Ludwig Harms - Heinrich Steege - E-Book

Ludwig Harms E-Book

Heinrich Steege

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Beschreibung

Im 19. Jahrhundert kämpfte die bekenntnistreue Gemeinde gegen den an sich gut gemeinten Versuch, die Einheit der Kirche zu schaffen, unabhängig von ihrem verschiedenen Bekenntnis. Ein kleiner Ausschnitt dieses kirchengeschichtlichen Kampfes ist das Leben des Lutheraners Ludwig Harms in Hermannsburg. Harms hat viel für die innere Neubelebung der Gemeinde getan; er hat vor allem die Missionspflicht der Gemeinde neu begründet und ihren Missionssinn geweckt. Daran kann eine Darstellung seines Lebens nicht vorbeigehen. Dennoch war es uns wichtig, in den ersten Abschnitten zu zeigen, wie Harms zum lutherischen Bekenntnis geführt wird, um dann aufzuzeigen, wie von diesem Bekenntnis her sein Glaubenszeugnis in der Heimat wie auch die Verkündigung seiner Missionare in der Heidenwelt bestimmt und getragen wird. Sein Lebenszeugnis möge der Gemeinde heute wieder eindrücklich machen, was sie hat an ihrem lutherischen Bekenntnis. Denn das zu wissen und das zu bekennen, das ist der Dienst, den die lutherische Kirche heute unserem Volk schuldet.

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Ludwig Harms

Ein lutherischer Glaubenszeuge

Heinrich Steege

Impressum

© 1. Auflage 2019 ceBooks.de im Folgen Verlag, Langerwehe

Autor: Heinrich Steege

Cover: Caspar Kaufmann

ISBN: 978-3-95893-213-5

Verlags-Seite: www.folgenverlag.de

Kontakt: [email protected]

Shop: www.ceBooks.de

 

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Inhalt

Titelblatt

Impressum

Zum Geleit!

Das eigene Wagnis und sein Ende

Ein neues Bekenntnis

Fest im lutherischen Bekenntnis

Lutherische Mission

Vollendung

Unsere Empfehlungen

Zum Geleit!

Von Kirche und Bekenntnis, von Konfession und Union zu reden, das ist heute nicht mehr ein müßiges Spiel mit Worten, an dem der Durchschnittsbürger achtlos vorbeigeht. Die Zeiten sind vorüber, wo man nur in den kleinen Kreisen der „Stillen im Lande“ und allenfalls noch bei den Leuten vom Fach für diese Dinge Verständnis hatte. Das kirchliche und kirchengeschichtliche Geschehen des letzten Jahres hat hier gründlich Wandel geschaffen. Irgendwie ist die Frage nach der Kirche heute die Frage unsers Volkes geworden.

Wo man aber Kirche sagt, muss man auch Bekenntnis sagen. Denn im Bekenntnis erklärt man erst, was man im Sinn hat, wenn man von der Kirche spricht. Man meint damit entweder die Gemeinschaft gleichgesinnter, gläubiger Seelen, die in der Verborgenheit, von der Welt und ihrem Geschehen zurückgezogen, ihres Glaubens leben. Oder man denkt an die Kirche als Kulturmacht und Kulturfaktor, die der Welt, ihrer Zeit und ihrem Volke zu dienen hat und daher sich auch von der Welt und von ihrer Zeit bestimmen lassen muss. Oder – die dritte Möglichkeit – man legt darauf den Nachdruck, dass die Kirche der Welt ein Zeugnis, eine Botschaft auszurichten hat, und dass sie daher einzig und allein darauf bedacht sein muss, dass diese Botschaft so von ihr weitergesagt werde, wie sie ihr aufgetragen wurde.

Wo man weiß und bedenkt, dass es in der Kirche um rechte Lehre und Verkündigung geht, da besinnt man sich heute wieder auf das Bekenntnis der Väter. Sie haben uns mit ihrem Bekenntnis gesagt, welchem Herrn die Kirche allein zu dienen und wie sie den Offenbarungswillen dieses Herrn zu verstehen hat. Wenn dieses Zeugnis der Väter heute wieder in der Gemeinde lebendig wird, und wenn wir uns heute wieder an ihm zu orientieren suchen, dann ist das kein Sichversteifen auf Glaubenssätze, die vor Zeiten einmal so formuliert wurden. Man weiß vielmehr, dass die Kirche nur bekennende Kirche sein kann, oder sie ist nicht mehr Kirche. Man weiß auch, dass man nur bekennen kann in Einmütigkeit mit den Vätern, dass unser Bekenntnis nur weitersagen und neu aussprechen kann, was sie bekannt haben. Und endlich: man weiß, dass das einmal geschenkte Bekenntnis Macht über uns hat, und dass es nicht in unserer Macht steht, es jeweils zu ändern oder zu verschweigen. Damit baut man nicht Kirche, sondern man zerstört sie.

 

 

Wenn man sich darum heute neu darauf besinnt, was lutherisches, was reformiertes Bekenntnis ist, dann ist das kein Verstoß wider die erstrebte Einheit der Kirche. Im Gegenteil! Nur aus dem Wissen darum, was uns an unserm Platze besonders gegeben ist, und aus der ganzen Treue diesem Besonderen gegenüber erwächst letzte Einheit und wahre Einigkeit im Geist. Die Liebe ist nur wahr und echt, wenn sie nicht auf Kosten des Glaubens geht, sondern aus dem Glauben kommt. Dann wird der Gemeinde mit dem Glauben und mit der Treue im Glauben die Liebe zugleich geschenkt.

Dass alle diese Fragen die Gemeinde heute besonders bewegen, ist nichts unbedingt Neues. Unsere augenblickliche kirchliche Lage hat manches gemein mit der kirchlichen Lage vor hundert Jahren. Damals kämpfte die bekenntnistreue Gemeinde gegen den an sich wohlgemeinten Versuch, die Einheit der Kirche zu schaffen unter Absehen von ihrem verschiedenen Bekenntnis. Ein kleiner Ausschnitt dieses kirchengeschichtlichen Kampfes ist das Leben des Lutheraners Ludwig Harms in Hermannsburg, von dem die folgenden Blätter berichten möchten. Gewiss, die Bedeutung dieses Mannes ist damit nicht erschöpfend aufgezeigt. Er hat viel getan für die innere Neubelebung der Gemeinde; er hat vor allem die Missionspflicht der Gemeinde neu begründet und ihren Missionssinn geweckt. Daran kann eine Darstellung seines Lebens nicht vorbeigehen. Dennoch war es uns wichtig, in den ersten Abschnitten zu zeigen, wie Harms zum lutherischen Bekenntnis geführt wird, um dann darzutun, wie von diesem Bekenntnis her sein Glaubenszeugnis in der Heimat wie auch die Verkündigung seiner Missionare in der Heidenwelt bestimmt und getragen wird.

So möge sein Lebenszeugnis der Gemeinde heute wieder eindrücklich machen, was sie hat an ihrem lutherischen Bekenntnis. Denn das zu wissen und das zu bekennen, das ist der Dienst, den die lutherische Kirche heute unserm Volke schuldet.

Heinrich Steege

Das eigene Wagnis und sein Ende

Blut und Boden

Wenn es wahr ist, dass die natürliche Kraft des Menschen ihre Quelle in der Reinheit von Art und Rasse, in der Volks- und Heimattreue besitzt – und wer wollte das leugnen! –, dann ist das Leben Ludwig Harms“ seiner natürlichen Herkunft und Entwickelung nach nur von daher zu verstehen. Er entstammt einem alten niedersächsisch-lüneburgischen Bauerngeschlechte, das alle Charaktereigentümlichkeiten dieses Volksstammes klar und scharf zur Ausprägung bringt. Noch heute spürt jeder, der einmal diesen niedersächsische» Bauern aus der Lüneburger Heide oder von der Wasserkante begegnet ist, wie rein und treu hier angestammtes Volkstum und überlieferte Bauernart bewahrt wird, wie zäh und fest man am ererbten und überlieferten Gute klebt, wie diese Treue hier fast zur Sturheit und Dickköpfigkeit werden kann. Diesem Geschlechte gehört Ludwig Harms an, in seiner Art und seinem Wesen wurzelt er, ihm hält er bei allen Wandlungen und Wendungen seines Lebens die Treue. Was das für sein Werden und für sein Wirken bedeutet, muss zunächst deutlich werden.

Diese Treue und diese Gebundenheit tritt ja nur noch mehr ins rechte Licht, wenn wir bedenken, dass sie keine rein äußerliche ist. Ludwig Harms, der am 5. Mai 1808 in Walsrode, einem freundlichen kleinen Landstädtchen der Lüneburger Heide geboren wurde, entstammt nicht unmittelbar einer Bauernfamilie. Sein Vater war Prediger und Rektor der Schule in Walsrode. Auch der Großvater ist bereits als jüngerer, nicht-erbender Sohn vom Bauernhöfe, den der Urgroßvater in Moorburg bei Harburg besessen, abgewandert, und hat sich in Hamburg als Kaufmann eine Existenz geschaffen. Trotzdem hat man durch alle folgenden Geschlechter das alte überkommene Erbe bewahrt. In den Pfarrhäusern der beiden Harms“, des Vaters wie des Sohnes, bleibt die von den Eltern und Voreltern überkommene Mundart, das niedersächsische Plattdeutsch, die Sprache, in der man sich unterhält. Ludwig Harms ist eben darum der Mann des Volkes im besten Sinne, der Bauernpastor und Prediger der Lüneburger Heide gewesen, weil er die Sprache des Volkes verstand und sprach, – auch dann, wenn etwa in seinen Predigten die Laute nicht die plattdeutschen, sondern die hochdeutschen waren.

Der Mann aus dem Volk

Von der Mutter wie von der Großmutter Ludwig Harms“ wird uns berichtet, dass sie Meister im Erzählen waren. „Das waren die schönsten Stunden, auf die wir uns den ganzen Tag freuten“, so hören wir von seinem Bruder, „wenn der Abend herankam und die Mutter wusste dann so schöne Geschichten.“ Dieselbe Kunst hat Ludwig später einmal von der Großmutter gerühmt. Ganze Nachmittage konnten die Enkelkinder ihr zuhören. Don Großmutter und Mutter hat es der Sohn gelernt. Auch er war ein Meister im Erzählen. Das machte die Gewalt aus, die er über das Volk, das ihm zuhörte, besaß. Darin kommt aber wieder echte Volksnähe und Volksverbundenheit zum Ausdruck. Im Volke leben die Geschichten, die Überlieferungen, die Märchen und Sagen. Wo man wirklich noch erzählen kann, da verrät sich unverbrauchtes, unverbildetes, echtes Volkstum. Da sind noch Quellen der Kraft und des Lebens.

Zur Sprache gesellt sich Lebensart und Lebensgesetz, Führung und Erziehung der Eltern. Das Pfarrhaus, in dem Ludwig Harms aufwächst, sucht sich nicht durch eine falsche, gemachte Vornehmheit von seiner Umgebung zu unterscheiden. Man lebt auf dem Lande, man ist Bauer unter Bauern. Der Bau und die Einrichtung des Hauses, Haushaltung und Lebensführung bekommen dadurch den Charakter. Man treibt Landwirtschaft, soweit es der Beruf des Hausvaters zulässt. Und die heranwachsenden Kinder haben bald in der Wirtschaft mitzuarbeiten. Dieser Lebenszuschnitt tritt begreiflicherweise noch mehr in die Erscheinung, als der Vater 1817 – Ludwig ist eben neun Jahre alt – nach Hermannsburg versetzt wird. Hermannsburg war damals ein echtes Heidedorf, lieblich an der munteren Örtze gelegen. Von der Bevölkerung wird uns berichtet, sie sei sittlich in bedenklicher Weise verwildert gewesen. König Alkohol herrschte uneingeschränkt, und die wilde Rauflust, vor allem der Jugend, artete nicht selten in bösartige Rohheit aus. So wird den hereingekommenen Stadtjungen, wie man die Söhne des neuen Pfarrers bezeichnet, vom ersten Tage an der Krieg erklärt. Man erkennt sie erst an, als man erfährt, dass diese es wohl mit den Jungen aus dem Dorfe aufnehmen können. Fortab ist der Freundschaftsbund fest geschlossen.

Die Kinderstube

So wachsen die Kinder heran. Ludwig ist der zweitälteste unter zehn Geschwistern. „Es war nicht die Weise der Eltern“, so schreibt sein Bruder Theodor, „die Kinder zu verzärteln oder ängstlich zu überwachen. Wenn die Lehrstunden vorüber waren, so ließ man sie laufen, Gott dem Herrn und dem gesunden Sinn der Kinder überlassend, dass sie die Knochen schonten und nicht in Schlechtigkeiten gerieten. Wenn wir in die hohen Bäume kletterten, dass die Nachbarsleute in Angst kamen, sagte der Vater wohl nachher zu uns: ,Wollt ihr in die Bäume steigen, will ich's euch nicht wehren, die Knochen gehören euch; zieht aber vorher die Hosen aus, die gehören mir. So tummelten sich die Jungen in Wald und Flur herum und waren frisch und gesund.“

Ist ihnen damit nach der einen Seite hin viel Freiheit gelassen, so ist die Erziehung auf der anderen Seite äußerst streng. Unbedingt wird auf Gehorsam gehalten, und ebenso entschieden werden die Kinder zu ganzer Wahrhaftigkeit erzogen. Theodor Harms erzählt, wie der Vater einmal, in dem Glauben, der älteste Bruder August hätte eine Lüge gesagt, der Sache in ganz Walsrode nachgefragt habe und sich erst zufriedengegeben, als sonnenklar war, dass August nicht gelogen hatte. „August wäre es auch schlimm ergangen, wenn er gelogen hätte.“ Ordnungsliebe, Pünktlichkeit und Fleiß, auch das sind Eigenschaften, die den Eltern bei ihrer Erziehung sehr am Herzen liegen. Die Freiheit, die den Kindern gelassen ist, hat ihre Grenzen. Im Hause muss gelernt, gearbeitet und gehorcht werden. Da gilt noch durchaus die alte, ursprüngliche Hausordnung: Kinder gelten als Dienstboten und Dienstboten als Kinder. Wieviel mag Ludwig Harms aus diesem Elternhause ins spätere Leben mitgenommen haben! Er, der selber niemals eine Familie gegründet, hat hier gelernt, wie ein Hausvater seinem Hause vorstehen, wie Mann und Weib, Eltern und Kinder, Herrschaft und Gesinde miteinander im Hause leben sollen.

Ein großer Geist

Das ist also die Welt, aus der Ludwig Harms kommt. Hier wird der Grund gelegt für alles weitere Wachsen und Werden. Gesund und stark an Leib und Seele, ausgerüstet mit außerordentlichen Gaben und Kräften, durch Natur und Erziehung gewappnet gegen alles, was den Menschen herabzieht, und begeistert für das, was ihn erhebt, – das ist der Jüngling, wie er vor uns steht mit seinem idealen Streben und Wollen.

Die außerordentlichen Gaben dieses in der Tat in ganz besonderer Weise Begabten werden schon im ersten Schulunterricht geweckt. Nicht umsonst ist Vater Harms in Walsrode Rektor der dortigen Schule gewesen. Er nimmt die erste Unterweisung seiner Kinder selbst in die Hand. Dabei zeigt es sich, dass Ludwig allen anderen weit überlegen ist. Eine Stärke des Gedächtnisses ist ihm eigen, wie sie ganz selten vorkommt. Ein Gedicht von 15–20 Seiten sagt er auf, nachdem er es nur einige Male gelesen. Große Fortschritte macht er im Erlernen fremder Sprachen. Schon längst bevor er nach Celle zur hohen Schule kommt, übersetzt er die „Germania“ des Tacitus, jenes Buch des römischen Schriftstellers über Deutschland, das nur wirklich geübte Sprachkenner verstehen und übersetzen.

Seine Begabung ist in keiner Weise einseitig. Wo ein Anfang gemacht wird, da gibt es Glanzleistungen im wahrsten Sinne des Wortes. Der Organist, der ihm Musikunterricht erteilt, bekundet, er habe noch nie einen solchen Schüler gehabt. Und doch ahnt er nicht, wie Ludwig zu Hause übt. In Ermangelung eines Instrumentes malt er mit Kreide die Tastatur auf die Tischplatte und übt stumm die aufgegebenen Stücke.

Mit den besten Prädikaten hat er 1827 die Schule in Celle verlassen. An der Universität aber hat er nicht nur Theologie studiert. Was gab es, das diesen Geist nicht anzog und mit Beschlag belegte! Lassen wir wieder seinen Bruder berichten. „Er beschloss“, so schreibt er, „das ganze Gebiet des Wissens zu durchmessen, soweit es möglich wäre … Wunderbar war der Geistesflug, den er nahm. Das Latein sprach er wie seine Muttersprache. Im Griechischen und Hebräischen war er so zu Hause, dass er, wie er mir selbst gesagt hat, das griechisch niederschreiben konnte, was ihm hebräisch gesagt wurde. Er lernte Italienisch, um Dante in seiner Sprache lesen zu können. Spanisch, um den Cervantes recht zu verstehen. Neugriechisch, um es mit dem Altgriechischen vergleichen zu können, Sanskrit, um die uralten Schriften der Inder zu verstehen, die ihn sehr anzogen. Englisch und Französisch verstand er ohnehin; er studierte Botanik, durchstreifte dazu die ganze Umgegend, und der Botanische Garten war sein Lieblingsaufenthalt; er wandte seinen Lerneifer den Sternen des Himmels zu, so dass er unter den Sternen zu Hause war wie auf der Erde. Mit besonderer Liebe ergab er sich dem Studium des Altdeutschen, und das Nibelungenlied begeisterte seine Seele. Theologie, Philosophie, Philologie, Naturwissenschaft, nichts blieb diesem wunderbaren Geiste fremd …“ In der Tat, ein Geist, der eine ganze Welt, Himmel und Erde umspannte.

Deutscher Glaube

Dennoch verliert er sich nicht in weltweite Fernen, nicht ins Unendliche und Allgemeine. Seine Wissenschaft wird nicht beziehungslos, sie ist nicht ohne eine lebendige Mitte, von der her alles bestimmt wird. Der Mensch lebt und erlebt ja in dieser Welt immer als dieser ganz bestimmte, der er von zu Hause aus ist. Alle echte Bildung führt ihn hin zum wahren und wesensmäßigen Grunde seines Lebens; mit anderen Worten, sie macht ihn erst ganz zu dem, was er im tiefsten Grunde ist und sein soll. Ludwig Harms wird der echte, artverbundene Sohn seiner Heimat und seines Volkes. Wahrlich, wenn einer, dann hat er gewusst, geahnt, empfunden und erlebt, was es bedeutet, ein Deutscher zu sein. Lange Zeit sei die „Germania“ des Tacitus seine Bibel gewesen, so berichtet wieder sein Bruder Theodor, – so lange eben, bis ihm die Heilige Schrift als Gottes Wort und Offenbarung aufging. „Mit ihr, (der „Germania“) in der Hand durchstreifte er Wald und Heide, verschlang das Buch förmlich unter dem Rauschen der Tannen und Eichen, opferte Wodan sein Butterbrot und beklagte mit heißen Tränen, dass man nicht mehr den Göttern der Väter dienen könne.“