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Männer! Nach einer gescheiterten Ehe hat Haley endgültig genug vom anderen Geschlecht. Ganz anders ihr Nachbar Adam, der dringend eine neue Mutter für seine Tochter sucht. Er hat sogar eine Wunschliste mit den Eigenschaften seiner Traumfrau verfasst. Zum Glück ist Harley in jeder Hinsicht das absolute Gegenteil …
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Seitenzahl: 161
IMPRESSUM
Männer! erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2003 by Barbara Dunlop Originaltitel: „The Wish-List Wife“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARABand 209 - 2004 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Astrid Hartwig
Umschlagsmotive: max-kegfire GettyImages
Veröffentlicht im ePub Format in 03/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733755942
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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„Ich habe beschlossen, lesbisch zu werden.“ Haley Roberts hakte ihre mit Tapetenkleister beklebten Daumen in die Gürtellaschen ihrer alten, hellblauen Jeans. Sie trat einen Schritt von der Wand zurück und überprüfte mit kritischem Blick die Fuge zwischen den Tapetenbahnen.
„Wie bitte?“ Ihre ältere Schwester Laura blickte von der Spüle auf, wo sie sich den angetrockneten Kleister von den Händen schrubbte.
„Du hast richtig gehört. Ich werde Lesbe.“ Haley legte den Kopf auf die Seite, um das Muster aus Kleeblättern und Stielen auf sich einwirken zu lassen. Sie hatte gründlich darüber nachgedacht. Viele Probleme würden sich von selbst erledigen, wenn sie Männer vollständig aus ihrem Leben entfernte.
„Das ist lächerlich.“ Laura drehte den Wasserhahn zu und schüttelte sich die Tropfen von den Händen. Durch das Küchenfenster wehte die kühle Brise des Sommerabends herein, die den Geruch der frischen Tapeten etwas abmilderte.
Die Fuge war fast unsichtbar, entschied Haley. Sie rieb die Hände ineinander, sodass die Kleisterreste sich in kleinen, grauen Röllchen ablösten. Dann bückte sie sich und nahm eine weitere Tapetenrolle aus der Tüte. Mit Männern war sie fertig. Sie zog gerade in ein neues Haus in einer neuen Stadt ein. Der beste Zeitpunkt für Veränderungen.
„Wieso findest du die Idee lächerlich? Heutzutage wird man als Lesbe überall akzeptiert.“
„Sicher“, stimmte Laura zu. „Aber nur, wenn man wirklich lesbisch ist.“
Haley drohte ihrer Schwester mit der Vinylrolle. „Was ist denn eine Lesbe anderes als eine Frau, die mit Männern nichts zu tun haben will?“ Mit Schwung riss sie die Zellophanverpackung auf. Wirklich ein sehr hübsches Muster, das sie diesmal ausgesucht hatte. Freundlich und äußerst feminin.
„Nach der Erfahrung mit Tony und Raymond hätte jede Frau die Männer satt“, erinnerte Laura ihre Schwester an ihre letzten beiden Beziehungen. „Wie wär’s, wenn du einfach einen besseren Geschmack entwickeln würdest?“
„Ich habe einen ausgezeichneten Geschmack. Immerhin habe ich dich mit Kyle zusammengebracht.“ Haley legte die Rolle aus der Hand. Sie nahm das Maßband vom Küchentisch, auf dem die Werkzeuge verstreut lagen. „Und du bist nicht meine einzige erfolgreiche Verkupplung.“
Ihr Gespür für romantische Beziehungen hatte sich für Freunde und Familie als ein Segen erwiesen. Nur ihr eigenes Liebesleben endete regelmäßig in einer Katastrophe. Aber ein Liebesleben, das nicht existierte, konnte auch nicht unglücklich enden.
„Das stimmt allerdings.“ Laura nickte so heftig, dass ihr honigblondes Haar hin und her wippte.
„Ich habe einfach Pech in der Liebe. Damit muss ich mich abfinden.“ Haley schob entschlossen das Kinn nach vorn. „Außerdem macht es auf die Dauer krank, wenn man ständig nach etwas sucht, was nicht existiert.“ Im Moment gab es keinen Mann in ihrem Leben. Und sie hatte beschlossen, dass dies für immer so bleiben sollte.
Nie mehr nach Mr. Right Ausschau halten.
Nie mehr Ehestifterin spielen.
„Er existiert, Haley“, beharrte Laura geduldig. „Du hast ihn nur noch nicht gefunden.“
„Oh, mir genügt das, was ich bisher gefunden habe. Und ich habe reichlich gesucht.“ Sie konnte mit Recht behaupten, dass sie die Männerjagd praktisch als Full-Time-Hobby betrieben hatte, wie alle Nelson-Mädchen. „Anfangs sind alle nett. Aber nach einiger Zeit kommt ihr wahrer Charakter ans Licht.“
Tony vertrieb ein Reinigungsprodukt nach dem Schneeballsystem. Er wollte, dass Haley Distributor wurde und mit ihm Werbeveranstaltungen in Florida durchführte. Und Raymond? Tja, Raymond hatte eine Beziehung mit seiner herrschsüchtigen Mutter. Allein bei dem Gedanken an diese Frau lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter. Das eigentlich Beängstigende aber war die Tatsache, dass sie alles versucht hatte, um in diesen Beziehungen glücklich zu werden.
„Du willst also behaupten, dass du dich in Zukunft in Frauen verlieben wirst.“ Laura verschränkte die Arme, lehnte sich gegen den Küchentresen und zog kritisch eine Augenbraue hoch. Selbst beim Tapezieren war sie perfekt geschminkt. Ihre Frisur saß tadellos.
„Warum nicht? Frauen sind nett. Sie gefallen mir. Ich umarme sie doch ständig.“
Laura zog die Mundwinkel zu einem kaum merklichen Grinsen nach oben. „Und du willst sie ab jetzt auch küssen?“
„Sicher.“
„Auf den Mund?“
Haley unterdrückte ein Schaudern. „Okay, ich gebe zu, dass mein Plan noch einige Schwachstellen hat.“
Laura verdrehte die Augen.
„Ich brauche doch gar keine Beziehung“, sagte Haley.
Sie nahm für die letzte Bahn an der Wand maß und ließ das Metallband zurückschnellen. Dann rollte sie die Tapete auf dem Linoleumboden aus. „Es gibt viele Lesben, die nicht wirklich eine Beziehung eingehen.“
„Dann wirst du also eine … nicht praktizierende Lesbe?“ Laura hielt die Rolle fest, während Haley die Länge abmaß.
„Richtig.“
„Das muss ich Mom erzählen“
Haley ignorierte diese Bemerkung. Sie führte ihren eigenen Gedankengang weiter. „Wenn ein Mann zu mir sagt: Kommst du mit nach oben, ich will dir meine Bildersammlung zeigen, dann sage ich einfach: Nein danke, ich bin lesbisch.“ Mögliche Beziehungen schon im Keim zu ersticken, würde eine Menge Zeit sparen.
Laura lachte herzlich. Dann hielt sie sich erschrocken die Hand auf den Mund und blickte zur Treppe. Im ersten Stock schliefen ihre beiden Töchter und Haleys Tochter Belinda. „Und wenn sie behaupten, sie könnten dich heilen?“
„Das werden sie nicht tun. So viel Mühe bin ich nicht wert.“ Sie blickte stirnrunzelnd auf ihr mit Farbe bekleckstes T-Shirt. Haley war schon immer der Schmutzfink in der Familie gewesen. Nicht gerade das, was man eine heiße Puppe nennt. Und da sie von Beruf Töpferin war, sah sie eigentlich immer so aus wie jetzt.
„Mein Entschluss steht fest. In Zukunft werden Männer weder auf mich noch auf Belinda irgendeinen Einfluss ausüben.“
Nach dem Tod ihres Ehemannes vor fünf Jahren, hatte sie hart daran gearbeitet, ihrer Tochter die nötige Stabilität im Leben zu bieten. Inzwischen war Belinda neun. Alt genug, um zu begreifen, was es bedeutete, wenn ihre Mutter mit einem fremden Mann ausging. Sie wusste, dass dieser Mann eines Tages Teil ihres Lebens werden konnte.
Ein ständiges Kommen und Gehen ungeeigneter Kandidaten wäre sicher nicht in Belindas Interesse.
„Wo du jetzt in Hillard wohnst, könnte Kyle dich doch mit einigen netten Männern bekannt machen“, bot Laura an. Ihr Mann besaß eine Baufirma in Hillard, Vermont. Er beschäftigte fast ausschließlich Männer.
„Mit Männern bin ich fertig“, erklärte Haley überzeugt. Energisch zog sie einen geraden Strich auf der Tapete.
Der Feuerwehrmann Adam Hollander ließ die Hand langsam auf seinen Oberschenkel sinken. Seine mehrfach überarbeitete Wunschliste verschwamm vor seinen Augen. Er hatte eine anstrengende Schicht hinter sich. Es hatte die ganze Nacht gedauert, den Scheunenbrand bei den Halsteaders zu löschen. Die warme Sonne brannte ihm auf die Schultern. Er hatte das Gefühl, ganz allmählich in den weichen Polstern des Liegestuhls zu versinken.
„Daddy?“ Seine neunjährige Tochter Nicole hüpfte unter dem Rasensprenger hin und her.
„Was ist, Sweetheart?“ Adam blinzelte, als er in die Wirklichkeit zurückkehrte. Er musste entscheiden, ob er den Satz „nicht zu hübsch“ auf die Liste setzte, die, wenn sie einmal fertig war, alle Eigenschaften seiner neuen Frau beschreiben sollte.
„Darf ich sie zu uns einladen?“
Er fand die äußere Erscheinung nicht übermäßig wichtig, aber seine Exfrau hatte umwerfend gut ausgesehen. Und er wollte sich in Zukunft von allen Frauen fern halten, die seiner Ex in irgendeiner Weise ähnelten.
„Wen meinst du denn?“, fragte er Nicole.
„Das neue Mädchen von nebenan.“ Sie lief zu ihm und legte ihre kühle, nasse Hand auf seinen aufgeheizten Oberschenkel.
Adam zuckte zusammen, als hätte ihn etwas gestochen.
Seine Tochter streckte sich. Kühle Wassertropfen fielen aus ihrem langen, blonden Haar auf seinen Arm und sein T-Shirt. „Sie späht durch den Zaun.“
„Natürlich. Lad sie nur ein.“ Er verrieb die Tropfen auf seinem Arm. Die neuen Nachbarn waren vor zwei Tagen eingezogen. Er hatte aber noch keine Gelegenheit gehabt, sie kennen zu lernen.
Als Nicole über den Rasen lief, konzentrierte Adam sich wieder auf seine Liste. Er strich den Satz „nicht zu hübsch“ und schrieb stattdessen „in meinen Augen hübsch“. Das gefiel ihm schon besser. Es klang nach innerer Schönheit.
Er überlegte einen Moment. Dann änderte er den letzten Satz erneut. „In Nicoles Augen hübsch“. Wer immer seine neue Frau wurde, musste Nicole gefallen. Mit ihren neun Jahren brauchte seine Tochter wieder eine Mutter.
Einige Jahre lang hatte er sich eingeredet, er könnte sie allein erziehen. Doch in letzter Zeit stellte sie immer häufiger Fragen, auf die er keine Antwort wusste. Ihm war aufgefallen, wie neidisch sie die Mütter ihrer Freundinnen bei Veranstaltungen in der Schule anschaute. Der Eltern-Tochter-Tee letzte Woche war ihm noch schmerzlich in Erinnerung.
Sicher, man war politisch korrekt und nannte das Treffen nicht mehr Mutter-Tochter-Tee. Aber niemand ließ sich dadurch über die Tatsachen hinwegtäuschen.
Seine kleine Tochter brauchte eine Mutter, die mit ihr zum Tee ging, ihr hübsche Kleider nähte und die Zöpfe schön gerade flocht.
Kochen und nähen sollte sie können, Geduld haben, intelligent und humorvoll sein. Adam hatte die Absicht, die perfekte Mutter für Nicole zu finden.
Das Mädchen war das Wichtigste in seinem Leben. Er wollte, dass sie glücklich war.
Sein Blick wanderte zu seiner Tochter, die sich jetzt mit dem Mädchen von nebenan unterhielt. Sie waren gleich groß und schienen im selben Alter zu sein. Er sollte irgendwann heute hinübergehen und sich mit den Eltern bekannt machen.
Aber nicht gleich. Die Sonne war noch zu warm, und er fühlte sich gerade so wohl.
Ganz langsam fielen ihm die Augen zu. Die Stimmen der beiden Mädchen verschwammen im Hintergrund.
„Er atmet noch.“ Die unbekannte Kinderstimme klang weit entfernt.
„Ich könnte ihn mit Wasser bespritzen“, sagte Nicole.
„Keine schlechte Idee“, meinte eine ältere Stimme, eine Frauenstimme.
Adam zwang sich, die Augen zu öffnen. Der übermütige Klang in der Stimme dieser Frau gefiel ihm nicht.
„Oh, ich glaube, du kannst den Sprenger auf dem Rasen stehen lassen. Er ist aufgewacht.“ Sie klang enttäuscht.
Adam setzte sich auf und stellte seine nackten Füße rechts und links vom Liegestuhl ins Gras. Er blinzelte gegen die Sonne.
„Daddy, das ist Belindas Mom“, sagte Nicole aufgeregt.
„Haley Roberts.“ Die Frau streckte ihm die Hand entgegen. „Wir sind nebenan eingezogen.“
Ihr kastanienbraunes Haar war zu einem kecken Pferdeschwanz frisiert, was ihre hohen Wangenknochen und die kleinen Sommersprossen betonte. Ihr Tanktop umspannte hübsche, runde Brüste. Die abgeschnittenen Jeans entblößten lange, braune Beine.
Der Gedanke, dass er am liebsten jeden Morgen mit diesem Anblick aufwachen würde, ließ sich nicht verdrängen. Adam erhob sich und gab ihr die Hand. „Adam Hollander.“
Sie war etwa eins achtundsechzig groß. Ihre hübschen blauen Augen funkelten, als sie ihn anlächelte. „Freut mich, Sie kennen zu lernen.“ Er fand, dass sie eine Schlafzimmerstimme hatte. Aber vielleicht lag es nur daran, dass er noch nicht ganz wach war.
Adam strich sich mit der Hand durchs Haar. Dann gestikulierte er zum anderen Liegestuhl. „Setzen Sie sich doch. Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“ Auf dem Gartentisch stand ein Krug mit dunkelrotem Grapefruitpunsch. „Ich könnte Ihnen auch einen Eistee machen“, fügte er hastig hinzu.
„Nicht nötig. Ich liebe roten Punsch.“ Sie machte es sich auf der Liege bequem und zog die Füße unter den Po.
Nicole und Belinda rannten zum Sprenger und stellten sich unter das kalte Wasser. Sie kreischten vor Vergnügen.
„Wie alt ist Ihre Tochter?“ Er stand mit dem Rücken zu Haley, als er den Punsch einschenkte.
„Neun. Sie kommt am Montag in die vierte Klasse von Mrs. Livingston. Und Ihre Tochter?“
„Dasselbe Alter.“ Er lächelte. „Dieselbe Klasse.“ Nicole freute sich bestimmt, dass sie gleich nebenan eine Freundin gefunden hatte.
„Das ist prima. Es sind ja nur noch ein paar Wochen bis zu den Sommerferien. Ich hatte gehofft, dass sie bis dahin vielleicht andere Kinder kennen lernt.“
„Hat Belinda noch Brüder oder Schwestern?“
„Sie ist ein Einzelkind. Aber sie hat noch zwei Cousinen. Sie wohnen in der Maple Street.“
Mit den Gläsern in der Hand, drehte er sich zu ihr um. „Das ist … schön.“ Unwillkürlich krampften seine Finger sich um die Gläser.
Seine Nachbarin bückte sich gerade nach seiner Wunschliste.
„Das ist heruntergefallen, als Sie … aufgestanden sind.“ Haley runzelte die Stirn. „Was ist das?“
Im ersten Moment wollte er ihr den Zettel aus der Hand reißen. Doch dann wurde ihm klar, dass es dafür zu spät war. Die Überschrift der Liste sagte alles.
Er atmete tief durch, während er die beiden Plastikgläser auf den kleinen Tisch zwischen den Liegestühlen stellte. Sollte er die Liste zurückverlangen? Oder lieber so tun, als würde es ihn nicht stören, wenn sie seine persönlichsten Wünsche erfuhr?
Nach kurzer Überlegung entschied er sich dafür, Gleichgültigkeit vorzutäuschen. Er setzte sich auf die Liege und nahm sein Glas.
„Es ist so, wie es da steht. Ich suche eine Frau.“ Es klang, als würde er jederzeit mit jedem Fremden über sein Liebesleben sprechen. Adam trank einen kräftigen Schluck, um seine Verlegenheit zu überspielen, und wartete gespannt auf ihre Reaktion.
„Oh“, erwiderte sie erfreut. „Ich bin lesbisch.“
Er verschluckte sich, hustete und rang nach Luft. „Verstehe“, keuchte er. „Danke, dass Sie mir das anvertraut haben.“
„Kein Problem.“ Sie fuhr mit dem Zeigefinger über die Liste. „Also, was meinen Sie mit ehrlich?“
Was meinen Sie mit lesbisch? „Was soll ich damit meinen?“
Sie legte die Liste nicht aus der Hand, als sie ihr Punschglas nahm. „Darf man dreihundert Dollar unterschlagen oder darf man lügen, wenn es darum geht, wer den letzten Keks gegessen hat?“
„Würden Sie wegen eines Kekses lügen?“
„Ohne mit der Wimper zu zucken.“ Sie grinste.
„Ich finde, man muss in beiden Fällen ehrlich sein.“ Er lehnte sich zurück und trank diesmal vorsichtiger von seinem Punsch. Noch so eine drastische Bemerkung würde seine Lunge nicht vertragen.
Haley nickte stumm, während sie die Liste durchging. „Muss sie unbedingt gut kochen können?“
„Sicher. Sie soll doch für Nicole kochen.“
„Richtig.“ Sie blickte zu den beiden Mädchen, die ihr Gesicht fröhlich in den Wassernebel hielten. „Belinda kommt mit meinen Kochkünsten zurecht, aber sie ist auch nichts anderes gewöhnt.“
Adam schaute zwischen Haley und Belinda hin und her. Am liebsten hätte er gefragt, wie eine Lesbe zu einer Tochter kommt, aber er fürchtete sich ein wenig vor der Antwort. Belinda war offensichtlich Haleys leibliches Kind. Dasselbe kastanienbraune Haar und dasselbe fröhliche Lächeln waren Beweis genug.
„Mental stabil?“, fragte Haley nach dem nächsten Punkt auf der Liste.
„Natürlich. Ich möchte keine Frau, die mental nicht belastbar ist.“
„Ich finde nur, manche Dinge verstehen sich doch von selbst.“ Sie drehte den Zettel um. Auf der Rückseite stand noch nichts.
Adam wollte kein Risiko mehr eingehen. Er hatte Nicoles Mutter geheiratet, weil er seinen Gefühlen und seinen Hormonen gefolgt war. Ein großer Fehler. Nun dachte er in der Tat darüber nach, ob er heterosexuell als Bedingung hinzufügen sollte. Heutzutage verstand sich doch nichts mehr von selbst.
„Ich bin darin sehr gut“, sagte Haley.
„Worin?“
Sie hielt die Liste hoch. „Im Ehestiften.“
Bitte nicht. „Ich glaube, das ist keine gute …“
„Im Ernst. Ich weiß ja jetzt, was Sie sich vorstellen. Ich könnte schon mal vorsortieren und Ihnen eine Menge Zeit ersparen.“ Sie strahlte. Die Vorstellung schien ihr beängstigend gut zu gefallen.
Er beugte sich vor und entriss ihr die Liste. „Sie sind sehr großzügig. Aber ich möchte wirklich nicht …“
„Denken Sie doch nur an die vielen Risiken.“
„Welche Risiken?“ Adam musste sich beherrschen, die Liste nicht fest auf seine Brust zu pressen. Unter keinen Umständen würde er sich von dieser Person bei der Suche nach einer Ehefrau helfen lassen. Haley war das Gegenteil von dem, was er sich vorstellte. Sie war viel zu hübsch und, wie sie selbst zugegeben hatte, eine schlechte Köchin. Ihr geistiger Zustand war ebenso zweifelhaft wie ihre sexuelle Orientierung.
Sie trank hastig von ihrem Punsch. „Es könnte zum Beispiel passieren, dass Sie mit einer Frau ausgehen und sofort wissen, dass sie nicht die richtige ist. Die Frau aber verliebt sich in Sie.“ Sie sah ihn eindringlich an. „Ich meine, sie liebt Sie wirklich. Frauen, die Männer verfolgen, gibt es nicht nur im Film. Sie kennen doch so genannte Stalker?“
„Keine Sorge, so etwas passiert mir nicht.“
„Woher wollen Sie das wissen?“ Haley beugte sich vertraulich zu ihm. „Stalker sehen aus wie Sie und ich.“
Mehr wie sie. Er lächelte nachsichtig. „Erklären Sie mir, wie Sie einen Stalker erkennen.“
„Das ist doch das Gute an der Sache. Mich verfolgt niemand, weil ich mich mit niemandem verabrede.“
„Auch nicht mit Lesben?“
Sie runzelte die Stirn und begann an ihrem Daumennagel zu kauen. „Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.“
Adam schrieb hastig das Wort heterosexuell auf seinen Zettel und setzte hinter „mental stabil“ ein dickes Ausrufezeichen.
Okay, Haley hatte versprochen, sich zurückzuhalten. Aber ihr Nachbar Adam Hollander brauchte nun einmal dringend einen Ehestifter. Und für sie wäre es die sicherste Lösung, wenn sie ihm selbst zur Ehe verhalf.
Vor drei Tagen hatte sie ihn zum ersten Mal gesehen, in knappen Shorts und einem verwaschenen T-Shirt. Seitdem stellte sie ihren Entschluss, lesbisch zu werden, erheblich infrage. Er hatte heterosexuelle Fantasien in ihr angeregt, die sie nun seit drei Nächten in ihren Träumen auslebte.
Auf weitere Signale brauchte sie nicht zu warten. Bevor sie sich ernsthaft für Adam interessieren konnte und seiner Spezies womöglich eine neue Chance gab, würde sie ihm lieber eine nette Frau suchen und ihn unter die Haube bringen.
Sie gab ihrer Schwester Laura ein Glas Ananassaft mit zerstoßenem Eis. Die beiden Frauen hatten zwei Stühle auf den kleinen Balkon vor Haleys Schlafzimmer im zweiten Stock gestellt. Hier oben gab es weniger Mücken, und vom Fluss her wehte ein leichter Wind.
Belinda spielte mit ihren Cousinen Ali und Caitlin im Garten. Nebenan dröhnte Adams Rasenmäher.
„Du meinst also, ich sollte Joanne MacIntosh zu Belindas Geburtstagsparty einladen?“ nahm Laura das Gespräch wieder auf, als ihre Schwester sich hinsetzte.
„Genau.“ Haley nickte überzeugt. Für ihren Plan brauchte sie nur noch Lauras Unterstützung und etwas Sonnenschein am Samstagnachmittag. „Joanne war gestern Abend in meinem Töpferkurs. Ich habe mich mit ihr unterhalten. Meiner Meinung nach ist sie die perfekte Frau für meinen Nachbarn.“
„Du willst Joanne mit deinem Nachbarn zusammenbringen?“ Laura kniff die Augen zusammen.
„Stimmt.“
Das Dröhnen des Rasenmähers nahm zu, als Adam um die Hausecke bog. Er trug kein Hemd. Seine braune Haut glänzte in der Sonne.
Haley strich mit den Fingerspitzen über das kühle, glatte Glas. Sie zwang sich, ihre Schwester wieder anzusehen. „Er sucht eine Frau zum Heiraten.“
Laura schaute zu Adam hinüber. „Der Typ da drüben?“ Sie zog die Augenbrauen hoch.
„Ja.“
„Der Mann mit dem Rasenmäher?“
„Das ist er.“