Marga la Tedesca - Else Ury - E-Book

Marga la Tedesca E-Book

Else Ury

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Beschreibung

Marga studiert Kunstgeschichte in den Vorbergen von Florenz. Eineinhalb Jahre vergehen und Margas Leben sieht schön aus. Sie wird sogar Besitzerin der "Villa Angelo" mit wunderschönen Zypressen. Was wie ein schönes Leben in Italien scheint, wird aber plötzlich anders, denn es herrscht ein schrecklicher Weltkrieg. Marga möchte zurück nach Deutschland, stattdessen wird sie aber in die Schweiz geschickt. Wird die junge Frau trotz der schwierigen Umstände noch irgendwo ihre Heimat finden?-

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Seitenzahl: 35

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Else Ury

Marga la Tedesca

 

Saga

Marga la Tedesca

 

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1931, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788726884685

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

Hoch oben in den Vorbergen der Apenninen, die auf Florenz hinabschauen, steht ein altes Säulenhaus. Zwei Riesenzypressen sind seine Wächter. Es ist ein altitalienisches Landhaus aus dem fünfzehnten Jahrhundert, da die vornehmen Florentiner ihre Sommersitze droben in den Bergen bezogen, wenn es in der Stadt drunten gar zu heiß wurde. Ein flaches Dach hat das weiße Haus, wie fast alle Häuser in Italien, und schön gequaderten Marmorfußboden. Von der großen offenen Halle, die zu den blumenüberwucherten Gartenterrassen hinabführt, hat man einen herrlichen Blick auf die vom Arno durchflossene Stadt mit ihren Domkuppeln und Glockentürmen. Der Fremde, der Florenz auf kurze Zeit besucht, verirrt sich kaum in diese abseitsgelegene Bergwildnis. Und doch ziehen Reisende hinauf zur Villa Angelo. Maulesel befördern ihr Gepäck in kleinen zweirädrigen Karren. Denn für Wagen und Pferd sind die Wege zu steinig und schlecht. Deutsche Künstler und Künstlerinnen, Maler und Bildhauer, Kunstgeschichtsstudierende halten mit Vorliebe in dieses Bergidyll ihren Einzug. Eine deutsche Kolonie hat sich da oben in der toskanischen Bergwildnis angesiedelt. Reges Geistesleben herrscht in Villa Angelo. Jedes der unzähligen schwarzhaarigen und dunkeläugigen Kinder, welche die Berghänge mit ihren armseligen Hütten bevölkern, kennt die Besitzerin. Alle lieben und verehren Marga la Tedesca. Aber das ist nicht immer so gewesen.

Über zwanzig Jahre ist es her, etwa fünf bis sechs Jahre vor dem Weltkrieg, da kam die junge Berlinerin Margarete Engel nach Florenz. Für einige Monate sollte sie dort bleiben. Sie hatte schweres Leid in Deutschland durchlitten. Eine tückische Epidemie hatte ihre Eltern und Geschwister in wenigen Wochen dahingerafft. Nun hatten Arzt und Vormund sie nach der Sonnenstadt Florenz geschickt, um hier körperlich und seelisch zu gesunden. Kunstgeschichte wollte sie studieren an der Quelle der italienischen Renaissance. Als Alleinerbin eines kleinen Vermögens war sie trotz ihrer Jugend unabhängig. In einer am Arno gelegenen italienischen Familienpension fand sie Aufnahme. Aber da sie die italienische Sprache nur unvollkommen verstand und noch unvollkommener sprach, fühlte sie sich trotz des freundlichen Entgegenkommens ihrer Wirtsleute vereinsamt. Um so mehr war sie bald in den Uffizien und in der Galleria Pitti, den berühmten Gemäldegalerien, zu Hause.

Vor Raffaels frommen Madonnenbildern löste sich ihr starrer Schmerz. Ruhe und Gottergebenheit zogen in ihr Herz. Die anmutigen Frühlingsgestalten Botticellis gaben ihr neuen Lebensmut; ihre durch das Leid niedergehaltene Jugendfreude erwachte wieder. Ihre Energie und ihr Wille zur Arbeit wurden durch den größten Künstler Italiens ausgelöst, durch Michelangelo. Angelo, das hieß auf deutsch Engel; sie trug den gleichen Namen – sie mußte sich des Namens würdig zeigen.

Der deutsche Kunstgeschichtsprofessor, der Führungen für deutsche Studierende in den Galerien veranstaltete und bei dem sie Kolleg hörte, erstaunte immer wieder aufs neue über das lebhafte Interesse, über die Begeisterungs- und Aufnahmefähigkeit seiner jüngsten Hörerin. Sie konnte nicht viel über achtzehn Jahre sein. In den schwarzen Trauerkleidern wirkte ihr schmales Gesicht noch zarter und jünger. Mit dem hellbraunen gescheitelten Haar und dem Schmerzenszug um den Mund sah sie selbst wie eine kleine Madonna aus. »Mater dolorosa – Schmerzenmutter« nannte sie Professor König, wenn er seiner Frau daheim von seinen Studenten erzählte.

»Fordere die Kleine doch auf, uns bald einmal zu besuchen. Das arme Kind ist sicherlich verwaist und fühlt sich im fremden Lande vereinsamt. Es ist unsere Pflicht, die kleine Landsmännin in unser Haus zu ziehen«, sagte die menschenfreundliche Frau.

Das Haus, das Professor König bewohnte, lag mitten in Weingärten und Olivenwäldern am Berghang der Apenninen hoch über Florenz. Bis zum Fuß der Berge konnte man die Straßenbahn benutzen. Dann hieß es auf Schusters Rappen den steinigen Weg emporklimmen.