Männer sind auch nur Menschen - Nicole Staudinger - E-Book

Männer sind auch nur Menschen E-Book

Nicole Staudinger

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Beschreibung

Der humorvolle Erfahrungsbericht, der beweist: Selbst ist die Frau, denn Irren ist männlich! Die beliebte Bestseller-Autorin Nicole Staudinger zeigt, wie es jeder Frau gelingt, die eigene Schlagfertigkeit zu entfesseln, sich von Selbstzweifeln frei zu machen und sich im Umgang mit Männern majestätisch und selbstbewusst zu behaupten: "Loyalität unter uns Ladys ist der beste Weg, Männern charmant die Stirn zu bieten!" Als Frauen wird unsere Schlagfertigkeit regelmäßig auf die Probe gestellt. Besonders dann, wenn die Männer in unserem Leben mal wieder das letzte Wort haben müssen und uns die Welt erklären wollen. Und wir? Lassen sie damit zu oft durchkommen. Dabei sind es nicht selten Ladys, die den Laden zusammenhalten und sich bei genauerem Hinsehen als wahre Superheldinnen des Alltags entpuppen. Höchste Zeit also, dass wir uns unserer stärksten Seiten bewusst werden und den Erklärbären dieser Welt das Tanzen beibringen! Ob im Beruf, der Familie, dem Privatleben oder im Alltag: Bestseller-Autorin Nicole Staudinger zeigt, wie Frau sich schlagfertig behauptet, ohne die Nerven oder die gute Laune zu verlieren. "Eine Frau, die sich traut." Bettina Böttinger "Sie ist auf der richtigen Seite, und das tut gut." Susanne Fröhlich

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Seitenzahl: 228

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Nicole Staudinger

Männer sind auch nur Menschen

Warum es hilft, sie hin und wieder daran zu erinnern

Knaur eBooks

Über dieses Buch

»Loyalität unter uns Ladys ist der beste Weg, Männern charmant die Stirn zu bieten!«

Als Frauen wird unsere Schlagfertigkeit regelmäßig auf die Probe gestellt. Besonders dann, wenn die Männer in unserem Leben mal wieder das letzte Wort haben müssen und uns die Welt erklären wollen. Und wir? Lassen sie damit zu oft durchkommen. Dabei sind es nicht selten Ladys, die den Laden zusammenhalten und sich bei genauerem Hinsehen als wahre Superheldinnen des Alltags entpuppen. Höchste Zeit also, dass wir uns unserer stärksten Seiten bewusst werden und den Erklärbären dieser Welt das Tanzen beibringen!

Ob im Beruf, der Familie, dem Privatleben oder im Alltag: Nicole Staudinger zeigt, wie Frau sich schlagfertig behauptet, ohne die Nerven oder die gute Laune zu verlieren.

 

Ein Muss für alle Schlagfertigkeitsqueens!

 

»Eine Frau, die sich traut.« Bettina Böttinger

 

»Sie ist auf der richtigen Seite, und das tut gut.« Susanne Fröhlich

Für alle Superheldinnen, die keinen Applaus bekommen.

 

Für all die tollen Frauen, die manchmal vergessen, was sie alles leisten und können.

 

Für all die Ladys, die jede(n) Jeck(in) anders Jeck sein lassen.

 

Für alle Schlagfertigkeitsqueens und solche, die es noch werden wollen!

 

Und für all die Menschen, die gerade auf einem Weg unterwegs sind, den sie so gar nicht auf der Landkarte hatten: Achtet auf die Blumen.

Liebe Leserinnen,

vielleicht macht es Sinn, dass ich mich kurz vorstelle, für die, die mich noch nicht kennen. Ich denke, es ist von Bedeutung, zumindest einen Teil meiner Lebensgeschichte diesem Buch voranzustellen.

 

Hallo!

Mein Name ist Nicole Staudinger, Jahrgang 1982. Ich kam über einen Schicksalsschlag zum Schreiben. Unmittelbar davor machte ich mich als zweifache Mutter und zertifizierte Trainerin mit Seminaren für Frauen zum Thema Schlagfertigkeit und Kommunikation selbstständig. Eine Schnaps- oder besser: Kölsch-Idee, die auf Anhieb funktionierte.

Vier Wochen später, an meinem 32. Geburtstag, bekam ich die Diagnose Brustkrebs. Ich habe mir die Brüste entfernen lassen. Vom Weg dahin und meinem Leben danach wollte ich unbedingt erzählen. In einem Buch.

Brüste umständehalber abzugeben landete 2015 über Nacht auf der Bestsellerliste.

Nach meiner Genesung machte ich da weiter, wo ich aufgehört hatte.

Ich schrieb die Schlagfertigkeitsqueen. Gut ein Jahr später folgte die Stehaufqueen, ein hochpersönliches Buch darüber, wie man die Herausforderungen des Lebens (elegant und majestätisch) meistern kann, kurz: Es geht darin um Resilienz. Anschließend widmete ich mich einer wirklich ernsten Sache. Und so lautete mein vierter Bestseller: Ich nehm schon zu, wenn andere essen!

Ich bin also die, die sich Frauenthemen schlagfertig annimmt, keine klassischen Lesungen, sondern Shows macht, in denen meist auch noch gesungen wird, und die dem Schreiben treu geblieben ist. Letzteres merken Sie just in diesem Moment, weil Sie Buch No. 5 in Händen halten.

Los geht’s!

Oh, sorry. Pardon. Tut mir leid. Darf ich mal?«

Frau Staudinger beim Versuch, ihr schweres Handgepäck in dem dafür vorgesehenen Stauraum im Flugzeug unterzubringen. Da ich nichts mehr hasse, als am Gepäckband auf meinen Koffer zu warten, versuche ich grundsätzlich, alles in meinem kleinen Trolley zu verstauen. Was wiederum zur Folge hat, dass dieser nicht selten siebentausend Kilo wiegt.

Wie so häufig bin ich am Montagmorgen im Flieger nach Berlin von zahlreichen Männern umgeben. Ich würde sagen, das Verhältnis von Anzugträgern zu Ladys ist siebzig zu dreißig. Ähnlich wie in Hotels am Frühstücksbüfett. Aus meiner Erfahrung heraus kommt auf vier Männer eine Frau. Was ja völlig okay ist, aber irgendwie auffällig.

Ähnlich auffällig wie die Tatsache, dass mir keiner der anwesenden Herren dabei behilflich ist, den Koffer über mich zu hieven. Ganz im Gegenteil. Hinter mir sitzt ein Mann in meinem Alter, und sein Gesichtsausdruck scheint Folgendes auszudrücken: Mädel, du willst emanzipiert sein – dann zieh das jetzt auch durch!

»Kommen Sie mal her, Sie armes Ding. Zusammen schaffen wir das«, tritt eine Dame jenseits der fünfzig an meine Seite und fügt deutlich lauter hinzu: »Die letzten Kavaliere sind ja alle im Krieg gefallen.«

Der Mann hinter mir steckt sich als prompte Reaktion die Kopfhörer in die Ohren.

»Ach, das ist nur eine Ausnahme!«, werden Sie jetzt rufen. Und ganz sicher ist sie das. Es gibt bestimmt noch viele hilfsbereite Männer. Vielleicht in dem Flieger nach München. Oder Honolulu.

Aber ich fand die Anekdote als Einstieg in dieses Buch passend.

Wie viele von Ihnen vielleicht wissen, gebe ich meine Seminare überwiegend für Frauen. Daher könnte sich der Verdacht aufdrängen, ich könne zu dem Thema »Männer sind auch nur Menschen« eigentlich gar nichts sagen. Kann ich aber wohl. Aus mehreren Gründen.

Zunächst einmal, weil ich mit vier Männern zusammenwohne. Sie sind von unter zehn bis knapp siebzig Jahre und liefern mir täglich Hunderttausende Gründe, dieses Buch zu schreiben.

Außerdem arbeite ich als Trainerin und Speakerin tatsächlich in einem immer noch männerdominierten Umfeld, was durchaus amüsant, teilweise aber auch erschreckend ist. Sie lesen dazu später noch etwas mehr. Und zu guter Letzt – und das ist für mich tatsächlich am spannendsten –, die Frauen, die ich trainiere, sind oftmals ganz allein unter Männern!

Ich verrate Ihnen also nicht nur meine ganz eigenen, nicht immer ernst gemeinten Überlebensstrategien im Umgang mit Männern, sondern erzähle Ihnen auch von Frauen, die sich ernst gemeinte Methoden zurechtgelegt haben, um besser zurechtzukommen. Und wie Schlagfertigkeit uns allen lebensrettend zur Seite stehen kann.

Das Buch bietet hier und da auch einen selbstreflektierten Blick auf uns Ladys und stellt die sehr ernst gemeinte Frage, ob die Herren der Schöpfung tatsächlich »das Problem« sind oder der Hund vielleicht ganz woanders begraben liegt …

Es ist kein Männermeckerbuch oder der Versuch, den Dreibeinern dieser Welt für irgendwas die Schuld in die Schuhe zu schieben. Nee, gar nicht! Denn manchmal kommt es sogar vor, dass wir uns von den Herren der Schöpfung Dinge abgucken. Aber pssst! Das verraten wir natürlich niemandem. Vor allem nicht den Männern!

Also, Ladys, viel Spaß beim Schmökern, Lachen und Ausprobieren!

 

Aller guten Dinge sind drei …

Das fängt ja gut an: drei Vorwörter, bevor es losgeht …

Aber manchmal – und davon kann ich leider ein Lied singen – spielt das Leben eben anders, als man es sich gedacht hat.

Mein Mann – alias »Hase« – und ich haben uns vor vierzehn Jahren das Versprechen der Ehe aus vollstem Herzen gegeben. Und wir sind durch wundervolle, sonnige Jahre und durch ganz heftige Stürme gemeinsam geschippert.

Leider trug uns der Wind in verschiedene Richtungen.

An so was trägt keiner Schuld, wenn, dann nur das Wetter. In unserem Fall das Leben.

Daher haben der »Hase« und ich während der Schreibphase beschlossen, unsere Ehe in eine Freundschaft zu verwandeln. Klingt kitschig und nach Phrase, ist aber keine.

Ich habe lange überlegt, ob ich Passagen in diesem Buch ändern soll, aber das wäre nicht echt, nicht authentisch und würde unserer gemeinsamen Zeit nicht gerecht werden. Dennoch möchte ich ehrlich zu Ihnen sein. Wenn Sie also Formulierungen lesen wie »und dafür liebe ich ihn«, so ist das immer noch aktuell, wenn auch auf einer anderen Ebene.

Da ich durch alle Bücher hinweg zu Ihnen, liebe Leserinnen, ein offenes und privates Verhältnis pflege, wollte ich einfach, dass Sie über diese Entwicklung Bescheid wissen.

 

Ihre Nicole Staudinger

Weiter im Text

Meine Freundin Annett arbeitet in einer führenden Position in der Baubranche. Diese Branche, das können Sie sich denken, ist immer noch schwer männerdominiert. Interessierte meine Freundin nie.

»Annett, wie sieht denn deine nächste Woche aus?«

»Ach, fast wie immer, außer, dass ich eine Rede vor versammelter Belegschaft halte.«

»Wie spannend! Bist du aufgeregt?«

»Nö. Warum?«

»Ich dachte nur. Wie viele Mitarbeiter seid ihr denn?«

»So um die fünfhundert und es kommen alle.«

»Hui, ich bin schon beim Zuhören aufgeregt!«

»Ich weiß, was ich sagen will, und der Rest kommt von allein.«

»Überwiegend Männer?«

»99 Prozent.«

»Darf ich mich dazwischenmogeln? Mich interessiert, wie du die händelst und ob ich einen Unterschied zu meinem überwiegend weiblichen Publikum feststellen kann.«

»Ja und ja«, sie lacht. »Du wirst einen Unterschied merken, das verspreche ich dir.«

Ich interessiere mich für die Jobs aller meiner Freundinnen, und wenn ich die Gelegenheit bekomme, schaue ich mir gerne genauer an, wie sie in ihrem Arbeitsumfeld agieren.

Aber im verschwörerischen Lachen meiner Freundin lag noch so viel mehr: Das wirst du nicht glauben, bis du es selbst erlebt hast …

Gesagt, getan.

Der Tag kam, ich schummelte mich ganz hinten in den großen Konferenzraum eines Tagungshotels und fiel im Prinzip nur durch mein Geschlecht auf. Die 99 Prozent Männeranteil waren nicht übertrieben.

Inhaltlich verstand ich rein gar nichts von dem, was Annett auf der Bühne präsentierte, aber ich konzentrierte mich ohnehin auf ihre Rhetorik und Körpersprache.

Und die beeindruckte mich schwer.

Ihr Stand war fest, denn die Füße hatte sie etwas weiter auseinandergestellt. Dadurch war sie geerdet. Das ist das Wort, das mir dazu einfällt. Sie war geerdet in allem, was sie während des Vortrags tat. Aber am beeindruckendsten empfand ich ihre Stimmlage und Atmung. Mensch, was für eine coole Socke! Tiefe, sonore Stimme, keine – nicht den Hauch einer – Spur von Nervosität. Und alle klebten an ihren Lippen.

Fast alle.

Bis auf die letzte Reihe.

Hier kam plötzlich Gekicher auf. Zwei Männer starteten mit anzüglichen Bemerkungen. Auch ohne den Inhalt zu verstehen, war durch die Handbewegungen klar, worüber man sich gerade austauschte. Die Oberweite meiner Freundin schien in jedem Fall mehr als der Inhalt der Rede zu interessieren.

Zu Beginn fiel es kaum auf, weil die Herren eben ganz hinten saßen. Doch die Stille Post zog schnell ihre Kreise, und Annett, die alle Zuhörer im Blick hatte, bekam das mit.

Während mir der Schweiß ausbrach, ließ sie sich gar keine Reaktion entlocken. Doch es musste in ihrem Kopf rattern, war ich sicher. Es lag an ihr, binnen Sekunden eine Entscheidung zu treffen:

Gehst du darauf ein oder hoffst du, dass es sich von selbst erledigt?

Denken und reden. Eine Fähigkeit, die nicht einfach ist, aber gute Speaker zeichnen sich genau darin aus.

Da ich mich als blinder Passagier nicht äußern durfte, und glauben Sie mir: Das fiel mir wirklich schwer, blieb mir wohl oder übel nur die Rolle der Beobachterin.

Was würde ich tun?

Was würden Sie tun?

Die Herren tuschelten weiter, die Kreise wurden größer. Köpfe drehten sich um und wollten an dem Spaß teilhaben.

»Entschuldigen Sie, wie war noch mal Ihr Name?«, fragte da meine Freundin von der Bühne herunter laut und deutlich den Kollegen, der aus ihrer Sicht federführend war. Sie nahm festen und selbstbewussten Blickkontakt auf.

»Kaufmann!«, antwortete dieser, ohne eine Spur eingeschüchtert zu sein.

Die Stimmung im Saal: in nur zwei Sekunden zum Schneiden.

Der »Kampf« war eröffnet.

»Lieber Herr Kaufmann, sind Sie so nett und wiederholen das Ganze noch mal laut für alle?«

Sämtliche Anwesenden drehten sich um.

Herr Kaufmann saß auf dem Präsentierteller.

Und jetzt sah man ihm an, dass er sich unwohl fühlte. Sicher wog er ab, ob er mit »Wir überlegen uns gerade, welcher Quote Sie Ihren Job zu verdanken haben« oder einer diplomatischeren Antwort kontern sollte.

Er entschied sich für Letzteres, vermutlich, weil sein Chef ebenfalls anwesend war:

»Ach, schon gut«, gab er klein bei.

Im Gegensatz zu Annett.

Die machte den Sack zu: »Ich dachte mir, dass es nichts Relevantes sein kann. Weiter im Text.«

 

»O Gott, Annett, ich verneige mich vor dir!«

»Warum?«

»Wie du das gemeistert hast, ohne die Nerven zu verlieren.«

»Das ist hier mein Alltag, daran habe ich mich gewöhnt. So etwas macht mich nicht mehr wuschig.«

Wir unterhielten uns noch lange darüber, und Annett weihte mich in ihr Geheimnis ein. Folgendes hat sie über die Zeit für sich erkannt:

Überlebensstrategien von Annett:

Der Schutzschild

Taaaadaaaa! Da ist er wieder, meine Damen. Wir haben schon in der Schlagfertigkeitsqueen ausführlich darüber gesprochen. Bevor Annett zur Arbeit geht, zieht sie ihn hoch. Er hilft ihr, Kommentare, die nicht zur inhaltlichen Debatte beitragen, an sich abprallen zu lassen.

Everybody’s Darling vs. Mäuschen vom Dienst

Einen Tod muss man sterben. Annett sagt: »Entweder ich riskiere, dass dieser eine Kollege mich doof findet, oder aber, dass mein ganzer Vortrag gesprengt wird.«

Der Ton macht die Musik

Nicht dass Annetts Ton überaus freundlich gewesen wäre, aber er war »harmlos«. Weil der Inhalt des Gesagten so knackig war. Je deutlicher die Nachricht, desto harmloser der Tonfall.

Nicht verallgemeinern

»Du hast gesehen, wie viele Zuschauer da waren. Die, die Unruhe gestiftet haben, waren nur ein paar. Die standen weder stellvertretend für alle, noch war es die Masse. Sprich: Der eine, der angefangen hat, hat es einfach nicht verdient, dass ich ihm so viel Aufmerksamkeit schenke.«

Ja, Ladys, so geht’s eben auch.

Nicht nur, dass mich Annetts Verhalten auf der Bühne grenzenlos beeindruckt hat. Am erstaunlichsten war für mich die Tatsache, dass der Zwischenfall sie wirklich nicht mitgenommen hat.

Die Sache war in dem Moment für sie abgehakt, als sie ihren Satz ausgesprochen hatte. Nach dem Vortrag in der Lobby begegnete sie dem Kollegen Kaufmann völlig unvoreingenommen und sogar freundlich. Sie hat es ihm nicht nachgetragen.

Wie hat sie das geschafft?

Annett hat ihr Fass leerlaufen lassen. Sie hat sich nichts verdrückt, wie wir es oft tun. Sie hat das Problem in dem Moment angepackt, in dem es aufgetaucht ist, und so dem Frust erst gar keine Chance gegeben, sich durch sie hindurchzufressen.

Zwischen der ersten Reaktion und dem Wegpacken gibt es nämlich noch ein paar Stufen. Wir, ich nehme mich davon nicht aus, reagieren vielleicht auf den »Bühnen« dieser Welt noch souverän, aber nachher, allein im Auto, kommen die Selbstzweifel oder der Ärger hoch.

Annetts Strategien geben ihr Kraft und Zuversicht, um angstbefreit in die nächste Situation zu gehen, anstatt in einer Habtachtstellung zu verharren, was sicherlich negative Auswirkungen auf ihren nächsten Vortrag vor vielen Menschen hätte.

Wenn ich eines in den letzten Jahren gelernt habe, dann ist es das: Menschen in Habtachtstellung können nicht über sich hinauswachsen und letztlich das Leben nicht genießen. Das gilt für sprachlose gleichermaßen wie für angstbelastete Menschen (beispielsweise nach einer schweren Erkrankung).

Angriff!

Fürchten wir Frauen uns vor Angriffen?

Vielleicht.

Annett mit Sicherheit nicht.

Auch eine Polizistin darf keinen Angriff fürchten, sonst hätte sie ihren Job falsch gewählt.

Lassen Sie uns diesem Thema einen Schlüsselsatz voranstellen: »Es wird der angegriffen, der den Ball hat.«

Alle anderen Spieler sind uninteressant. Die werden höchstens gedeckt oder abgeschirmt, um nicht an den Ball zu kommen und womöglich damit den ach so wichtigen Treffer zu versenken.

Wenn wir einen Angriff so sportlich betrachten, wirkt er gleich charmanter. Vorausgesetzt, man mag Sport. Meine Einstellung zu diesem leidigen Thema dürfte hinlänglich bekannt sein …

Wenn Sie mich fragen, liebe Damen, haben Sie darum nur zwei Möglichkeiten, wenn Sie sich im Job, in welcher Form auch immer, angegriffen fühlen:

den Angriff als sportliche Herausforderung zu sehen oder

die Latte für den Angreifer höher zu legen.

Womit wir wieder beim Thema Schutzschild wären.

Ich vermeide bewusst die Redensart »Sich ein dickes Fell zulegen«, weil das voraussetzt, dass wir tatsächlich dickfelliger werden und damit undurchlässiger. Die emotionale Seite, die uns Frauen oftmals als Schwäche ausgelegt wird, bezeichne ich jedoch ganz klar als unseren USP. Sofern wir sie gut einsetzen.

Unterschiedliche Gefühlsuniversen

Mein älterer Sohn, elf Jahre alt, und ich hatten neulich einen ganzen Tag nur für uns. Das mache ich manchmal: Da picke ich mir einen meiner beiden Söhne raus, und wir unternehmen etwas zu zweit. In diesem Fall war es also Max. Er begleitete mich erst zu einem Live-Radiointerview beim WDR, anschließend gingen wir eine Pizza essen und drehten eine große Runde im Wald, ehe wir nach Hause zurückkehrten. Ein traumhaft schöner Tag für uns beide.

Und der fing schon im Auto an. Da war Max Herr über Spotify, und wir sangen die ganze Fahrt über mit. Obwohl Max seine Mutter ziemlich langweilig findet (ich mache ja nur Bücher), fand er es beim Radio dann doch ziemlich cool.

Max und ich unterhielten uns an diesem Tag ganz ungezwungen miteinander. Ich nahm alles in mich auf wie ein Schwamm. Viel Zeit dazu haben wir nicht, also: Einfach nur genießen, nahm ich mir vor. Handy weg. Und mich auf dieses Zauberwesen konzentrieren.

Im Wald machten wir Pause an unserem Lieblingssee und starrten einfach auf das Wasser, bis Max ganz träumerisch sagte:

»Mama, weißt du, woran ich schon den gaaaaaanzen Tag denken muss?«

Frau Mama setzte sich in Positur, weil sie sich sicher war, genau in diesem Moment die Liebeserklärung ihres Lebens zu bekommen.

»Nein, mein Liebling, verrätst du es mir?«, säuselte ich zurück.

»Wie breit wohl Russland von oben nach unten ist?«

Ja, lesen Sie das ruhig noch einmal.

Zu gern hätte ich meinen Gesichtsausdruck gesehen.

Mit Sicherheit unbezahlbar.

Überlebensstrategie:

Atmen!

Männer und Gefühle. Hach! Schwieriges Thema. Aber nicht annährend so schwierig wie Frauen und Gefühle.

Ich will gar nicht behaupten, dass Männer keine Gefühle hätten, ganz sicher haben sie die. Aber vielleicht empfinden sie gewisse Dinge einfach anders als wir und bringen sie daher auch anders zum Ausdruck. Über dieses Thema wurde schon vieles gesagt, wurden Studien aufgestellt und Comedy-Programme geschrieben.

Und trotzdem widme ich mich dem Thema auch, einmal von der privaten und dann auch gerne noch einmal von der beruflichen Seite.

Wie Sie an Max und seinem Russlandfokus gesehen haben, scheinen die Gefühlswelten von Männern und Frauen ein bisschen auseinanderzudriften. Und ihre Bedürfnisse in denselben. Wir waren in dem Moment Mama und Kind, da konnte ich es gänzlich mit Humor betrachten. Aber mir fallen ad hoc hundert Gespräche zwischen meinem Mann und mir ein, in denen ich romantischen Gedanken nachhing und mein Mann … nicht die Spur. Einmal konnte er nicht verstehen, dass ich eine fleischfressende Pflanze von Aldi als gar nicht sooo passendes Hochzeitstagsgeschenk empfand.

»Du hast gesagt, du willst keine Blumen. Und die hier frisst sogar Fruchtfliegen.«

Toll!

Halb so schlimm. Meine Tränen sind ja auch wieder getrocknet.

Vielleicht sind wir Frauen emotional verwundbarer als Männer. Aber heißt das, dass wir diese Eigenart ablegen sollten? Oder ist es nicht genau das, was uns ausmacht?

Aus meiner Erfahrung heraus sind die meisten Frauen mit einer großen Portion Empathie ausgestattet, wir haben das Talent, mitzufühlen.

Lassen Sie sich das doch mal auf der Zunge zergehen: MITFÜHLEN.

Das ist ein Geschenk.

Im Laufe der letzten Jahre habe ich Zigtausende von Frauen live unterhalten. Besonders in der Show zur Stehaufqueen erkenne ich in den Augen meiner Zuschauerinnen oft eine Art Schmerz. Nicht über ihr eigenes Schicksal. Sie empfinden das nach, was ich auf der Bühne erzähle. Die Geschichten, die das Leben schreibt. Von mir und anderen Menschen, denen Schlimmes und ganz Schlimmes widerfahren ist.

Das hätte er mir gesagt

Sag mal, Hase, hatte Thorsten nicht Geburtstag?«

»Ja.«

»Kann es sein, dass er gefeiert hat? Ich meine, ich hätte da auf Facebook was gesehen.«

»Kann sein, ja.«

Ach, ich liebe diese ausgereiften Gespräche mit meinem Mann. Die haben so etwas Befriedigendes.

Zur Erklärung: Thorsten ist mit meinem Mann seit der Berufsschule befreundet. Also, zumindest sagen das beide. »Befreundet« ist ein Wort, das ich an gewisse Maßstäbe knüpfe. Und allein in diesem Satz liegt wahrscheinlich das ganze Dilemma.

Sie werden sehen …

Mein Mann und Thorsten sehen sich nicht oft, sie wohnen sechshundert Kilometer voneinander entfernt. Aber wann immer es einen in die Ecke des anderen zieht, gehen sie gemeinsam etwas essen oder trinken. Ich durfte einmal Zeugin eines dieser hochemotionalen Treffen sein. Und habe schon damals verstanden, dass meine Maßstäbe niemanden interessieren.

»Aber waren wir denn nicht eingeladen?«

Vielleicht hatte mein Mann schlicht abgesagt, weil einer von uns in Timbuktu verweilte. Unser Kalender ist tatsächlich ziemlich voll.

»Nö.«

»Warum nicht? Ist was passiert?«

»Was soll passiert sein?«

»Na ja, ihr seid doch so viele Jahre befreundet … Ich hätte gedacht, dass er zumindest dich zu seiner Feier einlädt.«

Kurze Denkpause bei meinem Mann.

»Ja, stimmt, hätte er machen können. Hat er aber nicht.«

»Habt ihr euch gestritten?«

»Nein!« Er guckt mich entsetzt an.

»Hast du irgendwas gesagt, was ihn getroffen hat? Oder ich??«

»Nee, das hätte er mir gesagt.« Mein Mann ist von mir genervt, und ich erkenne an seiner Tonlage, dass ihm unser Gespräch als nicht sinnvoll erscheint.

Mooooment. Noch mal zurück.

Meine Damen, können Sie sich das vorstellen?

Da feiert eine sehr gute Freundin Geburtstag, und wir werden nicht eingeladen.

Beim Einkaufen treffen Sie auf eine gemeinsame Bekannte:

»Hallooo, Liebes, bla, bla, bla, wir sehen uns dann am Samstag!«

»Tun wir das?«

»Na, Tina feiert doch.«

Schreck. Panik. Rotes Gesicht. Du bist seit dreißig Jahren mit Tina befreundet und weißt von keiner Feier.

Gedanke eins: Ich habe es vergessen. Sie hat mich natürlich eingeladen, aber ich habe es vergessen. Ooooooooh Mist!!!

Gedanke zwei, der parallel zu eins abläuft: So was vergisst du doch nicht! Wann soll sie dir das denn gesagt haben? Vielleicht kam die WhatsApp nicht an?

Leichte Übelkeit bei Gedanke Nummer drei: Sie hat mich nicht eingeladen. Sie hat mich nicht eingeladen. O Gott, was habe ich ihr getan? Wann habe ich ihr was getan?

Wüste weitere Gedanken: Sie ist die letzten Wochen schon so komisch. Sie mag mich nicht mehr. Sie liebt mich nicht mehr. Unsere Freundschaft ist aus und vorbei. Alle werden auf der Party über mich reden. Über den Vorfall. Wann war das noch mal, verdammt? Ich bin ein unsensibler Klotz!

Das passiert in unseren Köpfen binnen Sekunden, während wir antworten:

»Ich weiß noch nicht, ob ich’s schaffe. Du, sei mir nicht böse, ich muss jetzt weiter.« Küsschen rechts, Küsschen links. Wir fahren heim, und der Tag, ach, was sage ich, die ganze Woche ist im Eimer.

Unsere Selbstzweifel nehmen wir mit in unsere Familie und in unseren Job.

Wir könnten da rauskommen. Mit einem Telefonat:

»Tina, was ist los? Ich habe gerade gehört, dass du Geburtstag feierst. Davon weiß ich gar nichts. Ich bin fix und fertig. Was habe ich nicht mitbekommen?«

Oder aber wir würden die Strategie fahren wie mein Mann:

»Er hat wahrscheinlich einfach vergessen, mich einzuladen.«

»Hase, ich bitte dich! Das vergisst man doch nicht. Du hast ihn bestimmt verärgert.«

»Nee, das hätte er mir gesagt.«

Fertig. Aus. Gespräch beendet.

Ein paar Wochen später feiert mein Mann Geburtstag. Auf seiner Gästeliste steht ganz oben: Thorsten.

Jetzt ich:

»Ach, Thorsten kommt?«

»Na klar!«

»Na ja, sooo klar ist das nicht. Immerhin hat er dich nicht eingeladen.«

Mein Mann versteht den Zusammenhang so rein gar nicht und gibt mir noch nicht mal eine Antwort.

Der Abend kommt, und ich werde nervös. Ich bin gespannt auf das Aufeinandertreffen der beiden. Ob ich als Empathie-Kwien da etwas rauslesen werde? Muss ja. Zumindest in meiner Welt.

Die Party ist schon in vollem Gange, als Thorsten zur Tür hereinkommt. Die beiden begrüßen sich mit dem Maximalen an Gefühlen, das für zwei Westfalen möglich ist. Sie schlagen kumpelmäßig ein, drücken sich für 2,4 Sekunden und klopfen sich vertrauensvoll auf die Schulter.

»Herzlichen Glückwunsch, altes Haus!«, begrüßt Thorsten meinen Mann verbal. »Ist das schön, dich zu sehen! Haben wir viel zu lange nicht. Bei meiner Feier warst du ja leider nicht. Keine Zeit gehabt?«

»Komm erst mal rein. Du, ich wusste gar nicht, dass du feierst.«

»Ach, du kennst mich doch. Wer kommt, der kommt. Ich lade ja nie ein. Aber abends standen wie immer ein paar Leute vor der Tür.«

Punkt. Damit war das Thema durch, und wir verbrachten alle zusammen einen wundervollen Abend.

Springen wir noch mal zurück zu unserer eigenen Situation: Wenn wir es nicht über uns bringen, Tina anzurufen, um das vermeintliche Missverständnis aus der Welt zu schaffen, wie viel Zeit verwenden wir dann darauf, in unseren Gedanken auf dem Thema herumzureiten? Wochen, Monate, gar Jahre?

Vielleicht:

versuchen wir, über gemeinsame Freunde etwas herauszubekommen

schreiben ihr zum Geburtstag eine WhatsApp oder Karte

spielen wieder und wieder die Szenen unseres letzten Treffens mit Tina durch

suchen verzweifelt den Fehler

garantiert sogar sind wir schwer traurig

fühlen uns alleingelassen, von allen verraten und schlecht.

Ich garantiere Ihnen, dass mein Mann all das nicht gefühlt oder gedacht oder getan hat. Mit seinem »Nee, das hätte er mir gesagt« war er raus. Und zwar wirklich. Die Nicht-Einladung von Thorsten hat ihn keine grauen Haare und keine vergeudete Lebenszeit gekostet.

Mädels, da können wir uns doch eine Scheibe von abschneiden!

Und zwar von beiden Seiten. Von der rechten Backe eine saftige Scheibe, damit wir zukünftig direkt und ehrlich nachfragen, wenn wir das Gefühl haben, jemandem auf die Füße getreten zu sein. Von der linken Backe, damit wir genauso offen sind, wenn jemand uns auf die Füße getreten ist. Nicht zickig oder barsch, sondern nett und freundlich, gerne unter vier Augen.

Und vielleicht – und meiner Erfahrung nach ist es meistens so –, ja vielleicht liegt einfach nur ein Missverständnis vor.

Hätten wir Tina direkt angerufen, hätte sie womöglich gesagt:

»O Gott, nein, Liebes, wie kommst du denn darauf? Sag bloß, ich hab ausgerechnet dich in der WhatsApp-Gruppe zu meinem Geburtstag vergessen! Wie blöd bin ich denn?«

Eine Bemerkung am Rande: Ich will nicht wissen, wie viele Freundschaften allein an WhatsApp zugrunde gegangen sind. Ich finde, Emojis gehören für den Friedensnobelpreis nominiert. Ihnen ist es immerhin zu verdanken, dass man ein Stück weit die Tonalität mitgeben kann, die das geschriebene Wort tatsächlich haben soll.

Oder aber:

»O Gott, nein, Liebes, wie kommst du denn darauf? Habt ihr meine Einladung nicht bekommen?« Und du guckst hinter die Kommode und entdeckst, verkeilt zwischen Spinnweben und Wollmäusen, eine Postkarte, die da so nicht hingehört.

Im schlimmsten Fall hätte Tina gesagt:

»Ach, Liebes, wie schön, dass du anrufst. Ich habe mich echt nicht getraut, weil ich dir doch 1989