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Das Buch "Magdalenas Ahnen: Meerjungfrauen" begibt sich auf die abenteuerliche Reise zu den Ursprüngen der Gefährtin Jesu: Maria Magdalena. Von dieser Frau gibt es zahlreiche Verbindungen mit den geheimnisvollen Wesen des Ozeans, den Meerjungfrauen. Die Vorfahren dieser Wassermenschen kamen einst vor langer Zeit aus den Tiefen des Alls hierher auf unsere Erde, und auch auf die einstmals bewohnte Venus. Zahlreiche Göttinnen und Götter wie Nammu, Enki, Aphrodite, Atargatis, Freyja oder Albhine sind mit ihnen eng verknüpft. Der erste Teil des Buches befasst sich mit Begegnungen und Sichtungen von Meerjungfrauen und Wassermännern, der zweite Teil mit ihren Ursprüngen, wie sie sich in den Mythen der alten Kulturen widerspiegeln. Im dritten Teil werden vor allem Zusammenhänge mit dem Planeten Venus aufgezeigt, und im abschließenden vierten Teil geht es darum, welche Rolle die Meerjungfrauen in den häretischen Religionen und Glaubensformen der Menschheit spielen, besonders in den gnostischen Traditionen, zu denen auch die Katharer und Templer zählen. In den letzten drei Abschnitten wird auf Erlebnisse und Sichtungen in heutiger Zeit eingegangen, sowie den Umgang mit ihnen in vielen Medien, welche Rolle ihr natürlicher Lebensraum für unseren Planeten innehat, und warum wir den Kontakt mit ihnen suchen sollten.
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Seitenzahl: 633
Einfühlung: Wilhelm Mrsic, „Die Meermaid“
Begegnungen mit Wassermenschen
Erste Zeugnisse am Gilf Kebir
Die Fischgöttin von Lepenski Vir
Die schlafende Fischgöttin von Hal Saflieni
Jenny Greenteeth
Alexander der Große sieht Meerjungfrauen
Plinius der Ältere über die Wassermenschen
Die Nymphen im Physiologus
Von den Merrows, Ceasg und St. Murgain
Monster oder Meerjungfrau?
Heilige, Mönche und Nixen
Meerjungfrauen in Talmud- und Thora-Kommentaren
Beschreibung der Nixen im Spekulum Regale
Nixen im De Propietatibus Rerum
Die singenden „Monster“
Die gestrandete Meerjungfrau
Christoph Kolumbus sieht drei Meerjungfrauen
Paracelsus über die Nymphen
Wasserwesen auf Zeichnungen von Rondelet
Meermann in Polen
Der „Bischof“ aus dem Ärmelkanal
Der „Mönch“ von Norwegen
Mehrere Wassermenschen bei Ceylon gefangen und untersucht
Meerjungfrauen im Volksglauben Brasiliens
William Shakespeare: Sichtung und Dichtung
Nixen in der Historia Monstrorum
Die Meerfrau von Pendine
Meerjungfrau am nördlichsten Punkt Norwegens beobachtet
Meerjungfrau von Borne, Dpt. Amboyne
Der Gründer von Jamestown sieht eine Meerjungfrau
Meerjungfrau bei St. John, Neufundland
Meermann gefangen und freigelassen
Meerjungfrauen als Opfer von Kannibalismus? (1)
Wassermann bei Exeter gefangen
Meerjungfrauen als Opfer von Kannibalismus? (2)
Wales: Meermann in Pembroke
William Butler Yeats über die Merrows
William Munro
„Mene mama“ – Mutter des Wassers
Die Sichtung von Caithness Coast
John McIsaac und das „weiße Tier“
Eine Meerjungfrau im Museum von Cape Town
Exeter: Weitere Sichtungen, diesmal Meerjungfrauen
Eine misshandelte Meerjungfrau tot an den Strand gespült
Gefangene Meerjungfrau im Phineas Barnum-Museum
Meerjungfrau vor der Küste Britanniens
Meerjungfrau am Strand
Eynhallow Island
Meerjungfrau in Notlage
Die Meerjungfrau von Kiryat Yam
Zimbabwe: Acht Vorfälle mit Meerjungfrauen
Christliche Kirche missioniert in Zimbabwe, acht Vorfälle mit Meerjungfrauen
Acht Meerjungfrauen-Fälle in Zimbabwe – was steckt dahinter?
Die Ursprünge der Wassermenschen
Spuren in Mythologie und Kult
Sumer, Babylonien
Nammu, Ninursanga, Enki
Athirat, Mari
Oannes, Dagon
Enki und Ninursanga
Der Mythos von Nibiru
Atargatis – Dea Syria
Himmelsboote: Magan-Boot und Argonautenschiff
Ištar als Meerjungfrau Sabitu im Gilgameš-Epos
Die Erschaffung des Menschen
Ägypten
Anubis: Sirius, Göttinnen, Wasser, Caniden
Isis, Meri und Ta Mera
Die Katzengöttin Bast, heilige Welse und Artemis
Indien
Urvaśī und Brahmā
Viu und Śiva
Älteste Tempel Indiens, Rathas und Gangā
Göttersitze im Ozean
Śivas Same und Sirius B
Śivas blaue Farbe, Venus und 108
Kinder der Wassermutter: Die Dānavas
Suvannamaccha und Hanuman
Griechenland
Die Telchinen von Rhodos, Dionysos
Okeaniden
Zeus und sein Fischschwanz
Aphrodite
Nereus (Neptun, Poseidon)
Proteus
Glaucus
Odysseus und die Sirenen
Dogon
Weltenei und erste Schöpfung
Erschaffung der vier Nommo-Paare
Ogo – Demiurg und Lichtgott
Die Folgen von Ogos Taten: Entstehung von Sirius, Sonne, Erde und Venus
Präastronautische Version der Dogon-Mythen
Germanen
Danksagung an Walter-Jörg Langbein
Die Meerriesin Rán und ihre Töchter
Waghild, Wittlich und Dietrich von Bern
Angrboða und die Midgardschlange
Kelten
Etymologie und älteste Quellen
Albhine, die Herrin der Meerjungfrauen, oder: Ruad im Reich unter den Wellen
Die Kinder der Meerjungfrau
Finnen
Ilmatar, Tochter der Lüfte und Wassermutter
Auswirkungen der Wasserwesen in Religionen und Kulten mit Blick auf den Planeten Venus
Yasigi – die Maria Magdalena des Dogon-Volkes?
Exkurs: Sie kam von der Venus
Planet Venus – vom Paradies zur Hölle
Die Venus-Tafeln von Ninive
Als die Venus der Erde nahekam
Venus in Flammen bringt Segen
Manna und Erdöl von der Venus
Das Geheimnis der Tuatha de Danaan
Vom Erdöl (Venusöl!) zum Salböl
Der Diebstahl des Feuers
Ein Venusmond?
Einige Schlussfolgerungen
Versuch einer Chronologie der Venus-Ereignisse
Planet und Gottheit – wie geht das eigentlich? Gedanken
Venus und Schakal, Maria Magdalena und Fuchs
Geheimnisse aus der chinesischen Mythologie und den Sagen des Dzopa-Volkes, Tibet
Fische, Wassermenschen, Häresien
Fischkulte und Urchristen
Wasser in gnostischen Gottesdiensten
Der Fisch aus der Quelle und seine Vereinigung mit dem Wasser
Merowinger und Wasserwesen
Die Wanderungen der Franken und die Wurzeln ihres Abstammungsglaubens
Merowinger, Planetengottheiten und Dogon
Maria Magdalena als Meerjungfrau und Jesus Christus mit Fischleib in Metz (1)
Merlin- und Artusepen
Merlin
Artus
Lanzelot
Lohengrin
Meerjungfrauen und Fische bei den Katharern
Maria Magdalena als Meerjungfrau und Jesus Christus mit Fischleib in Metz (2)
Die Templer und die Venus
Muscheln und Maria Magdalena
Meerjungfrauen und Kirchen in Britannien
Rotes Haar, Maria Stuart und Robin Hood
Rennes-le-Château und Abbé Saunière
Kam Maria Magdalena von einem fernen Planeten zu uns?
Sehnsucht einer Nixe: Andersens „Kleine Meerjungfrau“
Echte Meerjungfrauen und moderne Legendenbildung: Der Fall Dr. Robertson
Panik in Bulgarien: Slavyanka-Meerjungfrau
Onari: Das Zeugnis einer ehemaligen Meerjungfrau
Schlussbetrachtung
Sterne und Gottheiten
Literatur
Bildnachweis
Manchen Menschen sind Erlebnisse vergönnt, die über jegliches rationale Verstehen hinausgehen – Erlebnisse, bei denen vor allem die Welt der Gefühle eine große Rolle spielt. Dies gilt besonders dann, wenn es Begegnungen mit Wesen geht, an deren bloße Existenz viele Leute nicht einmal glauben. Ein Mensch, der solche Begegnungen hatte, war Wilhelm Mrsic. Er gab uns Kunde darüber, nicht so sehr in Form eines Berichts, sondern er kleidete das Erlebte in die Form einer Erzählung. In diesem Rahmen hängte er zugleich dem Ganzen eine Art moralisches Mäntelchen um – was keineswegs heißen soll, dass auch dieser besagte Teil nicht durchaus der Wahrheit entsprechen könnte, zumindest seiner persönlichen Wahrheit. Mrsic gibt hier einen tiefen Einblick in die Tiefen seiner Seele, und wie er selbst damit umging. Es ist eine ergreifende Geschichte von der Berührung mit einer anderen Welt, Versuchung, Liebe und Erlösung durch eine Frau. Ein derart tiefgehendes Erlebnis wie das nachfolgend beschriebene lässt eigentlich keinen Zweifel daran zu, dass der Verfasser dieses Abenteuers ganz offensichtlich einem echten Wesen aus dem Meer begegnet sein muss!
Der faszinierende Text mit dem schlichten Titel „Die Meermaid“ wurde seinerzeit im Jahr 1957 in der schweizerischen Zeitschrift „Mensch und Schicksal“, Nummer 11, auf den Seiten 1-30 veröffentlicht. Einige Ausgaben davor schon hatte Mrsic in demselben Blatt ein Erlebnis mit einer Brunnenfee publiziert, welches ihm als Jugendlicher widerfahren war. Damals war er bei einem Unfall mit dem Fahrrad in einen Brunnenschacht gestürzt und hatte das dort wohnende – nennen wir es an dieser Stelle „Elementarwesen“ – aufgeschreckt. Er blickte in die Augen eines fremdartigen weiblichen Wesens, offenbar eine Fee! War diese erste Begegnung mit einem Lebewesen fremder Art noch relativ harmlos, wenngleich für den jungen Mann damals natürlich zweifellos sehr beeindruckend, so geht das, was er in „Die Meermaid“ von sich preisgibt, weit darüber hinaus und ist erheblich tiefer.
Der Fischer „Marko“, wie Mrsic seinen Helden nennt, welcher in Wahrheit natürlich er selbst ist, hat die schöne Angewohnheit, während seiner Arbeit zu singen – wunderbare Lieder der Sehnsucht. Und seltsam! Auch wenn andere Fischer nur einen schmalen Fang nach Hause bringen, so sind Markos Netze immer voll. Missgünstige Menschen in seinem Dorf sagen ihm deshalb Übles nach, dass er mit dem Bösen im Bunde stünde, und Ähnliches. Dabei weiß der Fischer in der Tat selbst nicht, woher sein Gesang in Wahrheit kommt. Wird er ihm von einer Meerjungfrau eingegeben – oder entspringt er lediglich seiner eigenen Sehnsucht nach der Tiefe?
Das Lied, dass er jeden Morgen singt, wenn er hinausfährt aufs Meer, lautet wie folgt:
„O schönste Frau, ich kenn’ dich nicht
Und bin bei dir doch jede Nacht
Wenn mich dein Wellenhaar umflicht,
Bin ich verfallen deiner Macht.
O schönste Frau, ich nenn’ dich nicht
Und liebe dich doch namenlos,
In deiner Tiefe stirbt das Licht,
Mein Schicksal stirbt in deinem Schoß.
O schönste Frau, ich kenn’ dich nicht,
Ich träume, wenn dein Lied erklingt.
Unfassbar ist dein Angesicht,
Und wer dich liebt, in dir versinkt.
Der Morgen graut, und ich bin frei,
Weil deinen Armen ich entrann.
Und sehne doch die Nacht herbei,
Da ich in dir vergehen kann.“
Alle hören seinen Gesang, auch eine Frau namens Aurelia, die ihn heimlich liebt. Doch er nimmt sie nicht wahr. Denn Marko sehnt sich in Wahrheit nach einer Meerjungfrau! Die Sehnsucht quält ihn, und da ersinnt er eine kleine List: Einmal bei Mitternacht fährt er hinaus, stellt sich schlafend und späht heimlich in die singende Tiefe. Dann endlich:
„Von allen Seiten klang das herauf, unfassbar mild und voll. Ein weiches, lockendes Tönen hüllte ihn ein und schwang mit ihm, als sei er Teil der Flut. Immer stärker drängten die Töne herzu und wie er sie so trunken und entrückt mit allen seinen Sinnen aufnahm, da war es ihm plötzlich, als verdichte sich etwas im Wasser ganz nahe vor seinem Blick.
Ein Gesicht tauchte auf, flimmernd und wogend wie aus lauter Wellen, unendlich zart, unfassbar rasch und unsagbar schön, die unterirdischen Linien wie verwischt und doch so eindrucksvoll, dass Marko wusste, er würde sie nie mehr vergessen. Seine Augen durchbohrten wie süchtig die Flut, um mehr zu erhaschen, um dieses flüchtige und berückende Wesen zu bannen, festzuhalten diesen leise geöffneten, klangverhauchenden Mund, diese flirrenden Goldaugen, das flutende, blaue Haar und diese entgleitenden Züge, in denen Schreck und Zorn wie ein Nu aufzuckten und verwehten. Aber Marko vermochte es nicht. Als er schärfer hinsah nach der zarten Erscheinung, da zog sie rasch die Brauen auf der glasklaren Stirn zusammen, als habe sie ein leichter Schmerz getroffen, und das Bild verschwamm.“
Von nun an ist Marko wie verwandelt! Er bläst auf einer Muschel, das Lied der Meerjungfrau nachahmend und spannt die Saiten seiner Laute an den Kahn, damit sie mitschwingen, während ihr Lied erklingt. Und er ruft sie, obgleich er ihren Namen nicht kennt. Schließlich begegnet sie ihm wieder und offenbart ihm, dass sie nicht zu ihm kann, er aber sehr wohl zu ihr! Denn lange schon wartet sie auf ihn… Er kann sie nicht besitzen, doch er muss ihr alles opfern, was ihn an die Erde und die Seinen bindet. Nur dann kann er ihr gehören… Er geht darauf ein, doch zugleich zögert er auch, diesen riesigen Schritt zu vollziehen. Am Ende rettet ihn die Frau namens Aurelia, die ihn wahrhaft selbstlos liebt. –
Ich persönlich glaube nicht, dass all das, was Wilhelm Mrsic auf dreißig Seiten niederschrieb, nur aus der Kraft der Einbildung oder der reinen Fantasie entstand. Natürlich hat er es so formuliert, dass Diejenigen, die nicht an die Wesen aus dem Meer glauben, es wenigstens als Sinnbild verstehen können. Und es spricht auch nichts dagegen, dass tatsächlich beides zutrifft! Denn diese Dinge gehören zusammen, weil allem, was wir erleben, letztlich ein tieferer Sinn zugrunde liegt.
Der Fischer Marko alias Wilhelm Mrsic ist bekannterweise keineswegs der Erste und Einzige, der einer Meerjungfrau begegnete. Einige der relevantesten und berühmtesten Sichtungen und Begegnungen, wie wir sie vor allem aus Geschichtsbüchern, aber auch aus Lehrbüchern und einigen mündlichen Überlieferungen kennen, seien im ersten Teil dieser Arbeit evuepassiert. Im zweiten Teil des Buches wird es dann darum gehen, ihren Ursprüngen aus einer fernen Welt nachzuspüren und das zu veranschaulichen, was nach ihrer Ankunft auf der Erde aus ihnen wurde. Der dritte Teil beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Planeten Venus, und der abschließende vierte Teil dann damit, welche Rolle die Wassermenschen insbesondere in den so genannten „häretischen“, von den etablierten Kirchen unerwünschten und bekämpften, Religionen und Glaubensformen spielten, wie sie die Kulturen mitprägten, und warum vor allem die Gefährtin Christi, Maria Magdalena, dabei von besonderer Relevanz ist.
Nicht zuletzt werfe ich einen Blick darauf, wie die Wassermenschen heute von uns gesehen und behandelt werden, zum Beispiel in zweifelhaften Webdokus, deren Macher uns einerseits eine Wahrheit über sie vortäuschen wollen, andererseits ihr Machwerk gleichzeitig selbst als „Science fiction documentation“ deklarieren, anscheinend davon ausgehend, dass nicht jeder Zuschauer den Abspann dieser Filmchen liest.
Ganz zum Schluss freue ich mich, dass ich den geschätzten LeserInnen nach soviel Sichtweise von Landmenschen auf Wassermenschen auch einen Abschnitt über die Perspektive einer ehemaligen Meerjungfrau darbieten kann. Suriya Iridani, spirituelle Heilerin und Medium, sagt von sich aus, in ihrer früheren Inkarnation eine Wasserfrau gewesen zu sein, und sie hielt ihre Erinnerungen daran in dem im Oktober 2016 bei CreateSpace erschienenen Buch „Onari – Kinder des Kinder des Meeres“ fest. Dieses verschwand schon nach kurzer Zeit auf mysteriöse Weise fast völlig vom Markt und gilt als „derzeit nicht lieferbar“. Nicht einmal ausgewählte Seiten aus dem Inhalt sind verfügbar! Angesichts des hohen Interesses an dem Thema überhaupt, wie man es bei bekannten Videoplattformen nachvollziehen kann, dürfte dafür wohl kaum eine mangelnde Nachfrage verantwortlich sein.
Die ältesten bekannten Spuren von Wassermenschen finden sich im Länderdreieck von Ägypten, Libyen und Sudan, dem Gilf Kebir. Dabei handelt es sich um ein von Sandstein ummanteltes, nahezu unbewohntes Basalt-Hochplateau. In den dortigen Höhlen existieren Tausende von prähistorischen Höhlenmalereien, Felszeichnungen und Petroglyphen, deren Alter ab 4,5 Millionen Jahren bis in die Steinzeit1 reichen soll, und die uns sowohl Menschen mit Beinen, aber auch mit Fischschwänzen zeigen. Das Bemerkenswerte daran: Früher befand sich dort, wo heute ein trockenes Plateau die Landschaft dominiert, noch ein Schelfmeer. Alles stand damals unter Wasser, aber genau dort wurden die archaischen Kunstwerke seinerzeit angefertigt. Sollte sich ein Ardipithecus ramidus2, den manche Forscher mehr noch als Menschenaffe denn als Frühmensch bezeichnen, unter Wasser begeben haben, um dort Zeichnungen an den Felswänden anzufertigen? Hatte er überhaupt die Fähigkeiten und die Ausdauer dazu? Schließlich musste er ja alle paar Minuten an die Wasseroberfläche, um Atem zu holen. Oder hielt er vielleicht neben dem Arbeiten mit einer Hand in der anderen den ausgehöhlten Stiel einer Pflanze, zum Beispiel ein Schilf- oder Bambusrohr, um mithilfe von diesem zu atmen? Klingt nicht sehr wahrscheinlich, auch nicht für die Frühmenschen, die nach ihm in dieser Region lebten. Irgendwie jedoch müssen die Bilder unter Wasser damals entstanden sein! Könnte daher etwa die alte Theorie von Elaine Morgan stimmen, derzufolge sich der Urmensch aus Nahrungsmangel nach einer großen Katastrophe in den Ozean flüchtete und sich im Lauf der Zeit an das Leben unter Wasser anpasste? Allerdings meint diese Forscherin eher spätere Formen des Frühmenschen. Oder sollte es womöglich sein, dass humanoide Wasserwesen aus dem Weltall die Erde besuchten und diese Zeichnungen anfertigten?
Die Mestakawi-Foggini-Höhle, die „Höhle der Bestien“, zeigt uns neben menschlichen Wesen auch Tiere, alles mit so feiner Hand gezeichnet, wie sie Hominiden wohl kaum besessen haben dürften. Das Alter der mehr als 5‘000 Einzelfiguren abbildenden Felszeichnungen wird laut WP auf mehr als 7‘000 Jahre geschätzt.3 Eines der Bilder kündet offenbar von einer Auseinandersetzung zwischen Wasser- und Landmenschen oder einer Jagd. Abgebildet sind sechs Zweibeiner, die auf eine gleiche Anzahl Wesen mit Schlangen- oder Fischschwanz zielen.4In einer weiteren Höhlenzeichnung ist, wie die Webautorin Yve Kupka meint, klar zu erkennen, wie sich zwei verschiedene Wesen entwickeln: Land- und Wassermenschen,5 auf einem weiteren Bild sogar Reptiloide.6
Wassermenschen in Felsmalereien, Foggini-Höhle, Gilf Kebir
Im Wadi Sura, ebenfalls dem Gilf Kebir zugehörig, befindet sich die „Höhle der Schwimmer“, mit vermutlich vor mindestens 4‘000 Jahren entstandenen Höhlenmalereien, aus denen nicht klar hervorgeht, ob es sich dabei um Wasser- oder Landmenschen handelt, so als wären es Zwischenstufen, welche von WP in Ermangelung eines besseren Begriffs als „Schwimmer“ bezeichnet werden.7 Angesichts mancher Fotos kann man diese Bezeichnung leider nur als Verschließen der Augen vor der Wahrheit bezeichnen! Denn auf einem Bild, das bei z6mag.com veröffentlicht wurde, erkennt man klar und deutlich vier Wassermenschen, drei davon schwimmend, über ihnen ein riesiger Fisch von etwa fünf bis sechs Meter Länge. Drei der Amphibien sind etwa halb so groß wie das vierte, anscheinend also eine Mutter mit drei Kindern. Sie haben einen menschlichen Kopf, zwei Arme, aber keine Beine, sondern stattdessen lange Schwänze, welche am unteren Ende in Rautenform enden.8 „Schwimmer“? Ich würde eher sagen „Wassermenschen“!
Wenn die betreffenden WP-Autoren es offenbar mit der Realität an mancher Stelle nicht so genau nehmen, aus welchen Gründen auch immer, so muss man wohl auch die angegebenen Datierungen mit Vorsicht genießen. Vermutlich sind die meisten Bilder in den Höhlen am Gilf Kebir erheblich älter als man allgemein vermutet.
Denkt man ein wenig über die Höhlenmalereien in den Höhlen am Gilf Kebir nach, so kann man eigentlich nur zu folgenden Ergebnissen kommen: Von einer hochentwickelten außerirdischen Kultur, die unsere Erde besuchte, dürften die Werke wohl kaum stammen. Denn sie sind trotz einer gewissen Feinheit in manchen Details in ihrer Gesamtheit nichtsdestoweniger zu primitiv, zu wenig ausgefeilt, um als Werke von Künstlern hohen Ranges gelten zu können. So fehlen beispielsweise ausgeprägte Gesichtskonturen, welche den Wesen eine gewisse Individualität verschaffen würden. Wir haben es hier gewiss mit Arbeiten von Frühmenschen zu tun, sicher nicht unter Wasser angefertigt, sondern erst dann entstanden, nachdem sich dieses aus den Höhlensystemen zurückgezogen und seinen Weg in den Ozean genommen hatte, aber zweifellos eine Erinnerung an eine Art Wassermenschen für die Nachwelt bewahrend! Die entscheidende Frage für die Datierung ist natürlich, zu welchem Zeitpunkt sich das Wasser zurückgezogen hatte – eine Frage, die uns Geologen und Archäologen früher oder später hoffentlich beantworten können.
Lassen wir nun die allerersten Zeugnisse über die Wassermenschen im Raum stehen, für sich sprechen und machen nun von den frühgeschichtlichen Darstellungen und den damit verbundenen Spekulationen einen gewaltigen Sprung bis in die Zeit um wenige Jahrhunderte vor Christus. Damit wenden wir uns jetzt erheblich besser fassbaren Geschehnissen zu: Begegnungen von Landmenschen mit Wassermenschen, wie sie uns seit dieser Zeit dokumentiert sind.
Aus der archäologischen Fundstätte Lepenski Vir, gelegen bei der serbischen Gemeinde Majdanpek am Eisernen Tor, an der Donau, haben wir eine bedeutende Darstellung einer Fischgöttin, die laut Barbara Hutzl-Ronge aus dem Zeitraum von 6500 bis 5500 v. Z. stammt.9 In einem der meist dreieckig bis trapezförmig konstruierten Tempel, die am Ufer der Donau einen Halbkreis bilden, entdeckte man eine 18 x 13,8 cm große, eiförmige, mit rotem Ocker bemalte Skulptur aus Sandstein. Sie hat eine geöffnete, wie zum Gebären bereite Vulva und zeigt sowohl Merkmale einer Frau, eines Raubvogels wie auch die eines Fisches: Brüste und Vulva, breites Fischmaul, und Vogelkrallen. Wie Hutzl-Ronge festhält, ist ihr Tempel so konzipiert, dass er dem weiblichen Schamdreieck entspricht, und eine mit dem Altar verbundene Steinreihe scheint den Zugang zum Uterus dieser uralten Göttin zu begrenzen. Am Stirnende des Altars erkennt man weitere Skulpturen, die ihren heiligen Schoß abbilden. 10Ihre Begleittiere sind Hirsche, Hunde, Wildschweine und Fische wie Stör, Karpfen, Hecht und Wels, denn von diesen stammen dort ebenfalls gefundene Knochen beziehungsweise Gräten. Laut Marija Gimbutas repräsentieren die genannten Tiere die Gebärende und lebenserneuernde Funktion dieser vielleicht ältesten Fischgöttin der Welt.11 Dass die Fischgöttin Vogelkrallen besitzt, mag manchen verwundern, doch wurden auch die Sirenen aus der Odyssee, wenngleich sie in ihren Darstellungen als Meerjungfrauen mit Fischschwanz viel populärer sind, anfänglich als Vogelfrauen abgebildet. Wahrscheinlich stammt auch von daher das Merkmal ihres berühmten Gesangs, der sie besonders auszeichnet. Die Erklärung dafür, warum diese Wasserfrauen, denen wir noch öfters begegnen werden, zuerst Geschöpfe der Luft waren, ist meines Erachtens relativ einfach. Sie kamen aus den Tiefen des Universums angeflogen mit Raumschiffen, daher der Zusammenhang mit dem Element des Fliegens und den Vögeln! Da sie jedoch, wie vor allem die Mythen der Dogon nahelegen, Amphibien waren, begaben sie sich bald in die Ozeane und andere Gewässer, ihren wahren Lebensraum, und erschienen dann mit ihren Fischschwänzen, mit denen sie in aller Regel zu sehen sind, und mit denen sie meistens beschrieben werden. Auf ihre außerirdische Herkunft werde ich vor allem im II. Teil dieses Buches noch in aller Ausführlichkeit eingehen.
Ein Zusammenhang von Fischen mit Vögeln ergibt sich auch aus Funden aus Isbister, einem von sechs Orten dieses Namens (vier davon auf den Shetlands-, zwei auf den Orkney-Inseln). In einem Grab aus der Megalithkultur (ab 4500 v. Z.) in der Nähe des Ortes auf den nordwestlichen Hebriden fanden die Archäologen über 1000 Skelette von Fischen, daneben die von Menschen. Offenbar wurden Menschen dort so bestattet, damit weißschwänzige Seeadler vor der kultischen Beisetzung das Fleisch wegfressen konnten, denn es wurden auch die Skelette von 35 Seeadlern zutage gefördert. Laut Marija Gimbutas soll dies den Kreislauf von Leben, Tod und Erneuerung symbolisieren.12
1 „Steinzeit“ ist sehr vager Begriff. Sie reichte in ihren verschiedenen Perioden je nach Region von 2,6 Mio. bis etwa 10‘000 v. Z.
2 Ardipithecus ramidus – die Frühform des Hominiden, der vor 4,4 Mio. Jahren im Großraum Äthiopien lebte. Ob er eher zu den Frühmenschen oder Menschenaffen gezählt wird, ist bis heute umstritten. Zugleich werfen die aufgefundenen Fossilien aufgrund des angenommenen Gangs dieses Hominiden die Frage auf, ob der Homo sapiens tatsächlich der Nachfahre von Affen sein kann. (WP „Ardipithecus ramidus“, Zugriff am 23.12.19).
3 WP „Höhle der Bestien“; https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6hle_der_Bestien, Zugriff am 23.12.19.
4 Bildadresse: http://4.bp.blogspot.com/-Yl_ga3I0ExA/UAtZJ3WyRvI/AAAAAAAACx8/tVddpG3iNyc/s1600/meer.jpg; Zugriff am 23.12.19.
5 Bildadresse: http://4.bp.blogspot.com/-uI5JlMTDk4E/UatLMpyIZcI/AAAAAAAACxI/PODr0Mqz0Ns/s1600/screenshot3Humanoide.jpg; Zugriff am 23.12.19.
6 Bildadresse: http://1.bp.blogspot.com/-JmkYQJSIKoI/UatMYtxyqCI/AAAAAAAA-CxQ/-crQuHydHlA/s1600/repto.jpg; Zugriff am 23.12.19.
7 WP „Höhle der Schwimmer“, https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6hle_der_Schwimmer, Zugriff am 23.12.19.
8 Bildadresse: http://z6mag.com/wp-content/uploads/2012/05/egyptian-mermaid-paintings.jpg; Zugriff am 23.12.19.
9 Hutzl-Ronge 2002, S. 275.
10 Hutzl-Ronge, S. 275f.
11 Gimbutas 1995, S. 286.
12 Hutzl-Ronge 2002, S. 276; Gimbutas 1995, S. 294.
Ein weiterer bemerkenswerter Fund ist die Statuette eines auf einem Lager ruhenden Fisches im Hypogäum Hal Saflieni auf der kleinen Mittelmeerinsel Malta, aus dem Zeitraum 3600 bis 2500 v. Z. Hypogäen sind, so erklärt Hutzl-Ronge, unterirdische Grabanlagen in Eiform. Das Lager, auf dem der Fisch ruht, den Kopf wie träumend auf einem Kissen, ist tellerförmig und stellt entweder eine Göttin oder eine Priesterin auf ihrer Ruhestätte dar.13 Marija Gimbutas deutet die einzelnen Elemente, wozu auch das Gesäß in Doppeleiform zu zählen ist, als Symbol der Lebenserneuerung.14
Eine der ältesten uns bekannten Wasserfrauen finden wir im alten Britannien der Römerzeit: Jenny Greenteeth, die je nach Region auch Jinny, Ginny, Jeannie oder Wicked Jenny heißt. Ihre Ursprünge sollen bis in die Bronzezeit zurückreichen.15 In dem Begleittext zu einem kleinen Video heißt es, dass es sich bei ihr möglicherweise um „die älteste Spukgestalt Britanniens“ handelt.16Während wir von den meisten anderen Nixen meistens nur eine oder wenige Überlieferungen besitzen, liegen uns über Jenny laut Simon Young nicht weniger als 71(!) Primärquellen vor, daneben noch verschiedene andere Sekundärquellen.17 Young erstellte sogar ein „Jennydom“ – eine Karte Englands mit all ihren Aufenthaltsorten, die vor allem in Lancashire, Shropshire und Derbyshire liegen, die meisten davon nordöstlich und östlich von Liverpool. Es dürfte nur wenige Sagengestalten des Volksglaubens geben, die Vergleichbares aufzuweisen haben.
Der erste Eindruck dieser Seejungfrau, die ausschließlich im Süßwasser vorkommt, ist der einer schrecklichen Flusshexe, die vor allem Kinder und ältere Menschen in ihr jeweiliges Refugium hinabzieht und verschlingt, manchmal auch junge Männer verführt, um diese dann nach dem Liebesspiel ebenfalls zu ertränken und zu verschlingen. Sechzehn Quellen sprechen von ihr als Kinderfresserin, sechs als Menschenfresserin, und siebzehn als Kinderschreck – letzteres im Sinne einer erfundenen Gestalt, um Kinder von Teichen und reißenden Bächen fernzuhalten.
Jenny trägt somit in gewisser Weise Züge der indischen Göttin Kālī, die am Ende eines jeden Weltenlaufs alles verschlingt, samt ihrem Gatten Śiva. Im Unterschied zu Kālī ist Jenny stets von grüner Farbe geprägt. Meistens hat sie einen blassgrünen Oberkörper und dunkelgrünen Fischschwanz, langes Haar, dessen Farbe etwa dem Grün von Wasserlinsen nahekommt, und grünliche Zähne, von denen ihr Namensteil Greenteeth herrührt. Als Entsprechung oder Schwester von Jenny wird häufig die ebenfalls bis in die Bronzezeit zurückreichende Black Annis aus Leicestershire angeführt. Diese ist aber von schwarzer Hautfarbe wie Kālī, mit blauem Gesicht und lebte in einer Wasserhöhle in den Dane Hills – ein Flurname, der zweifellos auf die Göttin Danu als Große Göttin in ihrem Aspekt als Todesgöttin hindeutet. Denn er stammt wahrscheinlich noch vor der Zeit der ab dem 8. Jahrhundert einsetzenden normannischen Überfälle, hat somit nichts mit Dänemark zu tun.
Nur wenige Künstler bemühen sich um eine Darstellung, in der die Wasserfrau Jenny Greenteeth als eher freundliche oder nachdenkliche bis traurige Gestalt abgebildet wird, so Alexandra Dawe, oder Wilhelm Kotarbinski, bei dem sie als Herrin des Wassers erscheint, oder Philip Malpass, auf dessen Kunstwerk sie als wunderschöne Verführerin zu sehen ist.
Die grüne Nixe soll auch in der Zeit, als dort die gallische Göttin Belisama verehrt wurde, bekannt gewesen sein, und manche Quellen identifizieren sie zumindest unterschwellig sogar mit dieser. Belisama war, wie wir wiederum im englischen WP nachlesen können, mit Seen und Flüssen, Handwerk und Künsten, Feuer und Licht verbunden. Ein Fluss Britanniens trägt auf einer Karte des Ptolemäus (ca. 100-160) den Namen Belisama, und damit ist entweder der River Ribble oder Mersey gemeint. Der River Ribble, der durch North Yorkshire und Lancashire fließt, ist der Fluss, an dem wir eine frühe Spur von Jenny Greenteeth treffen, denn unter anderem soll sie dort beheimatet gewesen sein.
Verführerin oder Kontakt suchende Wasserfrau? Jenny Greenteeth, von Philip Malpass
Als weitere Wohnorte werden meistens der kleine Doxey Pool in Staffordshire genannt, ein Gebirgsteich von nur 15 x 10 Metern Größe im Hope Valley, aber auch das heutige Ladybower Reservoir im Derbyshire Peak District, sowie weitere Seen in Shropshire: Colemere, Whitemere, Blakemere, Kettlemere und Ellesmere. Zudem soll sie in vielen Teichen und Weihern in Merseyside und Cumbria gelebt haben. Bemerkenswert: Ladybower heißt soviel wie „Damengemach“, das Refugium einer Herrin! Sechzehn Quellen zufolge, die Simon Young aufführt, war sie eine Bewohnerin von Teichen, neun von mit Wasser gefüllten Gruben, acht von Brunnen und sieben von Flüssen, bisweilen soll sie sogar in Schächten, Kanälen oder Tunneln gelebt haben.
Neben all diesen Angaben und der Verwandtschaft mit Black Annis, die auf Danu hinweist, sowie der möglichen Verbindung mit Belisama, gibt es noch einige Spuren, die auf ihre ursprüngliche Göttlichkeit nicht im Sinne einer schrecklichen Todesgöttin, sondern in deren anderen Aspekten hindeuten:
Fünf Mal wird Jenny als Beschützerin von an Ufern stehenden Nussbäumen, -sträuchern und auch Weidenkätzchen bezeichnet, wobei sie jeweils „Nut Nan“ heißt, nämlich zwei Mal in Gorton,18 einmal in Droylsden19 (jeweils (Lancashire) und weitere zwei Mal in einer nicht näher bezeichneten Region derselben Grafschaft.20 Daneben gibt es eine Reihe Andeutungen auch aus anderen Grafschaften. Jenny beschützt diese Pflanzen, indem sie vor allem Kinder erbeutet, die sich ihrem Refugium nähern. Man kann hier also deutlich erkennen, wie die dunklen Eigenschaften der Göttin durch ihre hellen ergänzt wurden und Jenny dergestalt zu einer ganzheitlichen Gestalt vereinigt wurde.
Wiederum in Gorton beschützt sie zudem eine Kapelle und wohnt zeitweilig auf einem Baum in Ufernähe. Die Erwähnung, dass ein Wasserwesen auf einem Baum lebt, könnte möglicherweise vielleicht eine Herkunft vom Himmel andeuten. In Liverpool erscheint sie sogar als Heilerin, die im dortigen Delf-Brunnen beim St. James-Friedhof lebt, und zu der sich abends die Menschen begeben, um von Krankheiten geheilt zu werden!21 Ein Leserbrief in der Tageszeitung Liverpool Daily Post besingt sie geradezu:
Christian reader, view in me
An emblem of true charity.
Who freely what I have bestow,
Though neither seen nor heard to flow;
And I have full returns from Heaven
For every cup of water given.
Oh, Muses Nine, leave the Castalian fount, and take up your abode with Jenny Greenteeth! Oh, Mount Parnassus, sink your haughty head into the Old Delf.
In Preston (Lancashire), am dortigen Lady Well (also einem nach Maria Magdalena oder der Mutter Jesu benannten Brunnen) erscheint sie als Hexe, auf einem Besen durch die Luft fliegend und wundersame Dinge tuend22 – ein weiterer Bezug zum Himmel. Daneben sprechen noch sechs andere Quellen von ihr als Hexe, meistens im Sinne einer Flusshexe.
Jenny Greenteeth, die von so Vielen als das geradezu reine Böse verteufelt wird, tritt in der Vorstellung des Volksglaubens manchmal auch auf als schöne, sinnliche Frau mit wallendem roten Haar und schneeweißer Haut – eine Verwandlung, die sie anwendet, um Männer ins Wasser zu locken. In dieser Erscheinungsform erinnert sie stark an die Heilige Maria Magdalena, die im Hochmittelalter noch stark als reuige Sünderin betrachtet wurde. Und vielleicht ist es kein Zufall, dass in der Region, in der Jenny ihr Unwesen trieb, so manche Maria Magdalena geweihte Kirche zu finden ist, besonders in Shropshire. Zwei Churches of Mary Magdalene existieren sogar in Orten, in denen Jenny beziehungsweise Black Annis beheimatet war: In Broughton-in-Furness (Westmorland, Cumbria), aus dem 12. Jahrhundert, und in Leicester, Ortsteil Knighton, 14. Jh.
Aus Child‘s Ercall Pool (Shropshire), kennen wir auch die berühmte dortige Meerfrau mit Doppelschwanz und Spiegel – einem Symbol von Maria Magdalena! Alles nur Zufälle?
Besonders im Mittelalter wurden die Meerjungfrauen von der römischen Kirche stark dämonisiert und verteufelt. Wie bereits Karl Weinhold festhielt, waren die alten Quellgöttinnen, welche Wasser aus dem Boden sprudeln ließen, von den Interessenvertretern des Vatergottes nicht mehr erwünscht, ihr Trinkwasser hingegen schon. Was für eine Heuchelei und Doppelmoral! Nun, die einfachste Methode, sie zu verbannen, war sie zu degradieren und gleichzeitig das frische Quellwasser als christliches Wunder hinzustellen. Die Quellgöttinnen, Nixen, Najaden und Nymphen wurden zu Truden und Hexen oder sogar zu schwarzen Heiden herabgestuft, die ihre Versammlungen an Quellen abgehalten hätten, und das Wunder der Hervorbringung des Wassers wurde auf christliche Heilige übertragen.23 Oftmals waren das Männer, die kaum einen Bezug zum Wasser aufzuweisen haben, sondern lediglich die jeweilige Region christianisierten, zum Beispiel Landelin von Ettenheimmünster in Südbaden. Der Legende nach von einem Jäger ermordet, sollen nach seinem Tod fünf Quellen entsprungen sein. Die Entstehung der Quellen wurde hier ganz bewusst in Relation zum Märtyrertod des Heiligen gesetzt, was natürlich an den angeblich Heil bringenden Kreuzestod Christi gemahnen soll.
Ich werde an späterer Stelle im Zusammenhang mit der keltischen Muttergöttin Danu nochmal auf Jenny Greenteeth zurückkommen. Dann wird auch die vielleicht bei manchem Leser aufgekommene Frage, warum sie trotz ihrer Todessymbolik stets ihre grüne Haut- und Haarfarbe bewahrte, geklärt werden.
Alexander der Große ( 323 v. Z.) soll bei seinen Zügen nach Osten zahlreiche Erlebnisse mit Wassermenschen bestanden und eine Reihe wundersamer Wesen selbst gesehen haben. Da es von den Berichten, die mehrheitlich über 300 Jahre nach seinem Tod entstanden, oftmals eine Reihe Ausschmückungen gibt, kommt es hier natürlich besonders darauf an, die Fantasie von der Realität zu unterscheiden. Wie schon Odysseus, dessen vom berühmten Dichter Homer verfasste Abenteuer eher in den Bereich der Sage einzuordnen sind, weshalb sie hier, wo es mehr um Augenzeugenberichte geht, keine Berücksichtigung finden können, soll Alexander den Sirenen begegnet sein, den Meerjungfrauen mit schönen Stimmen, deren Gesang die Menschen bezaubern konnte. Eine erstaunliche Geschichte aus frühchristlicher Zeit lässt Alexander in einer Glaskugel auf den Grund des Meeres tauchen und ihn dort durch die gütige Hilfe eines Engels Drachen und andere Seeungetüme erblicken. Eines dieser Wesen hatte einen 250 Meilen(!) langen Fischschwanz, und dieser soll zwei oder drei Tage lang an ihm vorbeigezogen sein. Unschwer ist hierin eine Erfindung zu erkennen, in der wohl die alte babylonische Göttin Tiamat dargestellt wird. Sollte es jedoch einmal einem begnadeten Forscher gelingen, nachzuweisen, dass Alexander seinerzeit über eine Taucherglocke verfügte, deren Sauerstoff für mindestens zwei, wenn nicht drei Tage unter Wasser ausreichte, könnte man vielleicht die Sichtung eines gewaltigen Unterwasserwesens zumindest erwägen... Ernstzunehmender sind bis dahin schon die Berichte, laut denen Alexander nach Sichtungen von Seehunden und Seebullen in großer Zahl seine Männer aufforderte, mehr über diese Wesen in Erfahrung zu bringen. Schließlich erzählte man ihm bei einer dieser Gelegenheiten „von Sirenen, die wie Fische im Wasser lebten. Wenn diese Wesen einen Mann sahen, der nichts von ihren Künsten wusste, dann zogen sie ihn zu sich ins Wasser hinab und hielten ihn bis zu seinem Tode gefangen. Manchmal banden sie einen Mann an große Schilfrohre, ließen ihn zu ihrem Vergnügen lange dort zappeln und töteten ihn schließlich. Denn sie kannten weder Liebe noch Hass, weder Sorge noch Nachdenken, und hatten nichts Menschliches an sich, außer, dass sie Menschen gestaltet waren.“ Neugierig geworden, befahl Alexander seinen Männer, nach solchen Wesen zu suchen und setzte einen hohen Preis dafür aus. Tatsächlich gelang es, zwei solcher Lebewesen einzufangen, und die Beschreibung über sie lautet: „Ihre Haut war so weiß wie Schnee, und ihre Haare umwallten den Körper bis zu den Füßen hinab; sie waren größer gewachsen, als es Menschen gewöhnlich sind, aber außerhalb des Wassers konnten sie nicht lange leben, und nach ein paar Stunden waren beide tot.“ Diese Schilderung reicht natürlich nicht aus, um besagte Kreaturen hundertprozentig als Meerjungfrauen oder Wassermänner zu identifizieren. Dafür, dass Alexander aber solchen begegnet sein soll, sprechen die Illustrationen einer altenglischen Alexander-Romanze. Alexander überblickt hier mit erhobenen Händen und dem Ausdruck des Erstaunens folgende Szenerie mit drei Wasserfrauen und fünf seiner Soldaten: Die erste Meerjungfrau hat einen Soldaten ertränkt und blickt freudig auf ihn herab, die zweite hat einen an sich herangezogen, und dieser küsst sie widerstandslos, die dritte hält einen fliehenden Soldaten an seinem Mantel fest. Ein anderer Soldat kniet betend auf dem Boden, über den fünften wird nichts weiter ausgesagt. Vier Jahre vor seinem Tod, als Alexander nach Indien zieht, sichtet er einen merkwürdigen Volksstamm, der ständig im Wasser lebt: Männer und Frauen, wie Bären gestaltet, borstig wie Schweine, stinkend wie Wasserhunde, schwimmend und lebend im Meer, von rohen Fischen sich ernährend, auf den Grund hinunter tauchend und die Menschen sehr bestaunend. Neben diesen Erinnerungen aus Reiseberichten kann es nicht verwundern, dass man Alexander noch zahlreiche weitere Erlebnisse und sogar Beziehungen mit Meerjungfrauen zutraute.
Von Alexander gibt es noch weitere wundersame Dinge, die sich sogar in der christlichen Ikonographie niederschlugen. Besonders erwähnenswert ist dabei seine Himmelfahrt, die er erlebt haben soll, keineswegs nach seinem Tod, sondern ein Aufstieg in die Lüfte zu Lebzeiten. Im Freiburger Münster sehen wir ihn in einer Art Bottich, wie er von Drachen erhoben wird, in anderen Gotteshäusern sind es Adler oder Greife, die ihn mit sich nehmen. In christlicher Interpretation soll hier sein angeblicher Hochmut abgebildet werden, aber das steht auf einem ganz anderen Blatt.24 Könnte sein Flug zu den Sternen etwas mit den Meerjungfrauen zu tun haben? Das mag merkwürdig klingen, doch wir werden im II. Abschnitt noch sehen, dass viele Fischgottheiten, die offenbar von weither – aus anderen Sternenwelten – zur Erde kamen, ihre Wohnsitze tief unter Wasser hatten und Schiffe besaßen, die sowohl tauchen wie fliegen konnten.
Gaius Secundus Plinius (23-79), einer der frühesten Naturforscher und ausgezeichneter Beobachter, Verfasser von mehreren umfassenden naturkundlichen Werken, begegnete auf seinen Exkursionen offenbar auch einigen Nymphen. Immerhin haben wir einige nachgewiesene Stellen in seinen Texten, über die er von Wassermenschen kündet:
In seiner Naturalis historia schreibt er:
„Was jedoch die Seejungfrauen angeht, die man auch Nereiden nennt, so sind die Geschichten, die über sie umgehen, keine bloße Erfindung. Denn genau so, wie die Maler sie darstellen, sehen sie wirklich aus; nur ist ihr Körper rau und schuppig, selbst an jenen Stellen, wo sie sonst einer Frau ähneln. Solch eine Seejungfrau wurde an einer Küste nahe am Strand gesehen und klar beobachtet: Die Leute, die unweit wohnten, hörten sie aus der Ferne kläglich stöhnen, plappern und weinen, als sie dort starb.
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An anderer Stelle liest man von ihnen aus seiner Feder:
„Die Nymphen sind Frauen mit rauer Haut und fischartigen Leibern. Bisweilen sitzen manche von ihnen auf Delphinen, Seeschlangen oder Seepferdchen“.
Ferner weiß Plinius zu berichten, dass ein in Gallien lebender Offizier oder Statthalter den späteren Kaiser Augustus (Oktavian) brieflich darüber in Kenntnis gesetzt habe, dass viele Nereiden oder Seejungfrauen auf den Strand gespült worden seien und dortselbst tot gelegen hätten.
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Nicht nur Wasserfrauen, sondern auch Wassermänner sind Plinius bekannt:
„Ich kann verschiedene römische Ritter als Gewährsmänner anführen; aufrechte und verehrungswürdige Männer von gutem Rufe, die bezeugen, dass sie an der Küste des spanischen Ozeans, in der Nähe von Gades, einen Meermann sahen, der in jeglicher Hinsicht an einen Menschen erinnerte; alle Teile seines Körpers waren so menschlich gebildet, wie man nur wünschen kann. Und sie berichten, dass er zur Nachtzeit aus dem Meer stieg und an Bord ihres Schiffes kam; aber wo immer er sich niederließ, drückte er alles durch sein Gewicht nieder. Und hätte er längere Zeit ausgeruht und wäre an einem Fleck stehen geblieben, so hätte er das Schiff gänzlich versenkt.“
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Schließlich hat Plinius noch einen Bericht über „einen riesigen Berg von Seeungeheuern“, die das Schicksal der auslaufenden Flut ereilt sprich sie am Strand zurückgelassen hatte. An der Küste der Santonen türmten sich wie zu einem Berg zahlreiche See-Elefanten und -widder mit weit heraus ragenden Zähnen, ganz wie bei ihren Verwandten an Land. Jedoch waren sie von weißer Farbe, und darüber hinaus gab es unter ihnen noch viele Seejungfrauen.
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Wie man weiß, war Plinius ebenso begeistert wie überzeugt von der Existenz der Wassermenschen. Der gebildete Mann setzte sich leidenschaftlich für sie ein und behauptete, die Seejungfrauen und Wassermänner seien keine mythologischen Figuren, sondern wahrhaftige Lebewesen. Plinius galt als Kapazität weit über seinen Tod hinaus, sein Wort galt als Realität, und wenn er sich zu einer Sache geäußert hatte, dann gab es keinen Zweifel. Selbst im Mittelalter noch berief man sich gern auf ihn mit dem Hinweis „wie Plinius sagt“, da man davon ausging, dass er die Glaubwürdigkeit seiner Behauptungen besiegeln konnte, wie unwahrscheinlich und widersinnig sie auch erscheinen mochten.
Der Physiologus aus dem 5. Jahrhundert ist eine große Naturlehre aus der Feder eines Autors im griechischen Alexandria. Unter den verschiedenen Naturphänomenen, denen sich das Werk widmet, befindet sich auch ein Abschnitt mit dem Titel „Die Natur der Nymphen“ (Deutsche Übersetzung von Mary Allison Armistead):
Vom Kopf bis hin zum Nabel reicht,
der Teil, der einem Mädchen gleicht.
Vom Nabel abwärts aber zeigt
sich eines Fisches Hinterleib.
Beschuppt mit einer großen Flosse
– was ich erzähl‘, ist keine Posse.
Am Strudel wohnt sie, der alles verschlingt,
lockt Schiffe hinein – großes Leiden sie bringt.
Vielstimmig erklingt ihr Sirenen-Gesang,
süß – doch gefährlich, der Wissende bangt.
Denn jenen den ihr Lied verleitet – das Ruder
plötzlich ihm entgleitet.
Zu spät erwacht aus tiefem Schlummer
erwartet ihn der größte Kummer.
Das Schiff zu tief im Sog gefangen,
kann nicht mehr nach oben gelangen.
Allein der weise und wachsame Mann der Katastrophe entfliehen kann.
Und die entkamen mit Not und Müh,
von Furcht erfüllt berichten sie,
vom Wesen: Das Weib und Fisch vereint.
Ein Mythos, ein Rätsel? „Doch was es wohl meint?“
Ganz offensichtlich haben wir es hier mit der Beobachtung einer einzelnen Meerjungfrau zu tun, die vom Typ her ganz dem entspricht, was wir unter dem Namen Sirenen aus den Mythen des Odysseus kennen. Werke wie der Physiologus beinhalteten Naturgeschichten mit christlicher Wertung und moralisierendem Mäntelchen. Besonders bemerkenswert ist hierbei, dass Seejungfrauen wie die Sirenen besonders zu Beginn der christlichen Zeit mit Fischschwänzen dargestellt wurden. Im frühen Schottland schufen die Pikten zahlreiche Symbolsteine, vor allem Flachreliefs auf unbehauenen Küstenfelsen oder Findlingen. Benwell und Waugh zufolge stammen sie aus den frühesten Tagen des schottischen Christentums, sind teilweise vielleicht auch noch gänzlich heidnischen Ursprungs. An fast vierzig Stellen trifft man auf Kamm und Spiegel, die typischen und anerkannten Attribute einer Meerjungfrau! In späterer Zeit dann entstanden tatsächlich piktische Bildwerke von Meerjungfrauen, nebst Drachen, Seepferden, Fischen, Walen und anderen Tieren. Benwell und Waugh vermuten, dass die schottischen Künstler ihre Inspiration möglicherweise aus verschiedenen Bestiarien wie dem Physiologus bezogen.29An späterer Stelle werden wir noch sehen, dass dies zu nicht geringem Anteil auf die Verbindungen von Maria Magdalena zu Göttinnen wie Venus, Aphrodite oder auch Isis zurückgehen dürfte, ja, dass sogar Darstellungen der Gefährtin Jesu als Meerjungfrau existierten und einen beträchtlichen Einfluss nach sich zogen.
Aus dem alten Irland, genauer gesagt aus der Region Bantry, County Cork, sind die Merrow-Frauen, Merrows oder Moruach bekannt, eine Spezies, deren Aussehen ganz dem der Meerjungfrauen entspricht. Bereits der Anfang des Namens „Merrows“ deutet auf ihren Ursprung aus dem Meer hin, genau wie auch „Maria“, „Meri“, „Merlin“, „Merowech“ und so weiter. Typisch für die Merrow soll eine Mütze oder Kappe von meist roter Farbe sein, die ihnen im Volksglauben eignet. Wer sich mit britischen und irischen Märchen und Sagen auskennt, weiß, dass eine solche Kopfbedeckung vor allem dazu dient, in die Anderswelt zu gelangen, manchmal auch zwischen den beiden Inseln hin- und herzufliegen. Außerdem soll sie dazu befähigen, unter Wasser zu leben, wobei man sich fragen muss, warum ein Wasserwesen ein solches Utensil überhaupt braucht? Möglicherweise eine vage Erinnerung an den Shugurra-Helm Maris, der sie befähigt, in den Kosmos zu reisen, oder an die „Bohnenmütze“ beziehungsweise „Fuchsmütze“ Ogos bei den Dogon, der sich diese Mütze webt, um dadurch mit seiner „Arche“ fliegen zu können!30
Eine der Merrows, die nach Schottland gelangte, ist die Ceasg, wörtlich „Frau der Wellen“, und aus dem Wales des sechsten Jahrhunderts, einem Zeitraum, in dem man auch das Leben des Zauberers Merlin vermutet, ist uns die Meerjungfrau namens Murga bekannt, deren Name „Frau, die aus dem Meer kommt“ bedeutet. Zweifellos ist er auch verwandt mit „Muir“, der gälischen Variante von „Maria“. Zahlreiche Ortschaften auf den keltischen Teilen der Britischen Inseln enden auf „muir“. Im Jahr 558 wurde an der Küste von Ollarbha eine Meerjungfrau gefangen, und um sie kümmerten sich zahlreiche geistliche Herren, die später dann zu Heiligen mutierten. Die Nixe Murga lernte die Sprache der Einheimischen zu sprechen und sich zu unterhalten, sowie das Säen, und sie wurde sogar getauft, doch sie verlor nie die Fähigkeit, im Wasser zu leben. Auf einigen religiösen Kalendern und Bildwerken mancher Kirchen kann man sie als St. Murgen, St. Murgaine oder St. Muirgeilt entdecken. Wir haben hier also eine Frau aus dem Meer, die von der Kirche heiliggesprochen wurde! Wie kam es dazu?
Nun, hinter dieser Murga steckt weitaus mehr als nur ein bloßer Augenzeugenbericht aus dem Jahr 558. Ihre historisch fassbare Geschichte beginnt bereits im Jahr 90 n. Z.:
Im Jahre 90 n. Z. kam es im alten Irland zu einem dort sehr bekannten Naturphänomen. Aus einer unbehütet gebliebenen Quelle flutete auf einmal alles Wasser hervor, bedeckte das flache Land und formte sich schließlich zu einem großen See. Anfangs trug er noch den Namen Copse, später wurde er Lough Neagh genannt. In dem See ertranken seinerzeit König Eochaidh und nahezu seine ganze Familie, bis auf seine Tochter Liban. Die Wellen trugen sie zwar hinweg, doch sie konnte sich retten und überlebte in einem Griannon, einer kleinen Kammer am Grunde des Sees mit ihrem Schoßhund. Vor den Wogen war sie geschützt, doch das Leben war langweilig. Da bat sie Gott, dass er sie in einen Lachs verwandeln möge, damit sie sich zu den Fischen gesellen könne. Der Wunsch wurde ihr erfüllt, aber anders, als sie sich das vorgestellt hatte. Denn alsbald musste sie feststellen, dass ihre Beine verschwunden waren und sie stattdessen den Schwanz eines Lachses trug. Und aus ihrem Hündchen war ein Otter geworden. Dreihundert Jahre lang lebte sie in dieser Gestalt im Wasser. Es geschah in den Tagen des Heiligen Comgall von Bangor, als dieser Beoc, den Sohn des Indli, nach Rom schickte, wo er bei Papst Gregor in Fragen der Kirchenzucht und Ordensregeln Unterricht nehmen sollte. Bei der Überfahrt mit dem Schiff vernahm Beoc auf einmal solch lieblichen Gesang, dass er und seine Leute glaubten, die Engel singen zu hören. Da tauchte wie von ungefähr Liban aus den Tiefen herauf und erklärte, dass nur sie es sei, die dort singe:
„Dreihundert Jahre habe ich unten im Meer gelebt, und ich bin zu dir gekommen, um Tag und Ort zu vereinbaren, wo wir uns wiedertreffen müssen. Ich werde jetzt nach Westen schwimmen und bitte dich, um der heiligen Männer von Dalriada willen, mich an diesem gleichen Tage am Ende des Jahres bei Inver Ollarbha zu erwarten. Erkläre auch Comgall und den anderen heiligen Herren von Bangor, was ich dir sage: Kommt mit euren Booten und Fischernetzen. Du aber wirst mich aus dem Wasser ziehen, in dem ich gelebt habe.“
Der untadelige Beoc versprach ihr dies und hielt Wort. Er fuhr weiter nach Rom, und nach Ablauf von zwölf Monaten gelang es ihm und den Männern, die er unterrichtet hatte, Liban einzufangen – wie man sich denken kann, zum Erstaunen aller Anwesenden. Bald darauf entstand ein Streit, wem die Nixe fortan gehören solle. Der heilige Comgall beanspruchte sie für sich, weil sie in seinem Gebiet gefangen worden sei; der Eigentümer der Netze wollte sie ebenfalls und Beoc schließlich war der Ansicht, dass sie ihm gehören müsse, weil er sie zuerst gesehen habe. Da verkündete ihnen ein Engel, dass ein Gottesurteil die Entscheidung bringen solle. Am nächsten Morgen sollten zwei Ochsen kommen, die solle man vor einen Wagen spannen und die Meerjungfrau hineinsetzen. Demjenigen, dem die Gegend gehöre, in welche die Ochsen sie zögen, der dürfe sie behalten. So geschah es, und die Ochsen zogen den Wagen zu Beocs Kirche Teo-da-Beoc. Dort befragte man Liban: „Sag, willst du lieber sofort sterben und gen Himmel fahren, oder ziehst du es vor, so lange hier auf Erden auszuharren, wie du im Meer gelebt hast, um dann nach dreihundert Jahren in den Himmel einzugehen?“ Als sie sich darauf für den sofortigen Tod entschied, taufte der heilige Comgall sie auf den Namen Murgain, die Seegeborene oder Murgelt, die Seejungfrau. „Seitdem“, so endet die Legende, „verehrt man sie als eine heilige Jungfrau; ihr Ansehen und das Vertrauen, das man zu ihr hat, sind beträchtlich, ganz wie Gott es im Himmel für sie vorausbestimmte. Und durch ihre Kraft werden in Teo-da-Beoc Zeichen und Wunder gewirkt.“ Der Glaube an Seejungfrauen im Lough Neagh existierte bis mindestens ins 19. Jahrhundert. Zur Nachtzeit habe man sich nur voll Furcht und Zittern in die Nähe des Wasser begeben, „jederzeit gegenwärtig, von den zaubernden Seejungfrauen gefangen und fortgeschleppt zu werden.“31
Trotz zahlreicher Überlagerungen der alten Vorstellung einer Sirene, wie wir sie von Odysseus her kennen, ist hier leicht die ursprüngliche Göttlichkeit dieses Wasserwesens auszumachen. Ihre Ursprünge sind bis nach Babylonien zurückverfolgbar. Die Göttin und Fischfrau Derketo wurde in Irland zu Der-Ketus, der „Göttlichen Ketis“, einer Form von Venus, wie sie als Juno von Kupros im kelto-pelasgischen Tempel von Kuprenses verehrt wurde. Macrobius nennt „Der-Ketis“ die Mutter der Götter! Laut irischer Annalen ist die Meerjungfrau Muirgen eine Göttin aus dem Göttergeschlecht der Tuatha de Danaan, also den Kindern der ursprünglich aus Indien stammenden Göttermutter Dana (Danu).32 Deren Name ist in Schottland zugleich eine verkürzte Form von Diana, der skythischen Sonnengöttin. Sie wurde einst von den Skythen eingeführt, als diese in Kaledonien einwanderten.33 Ihre Ursprünge reichen aber noch viel weiter zurück, nämlich bis nach Indien. Dort begegnen wir ihr als Dānu, und sie erscheint im Rig-Veda als Schlangengöttin, die alte Mutterschlange. Dexter zufolge war sie eine Personifikation des Wassers,34 und wir gehen sicher nicht fehl, wenn wir sie uns als Wasserschlange beziehungsweise Meerjungfrau vorstellen. Von ihrem Namen abgeleitet dürfte auch Dona sein, der uranfängliche Teich der Wiederaufstehung, sowie der blau-weiß gefiederte Vogel Donu, der aus seinem Blut zu neuem Leben geboren wird. Shannon Dorey identifiziert Dānu mit der Göttin der Dogon, der „Herrin der Sprache“, und dort hat sie auch einen Bezug zur Jagd, denn dana togi heißt Jagdhütte, und die römische Diana galt unter anderem als Göttin der Jagd. In der Sprache der Dogon bedeutet dana Schädel, und als Zusammensetzung von da und na, kann es auch nährende Mutterkuh bedeuten. Hier haben wir bereits jetzt Anklänge zu Hathor-Isis mit den Kuhhörnern sowie Maria Magdalena als Heilige des Wassers mit dem Totenschädel als ihrem Symbol. Da dana tolo soviel wie „Schädelstern“ heißt, gibt es auch Bezüge zum Planeten Jupiter; davon an späterer Stelle mehr.
Liban/St. Murga mit Kamm und Spiegel, aus irischem Manuskript
Liban-Murga ist zweifellos eine christianisierte Göttin, ähnlich wie die Jungfrau Maria dem Vatergott untergeordnet und zu ihm betend. Zugleich aber – und darauf kommt es hier ganz besonders an – war sie ganz offensichtlich auch eine lebendige Wasserfrau, die man einst einfing und diese erstaunliche Legende dann mit ihr verwob!
Laut WP leitet sich Liban (Lí Bán) vom proto-indogermanischen leiābánniā („Flüssigkeits-Tröpfchen“) oder leiābénnā („Frau aus Flüssigkeit“) ab.35 Manche unterscheiden sie von Lí Bán im Mythos des Helden Cu Chulainn, aber auch dort gilt sie, wie ihre Schwester Fand (Fann) als Meeresgottheit und Feenkönigin. Fann ist die Schwester des Meeresgottes Manannan mac Lyir und zeitweise auch die Geliebte Cu Chulainns. Sowohl Liban als auch Fann können zudem in Vogelgestalt erscheinen und über das Meer fliegen. Eine gewisse Verbindung besteht auch zu Morgan le Fay (Morgaine, walis. Morgen), der Halbschwester von König Artus. Denn diese ist etymologisch identifizierbar mit der irischen St. Muirgen, einer der Namen der Seejungfrau Liban: Auf Walisisch heißt Morgen genau wie auf Gälisch „see-geboren“). „Morgen“ ist die älteste Schreibweise von Morgaine, aus der Vita Merlini herrührend, und laut Rhys ist sie verwandt mit dem Walisischen Murigenos (Morigenos), oder auch Muri-gena (Mori-gena).36 Weil dies auch das Wort „Meer“ beinhaltet, macht ein Zusammenhang mit einer Meerjungfrau natürlich auf jeden Fall Sinn. Die Tatsache nun, dass laut Lucy Paton auch eine etymologische Verwandtschaft mit der keltischen Kriegs- und Todesgöttin Morrigu besteht, rückt sie in die Nähe von Ištar, der Vorläuferin der Venus, die bekanntlich sowohl Liebes- als auch Kriegsgöttin war. Wie überaus wichtig dies ist, werden wir noch sehen, wenn in einem späteren Kapitel um den Planeten und die Göttin Venus geht. – Wie man also an Muirgen/Morgaine erkennen kann, muss offenbar die „Herrin des Wassers“, der wir in der Artus-Legende begegnen, keineswegs eine nur mythologisch aufzufassende Gestalt sein, sondern durchaus ein real existierendes Lebewesen, welches die Geschicke des berühmten Königsgeschlechts Britanniens beeinflusste! Diese Schlussfolgerung daraus beinhaltet zugleich die Erkenntnis, dass diese Frau aus dem See identisch mit Morgaine ist.
Kaum ein Jahrhundert vor der Artus-Ära ist uns die Legende von Merowech bekannt, dessen Vater ein „Meeresmonster“ gewesen sein soll, und ab der Zeit dieses Merowech trug das in Austrasien (Nordfrankreich, Belgien, Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen, Teile NRWs und Thüringen umfassend) beheimatete Königsgeschlecht den Namen „Merowinger“: Die Kirche hatte anfangs den Glauben an die Meerjungfrauen gefördert; später, offenbar nachdem man den Zusammenhang mit Maria Magdalena erkannt hatte, kam man davon ab. Auffällig dabei war nämlich die Tatsache, dass Meerjungfrauen immer wieder mit langem Haar, Spiegel und Kamm abgebildet wurden, und von Origenes wissen wir aus seinem Werk Contra Celsum (Gegen Celsus, 2.55), dass er dort Maria Magdalena als „Frauenhaarflechterin“, als Friseurin bezeichnete. In einem späteren Abschnitt werde ich näher darauf eingehen, dass Maria Magdalena in Metz, der einstigen Hauptstadt des alten Merowinger-Reiches Austrasien, zwei Mal als Meerjungfrau dargestellt wurde.
Seit beginn der christlichen Zeitrechnung bekamen die Sirenen Fischschwänze und wurden in den Bestiarien überwiegend in dieser Gestalt dargestellt. Diese Bildwerke lagen vor allem in der Verantwortung der Priesterschaft, und Laien bekamen sie nur selten zu sehen(!)37
13 Hutzl-Ronge 2002, S. 276.
14 Gimbutas 1995, S. 288f.
15 Haunted Peak District: The Horrific Haunting of Jenny Green Teeth; Video: https://www.youtube.com/watch?v=ZA5MqizFY8Y; Zugriff am 09.04.20.
16 Haunted Peak District.
17 Young 2019; https://www.academia.edu/39885284/; Zugriff am 02.04.20.
18 Young 2019, Source 3 und 9,
19 Young 2019, Source 7.
20 Young 2019, Source 20 und 22.
21 Young 2019, Source 5.
22 Young 2019, Source 4.
23 Vgl. hierzu auch Langbein, Januar 2020 (Bd. 9), S. 193.
24 Ausführlicher siehe bei Langbein, Januar 2020 (Bd. 9), S. 253-261.
25 Benwell/Waugh 1962, S. 42.
26 Benwell/Waugh 1962, S. 42f.
27 Benwell/Waugh 1962, S. 43.
28 Benwell/Waugh 1962, S. 43.
29 Benwell/Waugh 1962, S. 46f.
30 Die nu goro („Bohnenmütze“) oder yurugu goro („Fuchsmütze“) symbolisiert die dritte Arche (Raumschiff) Ogos. Davon im Kapitel über die Dogon mehr.
31 Benwell/Waugh 1962, S. 49-51.
32 J. G. R. Forlong, Rivers of life, Bd 2., Leeds 1883/2005, S. 429.
33 In der Deklaration von Arbroath aus dem Jahr 1316 finden wir die Aussage, dass laut den Chroniken und Büchern der Alten die Nation der Schotten von einem Volk abstammt, das via Gibraltar und Spanien über das Mittelmeer aus Groß-Skythien kam, 1200 Jahre nach dem Auszug des Volkes Israel (Vgl. Mailahn 2017, S. 32f.)
34 Vgl. Shannon Dorey 2017, S. 325f.; Dexter Robbins 1990, S. 42.
35 Engl. WP „Lí Ban“, https://en.wikipedia.org/wiki/L%C3%AD_Ban; Zugriff am 24.11.18.
36 Rhys 1891, S. 22f.; Paton 1903, S. 8ff.
37 Benwell/Waugh 1962, S. 47.
In der Legende der Merowinger wird, wie erwähnt, die Mutter Merowechs von einem „Monster“, schwanger von einem Wesen aus dem Meer. Das mag eine Legende sein, doch es gibt tatsächlich Berichte von sehr großen Meerjungfrauen: Laut einer Chronik von 1635 erschien um 887 eine Wasserjungfrau in Alba, und wahrlich bemerkenswert sind ihre Ausmaße, welche bei Benwell und Waugh in Fuß angegeben werden: Sie soll 192 Fuß groß gewesen sein, ihr Haar 18 Fuß lang, ihre Finger 7 Fuß lang. Rechnet man diese Zahlen in Meter um, käme man auf eine Körpergröße von über 58 Meter, Haarlänge von 5,49 Meter und eine Fingerlänge von über 2 Meter!!! Dass dies so nicht stimmen kann, liegt auf der Hand. Wahrscheinlicher ist, dass hier Zoll beziehungsweise inch gemeint sind, und in diesem Fall kämen wir auf folgende Maße: Körpergröße: 4,88 Meter, Haarlänge: 46 Zentimeter und Fingerlänge 18 Zentimeter. Zum Glück gibt es noch eine weitere Chronik, aus Ulster, die unter der Jahresangabe 890 über die dieselbe Meerjungfrau berichtet und ihre Größe mit 17 Fuß angibt. Diesmal ist wohl das englische Maß gemeint, demnach wäre ihre Größe 5,18 m – also eine Differenz von 30 cm, die man beruhigt verschmerzen kann. Das Auftauchen diese enormen Wasserwesens wird als ganz selbstverständlich erwähnt, gleichsam im Nebensatz zwischen anderen Episoden, und beide Chroniken vermerken, dass die Wasserfrau eine Körperfarbe hatte, „weißer als ein Schwan“.
Nun, sollte es tatsächlich so große Meerjungfrauen gegeben haben, dann sicherlich auch Meermänner von äquivalenter Größe. Lediglich ihre Körpergröße rechtfertigt den Begriff „Monster“, weniger ihr Handeln.
Dem heiligen Olaf (ca. 995-1030) begegneten ebenfalls Meerjungfrauen auf See. Mit süßen Gesängen lullten sie die Seefahrer ein, bis sie schliefen, und zogen sie dann hinab.38
Ein weiteres Erlebnis mit einer Meerjungfrau hatte einst ein namentlich nicht näher bezeichneter Mönch, dessen Heimat die Insel Iona war. Jeden Tag kam sie zu ihm an die Küste von I Chaluim Chill und flehte ihn an, ihr eine Seele zu geben. Der Mönch rang lange im Gebet, doch er blieb erfolglos. Das Unglück wollte es, dass sie sich in den Mann verliebte und ihn dadurch von seiner ursprünglichen Absicht ablenkte. Ob sie ihn dazu bewegen konnte, seine Gelübde zu vergessen? Überliefert ist uns nur seine einzige Antwort auf ihre Bitte: Sie müsse dem Meer entsagen. Da weinte die Wasserfrau bittere Tränen, doch das Meer war stärker. Weder ihre Schönheit, noch ihre Tränen, noch ihre Liebe zu dem Mönch konnten ihr helfen: Der Narr blieb hart und verweigerte ihr die ersehnte Seele. Nach einer letzten verzweifelten Bitte, die er abermals zurückwies, kehrte sie ins Meer zurück. Aus den Tränen jedoch, die sie bei ihrem Abschied vergoss, wurden Kieselsteine. Es sind dies die berühmten grüngrauen Kiesel, die man am Strand von Iona findet, und die man „Seejungfrauentränen“ nennt.
Noch schlimmer als der Mönch der vorigen Episode handelte der Heilige St. Patrick, der Patron von Irland: Frauen, die noch dem heiligen Glauben anhingen, soll er in Seejungfrauen verwandelt haben, damit sie nicht mehr auf der grünen Insel leben konnten. Nur eine fromme Legende? Vielleicht eher eine Wahrheit, zur Legende uminterpretiert, denn von St. Patrick existieren alte Skulpturen, die ihn in der gleichen Weise wie den assyrischen Dagon abbilden – mit Fischschwanz!39 Noch heute gibt es zum St. Patrick‘s Day zahlreiche Postkartenmotive mit Meerjungfrau oder Meermann. Die Entstehung einer solchen Transformationslegende zeigt, wie verabscheuungswürdig die Einstellung gewisser Christen gegenüber Menschen anderen Glaubens war. Da hilft es auch nicht, dass Patrick angeblich den Meermann Fintan bekehrt haben soll. Dieser wurde, wie Murgain, ebenfalls später heiliggesprochen. Bemerkenswert ist hierbei die Legende, dass er bereits vor der Sintflut nach Irland gekommen sei, die Flut in Fischgestalt überstanden und später auch an der Küste gelebt habe. Steinbilder, die von ihm zeugen, bilden ihn in der Gestalt des babylonischen Gottes Dagon ab! Folglich ist dies ein Hinweis darauf, dass einst die Meerleute von Asien her auf die grüne Insel kamen.
Weitere Chroniken berichten kurz, aber sehr ernst, von weiteren Begegnungen: Im Jahre 1118 wurden gleich zwei Seejungfrauen gefangen, eine von Fischern des Weir of Lisarglinn in Ossory, eine weitere bei Port-Lairge.40
38 Benwell/Waugh 1962, S. 51.
39 Fletcher S. Bassett 1885, S. 186; Abb. siehe bei Dorey 2017, S. 58.
40 Benwell/Waugh 1962, S. 51ff.
Auch der jüdischen Religion sind die Meerjungfrauen keineswegs fremd. Rabbi Shlomo Jizchakim, meistens Razhi genannt, ließ sich in seinem in alt-französischer Sprache gehaltenen Kommentar zum Talmud wie folgt aus: „Es gibt Fische im Meer die zu einer Hälfte Mensch und zur anderen Hälfte Fisch sind und Sirenen heißen“. Die Reaktion darauf folgte bald: In einem von mittelalterlichen Tosafisten verfassten Kommentar zur Thora (den ersten fünf Büchern Mose) liefert uns Moshav Zekeinim eine Erklärung darüber, was Meerjungfrauen sind: „Hierbei handelt es sich um eine Kreatur, die im Meer lebt und die vom Nabel aufwärts in allen Aspekten einer Frau ähnelt, denn sie hat einen Busen und langes Haar, wie das einer Frau. Vom Nabel abwärts allerdings ist es ein Fisch […] Sie haben sehr schöne Stimme und die Fähigkeit zu angenehmen Gesang“.
Das Spekulum Regale oder „Des Königs Spiegel“ aus der Mitte des 13. Jahrhunderts ist ein in altnordischer Sprache verfasster Lehrtext über Politik und Moral. Die Beschreibung der Nixen darin lautet wie folgt:
„Es gleicht einer Frau bis zur Taille, mit langen Händen und weichem Haar. Nacken und Kopf sind in jeder Hinsicht die eines menschlichen Wesens. Die Hände sind lang und die Finger nicht getrennt, sondern wie die Füße von Wasservögeln mit Schwimmhäuten versehen. Von der Taille abwärts gleicht das Monster einem Fisch, beschuppt, mit einem Schwanz und Flossen. Es zeigt sich besonders vor schweren Stürmen. Das Wesen taucht immer wieder ab und erscheint darauf wieder mit Fischen in den Händen.
Wenn Seeleute es mit Fischen spielen sehen oder wenn es Fische nach dem Schiff wirft, haben diese Angst, dazu verdammt zu sein, Kameraden zu verlieren. Wenn es die Fische aber entgegengesetzt, vom Schiff weg, wirft, so halten sie es für ein gutes Omen, und dass sie im kommenden Sturm keine Verluste erleiden werden. Das Monster hat ein sehr furchterregendes Gesicht mit breiten Brauen und stechenden Augen, einen breiten Mund und einem Doppelkinn.“
Zugegebenermaßen könnte der zweite Abschnitt durchaus manchem Kritiker einen Ansatzpunkt dazu bieten, dass hier vielleicht von Seekühen oder anderen Meerestieren die Rede ist – wären da nur nicht der vermaledeite erste Abschnitt, der die Wesen eindeutig –„in jeder Hinsicht!“ – als von menschlichem Aussehen kennzeichnet. Das Wort „Monster“ sollte dabei nicht irritieren. Dieser Begriff bezeichnete seinerzeit so ziemlich alles, was den Menschen fremdartig vorkam.
Etwa im selben Zeitraum wie das Spekulum Regale, wohl zwischen 1242 und 1247, verfasste der Scholastiker Bartholomaeus Anglicus (ca. 1190-1250) in Magdeburg den Liber de proprietatibus rerum, eine bibelexegetische Enzyklopädie. Der Geistliche bezeichnete die Meerjungfrau als tödliche Verführerin, die durch süßen Gesang die Seeleute betört und ihr Fleisch isst. „Normalerweise lullt eine Meerjungfrau die Crew ein, bis alle in Schlaf gefallen sind. Dann entfürt sie einen Seemann an einen ‚trockenen Ort’, zum Beispiel eine Höhle, und hat Verkehr mit ihm. Wenn er sich weigert, tötet sie ihn und isst sein Fleisch.“
Es bedarf wohl keiner näheren Erörterung, dass diese „Beschreibung“ von Meerjungfrauen keineswegs auf Beobachtung beruht, sondern vielmehr auf einer Art Feindbild, wie bei Jenny Greenteeth. Ja, so ist das in der christlichen Religion: Man muss die Elemente heidnischen Volksglaubens erst verteufeln, bevor man sie erhöhen kann, selbst wenn es sich dabei um real existierende Lebewesen handelt!
Weniger ein Augen-, sondern in seinem Zeugnis mehr Ohrenzeuge ist der Abenteurer Johannes von Hessen, der in dem 1389 veröffentlichten Buch „Die östlichen Reisen des Johannes von Hessen“ Folgendes festhält: „Wir kamen an einen steinigen Felsen und hörten dort Sirenengesang, Meerjungfrauen, die Schiffe durch ihren Gesang in Gefahr bringen. Dort sahen wir viele fürchterliche Monster und waren in großer Angst.“ Eine Beschreibung der „Monster“ liefert uns die Arbeit leider nicht, lediglich seine Wortwahl „Sirenengesang“ und „Meerjungfrauen“ deutet auf Wasserfrauen hin.
Folgende Episode wurde zuerst vom Karmeliter-Mönch John Gerbrandus wie folgt überliefert:41