Mein Freund Immanuel Kant - Heinz Duthel - E-Book

Mein Freund Immanuel Kant E-Book

Heinz Duthel

0,0

Beschreibung

ES GAB EINMAL EINE GUT GEZOGENE, SANFTE UND SCHÖNE AUSWÄRTIGE WITWE, DIE HIER AN VERWANDTE BESUCHTE. KANT LEUGNETE NICHT, DASS ES EINE FRAU WÄRE, MIT DER ER GERNE LEBEN WÜRDE, BERECHNETE EINNAHME UND AUSGABE UND SCHOB DIE ENTSCHLIEßUNG EINEN TAG NACH DEM ANDEREN AUF. DIE SCHÖNE WITWE BESUCHTE ANDERE VERWANDTE UND HEIRATETE DORT. Ein zweiter Anlauf scheiterte in ähnlicher Weise. Danach dachte Kant nicht wieder ans Heiraten. Später meinte er dazu, als er eine Frau habe brauchen können, habe er keine ernähren können. Und als er eine ernähren konnte, habe er keine mehr brauchen können. Um das Jahr 1764, also im Alter von 40, geriet Kant in das, was wir heute Midlife-Crisis nennen. Er beschloss, seinem bis dahin eher ungebundenen Leben künftig feste Grundsätze und Regeln zu geben. Erst ab dieser Zeit wurde seine Lebensführung, so wie sie meist geschildert wird, prinzipienfest streng geregelt, schließlich pedantisch. Der Tagesablauf war immer gleich auf die Minute. Kant stand zum Beispiel exakt um fünf Uhr früh auf und ging genauso exakt um 22 Uhr zu Bett, pünktlich und jeden Tag. Das war in gewisser Weise auch durchaus sinnvoll, denn diese geregelte und Kräfte schonende Lebensweise stellte den stabilen äußeren Rahmen bereit. Der Kants große philosophische Leistung überhaupt ermöglichte. Diese Leistung begann erst jetzt. Und Kant musste sie seiner eher schwächlichen körperlichen Konstitution geradezu abringen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 62

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Mein Freund Immanuel Kant

Die erste Frage: Was kann ich wissen?

Denn wenn wir nicht wissen können, dass Gott existiert, dann können wir auch nicht wissen, dass Gott nicht existiert.
Wer an Gott glaubt, kann sicher sein, dass niemals das Gegenteil bewiesen wird.Ein berühmter Satz Kants lautet denn auch: Ich musste also das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen.

Nehmen Sie vortreffliche Lehrer die Versicherung meines lebhaftesten Dankes für das wohltätige Licht an, das in meinem Geist angezündet hat.

Eines Dankes, der wie das Geschenk, auf das er sich gründet, ohne Grenzen und unvergänglich ist.

Friedrich Schiller schrieb dies am 13. Juni 1794 an Immanuel Kant. Es war die Verbeugung des dichterischen Genies vor dem wohl bedeutendsten Philosophen der deutschen Geistesgeschichte. Kaum jemand hat das Denken und die Wertvorstellungen der Deutschen stärker geprägt als der weltweite aus Königsberg, wie Kant schon von seinen Zeitgenossen genannt wurde. Das sprichwörtliche preußische Pflichtbewusstsein gründet ebenso in Kants Philosophie wie die Unantastbarkeit der Menschenwürde, die im Grundgesetz der Bundesrepublik festgeschrieben ist, und auch die Tiefsee Einigkeit. Wesentliches Merkmal des deutschen Nationalcharakter hat in Kant, wenn nicht ihren Erfinder, so doch sicherlich ihren hervorragenden Vertreter. Kant zündete im Geist vieler Menschen ein Licht an. Nicht nur in dem Schillers.

Kant war kein philosophisches Wunderkind wie etwa Leibniz, sondern eher ein Spätentwickler.

Als er sein erstes großes Werk veröffentlichte, die Kritik der reinen Vernunft, zählte er schon fast 60 Jahre. Beim letzten fast 80.

Entsprechend hat man Kant fast immer als alten und oft auch schon etwas kauzigen Mann vor Augen. übersehen wird dabei, dass es auch einen jungen Kant gab und ein Leben vor der Kritik der reinen Vernunft.

Dieses war philosophisch zwar weniger bedeutsam, dafür aber lebendiger, als man Kant gemeinhin zutraut.

Immanuel Kant wurde am 22. April 1724 in Königsberg geboren. Er studierte Philosophie, Mathematik und Theologie. 1755 wurde er Privatdozent, 1770 Professor für Philosophie. All das spielte sich in seiner Heimatstadt Königsberg ab, in der er sein ganzes Leben verbrachte.

Die lebendigsten Jahre dürften die als Privatdozent gewesen sein. Kant ging damals fast jeden Abend aus. Er kam gut an in der Königsberger Gesellschaft, obwohl er nicht adelig war. Dem eleganten Magister nannten ihn die Damen Karl August Böttiger.

Als Cutterin bezeichnete man die Zusammenkünfte der guten Gesellschaft von Königsberg, in denen Kant mit seiner Intelligenz und seinem Witz brillierte.

Eine feste Bindung ging er allerdings nie ein. Zweimal stand er kurz vor einer Eheschließung. Aber beide Male, so sagte er später, dachte er wohl zu lange nach. Der Kant Biograf Manfred Kühn zitiert dazu einen Studienfreund des Postillen d'amour.

Es gab einmal eine gut gezogene, sanfte und schöne auswärtige Witwe, die hier an Verwandte besuchte. Kant leugnete nicht, dass es eine Frau wäre, mit der er gerne leben würde, berechnete Einnahme und Ausgabe und schob die Entschließung einen Tag nach dem anderen auf. Die schöne Witwe besuchte andere Verwandte und heiratete dort.

Ein zweiter Anlauf scheiterte in ähnlicher Weise. Danach dachte Kant nicht wieder ans Heiraten.

Später meinte er dazu, als er eine Frau habe brauchen können, habe er keine ernähren können. Und als er eine ernähren konnte, habe er keine mehr brauchen können.

Um das Jahr 1764, also im Alter von 40, geriet Kant in das, was wir heute Midlife-Crisis nennen. Er beschloss, seinem bis dahin eher ungebundenen Leben künftig feste Grundsätze und Regeln zu geben. Erst ab dieser Zeit wurde seine Lebensführung, so wie sie meist geschildert wird, prinzipienfest streng geregelt, schließlich pedantisch. Der Tagesablauf war immer gleich auf die Minute. Kant stand zum Beispiel exakt um fünf Uhr früh auf und ging genauso exakt um 22 Uhr zu Bett, pünktlich und jeden Tag.

Das war in gewisser Weise auch durchaus sinnvoll, denn diese geregelte und Kräfte schonende Lebensweise stellte den stabilen äußeren Rahmen bereit. Der Kants große philosophische Leistung überhaupt ermöglichte. Diese Leistung begann erst jetzt. Und Kant musste sie seiner eher schwächlichen körperlichen Konstitution geradezu abringen.

Dafür war diese streng geregelte und Ablenkung freie Lebensweise sicher förderlich. Die folgenden Jahre von 1770 bis etwa 1800 waren denn auch diejenigen, in denen die Gedanken entwickelten, die ihn weltberühmt machten.

Das gesamte Interesse unserer Vernunft und damit auch das gesamte Interesse der Philosophie lässt sich, so Kant, in drei Fragen formulieren, nämlich Was kann ich wissen, was soll ich tun? Und was darf ich hoffen?

Die erste Frage: Was kann ich wissen? Betrifft unsere Erkenntnis der Wirklichkeit der Welt, in der wir leben. Kants Antwort lautet kurz gefasst Ich kann das wissen, was mir meine Sinne und meine Vernunft im Zusammenwirken vermitteln. Wissen ist also ein Produkt von Sinn. Es Daten plus Vernunft dabei.

Und das ist Kants erste große Entdeckung, ist unser eigener Anteil größer als allgemein angenommen?

Unsere Erkenntnis Werkzeuge, in erster Linie die Vernunft, geben die Eindrücke von außen nämlich nicht eins zu eins wieder, sondern verpassen ihnen immer gleich eine bestimmte Form.

Zum Beispiel ordnen sie alle Wahrnehmungen nach Raum und Zeit, dass wir die Dinge als nebeneinander oder übereinander liegend wahrnehmen und als gleichzeitig oder nacheinander.

Liegt also nicht an den Dingen selbst, sondern an diesem Ordnungssystem, das wir ihnen überstülpen.

Dies bedeutet, dass wir die Form unserer Erkenntnis selbst gestalten.

Daraus wiederum folgt, dass wir die Welt, wie wir sie wahrnehmen, zumindest zum Teil auch selbst hervorbringen.

Man nennt diese Umkehrung des gewöhnlichen Weltbildes die kopernikanische Wende in der Erkenntnis Philosophie. Der Astronom Nikolaus Kopernikus hatte gezeigt, dass entgegen allem Anschein nicht die Sonne sich um die Erde dreht, sondern die Erde um die Sonne.

In ähnlicher Weise zeigte Kant nun, dass die Welt von uns nicht bloß im Erkennen. abgebildet wird, sondern dass wir sie durch unser Erkennen erst hervorbringen, zumindest der Form nach.

Die Welt ist also keine Welt der Dinge an sich, sondern eine Welt der Erscheinungen, nämlich eine Welt, wie sie uns erscheint.

Dies bedeutet aber nicht, dass die Welt bloß Schein wäre. Was wir erkennen, ist die Wirklichkeit. Aber es ist unsere Wirklichkeit, wie wir sie selbst hervorbringen.

Ähnlich frappierend war eine weitere Schlussfolgerung Kants wenn Wissen über die Wirklichkeit nur im Zusammenspiel von Sinnlichkeit und Vernunft entsteht, dann kann überall dort, wo eine der beiden Komponenten fehlt, nicht von Wissen gesprochen werden.

Bloßes Denken zum Beispiel ist demnach noch kein Wissen. Ich kann mir vieles denken, etwa ein Buch mit Ohren oder Flügeln oder eines, das sich selber schreibt.

Aber dass dies etwas Wirkliches ist, weiß ich erst, wenn ich es auch sinnlich wahrnehme. Erst dann bekommt man Denken reale Substanz und wird zum Wissen. Bis dahin kann es immer sein, dass ich bloß mit Gedanken gespielt habe.

Das bedeutet, dass wir über Gegenstände, die jenseits unserer sinnenden Welt vermutet werden, kein Wissen gewinnen können, also etwa über Gott oder die Unsterblichkeit der Seele. Das ist die ernüchternde Konsequenz von Kants Vernunft Kritik gerade für die Philosophie und die Theologie.

Wir können Gott zwar denken, aber wir können Gott nicht erkennen, weil wir ihn nicht sehen oder auf andere Weise sinnlich wahrnehmen können. Wir werden also niemals wissen, ob es Gott gibt und wie er ist.

Wegen der Zerstörung solcher und anderer metaphysische Hoffnungen nannte man Kant damals, den alles zermalmt. Dabei übersah man aber die positive Kehrseite, Kants Vernunft Kritik für religiöse Menschen bereithält.

Denn wenn wir nicht wissen können, dass Gott existiert, dann können wir auch nicht wissen, dass Gott nicht existiert.