Martin Luther: Wider das Papsttum, vom Teufel gestiftet - Martin Luther - E-Book

Martin Luther: Wider das Papsttum, vom Teufel gestiftet E-Book

Martin Luther

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Beschreibung

Martin Luther: Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet | Neue Übertragung aus Luthers ostmitteldeutscher Sprache | Etwa 100 Jahre vor Luther erreichte das Papsttum den Zenit seiner Dekadenz. Die Päpste schwelgten in Pomp und Orgien. Nicht anders als die weltlichen Herrscher jener Zeit vergnügten sie sich nach Kräften und zeugten Kinder mit zahlreichen Konkubinen. - Diese Vorgeschichte muss man kennen, um zu verstehen, wie ein kirchentreuer und gottesfürchtiger Mann wie Martin Luther eine Schrift wie die vorliegende verfassen konnte, mit dem skandalösen Titel: »Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet«. | Kaum einer weiß heute, mit welch großem Kaliber Martin Luther den damaligen Papst und die gesamte Kirchenführung attackiert hat. Da fallen Worte wie »Höllischster Vater, »Papstesel«, »Furzesel«, »Epikurische Sau«, »Endchrist«, »Teufel« und vieles mehr. - Luthers deftige Sprache macht dieses Pamphlet wider das Papsttum zu einem erstaunlichen, überraschenden, und nicht zuletzt amüsanten Leseerlebnis.

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INHALT

Vorbemerkung des Herausgebers

Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet

Streit um ein Konzil

Konzil über dem Papst – Papst über dem Konzil?

Torheit und Sünden der Päpste

Frei, christlich, deutsch

Vorrang zwischen Papst und Kaiser

Wer bestimmt die Teilnehmer des Konzils – Kaiser oder Papst?

Der Papst – kein Friedensstifter

Die Verdrehung der Heiligen Schrift

Das erste Stück

Der Papst, der Oberste über alle Bischöfe?

Päpste als Nachfolger von Petrus, dem Fels der Kirche?

Papsttum – im Namen des Teufels

Der Papst – von wem eingesetzt?

Das Papsttum – reine Erfindung

Christus und Petrus als Kirchengründer?

Alle Apostel mit gleicher Gewalt

Petrus und Paulus

Christus, Petrus oder der Papst als Fels?

Alles was Du bindest auf Erden

Des Teufels Schlüssel hat der Papst

Binden, bannen und strafen

Weide meine Schafe

Die Heilige Christliche Kirche

Das zweite Stück

Wer darf urteilen und richten?

Was ist mit der Heiligen Schrift?

Der Papst von Gott verdammt

Das dritte Stück

Kaiser und Päpste in der Historie

Wörterverzeichnis

Abwertende Bezeichnungen, die Luther dem Papst und dessen Hofstaat angedeihen ließ

Über Martin Luther

VORBEMERKUNG DES HERAUSGEBERS

ETWA 100 JAHRE VOR LUTHER erreichte das Papsttum den Zenit seiner Dekadenz. Die gesamte päpstliche Verwaltung hatte 1307 Rom verlassen und sich im südfranzösischen Avignon angesiedelt. Die Päpste schwelgten hier in Pomp und Orgien – und nicht nur kulinarischen: Zeitgenossen berichten, dass zeitweise sogar ein Bordell im Papstpalast untergebracht gewesen sei. Und nicht anders als die weltlichen Herrscher jener Zeit vergnügten sich die Päpste nach Kräften und zeugten Kinder mit zahlreichen Konkubinen.

»Eine Höhle von Gespenstern und Teufeln, die Schmutzgrube aller Laster, die Hölle der Lebendigen«, nannte der Dichter Francesco Petrarca (1304–1374) den Papstpalast am Ufer der Rhone. »Gott wird hier verachtet, das Geld angebetet, die Gesetze werden mit Füßen getreten, die Guten verhöhnt.« – Kein Wunder, dass die obersten Herren des Klerus, allen voran der Papst, damals an Autorität und Ansehen verloren. Zwar hatte sich zu Luthers Zeit die Lage wieder beruhigt und der Papst war nach Rom zurückgekehrt, aber die Glaubwürdigkeit der Kirchenführung war angekratzt.

Diese Vorgeschichte muss man kennen, um zu verstehen, wie ein kirchentreuer und gottesfürchtiger Mann wie Martin Luther eine Schrift wie die vorliegende verfassen konnte, mit dem skandalösen Titel: ›Wider das Papsttum, vom Teufel gestiftet‹.

Begonnen hatte Luthers kirchenkritische Haltung mit der Veröffentlichung seiner 95 Thesen in Wittenberg im Jahr 1517. Im Zentrum der Thesen steht die Kritik am ›Ablasshandel‹. Bei diesem Geschäft wurde – mit Förderung durch die Bischöfe – den Gläubigen vorgegaukelt, sie könnten sich durch einen Geldbetrag an die kirchlich lizenzierten Ablassnehmer von ihren Sünden freikaufen – und das, ohne jegliche Reue an den Tag zu legen.

Im Lauf der Jahre wird Luthers Kritik grundsätzlicher, und er stellt das Papsttum insgesamt in Frage. War seine Wortwahl früher noch einigermaßen vorsichtig und moderat gewesen, so wird der Ton mit Luthers zunehmendem Alter schärfer. Er prangert die weltliche Machtbesessenheit der Päpste ebenso an wie ihre Völlerei und Hurerei. Auch die Methoden, mit denen sich die Päpste ihre Legitimation zur Herrschaft über alle Christen und auch über weltliche Pfründe erschlichen haben, beschreibt und kritisiert er.

Kaum einer weiß heute, mit welch großem Kaliber Martin Luther den damaligen Papst und die gesamte Kirchenführung attackierte. Da fallen Worte wie ›Höllischer Vater‹, ›Papstesel‹, ›Furzesel‹, ›Epikurische Sau‹, ›Endchrist‹, ›Teufel‹ und vieles mehr. – Luthers deftige Sprache macht dieses Pamphlet wider das Papsttum zu einem erstaunlichen, überraschenden, und nicht zuletzt amüsanten Leseerlebnis.

© Redaktion ModerneZeiten (Hrsg.) & Richard Steinheimer (Übersetzer), 2017

Zur hier vorliegenden Neuübersetzung: In der herkömmlichen Fassung von 1545 – in Luthers Schreibsprache, dem Ostmitteldeutschen mit einem Einschlag ins Fränkische – ist dieser Luthertext nur mit Mühe verständlich. Die hier vorliegende Neu-Übertragung macht Luthers Text flüssig lesbar, ohne sich weit vom Originaltext zu entfernen. Dazu wurden alte Schreibweisen ersetzt, gelegentlich Satzteile umgestellt und überlange Sätze in mehrere aufgeteilt. Wo immer es möglich war, blieben Luthers Originalworte erhalten. Kein Textteil wurde gekürzt oder unterdrückt. Größere lateinische Passagen wurden nicht ins Deutsche übersetzt. Die Übertragung erhebt keinen wissenschaftlichen Anspruch, sondern will interessierten Laien das zügige Lesen des Buches ermöglichen.

Eckige Klammern enthalten Anmerkungen des Übersetzers. Im Anhang findet sich eine Wörterliste mit Begriffen aus dem originalen Luthertext, zusammen mit den hier verwendeten Synonymen und Substituten. Ebenso gibt es im Anhang eine amüsante Auflistung von Luthers Flüchen und Schimpfworten wider den Papst und die Kurie.

Der Übersetzer

WIDER DAS PAPSTTUM ZU ROM,VOM TEUFEL GESTIFTET

Streit um ein Konzil

Der allerhöllischste1 Vater Sankt Paul III., Bischof der Römischen Kirche, hat zwei Breve2 an Karl V., unseren Herrn Kaiser geschrieben, in denen er sich fast zornig stellt, murrt und das Beispiel seiner Vorgänger wiederholt, es gebühre weder einem Kaiser noch irgendjemandem, ein Konzil anzusetzen, auch nicht ein ›Nationales‹, sondern alleine dem Papst. Denn allein der Papst habe die Macht anzusetzen, zu ordnen und alles zu bestimmen, was in der Kirche zu glauben und zu leben sei. Er hat auch eine Bulle3 ausgegeben, nun fast zum fünften Mal, dass es abermals zu Trient ein Konzil4 geben soll, aber so fernab, dass niemand dorthin kommt, als allein seine eigene Grundsuppe5 , Epikureer, und was ihm leidlich ist. Hierauf ist mich Lust angekommen, darauf zu antworten, mit Gottes Gnade und Hilfe, Amen.

Erstens, ich bitte dich um Gottes Willen, wenn du ein Christ bist oder irgendwer mit natürlichem Verstand, so sage mir doch, ob du es verstehen oder begreifen kannst, was das für ein Konzil sein soll, oder ob es ein Konzil sein kann, wo der gräuliche Gräuel zu Rom, der sich Papst nennt, solchen Vorbehalt macht und sich das Recht nimmt und alles, was im Konzil beschlossen wird, zu reißen, zu ändern und zu verneinen, wie fast alle seine Dekrete es oft verkünden. Dünkt dich nicht, mein lieber Bruder in Christo bzw. mein lieber vernünftiger Freund, dass ein solches Konzil nichts anderes als ein Gaukelspiel sein müsse, dem Papst in der Fastnacht passend zur Kurzweil?

Ist es denn nötig, solche großen Kosten und Mühen auf das Konzil zu verwenden, wenn zuvor der Papst schon beschlossen hat, dass alles, was im Konzil gemacht oder getan wird, ihm unterworfen und nichts sein soll? Es sei denn, es gefällt ihm so recht gut, allein die Macht zu haben und alles zu verdammen. Um derart Kosten zu vermeiden, wäre es ja wohl besser zu sagen: Allerhöllischster Vater, weil es egal ist, was vor oder im oder nach dem Konzil beschlossen ist oder wird, so wollen wir lieber gleich ohne alle Konzile Eurer Höllischkeit glauben und Euch anbeten. Sagt uns nur zuvor, was wir tun sollen, domine quid uis me facere? So wollen wir von Eurer Höllischkeit den fröhlichen Gesang singen: Virgo ante partum, in partu, post partum, auf dass ihr die reine Jungfrau Maria seid, die nicht gesündigt hat, noch hinfort sündigen kann. Wenn nicht, so sagt uns doch um Gottes Willen, wozu die Konzile not oder nütze sind, da Eure Höllischkeit so große Macht darüber hat, dass sie Nichts sein sollen, wenn es Eurer Höllischkeit nicht gefällt, oder beweist doch uns armen untertänigen »bon Christians«6, woher Eure Höllischkeit solche Gewalt hat. Wo sind Siegel und Briefe, die Euch solches Recht von Eurem Oberherrn geben? Wo ist die Schrift, die uns Solches zwingt zu glauben? Will Eure Höllischkeit die selbigen uns nicht zeigen? Wohlan, so wollen wir sie selbst fleißig suchen, und es mit Gottes Hilfe gewiss gar in Kürze finden.

Indes sehen und hören wir, wie der Papst so ein meisterlicher Gaukler ist. Denn gleich wie ein Gaukler den albernen Leuten ins Maul golden gaukelt, wenn sie es auftun, haben sie nur den Pferdsdreck drinnen. So tut es auch dieser schändliche Lecker Paul III., der nun schier zum fünften Mal ein Konzil ausschreibt, dass, wer die Worte hört, denken muss, es sei sein Ernst. Aber ehe wir uns umsehen, so hat er uns Pferdsdreck ins Maul gegaukelt. Denn er will ein solches Konzil geben, in dem er seine Macht ausüben und alles darin Beschlossene mit Füßen treten kann. Für solches Konzil danke ihm der leidige Teufel. Und es kommen auch (andere) nicht hinein als der leidige Teufel, dazu seine Mutter, seine Schwester und seine Hurenkinder, Papst, Kardinäle und was mehr der höllischen Grundsuppe zu Rom ist.

Konzil über dem Papst – Papst über dem Konzil?

Es geht nun in das vierundzwanzigste Jahr, dass zu Worms der erste Reichstag unter diesem Kaiser Karl [V.] gehalten wurde, wo selbst ich auch persönlich vor dem Kaiser und dem ganzem Reich stand. In demselben Reichstag wurde von allen Ständen des Reiches begehrt, dass etliche große, unleidliche Lasten (welche dazumal genannt, und hernach zu Nürnberg auf dem Reichstag dem Papst Hadrian angezeigt und in den Druck gebracht wurden, der auch noch vorhanden ist) vom Papst und den Geistlichen abgenommen werden sollten, oder sie wollten sich selbst davon befreien. Daneben wurde begehrt, Kaiserliche Majestät wollten bei dem Papst erbeten, ein allgemeines, freies, christliches Konzil in Deutschland anzusetzen und abzuhalten, oder ein nationales Konzil einzuberufen, welches der liebe Kaiser bisher immer fleißig erbeten hatte, aber bei den Päpsten auf taube Ohren stieß. Daher sind 24 Jahre lang diese drei Worte im Geschrei geblieben: freies, christliches Konzil, in deutschen Landen.

Diese drei Worte: frei, christlich, deutsch sind dem Papst und dem Römischen Hof nichts weiter als eitles Gift, Tod, Teufel und die Hölle. Er kann sie nicht leiden, weder sehen noch hören. Da wird nichts Anderes draus, das ist gewiss, eher ließe er sich dazu hinreißen, und würde eher türkisch oder teuflisch oder was ihm sonst helfen könnte. Das ist der Grund: Anno 1415 ist in Deutschland ein Konzil zu Konstanz gehalten worden, während dem Johannes Hus und Hieronymus gemartert und drei Päpste abgesetzt worden sind, und der vierte, Martin V. gewählt wurde. Aber das Ärgste und Gräulichste, wovor dem Papst so scheußlich graut, war die Tatsache, dass beschlossen und gesetzt wurde, dass ein Konzil über dem Papst stehe und nicht der Papst über dem Konzil. Und das Konzil hätte Macht, den Papst zu richten, urteilen, strafen, einzusetzen und abzusetzen. Aber der Papst hätte nicht das Recht, das Konzil zu richten, zu urteilen oder zu ändern. Ah, autsch, das Stücklein schmerzt sie, der Stift steckt tief in ihren Herzen, der Stein will Ihnen das Herz abdrücken. Haben sie sich da einmal gebrannt, kommen sie nicht wieder. Eher ließen sie die ganze Welt im Blut baden und ersaufen. So tat es denn der Papst Eugenius, denn der richtete Mord und Blutvergießen bei Straßburg durch den Dauphin [Thronerbe] aus Frankreich an, sodass er das Konzil zu Basel riss, welches nach dem Beispiel und der Ordnung des Konzils zu Konstanz angefangen und schon einen Papst erwählt hatte: Amadeus VIII., Herzog zu Savoyen, Felix V. genannt [letzter Gegenpapst]. Aber wenn es Frieden werden sollte, dann musste derselbe Papst abtreten, und das Konzil fallen, denn sie können und wollen sich das Spiel nicht mehr erlauben, das sie zu Konstanz erlitten.

Für solches Konzil danke ihm der leidige Teufel.

Nun hatte das Konzil zu Konstanz, welches unheilig genug gewesen ist, sich zu seiner großen und unvermeidlichen Not noch Solches hinzuzusetzen und zu beschließen, dass ein Konzil über dem Papst stehen müsse, und nicht der Papst über dem Konzil. Denn es herrschten drei Päpste zu der Zeit, und keiner wollte dem anderen weichen. Es gab dadurch große Unordnung und es ward ein wüstes Wesen in der ganzen Römischen Kirche, da ein Papst den anderen verbannte, einer dem anderen die Stifte und Pfründe nahm. Denn ein jeglicher wollte der einzige Papst über alle sein – daraus konnte nichts Gutes folgen. Solcher Wust währte bis zu 39 Jahren, bis alle Welt schrie und um ein Konzil bat, dass es nur noch einen einzigen Papst geben sollte. Denn man hielt es zu der Zeit für geboten, dass die Christenheit ohne einen Papst nicht sein könnte. Da traten die fünf Nationen, Deutschland, Welschland7 , Frankreich, England und Spanien zusammen und halfen, dass zu Konstanz ein Konzil stattfinden sollte, welches Kaiser Siegmund mit großer Mühe zusammenbrachte.

Sollte nun das Konzil die Päpste absetzen können, müssten sie zuvor einig werden und beschließen, dass ein Konzil über dem Papst stünde und Macht und Recht hätte ihn abzusetzen, weil im päpstlichen Recht nicht zu finden ist, dass ein Unterer den Oberen absetzen könnte. Dazu zwang sie die große Not, denn man musste zumindest zwei Päpste absetzen, so der dritte ja bleiben sollte, dass sie zuvor beschließen mussten, sie hätten die Gewalt und das Recht, Päpste abzusetzen. Also ist es dazumal beschlossen worden, dass der Papst unter dem Konzil stehe, und nicht über dem Konzil, unabhängig davon, dass der Papst so viele hundert Jahre zuvor sich schier heiser zu Tode durch alle Dekrete und Dekretalen gebrüllt und geschrien hatte, dass er über allen Konzilen stehe, über aller Welt, auch über den Engeln im Himmel. Ebenso sei er Gottes Statthalter auf Erden und ein irdischer Gott, und der Gräuel unzählig mehr, die schrecklich wider christliche Herzen und Ohren sind.

Hierauf geschah es, dass der eine Papst, Gregor genannt, willentlich abtrat und sein Papsttum dem Konzil übergab. Doch die Hoffnung, das Konzil würde seine willige Demut erkennen und ihn erneut zum Papst wählen, erfüllte sich nicht und so starb er vor Reue und Leid. Der andere Papst, Johannes genannt, ließ sich auch überaus schwer bereden, dass er nach Konstanz ins Konzil kam, eben der selbigen und viel größeren Hoffnung, er würde allein Papst bleiben, weil er schon zu Rom im [Heiligen] Stuhl gesessen war. Der dritte, Benedikt, blieb halsstarrig in seinem Sinn, und ward rechtlich und mit Gewalt nach Gesetz und Statut des Konzils abgesetzt.

Das ist das gräuliche Stück, welches die Päpste bisher so heftig verdrießte und sie bei den Bestien in Deutschland kein Konzil mehr wollen noch leiden können. Sie sorgen sich, es möchte das Beispiel des Konstanzer Konzils gegen sie gebraucht werden, und es möchte vielleicht Paulus III. zu Trient als ein Papst einreiten, aber wiederum als ein armer Tropf ausreiten. Darum ist ihnen hieran gelegen, und sie haben sich bedacht, sie wollen zu Rom bleiben, ohne Konzil und über dem Konzil stehend, und sollte die Welt untergehen.

Torheit und Sünden der Päpste

Denn die Historien berichten von dem einen Papst Johannes, der sich nach Deutschland begeben hatte, dem man zuvor jedoch sein Leben und seine Regentschaft geprüft hatte. Vorher durfte ja niemand wider ihn als einen Papst mucken, aber es kam zutage, dass ihm 40 Artikel bewiesen wurden, die alle des Todes würdig wären. Da entkam er heimlich und wollte wieder nach Rom, aber Kaiser Siegmund ergriff ihn unterwegs, und er ward dem Pfalzgrafen befohlen [überstellt]. Als man ihm nun die Artikel vorhielt, antwortete er auf einen jeglichen so: »Ah, ich habe ein viel Ärgeres getan.« Solche Antwort verwunderte die Gesandten, weil in einigen Artikeln stand, er hätte seinen Vater erwürgt, er hätte Zauberei, Simoney8 und viel schändlichere Laster getrieben. Wie könnte er doch Ärgeres getan haben? Er gab diese Antwort: Das Ärgste wäre, dass er getan hätte, er hätte sich bereden lassen, von Rom über das welsche Gebirge nach Deutschland zu kommen. Hiermit meinte er, wenn er zu Rom geblieben wäre und das Papsttum behalten hätte, wollte er wohl solcher Anklage frei und der Allerheiligste Vater Papst geblieben sein, wenn er noch tausend Mal mehr Übleres getan hätte.

Hieraus sind die Päpste klug worden und hüteten sich aufs Höchste, dass sie ja nicht solche große Torheit und Sünde begehen und sich über das Gebirge nach Deutschland begeben, wie es derselbige Papst Johannes getan hatte. Und wer will ihnen das verdenken? Sie tun es aus großer Liebe und Sorge für die arme Christenheit, dass sie das Papsttum so liebhaben und ungerne verlassen, denn das Papsttum ist das Haupt der ganzen Christenheit und Herr der ganzen Welt, dazu eine irdische Gottheit, die Christus Statthalter auf Erden bedeutet, damit alle Seelen belehrt und selig gemacht werden. Anders verstehst du es aber wohl auch, wenn du nur denkst: ja, Teufel und höllisch Feuer!

Demnach siehe mir nur die Schrift dieses Leckerlings, Pauls III. an, da er zum Kaiser schreibt: Willst Du ein Konzil haben? Wir wollen es geben. Willst du es in Germania haben? Siehe, wir wollen es wagen und auch tun. Doch, damit es ein freies und christliches Konzil sei, darf den Ketzern kein Raum gegeben werde, da sie kein Teil mit der Kirche haben können. Und auch, dass du arma iubeas deponi, das heißt, gute Sicherung und Frieden schaffst. Solltest auch wissen, dass es dir nicht zusteht, zu urteilen, welche zum Konzil zu ordnen [zugelassen, einzuladen] sind. Sondern dies gebührt unserer Obrigkeit.« Da hast du nun, was der Papst und die heilige ›Bubenschule‹ zu Rom für eine Sprache haben, und wie er die drei Worte ›frei, christlich, deutsch‹ uns lehrt zu verstehen. Nämlich, dass er ein Konzil geben wolle, bei welchem er gewiss sei, dass es nimmermehr gehalten werden könne, denn er weiß und fühlt wohl, dass es ihm und seiner verzweifelten Bubenschule viel ärger im Konzil ergehen würde, als es zu Konstanz dem Papst Johannes ergangen ist.

Frei, christlich, deutsch

Die Fürsten und Stände des Reichs haben sich durch den Kaiser diese 24 Jahre lang einvernehmlich um ein freies, christliches, deutsches Konzil bemüht, nach allgemeinem Verständnis solcher Worte, d. h. ohne alle Sophisterei. »Frei« heißt es nämlich in deutscher Sprache, und ›liberum‹ in der lateinischen Sprache, dass im Konzil die Zungen und Ohren frei sein sollen, dass ein jedermann, sonderlich die beauftragt werden, allseits zu reden, hören und handeln, frei sagen, klagen, und antworten mögen, was zur Sache dient, die Kirche zu bessern, Ärgernis und Missbrauch auszurotten. – So haben sie es gemeint und meinen es heute noch die Deutschen und Stände des Reichs, in Sonderheit aber und vor allen Dingen, dass Gottes Wort oder die Heilige Schrift frei und unverbunden (wie es doch sein muss) ihren Gang und Recht habe, nach welcher man alles richten und urteilen solle. Deshalb müssen auch gute Theologen zugegen sein, die der Schrift Verstand und Erfahrung haben. Es heißt »frei«, weil das Konzil frei, und die Schrift, das heißt, der Heilige Geist, frei sind.

Aber die »Römische Bubenschule« und der Schule Meister verkehren und fälschen das Wort so, dass »frei« so viel heißen soll, dass er und seine Bubenschule frei seien, nichts wider sie geredet, geändert noch vorgenommen werde, sondern alle und alles, wie sie jetzt leben und sich geben, bestätigt werde. Dass also nicht das Konzil gegen den Papst, sondern der Papst gegen das Konzil frei sei. Das ist nämlich die alte Leier des Papstes, in allen seinen Dekreten und Dekretalen: Er soll Herr und Richter über das Konzil sein, und nicht das Konzil über den Papst, damit der Papst Macht zu verdammen habe, zu reißen und abzulehnen, wenn etwas vom Konzil gegen ihn beschlossen würde. Ja, ehe sie etwas vornehmen zu beschließen, müssten sie zuvor »Seine Gnaden« fragen, ob es ihm so gefallen wolle, auf dass ein Konzil nichts anderes sei, denn ein »Ja-Herr«, der im Rat oben, ganz nahe bei dem Handbecken an der Tür sitzt und zuhört, was die Gnadenjunker über dem hohen Tisch gebieten. Das also heißt: der Papst und ein freies Konzil.

Das ist die Sprache des Stuhls zu Rom, wenn er ein freies Konzil gibt, dass du ihn hinfort auch Römisch verstehen könntest: wenn sie »frei« sagen, dass es »gefangen« heiße bei uns Deutschen, wenn sie »weiß« sagen, dass du »schwarz« verstehen müsstest, wenn sie »Christliche Kirche« sagen, dass du die »Grundsuppe aller Buben zu Rom« verstehst, wenn sie den Kaiser einen Sohn der Kirche nennen, dass es so viel sei, als der verfluchteste Mann auf Erden, von welchem sie wollten, dass er in der Hölle wäre und sie das Reich hätten. Wenn sie Deutschland die löbliche Nation nennen, dass es heiße: die Bestien und Barbaren, die nicht wert sind des Papstes Mist zu fressen, wie es Campanus (wie man sagt) tat, als er in Deutschland gewesen war (ohne Schaden zu erleiden) und wieder an die Grenze des Welschlandes heimkam, den Rücken gegen Deutschland gekehrt, sich bückt und den Hintern aufdeckt und sprach: ›Aspice nudatas, Barbara terra, nates!‹ Siehe da, du Bestie, gucke mir in den Arsch!

Also mit dem Wörtlein »christlich« meinen die Fürsten und Stände des Reichs einfältigen und aufrichtigen Gemüts, handele es sich um ein Konzil, das von christlichen Sachen und durch christliche Leute nach der Schrift handeln sollte. Denn sie haben ja wohl gewusst, was der Papst im geistlichen Recht alles mit Gürteln, Röcken, Schuhen, Kaseln, Platten, Kirchweihen, Fladen weihen, mit Pfründen, Prelaturen, Pallien, Dignitäten und dem unzähligen Narrenwerk gehandelt hatte. Insbesondere, weil jetzt große wichtige Sachen und Disputation behandelt würden vom Ablass, Fegfeuer, Messen, Abgötterei, Glauben und guten Werken und dergleichen, dass man solche Sachen christlich nach der Heiligen Schrift, aber nicht päpstlich verrichten möchte, um dem armen einfältigen Mann zu helfen, dass er auch wüsste, wo er wäre und endlich mit seiner Seele bleiben sollte. Ja, das heißt auf Deutsch, Lateinisch, Griechisch und in allen Sprachen »Christliches Konzil«. Solches roch der Papst mit seiner höllischen Grundsuppe sehr wohl und hatte keinen Schnupfen. Aber er nahm Nießwurzel und die machte ihm den Schnupfen, verkehrte das Wort »Christlich« also:

Christlich heiße nichts mehr denn päpstlich und was »Seine Höllischkeit« samt seiner Bubenschule (ah vergebe mir Gott, ich hätte schier gesagt: samt seiner Heiligen Kirche) zu Rom urteilt und beschließt. Was aber dagegen vorgenommen würde, solle nämlich unchristlich und ketzerisch sein. Wo das Konzil beschließen wollte, man sollte beide Gestalten des Sakramentes frei zulassen, wie es die Ketzer haben wollen, das soll durchs Konzil auf Befehl seines Oberherrn des Papsts verdammt sein, und die, die solches vorhätten im Konzil anzuregen, sollen als Ketzer nicht zu gelassen werden, wie der Höllische Vater dem Kaiser schreibt:

Die Ketzer sollen nicht Raum im Konzil noch teilhaben an der Heiligen Kirche. Und ob die Ketzer dem Kaiser vorhalten wollten: Solchen Artikel hätte Gott der Vater durch seinen lieben Sohn selbst eingesetzt, und aller Welt befohlen, man solle den Sohn hören (Luk. 3, 22): ›Hunc audite‹. Und der Heilige Geist hätte es danach auch für die ganze Christenheit erhalten, bis in 1400 Jahren, dass der Papst und noch der größere Teil der Christenheit, der nicht unter dem Papst ist, solches Verbot, solchen Artikel einhält, und halten wird bis an der Welt Ende. Dessen unangesehen und ungeachtet, soll der Kaiser alle Ketzer, die Solches mit Gott dem Vater, Sohn, Heiligem Geist und der Christenheit in aller Welt halten, verbrennen, töten oder verjagen, auch die in Indien, Persien, und in ganzem Orient. Aus dem Grund: Gott der Vater, Sohn, Heiliger Geist samt seiner Heiligen Kirche seinen Ketzer und Unchristen. Allein der Papst und seine Römische Bubenschule, seinen Christen. Nun ist es ja viel besser, dass Gott der Vater, Sohn und Heiliger Geist samt seiner Heiligen Kirche im Konzil als die schändlichsten Ketzer verdammt werden, als dass der Höllische Vater Papst und seine Hermaphroditen9 Unchristen heißen sollen.

Solche unchristlichen, ketzerischen Artikel gibt es noch viel mehr, die Gott Vater, Sohn und Heiligen Geist in seiner Heiligen Kirche lehren und halten, als da wären: dass kein Fegefeuer sei, dass der Höllische Vater zu Rom einen Jahrmarkt [Ablasshandel] erfunden hat und damit unzählig viel Geld und Gut raubt. Ebenso, dass der Ablass lauter Bescheisserei sei, womit der Höllische Vater alle Welt narrt und ums Geld betrogen hat. Item, dass die Messe ein Opfer für die Lebendigen und Toten sei. Item, dass der Ehestand frei sei, und der Dinge viel mehr, auf denen jetzt päpstliche Heiligkeit draufsteht. Ich will schweigen von Simoney und Geiz, Pfründenmark, Pedasterie und was mehr der Heilige Stuhl zu Rom in seinem allerheiligsten Leben treibt und große Lust damit hat, welches alles der Heilige Geist, der unchristliche Ketzer, mit seiner Kirche aufs Höchste verdammt und nicht gehört haben mag.

Der höllische Vater Papst mit seinen Hermaphroditen

Hieraus folgt, dass Gott, sonderlich der Heilige Geist, der doch gerühmt wird, dass durch ihn die Konzile versammelt werden, und alles durch ihn dort verhandelt und beschlossen wird, weder ins Konzil zu Trient kommen kann, noch in ein päpstliches Konzil, und wohl draußen bleiben muss. Grund: die heilige Jungfrau, Sankt Paula III. [spöttisch hier die weibliche Form für den Papst], schreibt dem Kaiser Karl: Es sollen die Ketzer nicht Raum noch Stätte in seinem heiligen, freien, christlichen Konzil haben.

Nun soll es heißen, dass Gott, der Heilige Geist, ein gräulicher Erzketzer sei, mit Gott dem Vater und Sohn, weil er – zuwider der päpstlichen und römischen Heiligkeit – in seiner Kirche sein ganzes heiliges Sakrament beider Gestalt [Brot und Wein für Leib und Blut Christi] gestiftet und eingesetzt hat und auch noch heutigen Tages in aller Welt hält und lehrt, und diejenigen verdammt, die solches nach der Weise nicht einhalten noch ausüben. Welches alles zugegen und zuwider dem Höllischen Stuhl zu Rom ist, der dies mannigfach durch seine Bullen als Ketzerei verdammt hat, denn, wie seine Sch(m)utzschreiber sagen, ist er auch über die Heilige Schrift und über Gottes Wort ein gewaltiger Herr und Richter geworden, der da ändern mag, was Gott anordnet und gebietet.

Nun könnte man sich noch vorstellen, dass der Heilige Geist, der arme Erzketzer, zu Gnaden kommen könnte um in das heilige, freie, christliche Konzil gelassen zu werden, wenn er nicht zu halsstarrig wäre. Wenn er sich nämlich demütigen ließe und vor der Heiligen Jungfrau S. Paula III., Frau Päpstin, auf die Knie fallen und die Füße küssen wollte, um seine Ketzerei zu bekennen, zu bereuen und zu widerrufen. Er bekäme gewiss wohl eine Ablass-Bulle, ohne Geld und umsonst, beide für sich und seine Heilige Kirche. Aber der hl. Paulus, ein großer Ketzer, der alle Welt irremacht (Apg. 17, 6), wie die Juden zu Thessalonien über ihn schrien (Röm. 11, 29), spricht: Gottes Gaben und Berufung mögen ihn nicht gereuen,