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Ich ritt am Prairie Dog Town Fork des Red River entlang in Richtung Amarillo. In der Nähe von Tampico hatte ich einen Streit zwischen einer Ranch der Panhandle Cattle Company und einigen Siedlern zu schlichten gehabt, und nun befand ich mich mitten im Palo Duro Canyon, einem Gebiet, das dem Auge eine Natur bot, wie man sie nur selten zu sehen bekommt, in dem aber auch Gefahr und Tod allgegenwärtig waren.
Covervorlage: Steve Mayer
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Veröffentlichungsjahr: 2017
Band 8
Marshal Logan – Garnett Morgans fünftes Ass
Western von Pete Hackett
U.S. Marshal Bill Logan – die neue Western-Romanserie von Bestseller-Autor Pete Hackett! Abgeschlossene Romane aus einer erbarmungslosen Zeit über einen einsamen Kämpfer für das Recht.
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author
© der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
Ich ritt am Prairie Dog Town Fork des Red River entlang in Richtung Amarillo. In der Nähe von Tampico hatte ich einen Streit zwischen einer Ranch der Panhandle Cattle Company und einigen Siedlern zu schlichten gehabt, und nun befand ich mich mitten im Palo Duro Canyon, einem Gebiet, das dem Auge eine Natur bot, wie man sie nur selten zu sehen bekommt, in dem aber auch Gefahr und Tod allgegenwärtig waren.
Es war ein warmer Tag im September. An den Bäumen und Sträuchern färbten sich die Blätter schon gelb. Rechter Hand von mir schlängelte sich der Fluss, der im Laufe von Jahrmillionen den Canyon geformt hatte. Die Sohle des Canyons war verhältnismäßig eben, zu beiden Seiten erhoben sich Felsen in allen Formen und Farben, die an manchen Stellen bis auf etwa zehn Meilen zusammenrückten, zwischen denen die Entfernung aber auch hier und dort bis zu vierzig Meilen betrug. Hohe Felsen warfen lange Schatten in staubige, öde Täler, schweigend erhoben sich die mächtigen Berge wie riesige Grabsteine.
Die Wildnis erstreckte sich weit und einsam. Bizarre Felsen und Mesen, Täler und Schluchten, mit verkrüppelten Bäumen und Büschen bewachsene Hänge, Geröll und der Sand der weiten Ebenen - all das wirkte wild und menschenfeindlich.
Zwischen einigen übermannshohen Felsen, die wie von Riesenhand hingestellt anmuteten, sah ich Rauch aufsteigen und ich zügelte sofort mein Pferd. Vorsicht war geboten. Wer sich in dieser Ödnis herumtrieb, musste einen guten Grund haben. Entweder er wollte - wie ich - auf schnellstem Wag nach Hause gelangen, oder er hatte Dreck am Stecken und befand sich auf der Flucht - in der Regel auf der Flucht vor dem Gesetz.
Fast automatisch zog ich die Winchester aus dem Scabbard, repetierte, stellte das Gewehr mit der Kolbenplatte auf meinen Oberschenkel und trieb das Pferd wieder an. Ich verspürte leichte Anspannung, jeder meiner Sinne war aktiviert, ich war bereit, ansatzlos zu reagieren. Viel zu viel Gesindel trieb sich in diesem Land herum.
Im Schritttempo näherte ich mich der Gruppe von Felsen. Manchmal klirrte ein Hufeisen, wenn es gegen einen Stein stieß. Als ich mich den Felsen bis auf etwa fünfzig Schritte genährt hatte, trat ein hoch gewachsener Mann zwischen ihnen hervor. Er hielt das Gewehr an der Seite und hatte sich den Kolben unter die Achsel geklemmt.
Ich zerrte meinen Vierbeiner in den Stand. Das Tier prustete und trat auf der Stelle. Der Bursche, der sich mir zeigte, hatte dunkle Haare, er hatte sich seit Tagen nicht mehr rasiert, und er sah verstaubt und verschwitzt aus. Ich schätzte ihn auf Mitte dreißig. Nun winkte er mir zu und bedeutete mir damit, näherzukommen. Ich befeuchtete mir mit der Zungenspitze die trockenen Lippen, schließlich ruckte ich im Sattel. „Hüh!“
Das Pferd setzte sich in Bewegung. Mein Blick hatte sich regelrecht an dem heruntergekommen Mann festgekrallt. Als ich eine Pferdelänge vor ihm erneut zügelte, hatte ich mir ein Bild von ihm gemacht. Er vermittelte Ruhe, ich konnte nicht die Spur von Rastlosigkeit in seinen Zügen feststellen. Seine Augen waren entzündet, in seinem wild wuchernden Bart klebte Staub. Ja, der Bursche sah ausgesprochen mitgenommen aus, aber irgendwie kam er mir auf Anhieb Vertrauen erweckend vor.
„Mein Name ist Logan“, stellte ich mich vor. „Ich bin U.S. Deputy Marshal und in Amarillo stationiert.“
„Der Stern an deiner Weste ist kaum zu übersehen, Marshal“, antwortete der Fremde und senkte die Winchester. „Ich bin Garnett Morgan und komme von Haskell herauf. Dort unten habe ich bis vor drei Wochen eine Ranch betrieben.“
Ich rammte mein Gewehr in den Scabbard und schwang mich vom Pferd. „Hast du aufgegeben?“, fragte ich. „Oder hat man dich verjagt? Ist jemand hinter dir her?“
Er zeigte ein verzerrtes - mehr angedeutetes Grinsen und antwortete: „Hinter mir ist niemand her, Marshal. Aber ich jage einige Kerle - ich reite auf der Fährte der Mörder meiner Frau. Ihre Namen sind Gordon McKeen, Russel Glover, Ryan Young und Strother Wilson.“
Ich hielt mein Pferd am Kopfgeschirr fest und lauschte sekundenlang seinen Worten hinterher, denn ich verspürte Betroffenheit und es dauerte einige Zeit, bis ich diese Eröffnung verarbeitet hatte. „Heiliger Rauch!“, entfuhr es mir schließlich. „Die vier haben deine Frau ...“
Ich brach ab, etwas in mir weigerte sich, den Satz zu Ende zu führen, alles in mir sträubte sich dagegen, das Ungeheuerliche zu wiederholen. Ich verspürte unvermittelt einen Kloß im Hals, den ich nicht hinunterzuwürgen vermochte.
„Es waren fünf“, erklärte Morgan geradezu gelassen. „Der fünfte der Kerle hieß Glenn Stiles.“
„Hieß?“, echote ich fragend.
Morgan nickte. „Ich habe ihn in Silverton eingeholt. Er blieb in der Stadt zurück, weil er sich den Knöchel verstaucht hatte. Ich habe dafür gesorgt, dass er für immer in Silverton bleibt. Sie haben sechs Fuß Erdreich über ihn gehäuft.“
Auch dies sagte er ohne die Spur einer Gemütsregung. Als ich nichts erwiderte, fuhr er fort: „Stiles hat mir die Namen seiner Kumpane genannt. Sie sind auf dem Weg nach Kansas, weil ihnen in Texas der Boden höllisch heiß geworden ist unter den Stiefelsohlen.“
„Sehr eilig scheinen es die vier aber nicht zu haben“, gab ich zu verstehen.
Garnett Morgan zuckte gleichmütig mit den Achseln und erwiderte: „Sie wissen nicht, dass ich hinter ihnen her bin. Die Bande zieht eine Zickzackfährte nach Norden. Einige Male habe ich sie schon verloren, doch es ist mir immer wieder gelungen, sie aufzunehmen. Zuletzt hielten sich die Schufte einige Tage in Tulia auf. Sie haben sich, nachdem sie die Stadt verlassen hatten, ostwärts gewandt. Jetzt scheint es, als wollen sie nach Amarillo.“
„Du reitest einen blutigen Trail der Rache, Morgan, wie mir scheint“, verlieh ich meinem nächsten Gedanken Ausdruck. „Warum hast du dich nicht an das Gesetz gewandt? Die Zeiten, in denen ein Mann selbst das Recht in die Hände nehmen durfte, sind vorbei.“
Jetzt verdüsterte sich sein Blick, sein Gesicht verschloss sich, und er stieß hervor: „Der County Sheriff folgte mit einem Aufgebot den Mördern. Ich weiß nicht, wie ernst es ihm damit war, die Verbrecher einzuholen und zur Rechenschaft zu ziehen. Du musst wissen, Marshal, meine Frau war eine Comanche. Ich war in der Gegend um Haskell nicht besonders angesehen, weil ich mit einer Indianerin verheiratet war, sie nannten mich nur den Squawmann. Als ich meine ermordete Frau in die Stadt brachte, berührte das die Menschen dort nicht sonderlich. Kurz und gut: Nach einigen Stunden erfolgloser Verfolgung kehrte das Aufgebot um. Ob der Sheriff in der Zwischenzeit die Fahndung nach den Mördern eingeleitet hat, weiß ich nicht.“