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Wie fängt man an, wenn man Unternehmen verändern will, sie schneller, kreativer machen will? Mit Co-Creation können Sie Change-Prozesse steuern, sie effektiv starten und die Betroffenen einbinden und für den Wandel begeistern. Steigern Sie mit neuen Methoden, wie z.B. Lego Serious Play® oder Design Thinking, die Kreativität Ihrer Mitarbeiter und schaffen Sie die Basis für innovative Veränderungen. Inhalte: - Human Resources 4.0 ‒ Let's have hard fun - Konstellation: Haben wir das richtige Organisationssystem? - Lego® Serious Play®: HR Strategie, Leadership- und Managementkompetenzen - Recruiting: die richtigen Mitarbeitenden finden mit dem Persona Konzept - Design Thinking als Philosophie implementieren: auf dem Weg in eine neue Welt - Talent-Management mit dem Canvas Business Modell - Neu in der 2. Auflage: Story zum Thema Virtuelle Führung und Quick-Checks der bestehenden Stories in Bezug auf die digitale Arbeitswelt
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Seitenzahl: 362
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Haufe Lexware GmbH & Co KG
[4]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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ISBN 978-3-648-15026-9
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ISBN 978-3-648-15027-6
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ISBN 978-3-648-15028-3
Bestell-Nr. 10290-0151
Susanne Nickel / Christian Berndt
Lust auf Change
2. Auflage, Oktober 2021
© 2021 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
www.haufe.de
Bildnachweis (Cover): Claudia Bingel
Produktmanagement: Jutta Thyssen/Anne Rathgeber
Lektorat: Cornelia Rüping, München
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[9]Wenn man alle Fehler einer Kutsche beseitigt, erhält man möglicherweise eine perfekte Kutsche, aber wahrscheinlich nicht das erste Automobil.
Edward de Bono, Kognitionswissenschaftler und Autor
Ich glaube an das Pferd.
Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung.
Kaiser Wilhelm II.
Nachdem klar war, dass wir dieses Buchprojekt realisieren, haben wir mit vielen Menschen darüber gesprochen. Dabei stellten wir beide fest, dass uns oft ähnliche Fragen zum Buchprojekt und zu den Methoden gestellt wurden. Wir sind überzeugt, dass Sie sich als Leserinnen und Leser wahrscheinlich auch mit diesen Fragen beschäftigen. Wir haben einige ausgewählt und beantworten sie in Form eines Interviews. Und plötzlich war alles anders, im März 2020. Dann stellte sich die Frage: Geht innovativ und co-creativ auch online? Wir sagen ja! Und haben alle Tools auf ihre Online-Tauglichkeit gecheckt und eine neue Story ergänzt.
1. Warum habt Ihr das Buch geschrieben?
Susanne Nickel (SN): Ganz früh in meinem Leben, vor meinem ernüchternden Jurastudium (lacht) habe ich bei Pina Bausch getanzt. Viele Menschen haben mich gefragt: Warum Ballett und dann Jura? Das geht doch gar nicht zusammen. Doch! Weil es beides braucht: Struktur und Kreativität. Genau das ist mein Anliegen – mit diesem Buch will ich beides liefern. Beides ist wichtig für Transformationsprozesse.
Ich liebe es, mich mit kreativen und innovativen Methoden zu befassen und diese an Menschen weiterzugeben, Mitarbeiter und Führungskräfte emotional zu berühren, sie zu fordern und zu begeistern. Freiraum in einer Struktur, in einem System zu ermöglichen, in dem sich Kreativität und Innovationen entfalten können. Und ich schätze es sehr, das zusammen mit einem Sparringspartner und Experten auf Augenhöhe zu tun. Daher war klar: Das wird ein Projekt mit Christian. Und ich bin so froh, dass wir das gemeinsam realisieren und unsere gute Zusammenarbeit dadurch fortgesetzt wird. Dafür möchte ich Dir, lieber Christian, danken.
Christian Berndt (CB): Sehr gerne beschäftige ich mich mit neuen kreativen Ansätzen, mein Job als Berater, Trainer und Coach erfordert dies auch. Seit vielen Jahren verfasse ich regelmäßig Bücher mit Co-Autoren. Ein Buch zu schreiben bedeutet für mich Erfahrungen und Wissen zu reflektieren. Ein Buch zu zweit zu schreiben bedeutet, einen wertvollen Austauschpartner zu haben, gemeinsam zu lachen, sich auch über den anderen zu ärgern, sich zu versöhnen und viel vom anderen zu lernen. Insofern ist das Buch für mich ein Lern- und Spaßprojekt auf vielen Ebenen. Danke Susanne, dass Du bereit warst, Dich mit mir darauf einzulassen.
[12]SN: Unsere Haltung: Wirklich auf Augenhöhe miteinander arbeiten, egal auf welchem Level – Co-Creation eben. Manchmal spielerisch, manchmal ernster, oft mit viel Leichtigkeit und dennoch häufig sehr anstrengend (bei Lego sagen wir sogar: »Let’s have hard fun«) und immer lösungsorientiert.
2. Wieso gibt es in jedem Kapitel erst eine Geschichte und dann folgt die Theorie?
SN: Storytelling ist in Change-Prozessen wichtig. Menschen lieben Geschichten.
CB: Es geht darum, eine Beziehung zu den Protagonisten aufzubauen. Klassische Painpoints in Unternehmen aus unserer langjährigen Erfahrung zu verdeutlichen und das in eine Geschichte zu packen.
SN: Ja, genau. Und es geht auch darum, das Problem darzustellen und schon mit dem Protagonisten in der Geschichte zu lernen. Den Kontext mit einzubeziehen, so wie im wirklichen Leben. Unsere Geschichten sind fiktiv.
CB: Wobei wir äquivalente Projekte bei unseren Kunden durchgeführt haben, nur bleiben diese anonym.
SN: Theorie ist leichter verdaulich, wenn sie in eine emotionale Geschichte gepackt wird. Und der Dreiklang endet damit, dass wir die Methodik im Unternehmen des Protagonisten anwenden, um die Techniken noch besser nachvollziehbar zu machen.
3. Welche Erfahrungen habt Ihr mit den im Buch beschriebenen Methoden und Co-Creation gemacht?
SN: Alle Methoden sind lean, innovativ und kreativ. Unternehmen haben einen One-Million-Dollar-Wert durch ihre Mitarbeiter, dieser Schatz muss nur gehoben werden.
Den Mitarbeitern Spielraum geben. Stressfrei Ideen sammeln und kreativ sein. Spielplätze sind Startbahnen für Innovationen!
Alle Methoden haben eine Basis, sie gehen weg vom Mainstream hin zu Co-Creation und Kundenorientierung. Das ist die Zukunft!
CB: Die Methoden sind ja dennoch sehr unterschiedlich. Lego® Serious Play® als Gamification-Ansatz nutzt Erkenntnisse aus der Psychologie, dass spielerische Methoden mit haptischer Herangehensweise dazu beitragen, Verborgenes an die [13]Oberfläche zu bringen und so den Kern von Problemen und Lösungen besser wahrzunehmen.
Appreciative Inquiry zum Beispiel bringt Menschen miteinander in Kontakt auf eine Art und Wiese, wie diese es vorher nicht erlebt haben. Es führt ins Storytelling und zu wertschätzender Begegnung auf Augenhöhe.
Co-Creation zu erleben ist etwas sehr Faszinierendes. In anderen Projekten stoßen wir auf viel Elan und Bereitschaft, neben dem Tagesgeschäft beispielsweise handwerklich gut gemachte HR-Instrumente wie Mitarbeitergespräch und Feedback zu überarbeiten, weil sie bisher von den Mitarbeitern nicht akzeptiert werden.
4. Welche Unternehmen profitieren von der Vorgehensweise? Welchen besonderen Nutzen bieten diese Methoden?
CB: Alle haben etwas davon, ob Mittelstand oder Konzern. Wir haben sie auch branchenübergreifend angewendet.
SN: Ein Kundenfeedback zu Lego® Serious Play®: Thema war, die Aufgaben in einer Abteilung zu verändern. Ein großer Change und die Neuausrichtung der Abteilung standen an. Mit LSP haben wir die Bombe platzen lassen, aber es trotzdem geschafft, gemeinsam in eine Richtung zu schauen. Großartig!
Zum Nutzen: sehr starke Methoden, die die Teilnehmer an ihre Emotionen bringen. Sie sind nicht nur kognitiv, sondern auch mit Herz und Hand dabei, ganzheitlich. Damit geht es viel schneller als mit klassischen Workshops. Lean eben. Menschen sind stärker involviert. Prozesse und Organisationsentwicklung gehen viel schneller voran, das spart auch Kosten! Es gibt weniger Widerstand, dafür mehr Begeisterung und mehr Commitment.
5. Welche Herausforderungen gab es beim Schreiben?
SN: Wir haben digital, virtuell und getrennt gearbeitet. Vorher waren wir gemeinsam im HR-Management bei Haufe tätig. Jetzt arbeiten wir in zwei verschiedenen Unternehmen: Haufe und Kienbaum. Wichtig sind der Respekt und der Wille, es gemeinsam zu schaffen, und zwar auf Augenhöhe! Das ist die neue Welt – Silos abbauen und sogar über Unternehmensgrenzen hinaus zusammenarbeiten.
[14]CB: Genau, ein Übungsfeld für virtuelle Zusammenarbeit. Früher in einem Unternehmen tätig, jetzt über zwei hinweg Zusammenarbeit gestaltet. Und es gibt noch ein Leben neben dem Buch, das ja ein Freizeitprojekt war. Eine Herausforderung war für mich Arbeit, Familie, noch mehr Arbeit und Freizeit und Schreiben unter einen Hut zu bringen.
6. Wer hat Euch bei Eurem Buch unterstützt?
SN: Co-Creation geht nicht alleine. Daher sind viele Helfer wichtig. Edmund Komar, ein geschätzter Berater bei vielen agilen Kundenprojekten. Tiziana Bruno, geschätzte befreundete Kollegin sowie absolute Expertin für Business und Improvisationstheater, zusammen haben wir für Projekte schon Preise gewonnen. Manuel Grassler bei den LSP-Anfängen, er war ein guter Sparringspartner und hat mir Support gegeben – ein Bier bin ich ihm noch schuldig (lacht). Robert Rasmussen prägte die Formulierung »Let’s have hard fun« bei Lego® Serious Play® und hat uns in dieser Methode zertifiziert. Bis hin zum privaten Kontext waren Menschen involviert. Mein Ehemann hat sich die Geschichten geduldig angehört und als Psychiater begutachtet, ob sie »tauglich« und interessant sind.
CB: Klar, Robert und Manuel – danke Euch beiden für die vielen Gespräche und Eure Begleitung bei den LSP-Anfängen. Dr. Christiane Gerigk, befreundete Beraterin, die viel Erfahrung in Lean-Startup- und Design-Thinking-Projekten mitbringt; ihr verdanke ich viel Inspiration und wertvolles Feedback.
Elsa Wormeck, geschätzte Design-Thinkerin, die sich viel Zeit für offene Fragen genommen hat. Ich freue mich, dass Claudia Bingel, eine langjährige Kollegin und gute Freundin, mit der ich auch mehrere Buchprojekte realisiert habe, unser Buch mit ihren tollen Visualisierungen bereichert hat. Danke, Claudi.
Herzlichen Dank auch an meine Familie, vor allem an meine Frau, die mir den Freiraum ermöglicht und mich unterstützt hat.
7. Wie haben diese Methoden Euer Leben verändert?
CB: Ich traue mich eher, etwas Neues zu wagen. Ins kalte Wasser zu springen und darauf zu vertrauen, es wird klappen, Spaß machen und mich fordern. Wir haben beide sehr viel Erfahrung als Berater und auch als Trainer, der ja einen Wissensvorsprung nicht nur bezüglich der Methoden, sondern auch der jeweiligen Themen hat. Es macht aber unglaublich Spaß, ein Projekt zu begleiten, ohne zu wissen, was am Ende [15]herauskommt. Als Moderatoren oder Facilitatoren schaffen wir Freiräume für Wachstum. Als Vater habe ich ebenfalls in vielen Bereichen einen vermeintlichen Wissensvorsprung, meine beruflichen Projekte und meine Rollen darin erinnern mich immer wieder daran, dass es auch als Vater darum geht, Freiräume zu geben, um Wachstum zu ermöglichen, und dass mein Mehr an Wissen den anderen nicht unbedingt hilft.
SN: Leben ist Lernen, Weiterentwicklung und Selbstfindung. Wieder ein kleines Stück weiter auf dem Weg, dank der Methoden und diesem Buch. Durch sie habe ich mich wieder getraut, mehr in die Kreativität zu gehen. Dankbar. Ich finde es wichtig und schön, Stärken zu leben und Ressourcen zu heben. Das klappt mit meinem systemischen Ansatz und den wunderbaren Methoden. Die Menschen in die Emotionen zu bringen. Kreativ sein. Menschen einbinden. Menschen wollen verbunden sein und wachsen. Mit geht es darum, auf Augenhöhe zu arbeiten, Spaß bei der Arbeit zu haben und den Teilnehmern Verantwortung zu geben.
8. Wie seid Ihr an die neuen Herausforderungen herangegangen, die sich in der Zwischenzeit vor allem im virtuellen Bereich gestellt haben? Wie steht Ihr zu Online-Veranstaltungen?
SN: Es geht auch online, nicht alles, doch fast alles. Genau deswegen haben wir in der zweiten Auflage Ergänzungen vorgenommen.
CB: Bevor wir in die Praxis gehen, möchten wir den Leserinnen und Lesern ein paar allgemeine Tipps für Online-Veranstaltungen mitgeben, die sich als äußert hilfreich erwiesen haben, denn auch in der virtuellen Welt läuft nicht immer alles reibungslos ab:
Bei schlechter Verbindung sollte die Video-/Kamerafunktion deaktiviert werden.Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die keinen Redebeitrag leisten, sollten ihre Mikrofone stummschalten. Bei kleineren Gruppen ist es uns manchmal aber wichtig, dass alle Mikrofone an bleiben (soweit keine Störgeräusche im Hintergrund sind), um spontane Reaktionen und Äußerungen wie im Workshop unmittelbar mitzubekommen.Es empfiehlt sich die Nutzung von zwei Bildschirmen (einer für das Kommunikationstool, der andere für das Kollaborationstool wie Miro, Mural etc.).Die Chatfunktion kann sehr hilfreich sein, zum Beispiel um Beiträge zu sammeln. Fragen und Anmerkungen lassen sich damit gut bündeln und gehen nicht verloren.[16]Der Bildschirm mit den Kollaborationstools sollte erst dann geteilt werden, wenn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer loslegen sollen. Sonst kann es etwas chaotisch werden.In der Regel wird mehr Zeit für Übungen und Spiele gebraucht. Dieser Mehrbedarf hat auch damit zu tun, dass die Workshops und Seminare nebenbei immer erst ein digitales Tool-Training sind.9. Was ist neu in der zweiten Auflage Eures Buches?
SN: Wir haben die beschriebenen Tools daraufhin geprüft, ob sie sich gut online einsetzen lassen oder wo Knackpunkte sind. Unsere Erkenntnisse wollen wir mit den Leserinnen und Lesern teilen. Gezeigt hat sich, dass vieles online gut funktioniert – manches aber eben auch nicht. Wir haben bei jeder Story unter »Unsere Erfahrungen« ergänzt, was beim virtuellen Einsatz in der Praxis zu beachten ist.
Das Unternehmen
Vista AG, gegründet 1898, 129.000 Mitarbeiter, Automobilzulieferer mit verschiedenen Divisionen und etwa 200 Standorten weltweit; Director Human-Resource-Programme: Louise Roxin, 44 Jahre, Head of Human Resource: Chris Schneider, CEO: Carsten Meyer.
»Es gibt einfach kein HR für HR bei uns«, sagte Louise Roxin, Director HR Programme bei der Vista AG. »Seit vier Jahren haben wir das HR-Business-Partner-Modell nach Dave Ulrich implementiert und noch immer laufen wir gegen Wände bei den Managern. Und unser Status hat sich auch kaum geändert.«
»Genau, das stimmt«, erwiderte Chris Schneider. »Das ist aber bei ganz vielen Unternehmen so.«
»Damit kann man es nicht entschuldigen. Das Problem fängt doch ganz oben an. Wir bräuchten dringend einen Chief Human Resources Officer«, erklärt Louise.
Die beiden boten sich ein Pingpong, wie es oft in Meetings vorkommt. Im Raum Sachsenhausen saßen außer Louise sieben Kollegen: vier HR-Direktoren und drei HR-Manager. Chris war via Flatscreen aus Barcelona zugeschaltet und neben ihm saß seine Assistentin Camilla Preger. Aus Wien waren Franz Krull und Betty Sommer mit von der Partie. Die Londoner fehlten, weil in England Schulferien waren.
In der Vista AG als international aufgestelltes und ausgerichtetes Unternehmen wurden Meetings häufig via Web oder Flatscreen abgehalten. Mittlerweile hatten sich alle daran gewöhnt. Es war oft unruhig in den Meetings und normal, dass man auf [18]sein Smartphone oder Laptop schaute und auch ein paar Mails nebenbei erledigte. Alle waren sehr beschäftigt, das Getippe störte niemanden.
Einmal im Monat war Chris in Frankfurt bei seinem Team vor Ort. Das HR-Service-Center saß komplett in Barcelona. Die Business-Partner und auch die meisten Direktoren waren in Deutschland an verschiedenen Standorten verteilt, der Hauptsitz lag in der Nähe von Frankfurt. Nur in Wien und London gab es wegen der Größe der Werke weitere HR-Manager.
Louise war seit zwei Jahren im Unternehmen beschäftigt und hatte viel vor. Sie verdrehte leicht die Augen, als Diana Krafft, HR-Business-Partner um die 50, erzählte, dass es einfach keine Chance gäbe, so recht auf Augenhöhe mit den Managern zu arbeiten. »Die nehmen uns einfach nicht ernst«, sagte sie. Stimmt, dachte Louise, und wenn sie sich Diana genauer ansah, blickte ihr schon eine ziemlich graue Maus entgegen. Sie war engagiert, aber eher introvertiert und zurückhaltend. Als fleißige Abarbeiterin war sie jahrelang in der Administration sehr gefragt gewesen. Doch jetzt galt es, Initiative zu übernehmen und Dinge voranzubringen. Insgeheim fragte sich Louise, ob Diana tatsächlich die richtige dafür war. Und sie ergriff das Wort: »Okay. Wie schaffen wir es, im Business ernst genommen zu werden? Das ist doch die große Frage. Wir haben Entwicklungsprogramme für Talente und auch für unsere Manager, aber wir in HR kreisen nur um uns selbst und strampeln uns ab.«
Kein HR für HR
Seit das HR-Business-Partner-Modell vor fast vier Jahren eingeführt worden war, gab es außer den Workshops und der Prozessbegleitung nur ein paar wenige Trainings. Sonst wurde nichts für die HR-Direktoren und -Manager angeboten. Louise war gerade in Fahrt gekommen und fuhr fort: »Auf Augenhöhe werden wir im Business nur dann wahrgenommen, wenn wir als beratender Partner akzeptiert werden. Dazu ist es erforderlich, dass wir einen wirklichen Nutzen liefern. Dieser Change ist ein langer Weg. Wir müssen gewohnte Pfade verlassen und uns wirklich mit dem Business beschäftigen.«
Chris stimmte zu und sagte: »Genau, wie sehen denn unser Geschäftsmodell und unsere Strategie im Konzern aus?«
Adele Baier, HR-Managerin in Frankfurt, lächelte und sagte: »Wir haben nicht einmal eine richtige Geschäftsstrategie. Oder kann mir jemand die erklären?«
[19]»Damit sind wir wieder in der Warteschleife. Weil wir keine Strategie haben, können wir uns nicht positionieren«, konterte Louise schon fast etwas zynisch. »Wir haben Business-Ziele und an denen müssen wir uns orientieren. Wenn wir unsere Komfortzone nicht verlassen, passiert nichts. Was genau macht denn unseren Nutzen und unseren Wertschöpfungsbeitrag im Unternehmen aus? Wer kann das von euch hier exakt definieren?«
»Wenn wir von oben kein Go bekommen, legen wir mit Cultural Hacking los und bewegen uns von unten«, rief Dominik Rendel, ein junger aufstrebender HR-Manager.
»Was ist denn Cultural Hacking?«, fragte Peter Minx, einer der HR-Direktoren.
»Na, wenn man von unten etwas bewegt. Also nicht top-down sondern bottom-up«, entgegnete Louise. »HR wird doch immer noch als Verwalter belächelt und das müssen wir jetzt dringend ändern. Der Weg führt weg von dem operationalisierenden Experten hin zum überzeugenden strategischen Partner. Wir brauchen eine echte Transformation.«
Nicken und Zustimmung im Meeting. Chris beendete das Meeting und erklärte: »Wenn ich in zwei Wochen in Frankfurt bin, spreche ich mit CM.« Dann kann ja doch was in Bewegung kommen, dachte Louise, je nachdem was CM davon hält. Carsten Meyer, kurz CM, war der CEO und Chris berichtete direkt an ihn.
Die graue Maus?
Zurück an ihrem Arbeitsplatz erledigte Louise noch ein paar Telefonate und E-Mails, dann fuhr sie nach Köln, heim zu ihrem Mann Albrecht und ihrer Tochter Paula. Sie pendelte von Montag bis Mittwoch nach Frankfurt, an den restlichen Tagen arbeitete sie entweder im Home-Office oder in der Produktionsstätte in Köln. Der Begriff »Cultural Hacking« gefiel ihr. Sie war schon gespannt, was Chris aus seinem Meeting mit CM berichten würde. In Köln erledigte sie noch ein paar Einkäufe und kam gegen 18:30 Uhr zuhause in Deutz an. Dort wurde sie freudig von Dackel Funny empfangen, schon seit Jahren treuer Familienbegleiter auf vier Pfoten. Weniger erfreut schaute Paula, ihre 14 – jährige Tochter. »Mama, wieso bist du denn schon da?«, fragte sie. »Ich dachte, ich hätte noch länger sturmfrei. Und Tine und Lena wollten auch noch vorbeikommen nachher.«
»Papa und ich haben doch Karten für die Oper heute Abend.«
[20]»Ach, cool, dann seid ihr ja weg. Super«, sagte Paula.
»Und wie war’s in der Schule heute?«, fragte Louise noch kurz.
»Ach, alles ganz okay. Du, der Augenarzt hat gesagt, dass ich eine Brille brauche. Oma wollte auch gleich eine mit mir aussuchen. Bloß nicht so eine wie du hast, Mama, habe ich zu ihr gesagt. Ich will doch keine graue Maus sein. Die Brille muss was für meinen Look und mein Image tun«, ereiferte sich Paula.
Louise blickte ihre Tochter verwundert an. Das sind wohl schon weitere Auswüchse der Pubertät, dachte sie. »Was meinst du denn damit genau?«, fragte Louise nach.
»Wir haben in der Schule heute diskutiert, was das Image einer Person ausmacht«, erklärte Paula.
»Okay, und was genau ist das?«, wollte Louise wissen.
»Na ja, wenn ich eine graue Maus sein wollte, würde zum Beispiel deine Brille diesen Eindruck optisch unterstützen. Ich kann mit Kleidung Einfluss nehmen, mit Accessoires, mit meiner Haltung und meinem Auftreten. Dann kommt es darauf an, wie ich mich positioniere. Wenn wir unsere Vorträge zur Jahresarbeit halten, sollen wir auch darauf achten, wie wir uns vor der Klasse verhalten. Wir sollen ja glaubwürdig wirken«, erläuterte Paula.
Was die Kinder schon alles lernen, dachte Louise. Und ob meine Brille wirklich so langweilig ist? Vielleicht hatte Paula nicht ganz unrecht.
Louise erlebte einen inspirierenden und entspannenden Abend in der Oper mit ihrem Mann, der als Strafrechtsprofessor immer gerne etwas zur Kausalität der Ereignisse im Stück anmerkte. Gespielt wurde »La Cenerentola«, zu Deutsch Aschenbrödel, von Gioachino Rossini. »Die Conditio sine qua non in diesem Fall ist doch ganz klar! Erst als sie aufgehört hat, es allen recht zu machen, ist sie ihrem Prinzen begegnet«, erklärte Albrecht aufgeregt. Er schaute immer gern mit dem Blick des Rechtswissenschaftlers auf die Dinge. »Im Prinzip war Cenerentola ein absichtsloses und argloses Opfer, das sich selbst befreit hat«, fachsimpelte er weiter. Louise und Albrecht diskutierten während der ganzen Heimfahrt über Opfer und Gestalter und wie das Opfer zum Gestalter werden könnte.
[21]HR als Marke
Fast eine Woche später saß Louise mit Chris zusammen und wartete gespannt, was der vom Meeting mit CM berichten würde. »CM findet es gut, wenn wir strategischer werden. Und auch, wenn wir eine Strategie finden. Leider gibt’s nicht viel Budget«, berichtete Chris.
Wie so oft bei wichtigen Dingen, dachte Louise, schwieg aber erst. Dann brach es auch ihr heraus: »Wir sind hier echt die Opfer. Jetzt reicht’s. Chris, wir brauchen eine Strategie für HR und wir müssen uns besser positionieren. Unser Image aufzubessern und eine Marke mit positivem Effekt zu werden, das wäre mein Traum.« Sie wunderte sich schon fast selbst, wie vehement das herauskam.
»Das ist jetzt aber ein bisschen heftig, meinst du nicht?«, fragte Chris überrascht. »Wir sind doch nicht Apple oder BMW, sondern HR bei Vista.«
»Wenn wir unser Geschäftsmodell formulieren und eine Strategie entwickeln, dann können wir das aber werden und als HR-Marke leuchten«, konterte Louise. Und insgeheim beschloss sie, sich wegen einer neuen Brille beraten zu lassen.
Ein interessanter Ansatz
Am Abend war es wieder soweit. Louise traf sich jeden zweiten Dienstag im Monat mit ihrem HR-Netzwerk in Frankfurt. In der Gruppe wurden immer wieder Herausforderungen und Trends in der HR-Arbeit diskutiert. Jeder konnte dabei seine eigenen Praxisfälle einbringen. An diesem Tag geschah etwas sehr Interessantes. Eine Beraterin, Miriam Ernst, stellte eine neue innovative Methodik zur Entwicklungen von Strategien, Zielbildern und Visionen vor, und zwar Lego® Serious Play®, kurz LSP.
Anfangs war Louise durchaus skeptisch und fragte sich, wie man mit Lego-Steinen zu guten Ergebnissen kommen sollte. Eine Intervention von Miriam Ernst überzeugte sie jedoch. Nach einem kurzen ersten Check zum Warmwerden mit Lego erstellten alle Anwesenden ihr Modell von einem misslungenen HR-Projekt und stellten es später vor. Während gebaut wurde, herrschte absolute Konzentration und Stille. Nur ab und an wurde gelacht. Anschließend erläuterte jeder seinen Fall – es gab so einige misslungene HR-Projekte. Das Modell, die Visualisierung und die Erläuterungen dazu hinterließen starke Eindrücke bei den Teilnehmern.
[22]Der Schlüssel, wie Projekte gelingen konnten, wurde auch deutlich anhand der Umkehrung, über die anschließend diskutiert wurde. Ein Kollege, Thilo Jung, sagte: »Super, jetzt wissen wir, wie es gar nicht geht. Das ist schon mal sehr wichtig. So klar war mir das bisher nicht.«
Miriam Ernst ergänzte: »Solche Prozesse mit LSP laufen sehr schnell ab, da alle zu 100 Prozent mitgehen und kognitiv wie emotional involviert sind – anders als sonstig in Meetings oder Workshops, wenn einer spricht und die anderen ganz andere Dinge denken oder tun.«
Stimmt, dachte Louise, bei uns schreiben die meisten E-Mails nebenbei in Meetings oder rennen raus zum Telefonieren. Sie fand LSP hervorragend geeignet, um sich als HR strategischer auszurichten und eine entsprechende Positionierung zu erarbeiten. Für den anstehenden Workshop bei Vista plante sie einen Tag HR Next Level mit LSP als innovativer und für alle Beteiligten neuer Methodik.
Im Anschluss wollte sie das Business-Model-Canvas nutzen, damit sollte jeder von HR seinen eigenen Umsetzungsplan anfertigen. Canvas hatte sie schon einmal erlebt und es inspirierend gefunden, mit den großen Plakaten zu arbeiten. Ganz besonders war bei ihr hängen geblieben, dass das Modell auf Kunden fokussierte. Und mehr Kundenorientierung können wir bei HR gut gebrauchen, da wir meist um uns selbst kreisen, sinnierte Louise weiter. Nutzen können wir nur dann schaffen, wenn wir unsere Kunden, die Führungskräfte und Mitarbeiter im Fokus haben. Jetzt galt es, das Ganze noch Chris schmackhaft zu machen, denn er musste es absegnen.
Das Spiel kann beginnen
Gesagt, getan. Am nächsten Morgen, als Louise mit Chris und Dominik wegen einer anderen Sache zusammensaß, versuchte sie, ihre Erfahrungen mit LSP vom Vorabend zu vermitteln. Chris verzog das Gesicht und sagte: »Erst das ganze Markengetue und jetzt willst du auch noch Lego spielen? So ein Quatsch!«
»Es geht doch genau darum, etwas anders zu machen, und das wäre mal eine innovative Methode, die uns dabei helfen könnte«, argumentierte Louise. Oje, das wird nicht einfach, dachte sie, das ist so, als wolle man jemandem erklären, wie Honig schmeckt, ohne dass er ihn probiert hat. Unterstützung kam dann plötzlich aus einer ganz anderen Ecke. Dominik legte los: »LSP ist definitiv eine Lean-Methode.« [23]Als das Wort »Lean« fiel, war zu sehen, wie Chris die Ohren spitzte. »Wir haben LSP im vorigen Unternehmen auch mal eingesetzt, um Produktionsabläufe zu verbessern und zu beschleunigen – es war genial. Und eine ehemalige Studienkollegin hat mir erzählt, dass sie mit LSP bei Whitenet in Bamberg eine neue Recruiting-Strategie erarbeitet haben. Sie hatten Probleme damit, passende Mitarbeiter zu finden. Und außerdem heißt Transformation ja auch, sich für etwas Neues zu öffnen. Das könnte doch der erste Schritt sein«, fuhr Dominik fort.
»Genau«, sagte Louise, dankbar für den Support. »Und: LSP braucht wenig Zeit und hat eine starke Hebelwirkung für die Beteiligten. Damit können wir unser Budget sinnvoll ausschöpfen. Komm, gib dir einen Ruck. Wir benötigen zwei Tage Workshop. Am ersten arbeiten wir mit LSP und am zweiten gehen wir mit dem Business-Model-Canvas in die Details zu unserem HR-Geschäftsmodell. Dann brauchen wir noch ein paar wenige Tage Begleitung bei der Umsetzung und in sechs Monaten machen wir ein internes Review!«
»Okay, gekauft«, sagte Chris nur noch.
Sie erfahren nun, was LSP genau ist und wie Sie es in einem Strategie-Workshop mit HR einsetzen können.
LSP ist eine vielfach getestete Methode, die das kreative Spielen und Bauen mit Lego-Steinen in die Arbeitswelt bringt. Es handelt sich um eine 1996 von Lego® entwickelte Methode, die dazu dient, schneller zu besseren Ergebnissen zu kommen, um kollaborative Innovationen zu schaffen – nicht nur im HR-Bereich. Bei LSP bauen die Teilnehmer Antworten auf Fragestellungen mit Lego-Steinen. Dabei werden sie von einem zertifizierten Lego® Serious Play® Moderator unterstützt und angeleitet, der den LSP-Prozess so steuert, dass die Ziele des Workshops von den Teilnehmern selbst erreicht werden. Im Spiel mit den Steinen wird die Kreativität der Anwesenden angeregt und es fällt ihnen leichter, ihre Ideen und Sichtweisen zu kommunizieren.
[24]Wichtig
Mit der Methode laufen die klassischen 80 – 20 – Meetings, bei denen 20 Prozent der Teilnehmer 80 Prozent der Zeit beanspruchen und die restlichen 80 Prozent der Teilnehmer nicht am Prozess teilnehmen, anders ab. Es geht darum, das Miteinander so zu verändern, dass 100 Prozent Begeisterung und Beteiligung erreicht werden.
Das Prozedere ist simpel: Ein zertifizierter Lego® Serious Play® Facilitator konzipiert den Workshop, ausgerichtet auf das Ziel des Kunden, und leitet die Teilnehmer durch den Prozess. Die Teilnehmer lernen, wie sie ihre Ideen, Sichtweisen und Gedanken mit ihren Lego-Modellen zum Ausdruck bringen können. Der Moderator stellt Aufgaben und Fragen, zu denen die Teilnehmer ihre Antworten bauen. Im Anschluss erklärt jeder der Beteiligten sein Modell und klärt eventuell aufkommende Verständnisfragen. Dieser Prozess beginnt immer wieder aufs Neue. So ist es möglich, in kurzer Zeit viele unterschiedliche Perspektiven aufs Tapet zu bringen und diese Sichtweisen im weiteren Prozess einzubeziehen.
Am Ende stehen dreidimensionale Modelle im Raum und alles, was besprochen und diskutiert wurde, wird im weiteren Verlauf berücksichtigt. Die Teilnehmer bauen auf den Ideen der anderen auf und verbinden ihre Ergebnisse anschließend zu einem gemeinsamen Modell oder Zielbild. Das erhöht die Motivation und stärkt die Partizipation der Teilnehmer. Durch LSP werden Innovationen greifbar visualisiert und erlebbar gemacht. Mit Lego® Serious Play® lassen sich gemeinsame Zielbilder, Visionen, Organisationssysteme, Innovationen, Teamwerte, Feedbackkulturen und vieles mehr in wenigen Stunden erarbeiten.
Ideal sind acht bis zwölf Teilnehmer je Facilitator. Die Methodik lässt sich auch für Großgruppenveranstaltungen einsetzen und bietet viele Chancen, kollaborative Ergebnisse zu erarbeiten. Grenzen gibt es fast nur in logistischer Hinsicht: Schon für einen Workshop mit zwölf Personen benötigt man 10.000 Lego-Steine.
Set-up
Für LSP mit zwölf Teilnehmern wird ein Raum mit einem großen Bautisch und Stühlen außen herum sowie einem Präsentationstisch ohne Bestuhlung, um den sich alle [25]gut herumstellen können, gebraucht. Am Bautisch geht’s los. Hier sitzen die Teilnehmer, während ihnen die Methodik vermittelt wird, und hier bauen sie anschließend ihre Modelle. Es sollten genügend Steine in der Mitte des Bautisches liegen, sodass sich jeder gut bedienen kann. Die Modelle werden später am Präsentationstisch vorgestellt, dabei erzählt jeder seine Geschichte zum Modell. Die tatsächliche Darstellung sorgt dafür, dass die Geschichten bei den Teilnehmern sehr gut haften bleiben. Der Ortswechsel vom Bau- zum Präsentationstisch hilft, das kreative Bauen und das Präsentieren zu trennen. Das gemeinsame Modell aller Teilnehmer, also die Vision oder das Zielbild, entsteht dann am Präsentationstisch aus den einzelnen Modellen. Ferner wird ein Beamer mit Leinwand benötigt, sodass die Teilnehmer die Anweisungen und Fragestellungen auf Powerpoint-Folien die ganze Zeit über gut sehen können. Unterstützend beim Bauen wirkt auch Hintergrundmusik. Das Lego-Buffet sollte auf einem ausreichend großen Tisch an der Seite des Raums stehen. Für zwölf Teilnehmer sollten vier Lego-Sets und ein Lego® Serious Play® Facilitator zur Verfügung stehen, ab 13 Teilnehmer zwei Begleiter.
Set-up für einen Workshop mit Lego® Serious Play®
[26]Step 1: Jump-in – Enten bauen
Als Erstes erhalten die Teilnehmer ein Set mit sechs Lego-Steinen und die Aufforderung, innerhalb einer Minute daraus eine Ente zu bauen. Wir geben folgende wichtige Anweisung dazu: »Es ist egal, wie die Ente am Ende aussieht, Hauptsache sie stellt eine Ente für denjenigen dar, der sie gebaut hat. Es gibt kein offizielles Entenmodell.«
Musik begleitet die Teilnehmer. Nach einer Minute werden alle aufgefordert, ihre Enten in die Mitte zu halten und allen zu zeigen. Jeder hält sie vor sich hoch, sodass alle alle Enten sehen können. Wir fragen interessiert nach: »Was sehen Sie jetzt?« Dann geben wir den Teilnehmern Raum, ihre Wahrnehmungen zu schildern. Jeder hat eine ganz individuelle Ente vor sich. Obwohl es nur sechs Steine gibt, ähnelt keine Ente der anderen. Das ist oft eine Schlüsselerkenntnis schon zu Beginn des LSP-Workshops.
Jeder hat seine einzigartige Perspektive auf die Dinge. Wir weisen darauf hin, dass LSP die Sichtweise einer jeden Person an den Tag bringt, und das innerhalb kürzester Zeit. Eine Frage, sechs Steine und viele verschiedene Antworten darauf in nur einer Minute – die Teilnehmer erkennen, dass LSP sehr schnell funktioniert.
Step 2: Kurze Erläuterung zu LSP
Wir erläutern die Systematik von LSP, damit die Teilnehmer diese Methodik gut verstehen. Hier greifen wir auf den Vergleich mit normalen Meetings oder Workshops zurück, wo eher 80 zu 20 Prozent Aufmerksamkeit herrscht. Die Teilnehmer sind zu 80 Prozent nicht bei der Sache, zwar körperlich anwesend, aber nicht geistig dabei. Nur 20 Prozent der Gruppe bringen sich ein, meist sind es die üblichen Verdächtigen, die reden und mitgestalten.
Gefragt sind aber 100 Prozent Beteiligung, und zwar von jedem in der Gruppe. Und hier kommt LSP ins Spiel. Wenn jeder mitmacht, ergeben sich drei Vorteile: Die Beteiligten teilen ihre Einsichten, entwickeln Vertrauen zueinander und ineinander und am Ende steht das Commitment der ganzen Gruppe. Dabei erschließen sie sich implizites Wissen, das jeder in sich trägt und das sehr wichtig für den Prozess ist. Alle Ideen und kreativen Hinweise werden geteilt. Das Ziel des LSP-Workshops in unserem Fallbeispiel besteht darin, zu reflektieren und die Rolle von HR zu analysieren. HR soll ein wirklicher Business-Partner auf Augenhöhe werden. Und HR soll einer strategischen Vorgehensweise folgen. Die Teilnehmer finden heraus, was wirklich wichtig und notwendig ist, um als HR zukünftig sehr erfolgreich zu sein. Und neben[27]bei erleben alle eine Lean-Methode für Innovationen, Strategie und Visionen und was sonst noch alles zur Sprache kommt.
Wir ergänzen unsere Erläuterungen noch durch ein paar Fakten zu LSP. Es handelt sich um eine geführte Methode, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, Führungsstilen, Organisationsentwicklung und Psychologie basiert. Sie ermöglicht es, die eigene strategische Vorstellungskraft zu nutzen und die Teilnehmer zu begeistern. Jedes Spiel braucht aber auch ein paar Regeln. Das bedeutet: Jeder ist permanent dabei; gebaut wird in Metaphern und die Teilnehmer geben ihrem Modell eine Bedeutung. Es geht immer um dieses Modell. Jedes einzelne gibt eine Antwort auf die gestellte Frage. Dabei weisen wir auch darauf hin, dass es wichtig ist, auf sein Modell zu vertrauen: »Wir denken mit unseren Händen und hören mit unseren Augen. Und wenn uns gar nichts mehr einfällt, dann bauen wir einfach.« Dieser Satz ist besonders wichtig, weil die Teilnehmer manchmal einfach nicht wissen, was sie bauen sollen. Wir laden sie ein, intuitiv zu handeln und sich auf den Prozess zu verlassen.
Der Kernprozess ist immer der gleiche: Wir als Facilitator stellen den Teilnehmern eine Frage oder eine Aufgabe. Dann baut jeder sein Modell und gibt damit eine Antwort; diese wiederum teilt er mit allen anderen und erläutert sie. Es ist ein absolutes Muss, dass jeder dies tut und 100 – prozentige Partizipation entsteht. Eines der Prinzipien für solche Workshops besagt, dass niemand ein »Meeting mit sich selbst« hat, sondern es geht immer um das Modell. Jeder spricht darüber und die anderen können Fragen stellen. Wir reflektieren die Modelle alle gemeinsam und so tritt Wissen zutage, das sonst in uns verborgen bliebe.
Step 3: Skillbuilding und Metaphern – das kann jeder
Im dritten Schritt bauen die Teilnehmer ihre ersten Modelle, um mit der neuen Methodik warm zu werden. Hierzu bitten wir die Teilnehmer, ihr Window Exploration Kit zu nutzen und aus den darin enthaltenen Steinen in vier Minuten einen Turm zu bauen. Wir weisen sie an, mit der grauen Platte zu starten und am Schluss eine Minifigur auf die Spitze des Turms zu setzen. Lediglich die graue Platte zu Beginn und die Minifigur als Dach sind fest vorgegeben. Hintergrundmusik kann den Bauprozess begleiten. Der nächste Aha-Effekt stellt sich ein, wenn die Teilnehmer wahrnehmen, dass wieder zwölf unterschiedliche Türme aus der gleichen Auswahl an Steinen entstanden sind.
Wir lassen jeden Teilnehmer anschließend sein Modell erklären, und zwar unter dem Aspekt, was der Turm über die Persönlichkeit des Erbauers sagt. Dabei erleben die [28]Teilnehmer zum einen, dass jeder in der Lage ist, etwas zu bauen, und zum anderen, dass jeder sein Werk als Metapher für eine Geschichte nutzen kann. Und: Der Bauprozess, die verschiedenen Ausführungen der Modelle und die Reflexion über die Türme haben dazu geführt, dass alle Teilnehmer zu 100 Prozent dabei waren.
Step 4: Storytelling – jeder kann Geschichten erzählen
Bei diesem Schritt führen wir die Teilnehmer noch ein wenig tiefer in die Materie von LSP: zum Storytelling. Wir erklären ihnen, dass wir mit Geschichten die Zukunft ergründen, die Sinnhaftigkeit von gegenwärtigen Themen diskutieren oder Vergangenes teilen können. Wir nutzen die Technik, um mit unserer Phantasie und Kreativität zu spielen und um das zu teilen, was wir wissen. Ab diesem Zeitpunkt dürfen die Teilnehmer alle Steine benutzen, auch die auf dem Lego-Buffet. Wir fordern sie auf, innerhalb von sieben Minuten ein Modell ihres Albtraumarbeitstags zu bauen. Der Bauprozess wird wieder durch Hintergrundmusik unterstützt.
Anschließend erzählen die Teilnehmer reihum ihre Albtraumgeschichten, was oft zu entspannten Lachern führt. Geschichten und Modelle erlauben es, gefährliche Themen genauer zu betrachten. Storytelling hat eine große Kraft und hilft uns, komplexe Sachverhalte zu verstehen. Da alles erlaubt ist, kann niemand falsch liegen. Jeder kann mit völligem Vertrauen und großem Selbstvertrauen ans Bauen gehen. Diese Sequenz führt zu der Erkenntnis, dass jeder bauen und Geschichten erzählen kann. Im nächsten Schritt gehen wir wieder etwas weiter.
Step 5: Der individuelle Status quo
Nur folgt die erste Bausession zum eigentlichen Thema, in unserem Fallbeispiel HR. In der Sequenz HR heute wollen wir als Facilitator sehen, was aktuell gut läuft und was die Teilnehmer in ihrer Funktion und Rolle als HRler können und leisten. Es ist wichtig, dass Vorhandenes gesehen und gewertschätzt wird, bevor strategische Veränderungen angegangen werden. Daher werfen wir mit den Teilnehmern einen Blick auf ihren ganz individuellen Status quo als HR-Manager. Hierzu nutzen wir die Vorstellung, dass jeder von ihnen einem neunjährigen Kind seine Tätigkeit erklärt. Wir nehmen an, dass jeder der Teilnehmer entweder ein Kind in diesem Alter hat oder hatte oder zumindest eines kennt.
Nützliche Fragen:
Wie würden Sie einem neunjährigen Kind erklären, was Sie bei Ihrer Arbeit machen?Warum ist das, was Sie tun, wichtig für Ihr Unternehmen?[29]Die Teilnehmer werden aufgefordert, in sieben Minuten ein Modell dazu zu bauen.
Die Hintergrundmusik läuft. Anschließend erläutert wieder jeder sein Modell mit einer Geschichte.
Step 6: Warm-up mit Ente nach der Mittagspause
Als Warm-up nach der Mittagspause nutzen wir oft die Bausteine aus dem Step-in und fordern die Teilnehmer auf, eine Ente zu bauen, die ihre Emotionen nach der Mittagspause zeigt. Nach dieser Minisession bitten wir sie, ihre Emotionen anhand ihrer gebauten Ente kurz darzulegen.
Step 7: Impulsvortrag – What? How? Why?
Im nächsten Schritt weisen wir auf das kunden- und nutzenfokussierte HR-Business-Partner-Modell von Dave Ulrich hin (siehe hierzu auch das Kurzvideo auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=57PmDk73u7I&t=407s), das die meisten HRler kennen.
HR-Value – Die Rollen nach Dave Ulrich
Step 8: Auf zum nächsten Level
Nachdem wir das, was ist, abgebildet und Impulse aus strategischen HR-Business-Partner-Modellen gegeben haben, wollen wir nun mit den Teilnehmern einen Blick in die Zukunft werfen. Wir bitten sie, in ihrem Einflussbereich zu bleiben, und lassen [30]sie innerhalb von zehn Minuten das Modell ihrer HR-Zukunft bauen. Dazu stellen wir folgende Fragen:
Welche Identität und welches Image wollen Sie als HR in zwei Jahren erreichen?Was machen Sie und woran arbeiten Sie, um einen Nutzen für Ihr Unternehmen zu stiften?Wir erklären den Teilnehmern, dass es darum geht, ein Artefakt zu bauen, das hilft, die eigene Geschichte in der Gruppe zu erzählen und zu teilen. Und dass es nicht darum geht, einen Schönheitspreis zu gewinnen, sondern ein Modell mit einer eigenen Geschichte zu bauen. Wir ergänzen nahezu in jeder Bausession, die stattfindet, folgenden Satz: »Wenn Sie nicht wissen, was Sie bauen sollen, bauen Sie einfach. Haben Sie kein kognitives Meeting mit sich selbst zum Thema, was Sie bauen sollen, sondern vertrauen Sie Ihren Händen und dem Prozess.«
Haben die Teilnehmer ihre Modelle erläutert, bitten wir sie in einer zweiten Runde, sich nochmals vier Minuten lang auf ihr Modell zu fokussieren und es im Hinblick auf einen strategischen Ansatz zum »nächsten HR-Level« zu verbessern oder zu ergänzen. Die Teilnehmer können beispielsweise zu ihrem Modell etwas hinzufügen, es vergrößern oder es komplett verändern – ganz wie sie wollen. Zudem bitten wir sie, dass sie bei ihrem Modell mit einbeziehen, wie sie sicherstellen können, dass ihre HR-Prioritäten die Business-Ziele der Company unterstützen.
Step 9: Fokus setzen – Roter-Stein-Technik
Um den Blick auf ein bestimmtes Detail zu lenken, nutzen wir gerne die Roter-Stein-Technik. Die Teilnehmer werden aufgefordert, sich zu fragen, was an ihrem Modell der wichtigste Aspekt ist, der die Essenz oder den Kern darstellt. Er wird dann mit dem roten Stein gekennzeichnet. Dieser Schritt hilft dabei, sich zu entscheiden und auf den wichtigsten Punkt zu konzentrieren. Wir bitten die Teilnehmer, den roten Stein entsprechend auf ihrem Modell zu platzieren, und fragen auch danach, sodass jeder Teilnehmer kurz seinen Fokus erläutert.
Step 10: Gemeinsames Modell der Zukunft
Nachdem die Teilnehmer ihre Modelle zu ihrer strategischen HR-Zukunft gebaut haben, ist es jetzt an der Zeit, zum gemeinsamen Modell zu wechseln. Damit werden das Commitment und das Verständnis füreinander gestärkt. Ziel ist es, dass sich alle am Ende mit dem gemeinsamen Bild und Modell identifizieren und dazu verpflichten, es umzusetzen. Für diesen Schritt fordern wir die Teilnehmer auf, den so[31]