Masters of Scale - Reid Hoffman - E-Book

Masters of Scale E-Book

Reid Hoffman

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Beschreibung

Wie macht man Unternehmen groß? Silicon-Valley-Legende Reid Hoffman hat diese Frage mit Unternehmern wie Bill Gates, Eric Schmidt, Marissa Mayer oder Reed Hastings für seinen Podcast erörtert. Die Essenz dieser Interviews hat er nun in seinem neuen Buch festgehalten. Der Leser erfährt alles über die Erfolgsstrategien der größten Unternehmer unserer Zeit, aber auch, welche Fehler sie begangen, welche Niederlagen sie erlitten haben. Hoffman arbeitet gekonnt die wichtigsten Aspekte heraus, führt seine eigene Analyse der Erfolgsfaktoren durch und fasst die Erkenntnisse zu wichtigen Schlüsselthemen übersichtlich in einzelnen Kapiteln zusammen. Fesselnde Geschichten, hart erkämpfte Wahrheiten und Hoffmans eigene Analysen machen "Masters of Scale" zu einem unkonventionellen und unterhaltsamen Leitfaden für alle, die mit ihrem Unternehmen noch Großes vorhaben.

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REID HOFFMAN

mit June Cohen und Deron Triff

MASTERS of SCALE

Überraschende Lektionenvon den erfolgreichstenUnternehmern der Welt

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel

Masters of Scale: Surprising Truths from the World’s Most Successful Entrepreneurs

ISBN 978-0-59323-908-7

Copyright der Originalausgabe 2021:

Copyright © 2021 by Wait What Inc.

All rights reserved.

Published in the United States by Currency, an imprint of Random House, a division of Penguin Random House LLC, New York.

Copyright der deutschen Ausgabe 2022:

© Börsenmedien AG, Kulmbach

Übersetzung: Ursula Sauer

Gestaltung Cover: Holger Schiffelholz

Gestaltung und Satz: Sabrina Slopek

Herstellung: Daniela Freitag

Lektorat: Egbert Neumüller

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86470-821-3

eISBN 978-3-86470-822-0

Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Postfach 1449 • 95305 Kulmbach

Tel: +49 9221 9051-0 • Fax: +49 9221 9051-4444

E-Mail: [email protected]

www.plassen.de

www.facebook.com/plassenbuchverlage

www.instagram.com/plassen_buchverlage

Für alle Unternehmer, die schon einmalvon einer Klippe gesprungen sind undauf dem Weg nach unten ein Flugzeug gebaut haben.

INHALT

EINLEITUNG

1WENN MAN EIN NEIN ZU HÖREN BEKOMMT

2DINGE MACHEN, DIE SICH NICHT SKALIEREN LASSEN

3WORIN BESTEHT DIE GROSSE IDEE?

4DAUERPROJEKT UNTERNEHMENSKULTUR

5SCHNELL WACHSEN, LANGSAM WACHSEN

6LERNEN SIE, GELERNTES ZU VERLERNEN

7BEOBACHTEN SIE, WAS DIE KUNDEN MACHEN, NICHT WAS SIE SAGEN

8DIE KUNST DES PIVOTIERENS

9FÜHREN UND NOCHMALS FÜHREN

10DAS TROJANISCHE PFERD

DANKSAGUNG

ÜBER DIE AUTOREN

EINLEITUNG

Ein jeder möchte doch gern – auf seine Weise – etwas bewirken, insbesondere bei jenen, die uns sehr nahestehen, der Familie, Freunden und Kollegen. Einige Menschen setzen sich noch höhere Ziele und hoffen, mit ihren Ideen über ihre unmittelbaren Netzwerke hinaus ganze Communitys zu bewegen und auch Menschen zu erreichen, denen sie persönlich nie begegnen werden.

Und einige wenige von uns hängen ihre Träume sogar noch höher. Wir träumen davon, die Welt zu verändern, Dinge zu tun, die noch nie zuvor jemand getan hat – zumindest nicht auf diese eine Art, davon, alte Strukturen aufzubrechen und neue zu entwickeln, davon, mit unseren Visionen einen unternehmerischen und gesellschaftlichen Wandel zu bewirken, der zu raschem, sich selbst tragendem Wachstum führt.

Wir träumen davon, zu skalieren.

Hier bei Masters of Scale sind wir der Ansicht, dass Skalieren nicht einfach nur eine Wissenschaft ist, sondern eine Geisteshaltung, ein Mindset – eine Reise, die in gleichem Maße Vertrauen wie auch die Bereitschaft zum Scheitern voraussetzt.

Da wir selbst Gründer sind, wissen wir, was bei einer neuen Geschäftsinitiative auf dem Spiel steht – vor allem in Zeiten der Ungewissheit, wenn auf konventionelles Denken kein Verlass mehr ist. Wir wissen, dass der mühsame Weg zu unternehmerischem Erfolg oft einem riskanten Abenteuer gleicht, voller Widersprüche und unerwarteter Wendungen. Wir glauben aber auch, dass jeder über die Fähigkeit verfügt, ein unternehmerisches Mindset zu kultivieren, das zum Erfolg führt – und zu massivem Wachstum.

Wenn man mit Menschen spricht, die ein Unternehmen skaliert haben (und wir haben mit vielen gesprochen, ausführlich und detailliert), fördert dies im Laufe der Zeit einige kontraintuitive Wahrheiten über das Skalieren zutage:

Die besten, skalierbarsten Ideen sind oft jene, die am wenigsten plausibel zu sein scheinen.

Zu Beginn der Reise auf Widerstand zu stoßen ist eine gute Sache.

Frühes, ehrliches Feedback von den richtigen Personen kann einen enorm großen Beitrag zur Verbesserung der Idee leisten.

Etwas, das – vor allem im Frühstadium – nicht skalierbar ist, kann später dramatisch skaliert werden.

Selbst wenn sich alles, was Sie zu wissen glaubten, als falsch erweisen sollte, können Sie noch immer Ihre Ziele erreichen – sofern Sie sich der Wahrheit stellen und den Plan ändern.

Lektionen wie diese haben die 70 außergewöhnlichen Menschen, die in diesem Buch vorgestellt werden, auf die harte Tour gelernt. Sie zählen zu den legendärsten Entrepreneuren und stehen hinter disruptiven Unternehmen, die unsere heutige kulturelle Landschaft prägen.

Zum Heer der modernen Scaling-Leader, die mit uns ihre Geschichte teilen, zählen: Bill Gates, Mark Cuban, Howard Schultz von Starbucks, Reed Hastings von Netflix, Angela Ahrendts von Apple, Eric Schmidt von Google, Marissa Mayer von Yahoo, Brian Chesky von Airbnb, Susan Wojcicki von Youtube, Daniel Ek von Spotify, Melanie Perkins von Canva, Wences Casares von Xapo, Sara Blakely von Spanx, Franklin Leonard von The Black List, Payal Kadakia von ClassPass, Luis von Ahn von Duolingo, Mariam Naficy von Minted, Shake-Shack-Gründer Danny Meyer, Tristan Walker von Walker & Company, die Designerin Tory Burch, der Investor und Philanthrop Robert F. Smith sowie die Medienexpertin Arianna Huffington.

Diese führenden Persönlichkeiten sind in den unterschiedlichsten Branchen sowie in der Welt der gemeinnützigen Organisationen tätig. Sie kommen aus allen Teilen der Welt – aus ländlichen Städten oder urbanen Wohnprojekten (und allem, was dazwischen liegt). Auf den folgenden Seiten erfahren Sie nicht nur etwas über ihre Erfolgsstrategien, sondern auch über die peinlichen Fehler, die ihnen unterlaufen sind, und ihre dunklen Momente der Niederlage. Manchmal mag es Ihnen vorkommen, als würden Sie ein privates Gespräch zwischen ihnen und dem erfahrenen Buchnavigator Reid Hoffman belauschen, der alle Interviews geführt hat.

Reid weiß aus erster Hand, was zum Skalieren von Unternehmen erforderlich ist, sowohl als Unternehmensgründer als auch als Investor. Er half bei der Entstehung einiger der erfolgreichsten Start-ups unserer Zeit, unter anderem PayPal und LinkedIn. Als Business Angel und später als Investor bei Greylock Partners gehörte er zu den ersten, die das Potenzial von Unternehmen erkannt haben, die einen Paradigmenwechsel vollzogen haben, Unternehmen wie Airbnb, Facebook, Zynga, Aurora und Dropbox sowie viele andere. Reid hat zu diesem Thema sogar eine neue, ureigene Terminologie eingeführt, Wortschöpfungen wie „Blitzscaling“, womit er das Streben nach aggressivem Wachstum bezeichnet, bei dem Geschwindigkeit vor Effizienz geht, oder „risikointelligentes Skalieren“.

Als Moderator des Podcasts Masters of Scale war es für ihn nur logisch, dass er auch seinen Beitrag dazu leisten wollte, die Podcast-Serie zu skalieren und zu einem der beliebtesten und einflussreichsten Podcasts dieser Art zu machen – zu einem zuverlässigen Ort, an dem hart erkämpftes Wissen zu finden ist, zu einer Quelle, an die sich Unternehmer und Führungskräfte sowohl in Zeiten der großen Chancen als auch in Zeiten der Krise wenden.

Anhänger dieser Reihe wissen, dass Masters of Scale ein Business-Podcast ist, der sich von anderen Business-Podcasts unterscheidet – durch immersive Erzählkunst, originelle Musik und einen skurrilen Sinn für Humor. Mittlerweile verfügt er über Millionen begeisterter Fans in mehr als 200 Ländern, und eine Durchhörrate von 75 Prozent bestätigt, dass er sich einer der aktivsten Zuhörerschaften der Welt erfreut.

Seit 2017 haben wir über 80 Podcast-Episoden produziert, die auf Hunderten von Gesprächsstunden mit den angesehensten Unternehmensgründern der Welt basieren. In jeder Folge versuchen wir, ausgehend von der Geschichte und dem Werdegang eines Gründers eine Theorie zu belegen, wie Unternehmen skalieren. Die Sendung entwickelt sich für den Hörer wie eine Detektivgeschichte mit Reid als Begleiter, der zur Überprüfung unserer Theorien den Gästen Erkenntnisse – und Gegenargumente – entlockt.

Zum Teil liegt der Reiz des Podcasts darin begründet, dass Reid eigenes Insiderwissen zum Thema Skalieren einsetzt, mit dessen Hilfe er dann in den Interviews in die Tiefe geht. Als Unternehmer, der bereits selbst an vorderster Front gestanden hat, gelingt es ihm, mit Fragen, an die ein normaler Interviewer niemals denken würde, aus den Gästen Einsichten und Ideen herauszukitzeln. Reid weiß jedoch auch, dass hinter diesen Legenden des modernen Geschäftslebens Menschen stehen. Zum Teil stammen die ergiebigsten und faszinierendsten Inhalte aus Gedanken, die sie sich zu Themen wie zwischenmenschliche Beziehungen, Problemlösung, Bestimmung und Sinnhaftigkeit gemacht haben.

Dieses Buch ist jedoch mehr als nur eine Zusammenstellung prägnanter Interviews. Vom Format und Ansatz her unterscheidet es sich deutlich vom Podcast. Jedes Kapitel befasst sich mit einem von zehn Schlüsselthemen, die Sie auf Ihrer unternehmerischen Reise begleiten. Es beginnt damit, dass Sie auf für Sie überraschende Weise entdecken und erkennen, wie Ihre große Idee aussehen könnte, dann geht es weiter zu den Herausforderungen, die in der Anfangsphase beim Aufbau und der Finanzierung eines neuen Projekts auftauchen, einer Phase, in der Sie Dinge tun müssen, die zu dem Zeitpunkt nicht skalierbar sind, später aber skaliert werden.

Der Mittelteil des Buches beschäftigt sich mit praktischen Fragen wie der Beschaffung von Kapital und der Bewältigung der Herausforderungen raschen Wachstums – dazu zählen auch unerwartete Entwicklungen, die kontinuierliches Lernen voraussetzen, sowie die stete Bereitschaft, Drehungen und Wendungen zu vollziehen und gelegentlich auch mal ein Feuer brennen zu lassen.

In den letzten Kapiteln liegt der Fokus auf dem, was geschieht, nachdem Sie Größe erlangt haben, dem Augenblick, in dem Sie die Möglichkeit erhalten, ein echter Anführer zu sein und sich für das Gute in Ihrer Welt einzusetzen.

In den inspirierenden Geschichten der in diesem Buch vorgestellten Unternehmensgründer werden Sie Ihre eigenen Entrepreneurgeschichten wiederfinden – Ihre Aufs und Abs, Kämpfe und Triumphe, und Sie werden Gemeinsamkeit, Gemeinschaft und Mut entdecken.

Indem wir diese Geschichten miteinander verweben, wird ersichtlich, wie das Wissen einer bestimmten Führungspersönlichkeit mit den Ideen einer anderen verbunden ist – unter Anleitung von Reid, der zwischendurch immer wieder seine persönliche Analyse einbringt. Ebenfalls an Bord sind eine Reihe faszinierender Schöpfer und Denker, deren Tätigkeiten außerhalb der Geschäftswelt liegen und deren Gastgeschichten und Wissen für ungewöhnliche Perspektiven sorgen.

Wir sind der Ansicht, dass dieses Buch wichtiger denn je ist. Wir leben in einer Zeit des dynamischen Wandels – einer Phase großer Umwälzungen. Unsere Welt benötigt dringend Menschen, die über die Hartnäckigkeit und den Willen verfügen, ehrgeizige Ziele in Angriff zu nehmen, sich an schwierige, ständig wechselnde Umstände anzupassen und neue Lösungen anzubieten.

Um etwas Neues in diese Welt zu bringen und wachsen zu lassen, brauchen Sie nicht unbedingt der junge Typ im Hoodie zu sein. Sie brauchen kein Ingenieur oder Programmierer zu sein und nicht im Silicon Valley zu wohnen. Auch eine Stange Geld ist nicht vonnöten – tatsächlich haben viele der in diesem Buch beschriebenen erfolgreichen Startups mit weniger als 5.000 Dollar angefangen. Was Sie benötigen, ist Wissen, Einsicht und Inspiration.

Genau an dieser Stelle kommen die Führungspersönlichkeiten ins Spiel. Genießen Sie ihre Geschichten und beherzigen Sie ihre Ratschläge. Danach gehen Sie hinaus in die Welt und legen einfach los – und dann skalieren Sie.

MASTERS of SCALE

1

WENN MAN EIN NEIN ZU HÖREN BEKOMMT

Als Kathryn Minshew ihre Idee einer neuartigen Karriere-Website erstmalig vor Investoren präsentierte, erhielt sie 148 Absagen … nicht, dass sie mitgezählt hätte.

„Es gab Tage, an denen ich buchstäblich ein Nein zum Frühstück bekam, ein Nein zum Kaffee um halb elf und ein Nein zur Mittagspause“, sagt Kathryn. Und die Neins kamen weiter herein: „Um 14 Uhr Desinteresse. Um 16 Uhr eine Person, die das Meeting vorzeitig verließ. Dann ging ich mit ihnen etwas trinken, und ich hatte das Gefühl, von allen nur ausgelacht zu werden.“

„Als wir in die Seed-Phase kamen, habe ich dann zurückgeblickt und gezählt. Es war schmerzhaft und befriedigend zugleich – all diese Namen anzuschauen und zu denken: Ich erinnere mich an dieses Nein. Ich erinnere mich an dieses Nein. Ich erinnere mich an dieses Nein. Es tat weh; jede einzelne Absage tat weh.“

Kathryn ist Mitgründerin und CEO von The Muse, und ihre Idee entstand – wie so viele großartige unternehmerische Ideen – aus Erfahrungen, die sie selbst gemacht hatte. In ihrer Jugend hatte Kathryn von einer Karriere im Bereich der internationalen Beziehungen geträumt. Geheimagentin Minshew! Bei einem kurzen Arbeitsaufenthalt in der US-Botschaft in Zypern erkannte sie jedoch, dass ihre Fantasien vom Auslandsdienst nicht mit der tatsächlichen Arbeit im Einklang standen. Deshalb ergriff sie einen Job als Beraterin bei McKinsey & Company und war drei Jahre lang im New Yorker Büro der Firma tätig. Als es Zeit wurde, die Karriere weiter voranzutreiben, fielen die von ihr gemachten Erfahrungen enttäuschend aus – und entmenschlichend.

„Es war nicht ungewöhnlich, dass man auf einer Website für Stellenanzeigen wie etwa Monster.com ein Wort eingab und 5.724 Ergebnisse erhielt – und alle sahen funktional gleich aus. Ich hatte einfach das Gefühl, dass jemand, der gerade erst am Anfang seiner Karriere steht, bessere Erfahrungen machen sollte“, meint Kathryn.

Also veranstaltete sie ein Brainstorming mit Alex Cavoulacos, einem ehemaligen Kollegen von McKinsey – und dem künftigen Mitgründer von The Muse. Sie fragten sich: „Was wäre, wenn man eine Karriere-Website aufbauen würde, auf der jeweils der Mensch im Mittelpunkt der Erfahrung steht? Und was wäre, wenn dieser Mensch Einblick in ein Unternehmen erhalten könnte, bevor er sich dort bewirbt? Was wäre, wenn man die Bewerber mit Fachleuten zusammenbrächte, die ihnen bei einigen Fragen helfen könnten, zum Beispiel wie man ein Gehalt aushandelt? Wie man sich gegenüber einer Person verhält, der man zum ersten Mal begegnet? Also die Art von Karrierefragen, bei denen einem, wenn man Glück hat, ein Mentor oder Chef hilft.“

Je mehr Erfahrungen sie miteinander teilten und je mehr Visionen sie von dem entwickelten, was sie möglicherweise aufbauen konnten, desto deutlicher erkannten sie die damit verbundene Chance. „Nachdem wir einige Nächte lang am Whiteboard über diese Idee diskutiert hatten, waren wir überzeugt, dass es möglich sein könnte, eine vertrauenswürdige personalisierte Karriere-Website aufzubauen, die sich großer Beliebtheit erfreuen und auf die Art von Beratung konzentrieren würde, die Berufseinsteiger wirklich benötigen,“ so Kathryn.

Kathryn und Alex hatten eine klare Vision, welche Rolle The Muse im Leben der User spielen könnte. Doch nicht alle waren in der Lage, zu sehen, was sie selbst sahen.

„Als ich anfing, Investoren meine Idee zu präsentieren, stieß ich auf eine Reihe von Problemen“, meint Kathryn. „Erstens entsprachen die meisten Investoren nicht dem User-Archetyp, für den das Produkt gedacht war. Wenn man sich den typischen Risikokapitalgeber anschaut, so ist dieser häufig auf traditionelle Weise im Job erfolgreich, er hat eine erstklassige Schule besucht, arbeitet in einer Bank oder im Bereich Private Equity. Er selbst gelangt in der Regel über ein sehr komfortables, gut ausgebautes Netzwerk an seinen Job. Was großartig ist. Das trifft aber eben nicht auf jeden zu. Somit stellten wir unsere Website und unser Konzept einer demografischen Gruppe vor, die mich nur verwirrt anschaute.“

Das zweite Problem, auf das sie stieß: Zufriedenheit mit dem Status quo. „Wir trafen auf sehr viele Menschen, die nicht in der Lage waren, über das aktuelle Paradigma hinauszublicken, über die Art und Weise, wie die Dinge schon immer gemacht wurden“, sagt Kathryn. „Ein Risikokapitalgeber – der vermutlich seit 20 Jahren nicht mehr auf Jobsuche war – rief nach meinem ersten Pitch Monster.com auf.

Er meinte: ‚Ich verstehe das nicht, für mich sieht das großartig aus.‘ Und ich dachte mir: ‚Du hast dieses Produkt doch in den letzten 20 Jahren gar nicht genutzt. Woher willst du wissen, ob es den Bedürfnissen einer 31-jährigen Frau in der frühen bis mittleren Phase ihrer Berufslaufbahn entspricht?‘“

Es blieb weiterhin bei den Neins. Einige, an die sich Kathryn erinnert:

„Das kommt etwas zu früh für uns, aber bleiben Sie doch mit uns in Verbindung.“ („Nein.“)

„Das ist doch vergebliche Mühe.“ („Nein.“)

„Das ist zu teuer.“ („Nein.“)

„Das ist nicht sehr technisch – es ist keine skalierbare Plattform.“ („Nein.“)

„Haben Sie keine Angst, alle Nutzerinnen zu verlieren, sobald sie erst einmal 30 sind und Kinder bekommen?“ („Nein.“)

„Ich kann mir vorstellen, dass Frauen in New York und San Francisco das Produkt lieben, aber ich denke, jenseits der großen Städte werden Sie es wirklich schwer haben, Frauen zu finden, denen die Karriere so wichtig ist.“ („Nein.“)

Wenn man am Anfang seiner Laufbahn steht und sich noch nicht richtig bewährt hat und man hört ständig ein Nein von den klügsten und erfolgreichsten Investoren im Silicon Valley und in New York, dann fällt es einem schwer, sich nicht zu fragen: „Was ist, wenn die Neinsager recht haben?“ Aber letztlich sollte man auf sein Bauchgefühl hören. Und Kathryn hat ihrem Gefühl vertraut. Sie erinnert sich, dass sie sich diese Leute, die ein Nein nach dem anderen austeilten, ansah und dachte: Was wisst ihr eigentlich über Frauen?

Diese Frage stellte sich Kathryn zu Recht. Sie wusste mit Gewissheit mehr über Frauen der Generation Y als die überwiegend weißen, überwiegend männlichen Investoren im überwiegend mittleren Alter, mit denen sie sprach. Darüber hinaus wusste sie mehr über ihr Geschäft. Sie hielt an dem fest, was sie während des mühsamen Pitch-Prozesses bereits wusste – und es zahlte sich aus. Die Reaktion auf die Website nach der Inbetriebnahme bestätigte, dass sie mit ihrem Bauchgefühl absolut richtig gelegen hatte: „Wir bekamen ein unglaublich positives Feedback von unseren Nutzern, die meisten von ihnen Frauen und Männer im Alter von 22 bis 35 Jahren, die meinten: ‚Ich finde das toll. Das löst mein Problem, es ist genau das, was ich brauche.‘“

Als The Muse unter den Jobsuchenden und Arbeitgebern immer mehr Anhänger fand, erhielt Kathryn viele Anrufe. „Urplötzlich sagten die gleichen Leute, die mich zwei Jahre zuvor noch ausgelacht hatten: ‚Nun ja, berufsbezogene Inhalte eignen sich natürlich schon gut zum Einstellen von Fachkräften.‘“

Mittlerweile hat The Muse beinahe 100 Millionen User. Kathryn hat über 28 Millionen Dollar an Kapital aufgenommen und beschäftigt 200 Mitarbeiter. Die Annahme, dass sie dies trotz aller Neins geschafft hat, ist verlockend. Die Wahrheit ist jedoch, dass jedes dieser 148 Neins ihr einen Hinweis darauf geliefert hatte, wie ihr Business letztlich noch größer werden konnte. Einige Absagen schärften ihren Blick dafür, wer ihre Nutzer waren – und wer eben nicht. Einige halfen ihr, zu erkennen, wie ihre Wettbewerber denken mochten. Und einige deuteten warnend darauf hin, auf welche Weise ihr Unternehmen auch scheitern konnte. Bereits am Ende der Finanzmittelbeschaffungsphase besaß Kathryn einen Plan, der all die potenziellen Fallstricke berücksichtigte, die sie umgehen musste – aber auch das unerforschte Terrain, das sie vor all ihren Wettbewerbern betreten konnte.

Kathryns Geschichte spiegelt in vielerlei Weise wider, wie es den meisten Start-ups und tatsächlich auch den meisten großen Ideen ergeht. Es heißt, wir sollen so schnell wie möglich ein Ja erlangen – aber man kann sehr viel mehr gewinnen, wenn man auch die Neins aufspürt und wertschätzt.

In diesem Kapitel dreht sich alles um das Nein – und darum, dass das gefürchtete Wort nicht immer die Bedeutung hat, die man ihm ängstlich beimisst.

Tatsächlich besteht die am häufigsten ungenutzte Chance von Unternehmern im Anfangsstadium darin, die Informationen, die sie aus den unterschiedlichen Formen des Neins ziehen könnten, nicht zu nutzen. Ein Nein kann eine bereits gute Idee zu einer bahnbrechenden Idee machen. Ein Nein kann Ihnen überhaupt erst die Größe Ihrer Idee bewusst machen. Ein Nein kann Ihnen helfen, Strategie und Ziel zu verfeinern. Kurzum, ein Nein ist Gold wert.

Im Folgenden finden Sie einige Beispiele für die verschiedenen Arten von Nein, die Gründer hören, wenn sie die Welt mit einer neuen Idee herausfordern. Beachten Sie, inwieweit Bereitschaft für weiteres Feedback signalisiert wird, und hören Sie sich an, was die Welt zu sagen hat, wenn sie sich auf die Seite der Neinsager stellt, damit Sie im Anschluss Ihr Produkt verbessern und zu einem skalierbareren Geschäftsmodell weiterentwickeln können.

Das „Nein aus Bequemlichkeit“ – oder wie man einfach eine Chance verpasst

Im Jahr 1904 hatte ein Mann namens King Gillette eine Idee. Seit Hunderten von Jahren verwendeten Barbiere zum Schneiden der Gesichtshaare gerade Rasiermesser. Das funktionierte wunderbar – die einfache scharfe Klinge schnitt die Barthaare in Höhe der Haut, ohne zu ziehen oder zu zerren. Das einzige Problem dabei: Ein gerades Rasiermesser daheim zu benutzen ist schwierig. Wollte man, dass es richtig gemacht wurde, und das Risiko vermeiden, sich die Kehle durchzuschneiden, musste man schon in einen Friseurladen gehen. King sah jedoch eine Alternative: Was wäre, wenn man eine einfache Klinge nähme, sie in einem sicheren Scherkopf unterbrächte, einen Hobel daran befestigte, das Ganze mit nach Hause nähme und sich einfach selbst rasierte? Das war der Beginn des Massenmarkts für Rasierklingen, so wie wir ihn heute kennen.

Schon nach wenigen Jahrzehnten sah sich King Gillette mit vielen Wettbewerbern am Markt konfrontiert, zum Teil deshalb, weil er das Patent für Sicherheitsrasierer verloren hatte. Um sich hervorzuheben (und eigene Patente zu sichern), führten die neuen Wettbewerber immer mehr Klingen ein. Sicherheitsrasierer besaßen inzwischen nicht mehr nur eine einzige Einwegklinge, sondern zwei, drei, sogar fünf oder sechs Klingen. Diese stetig wachsende Anzahl an Klingen bescherte vielen Männern tatsächlich ein besseres Rasiererlebnis. Aber bei Menschen mit krausen Barthaaren, wie sie für die Gesichtsbehaarung einer Vielzahl schwarzer Männer typisch ist, verursachte das Mehrklingensystem oftmals schmerzhaft eingewachsene Barthaare, Rasierpickel und Rasurbrand. Deren Rasiererlebnis verschlechterte sich tatsächlich. So sah der Rasiermarkt mehr als 100 Jahre lang aus.

Dann betrat Tristan Walker die Bühne, Gründer und CEO des Unternehmens Walker & Company, dessen Flaggschiff der Bevel ist, ein Einklingenrasierer für raues und krauses Haar; seine Firma hat sich ganz der Entwicklung von Gesundheits- und Schönheitsprodukten für Farbige verschrieben.

Als Tristan anfing, den Launch von Walker & Company im Silicon Valley vorzubereiten, verstieß er auf mindestens dreierlei Weise gegen Normen: Seine Firma war ein Konsumgüterunternehmen in einem Markt, der Technologie bevorzugte; sie war in einer Zeit auf farbige Verbraucher ausgerichtet, als die meisten Investoren Weiße waren; außerdem war er kein Ingenieur – in einem Ökosystem, das Tech-CEOs stark favorisiert. Nun, um das klarzustellen: Sie müssen kein weißer, 22-jähriger Programmierer mit Essensflecken auf dem Hoodie sein, um im Silicon Valley Erfolg zu haben. Sie müssen jedoch über eine überdurchschnittlich stark ausgeprägte Neugier verfügen – und Tristan Walker ist außergewöhnlich neugierig.

„Ich sage gern, dass meine Geschichte ganz dem Bild der ‚Rose, die aus Beton wächst‘ entspricht“, meint Tristan. Sich selbst beschreibt er als „Kind aus den Sozialvierteln“ des New Yorker Stadtteils Queens, und Tristans Familie hat eine Zeit lang von Sozialhilfe gelebt. „Ich hatte nur ein einziges Ziel im Leben: so reich wie nur möglich zu werden, und zwar so schnell wie möglich.“

Tristan sah drei Möglichkeiten, dies zu erreichen. „Die erste bestand darin, Schauspieler oder Sportler zu werden, und das war nichts für mich“, sagt er. Die zweite war die, an der Wall Street zu arbeiten, was Tristan für kurze Zeit versuchte, aber nicht ausstehen konnte. „Deshalb sagte ich mir: ‚Zwei von drei Möglichkeiten haben sich für mich bereits erledigt.‘ Meine letzte Chance ist das Unternehmertum – und an dem Tag, an dem mir das klar wurde, bewarb ich mich an der Business School in Stanford.“

Tristan kam 2008 in Stanford an, und er verinnerlichte schnell das blühende Ökosystem des Silicon Valley, das ihn umgab. „Ich war 24 und sah andere 24-Jährige, die nicht nur Millionen Dollar verdienten, sondern auch die Welt grundlegend veränderten. Und ich dachte mir: Wow. Wieso wusste ich nichts von diesem Ort?“

Im Nu studierte Tristan nicht nur Wirtschaftswissenschaften, sondern auch jede technologische Veränderung, die in seinem Umfeld stattfand. Er war kein typischer Freak, konnte aber ausflippen, wenn es um neue Ideen ging. Und wenn es dabei um Twitter ging, war seine Begeisterung wirklich grenzenlos – zu einer Zeit, als die Social-Media-Plattform noch eine relativ überschaubare Community von 500.000 Usern im Monat hatte. Tristan zählte zu den aktiveren Mitgliedern, aber seine Kommilitonen? „Sie haben es einfach nicht kapiert“, meint Tristan. Zumindest nicht, bis es zu einem schicksalhaften Erlebnis mit dem Rapper MC Hammer kam.

„Ich war im Kurs für Rechnungswesen, und ich erinnere mich, dass MC Hammer auf dem Campus sprechen sollte“, erklärt Tristan. „Und es gab da diese Unruhe – die Leute fragten sich, ob er das wirklich machen würde. Ich öffnete Twitter und fragte MC Hammer einfach: ‚Kommst du?‘

30 Sekunden später schrieb er zurück, und ich wandte mich an meine Kommilitonen und sagte: ‚Ja, er kommt. Alles klar?‘„ Eine persönliche Antwort von einem Multi-Platin-Künstler? Daraus gewann Tristan Vertrauen in seine Fähigkeit, frühzeitig einen Trend zu erkennen. „In dem Augenblick erkannte ich, welch wichtige Rolle Twitter für Innovation in der Kommunikation spielen würde. Und ich erkannte zum ersten Mal, dass scheinbar schlechte Ideen in Wirklichkeit gute Ideen sein können. Denn jeder andere am Tisch wunderte sich: ‚Warum bist du bei Twitter? Was bringt das? Ist mir doch egal, was du zum Frühstück isst.‘ Das hat mir gezeigt, dass es da etwas gab, dem ich schnell intensiv nachgehen musste“, sagt Tristan.

Tristan erkannte nicht nur frühzeitig die Macht der sozialen Medien. Er lernte auch frühzeitig die wichtige Lektion, dass er seinen Instinkten vertrauen sollte. Er hat ein Gespür dafür, zu erkennen, wo sich Raum für Neues auftut. Wo andere Leute nur ein Nein sahen, sah Tristan ein JA. Und je früher Sie ein Ja voraussehen, wo viele andere nur ein Nein erkennen, umso größer ist Ihre Chance.

Tristan sah sich selbst nicht einfach nur als frühen Twitter-User – er wollte beim Aufbau des Unternehmens mitwirken. Also begann er mit der Kaltansprache und versuchte, dem Unternehmen so nahe wie nur möglich zu kommen.

„Ich schickte 20 verschiedenen Typen Mails, von denen ich wusste, dass sie nur ein oder zwei Grade von der Firma entfernt waren. Die letzte Person, der ich mailte, war David Hornik, denn er war einer der Professoren in Stanford und auch ein Partner von August Capital.“

Wie sich herausstellte, war David ein alter Freund des ersten CEOs von Twitter, Ev Williams. Zwei Tage später, nachdem Tristan David im Büro getroffen hatte, erhielt er eine E-Mail von Ev, der ihm ein Praktikum anbot. Zur Erinnerung: Das war 2008, und wie viele Mitarbeiter hatte Twitter damals? Insgesamt 20. Tristan erkannte das Potenzial des Unternehmens nicht nur früher als seine Kommilitonen, sondern auch früher als der Markt.

Kurz nach Beendigung seines Praktikums startete Tristan die nächste E-Mail-Kampagne und bombardierte die Gründer eines frischgebackenen Start-ups namens Foursquare. Und erneut reagierte der CEO, Dennis Crowley.

„Ich mailte denen achtmal. Nach dem achten Mal schickte Dennis mir eine E-Mail. Ich werde das nie vergessen, den Wortlaut, er schrieb: ‚Tristan, wissen Sie was? Vielleicht nehme ich Sie in der einen oder anderen Sache beim Wort. Sind Sie irgendwann einmal in New York? Dennis.‘ Das ist alles. Ich befand mich zu dem Zeitpunkt in L.A., und ich saß mit meiner Frau auf der Couch und sagte: ‚Was soll ich denn dem Kerl antworten?‘ Zehn Minuten später schickte ich ihm eine E-Mail mit dem Inhalt: ‚Tatsächlich hatte ich vor, morgen nach New York zu kommen.‘ Ich buchte in der Nacht meinen Flug, flog am nächsten Morgen los, verbrachte eine Woche mit ihm, und einen Monat später war ich für den Bereich Business Development des Unternehmens verantwortlich.“

Die hierin enthaltene Lektion besteht darin, dass nicht nur Tristans Hartnäckigkeit, sondern auch seine Vorahnung von Bedeutung waren. Einige Menschen haben Glück und besteigen durch Zufall eine Rakete. Aber zwei Raketen? Das ist kein Zufall mehr. Das ist ein Hinweis darauf, dass man eine unterbewertete Idee früher als die Peergroup erkennt. Das ist dieser übernatürliche Spürsinn, der immer irgendwie aktiv ist. Tristan hat ein Näschen dafür, unerforschtes Gebiet zu entdecken. Er sagt Ja, wenn in der Welt selbst noch das Nein ertönt.

Im Jahr 2012 verließ Tristan Foursquare, nachdem er das Business-Development-Team vollkommen neu aufgebaut hatte. „Als ich im Unternehmen anfing, hatten wir nicht einen einzigen Händler, nicht eine Marke auf dieser Plattform. Als ich dann bei Foursquare ausstieg, ja schon nach wenigen Jahren dort, waren es über eine Million Händler. Als ich anfing, waren wir zu dritt. Als ich ging, waren wir 150. Und ganz ehrlich, ich wollte hinaus in die Welt und etwas eigenes Ambitioniertes aufbauen.“

Er landete am perfekten Ort, um das zu planen. Ben Horowitz, Gründungspartner der legendären Venture-Capital-Firma Andreessen Horowitz, lud Tristan ein, es sich als Entrepreneur in Residence beziehungsweise EIR in ihrem Büro bequem zu machen und in großen Dimensionen zu denken. Tristan verbrachte mehrere Monate damit, darüber nachzudenken, wie eine große Idee aussehen könnte: „Ich wollte eine Bank gründen. Ich wollte das Fracht- und Lkw-Geschäft auf Vordermann bringen. Ich wollte das Problem der Fettsucht im Land lösen, ja sogar in der Welt …“

Dann kam wie ein Blitz die Inspiration: „Ich war frustriert von dem, was ich beim Rasieren erlebte.“

Ein angenehmeres Rasiererlebnis, das mag im Vergleich zu Gütertransportwesen, Fettsucht oder Banking nach keiner besonders großen Idee klingen. Aber skalierbare Ideen müssen keine drastischen Probleme lösen – sie müssen vernachlässigte Probleme lösen. Je mehr sich Tristan mit der Geschichte des Rasierens beschäftigte, umso mehr erkannte er auch, dass es eine riesige demografische Gruppe gab, die übersehen wurde, Männer mit grober oder krauser Gesichtsbehaarung, die schon so lange mit dem Fluch von Rasurbrand und Rasierpickeln lebten, dass ihnen das Problem gar nicht mehr bewusst war.

Tristans Visionen sahen nicht einfach nur ein Produkt vor, das das Problem von Rasurbrand für Männer mit krausem Haar lösen würde, sondern ein Unternehmen auf Augenhöhe mit Marken wie Procter & Gamble – eines, das sich ganz auf farbige Männer und Frauen spezialisierte. Für ihn war es sonnenklar, dass es so ein Unternehmen geben musste, aber wenn man diese Idee in einem Raum mit überwiegend weißen, männlichen Investoren (mit meistens glatten Haaren) vorstellt, kann es schwer sein, die Dringlichkeit dieser Idee rüberzubringen, die einen ganz anderen Verbrauchertyp anspricht. Das war vergleichbar mit der Hürde, auf die Kathryn Minshew während des Pitch-Prozesses für The Muse gestoßen war: Investoren verpassen ständig Chancen für Entwicklungen, die einer ihnen wenig vertrauten Bevölkerungsgruppe dienen. Kluge Wagniskapitalgeber informieren sich über die vor ihnen liegende Chance. Viele andere hingegen reagieren mit einem ignoranten Nein.

Zum Beispiel:

„Es ist ein Nischenprodukt.“ („Nein.“)

„Ich denke nicht, dass irgendjemand glaubt, dies zu brauchen.“ („Nein.“)

„Im Markt herrscht der Mehrklingenanwendungsfall vor, und man wird Sie mit Milliarden und Abermilliarden Dollar über den Patentschutz angreifen.“ („Nein.“)

„Das im Silicon Valley – das ist doch verrückt.“ („Nein.“)

Wie so oft, wenn eine kühne Idee vorgestellt wird, gab es bereits früh einen einsamen Befürworter. In diesem Fall war es der Risikokapitalgeber Ben Horowitz von Andreessen Horowitz, derjenige, der Tristan eingeladen hatte, einige Monate in seinem Büro zu verbringen und in großen Dimensionen zu denken.

„Ich wusste, dass Ben es mir ehrlich sagen würde, wenn meine Ideen schrecklich wären. Das war so“, sagt Tristan. „Schließlich ging ich mit meiner Idee zu ihm, und seine Reaktion war: ‚Das ist es.‘ [Man sollte vielleicht erwähnen, dass Ben schwarze Familienmitglieder hat.] In dem Augenblick wusste ich, dass ich da auf etwas Großes gestoßen war.“

Die Reaktion mag überraschend optimistisch wirken. Warum sollte ein einzelner Befürworter den Chor der Neins einer ganzen Gruppe von Investoren überstimmen?

Kurz gesagt: Weil einige Neins mehr zählen als andere. „Substanzielle Neins“ können Ihre Idee verbessern. „Skeptische Neins“ können Sie zwingen, noch einmal über die Größe der Chance nachzudenken. Dies sind Neins, bei denen es sich lohnt, zuzuhören und daraus zu lernen. Es gibt aber auch „Neins aus Bequemlichkeit“, und diese sollten Sie ignorieren und einfach weitermachen – und zwar schnell.

Tristan hat ein feines Gespür für diese Unterscheidungen. Er kann auf den Punkt genau, bis hin zur Nummer der PowerPoint-Folie, sagen, in welchem Augenblick er während des Pitchs die Aufmerksamkeit der Zuhörer verliert.

„Ich hatte eine Folie, ich glaube, es war Folie 14, in der ich über Proactiv sprach, das Aknemittel, als repräsentatives Beispiel dafür, was wir zu machen versuchten. Der Unterschied zwischen Gillette und Bevel ist vergleichbar mit dem zwischen Neutrogena und Proactiv; es geht um ein System, mit dessen Hilfe ein sehr wichtiges Problem gelöst wird. Da sah mich dieser Risikokapitalgeber an – ich werde das nie vergessen – und meinte: ‚Tristan, ich bin mir nicht sicher, ob Probleme im Zusammenhang mit Rasierpickeln, Rasur oder Hautreizungen für die Menschen ein so tiefgreifendes Ärgernis darstellen wie Akne.‘

Woraufhin ich sagte: ‚Ich weiß, was Sie denken, aber Sie müssen nur zum Telefonhörer greifen und einmal mit zehn schwarzen Männern reden, und acht von ihnen werden Ihnen sagen: ‚Dies ist ein Problem, mit dem ich ständig zu kämpfen habe.‘ Sie müssen nur einmal mit zehn weißen Männern am Telefon reden, und vier von Ihnen werden Ihnen das Gleiche sagen. Ich hätte es auch für Frauen entwickeln können, und Sie würden die gleichen Quoten erhalten.“ Tristan wusste in dem Augenblick, dass der Kommentar des Kapitalgebers nichts mit der Qualität seiner Idee zu tun hatte – der Investor war einfach nicht bereit, sich den zum Verständnis notwendigen Kontext anzueignen. „Das ist reine Bequemlichkeit – und an diesem Punkt kann ich nichts mehr richtigstellen,“ sagt er. „Deshalb mache ich einfach weiter, bis ich jemanden finde, der es versteht.“

Beachten Sie, wie schnell Tristan sich gedanklich auf den nächsten Investor einstellt, wenn er in halbherzigen Fragen ein „Nein aus Bequemlichkeit“ entdeckt. Wenn die Qualität der Fragen nachlässt, weiß er mitten im Pitch, dass das Gespräch im Grunde schon vorbei ist – der Rest ist dann nur noch Rauschen. „Im Silicon Valley erzählen Ihnen Investoren die ganze Zeit: ‚Wir wollen in Leute investieren, die mit einer gewissen Professionalität an die Sache herangehen und die auf der Suche nach der entscheidenden Lücke und der großen Chance sind.‘ Für uns klang es nach ‚abgehakt, abgehakt, abgehakt, abgehakt‘ – und in 99 Prozent der Fälle hörten wir ein Nein“, so Tristan. Die Risikokapitalgeber waren nicht in der Lage, das große Ganze zu erkennen.

Eines der Dinge, die Erstinvestoren oftmals übersehen, ist die Tatsache, dass es am Ende nicht darauf ankommt, wie viele Neins man zu hören bekommt. Das Einzige, was zählt, ist das richtige Ja.

Für Tristan kam dieses Ja von Rapper-Star und Investor Nas.

„Ich traf Nas bei Andreessen Horowitz, wo wir uns am Tisch gegenübersaßen“, sagt Tristan. „Wir kommen beide aus Queens, und Nas ist ein Mensch, zu dem ich schon immer aufgesehen habe. Er gehört mit zu den Typen, die durch ihren Haarschnitt auffallen, und Bevel war geradezu perfekt für ihn. Damit hatte ich einen absolut authentischen Ausgangspunkt. Nach fünf Minuten sagte er: ‚Ich bin dabei, wie geht‘s weiter?‘“

Nachdem der Bevel entwickelt und bereit für den Markt war, sandte Tristan Nas eine Textnachricht mit einem Foto seines Gesichts auf der Schachtel. Nas antwortete: „Tristan, ich wollte schon mein Leben lang einmal auf einer Rasierpackung sein. Danke.“ „Es war ein surrealer Moment für mich“, erinnert sich Tristan.

Als Nächstes nannte Nas den Namen des Bevel im Refrain seines Sommerhits von 2016, wodurch sich die Durchverkaufsrate verdreifachte.

Von all den Neins, die Tristan aus der Investment-Community erhielt, dürften den Investoren diejenigen am peinlichsten sein, die Tristans Idee als „klein“ abgetan hatten. Tristan meinte 2017: „Viele Menschen sagen, dass wir versuchen, ein Procter & Gamble für Farbige aufzubauen. Die Leute reden darüber, als ob das ein Nischending wäre. Aber Farbige stellen in der Welt die Mehrheit dar. Wenn wir also ein Procter & Gamble für Farbige sind, was zum Teufel ist dann Procter & Gamble?“

Im Jahr 2018 wurde Walker & Company übernommen, wobei Tristan weiter CEO blieb. Der Käufer? Kein Geringerer als Procter & Gamble.

Fifty Shades of No

Falls die Geschichten von Tristan und Kathryn Sie zu der Annahme verleiten, dass man als weißer Mann mit Erfahrung garantiert leicht ein Ja von Risikokapitalgebern erhält, wird Ihnen John Foley, der Gründer von Peloton, einem Unternehmen für Fitnessgeräte und Medien, sagen: „Nein.“

Tatsächlich war es so, dass sich das, was John gegenüber den Investoren als sein größtes Ass im Ärmel sah, als Problem herausstellte – 15 Jahre einschlägige Führungserfahrung in der Technologiebranche. „Mit 40 hatte ich mich bereits 20 Jahre lang in irgendwelchen Unternehmen durchgeschlagen“, so John, „dann fand ich, dass ich über genug Selbstvertrauen verfügte, um aus all dem auszubrechen und ein eigenes Unternehmen zu gründen. Wie sich herausstellte, war ich zu dem Zeitpunkt jedoch bereits ‚alt‘.“

Das kam für John überraschend. Schließlich verfügte er über einen Hintergrund, der für Investoren attraktiv sein sollte: Ingenieurabschluss von der Georgia Tech, MBA von der Harvard Business School, CEO in zwei bekannten und erfolgreichen Online-Unternehmen: Evite und Barnes & Noble Online. Er war sich sicher gewesen, dass Risikokapitalgeber ihm das Geld geradezu nachwerfen würden. Seiner Ansicht nach besaß er eine „absolut sichere“ Geschäftsidee, die er auf einem Silbertablett präsentierte. „Die Daten, die Umsätze, die Kundenbindung, die Kohorten und alles andere waren da“, sagt er. „Ich hatte auch geglaubt, ein ziemlich guter Verkäufer zu sein, aber offensichtlich war ich es nicht, denn meine Erfolgsquote bei diesen Meetings lag bei eins zu hundert.“

Mit 40 war er (zumindest nach den Gesetzen des Silicon Valley) nicht nur „alt“, seine große Geschäftsidee betraf zudem die weniger attraktive Kategorie „Consumer Sales“, was es den Risikokapitalgebern leicht machte, einfach „Nö, der Nächste bitte“ zu sagen.

John hatte drei Jahre lang seine Idee Hunderten von Risikokapitalgebern und Tausenden von Unternehmensengeln vorgestellt. Er sagt dazu: „Von einem Venturecapital-Unternehmen oder Finanzinstitut habe ich nicht einen einzigen Cent gesehen. Ich bin auf sehr viel Gegenwind gestoßen, und jeder hatte einen anderen Grund für seine Absage. Es war so frustrierend …“

John wurde zu einem Experten für Neins. Er teilte sie in verschiedene Kategorien ein:

„Sie sind zu alt.“ („Nein.“)

„Das Geschäft mit Hardware ist schwierig und kapitalintensiv.“ („Nein.“)

„Fitness ist eine blöde Kategorie, ohne Kapital und ohne Software, ohne Medien und ohne Innovation.“ (Woraufhin John zu sagen pflegte: „Genau! Wir werden Tech-Disruptor im Fitnessbereich werden.“) Aber dennoch „Nein“.

Einige der „Neins aus Bequemlichkeit“ wurden geografisch begründet.

„Ach, Ihr Unternehmen ist in New York City. Ich habe meiner Familie versprochen, dass ich nur in Gremien in Kalifornien sitzen werde.“ („Nein.“)

Viele Leute im Silicon Valley verstanden nicht, was Boutique-Fitness-Kurse waren, da das Phänomen vor allem an der Ostküste verbreitet war.

„Es gibt hier zwei Arten von Radfahren: Mountainbiking und Rennradfahren.“ („Nein.“)

Eine der größten Gruppen im Bereich „Nein aus Bequemlichkeit“ bildeten die verschiedenen Versionen von „großartige Idee, aber nicht das Richtige für uns.“ Es gab Situationen, in denen das gesamte Investmentteam, dem John seine Idee präsentierte, ihn und seine Idee liebte – aber letztlich sagten sie ihm ab, weil sie nur Investitionen ins Konsumenteninternet oder in die Gesundheitsfürsorge tätigten und ihren Partnern nicht sagen konnten, dass sie in eine seltsame Sache investieren wollten, die nicht in das Investmentkonzept passte. („Sorry, nein.“)

Es stimmt: Konventionelle Risikokapitalgeber wie die, die John anfangs ansprach, sind gegenüber Unternehmen, die im Direct-to-Consumer-Business tätig sind, manchmal sehr misstrauisch, vor allem wenn es um neue Segmente geht. Schließlich sind diese Bereiche unbekannt, sehr schwer prognostizierbar. Und auch wenn man Ihnen das nie unverblümt sagen wird, ist es doch so, dass Anleger kein Interesse an Ihrem Produkt haben, wenn es keine Ähnlichkeit mit einem der Produkte aufweist, mit denen sie bereits ordentlich Geld verdient haben.

Letztlich konnte John all die Neins von Wagniskapitalgebern und Finanzinstituten vergessen, weil er eine andere Finanzierungsmöglichkeit fand – „100 Schecks von 100 Unternehmensengeln“, wie er es nannte. Am Ende fand er auch einen konträren Investor, Lee Fixel, ehemaliger Partner bei Tiger Global Management in New York, der die disruptive Ausrichtung von Peloton und die damit verbundene Verheißung schätzte und rasch sein Ja erteilte.

Während er durch das riesige Labyrinth an Neins navigierte, wurde John letztlich klar, dass er sich eine Menge Zeit hätte sparen können, und auch eine Menge Absagen, wenn er sich beim Pitch mehr auf exzentrische, konträre Investoren konzentriert hätte. Statt seine Zeit mit den üblichen Verdächtigen zu verschwenden, hätte er gezielt nach Investoren wie Lee suchen können, die aktiv auf der Suche nach unkonventionellen Ideen sind, mit denen sich neue Bereiche erschließen lassen.

Wie gelang es John, angesichts solch hartnäckiger Ablehnung durchzuhalten? „Das ist meinen Eltern zu verdanken, die mir Selbstvertrauen geschenkt haben, und außerdem war ich wirklich überzeugt, dass an der Sache etwas dran war“, sagt er. „Aber es gab nicht viel, woran wir uns festbeißen konnten, außer dass wir Jahr für Jahr weiter und weiter an uns geglaubt haben.“

Eine vielleicht gute Nachricht für alle, für die die Neins der Risikokapitalgeber zu einem mehrjährigen Spießrutenlauf werden: Falls die Kapitalgeber Ihre Idee nicht verstehen, werden sie vermutlich auch keinen anderen finanzieren, der eine ähnliche Idee hat. Wenn Sie es dann geschafft haben, besitzen Sie gegenüber potenziellen Wettbewerbern einen großen Vorsprung.

REIDS ANALYSE

Große Ideen sind konträr

Die erste Wahrheit über Unternehmertum und Investitionen: Die größten neuartigen Ideen sind konträre Ideen. Sie verstoßen so stark gegen gängige Annahmen, dass sie nicht nur riskant zu sein scheinen, sondern geradezu lächerlich. Es ist die Art von Idee, die viele Neins mit sich bringt.

Und das ergibt Sinn: Die Tatsache, dass eine Idee gegen konventionelle Denkweisen verstößt, dürfte der Grund sein, weshalb andere Unternehmen und Wettbewerber so etwas nicht längst versucht haben – und weshalb andere Entrepreneure nicht bereits damit erfolgreich sind. Wenn Sie eine derart konträre Idee haben, dass beinahe jeder Nein sagt, verschafft Ihnen das Raum, etwas wirklich Neues zu schaffen. Und um Großes zu schaffen, brauchen Sie viel Raum. Aus diesem Grund ist das „Querdenker-Prinzip“ eines der vier Grundprinzipien in meinem Buch „Blitzscaling“. Wenn Ihre Idee konträr und gleichzeitig richtig ist, gewinnen Sie einen entscheidenden Vorsprung, um Größe zu erreichen.

Wir erleben das immer wieder bei den wirklich großen Ideen. In der Anfangsphase von Google hieß es, Suchmaschinen seien ein ganz schlechter Weg, um mit Werbung Geld zu verdienen. Wertvolles Anzeigeninventar wurde anhand von Seitenaufrufen und Verweildauer auf der Website gemessen. Und was passiert bei der Suche? Man wird so schnell wie nur möglich von der Seite weggeschleust. Das schien für niemanden ein gutes Geschäftsmodell zu sein. Aber Google hielt bekanntlich daran fest – und schrieb damit die Regeln der Onlinewerbung neu.

Oder denken Sie an TED-Talks. Als meine Kollegin von Masters of Scale, June Cohen, zum ersten Mal ihre Idee vorstellte, TED-Talks online zu stellen, wurde die Idee von den meisten als sehr klein und sehr schlecht eingestuft. Aufgezeichnete Vorträge online stellen? Wer sollte sich das anschauen? Und wenn man Inhalte kostenlos zur Verfügung stellte, wäre dann nicht das Geschäftsmodell teurer Konferenzen zum Scheitern verurteilt? Bekanntlich trat das Gegenteil ein: Die Gespräche entwickelten sich sofort zu einem viralen Hit und erhöhten massiv die Nachfrage nach der Konferenz, sodass der Ticketpreis in den Folgejahren um das Fünffache stieg – auf 10.000 Dollar.

Oder nehmen Sie Airbnb: Am Anfang schien das Konzept geradezu absurd zu sein: Eine Person vermietet ihr freies Zimmer an einen vollkommen Fremden – für eine Nacht? Und eine andere Person mietet ein Zimmer von einem vollkommen Fremden? Wer sind die Freaks auf beiden Seiten der Geschäftsbeziehung, die so etwas machen? Wenn Sie Ideen wie diese haben, Ideen, die sich so weit weg vom herkömmlichen Verständnis bewegen, wie die Dinge funktionieren, werden sehr kluge Menschen Ihnen sagen: „Daraus lässt sich nichts machen.“ Aber mit dieser Ansicht können sie vollkommen falsch liegen.

Wenn Sie also eine konträre Idee vorstellen, eine Idee, die den Status quo infrage stellt und mit der Sie sich ausmalen, wie sich etwas auf andere und bessere Weise machen lässt, dann bleiben Sie am Ball und lernen Sie etwas aus den wiederkehrenden Absagen. Und wenn der Chor der Neins ertönt, halten Sie Ausschau nach anderen Zeichen, die darauf hindeuten, dass Sie an etwas Großem dran sind.

Das „wacklige Nein“ – oder die Magie des „Ja, aber …“

Ein Nein kann verschiedene Formen annehmen, und jede enthält eine eigene Art nützlicher Informationen. Sie müssen lediglich lernen, zu erkennen, was sich hinter dem Nein verbirgt – auch dann, wenn die Menschen Ja und Nein in einem Atemzug sagen.

Jeder Unternehmer hat eine Theorie über die menschliche Natur, die seine Arbeit beeinflusst. Reids Theorie lautet: Was den Menschen am meisten Sinn und Freude im Leben beschert, sind andere Menschen. Wir sind soziale Wesen. Sicher, einige von uns sind eher introvertiert, andere eher extravertiert (Reid selbst sieht sich übrigens so, dass er im Umgang mit bis zu sechs Personen extravertiert ist), aber die meisten schöpfen aus dem Umgang mit Menschen, denen sie verbunden sind, in großem Maße Sinn und Freude.

Als Reid mit den Vorbereitungen für den 2002 geplanten Launch von LinkedIn begann, war ihm klar, dass er mit der Entwicklung seiner Plattform die Konnektivität zwischen den Menschen fördern und ihrem Leben damit mehr Sinn und Zufriedenheit geben wollte. Er war sich auch sicher, dass sich mit realen Identitäten – und deren realen Netzwerken – die Plattform so entwickeln würde, dass neue Chancen entstehen würden. Von allen Möglichkeiten, wie sich Menschen online verbinden, schien das Arbeitsleben – insbesondere die Jobsuche – von besonders großer Bedeutung zu sein. Denn Menschen auf der Suche nach Arbeit sind motiviert genug, etwas Neues auszuprobieren.

Reid suchte zur Ausgestaltung seiner Idee nach der größten, revolutionärsten Version, die für ihn denkbar war – die Art von konträrer Idee, die bei den Investoren eine polarisierende Wirkung erzielen würde, bei der einige sagen: „Ich erkenne, was dahinter steckt!“, viele jedoch behaupten würden: „Sie sind ja verrückt.“

LinkedIn erwies sich als genau das. Reid war es vollkommen klar, welchen Wert es besaß. Aber als er seinen Ansprechpartnern davon erzählte, verstand das niemand. Die Menschen sagten ihm wörtlich: „Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.“ Somit erhielt er eine erstaunlich große Anzahl an Neins. Wie sich jedoch herausstellte, war es der Gedanke an Networking, der für viele Menschen abschreckend war. Er hörte: „Ist das ein Service für Menschen, die von Natur aus gern netzwerken? Falls ja, für mich ist das nichts. Networking ist wie das Benutzen von Zahnseide – es ist wichtig, aber ich mache es ungern, und ich möchte das gerade so viel wie eben nötig machen.“

Im Jahr 2002 verstanden die Menschen nicht wirklich, in welcher Weise eine soziale Plattform wie LinkedIn dazu beitragen konnte, die als unangenehm empfundene Networking-Erfahrung zu verbessern, indem sie Nutzern das Knüpfen von Kontakten im realen Leben erleichterte. Dennoch schien jeder zu glauben, dass der von LinkedIn verfolgte Ansatz für Networking eine großartige Idee sei – für andere. Immer wieder gab es in Bezug auf LinkedIn die gleiche Reaktion: „Das ist nichts für uns.“ Junge Leute waren der Ansicht, dass es ein wertvoller Service für Berufserfahrene sein könnte. Berufserfahrene hingegen sagten wiederholt: „Das könnte ein guter Service für junge Menschen sein.“ Technologen sahen es als Service für die traditionelle Branche; alteingesessene Branchen fanden, dass das etwas für die neumodische Tech-Industrie war.

Reid und seine Mitgründer mussten entscheiden, wie sie auf die verschiedenen neutralen oder negativen Antworten, die sie erhielten, reagieren wollten. „Sollten wir aufgeben oder im Spiel bleiben?“, fragten sie sich, als sie die verschiedenen Einwände und widersprüchlichen Reaktionen genau betrachteten.

Im LinkedIn-Team zum Beispiel war lebhaft darüber diskutiert worden, ob das Netzwerk geschlossen sein sollte, sodass man nur durch Empfehlung beitreten konnte, wobei LinkedIn den Kontakt erleichtern würde (und das Gründungsteam alle LinkedIn-Mitglieder der Ausgangsgruppe in irgendeiner Form kennen würde), oder aber offen, sodass sich jeder selbst anmelden und dann eigene Einladungen für neue Kontakte verschicken konnte. Die Tatsache, dass im widersprüchlichen Feedback weder ein starkes Pro noch ein starkes Kontra aufgetaucht war, deutete darauf hin, dass die Menschen kein klares Bild vom Wert von LinkedIn besaßen. Das ermutigte das Team, sich für den radikaleren Weg zu entscheiden: ein offenes Netzwerk.

Bei einem offenen Netzwerk verliert man die anfängliche Exklusivität eines Klubs, aber es hat den Vorteil, dass es der schnellstmögliche Weg ist, an Nutzer zu gelangen, die sagen: „Ich glaube, das könnte ein wertvolles Netzwerk sein … für andere“ – und dann teilen sie es mit ihnen.

Also gingen Reid und sein Team aufs Ganze und schufen einen Service, bei dem die Nutzer ihre beruflichen Daten öffentlich teilen und ihr berufliches Netzwerk ausbauen konnten. So erzeugte LinkedIn eine virale Schleife, durch die die Anwender regelmäßig zurückkamen und Freunde mitbrachten, immer und immer wieder. Nachdem die virale Schleife funktionierte, wuchs LinkedIn auf eine halbe Milliarde Nutzer an, und der Umsatz stieg auf über sechs Milliarden Dollar. Im Jahr 2016 wurde LinkedIn von Microsoft für 26,2 Milliarden Dollar übernommen.

REIDS ANALYSE

Halten Sie Ausschau nach einer polarisierenden Reaktion und dem „wackligen Nein“

Wenn ich meinen Partnern bei Greylock eine Idee vorstelle und jeder sagt „Das ist großartig! Das sollten wir machen!“, ist meine Reaktion „Uh – oh.“ Ist man von einer Gruppe hyperintelligenter, gebildeter Investoren umgeben, und keiner sagt „Pass an dieser Stelle auf!“ – dann weiß ich sofort, dass die Idee zu einfach ist. Sie ist offensichtlich so gut, dass ich bereits den Ansturm der Wettbewerber höre, die über mein hoffnungsvolles kleines Start-up hinwegtrampeln. Derart einhellige Zustimmung ist immer ein beunruhigendes Zeichen.

Andererseits will ich auch nicht, dass jeder im Raum sagt: „Reid, du spinnst doch.“ Wenn jeder, mit dem ich spreche, glaubt, die Idee sei grässlich, frage ich mich: „Bin ich von meiner Idee zu blindlings überzeugt?“

Was ich will, ist, dass einige sagen „Du bist ja verrückt“, andere hingegen „Ich sehe, was dahintersteckt“. Ich möchte eine polarisierende Reaktion.

Nehmen wir einmal als Beispiel meine Entscheidung, in Airbnb zu investieren. David Sze, einer meiner Partner bei Greylock Partners, glaubte, ich würde mit dem Investment einen katastrophalen Fehler begehen. Ich erinnere mich, wie er sagte: „Nun, jeder Risikokapitalgeber hat auch mal einen Deal, der nicht gut läuft und aus dem er dann lernen kann. Für dich kann das Airbnb sein.“ Um eins klarzustellen: David Sze ist ein supercleverer Risikokapitalgeber. Er hat in LinkedIn, Facebook und Pandora investiert. Er allein hat 2,5 Milliarden Dollar für Greylock erwirtschaftet. Daher dachte ich gründlich über seine Einwände nach. Wenn jemand so Kluges wie David vollkommen anderer Meinung ist als ich, bin ich besorgt. Aber ich bin auch aufgeregt – ich könnte ja doch recht haben.

Das andere, wonach ich bei wirklich großen Ideen Ausschau halte: nach dem „wackligen Nein“. Wenn Sie Ihre Idee potenziellen Investoren vorstellen, sollten zumindest einige von ihnen in ihrer Entscheidung schwanken. Sie müssen die Leute nicht von einem „Ja“ überzeugen, sollten aber hoffen, eine gewisse Reibung zu entdecken, wenn sie ihre Überlegungen begründen, warum es letztlich doch ein Nein ist. Das „wacklige Nein“ – der Raum zwischen einem Nein und einem Ja – ist ein Hinweis darauf, dass Sie einer wirklich großen Sache auf der Spur sind, denn die besten Ideen führen dazu, dass die Menschen Ja und Nein in einem Atemzug sagen wollen. Das ist für alle eine emotionale Achterbahnfahrt, auch für die Investoren.

Und was das Airbnb-Investment angeht? Letztlich doch keine so schlechte Entscheidung.

Das „aufschlussreiche Nein:“: Wenn ein Nein Ihnen sagt, weshalb Sie genau richtigliegen

„Mein Problem war mein Fimmel für Coca-Cola light“, sagt Kara Goldin. „Ich trank Cola light und nahm einfach nicht ab. Jeden Tag machte ich ein Work-out von 30 bis 45 Minuten. Ich hatte schreckliche Akne, keine Energie.“ Als Kara aufhörte, Cola light zu trinken, und anfing, reines Wasser zu sich zu nehmen, wurde alles besser.

Nachdem sie ein Jahr lang normales Wasser getrunken hatte, fühlte sie sich wohler denn je, aber sie war den Geschmack – oder wohl eher den fehlenden Geschmack – leid. Als Anreiz, mehr zu trinken, warf sie schließlich frisches Obst in ein Glas Wasser. Sie fragte sich: Warum ist das nicht in Flaschen abgefüllt? In den Ladenregalen suchte sie nach einem entsprechenden Produkt, konnte aber keins finden.

So entschloss sie sich: Ich mache mich jetzt einfach an die Sache ran, entwickele dieses Produkt und schaue dann, was passiert.

Kara setzte sich hin und entwickelte ein Rezept für ein aromatisiertes Getränk ohne Zucker und Konservierungsstoffe, und sie begann auch, Treffen mit potenziellen Partnern und Investoren zu arrangieren. Während eines schicksalhaften Meetings erteilte ein hohes Tier aus der Getränkebranche Kara ein klares und abfälliges Nein. Gleichzeitig gab er ihr aber auch unbewusst den besten Hinweis von allen.

Nachdem Kara ihm ihr naturreines Getränk, das einen kleinen Aromaspritzer enthält, vorgestellt hatte, antwortete er: „Schätzchen, die Amerikaner lieben es süß.“ Mal abgesehen davon, wie unangemessen es ist, eine andere Person in einer Geschäftssituation mit „Schätzchen“ anzusprechen, bescherten diese sechs unbedachten Worte Kara einen Aha-Moment. Sie erkannte, dass dieser herablassende Manager einer großen Getränkefirma – fälschlicherweise oder nicht – davon ausging, Amerikaner hätten an einem Flaschengetränk, das nicht süß ist, kein Interesse.

Für einige Menschen mag dies eine simple Absage beziehungsweise eine klare Abfuhr sein, aber Kara erkannte, dass dieses Nein ein Geschenk war – eins, das eine wichtige Information vermittelte: Sein Unternehmen würde weiter nur die „süße“ Linie fahren, womit sich ihr die Chance bot, die „nicht süße“ Sparte zu erobern. „Ich sah die Weggabelung und die von ihnen eingeschlagene Route“, sagte sie, „und dass ich aufs Gas treten und das Geschäft schnell ankurbeln musste, bevor sie sich entschlossen, ebenfalls meinen Weg einzuschlagen.“

Wie sich herausstellte, hat sich Karas Kritiker um 100 Millionen Dollar pro Jahr geirrt. So viel nimmt Hint Water, das Regale in großen und kleinen Lebensmittelgeschäften füllt, jährlich von Amerikanern ein, die angeblich nur Süßes lieben. Das gedankenlose Verwerfen ihrer Idee war ein „aufschlussreiches Nein“ – die Art von Nein, an dem Sie erkennen, warum Sie genau richtigliegen. Die Lektion daraus: Glauben Sie den Neinsagern nicht immer. Hören Sie ihnen aber gut zu, denn sie können unbeabsichtigt für mehr Tempo in der Entwicklung sorgen.

„Es ist erstaunlich, wie vielen Unternehmern ich begegne, die mir sagen: ‚Ich bin wirklich frustriert. Ich habe mit dem und dem in meiner Branche gesprochen, und alle sind ernsthaft der Meinung, dass es eine schlechte Idee sei‘“, sagt Kara. „Nur weil ein großes Unternehmen behauptet, Sie lägen falsch oder die Idee wäre schlecht, bedeutet das nicht, dass Ihre Idee wirklich sehr schlecht ist. Tatsächlich ist es so, dass Sie von diesen Führungskräften möglicherweise etwas über sie und deren Branche erfahren, was darauf hinweist, dass Sie selbst etwas vollkommen anderes machen. Nehmen Sie diese Information und machen Sie etwas daraus.“

Natürlich sind es nicht nur Unternehmer, die von Experten diese Art von Nein zu hören bekommen. Das passiert jedem mit einer Idee, die irgendwie ungewöhnlich ist. Nehmen wir das Beispiel von Andrés Ruzo, einem Geowissenschaftler, der für die Zeitschrift National Geographic schreibt und natürliche Energiequellen erforscht.

Im Jahr 2010 begab sich Andrés auf die Suche nach einer Legende, für deren Existenz es keine Beweise gab. Sein peruanischer Großvater hatte ihm von der spanischen Eroberung Perus erzählt: fantastische Geschichten über riesige Schlangen, die Männer in einem Stück verschluckten, Spinnen, so groß wie Hände, die Vögel fraßen, wilde Krieger mit Giftpfeilen, die andere mit einem einzigen Schuss töten konnten. Von all den Legenden, die Andrés hörte, war es die Geschichte von einem bestimmten Fluss, die ihn am meisten in Bann schlug.

„Jedes Unternehmen, für das ich gearbeitet hatte, jeden Geologen, den ich zu fassen bekam, fragte ich: ‚Haben Sie schon einmal von einem kochenden Fluss gehört, einem großen, riesigen geothermischen Fluss mitten im Amazonasgebiet?‘“ Die meisten reagierten skeptisch. Andrés war jedoch in der Region zwischen Peru und Nicaragua aufgewachsen. Der Amazonas faszinierte ihn. Und er glaubte als Wissenschaftler, dass die Existenz eines kochenden Flusses möglich war – und dass dieser, wenn er entdeckt würde, der Zugang zu einer sauberen, natürlich vorkommenden und praktisch kohlenstofffreien Energiequelle sein könnte.

Nach einer Präsentation vor einem Bergbauunternehmen unterhielt sich Andrés mit einem älteren Geologen, der weiter hinten saß. „Ich fragte ihn, ob er von dem kochenden Fluss gehört habe. Seine Antwort lautete: ‚Andrés, Ihre geothermische Arbeit ist sehr interessant, sehr innovativ, aber Sie sollten keine dummen Fragen stellen.‘ Ich verließ das Meeting äußerst kleinlaut“, erinnert er sich.

Andrés verbrachte zwei ganze Jahre damit, Fachleuten jeder Art dieselbe Frage zu stellen, und er erhielt alle Variationen von Nein, über die wir in diesem Kapitel sprechen: Das ist verrückt. Das ist dumm. Das ist doch vergebliche Mühe. Verschwenden Sie nicht meine Zeit. Aber er machte immer weiter, und schließlich entdeckte er den kochenden Fluss aus der Legende. (Sie können das in dem Buch „Der kochende Fluss“ nachlesen.)

Heute erforscht Andrés diesen Fluss, weil er das zugrunde liegende hydrothermale System verstehen möchte, und die darin wachsenden einzigartigen Mikroben. Er engagiert sich auch stark für den Erhalt des peruanischen Regenwalds, der durch Kahlschlag und Abholzung extrem schnell schwindet, sowie für die von ihm abhängigen menschlichen Kulturen.

Was Unternehmer – und alle, die eine Außenseiteridee haben – aus Andrés’ dramatischer Geschichte mitnehmen können: Denken Sie daran, dass viele Menschen Ihnen sagen werden, Sie seien verrückt, und Zweifel säen an dem, von dem Sie tief in Ihrem Innern wissen, dass es möglich ist. Sie sollten sich von der Ablehnung nicht beirren lassen. Lassen Sie sie stattdessen zu Ihrem Motor werden. Durch ein „aufschlussreiches Nein“ erfahren Sie von Neinsagern mehr über deren eigene Annahmen als darüber, wie die Welt wirklich funktioniert. In Ihren hellhörigen Ohren sollten deren Neins klingen wie „Ja, mit konventionellem Wissen übersieht man diese Chance“.

Das „ehrliche Nein“ – wenn ein Nein Ihnen exakt sagt, was Sie falsch machen

Die klassische Heldenreise eines Unternehmers sieht so aus: Sie haben eine Idee, Sie plagen sich ab, die Idee zum Leben zu erwecken, Sie ertragen endlos viele Neins, sichern sich dann schließlich die Finanzierung, skalieren ein erfolgreiches Unternehmen und beweisen, dass Ihre Kritiker falsch lagen.

Aber was ist, wenn Sie wirklich eine schlechte Idee pitchen? Was ist, wenn diejenigen, die Nein sagen, recht haben? Also wirklich recht haben?

An einem Nachmittag im Jahr 1996 standen Mark Pincus und sein Geschäftspartner Sunil Paul in New York City vor einem Geschäft von Tower Records und boten den Passanten kostenlose Computer an. Es handelte sich dabei um einen cleveren, wenn auch unkonventionellen Versuch, den New Yorkern die Idee für ihr nächstes Start-up nahezubringen: ein Computer mit integriertem Internetanschluss.

Mark war überzeugt, dass das Internet „für Verbraucher zu kompliziert“ war, und er hatte eine Idee für ein All-in-one-Gerät, mit dem die Menschen ohne großen Aufwand online gehen konnten. Schneller, reibungsloser Internetzugang über einen kostenlosen Computer. Wer könnte da Nein sagen?

Alle, wie sich zeigte. Mark fand nicht einen einzigen Abnehmer. Einige lehnten das Angebot eines Gratis-PCs ab, weil sie glaubten, Mark sei ein Betrüger. Andere hingegen lehnten ihn aus einem viel gewichtigeren Grund ab: Sie wollten gar keinen neuen Computer. „Die Leute wollten vor allem deshalb keinen neuen PC, weil es ihnen Sorgen machte, ihre Software auf den neuen Company zu überspielen und die Spiele der Kinder und dergleichen neu installieren zu müssen“, sagt Mark. „Ich dachte mir: Hm, das ist doch ein lösbares Problem.“

Aber um dieses spezielle Problem anzugehen, musste Mark sich eingestehen, dass seine Idee mit dem All-in-one-Gerät nicht lebensfähig war. Aus diesem Grund verwarf er sie.

Die Idee mochte gestorben sein, aber seine Ahnung – das Gefühl, dass sich der Nutzer reibungslosere Lösungen wünscht – war weiterhin stark ausgeprägt, was ihn veranlasste, eine kleine Software zu entwickeln, die er Move It nannte und die den Menschen half, schnell und nahtlos den PC zu wechseln. Das führte wiederum zu der Kerntechnologie, die die Grundlage für seine nächste große Idee war, Support.com – einen Vorreiter im Bereich technischer Support und Cloud-Dienste. All das wäre jedoch nicht geschehen, wenn Mark nicht auf Kritik gehört hätte – und wenn er die darin enthaltene Information nicht genutzt hätte, seine Idee so zu iterieren, dass sie zum Erfolg führte.

Dies war nicht das letzte Mal, dass Mark eine Lektion darin erhielt, wie wertvoll es sein kann, auf ein Nein zu hören. Es war erneut so bei einem Start-up, das er nach Support.com auf den Markt brachte – dem frühen sozialen Netzwerk Tribe, das er 2003 lancierte, im selben Jahr, als MySpace auf den Markt kam, und ein Jahr vor Facebook.

„Ich war Anfang 30 und dachte: Okay, wir alle leben in urbanen Stämmen, lasst uns das online iterieren“, erinnert er sich. So fragte er sich: Wie sähe es aus, wenn wir uns mit unseren Tribes verbinden würden und diese Stämme dann nutzen könnten, um Wohnungen und Jobs zu finden, Sofas und Autos?

Auch wenn Tribe ursprünglich keine bestimmte Bevölkerungsgruppe als Ziel hatte, kam es bei einigen Subkulturen besonders gut an – die bekannteste davon waren die Menschen, die am Burning Man teilnahmen, einem jährlich stattfindenden Festival in der Black Rock Desert von Nevada, das für seine gegenkulturelle Kreativität bekannt ist.

Innerhalb dieser kleinen, aber loyalen Anwendergruppe entwickelte sich Tribe zwar zum Erfolg, aber es gelang Mark nicht, ein breiteres Publikum anzusprechen. Im Nachhinein erkennt Mark genau den Augenblick, in dem er die Dinge hätte drehen können, wenn er nur auf ein schicksalsschweres und eindringliches Nein gehört hätte.

„Meine Freundin war zu dem Zeitpunkt von Tribe echt abgetörnt“, so Mark. „Wenn sie dort war, erhielt sie viele unaufgeforderte Nachrichten und viel Aufmerksamkeit, und das machte ihr wirklich Angst. Sie sagte: ‚Das ist nichts für mich.‘“

Man sollte beachten, dass ein ehrlicher Partner fast immer die beste Quelle für Ideen und Kritik ist. Mark ignorierte jedoch das Feedback, indem er es als Fokusgruppe mit nur einer Person abtat. Er war nicht bereit, Tribe so zu modifizieren, dass es für den Mainstream attraktiv wurde, und letztlich scheiterte das Netzwerk.

Diese bittere Erfahrung mit Tribe wurde für Mark zu einer wichtigen Lektion: „Ein Teil der Reise, auf der wir Unternehmer uns befinden, besteht darin, zu lernen, wie man Gewinnerinstinkte von Verliererideen trennen kann. Ich denke, als Faustregel gilt: Wenn Sie ein guter Unternehmer sind, können Sie davon ausgehen, mit Ihren Instinkten in 95 Prozent der Fälle richtigzuliegen und mit Ihren Ideen vielleicht in 25 Prozent der Fälle.“