Maddrax 621 - Lara Möller - E-Book

Maddrax 621 E-Book

Lara Möller

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Beschreibung

Auf Matts Drängen hin hat Dak'kar eine Expedition in die Todeszone ausgerüstet, um dort mit Haaleys Hilfe Kontakt zu dem offenbar intelligenten Pilzorganismus aufzunehmen.
An Bord von PROTO und von Mabutas Ameisen-Armee verfolgt, dringen sie zum zweiten Mal in das lebensfeindliche Gebiet ein. Doch schon bald bricht der tonnenschwere Panzer in einen Hohlraum ein - und die Gefährten treffen auf eine Gesellschaft, die sie hier niemals erwartet hätten. Eine Begegnung, die ihr Leben in den nächsten Tagen dramatisch verändern wird...


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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Im Reich der Nocturno

Leserstory

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 hält ein gewaltiger Komet Kurs auf die Erde! Man beschießt ihn mit Atomraketen. Drei Stratosphärenjets sollen die Auswirkung beobachten. Commander der Staffel ist der US-Pilot Matthew Drax. Doch die Raketen verpuffen auf dem Himmelskörper, von dem eine unbekannte Strahlung ausgeht. »Christopher-Floyd« schlägt in Asien ein. Die Druckwelle trifft auch die drei Jets und fegt sie davon...

Als Matthew und sein wissenschaftlicher Copilot Professor Dr. Jacob Smythe aus einer Ohnmacht erwachen, trudelt ihr Jet auf die Alpen zu! Smythe gelingt der Ausstieg per Schleudersitz. Matt kann die Maschine abfangen und notlanden. Er wird von Barbaren gefunden, die ihn als Gott ansehen und »Maddrax« nennen. Statt einer verwüsteten Erde sieht Matt sich fremdartigen Lebewesen und Pflanzen in einer veränderten Geografie gegenüber. Was er nicht ahnt: Die Druckwelle hat die Fliegerstaffel durch einen Zeitstrahl um 520 Jahre in die Zukunft geschleudert. Dieser Strahl, der seit Urzeiten vom Mars zur Erde reicht, sicherte vor 4,5 Milliarden Jahren den Marsbewohnern, den Hydree, das Überleben. Der vermeintliche Komet war die Arche einer Wesenheit namens »Wandler«, deren Dienerrasse, die Daa'muren, sich die Erde untertan machen will, indem sie Fauna und Fauna mutieren und die Menschen verdummen lässt. Nur die Bunkermenschen, sogenannte Technos, bewahren sich ihr Wissen, büßen dafür aber über die Jahrhunderte ihr Immunsystem ein.

Zusammen mit Aruula, einer telepathisch begabten Kriegerin, beginnt Matt Drax seinen Feldzug. Er findet Freunde – unter anderem die Hydriten, die sich aus den Hydree entwickelt haben und in den Meerestiefen leben –, kämpft gegen die Daa'muren und Mutanten wie die blutsaugenden Nosfera und gerät an Schurken, allen voran Jacob Smythe, der wahnsinnig wurde und die Weltherrschaft anstrebt, bis Matt ihn am Ende unschädlich macht. Auch Smythes Zwilling aus einem Parallelwelt-Areal stirbt, während seine Freundin Haaley, ebenso verrückt wie er, entkommt. Diese Areale, die überall auf der Erde aufbrechen, sind das Ergebnis von Zeitreisen, die die Menschen einer fernen Zukunft unternahmen, um technische Artefakte zu sammeln. Matt und seine Verbündeten – zu denen sogar zwei Daa'muren zählen, Grao'sil'aana und Gal'hal'ira – können alle schließen, wobei ihnen GRÜN, eine Art Pflanzenbewusstsein der Erde, zur Seite steht.

Auch Colonel Aran Kormak stammt aus einer dieser Parallelwelten – zumindest will er Matt dies weismachen. In Wahrheit ist er sein skrupelloser Zwilling aus dieser Welt, von dem Matt glaubt, er wäre tot. Doch Kormak, Befehlshaber einer Elitetruppe namens Dark Force, die aus dem Weltrat in Waashton (Washington) hervorging, scheint sich zu besinnen und verbündet sich mit Matt, als eine neue Bedrohung auftaucht.

Denn kaum ist das letzte Areal in Afrika versiegelt, wobei GRÜN beinahe vernichtet wird, sehen sich die Gefährten einer kosmischen Bedrohung namens »Streiter« gegenüber, die noch immer den Wandler auf der Erde vermutet. In einem furiosen Endkampf gelingt es Matt, sie zu versteinern.

Doch die Freude währt nur kurz, als Aruula mit dem Gleiter RIVERSIDE verschwindet. Matt und ein Dark-Force-Trupp folgen ihr mit der PLASMA, einem gekaperten außerirdischen Raumschiff, bis nach Südamerika (Amraka). Über Peru stürzen sie wegen plötzlichen Energieverlusts ab und finden die havarierte RIVERSIDE. Von Aruula keine Spur! Dafür entdeckt Matt das Wrack eines Flugzeugträgers mitten im Dschungel – und eine blinde Passagierin, die mit nach Amraka kam: Haaley.

Matt schleicht sich auf die USS Nimitz und trifft dort auf eine feindlich gesinnte Mannschaft und einen gewaltigen roten Diamanten. In der Zwischenzeit wird seine Truppe von mysteriösen Gegnern dezimiert, und Matt ist sich nicht sicher, ob nicht Haaley dahintersteckt. Die letzte Dark-Force-Soldatin stirbt beim Kampf gegen einen mutierten Jaguar, kann ihn aber erlegen – ein heiliges Tier, wie Matt und Haaley erfahren, als sie von Eingeborenen überwältigt werden. Zusammen mit einer Frau von der Nimitz warten sie auf den Tod, denn auch die Fremden sind Feinde der Indios, seit sie deren Heiligtümer, zwei rote Diamanten, raubten.

Sie versuchen zu fliehen, doch nur die Soldatin entkommt. Matt und Haaley müssen eine Götterprobe bestehen: den »Spiegel von Pachacámac«, mit dem sich weitere Diamanten herstellen lassen, aus einer Todeszone zu bergen – was ihnen auch gelingt. Sie werden freigelassen und beobachten den Angriff eines Ameisenvolks auf die Nimitz. Bei der Kontaktaufnahme mit einem Indiostamm, der den Schwarm kontrollieren soll, stellen sie fest, dass das Gegenteil der Fall ist: Mabuta, der »vielbeinige Gott«, nimmt sie gefangen. Dabei stellt sich heraus, dass Haaley – wie Aruula – vom Volk der Dreizehn Inseln abstammt und latent telepathisch begabt ist, was die Kommunikation mit Mabuta erleichtert. Der wird von einem Pilzgeflecht bedroht, und Matt soll ein Mittel dagegen finden. Auf der Suche nach einem Fungizid fährt er los, Richtung Bogotá. Dabei lernt er Tschoosch Claansman kennen, der früher als Chemiker bei einem Drogenbaron gearbeitet hat und ihn weiter begleitet. Er hilft ihm, in Med'liin eine Ladung Fungizid zu stehlen.

Mit dem Amphibienpanzer PROTO und einem Lkw schaffen sie das Gift in Mabutas Dorf, wo sie es mit dem Regen verteilen, was das Pilzgeflecht in dieser Region abtötet. Zum Dank bringt der »Ameisengott« Matt und Haaley auf die Nimitz, wo sie als Aants vergeblich nach Aruula suchen, aber von einem bevorstehenden Angriff der Soldaten auf Mabuta erfahren.

Mabuta versetzt Matt und Haaley unter einer Bedingung zurück in ihre Körper, die sich inzwischen in der Gewalt Dak'kars befinden, dessen Soldaten viele Aants töten konnten, letztlich aber zurückgeschlagen wurden: Sie sollen Dak'kar töten! Doch Matt verbündet sich mit ihm, um mit Dak'kars Hilfe zu dem Pilz in der Todeszone vorzustoßen, den er für intelligent und telepathisch begabt hält und der mehr über Aruulas Verbleib wissen könnte. Dafür will er Dak'kar die Formel vom »Spiegel von Pachacámac« verschaffen, mit der weitere rote Diamanten hergestellt werden können. Denn die braucht Dak'kar, um seine heimatliche Community in Macapá, Brasilien, zu retten, in der künstliche Lymphozyten, die eigentlich die Immunschwäche der Ex-Technos heilen sollten, zu einer tödlichen Krankheit führten. Die Strahlung der Diamanten kann diese Lymphozyten abschalten, doch der einzige Splitter wurde von Dak'kars ehemaligem Freund Toma'bar gestohlen.

In der Zwischenzeit startete eine Rettungsmission der Dark Force, die aber aufgrund des riesigen Gebiets eingestellt werden musste. Nur die Daa'muren Grao und Ira sind an der brasilianischen Küste verblieben und versuchen weiter, eine Spur der beiden Freunde zu finden. Sie stoßen auf die Community in Macapá, geraten aber in die Gewalt von Nosfera, die dank der künstlichen Lymphozyten, die sie von Toma'bar erhielten, neue telepathische Kräfte gewonnen haben.

Um Mabuta zu täuschen, der durch Haaleys Geist alles beobachtet, ersinnen Matt und Dak'kar einen Plan, um Dak'kars Tod vorzutäuschen. Er gelingt auch – bis der Anführer der Nimitz-Leute, von den anderen getrennt, in eine Fallgrube stürzt und verletzt in die Fänge einer geistig Verwirrten fällt, die ihn »für sich behalten will«. Die Gefährten können ihn befreien, locken damit aber Mabuta auf ihre Fährte...

Im Reich der Nocturno

von Lara Möller

Der Boden vibrierte.

Erdreich rieselte auf Licht des Mondes herunter. Ein leises Dröhnen drang an ihre empfindlichen Ohren. Verwundert stellte sie den Korb ab und legte die Handfläche an die von fluoreszierenden Pilzfäden durchzogene Tunnelwand.

Etwas näherte sich. Kein Tier; etwas anderes, Fremdartiges. Das Vibrieren wurde zu einem Beben. Das Dröhnen schwoll bedrohlich an.

Sie hob den Blick an die schimmernde Decke. Es war beinahe über ihr! Furcht flutete ihre Gedanken. Jede Faser ihres Körpers drängte sie zur Flucht.

Da durchbrach ein brüllendes Monster die Tunneldecke und walzte auf sie zu.

Licht des Mondes kreischte vor Entsetzen.

Matt steuerte PROTO konzentriert durch den dichten Regenwald. Überall zeigte sich die Wirkung des Fungizids, das sie mithilfe der Kondore über Mabutas Machtbereich ausgebracht hatten.1 Die Fruchtkörper des aggressiven Pilzes, der das Ameisenvolk bedrohte, waren gänzlich verdorrt. Ihre schrumpeligen Hüllen bedeckten den Dschungelboden wie ein grau-bräunlicher Teppich.

Er warf Haaley einen verstohlenen Seitenblick zu. Sie saß schweigsam auf dem Copilotensitz und hielt angespannt nach Baumwesen Ausschau. Die Ents, wie er die Kreaturen getauft hatte, sollten sich angeblich bis zur Grenze der Todeszone zurückgezogen haben. Da sich ihre kleine Expedition auf direktem Weg zu eben jener Todeszone befand, war es nur eine Frage der Zeit, bis sie erneut auf diese bizarren Gegner stießen.

Beim Gedanken an die bevorstehende Aufgabe wurde Matt flau im Magen. Vielleicht war es auch die konstante Erschöpfung, die seinen Kreislauf durcheinanderbrachte. Oder der Hunger. Er hatte schon eine ganze Weile nichts gegessen. Das blieb viel zu oft auf der Strecke, genau wie ausreichend Schlaf.

Er nahm einen Schluck Wasser aus einer Feldflasche und widerstand der Versuchung, sich den Rest der Flüssigkeit ins Gesicht und über den Nacken zu gießen. Frischwasser war ein kostbares Gut.

Er klemmte die Feldflasche in die provisorisch angebrachte Halterung neben dem Steuer und fuhr sich mit der Hand müde durchs Haar.

Bei seinem ersten Besuch in der Todeszone hatten ihn Haaley und Ccahuantico begleitet. Es schien Jahre her zu sein, seit sie auf die Suche nach dem Spiegel von Pachacámac gegangen waren.2 Phakcha, der Jaguarpriester, war ihnen damals unbemerkt gefolgt und konnte ihnen beistehen, als sie in höchste Bedrängnis gerieten.

Nicht die einzige Gefahr, die sie inzwischen im südamerikanischen Dschungel durchgestanden hatten...

Und noch immer gab es keine Spur von Aruula. Matt vermisste sich so sehr, dass es körperlich schmerzte. Gleichzeitig spürte er eine wachsende, dumpfe Resignation. Er war weit davon entfernt, die Suche oder die Hoffnung aufzugeben. Dann wären die Entbehrungen und Verluste der vergangenen Wochen umsonst gewesen. Doch ein Teil von ihm fand sich allmählich mit der schrecklichen Vorstellung ab, seine Gefährtin vielleicht nie wiederzusehen.

Matt wandte sich halb zu All'ec um. Der Sprengmeister von der Nimitz hatte unter Protest auf dem Notsitz Platz genommen, nachdem Haaley ihm unmissverständlich klargemacht hatte, wer die Herrschaft über den Copilotensitz innehielt. Bei All'ecs eher stämmigen Körpermaßen konnte das nicht bequem sein. Aber wer wollte eine Diskussion mit einem Knochenmesser führen, dessen Griff von einer Wahnsinnigen gehalten wurde?

Dak'kar ruhte sich in einer der Kojen aus. Die Wunde an der linken Schulter, die er sich beim Sturz in eine Fallgrube zugezogen hatte, machte ihm ebenso zu schaffen wie die Ereignisse während seiner Gefangenschaft.3

Matt wusste nicht, was genau in diesem Baumhaus geschehen war, welche Register die Entführerin gezogen hatte, um Dak'kar dort festzuhalten. Der Mann von der Nimitz schwieg sich beharrlich aus, doch es war offensichtlich, wie sehr Dak'kar die Erlebnisse traumatisiert hatten.

»Hola, was ist das denn?«, riss Haaley ihn aus seinen Gedanken. Sie hatte sich leicht vorgebeugt und starrte mit gerunzelter Stirn in den Dschungel.

Nun entdeckte Matt es ebenfalls: Zwischen den Bäumen und anderen Gewächsen schimmerte es weißlich.

Er verlangsamte die Geschwindigkeit und hielt schließlich vor dem feingesponnenen Hindernis, das sich zu beiden Seiten in den Regenwald erstreckte und fast bis in die Baumkronen reichte.

»Das muss die Wand aus Pilzfäden sein, von der einer unserer Stoßtrupps berichtet hat.« All'ec erhob sich vom Notsitz, um das Gebilde ebenfalls in Augenschein zu nehmen. »Irgendwie unheimlich«, fügte er hinzu.

Haaley klopfte dem Sprengmeister lächelnd gegen die breite Brust. »Keine Sorge, Dickerchen. Ich pass' schon auf, dass dir die bösen Fäden nichts tun.«

All'ec bedachte sie mit einem grimmigen Blick und setzte sich wieder.

Besonders gefährlich wirkte die Wand tatsächlich nicht. Matt steuerte auf das Pilzgewebe zu. Es teilte sich wie ein Vorhang vor ihnen. PROTO walzte behäbig vorwärts...

... und sackte plötzlich ab.

Haaley stieß einen erschreckten Laut aus, als sie im Beifahrersitz nach vorn kippte. All'ec fluchte vernehmlich.

Matt gab reflexartig mehr Gas und befreite den Amphibienpanzer aus dem offenbar stark aufgeweichten Boden.

»Merkwürdig«, sagte er mehr zu sich selbst. »Nach einem Sumpfgebiet sieht es hier nicht aus.«

»Vielleicht ein Hohlraum«, vermutete All'ec hinter ihm.

»Möglich«, entgegnete Matt. »Dann hoffen wir mal, dass es nur kleine Tierbauten sind.«

Er seufzte und fuhr weiter.

Hinein in die Todeszone.

Während PROTO durch den dichten Dschungel walzte, schaffte Matt es nicht, sich zu entspannen. Er hatte mit einem sofortigen Angriff der Baumwesen gerechnet. Oder irgendeiner anderen Attacke, bei der sie wieder einmal um ihr Leben kämpfen mussten. Dass nichts dergleichen geschah, beunruhigte ihn irgendwie.

Wie auf Kommando sackte der Amphibienpanzer erneut ins Erdreich ein. Diesmal blieb er stecken. Matt drückte aufs Gas, doch nichts geschah. PROTO kam keinen Zentimeter vorwärts.

Neben ihm hob Haaley die Hand. Sie hatte den Kopf leicht schräg gelegt und lauschte intensiv. »Was ist das für ein Geräusch?«

Matt nahm den Fuß vom Gaspedal. In der Stille hörte er ein seltsames Kratzen und Schaben; als würden Dornen über PROTOs Außenwände streichen. Oder lange Fingernägel. Ein Schauer überlief ihn bei dieser Assoziation. Er legte den Rückwärtsgang ein, schaffte es, zurückzusetzen, schlug das Steuer hart nach rechts ein und trat das Gaspedal durch.

Mit einem Satz befreite sich der Amphibienpanzer aus dem Matsch. Das Gefährt schoss vorwärts, streifte einen mächtigen Baum, legte sich dabei leicht schräg und mähte anschließend einen Bambushain nieder, als wäre es ein Haufen Mikadostäbchen. Brachiale Kraft.

Matt lenkte verbissen gegen und brachte PROTO zurück in die Spur. Hoffentlich fiel Dak'kar bei dem Geholper nicht aus der Koje!

»Was war das denn?«, stieß All'ec hervor. Der Sprengmeister hielt sich krampfhaft am Notsitz fest. Auch Haaley umfasste die Lehnen ihres Sitzes.

Matt zuckte die Achseln. »Vielleicht ein Vorgeschmack auf die Dinge, die uns hier erwarten.«

Was sie wenig später erwartete, war ein gut fünfzig Meter breiter Fluss, der sich träge durch den Dschungel schlängelte. Na, wunderbar. Auch das noch.

Aber für genau dieses Terrain war PROTO bestens geeignet.

Matt fuhr langsam auf das Ufer zu. Der Amphibienpanzer sackte tief in den feuchten Untergrund ein, doch blieb nicht stecken. Auf der gegenüberliegenden Uferseite gab es einen breiten Streifen, der frei von Dschungelgewächsen war. Dort konnten sie bequem anlanden. Er musste bloß den Kurs halten. Was bei der geringen Fließgeschwindigkeit kein Problem sein sollte.

Er lenkte PROTO in den Fluss. Das bräunliche Wasser stieg höher und höher, erreichte die Fenster des Cockpits und schloss sich schließlich über ihnen.

Für einen Moment verspürte Matt einen Anflug von Beklemmung. Er schob das Gefühl beiseite und konzentrierte sich aufs Fahren. Oder besser: schwimmen. Gemeinsam mit Haaley und All'ec hielt er angestrengt nach möglichen Gefahren Ausschau, konnte jedoch in der trüben Brühe keine entdecken. Auch die Kameralinsen zeigten nichts. Die Unterströmung war allerdings erstaunlich stark. Matt steuerte leicht gegen, damit sie nicht zu weit von der angepeilten Landestelle abgetrieben wurden.

Gerade als er sicher war, das gegenüberliegende Ufer jeden Moment zu erreichen, ging ein Ruck durch PROTO. Das Gefährt bewegte sich nicht mehr.

Was denn jetzt wieder?

Matt gab Gas, doch nichts geschah. Auf den Kameras war nichts zu sehen. Kein Hindernis, welcher Art auch immer.

»Was ist los?«, erkundigte sich All'ec besorgt.

»Irgendwas hält uns fest.«

Haaley beugte sich vor. Ihre Augen weiteten sich.

»Irgendwas ist dort draußen«, erklärte sie mit Grabesstimme.

»Jetzt ist keine Zeit für Scherze«, gab Matt scharf zurück.

»Ich meine es ernst«, protestierte Haaley. »Hast du...«

Etwas hob PROTO von unten an. Matt fühlte sich plötzlich wie in einem Fahrstuhl. Der Amphibienpanzer durchbrach die Wasseroberfläche.

»Was machst du denn?«, stieß Haaley hervor.

»Nichts!«

Irgendetwas verdeckte die Kameralinsen. Durch die Cockpitfenster war nichts zu sehen. Außer dem gegenüberliegenden Ufer, das plötzlich unerreichbar schien.

Haaleys Magen rutschte eine Etage tiefer, als PROTO wie von Geisterhand angehoben wurde. Der Amphibienpanzer tauchte aus dem Fluss auf. Bräunliches Wasser rann die Cockpitfenster herab. Das andere Ufer lag vielleicht fünfzehn Meter entfernt. Warum fuhr Mattie nicht weiter?

»Was machst du denn?«, fragte sie irritiert.

»Nichts!«, blaffte er zurück.

Er war niedlich, wenn er sich aufregte, aber deshalb brauchte er sie noch lange nicht anzuschreien.

»Das sehe ich, Schatzi«, gab sie ernst zurück. »Und darin bist du richtig gut. Aber das hilft uns jetzt nicht weiter.«

Unter Matties erstauntem Blick schraubte sie sich aus dem Copilotensitz hoch.

»Was hast du vor?«

»Ich muss aufs Klo.«

Ihrem Gegenüber klappte die Kinnlade herunter. »Was? Jetzt?«

Sie rollte die Augen. »Ich schau' mich draußen um.« Was denn sonst?

»Auf keinen Fall«, protestierte er. »Wir wissen nicht, was uns festhält. Solange die Luken geschlossen bleiben, sind wir in PROTO sicher.«

Sie tätschelte ihm besänftigend die Wange. »Alles wird gut, Tiger. Lass mich nur machen.«

Damit marschierte sie an Knallerbse All'ec vorbei, der auf dem Notsitz wirklich albern aussah, und zog die Leiter zum oberen Notausstieg herunter. Ohne auf Matties Protest zu achten, kletterte Haaley die Metallsprossen hoch und öffnet die Luke. Sie horchte angestrengt, konnte aber nur das Rauschen und Plätschern des Wassers hören. Schließlich reckte sie vorsichtig den Hals, richtete sich leicht auf und...

Holla, die Dschungelfee!

Haaley starrte mit offenem Mund auf die gigantische Anakonda, die sich fast mittig um PROTO gewickelt hatte. Ihr massiger olivgrüner Leib war über einen halben Meter breit und wer weiß wie lang. Sie bräuchte bloß die Hand auszustrecken, um ihn zu berühren. Doch Haaley war wie gelähmt. Nicht vor Schreck, sondern vor Faszination. Unter der schuppigen, von schwarzen Flecken übersäten Haut bewegten sich mächtige Muskeln, als das Monster die Umklammerung verstärkte. Der Amphibienpanzer neigte sich leicht nach links.

Sie würden umkippen! Gleich würden sie umkippen!

Haaley kam nicht mehr dazu, eine Warnung zu rufen.

Ruckartig drehte die Anakonda PROTO auf die Seite. Haaley verlor das Gleichgewicht und stürzte in den Fluss. Die Wassermassen schlugen über ihr zusammen. Reflexhaft hielt sie den Atem an und schloss die Augen. Eine kühlere Unterströmung zog sie mit sich. Haaley ruderte mit Armen und Beinen und schaffte es zurück an die Oberfläche. Sie holte keuchend Luft und schluckte prompt einen Schwall Flusswasser. Hustend blickte sie sich um. Die Unterströmung hatte sie ein gutes Stück von PROTO abgetrieben. Sie paddelte dagegen an und blieb so zumindest an der Stelle.

Der Amphibienpanzer schwamm inzwischen auf dem Dach. Zwischen den Rädern umklammerte die gigantische Anakonda die Außenhülle. In dieser Lage verhinderte der Innendruck, dass Wasser eindrang. Was sich ändern würde, sobald der Panzer eine Schräglage einnahm.

Im nächsten Moment drehte das Monster PROTO scheinbar mühelos um hundertachtzig Grad, bis er wieder aufrecht trieb. Erleichtert stellte Haaleys fest, dass der Notausstieg geschlossen war.

Jetzt löste sich die Anakonda von PROTO und glitt ins Wasser. Offenbar hatte sie das Interesse an dem Metallsnack verloren. Das war gar nicht gut für freischwimmende Haaleys!

Etwas zwickte sie schmerzhaft in die rechte Wade. Dann in den linken Oberschenkel, den Arm, den Bauch. Sie spürte vielfache Bewegungen zwischen ihren Füßen.

Fische!

Piranhas!

In Panik trat sie um sich. Sie musste ans Ufer kommen, gleichgültig, an welches! Doch die verdammte Strömung hielt sie in der Mitte des Flusses.

Dann schlang sich etwas Massiges um ihre Oberschenkel.

Haaley schrie auf. Kräftige Muskeln pressten ihre Beine zusammen. Sie wurde nach unten gezogen, schluckte die nächste Ladung Flusswasser und unterdrückte mühsam den Würgereiz. Die Anakonda wand sich erbarmungslos höher, um ihren Unterleib, klemmte den rechten Arm ein.

Das Knochenmesser!, durchzuckte es Haaley, während ihr allmählich schwindelig wurde vor Sauerstoffmangel. Es steckte in ihrem Stiefelschaft. Unerreichbar.

Erfüllt von Todesangst und unbändiger Wut schlug Haaley mit der freien Hand auf die Schlange ein. Sie wurde angehoben, tauchte aus dem Wasser auf und schnappte gierig nach Luft. Vor ihr erschien der riesige Kopf der Anakonda. Dunkle Augen starrten sie emotionslos an. Eine schwarze, gegabelte Zunge zuckte ihr entgegen.