Mein – Dein – unser Leben - Friederike von Buchner - E-Book

Mein – Dein – unser Leben E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Es war ›die ruhige Stunde‹ am Vormittag auf der Berghütte, wie Toni und Anna die kleine Pause nannten, die sie sich jeden Tag gönnten. Die meisten Hüttengäste waren dann bereits zu ihren Wanderungen und Klettertouren aufgebrochen. Das Frühstücksgeschirr war gespült. Die Gaststube, die Kammern und der Hüttenboden waren aufgeräumt und gereinigt. Toni, Anna und der alte Alois saßen auf der Terrasse der Berghütte und tranken Kaffee. Bello lag ihnen zu Füßen. Der junge Neufundländerrüde schmollte seit Tagen. Er vermisste Franziska und Sebastian, die in den Sommerferien bei ihrer Tante in München zu Besuch waren. »Anna, weißt du jetzt, wie du weiter vorgehen willst?«, fragte der alte Alois. »Halb und halb«, antwortete Anna. »Ganz entschieden habe ich mich noch nicht.« Anna sah versonnen über das Tal und hüllte sich in Schweigen. Toni und der alte Alois unterhielten sich weiter. »Alois, ich denke, Anna sollte sich endlich entschließen, eine Anzeige wegen übler Nachrede und Verleumdung zu stellen. Immerhin weiß sie jetzt, wer ihr das angetan hat.« »Richtig, Toni, wir haben den Namen der Frau und wir wissen, dass sie die Lebensgefährtin und Geschäftspartnerin von Ruppert Schwarzer ist.« »Wahrlich ein ›blondes Gift‹! Sie hat mit ihm gemeinsame Sache gemacht.

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Toni der Hüttenwirt – 213–

Mein – Dein – unser Leben

Gegensätze ziehen sich an?

Friederike von Buchner

Es war ›die ruhige Stunde‹ am Vormittag auf der Berghütte, wie Toni und Anna die kleine Pause nannten, die sie sich jeden Tag gönnten. Die meisten Hüttengäste waren dann bereits zu ihren Wanderungen und Klettertouren aufgebrochen. Das Frühstücksgeschirr war gespült. Die Gaststube, die Kammern und der Hüttenboden waren aufgeräumt und gereinigt.

Toni, Anna und der alte Alois saßen auf der Terrasse der Berghütte und tranken Kaffee.

Bello lag ihnen zu Füßen. Der junge Neufundländerrüde schmollte seit Tagen. Er vermisste Franziska und Sebastian, die in den Sommerferien bei ihrer Tante in München zu Besuch waren.

»Anna, weißt du jetzt, wie du weiter vorgehen willst?«, fragte der alte Alois.

»Halb und halb«, antwortete Anna. »Ganz entschieden habe ich mich noch nicht.«

Anna sah versonnen über das Tal und hüllte sich in Schweigen. Toni und der alte Alois unterhielten sich weiter.

»Alois, ich denke, Anna sollte sich endlich entschließen, eine Anzeige wegen übler Nachrede und Verleumdung zu stellen. Immerhin weiß sie jetzt, wer ihr das angetan hat.«

»Richtig, Toni, wir haben den Namen der Frau und wir wissen, dass sie die Lebensgefährtin und Geschäftspartnerin von Ruppert Schwarzer ist.«

»Wahrlich ein ›blondes Gift‹! Sie hat mit ihm gemeinsame Sache gemacht. Da haben sich zwei gefunden, die vom gleichen Schlag sind. Es ist doch klar, was sie bezwecken wollen. Sie wollen die Berghütte haben, mit dem Grund rundherum, der dazugehört. Der Schwarzer hat immer noch nicht verwunden, dass er damals leer ausging und ich die Berghütte übernehmen konnte. Das habe ich dir zu verdanken, Anna!«

Anna sah ihren Mann an und lächelte.

»Ich hatte mich in die Berge, die Berghütte, in Bello und in dich verliebt.«

»Alois, hast du des gehört? Zuerst kommen die Berge, dann die Berghütte. Bello nennt sie noch vor mir. Was soll ich dazu sagen?«

»Toni, du musst net jedes Wort auf die Goldwaage legen«, lachte der alte Alois.

»Das war auch net so gemeint. Ich weiß doch, dass du mich liebst«, sagte Toni und gab Anna einen Kuss.

Anna seufzte. »Toni, mir gehen noch verschiedene Fragen im Kopf herum. Wie hat sie es gemacht? Wie wurde das Gerücht gestreut? Nach Ulfs Aussage, hat sie keine Verbindungen nach Waldkogel. Sie ist hier unbekannt.«

»Des stimmt nicht, Anna«, widersprach ihr Toni. »Sie ist die Geliebte, Freundin, was auch immer, von Ruppert Schwarzer. Und Franz Huber, der Handlanger vom Schwarzer, er wird sie kennen. Der Huber wohnt hier in einen Haus, das dem Ruppert Schwarzer gehört. Außerdem sitzt der Huber noch im Gemeinderat. Er macht alles, was Schwarzer will. Er schafft alle Informationen heran. Er macht die Dreckarbeit.«

Anna schüttelte heftig den Kopf. »Das ergibt für mich keinen Sinn. Toni, denke doch mal logisch! Wenn der Huber Franz das Gerücht über unsere angebliche Geldschmuggelei gestreut hätte, dann wäre er ausgelacht worden. In Waldkogel weiß doch jeder, dass er eine Marionette ist, deren Fäden vom Schwarzer gezogen werden. Niemand hätte ihm das Märchen geglaubt. Jeder weiß doch, dass Schwarzer die Berghütte haben wollte, um hier alles mit einem riesigen Hotelkomplex zu verschandeln, mit einem Lift, einem Hubschrauberlandeplatz und einer Straße hinauf. Das weiß jeder. Wie oft er hatte er versucht, Einfluss in Waldkogel zu nehmen! Du weißt, welche fiesen Tricks er angewandt hat, um in Waldkogel an größeren Grundbesitz zu kommen.«

»Er ist jedes Mal gescheitert«, rief der alte Alois und rieb sich vergnügt die Hände. »Wir Waldkogeler halten eben zusammen. Einem solchen falschen Fünfziger will niemand auch nur eine Handbreit Grund überlassen.«

»Richtig, Alois, aber gerade deshalb hat sich Wut aufgestaut. Er ist ja nicht dumm. Er bleibt immer schön im Hintergrund. Wenn auf den Fotos, die uns Ulf gegeben hat, er nicht zufällig zu sehen wäre, wüsste niemand, dass diese Frau und Schwarzer sich kennen. Das ist doch eindeutig. Sie wollten uns ruinieren, dann hätten sie die Berghütte an sich gebracht und ruckzuck wäre Ruppert Schwarzer Eigentümer geworden.«

»Toni, dafür gibt es keine Beweise«, sagte Anna.

»Du musst aber zugeben, dass meine Theorie nicht abwegig ist, Anna.«

»Sicher, Toni! Mir gehen auch solche Gedanken durch den Kopf. Aber stellen wir uns damit nicht auf ihre Stufe, wenn wir das einfach so annehmen? Ist das nicht auch üble Nachrede?«

»Mei, Anna, jetzt legst du jedes Wort auf die Goldwaage. Wir haben schwere Wochen hinter uns. Franziska und Sebastian sind in der Schule angefeindet worden. Basti hat sich mit seinem besten Freund überworfen und geprügelt. Als ich Lorenz Hofer zur Rede stellte, was sein Paul für Sachen sagt, da bekam ich sogar Streit mit ihm. Dabei sind wir seit Jahren befreundet. Das ist alles nicht spurlos vorübergegangen, Anna, weder an mir, noch an dir.«

»Toni, gerade weil wir das wissen, überlege ich mir jeden Schritt genau. Du kannst mir vorwerfen, dass ich zu weich bin. Aber wenn ich Anzeige erstatte, dann wird ein Strafverfahren eröffnet. Das Strafmaß können neunzig Tagessätze des Nettoeinkommens sein oder Gefängnis, jedenfalls in Deutschland. Ich habe mich schlau gemacht. Ruppert Schwarzers Geliebte ist Schweizer Bürgerin. In der Schweiz ist die Strafe viel höher. Das kann sie ruinieren. Kann ich verantworten, ihr Leben zu zerstören? Handle ich dann nicht genauso, wie sie es getan hat?«

Toni legte den Arm um Anna. »Na, Anna, du ruinierst sie net. Darüber solltest du dir keine Gedanken machen. Ich verstehe, dass du davor zurückscheust. Rache ist eine Todsünde. Aber hier geht es um etwas anderes. Unrecht muss geahndet werden. Es ist doch so: Lässt man ein Unrecht durchgehen, dann macht man sich zum Mittäter, indem man es duldet, oder heißt es sogar gut. Man leistet weiterem Unrecht Vorschub. Außerdem, so vermögend, wie diese Person ist, ist ihre Existenz gewiss nicht bedroht. Außerdem hat sie es sich ja selber eingebrockt. Leute, wie dieses blonde Gift, die lieben das Geld, sie vergöttern es. Eine Geldstrafe, egal wie hoch sie sein wird, wird ihr wehtun, weil sie geldbesessen ist. Und wegen Schwarzer habe ich auch kein schlechtes Gewissen. Dem würde ein Denkzettel auch gut tun!«

Anna trank einen Schluck Kaffee.

»Toni, Ruppert Schwarzer ist ehrgeizig. Er ist fast krankhaft davon besessen, größeren Grundbesitz in Waldkogel zu erwerben. Er ist sehr gerissen, aber er war nie kriminell. Er war trickreich und hinterlistig, aber er hat eine bestimmte Grenze nie überschritten.«

Der alte Alois stimmte ihr zu.

Anna sprach weiter: »Toni, ich grüble immer noch darüber nach, wie dieses Gerücht über mich entstanden ist. Wo nahm es seinen Anfang? Wie kam es, dass deine Eltern darauf angesprochen wurden?«

Toni zuckte mit den Schultern. »Vielleicht wurde jemand dafür bezahlt, es in Umlauf zu bringen. Es ist ein kleines oder größeres Handgeld geflossen, und schon war es passiert«, spekulierte er.

Der alte Alois schüttelte energisch den Kopf. »Mei, jetzt hört auf damit! Ihr dreht euch im Kreis. Des bringt doch nichts! Anna, du musst dich entscheiden. Ich habe den Eindruck, dass die Sache für dich schon abgeschlossen ist. Aber denke an die Kinder! Wenn du nix tust, dann werden die Gerüchte nie richtig verstummen. Franzi und Basti werden immer wieder darauf angesprochen werden. Sie können sich nicht wehren. Die Erinnerung daran kannst du ohnehin net auslöschen. Vielleicht bleibt doch etwas hängen, was man sich in vielen Jahren noch erzählt. Kinder müssen lernen, dass man eine Straftat nicht einfach so durchgehen lässt. Wie die Übeltäter bestraft werden, darauf hast du keinen Einfluss. Wieweit Ruppert Schwarzer der Anstifter war, das wird vielleicht der Prozess klären. Aber einfach nix zu tun und die Sache vergessen, das ist nicht richtig. So etwas muss angezeigt werden. Wenn du es nicht für dich tust und für Toni, dann mache es für die Kinder. Wenn du nichts tust, duldest du damit, dass diese Person dasselbe mit jemand anderem macht. Es ist eine schöne Sache, wenn ein Mensch verzeihen kann, du hast ein großes Herz, Anna, doch hier solltest du handeln.«

Anna sah den alten Alois an. »Damit hast du recht. Aber zu Chris und Wolfi auf die Polizeistation gehe ich nicht. Ich nehme mir einen Rechtsanwalt und beauftrage ihn, tätig zu werden. Er kann dieses Weib auch gleich verklagen. Wir hatten Umsatzeinbrüche, die Berghütte war einige Tage geschlossen. Wir haben allen Stammgästen abgesagt, die für den Sommer gebucht hatten. Das will ich ersetzt haben.«

»Gut so! Das bist jetzt wieder ganz du, Anna, wie ich dich kenne«, sagte Alois. »Das zupackende Madl!«

Toni drückte Anna einen Kuss auf das Haar. »So machst du es, Anna. So machen wir es! Wir nehmen uns einen guten Anwalt. Wenn wir die Kinder in München abholen, fahren wir früher hin und gehen vorher zum Rechtsanwalt. Alois hat völlig recht. Wir können dann damit abschließen. Vielleicht bringt der Prozess heraus, wie sie es gemacht hat und wer ihre Helfershelfer in Waldkogel waren.«

Der alte Alois stand auf. »So, jetzt hole ich eine Flasche von meinem guten Obstler. Wir stoßen jetzt auf deine Entscheidung an, Anna.«

So geschah es.

Anna griff danach zum Telefon. Sie rief die Kanzlei an, die sie kannte und vereinbarte einen Termin. »So, die Sache Baumberger gegen Zarina Gruber ist eingeleitet«, sagte Anna und seufzte.

»Zarina, der Name passt«, bemerkte Toni. »Der Vorname erinnert an Zarin. Des Weib hat wohl gedacht, sie könnte sich wie eine Zarin benehmen, aber da hat sie sich geirrt.«

Toni und Anna wollten wieder an die Arbeit gehen. Da kam Norbert Seeberger, der Seniorchef des Hotels »Zum Ochsen« über das Geröllfeld auf die Berghütte zu.

»Mei, Norbert, schön, dass du uns mal besuchst! Steht dir der Sinn nach einfacher Gastlichkeit? Willst du dem Luxus eures Sternehotels entkommen?«, lachte Toni.

Sie schüttelten sich die Hände. Dann saßen sie noch eine Weile auf der Terrasse zusammen. Norbert Seeberger war auf die Berghütte gekommen, weil er herausgefunden hatte, wie das Gerücht in Umlauf gekommen war. Den Anfang hatte es offenbar in der Hotelbar genommen. Sie hörten interessiert zu, was Norbert erzählte.

»Was sagst dazu, Anna?«, fragte Toni.

»Seeberger, es wäre gut, wenn wir das schriftlich hätten«, sagte Anna. »Oder könntest du mit zum Anwalt kommen und erklären, was du uns gesagt hast?«

»Sicher komme ich mit und schriftlich kannst du das auch haben, Anna. Wenn es zu einem Prozess kommt, dann sage ich gern als Zeuge aus. Außerdem gibt es dafür noch mehr Zeugen. Du kannst dich auf mich verlassen. Ich sorge dafür, dass alle aussagen werden, die damals dabei waren, das Personal und die Stammgäste, die ich gut kenne.«

»Norbert, das ist ein Wort!«, sagte Alois. »Jetzt ist die Sache rund.«

Toni und Anna nickten ihm zu. Jetzt wussten sie, wie alles gekommen war, nach dem geselligen Beisammensein von Zarina Gruber mit Geschäftspartnern, in der Hotelbar des Hotels »Zum Ochsen«.

*

Peter Schröter und Viola waren auf dem Weg in die Berge.

Peters Vater Theo hatte seinen Sohn überredet, ein verlängertes Wochenende mit Viola, Peters Freundin aus der Kindheit, im Chalet der Schröters zu verbringen.

Es war Samstagnachmittag, als Theo und seine Frau Mathilde vor der Villa standen und den beiden nachwinkten, als sie in Peters offenem Sportwagen davonfuhren.

Theo legte den Arm um seine Frau. »Tilli, ich verstehe den Jungen nicht. Warum macht er Viola nicht endlich einen Antrag? Die beiden passen perfekt zusammen. Sie kennen sich so gut. Sie kommen beide aus begüterten Elternhäusern und wissen, auf was es im Leben ankommt. Sie gehen schon lange miteinander, von ihrer Jugendfreundschaft mal ganz abgesehen. Warum ziert er sich? Du weißt, wie er ausweicht, wenn ihn jemand darauf anspricht. Warum?« Theo Schröter seufzte. »Kannst du da nicht etwas tun?«, fragte er und warf seiner Frau einen Blick zu.

Mathilde Schröter, die Tilli gerufen wurde, lächelte ihren Mann an und tätschelte ihm die Wange. »Ich werde keinen Druck auf Peter ausüben. Er ist noch jung. Als du in seinem Alter warst, hattest du auch nicht daran gedacht, zu heiraten.«

Sie gingen ins Haus.

»Das war doch etwas anderes. Du kannst mich doch nicht mit Peter vergleichen.«

»So?«

»Ja, ich war damals noch auf der Suche. Ich hatte dich noch nicht gefunden. Als ich dich endlich gefunden hatte, habe ich dir sehr bald einen Antrag gemacht und wir haben noch im gleichen Jahr geheiratet. Ich habe immer bedauert, dass ich dich nicht schon Jahre früher kennengelernt hatte. Ich bedaure die verlorenen Jahre. Bei Peter ist es anders. Er hat doch bereits Viola gefunden. Erinnerst du dich, wie sie als Kinder Brautpaar gespielt hatten?«

Mathilde schmunzelte. »Mach dir nicht so viele Gedanken, Theo! Vielleicht kommen sie sich das Wochenende näher, so nah, dass er ihr einen Antrag macht.«

»Meine Geduld wird auf eine harte Probe gestellt, Tilli.«

»Damit musst du fertig werden, Theo. Da kann ich dir nicht helfen. Ich weiß, dass du von Natur aus ein sehr ungeduldiger Mensch bist. Du willst immer sofort Ergebnisse, selbst wenn du dafür die Nächte durcharbeiten musst.«

»Ohne Fleiß, kein Preis!« Theo schaute auf die Uhr. »Ich fahre noch einmal in die Firma. Am Wochenende klingelt kein Telefon und ich bin ungestört. Ich will mir in Ruhe die Pläne für die neue Maschine ansehen.«

»Fahr ruhig!«, sagte Mathilde. Sie wusste, dass es ohnehin sinnlos gewesen wäre, ihn davon abhalten zu wollen.

Peter und Viola waren zuerst zum Einkaufen in die besten Münchner Geschäfte gefahren, bevor sie sich auf den Weg in die Berge machten. Peter saß am Steuer des Luxussportwagens neuester Bauart und fuhr gemütlich die Landstraßen entlang. Er genoss es, nicht hetzen zu müssen wie während der Woche.

»Musst du so dahin kriechen?«, fragte Viola.

»Warum nicht? Nur so sieht man etwas von der Landschaft.«

»Es wird dunkel sein, bevor wir ankommen. Du weißt, dass ich in der Dunkelheit den schmalen Weg nicht gern hinauffahre.«

»Viola, es wird Zeit, dass du deine Angst überwindest.«

»Peter, du kennst mich. Ich hatte schon immer Höhenangst, wenn der Abgrund sichtbar ist.«

»Dann mach die Augen zu! Ich bringe dich sicher hinauf.«

Sie fuhren weiter.

Plötzlich hielt Peter an.

»Was ist? Warum hältst du an?«, fragte Viola.

Peter warf ihr einen kurzen Blick zu. »Siehst du den alten Mann dort auf der Wiese? Er mäht das Gras mit einer Sense. Welch ein schöner Anblick! Wie gleichmäßig er ausholt! Er schaut so zufrieden aus. Ist das nicht ein schöner Anblick? Er erinnert mich an ein Gemälde. Welche Harmonie von ihm ausgeht! Ich könnte stundenlang zusehen. Es muss ein schönes Gefühl sein, so Gras zu mähen.«

Viola stöhnte. »Peter, nun hör aber auf! Dass jemand eine große Wiese mit der Hand mäht, ist völlig unnötig. Es gibt Maschinen dafür, die erledigen das Mähen, Aufnehmen und Bündeln in einem Arbeitsgang und dazu noch in einem Bruchteil der Zeit. Was soll an einer antiquierten Schufterei schön sein?«

Peter sah Viola an. »Siehst du nicht die Harmonie? Sicher ist diese Arbeit mühsam, aber es ist wie Meditation. Der alte Mann strahlt Frieden und Ruhe aus.«

Viola schaute Peter an. Sie sah ein Leuchten in seinen Augen, wie sie es noch nie gesehen hatte. Sie erschrak. »Peter, was ist mit dir los? Ich verstehe dich nicht. Der Typ wird keine Maschine haben. Er wird nicht einmal das Geld haben, eine Maschine für ein paar Stunden zu mieten. Wie kannst du so jemanden bewundern? Entwickelst du plötzlich romantische Gefühle für Armut?«

»Warum nimmst du gleich an, er sei ein Versager? Du hast Vorurteile, Viola.«

»Begründete Vorurteile! Du bist auf einem Nostalgietrip. Vielleicht bist du auch nur überarbeitet und hast ein verstecktes Burnout, das gerade zum Vorschein kommt. Ich verzeihe dir deine verschrobene Ansicht, Peter. Aber jetzt lass uns weiterfahren. Wir machen uns wunderbare Tage, dann kommst du wieder ins Lot.«