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Einfach kann so einfach sein! Wir alle sehnen uns nach mehr Leichtigkeit und Einfachheit im Alltag. Kein Wunder: Das Leben ist ganz schön kompliziert geworden. Eine Krise jagt die nächste und viele haben das Gefühl, aus der Dauerschleife aus negativen Gedanken und dem eigenen Hamsterrad gar nicht mehr rauszukommen. Der Psychologe Hans-Georg Willmann hat auf seinen Reisen durchs australische Outback etwas Wichtiges gelernt: Unser Leben wird leichter und zufriedener, wenn wir uns auf das fokussieren, was für uns wirklich wichtig ist und was einen Unterschied macht. Wie uns das gelingt, zeigt er auf unterhaltsame Weise in diesem Buch voller konkreter und fundierter Impulse und Tipps aus der Coachingpraxis. So gewinnen wir wieder mehr Klarheit und Leichtigkeit im Leben.
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Seitenzahl: 214
HANS-GEORG WILLMANN
HANS-GEORG WILLMANN
Wie dein Leben leichter wird, wenn du dich auf das fokussierst, was wirklich zählt
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.
Für Fragen und Anregungen
Wichtiger Hinweis
Die gewählte männliche Form bezieht sich immer zugleich auf weibliche, männliche und diverse Personen. Auf konsequente Mehrfachbezeichnung wurde aufgrund besserer Lesbarkeit verzichtet.
Originalausgabe
3. Auflage 2024
© 2023 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Türkenstraße 89
80799 München
Tel.: 089 651285-0
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.
Redaktion: Ulrike Hollmann
Umschlaggestaltung: Karina Braun
Satz: Müjde Puzziferri, MP Medien, München
eBook: ePUBoo.com
ISBN Print 978-3-7474-0510-9
ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-901-8
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-902-5
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.mvg-verlag.de
Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de
Einleitung
Menschen, die auf Bildschirme glotzen – In die Röhre schauen verändert nichts
Die Wettervorhersage – Was wichtig ist, macht einen Unterschied
Volle Aufmerksamkeit – Was wirklich zählt, ist hier und jetzt
Dinge werden einfacher, wenn wir sie vereinfachen – Wir können nicht darauf warten, bis das Leben leichter wird
Der volle Terminkalender – Worum kümmern wir uns eigentlich den ganzen Tag?
Ein Rucksack voller Zeug – Das Wesentliche ist leicht
Platz machen für das, was wirklich zählt – Wenn weniger mehr ist
Dumm gelaufen – Sich ärgern ändert nichts
No worries – Die meisten Dinge, über die wir uns Sorgen machen, passieren nie
Entspann dich mal – Mit eigenen und fremden Erwartungen leichter umgehen
Das Auto der Nachbarn – Es macht einen Unterschied, mit wem wir uns vergleichen
Bleib mal stehen – Wenn die schnelle Lösung zum Problem wird
Moskitos im Zelt – Es sind die kleinen Dinge, die einen Unterschied machen
Tun und lassen – Mehr Leichtigkeit durch Seinlassen
Auf ins Abenteuer – Was, wenn es keinen Reiseführer für das gibt, was vor uns liegt?
Die besten Fokussierungstipps auf einen Blick
Nachwort
Tipps zur Vertiefung
Dank
Über den Autor
»Es ist bekloppt, immer wieder dasselbe zu tun und zu erwarten, dass etwas anderes dabei herauskommt«, sagt Bernie zu mir, als er mich beobachtet, wie ich zum dritten Mal versuche, aus dem Matsch rauszukommen, indem ich Gas gebe. Ich habe mich bei einer Flussüberquerung festgefahren und stecke einen halben Meter tief im Schlamm. »Versuch’s doch mal anders«, ruft mir Bernie zu, und damit war die Idee für mein Buch geboren.
Das Leben ist kompliziert geworden. Wir navigieren und manövrieren uns durch Digitalisierung und Pandemie, Klimakrise und Konflikte – und stecken nicht selten fest, im Job oder privat. Der Dauerbeschuss mit Informationen überreizt uns. Dann fokussieren wir uns auf die Probleme (den Matsch) statt auf die Lösungen – und wundern uns, dass nichts vorangeht. Leichtigkeit geht verloren, weil der Blick fürs Wesentliche verloren geht. Wenn wir merken, dass das, was wir tun, nicht funktioniert, versuchen wir es oft einfach noch einmal, und zwar diesmal noch angestrengter und intensiver. Irgendwann steckt der Wagen dann so tief im Dreck, dass nichts mehr geht. Kein Wunder, dass sich unser Leben oft schwer und kompliziert anfühlt.
Wissen Sie, was ich meine? Und wollen Sie daran etwas ändern? Wunderbar. Dann sind Sie hier richtig. In den vergangenen zwei Jahren habe ich für Mach’s mal anders! auf meinen Reisen durchs weite Outback Australiens viele großartige Menschen wie Bernie getroffen. Und ich habe viel von ihnen gelernt. In diesem Buch möchte ich Sie mitnehmen auf meine Touren und die Geschichten mit Ihnen teilen, die mir geholfen haben, mein Leben wieder leichter zu machen.
Bereiten Sie sich darauf vor, einen neuen Weg einzuschlagen, um auch Ihr Leben in Zukunft wieder leichter zu machen. Am Anfang mag Ihnen dieser Weg verdächtig einfach erscheinen. Sie werden vielleicht denken: Ja, aber meine Probleme sind komplizierter. Mein Leben lässt sich nicht so einfach leichter machen. Ist das so? Ja? Dann ist das ein prima Anfang, um gleich mal etwas anderes auszuprobieren: Geben Sie der Idee eine Chance. Machen Sie’s mal anders.
Mein großes Aha-Erlebnis und zugleich das wichtigste Prinzip, das ich im Outback gelernt habe, ist sehr pragmatisch: Im Outback ist es überlebenswichtig, sich auf das Wesentliche zu fokussieren.
Die Menschen hier draußen sehen viele Dinge ziemlich klar und pragmatisch. Im Outback zu leben und zu arbeiten ist nicht einfach. Es ist zu heiß oder zu kalt, zu trocken oder zu nass. Die Arbeitstage sind lang, die Arbeit ist hart und die Entfernungen sind riesig. Gibt es ein Problem, muss man es selbst lösen – und das am besten sofort, weil die Konsequenzen von Problemen im Outback schnell drastisch werden können. Man fokussiert sich dabei auf das, was wirklich wichtig ist, und wenn das, was man tut, nicht funktioniert, macht man etwas anderes – um zu überleben.
Und wissen Sie was? Ich glaube, leben und arbeiten im Outback einerseits und andererseits unser Leben, da wo es Straßen und Supermärkte, Krankenhäuser und Kindergärten gibt, unterscheiden sich gar nicht so sehr voneinander. Das Leben ist auch bei uns nicht einfach. Auch wir müssen hart arbeiten, um zu überleben, haben Probleme in der Familie, die wir lösen sollten, wollen im Sport oder im Job erfolgreich sein und müssen uns dafür besonders anstrengen. Wir leben in einer Hochleistungsgesellschaft, in Zeiten der Digitalisierung und des information overload. Unser Planet hat Fieber, die Staaten streiten sich und Viren verteilen sich im Takt der Flugpläne internationaler Flughäfen und lösen Pandemien aus – das Weltgleichgewicht scheint ins Wanken zu geraten. Dieser rauen Realität müssen wir ins Auge schauen, genauso wie die Menschen im Outback den rauen Bedingungen der Natur. Hier wie da müssen wir lernen, mit den Gegebenheiten umzugehen, wenn wir wollen, dass unser Leben leichter wird.
Genau davon handelt dieses Buch. Davon, wie auch Ihr Leben leichter wird, wenn Sie sich auf das fokussieren, was wirklich zählt. Wie Ihnen das in den verschiedenen Lebenslagen und mit den unterschiedlichen Herausforderungen im Alltag am besten gelingt, das entdecken Sie auf den nächsten Seiten.
Unterwegs begegnen Sie Menschen wie Bernie, der mir aus dem Matsch geholfen hat, als nichts mehr ging. Da ist Josie, die Älteste einer Gemeinschaft von Aboriginal People, die mir die Augen geöffnet hat, worauf ich eigentlich den ganzen Tag glotze, und Peter, der Schiffskapitän, der den Busch und die Bäume liebt und der mir gezeigt hat, dass alles, was wirklich wichtig ist, einen Unterschied macht. Freuen Sie sich auf Tara, die Automechanikerin aus Darwin, und auf die Geschichte mit dem Wildpferd auf der Piste, und auf Anna, die Tierärztin, die mir beim Hell’s Gate Roadhouse gezeigt hat, wie Selbstvertrauen funktioniert.
Von Allan, der Edelsteine im Outback sucht, habe ich gelernt, dass alles, was wirklich kostbar ist, begrenzt ist, und Matt, der Controller aus Perth, hat mir gezeigt, dass es nicht etwa mein Campingtisch ist, der zu klein wurde, sondern dass es meine Ansprüche sind, die größer wurden. Ranger Tom, der weit ab aller Zivilisation im Nordwesten Australiens lebt, hat mich erkennen lassen, dass weniger von dem, was wir sowieso nicht brauchen, Platz schafft für das, was uns glücklich macht. Und von Sam, der Krankenschwester, habe ich gelernt, dass »sich ärgern« nichts ändert.
Aber entdecken Sie die Geschichten und Erkenntnisse aus dem Outback doch selbst. Lernen Sie Henry, den Ex-Soldaten, und Beverly, die Köchin, kennen. Gehen Sie mit Emma und John auf einen Roadtrip durch Australien, und erfahren Sie von Johanna etwas über Lösungen, die zum Problem werden. Entdecken Sie die riesige Farm von Jeff und das Geheimnis der kleinen Handgriffe, die zum großen Erfolg führen. Und erfahren Sie von Mick, der ein Roadhouse leitet, dass man nicht jedes Schlagloch auf der Piste mitnehmen muss, wenn das Leben leichter werden soll. Das Wichtigste aber ist, dass Sie unterwegs den Mut finden, in Ihr eigenes Abenteuer aufzubrechen, so wie Madi, die Arzthelferin aus Sydney, die es gewagt hat, das zu machen, was für sie wirklich zählt.
Die Dinge mögen kompliziert sein, aber das heißt noch lange nicht, dass auch unser Leben so sein muss. Viele der Outback-Geheimnisse, die ich unterwegs kennenlernen durfte, sind für unseren Alltag sehr hilfreich. Und auch Sie können damit zukünftig Ihr Leben leichter machen. Wenn Sie das wollen, sind Sie hier richtig. Ich wünsche Ihnen viel Freude mit diesem Buch.
Übrigens: Mit Bernies Hilfe habe ich mich schnell mit meiner Seilwinde selbst befreien können, und genau das können auch Sie in Zukunft tun – sich aus einem komplizierten und hektischen Leben befreien.
Eins noch: Gemeinsam durchs Outback zu reisen, ist eine ziemlich persönliche Sache. Wäre es für Sie okay, wenn ich so lange »Du« sage? Wenn wir uns eines Tages da draußen im Outback treffen, können wir am Lagerfeuer bei einer Tasse Tee ja noch einmal darüber sprechen, ob es beim »Du« bleibt.
»Das Wasser kocht nicht schneller, wenn du auf den Wasserkessel starrst«, sagt Josie, die mit mir am Lagerfeuer sitzt. Vor fünf Minuten habe ich den Wasserkessel aufs Feuer gestellt. Seither glotze ich auf den Kessel und warte ungeduldig darauf, mir endlich den Tee aufgießen zu können – und Josie schaut mir zu und wundert sich.
Worauf glotze ich eigentlich Tag für Tag, vom Aufstehen bis zum Schlafengehen? Für das, was wirklich wichtig ist, bleibt im Leben oft erschreckend wenig Platz. Unsere Kalender und Köpfe sind vollgestopft. Wir sind immer und überall auf der Welt mit allen verbunden. Wir setzen uns unter Druck durch Vergleiche mit anderen und Ansprüche an uns selbst. Wir reagieren, statt uns aufs Wesentliche zu konzentrieren. Unser Leben ist hektisch und übertechnisiert, überinformiert und unbefriedigend.
Kennst du diese Situationen, in denen du abends schlafen gehst – in der Hoffnung, dass sich der ganze Stress und die Sorgen von selbst erledigen? Wie häufig wurde diese Hoffnung in deinem Leben erfüllt? Im Outback habe ich gelernt, wie man sein Leben von kompliziert und hektisch zu einfacher und zufriedener verändert – und genau das kannst auch du in Zukunft mit deinem Leben machen.
Worauf glotzen wir eigentlich den ganzen Tag? Hast du dich schon einmal gefragt, wohin du schaust, wenn du nicht auf einen Bildschirm glotzt?
Lass uns Klartext sprechen: Die vielen tausend Nachrichten und Informationen, die täglich auf dich einprasseln, lassen dich stundenlang wie hypnotisiert auf Bildschirme glotzen – ohne dass es einen Unterschied für dich oder für die Welt um dich herum macht. Für deine Ziele und für deine Beziehungen haben die allermeisten dieser Nachrichten und Informationen keine Bedeutung.
An sich wäre es kein Problem, dass so viele Informationen in unserer Welt herumkreisen, aber wir sind biologisch darauf programmiert, unsere Aufmerksamkeit immer und überall auf den lautesten Knall in unserer Umgebung zu richten. Das passiert ganz automatisch, ob wir das wollen oder nicht. Zum Beispiel darauf, dass ein bunter Nachrichtensender über ein heftiges Unwetter auf der anderen Seite der Welt berichtet, das für uns hier überhaupt keine Rolle spielt. Und doch glotzen wir darauf, als ob es etwas ändern würde. Und weißt du, warum wir das machen? Weil wir so programmiert sind. Weil uns das über Zehntausende von Jahren das Leben gerettet hat.
Orientierungsreflex nennen das Evolutionsbiologen, und dabei handelt es sich um eine Reaktion unseres autonomen Nervensystems, das immer und überall aktiv die Umgebung auf potenzielle Gefahrenquellen hin überwacht. Du kannst dir das so vorstellen: Du sitzt im Café und möchtest gerade einen Cappuccino und deine Pause genießen. Doch sobald ein Säbelzahntiger um die Ecke kommt, eine handtellergroße, haarige Spinne über den Tisch läuft oder dein Smartphone Töne von sich gibt, wird dein Kampf- oder Fluchtreflex ausgelöst. Vorbei ist es mit der entspannten Ruhe.
Im Urwald war dieser Reflex unsere Lebensversicherung, denn es hat einen Unterschied gemacht, ob wir den Säbelzahntiger bekämpfen mussten oder vor ihm fliehen konnten. Heute ist der Reflex eine der Ursachen für information overload für Stress und dafür, dass unser Leben kompliziert und hektisch ist.
Zum Beispiel sitzt du beim Frühstück, scrollst nebenbei mal eben durch die neuesten Nachrichten und liest, dass in den USA die Affenpocken ausgebrochen sind. Du bist alarmiert. Adrenalin schießt in deine Blutbahn. Dein ganzer Organismus ist auf Kämpfen oder Rennen eingestellt. Du rennst oder kämpfst aber nicht. Wem solltest du auch auf die Nase hauen? Wohin solltest du auch fliehen? Du sitzt beim Frühstück und hast einen Arbeitstag vor dir. Wohin also mit dem ganzen Adrenalin? An den Kindern, den Kollegen oder den Mitarbeitern auslassen – und damit noch mehr Stress produzieren? Im Straßenverkehr auf dem Weg zur Arbeit abreagieren – und damit Menschenleben riskieren? Oder in dich hineinfressen – und dich selbst nicht mehr mögen?
Möchtest du das? Sicherlich nicht. Und genau deshalb schreibe ich dieses Buch. Ich möchte, dass es auch dir gelingt, den Unterschied zu machen – und dein Leben von kompliziert und hektisch zu einfacher und zufriedener zu verändern. Letztendlich wollen wir doch alle dasselbe: ein zufriedenes, erfolgreiches Leben führen. Ein Geheimrezept dafür habe ich nicht. Aber ich reise seit vielen Jahren immer wieder durchs Outback, wo Geräusche eine Bedeutung haben und es einen Unterschied macht, worauf wir glotzen. Was ich unterwegs lerne, von der Natur und den Menschen, denen ich begegne, ist einfach: Kümmere dich mehr ums Wesentliche und weniger um die Dinge, die keinen Unterschied machen – dann wird dein Leben automatisch leichter und zufriedener.
Im Outback, wo es oft ums Überleben geht, lernt man schnell, wie wichtig es ist, sich aufs Wesentliche zu fokussieren. Überleben wollen fokussiert dich automatisch auf das, was wirklich zählt. Auf meinen Reisen habe ich mich gefragt, wie wir dieses Outback-Prinzip am besten auf unseren Alltag übertragen können – auch wenn wir bei uns, wo es Ärzte und Automechaniker gibt, nicht täglich ums Überleben kämpfen müssen. Wir ringen eher darum, unsere Aufmerksamkeit auf die Dinge zu konzentrieren, mit denen wir uns gerade beschäftigen. Darum, uns nicht ablenken zu lassen und uns nicht zu verzetteln. Das führt mich zu meiner ersten Outback-Erkenntnis. Sie lautet: Wir ändern dann etwas, wenn wir weniger glotzen und dafür mehr machen. Schone deine Aufmerksamkeit – deine Aufmerksamkeit ist eine der wertvollsten Errungenschaften, die dir die Evolution mitgegeben hat.
Josie lebt mit ihrer großen Familie im Outback. Als Älteste einer Gemeinschaft von Aboriginal People ist sie Hüterin des kulturellen Wissens ihres Stammes. Von Josie habe ich gelernt, dass auf den Wasserkessel zu starren und darauf zu warten, dass das Wasser schneller kocht, genauso sinnlos ist, wie fünfmal am Tag auf den Bildschirm zu glotzen, mir die Nachrichten über die Erderwärmung anzuschauen, mir Sorgen zu machen und darauf zu hoffen, dass der Klimawandel stoppt – wir ändern dadurch nichts.
Wir ändern nur dann etwas, wenn wir etwas anders machen. Wenn dir etwas wichtig ist, zum Beispiel die Umwelt und das Klima, kannst du Bäume pflanzen, mehr mit dem Fahrrad fahren, spazieren gehen und deinen Kindern spielerisch erklären, wie die Dinge in unserer Welt zusammenhängen. Ist dir ein friedliches Miteinander wichtig, kannst du darauf achten, freundlich und gewaltfrei mit anderen Menschen zu reden, mit allen Menschen, auch mit dem Nachbarn, dem Chef und Onkel Alfred, den du vielleicht nicht so gerne magst. Und wenn dir deine Gesundheit besonders am Herzen liegt, kannst du täglich aktiv etwas dafür tun, um gesund zu leben – zum Beispiel mehr Treppen steigen, mehr Wasser trinken oder mehr schlafen. Wir alle können mehr machen und weniger glotzen. Und sobald wir unsere Zeit dadurch ein wenig sinnvoller nutzen, wird unser Leben automatisch leichter.
Das Prinzip, das dahintersteckt, ist einfach: Mache mehr von dem, was dir wichtig ist. Das war’s. Statt auf das zu glotzen, was du schlimm findest, zum Beispiel Krieg, schmelzende Gletscher oder zu viel Plastikmüll im Meer, kannst du täglich etwas dafür tun, dass es anders wird. Immer dann, wenn du aktiv etwas machst, bekommst du ein Gefühl der Selbstwirksamkeit – du tust etwas, du bewirkst etwas, du bist nicht ohnmächtig, nicht hilflos der Situation ausgeliefert. Verstehst du? Dadurch fühlt sich dein Leben gleich sehr viel leichter an. Mehr zur Selbstwirksamkeit und darüber, wie mir Anna, eine Tierärztin aus Queensland, die ich auf einer Tour am Hell’s Gate Roadhouse getroffen habe, dabei geholfen hat, mein Selbstvertrauen wiederzufinden, erfährst du im Kapitel Dinge werden einfacher, wenn wir sie vereinfachen.
Hast du dich schon einmal gefragt, wohin du eigentlich schaust, wenn du nicht auf einen Bildschirm glotzt? Wenn ich im Alltag morgens den Wasserkocher anstarre und darauf warte, mir endlich meinen Tee aufgießen zu können, erinnere ich mich an Josie. Dann lächle ich leise und denke mir: »Das Wasser kocht nicht schneller, wenn ich auf den Wasserkessel starre.« Und dann nutze ich meine Zeit sinnvoller.
Alles beginnt mit einer grundlegenden Frage: Wie wird das Wetter morgen? Ich denke an Peter, den ich unterwegs getroffen habe. Peter arbeitet als Kapitän auf einem Boot im Pazifischen Ozean, wenn er nicht gerade im Outback herumfährt oder im Busch wandern geht. Für ihn hat Wetter eine Bedeutung. Als ich Peter wieder einmal danach frage, wie denn das Wetter am nächsten Tag werden wird, antwortet er mir: »Ich schau mir die Wettervorhersage nur an, wenn es einen Unterschied macht.«
Es ist genial einfach und einfach genial: Alles, was wirklich wichtig ist, macht einen Unterschied. Das Wetter auf hoher See oder der Schnupfen deiner Tochter, die tägliche Fitnesseinheit für deine Gesundheit oder die Vorbereitung auf das Gehaltsgespräch mit deinem Chef. Es macht auch einen Unterschied für dein Leben, was du isst und trinkst und wie gut du schläfst, mit welchen Leuten du dich triffst, wofür du dein Geld ausgibst und wie du mit deiner wertvollen Zeit umgehst.
Welchen Unterschied macht es hingegen, ob wir wissen, dass es regnet oder nicht, wenn wir sowieso den ganzen Tag drinsitzen? Es ist vollkommen egal, wie das Wetter morgen wird, solange wir nicht den Elementen der Natur ausgesetzt sind. Genauso wenig bringt uns die Information über den sprichwörtlichen Sack Reis weiter, der in China umgefallen ist. Und unser Leben wird auch nicht wirklich einfacher und zufriedener, wenn wir zehnmal am Tag via Instagram erfahren, wer gerade wo auf der Welt mit wem einen Kaffee trinkt.
Und doch verbringen wir viel Zeit am Tag damit, uns um diese Dinge zu kümmern – unsere Köpfe damit vollzustopfen und unser Leben damit komplizierter zu machen. Ob Nachrichtendauerschleife oder Wettervorhersage, das Auto des Nachbarn oder die Karriere der Kollegin – wir kümmern uns von morgens bis abends um tausend Dinge, die für uns, für unsere Ziele und Beziehungen bedeutungslos sind. Und wir klagen über Zeitnot, Stress und darüber, dass wir uns nie um das kümmern können, was wirklich zählt.
Dabei wäre es einfach. Alles, was wirklich wichtig ist, macht einen Unterschied – und die Frage, mit der wir unser Leben vereinfachen, lautet: Welchen Unterschied macht das, was wir täglich tun, für uns, für unsere Ziele und für unsere Beziehungen?
60 Minuten Sport oder 60 Minuten Netflix? Welchen Unterschied macht das eine oder das andere für dein Leben? 60 Minuten Weiterbildung oder 60 Minuten Instagram? 60 Minuten gesund kochen oder 60 Minuten auf den Lieferdienst warten und dabei im Internet surfen? Womit beschäftigst du dich den ganzen Tag – vom Aufstehen bis zum Schlafengehen? Und welchen Unterschied macht das, was du tust, für dich, für deine Beziehungen und für das, was du heute, in diesem Jahr und in deinem Leben erreichen möchtest?
Mit den Kindern spielen oder Nachrichten schauen? Über den Nachbarn aufregen, für den du heute schon das dritte Amazon-Paket annimmst, oder dankbar sein dafür, dass du gesund bist? Über verpasste Chancen im Leben grübeln oder daraus für die Zukunft lernen? Sich um Dinge sorgen, die wahrscheinlich niemals eintreten werden, oder das Mittagessen mit Freunden genießen – im Hier und Jetzt? Die Beispiele sind endlos – die Frage bleibt gleich: Welchen Unterschied macht das, was du täglich denkst und tust – für dich, für deine Ziele und für deine Beziehungen?
Weißt du, was ich meine? All die Dinge, die in unserem Leben einen wertvollen Unterschied machen, die für uns wirklich wichtig sind, sind schon da. Unsere Kinder und genug Essen im Kühlschrank, fließend Wasser und die Luft zum Atmen, der Feldweg hinterm Haus und das Fahrrad in der Garage. All diese Dinge und noch viel mehr sind schon da. Sie bekommen einfach nur nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdienen, weil der Orientierungsreflex unsere Aufmerksamkeit automatisch zum lautesten Knall lenkt. Und der kommt selten aus einem Fachbuch, aus dem Kinderzimmer oder der Sporttasche heraus – dafür oft aus unseren elektronischen Geräten.
Dabei ist weder das Smartphone, das Tablet oder der Computer noch Netflix, Instagram, WhatsApp oder YouTube das Problem. Der Sinn dieser Technologien ist es, unser Leben einfacher zu machen, nicht, es zu verkomplizieren, uns zu verwirren und Stress zu produzieren. Wir lassen uns davon jedoch zu oft kontrollieren, weil wir unaufmerksam damit umgehen, das ist das Problem. Wie oft wollen wir nur mal eben schnell Insta oder TikTok checken – und merken eine Stunde später, dass wir ganz unbewusst 60 Minuten lang in den digitalen Tiefen der Bedeutungslosigkeit versunken sind? Der Umgang mit unserer Aufmerksamkeit ist das Problem.
Im Outback, draußen in der Natur, ist das anders. Wenn ich hier auf mein Smartphone schaue, hat es keinen Empfang. Es ist still – und die Stille lässt mich jedes Mal erkennen, wie laut es überall sonst auf der Welt ist. In der Natur haben Geräusche eine Bedeutung. Ich höre etwas und muss sofort meine Aufmerksamkeit darauf richten, weil es um Leben und Tod gehen kann. Das Rascheln im Gebüsch – ein Wildschwein oder eine giftige Schlange? Der Rauch am Horizont – ein gefährliches Buschfeuer? Donnergrollen in der Entfernung – ein heftiges Unwetter? Das meiste, was man draußen in der Natur hört, sieht oder riecht, hat eine Bedeutung. Und es macht einen Unterschied, ob man darauf achtet oder nicht.
Im Alltag ist mehr los. Zum Beispiel signalisiert unser Smartphone eine eingehende Nachricht. Der Orientierungsreflex lenkt unsere Aufmerksamkeit automatisch hin zum Display und weg von der wichtigen Aufgabe, mit der wir uns eben noch beschäftigt haben, oder von der Unterhaltung mit einem Freund, die wir eben noch geführt haben. Wir erfahren, dass Lea gerade einen Kaffee trinkt. Aha. Okay. Und nun? Dann fangen wir mit der Aufgabe von vorne an oder versuchen, wieder ins Gespräch zu finden – bis zum nächsten Signalton unseres Smartphones.
Deine Energie fließt dahin, wohin deine Aufmerksamkeit geht. Weißt du, wo deine Aufmerksamkeit vom Aufstehen bis zum Einschlafen hingeht? Worum kümmerst du dich Tag für Tag, und welchen Unterschied macht das, worum du dich kümmerst, für dich, für deine Ziele und für deine Beziehungen? Notiere dir einige Stichworte.
Worum hast du dich heute am meisten gekümmert?
Welchen Unterschied hast du damit gemacht?
Im Alltag musst du dich bewusst entscheiden, wohin du deine Aufmerksamkeit lenkst, weil du nur dort aktiv und erfolgreich werden kannst, wohin deine Aufmerksamkeit geht. Würdest du deiner Aufmerksamkeit freien Lauf lassen, würdest du auf jeden Knall in deiner Umgebung reagieren und gar nicht mehr hinterherkommen. Ich bin mir sicher, dass auch du solche Tage kennst, an denen du das Gefühl hast, nur hinterherzurennen, an denen du dich gehetzt fühlst und nicht zu dem kommst, was dir wirklich wichtig ist. Der Grund dafür ist offensichtlich: Eigentlich knallt es in unserer Welt immer und überall um dich herum. Sobald du morgens die Augen öffnest, geht es los mit den Signaltönen, Benachrichtigungen, Informationen und News – die für dich in den allermeisten Fällen keine wesentliche Bedeutung haben. Noch bevor du einen klaren Gedanken an das fassen kannst, was für dich heute wirklich zählt, ist deine Aufmerksamkeit in alle Richtungen zerstreut: Defokussierung statt Fokussierung.
Deine Aufmerksamkeit ist wertvoll. Fokussierst du dich auf das, was wirklich zählt, dann wird dein Leben leichter und erfolgreicher, weil du deine ganze Energie darauf konzentrierst.
Das bringt mich zu meiner zweiten wichtigen Outback-Erkenntnis: Ich bin fest davon überzeugt, dass du im Alltag kaum eine Chance hast, deine biologische Programmierung zu kontrollieren. Der nächste (digitale) Knall, der deine Aufmerksamkeit ablenkt, liegt nur einen Mausklick oder Daumenwisch entfernt. Und wenn es knallt, knallt es, und dann schaust du hin, so wie jeder andere Mensch auch. Da du nicht jedes Mal ins Outback fahren kannst, wo es keinen Empfang gibt, im Wald spazieren gehen möchtest, geschweige denn dich im Keller einschließen willst, wenn du dein Leben vereinfachen möchtest, brauchst du eine alltagstaugliche Strategie, um dich leichter auf das zu fokussieren, was wirklich zählt.
Diese Strategie gibt es: Steigere deine Fokussierungsfähigkeit, indem du deine unmittelbare Umgebung veränderst. Dadurch verändert sich dein Verhalten automatisch.
Für den genial einfachen Zusammenhang zwischen deiner Umgebung und deinem Verhalten gibt es einen fundierten wissenschaftlichen Hintergrund. Menschliches Verhalten passt sich immer der jeweiligen Umgebung an, in der man sich befindet. Hier ist ein einfaches Beispiel für die Existenz dieses Zusammenhangs: Was machst du, wenn du im Schwimmbad von jemandem ins Wasser geschubst wirst? Genau. Du fängst an zu schwimmen. Und wie reagierst du, wenn der Rasenmäher des Nachbarn anfängt zu knattern, während du deine Lieblingsserie auf Netflix guckst? Klar: Fenster schließen und Lautstärke hochdrehen oder Kopfhörer auf.