein einziges Mal auftaucht. Verstanden?«
Obwohl sie mit dem Rücken zu mir stand, konnte ich sehen, dass sie die Nase rümpfte. Sie fand mich überheblich und unerträglich – genau, wie ich es wollte.
»Und was bekomme ich, wenn ich durchhalte?« Ihre Stimme glich einem Schnurren und gab mir einen Eindruck davon, wie es sein musste, wenn sie sich bereitwillig fügte.
Ich war versucht, ihr einen Tittenfick oder einen billigen Strauß Blumen anzubieten – vielleicht sogar beides –, aber ich wollte den Anreiz für uns beide erhöhen. »Ich nehme an, dass du weißt, wer mein Bruder ist.«
Sie fuhr herum, ein Blitzen in den Augen. »Natürlich.«
»Wenn du durchhältst, Sweetie, gibt er dir ein Interview.«
Mit diesem einen Satz hatte ich es geschafft, Chloe Emerson sprachlos werden zu lassen. Sie drehte sich um, und ich konnte sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete. Wie alle Journalisten war sie immer auf der Suche nach der nächsten Story, dem nächsten großen Coup – und ich servierte ihn ihr auf dem Silbertablett. Natürlich würde ich sie niemals gewinnen lassen, aber sie hatte Blut geleckt. Ihr passte die Anrede »Sweetie« noch immer nicht, aber wenn sie gewusst hätte, dass die Alternative »Miststück« lautete, wäre sie wahrscheinlich doch zufrieden gewesen. Ich wertete es als stille Zustimmung, dass sie nicht protestierte.
»Was sind schon drei Tage?«, fragte sie leichthin und lächelte selbstbewusst.
»Eine Ewigkeit. Nur damit wir uns verstehen: Das Interview gibt es nur, wenn du dich an die Regeln hältst. Egal, was ich sage, du tust es.«
Chloe knickste vor mir. »Verstanden, Detective. Ich halte mich im Hintergrund, und wenn du willst, dass ich schweige, schweige ich. Wenn du willst, dass ich im Auto warte, warte ich im Auto. Ich bin ziemlich gut darin, die Regeln zu befolgen, wenn ich es will.«
Ihre Haare flogen durch die Luft, als sie sich auf dem Absatz umdrehte und die Stufen nach unten eilte.
Verdammt! Ich hasste es, wenn Frauen das letzte Wort hatten und mich damit auch noch geil machten.
Mein Herz hämmerte wie verrückt, als ich die Treppe nach unten rannte. Es fehlte nicht mehr viel, bevor ich mit diesen verdammten Absätzen hängen blieb und mir das Genick brach. Detective Damien Rawlings hätte vermutlich nie wieder aufgehört, zu lachen.
Dieses Arschloch!
Was hatte ich mir nur bei diesem letzten Spruch gedacht? Ich hatte noch nie gut mit Provokationen umgehen können. Verdammt! Ich und meine große Klappe.
Viel schlimmer war aber sein Blick gewesen. Unverhohlenes Verlangen.
Wahrscheinlich juckte es ihn bereits in den Fingern, nach mir zu greifen und … Ich schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben. Das war nicht hilfreich, absolut nicht hilfreich.
Atemlos blieb ich stehen. Wo waren denn hier die Toiletten? Ich musste mich dringend beruhigen. Endlich entdeckte ich das verblichene Schild und hastete zu den Waschräumen.
Ich stützte meine Hände auf den Waschbeckenrand, nachdem ich das Wasser aufgedreht hatte. Es könnte der größte Erfolg meiner Karriere werden, wenn ich zuerst eine Mordserie aufdecken und dann noch ein Interview mit Paul Rawlings ergattern könnte.
Paul Rawlings. Das wäre eine Sensation! Ob sein Bruder Damien die gleichen Vorlieben teilte? Ein Schauer lief meine Wirbelsäule hinunter und ich rief mich zur Ordnung.
Ich war hier, um einen Job zu erledigen, da konnte Damien versuchen, mir das Leben schwer zu machen, wie er wollte. Denn ich war nicht hingekommen, wo ich jetzt war, weil ich Angst vor Männern oder anderen Hindernissen hatte. Er konnte mir so viel Widerstand leisten, wie er wollte, am Ende würde ich mit einem brillanten Artikel nach Hause gehen.
Drei Tage. Damien Rawlings war wirklich unglaublich von sich eingenommen, wenn er dachte, mich in nur drei Tagen kleinzukriegen. Ich würde alles für diese Story tun – zumal meine Karriere davon abhing, denn mein Ausflug zum Polizeipräsidium war nicht genehmigt worden. Wenn mein Boss herausfand, dass ich hier war, konnte ich meinen Schreibtisch in der Redaktion der Tribune leer räumen. Immerhin hatte er mir explizit verboten, dieser Spur nachzugehen.
Ich hielt meine Handgelenke unter das kalte Wasser und atmete tief durch.
Lass dich nicht davon ablenken, dass Damien Rawlings sexy wie die Sünde selbst ist, ermahnte ich mich selbst. Er ist nicht der einzige sexy Mann in der Stadt.
Nachdem ich meinem Spiegelbild aufmunternd zugenickt hatte, obwohl ich selbst nicht wusste, was das bringen sollte, drehte ich das Wasser zu und trocknete meine Arme mit einigen Papierhandtüchern ab.
Ich nahm meine Tasche, öffnete die Tür und prallte gegen eine zwei Meter hohe Mauer aus Muskeln und maßgeschneidertem Anzug. Es reichte nämlich nicht, dass Detective Rawlings die pure Versuchung war, seine Familie zählte zu den einflussreichsten der Stadt.
Jeder wusste, dass er sich mit seinem Vater zerstritten hatte, als er zur Polizei gegangen war, statt – wie es von ihm erwartet worden war – in die Firma der Rawlings einzusteigen.
Er hätte sich auch einfach auf dem Geld ausruhen können, stattdessen hatte er eine glänzende Karriere hingelegt und bis zu den Vorfällen im letzten Monat als Vorzeigecop gegolten.
»Es gibt eine Leiche für uns. Bist du bereit, Sweetie?«, fragte er mit der dunklen Stimme, die in mir dringendes Verlangen nach Sex auslöste.
»Selbstverständlich, Detective.« Ich hielt seinem Blick stand, um ihm nicht das geringste Anzeichen von Schwäche zu zeigen.
Sein Hemd stand ein Stück auf und enthüllte schwarze Linien und bunte Farbe. Ich war neugierig, was für Tattoos er wohl auf der Haut hatte, aber ich würde mir eher die Zunge abbeißen, als ihn zu fragen. Wenn er sich nicht innerhalb der nächsten drei Tage vor mir auszog, würde ich es wohl nie erfahren.
Durften Cops eigentlich tätowiert sein?
Er strich sich durch die dunkelblonden Haare und zog einen Autoschlüssel aus der Tasche. »Dann können wir ja los. Oder gibt es Einwände?«
Bildete ich mir das eigentlich ein oder kam er immer näher, sobald er die Gelegenheit dazu hatte? Ich fühlte mich immer bedrängt, wenn er vor mir stand. Als würde der Raum schrumpfen – oder ich selbst.
»Natürlich nicht, Detective.« Das letzte Wort schnurrte ich regelrecht. Er würde es noch bereuen, mich auf seinen Titel hingewiesen zu haben. Aber konnte ich meine Unsicherheit besser hinter einer gehörigen Portion Sarkasmus verbergen.
Wie er es von mir verlangt hatte, schwieg ich, während ich ihm folgte. Das lange Laufen auf den hohen Absätzen war ungewohnt, aber ich konnte schlecht zu ihm sagen, dass er kurz warten sollte, während ich die Schuhe auszog, die ich nur gewählt hatte, um seinen Boss zu becircen.
Auf dem Parkplatz blieb er vor einem Ford Crown Victoria stehen, und ich wusste nicht, ob der Wagen älter war als hässlich oder umgekehrt.
»Soll ich fahren?«, bot ich an, weil mir Damien nicht wie jemand aussah, der sich an die Verkehrsregeln hielt.
»Eher würde ich mir die Pulsadern aufschneiden«, lautete seine Antwort.
Ob das der Charme war, den zu versprühen sein Boss ihn aufgefordert hatte? Falls ja, dann lief ich nicht wirklich Gefahr, tatsächlich meine Beine für ihn zu spreizen.
Ich öffnete die Beifahrertür und musste regelrecht hineinhechten, weil Damien es anscheinend schrecklich eilig hatte. Er ließ den Motor aufheulen und steuerte den Wagen in einem irren Tempo vom Parkplatz.
Hastig fischte ich den Sicherheitsgurt aus seiner Halterung und stellte dann fest, dass die Buchse, um ihn zu befestigen, schlicht fehlte. So würde ich also sterben? Das hatte ich nicht kommen sehen.
»Ich kann mich nicht anschnallen.«
»Dann pass auf, dass du dir die Fingernägel nicht beim Festhalten umknickst.« Ein böses Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
Das würden möglicherweise die längsten drei Tage meines Lebens werden.
Ich wollte auch nicht darüber nachdenken, was das für ein merkwürdiger Geruch war, der mir in die Nase kroch. Hatte jemand ein Käsesandwich unter dem Sitz vergessen? Im Sommer vor zwölf Jahren?
Während ich mich in die durchgesessenen Polster presste, öffnete ich meine Tasche und holte meinen Block hervor.
»Wohin fahren wir?«
»Zu einem Tatort.«
Am liebsten hätte ich mit den Zähnen geknirscht. So leicht würde Rawlings mich nicht loswerden. »Wo ist der Tatort?«
»Downtown.«
Ich rollte mit den Augen, notierte es mir aber dennoch. Die Adresse konnte ich selbst herausfinden, wenn wir angekommen waren.
»Warum fandet die Polizei nicht nach einem Serientäter?«
»Was für ein Serientäter denn?« Damiens Tonfall ließ keinerlei Rückschlüsse darauf zu, was er dachte. Dafür machte die Art, wie sein Blick immer wieder zu meinen Schenkeln wanderte, übedeutlich klar, worüber er stattdessen sinnierte.
Mir war es unangenehm, dass der Rock dermaßen hochrutschte, wenn ich mich setzte – zumal meine Schenkel eigentlich etwas zu prall dafür waren, dass der Rock so kurz war – aber wenn ich ihn jetzt hinuntergezogen hätte, würde Damien mich sofort durchschauen.
»Sechs Männer wurden in den letzten drei Monaten tot aufgefunden, alle in Nachtklubs und billigen Hotels, erschossen oder erstochen. Da muss doch ein Zusammenhang bestehen.«
»Warum? Das hier ist eine große Stadt, und je größer die Stadt, desto mehr Durchgeknallte wohnen statistisch gesehen in ihr.«
»Und die Lippenstiftabdrücke? Ist das auch ein Zufall?« Wir hielten an einer roten Ampel, und Damien bremste so abrupt, dass ich mich am Armaturenbrett abstützen musste.
»Ich weiß ja nicht, wer deine Quelle ist, Sweetie, aber es gab keine Lippenstiftabdrücke und es gibt keinen Serientäter.«
Am liebsten hätte ich ihn geohrfeigt – schon allein für die Art, wie er »Sweetie« zu mir sagte. Mein erster Freund hatte mich auch immer so genannt. Es brachte viele Erinnerungen zurück, die meisten davon peinliche Teenagererlebnisse und schlechter Sex.
»Meine Quelle sind die Obduktionsberichte«, erwiderte ich und wartete darauf, dass er sich überrascht zeigte.
Doch Damien hatte sich perfekt im Griff und sein Gesicht glich einer Maske. »Wenn du das sagst.«
Ich wollte schreien, seinen Kopf aufs Lenkrad schmettern und ihn mit meiner Tasche verprügeln – nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.
Warum musste er sich bloß wie ein Mistkerl verhalten? Ich hatte doch genau gemerkt, wie er mich angesehen hatte, als ich in Chief Wicks Büro gegangen war. Ihn störten meine Rundungen nicht im Geringsten. Ganz im Gegenteil – ich wäre jede Wette eingegangen, dass er mich gleich auf dem Schreibtisch gevögelt hätte, wenn er die Möglichkeit bekommen hätte. Die Art, wie er meine Hand geschüttelt und sich geweigert hatte, sie wieder loszulassen.
Da er einfach nicht kooperativ war, beschloss ich, es mit einer anderen Taktik zu probieren.
»Bist du verheiratet?«
Damien schüttelte den Kopf. »Du?«
»Nein.«
Bevor ich die nächste Frage stellen konnte, kam er mir zuvor. »Was ist mit einem Freund?«
»Auch nicht.«
Er nickte verständnisvoll. »Dann liegt es daran.«
Offensichtlich waren wir da, denn er parkte den Wagen am Straßenrand und stellte den Motor ab.
»Was liegt woran?« Ich umklammerte den Stift wie eine Waffe, weil ich bereits ahnte, dass die Antwort mir nicht gefallen würde.
»Wenn du auf regelmäßiger Basis gevögelt werden würdest, wärst du wahrscheinlich nicht so eine Bitch.« Er stieg aus und warf die Tür dermaßen laut zu, dass es in meinen Ohren schmerzte.
Wow, er war noch viel schlimmer, als ich gedacht hatte. Aber er unterschätzte mich, und zwar immens.
Kurz entschlossen sah ich nach unten und öffnete den nächsten Knopf der Bluse. Wenn er mich nicht erwürgte, würde er mich nicht loswerden.
Ich stieg aus und ging hinter ihm her. »Von uns beiden ist ganz sicher nur einer untervögelt, und das bin nicht ich. Aber danke der Nachfrage, Detective.«
Wir erreichten ein schmales Haus, das wirkte, als sei es nachträglich einfach zwischen die bereits stehenden Gebäude gequetscht worden. Das musste der Tatort sein. Damien wurde ruhiger, wirkte konzentrierter, und ich wusste, dass die Zeit unserer gegenseitigen Quälerei für den Moment vorbei war.
Die Polizeifotografen machten Fotos, während zwei Beamte der Spurensicherung Fingerabdrücke nahmen. Emsig puderten sie das Geländer ab, was mir unnötig erschien. Sämtliche Bewohner des Hauses fassten es tagtäglich an, da würde es kaum brauchbare Spuren geben. Ich blickte zu den Briefkästen in der Halle und überschlug kurz die Bewohnerzahl. Nicht bei mehr als dreißig Wohnungen in einem Gebäude.
Die Leiche lag am Fuße der Treppe, halb auf der Türschwelle. Für mich war nicht ersichtlich, ob der Mann das Haus hatte betreten oder verlassen wollen.
»Nichts anfassen und hier stehen bleiben«, raunte Damien mir zu und ging zu seinen Kollegen, um mit ihnen zu sprechen.
Vorsichtig sah ich nach unten zu dem Mann. Abgesehen von der Blässe und der Tatsache, dass sein halber Kopf fehlte, wirkte er, als habe er sich nur kurz hingelegt. Mittleres Alter, mittleres Übergewicht und mittleres Einkommen, seiner Kleidung nach zu urteilen.
Mein Puls beschleunigte sich, denn ich war mir sicher, ein weiteres Opfer des Serienmörders vor mir zu haben. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und machte einen langen Hals, als der Rechtsmediziner, der neben der Leiche hockte, den Hemdkragen zur Seite schob und ich deutlich den leuchtroten Lippenstiftabdruck sehen konnte.
Aufregung vibrierte durch meinen Körper, weil ich wusste, dass ich recht gehabt hatte.
Damien drehte sich um, folgte meinem Blick und kam mit schnellen Schritten zu mir. Er packte meinen Ellenbogen und führte mich nach draußen.
»Warte im Auto.« Seine Stimme klang rau.
»Aber warum? Ich habe nichts gemacht!«, protestierte ich.
»Tu, was ich sage!« Er drückte mich mit dem Rücken gegen den Ford und baute sich vor mir auf. »Sofort.«
Mein Herz klopfte noch schneller und ich konnte sein Parfüm erahnen. Sein Körper strahlte eine unglaubliche Hitze aus. Er hielt meinen Arm umklammert, so fest, dass es schmerzte, doch nicht fest genug, um mir ernsthaft wehzutun.
Wohldosierter Schmerz. Ich widerstand dem Impuls, mir auf die Unterlippe zu beißen. »Aber …«
»Kein Aber! Sofort!« Drohend beugte er sich über mich, machte mir bewusst, wie klein ich im Vergleich zu ihm war. Er öffnete die Beifahrertür und zwang mich, Platz zu nehmen.
Wieder dröhnte es in meinen Ohren und ich starrte ihm empört hinterher. Warum behauptete die Polizei nach wie vor, dass es keinen Serientäter gab?
Ich notierte mir alles, was ich gerade im Flur gesehen hatte. Nachdenklich klopfte ich mit dem Kugelschreiber gegen mein Kinn. Was gab es daran zu verheimlichen? Es machte keinen Sinn.
Plötzlich dröhnte Tainted Love von Marilyn Manson durch das Auto, und es dauerte eine Weile, bis ich das Handy gefunden hatte, das zwischen den beiden Sitzen unter einer dicken Schicht leerer Kaffeebecher lag.
»Paul« stand im Display, und mir wurde klar, dass ich Damiens Handy in der Hand hielt. Das war meine Chance, mit seinem Bruder zu sprechen und mich schon einmal vorzustellen.
»Hallo?«, sagte ich, nachdem ich abgenommen hatte, und betete, dass ich selbstbewusster klang, als ich es empfand.
»Wer ist da?« Pauls Stimme war noch etwas dunkler als die seines Bruders, aber die Betonung der Worte war ähnlich.
»Mein Name ist Chloe, ich begleite Ihren Bruder für die nächsten drei Tage.«
»Hm«, machte Paul, und ich hörte ein schabendes Geräusch, als würde er sich über die Bartstoppeln streichen. Ich hatte Bilder von ihm gesehen und fand die Vorstellung sehr sexy.
»Ich nehme an, dass Sie der Ersatz für Xander sind.«
»Genau«, antwortete ich erleichtert.
»Wo ist Damien? Kann ich ihn sprechen?«
Ich schielte zu dem Hauseingang, konnte ihn aber nirgendwo entdecken. »Er ist gerade am Tatort.«
Paul schwieg für einen kurzen Moment. »Und Sie sind nicht am Tatort, weil …?«
Mir brach der Schweiß aus, weil ich meine Antwort nicht gut genug bedacht hatte. Fieberhaft suchte ich nach einer vernünftigen Begründung, als Paul leise lachte.
»Entschuldigung, der Groschen fällt etwas spät. Sie sind keine Polizistin, sondern leisten meinem Bruder Gesellschaft. Jetzt habe ich es verstanden.«
In diesem Fall war es vermutlich besser, für eine Prostituierte gehalten zu werden. »Ja«, hauchte ich und lehnte meine Stirn erleichtert gegen die Fensterscheibe, weil mir heiß war.
»Vielleicht lernen wir uns ja morgen Abend kennen, da bin ich mit Damien verabredet. Er hat sicherlich im Vorfeld unsere Vorlieben erklärt?«
Ein Schauer rann über meinen Rücken. Großer Gott! Ich stellte mir gerade vor, wie es sein musste, mit zwei sexy Männern wie den Rawlings-Brüdern im Bett zu sein, und meine Körpertemperatur stieg von heiß auf kochend.
»Natürlich.« Paul schwieg sehr eindringlich, bis ich schluckte und anfügte: »Sir.«
Ich hörte Stoff rascheln und stellte mir vor, dass er in einem Sessel oder Schreibtischstuhl saß und sich zurückgelehnt hatte.
»Sag mir, Chloe, was hast du an?«
Vermutlich hätte ich auflegen sollen, aber ich konnte nicht. Seine Stimme hatte mich in den Bann gezogen, sein Tonfall ließ mich willenlos werden.
Obwohl meine Kehle wie zugeschnürt war, flüsterte ich: »Einen kurzen Rock und eine Bluse, die eigentlich einen Knopf zu weit aufgeknöpft ist.«
»Hast du nicht vergessen, die Unterwäsche aufzuzählen, oder trägst du etwa keine?«
Ich wurde feucht, meine Nippel waren längst hart, und ich fragte mich, wann ich das letzte Mal dermaßen erregt gewesen war. Vielleicht verstand ich den Hype um Paul Rawlings – oder ich hatte in letzter Zeit zu viel gearbeitet und zu wenig Vergnügen gehabt.
Aber für einen Moment verschwand die Welt und ich lauschte nur noch ehrfürchtig in den Hörer. »Entschuldigung, Sir.«
»Öffne deine Schenkel für mich, Chloe, und sag mir, was du drunter trägst.«
Meine Haut strich über den abgewetzten Bezug des Beifahrersitzes, als ich tatsächlich gehorchte und die Beine spreizte.
Vorhin auf dem Dach hatte ich noch darüber gescherzt, und nun tat ich es wirklich, nur für den falschen Bruder.
»Mein Höschen ist schwarz, der BH …«
Ich zuckte zusammen, als die Tür aufgerissen wurde. Damien starrte mich an, dann meine Oberschenkel. Hastig presste ich sie zusammen und zerrte meinen Rock nach unten.
Er runzelte die Stirn, bevor er sein Handy in meiner Hand entdeckte. Wütend beugte er sich vor und nahm es aus meinen Fingern.
Ich war offiziell am Arsch.
»Hallo?« Er richtete sich auf, als er die Stimme seines Bruders erkannte, und blickte mich an, die Augenbraue hochgezogen.
Das Blut schoss in meine Wangen und ich wandte den Kopf ab.
Damien entfernte sich vom Auto, sodass ich nicht hören konnte, worüber sie sprachen.
Ich wollte sterben. Was war denn nur in mich gefahren? Die Neugier würde mich eines Tages noch ins Grab bringen. Alles musste ich selbst ausprobieren und dabei immer einen Schritt zu weit gehen – hätte ich das Handy nicht einfach klingeln lassen können?
Jetzt hatte ich Damien den perfekten Grund geliefert, mich sozusagen hinauswerfen zu können.
Er kam zurück, umrundete das Auto und setzte sich hinters Steuer.
»Was hast du meinem Bruder erzählt, Sweetie?«
Ich räusperte mich. »Er hält mich möglicherweise für eine Prostituierte.«
»Das erklärt, warum er dich kennenlernen möchte.«
Am liebsten hätte ich mich zusammengekrümmt, während ich mich auf die vernichtenden Worte vorbereitete. Drei Tage? Ich hatte nicht einmal drei Stunden durchgehalten.
»Ich habe ihm nicht gesagt, dass du eine Journalistin bist.«
Damien sah mich an. »Warum nicht?«
»Wenn ich das mal wüsste. Vermutlich, weil ich weiß, dass die Presse nicht gerade auf der Liste der Dinge steht, die dein Bruder besonders mag.«
Er machte eine Pause und trommelte auf dem Lenkrad herum. »Okay, Sweetie, es wird Zeit, dass wir die Karten auf den Tisch legen. Ich fürchte, ich brauche deine Hilfe.«
»Nur wenn ich das Interview mit deinem Bruder bekomme«, erwiderte ich hastig, obwohl ich Angst hatte, mein Glück immens überzustrapazieren.
»Paul denkt, dass du eine Nutte bist. Was meinst du, was er mit dir anstellt, wenn ich dich mit ihm in den gleichen Raum lasse?«
Mein Schoß prickelte bei der Antwort. »Ich würde es darauf ankommen lassen.«
Grundgütiger! Hatte ich das gerade wirklich gesagt?
Damien starrte mich an, bevor er den Motor startete. »Zuerst müssen wir reden.«
Ich konnte nicht glauben, dass sie die Frechheit besessen hatte, an mein Handy zu gehen. Was fiel ihr eigentlich ein? Außerdem bildete ich mir ein, dass ihre Bluse weiter und weiter aufklaffte, wann immer ich sie ansah.
Nachdem ich den Motor gestartet hatte, fädelte ich mich in den Verkehr ein und überlegte, wo ich ihr am besten erklären konnte, was ich vermutete.
Ich war noch immer angepisst, dass sie eine Journalistin war, musste ihr aber hoch anrechnen, dass sie ihre Hausaufgaben gemacht hatte und sich im Gegensatz zum Rest der Stadt dafür zu interessieren schien, was hier passierte.
Zwar traute ich ihr nicht, aber meinen Kollegen traute ich noch weniger – nicht mehr seit den Vorkommnissen der letzten Wochen. Selbst ich verstand nicht, warum es keine internen Ermittlungen gegeben hatte, nachdem Xander angeschossen worden war.
Mein Handy klingelte wieder. Mir entging nicht, dass Chloe sich anspannte und die Schenkel noch fester zusammenpresste als ohnehin. Sie fuhr also auf meinen Bruder ab. Konnte mir ja egal sein – war es allerdings leider nicht. Manchmal nervte es mich, dass Paul diese Wirkung auf Frauen hatte. Natürlich hätte ich mir mit Chloe auch etwas mehr Mühe geben können, aber ich wollte nicht.
Oder?
Warum störte es mich dann, wie ich sie auf dem Beifahrersitz vorgefunden hatte? Die Beine gespreizt, Atmung beschleunigt und rote Flecken im Ausschnitt.
Weil ich sie zuerst gefunden hatte. Darum. Ich hatte sie zuerst ficken wollen, bis ich herausgefunden hatte, dass sie eine Journalistin war.
Chloe hatte das Zeug zu einer echten Femme fatale. Ich wusste nicht, ob ich sie ficken, ihr den Mund zuhalten oder sie gleich mit meinem Schwanz knebeln wollte.
Eine solche Ablenkung konnte ich während der Ermittlungen wirklich nicht gebrauchen. Wahrscheinlich wäre ich besser damit beraten, sie einfach bei meinem Bruder abzuladen. Natürlich hatte ich ihm gleich gesagt, dass sie eine Journalistin war, aber er hatte anscheinend schon wieder vergessen, was die Presse ihm bei der Scheidung von Isabelle angetan hatte, denn es störte ihn nicht. Er wollte Chloe kennenlernen.
Ja, genau. Verarschen konnte ich mich allein.
»Was gibt es noch?«, fragte ich, als ich seinen Anruf endlich entgegennahm.
»Ich glaube, ich habe eine Spur für dich. Komm vorbei.«
»Gib mir zwei Stunden, ich muss Chloe noch wegbringen.«
»Bring sie mit.« Er legte auf, bevor ich etwas erwidern konnte.
Wann lernte mein Bruder eigentlich, dass ich keine seiner Subs war, die er nach Belieben herumkommandieren konnte, nur weil ich sechs Jahre jünger war als er?
»Was wollte er?« Chloes Stimme klang atemlos und es ärgerte mich.
»Wir sollen vorbeikommen.« Ich suchte nach einem guten Anfangspunkt für meine Geschichte, bis mir auffiel, dass es eigentlich die perfekte Gelegenheit wäre, ihr vor Augen zu führen, wie unbedarft sie eigentlich war, immerhin dachte sie noch immer, dass mein Bruder sie für eine Prostituierte hielt.
»Erzähl mir, was du weißt.«
Chloe rollte mit den Augen. »Und wann erfahre ich, was du weißt, Detective?«
Wenn sie mich noch einmal so nannte, würde ich ihr Handschellen anlegen und ihr den Arsch versohlen.
»Wenn ich es sage.«
Störrisch verschränkte sie die Arme.
Ich nickte ihr zu. »Du solltest deine Bluse etwas weiter zuknöpfen.« In Gedanken führte ich den Satz weiter: bevor ich oder mein Bruder direkt über dich herfällt.
Sie sah nach unten. »Ich denke nicht einmal daran.«
»Heißt das, dass du mir nicht gehorchst? Hast du unsere Abmachung vergessen oder schmeißt du schon das Handtuch?«
Die Lippen fest aufeinandergepresst schloss sie zwei der vier offenen Knöpfe.
»Zieh dein Höschen aus.«
Sie riss den Kopf herum. »Hast du den Verstand verloren?«
Das Spielchen begann, mir Spaß zu machen. Mehr Spaß, als es wahrscheinlich sollte.
»Willst du jetzt als meine Gespielin durchgehen oder nicht? Du hast zugestimmt, alles zu tun, was ich dir befehle. Oder warst das gar nicht du, die so große Töne auf dem Dach des Polizeipräsidiums gespuckt hat?«
»Soll ich es vielleicht dann auch gleich deinem Bruder in die Hand drücken? Immerhin ist er dafür verantwortlich, dass es feucht ist.«
Warum war sie so verflucht präzise darin, den Finger in die Wunde zu legen?
Es fiel mir schwer, die Augen auf der Straße zu halten, als sie ihren wohlgerundeten Po anhob, die Hände unter den Stoff ihres Rocks schob und tatsächlich ihren Slip abstreifte.
Feige war sie wirklich nicht, das musste ich ihr lassen.
Ich erhaschte einen kurzen Blick auf die schwarze Spitze, bevor sie das winzige Stück Stoff ordentlich zusammenfaltete und in ihre Tasche schob.
Ob sie die Wahrheit gesagt hatte und es wirklich feucht war?
»Was?«, fragte ich, weil mir aufgefallen war, dass sie gesprochen und ich nicht zugehört hatte.
Sie schnaubte, strich ihre Haare hinters Ohr und blätterte durch ihren Notizblock. »Insgesamt sind sechs Männer tot aufgefunden worden, sieben, wenn ich das letzte Opfer von der Bond Street mitzähle. Nebenbei erwähnt ist das noch gar nicht Downtown, du hast mir also nicht die Wahrheit gesagt.«
Ich grinste. »Die Wahrheit kostet extra.«
»Ach ja? Soll ich die Bluse doch wieder aufknöpfen oder möchtest du gleich den BH?«
»Bring mich lieber gar nicht erst auf die Idee«, warnte ich sie.
»Vielleicht spiele ich gern mit dem Feuer.« Chloe zog ihren Rock ein kleines Stück hoch, sodass ich den Rand ihrer Strümpfe samt der Clips für die Halter sehen konnte, und schlug provokant langsam die Beine übereinander. »Ist dir auch so warm?«
Durch die Zähne presste ich: »Erzähl weiter.«
»Mehr weiß ich auch nicht – also jedenfalls nicht mehr als du, würde ich tippen. Vier der Männer waren verheiratet, zwei nicht und beim letzten Opfer weiß ich es noch nicht. Alle von ihnen hatten einen Lippenstiftabdruck irgendwo am Körper und alle wurden in der Nähe von Klubs und Bars oder Stundenhotels gefunden. Ich habe alle Varianten durchgespielt, aber ich finde die Übereinstimmung nicht. Sie müssen doch irgendetwas gemeinsam haben, weshalb sie getötet wurden.«
Ich fragte mich, ob ihr bewusst war, dass sie beim Sprechen rhythmisch mit dem Kugelschreiber auf ihren Block klopfte. Das Geräusch nervte mich so sehr, dass ich bereits mit dem Gedanken spielte, von meinen Handschellen Gebrauch zu machen.
»Damit weißt du schon mehr als der Rest der Bevölkerung.«
Sie schnalzte mit der Zunge. »Aber nicht so viel wie du.«
So viel wie ich konnte sie nur wissen, wenn sie Zugang zur Polizeidatenbank gehabt hätte.
»Die Fälle werden offiziell nicht miteinander in Verbindung gebracht, um Nachahmungstäter zu verhindern. Aber es gibt Ermittlungen in die Richtung.«
Ermittlungen, die zum Erliegen gekommen waren, weil nur zwei Cops darauf angesetzt gewesen waren. Der eine hatte es verbockt und der andere lag angeschossen im Krankenhaus. Doch ich war fest entschlossen, meinen Fehler wieder gutzumachen.
»Nachahmungstäter?« Chloe hielt den Stift bereit, als würde sie nur darauf warten, jedes Wort mitzuschreiben, das ich von mir gab.
»Steck den Block weg und benutz deinen Kopf.«
Für ein paar Sekunden sah sie mich beleidigt an, machte es dann aber. Als sie sich wieder aufgerichtet hatte, holte ich tief Luft. »Schon beim zweiten Mord hatte ich das Gefühl, dass sie irgendwie zusammenhängen. Doch die Ermittlungen in diese Richtung wurden sabotiert. Es sind Akten und Beweismittel verschwunden, Zeugenaussagen wurden verschlampt. Irgendjemand auf dem Revier hat seine Finger im Spiel und ich weiß nicht, wer. Es gibt eine Gemeinsamkeit zwischen den Männern. Jeder von ihnen wurde entweder für sexuelle Übergriffe angezeigt und verurteilt – oder die Anzeige wurde fallen gelassen.«
Chloe schwieg und starrte vor sich hin. Sie dachte lange über das nach, was ich gerade gesagt hatte.
»Deswegen wurde nichts an die Presse weitergegeben? Damit nicht jeder die Chance nutzt, einen unliebsamen Mann loszuwerden und ihm anschließend einen Lippenstiftabdruck auf die Haut zu pressen?«
Das Haus meines Bruders kam in Sicht, und ich lenkte den Wagen in die Einfahrt, erleichtert, nicht antworten zu müssen. »Wir sind da.«
Der Weg wurde von einem schweren Eisentor versperrt, das schleppend zur Seite glitt und glücklicherweise imposant genug wirkte, um Chloe abzulenken.
»Denk dran«, erinnerte ich sie. »Du bist eine Prostituierte und keine Reporterin.«
Sie beugte sich vor, um besser aus der Windschutzscheibe am Haus hochsehen zu können, und nickte abwesend.
Ich nutzte die Gelegenheit, meinem Bruder eine SMS mit dem simplen Inhalt »Finger weg« zu schicken.
Offenbar machte ich ihn damit nur noch neugieriger, denn bevor wir ausgestiegen waren, öffnete sich die Eingangstür und Paul erschien höchstpersönlich im Rahmen.
Ein belustigtes Lächeln umspielte seine Lippen und verwandelte sich in Interesse, als Chloe die Beifahrertür öffnete. Sie sah ihn und errötete, aber sie hielt seinem eindringlichen Blick stand.
Ich stieg aus und trat zu ihr, legte demonstrativ meinen Arm um ihre Hüfte. Sie versteifte sich neben mir, allerdings nur für den Bruchteil einer Sekunde, bevor sie sich im Griff hatte.
Ihre Absätze klackten laut auf dem Marmorboden, den sie dadurch natürlich zur Kenntnis nahm. Sie saugte die Eindrücke in sich auf, und ich fragte mich, ob sie schon den Artikel vorformulierte, den sie über meinen Bruder schreiben wollte.
Paul ergriff ihre Hand und hob sie an seine Lippen. »Chloe.«
Wieder kroch das Blut in ihre Wangen und in mir erwachte das kindische Verlangen, meinen Bruder zu schubsen.
Er führte sie in seine Bibliothek, der alte Angeber, und bedeutete ihr, sich auf die Couch zu setzen.
Gegenüber auf dem zweiten Chesterfield-Sofa saß ein Mann in unserem Alter, den ich noch nie gesehen hatte. Aufgrund des teuren Anzugs und der edlen Manschettenknöpfe ging ich davon aus, dass er ein Geschäftspartner meines Bruders oder Vaters sein musste.
»Chloe, das ist Jonathan St. Preux.«
St. Preux nickte ihr kurz zu, bevor er mir seine Aufmerksamkeit zuwandte. Mir war der Name bekannt, weil er das Eingangsschild einer sehr prominenten Anwaltskanzlei schmückte.
Paul setzte sich neben St. Preux und ließ mir damit die Wahl, mich neben Chloe oder in den leeren Sessel zu setzen.
Ich wählte den Sessel. Chloe entspannte sich sichtlich und zupfte ein wenig an ihrem Rock herum.
Wenn Paul ihr noch länger auf die Beine starrte, würde ich ihm die Fresse polieren. Seine Haushälterin Agatha erschien und schenkte uns allen Kaffee ein. Chloe nahm Milch und Zucker, ich trank meinen stets schwarz.
Mein Bruder wartete, bis Agatha wieder verschwunden war, bevor er sagte: »Jonathan hat möglicherweise einen Tipp für dich.«
St. Preux nickte eifrig und hob die Hände. »Allerdings muss ich aus Diskretionsgründen darauf bestehen, dass alles unter uns bleibt, was wir hier besprechen.«
»Natürlich«, versicherte ich ihm.
Paul stand auf, blieb vor Chloe stehen und hielt ihr die Hand hin. »Meine Liebe, es tut mir leid, aber das ist nicht für deine Ohren bestimmt.« Er führte sie zur Tür und rief nach Kirsten, seiner Geliebten. »Kirsten wird sich um dich kümmern. Bei ihr bist du in der besten Gesellschaft.«
Sein Tonfall ließ keinen Widerspruch zu, aber Chloe war zu überrumpelt, um überhaupt zu protestieren. Die Tür fiel hinter ihr zu und wir waren allein.
»Vor ungefähr drei Monaten war ich im Allure, als ich von einer Frau angesprochen wurde – unglaublich hübsch, klein und kurvig. Fast wie … wie war ihr Name noch gleich?« St. Preux wedelte mit der Hand.
»Chloe«, sagte ich.
»Genau, vom Typ her wie Chloe, überaus verführerisch. Ich lud sie auf einen Drink ein, dann noch einen. Obwohl sie mich angesprochen hatte, war sie kaum zum Reden zu bekommen, stattdessen beschäftigte sie sich die ganze Zeit damit, mich heißzumachen. Schließlich schlug sie vor, doch eines der Zimmer zu benutzen. Ich habe mir nichts weiter dabei gedacht, bis sie irgendwie merkwürdig wurde. Ich wollte sie küssen, sie drehte den Kopf weg und murmelte, dass sie es sich anders überlegt hätte.« Er setzte seine randlose Brille ab, zog ein Tuch hervor und begann die sauberen Gläser zu polieren.
Ich gab ihm die Zeit, die er offenbar benötigte, um seine eigene Nervosität zu überwinden.
Er lachte kurz und freudlos. »Ich meine, das ist ein SM-Klub, und natürlich dachte ich, sie würde es nur vorspielen und überzeugt werden wollen. Als ich wieder versuchte, sie zu küssen, geriet sie sichtlich in Panik und griff nach ihrer Tasche. Ich habe sie sofort losgelassen und mich entschuldigt, dass ich sie missverstanden habe.«
Bis dahin konnte ich seiner Geschichte zwar folgen, fragte mich aber, was das mit meinen Ermittlungen zu tun hatte.
»Jetzt kommt der merkwürdige Teil.« St. Preux räusperte sich zweimal. »Sie hat mehrfach gefragt, ob ich ganz sicher bin, dass es ein Missverständnis war. Ich habe die Welt nicht mehr verstanden und habe ehrlich gesagt auch etwas Angst bekommen. Weil ich höflich bin, wollte ich ihr noch helfen, ihre Handtasche einzuräumen, denn sie war heruntergefallen. Da habe ich die Waffe gesehen. Als ich gestern von den Gerüchten um die Morde gehört habe, fiel es mir wieder ein.«
Paul nickte und klopfte seinem Freund auf die Schulter. »Das war die richtige Entscheidung.«
Es war mir unangenehm, aber ich musste die Gewissheit haben. »Jonathan, es tut mir leid, Sie das fragen zu müssen, aber es gibt eine Sache, die alle Opfer verbindet. Sind Sie jemals aufgrund von sexueller Nötigung angezeigt worden?«
Er schloss kurz die Augen und nickte dann. »Eine ehemalige Geliebte war nicht glücklich über das Ende der Beziehung und wollte mich erpressen, allerdings hat sie die Anzeige schon nach wenigen Stunden zurückgezogen.«
Wenn es stimmte, was er sagte – und ich konnte mir nicht vorstellen, dass er sich eine solche Geschichte ausdachte –, konnte es gut sein, dass er das erste Opfer hätte werden sollen.
Ich dachte nach, denn zeitlich kam es genau hin. Das Allure war ein nobler Sexklub, zu dem man nur auf Einladung Zutritt bekam. Dort fand man mit noch höherer Wahrscheinlichkeit willige Partner.
Dass wir nach einer Frau suchten, hatte ich mir schon länger gedacht. Nicht, dass ich es nicht auch einem Mann zutrauen würde, Lippenstiftabdrücke auf die Haut eines Opfers zu drücken, aber eine Frau wirkte weniger bedrohlich, was erklärte, wie sie die Männer in die Falle hatte locken können. Mit Sex.
»Vielleicht ist es das«, murmelte ich. »Vielleicht verführt sie Männer und zieht sich in der letzten Sekunde zurück, wenn der Mann dann aber auf den Sex besteht, ihn mit Gewalt durchsetzen will, bringt sie ihn um.«
St. Preux wurde leichenblass.
Paul rieb sich übers Kinn. »Das macht Sinn. Aber wie finden wir sie?«
»Haben Sie die Dame vorher schon einmal dort gesehen?«
»Ja.«
Mein Herz schlug schneller. Das war die erste, richtig greifbare Spur, die sich mir bot. Außerdem war ich nicht im Präsidium, es wusste also niemand davon und konnte mir dazwischenfunken.
»Paul, kennst du den Besitzer des Allure?«
»Die Besitzerin«, korrigierte er grinsend. »Samantha.«
Ich stöhnte. »Die Samantha?«
Mein Bruder lachte leise. »Genau die.«
Scheiße. Mein Plan war es gewesen, einfach mit St. Preux ins Allure zu spazieren und die Bilder auf den Mitgliedsausweisen anzusehen, bis ich die richtige Kandidatin hatte. Allerdings war Samantha eine Komplikation, der ich nur allzu gern aus dem Weg ging.
Wir waren einmal zusammen gewesen. Das war mehr als zehn Jahre her, doch wann immer Sam mich sah, verliebte sie sich aufs Neue in mich und stellte mir dann wochenlang nach.
»Und was mache ich jetzt?«
Paul schenkte mir ein diabolisches Lächeln. »Darum habe ich mich bereits gekümmert. Du nimmst deine neue Geliebte mit.«
»Welche Geliebte?«
»Die, die alles für ein Interview mit mir tun würde. Einfach alles.«
Er schnipste mit den Fingern und die Tür öffnete sich. Kirsten erschien, Chloe im Schlepptau.
Ich musste mich zusammenreißen, um bei ihrem Anblick keine Latte zu bekommen. Manchmal wusste ich wirklich nicht, ob ich meinen Bruder hassen oder lieben sollte.
Während ich in den Spiegel starrte, blinzelte ich langsam. Kirsten hatte sich mir mit zwei hastigen Sätzen als Pauls Sub vorgestellt und mir dann erklärt, dass sie mich vorbereiten würde.
Sie hatte ganze Arbeit geleistet, doch so konnte ich nicht vor die Tür gehen. So konnte ich nicht einmal nach unten gehen und vor die Männer treten. Vor Damien.
Allein der Gedanke ließ mich erschauern.
Ich hatte es längst aufgegeben, an der Korsage ziehen zu wollen, denn wenn ich wollte, dass meine Nippel ganz bedeckt waren, würde ich meine Schenkel mit den sehr … speziellen Strumpfbändern enthüllen und umgekehrt.
Sexkitten, schoss es mir durch den Kopf, während ich an dem Latexröckchen zupfte. Ich konnte mich nicht erinnern, vorher schon einmal Netzstrümpfe oder dermaßen hohe Schuhe getragen zu haben.
Kirsten kniete vor mir auf dem Boden und schloss die Riemchen an meinen Knöcheln. Es machte mich nervös, dass sie wusste, was ich unter dem Rock trug.
Sie sah zu mir hoch und zwinkerte. »Perfekt«, schnurrte sie mit ihrer rauchigen Stimme, bevor sie den Finger auf die Lippen legte. »Aber irgendetwas fehlt noch.«
»Unterwäsche?«, schlug ich vor und erntete ein heiseres Lachen.
Mit einer eleganten Bewegung, um die ich sie beneidete, erhob sie sich und stolzierte zurück in den großen, begehbaren Kleiderschrank, aus dem sie bereits das Outfit hervorgezaubert hatte, das ich trug.
Meine Nervenenden vibrierten vor Aufregung. Wieder musterte ich mein Spiegelbild. Die eigentlich zu aufreizend angezogene Journalistin war verschwunden und durch eine Frau ersetzt worden, die mir völlig fremd war.
Ich balancierte auf zwölf Zentimeter hohen Heels, trug Netzstrümpfe, die von einem Strapsgürtel gehalten wurden, dazu einen Faltenrock aus schwarzem Latex und eine ähnlich glänzend-glatte Korsage, die meine Brüste so sehr zusammen und nach oben schob, dass ich vermutlich meinen eigenen Kopf bequem auf ihnen betten konnte, falls ich das Kinn zu sehr senkte.
Kirsten hatte meine Haare zu einem Knoten geschlungen, auf diese Weise wirkte mein Hals viel länger und schlanker als üblich. Gleichzeitig fühlte ich mich durch den entblößten Nacken sehr verletzlich.
Sie kehrte mit einem Haarreifen zurück, stellte sich vor mich und versperrte mir damit den Blick auf den Spiegel.
»Damien mag kleine Kätzchen«, erklärte sie und zwinkerte mir zu. Mein Magen flatterte, und mein Mund öffnete sich überrascht, als ich die kleinen Katzenohren sah, die jetzt aus meinen sorgfältig arrangierten Haaren ragten.
Kirsten stützte eine Hand auf ihre Hüfte. »Heiß.«
Das Blut stieg in meine Wangen und mir wurde warm – vor allem zwischen den Schenkeln.
Gleichzeitig wollte ich protestieren, dass mein Spiegelbild mir nicht entsprach und ich mich niemals unter Menschen trauen würde, solange ich dieses Outfit trug.
»Okay, jetzt noch Lippenstift und wir können los.« Kirsten drehte sich um und suchte zwischen ihrem Make-up auf dem kleinen Schminktisch danach.
Sie machte einen Kussmund, und wie automatisiert imitierte ich sie, obwohl ich die ganze Zeit nur daran denken konnte, wie fremd mir das alles war.
»Wo wollen wir hin?«, fragte ich, nachdem Kirsten meine Lippen blutrot gepinselt hatte.
»Lass dich überraschen. Du musst dringend lernen, dich zu entspannen, Kitty.«
»Chloe«, widersprach ich automatisch.
Sie warf mir einen hinreißenden Blick und ein verführerisches Lächeln zu. »Glaub mir, heute bist du Kitty.«
Mit der Hand deutete sie auf den Spiegel. Ich wusste nicht, ob es nur an dem verruchten Rot des Lippenstifts lag, aber ich sah aus, als hätte ich für eine frivole Nacht meine Seele an den Teufel verkauft.
»Also, Kitty«, gurrte Kirsten und stellte sich hinter mich. Sie war gute zehn Zentimeter größer als ich und konnte mühelos über meine Schultern sehen. Ich erschauerte, als sie über meine Arme strich. Eine federleichte Berührung, die eine Gänsehaut auf meine Oberarme schickte. »Nimm dein Kinn hoch und den Rücken gerade.« Ihre Hände wanderten auf meine Schultern. »Brust raus, Schultern zurück und den Blick ein bisschen senken.« Sie seufzte. »Nicht den Kopf, nur den Blick senken, und wehe, du machst noch einmal den Rücken rund. Du hast keinen Grund, dich zu schämen.«
Ich versuchte, meine Bedenken abzuschütteln und ihr zuzuhören. Schließlich begegnete ich ihrem Lächeln im Spiegel.
»Sehr gut«, lobte sie und nahm meine Finger. »Los geht’s.«
Ich schwieg, denn meine ganze Konzentration ging dafür drauf, mir auf dem Weg über die Treppe nach unten nicht den Hals zu brechen. Jeder Schritt erinnerte mich daran, was ich unter dem Röckchen trug.
Wenn ich noch länger darüber nachdachte, würde das Rot in meinen Wangen gleich mit dem auf meinen Lippen konkurrieren.
Vor den geschlossenen Flügeltüren blieb Kirsten stehen, legte ihr Ohr auf das Holz und lauschte. Nach einem kurzen Augenblick öffnete sie die Türen, als hätte sie ein Zeichen bekommen, und führte mich hinein.
Das Blut kochte in meinen Adern, und weil ich nicht wusste, wie ich Damiens Blick ertragen sollte, sah ich lieber zu Boden. An Paul wollte ich gar nicht erst denken, er hatte schon am Telefon eine unglaubliche Macht über mich gehabt. Was passieren würde, wenn er jetzt etwas sagte oder – um Himmels willen – mir einen Befehl erteilte, wollte ich gar nicht wissen.
»Sehr hübsch«, verkündete Paul. »Dann können wir ja los.«
Es kränkte mich, dass Damien stumm blieb und sich wortlos erhob.
»Wohin?« Ich stieß die Frage hastig und atemlos aus und ärgerte mich in derselben Sekunde darüber.
»Ins Allure«, erklärte Paul, als müsste ich es kennen.
Damien ging an mir vorbei, und ich dachte schon, er würde mich für den Rest der Zeit ignorieren, als er sich noch einmal umdrehte und meinen Ellenbogen umfasste. Sein Griff war dermaßen fest, dass ich fast aufgeschrien hätte.
Erschrocken sah ich ihn an und bemerkte das Flackern in seinen Augen. Es verschwand ebenso schnell, wie es aufgetaucht war, und sein Gesicht glich wieder einer undurchdringlichen Maske. Sein Blick wanderte über meinen Ausschnitt, ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
Es passte mir nicht, dass er sich benahm, wie er es für richtig hielt, und mich von oben herab behandelte. Das Spiel konnten zwei spielen.
Was hatte Kirsten über ihn gesagt? Dass er Kätzchen mochte? Wenn ich schon wie ein Sexkitten angezogen war, konnte ich mich auch so verhalten. Ich ließ meine Wimpern flattern und machte ganz leise, sodass nur er es hören konnte: »Miau.«