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Unveröffentlichte Briefe: der Bestsellerautor im innigen Austausch mit seinen Kindern.
Hans Fallada war Morphinist, Trinker, ein von seinen Dämonen bedrängter Künstler, der große Romane seiner Zeit schuf. Zugleich war er ein liebender Familienvater, der mit seinen Kindern Uli, Mücke und Achim Ruderboot fuhr, ihnen Geschichten erzählte und diese für sie aufschrieb – legendär sind seine »Geschichten aus der Murkelei«. Und er schrieb ihnen zu Herzen gehende Briefe. Das brillante wie berührende Selbstporträt des Autors, das er für seinen ältesten Sohn Uli verfasste, stellt zusammen mit bislang unveröffentlichten Briefen an Tochter Mücke, die ab August 1942 für ein Jahr das Internat in Hermannswerder besuchte, eine ganz besondere Liebeserklärung des Vaters an seine Kinder dar.
„Du bist doch ein kleiner Mensch, der zum ersten Mal allein in der großen Welt ist, dass wir da immerzu an Dich denken, ist klar.“ Hans Fallada an Tochter Mücke, 24. August 1942.
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Seitenzahl: 158
Unveröffentlichte Briefe: der Bestsellerautor im innigen Austausch mit seinen Kindern.
Hans Fallada war Morphinist, Trinker, ein von seinen Dämonen bedrängter Künstler, der große Romane seiner Zeit schuf. Zugleich war er ein liebender Familienvater, der mit seinen Kindern Uli, Mücke und Achim Ruderboot fuhr, ihnen Geschichten erzählte und diese für sie aufschrieb – legendär sind seine »Geschichten aus der Murkelei«.
Und er schrieb ihnen zu Herzen gehende Briefe. Das brillante wie berührende Selbstporträt des Autors, das er für seinen ältesten Sohn Uli verfasste, stellt zusammen mit bislang unveröffentlichten Briefen an Tochter Mücke, die ab August 1942 für ein Jahr das Internat in Hermannswerder besuchte, eine ganz besondere Liebeserklärung des Vaters an seine Kinder dar.
»Du bist doch ein kleiner Mensch, der zum ersten Mal allein in der großen Welt ist, dass wir da immerzu an Dich denken, ist klar.« Hans Fallada an Tochter Mücke, 24. August 1942
Über Rudolf Ditzen
Rudolf Ditzen alias HANS FALLADA (1893 Greifswald – 1947 Berlin), zwischen 1915 und 1925 Rendant auf Rittergütern, Hofinspektor, Buchhalter, zwischen 1928 und 1931 Adressenschreiber, Annoncensammler, Verlagsangestellter, 1920 Roman-Debüt mit »Der junge Goedeschal«. Der vielfach übersetzte Roman »Kleiner Mann – was nun?« (1932) macht Fallada weltbekannt. Sein letztes Buch, »Jeder stirbt für sich allein« (1947), avancierte rund sechzig Jahre nach Erscheinen zum internationalen Bestseller. Weitere Werke u. a.: »Bauern, Bonzen und Bomben« (1931), »Wer einmal aus dem Blechnapf frißt« (1934), »Wolf unter Wölfen« (1937), »Der eiserne Gustav« (1938).
Nele Holdack, leitende Lektorin moderne Klassik und Klassik, gab unter anderem Werke von Hans Fallada, Victor Klemperer, Lion Feuchtwanger und Mark Twain heraus.
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Mit Mücke und Uli auf dem Carwitzer Hauptmannsberg, Juli 1939
Hans Fallada
Meine lieben jungen Freunde
Briefe an die Kinder
Herausgegeben von Nele Holdack
Inhaltsübersicht
Informationen zum Buch
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Hans Fallada und seine Kinder
»Kinder sind Reichtum.«
Meine lieben jungen Freunde
Anhang
Anmerkungen
Zu dieser Ausgabe
Fußnoten
Impressum
Hans Fallada, mit bürgerlichem Namen Rudolf Ditzen, war sechsunddreißig Jahre alt, als 1930 sein ältester Sohn Uli geboren wurde. »Er widmete jede freie Minute dem Kinde, er lauschte mit gieriger Spannung auf jede neue Lebensäußerung, er fuhr den Sohn selbst spazieren, legte ihm die Windeln um und verging bei der kleinsten Unpässlichkeit vor Sorgen und Kummer«, schreibt er Jahre später in der Erzählung »Der Kindernarr« (1944). Dabei kann man für die Figur des Vaters annehmen, was der Autor auch über den Erzähler in »Heute bei uns zu Haus« (1943) offenbarte: »Dieser Mann bin ich selbst …« Seine Frau Anna, genannt Suse, hatte er 1928 kennengelernt: »Als sie einander heirateten, waren beide schon nicht mehr jung, aber das Glück, doch noch einen Gefährten fürs Leben gefunden zu haben, war umso größer.«
Mit Suse und Uli kam Beständigkeit in Falladas Leben, das bis dahin – einschließlich Morphiumsucht, Sanatorien und Gefängnissen – eher glücklos verlaufen war. Kurz darauf stellte sich unverhofft auch noch der große Erfolg als Schriftsteller ein: Mit seinem vierten Roman, »Kleiner Mann – was nun?« (1932), wurde Fallada zum internationalen Bestsellerautor. War das Geld bis dahin immer knapp gewesen, kam nun ein Geldsegen über ihn, von dem er sich einen Traum erfüllen konnte: Im Sommer 1933 kaufte er fernab von Berlin ein Anwesen für seine wachsende Familie.
Mit Sohn Uli, 1930
Suse war zu dieser Zeit mit Zwillingen schwanger. »Sie gebar zwei Mädchen, zwei blühende gesunde Kinder, beide lebensfähig, aber das zweite der beiden Mädchen starb wenige Stunden nach der Geburt – an einer Hirnverletzung durch das zu rasche Passieren der engen Geburtswege.« Lange trauerten die Eltern um Edith. Die Freude über die gesunde Tochter Lore, die »aus längst vergessenen Gründen« Mücke genannt wurde, war davon unberührt. 1940 kam schließlich der zweite Sohn, Achim, zur Welt und machte die Familie komplett: »Der Knabe war ein großes Glück« – »von einer unbändigen Lebenslust erfüllt, einem nicht zu stillenden Tatendrang«.
Fallada, der nach dem abgebrochenen Abitur eine landwirtschaftliche Lehre absolviert hatte, konnte in Carwitz einen eigenen Hof bewirtschaften. Er schätzte die »verwunschene, einsame Lage« – in der Nazizeit und im Zweiten Weltkrieg ein besonderer Vorzug. Denn der Autor hatte beschlossen, die Naziherrschaft in Deutschland auszusitzen und sich in die »innere Emigration« zurückzuziehen. Zwar zu gewissen Kompromissen bereit, ließ er sich doch zu keiner Zeit zum Propagandaschreiber machen. Daran änderten auch die Reisen durch Frankreich und das Sudentenland nichts, die er, vom Regime umworben, 1943 als »Sonderführer« des Reichsarbeitsdienstes unternahm.
Für die junge Familie war der Ort in Mecklenburg wie geschaffen. Die Kinder konnten im Sommer schwimmen, angeln und Ruderboot fahren, im Winter Schlittschuh laufen. In den Wäldern sammelten sie Pilze, Brombeeren und Schlehen. Für den Vater bot die Abgeschiedenheit Schutz vor den Verlockungen der Großstadt. Er war seit vielen Jahren alkoholabhängig und auch hier nicht ganz gegen die Sucht gefeit. Wiederholt kam es zu Rückfällen, so dass Aufenthalte in Sanatorien notwendig wurden.
Der geregelte Tagesrhythmus in Carwitz verschaffte Hans Fallada die nötige Ruhe und Konzentration zum Schreiben. »Die Stunden, da ich alles für die neue Romanarbeit vorbereite, gehören zu den glücklichsten meines Lebens.« Jetzt lernten die Kinder die Schattenseiten kennen, einen Schriftsteller zum Vater zu haben, denn das zog unweigerlich die Warnung der Mutter nach sich: »Der vordere Hof ist euch verboten, ihr spielt nur hinter der Scheune. Und wenn ihr im Obstgarten seid, denkt ihr daran, dass ihr immer ganz leise sein müsst«, heißt es in der Erzählung »Ruhe, jetzt wird gearbeitet!«. Die Kinder lernten wohl früh, was Fallada in »Der Kindernarr« so beschrieb: »er war ebenso versessen in der Arbeit wie im Genuss«, was die Kinder genauso einschloss wie das Schreiben und seinen Alkohol- und Drogenkonsum.
Langweilig oder gar einsam wurde es in Carwitz indes nie: »Bei uns essen alle gemeinsam an einem Tisch, Eltern, Kinder, Haustöchter, Monteure, Hausschneiderinnen, Gäste.« Zu den Besuchern gehörten in den Kriegsjahren zunehmend Familienmitglieder und Bekannte, die in Carwitz Zuflucht suchten: Falladas Mutter aus Celle und seine Nichte Adelheid Hörig, Suses Hamburger Schwester Dorothea (Dola) Blöcker mit Tochter Käti und ihre Halbschwester Mathilde (Tilly) Frercksen.
Als einen Nachteil des Lebens auf dem »Dörp« empfand der Vater allerdings die Dorfschule mit Lehrer Schwoch, die seinen Ansprüchen nicht genügte. Und so wurden die Kinder, auch wenn es »kein leichter Entschluss« war, trotz des Krieges aufs Internat geschickt: Uli besuchte seit dem Frühjahr 1940 bis Kriegsende das Joachimsthalsche Gymnasium in Templin (Uckermark), Mücke von August 1942 bis Ende 1943 die Mädchenschule in Hermannswerder (Potsdam) – in Berlin lebten Freunde der Familie, Sophie (Woffie) Zickermann sowie Willi und Eva (Evchen) Burlage, die sich des Kindes annehmen konnten und immer wieder die Sonntage mit ihm verbrachten. Ein Trost in den Zeiten der Trennung war den Eltern Achim, der zwei Jahre alt war, als auch Mücke aufs Internat kam.
Der Briefwechsel mit Uli ist unter dem Titel »Mein Vater und sein Sohn« 2004 erschienen. Die Post, die ab August 1942 zwischen dem Schriftstellervater und der neunjährigen Tochter hin- und herging, ist hier erstmals nachzulesen. Der Vater erwartete wie vom Sohn »alle Woche« von ihr mindestens einen Brief. Auch wenn er wohl wusste, dass es seiner Mittleren ungleich schwerer fallen würde. In »Heute bei uns zu Haus« beschreibt er sie so: »Tatsächlich hält Mücke längst den Kinderrekord in Langsamkeit im Lande Mecklenburg, und ich habe es ihr schon viele Male vorausgesagt, dass sie noch das langsamste Kind von Deutschland werden wird. Mücke rühren solche Bemerkungen ihres Vaters gar nicht, sie sagt bloß in edler Gelassenheit: ›Red bloß nicht solchen Quatsch, Papa!‹« Durch Mückes Briefe erfuhren die Eltern, dass sie wohlauf war, denn immer häufiger kam es zu Fliegerangriffen auf Berlin und Potsdam. Was Fallada der fortwährende Austausch mit der Tochter darüber hinaus bedeutete, lässt sich erahnen, wenn er am 24.August 1942 schreibt: »Du bist doch ein kleiner Mensch, der zum ersten Mal allein in der großen Welt ist, dass wir da immerzu an Dich denken, ist klar.« Und so ermahnt er sie, die zu Hause pausenlos redete, denn »Mücke kann ohne Reden nicht leben«, am 12.November 1943 zum widerholten Mal, regelmäßig zu schreiben: »die Briefe zwischen uns stellen in der langen Zeit, in der wir uns nicht sehen können, eine Verbindung zwischen uns her, die auch etwas Dauerhaftes bedeutet«.
Die Korrespondenz zeichnet nicht nur ein farbiges Bild vom Familienleben der Ditzens, sondern gibt einen ganz eigenen Einblick in die Gefühlswelt eines Vaters, der seiner Sehnsucht Ausdruck verleiht – mit aller Leidenschaft, manchmal mit großer Strenge (wenig Verständnis zeigte er vor allem für Schreibfaulheit und schludrige Rechtschreibung), stets aber mit noch größerer Fürsorge und Liebe.
Glückliche Momente im Carwitzer Winter
Carwitz, am 5.August 1942.
Post Feldberg/Meckl.
Meine liebe große Mücke,
dies ist nun der erste Brief, den ich Dir in Deine neue Heimat schreibe – hoffentlich erreicht er Dich zum Sonntag. Mummi und Uli sind noch nicht wieder zu Haus, wenn ich dies schreibe, sie kommen heute Nachmittag. Aber die Mummi hat mir am Telefon erzählt, wie tapfer Du gewesen bist, wenn auch ein paar Tränlein geflossen sind, das macht ja nichts, Tränen machen das Herz leichter – oft. Sei weiter so tapfer, und Du wirst sehen, wie schnell Du Dich einlebst, wie gut es Dir dort gefallen wird, dort, wo Du nun wirkliche gute Freundinnen finden wirst (nicht nur Susi’s, die nur kommen, wenn sie Dich brauchen) und wo Du etwas Richtiges für’s Leben lernen wirst. Du weißt ja, es muss sein, Du selbst hast oft über unsere komische Art von Schule hier gelacht – nun wird es besser. Und dann sind bald die Herbstferien, und Dein alter Papa holt Dich wieder für gute 14 Tage nach Haus. Freu’ Dich schon jetzt darauf. […]
Einen guten Sonntagsgruß und ein Küssing von
Deinem alten
den 7.8.42.
Liebe Mummi und Lieber Pappa.
Mir gefält es hier und in der Schule sehr gut. Wir hatten bisher in der Schule Deutschstunde und Heimatkunde. Ich bin ebent fertig geworden mit Schularbeiten. Kanst du mir Spangen Schicken?
Schreibe mir bitte baltt wider. Wie get es Achim und Uli, hoffentlich gut.
Viele Liebe Grüße
Deine Mücke.
den 10. Aug. [1942.]
Liebe Mummi!
Schickst du mir bitte meine Bundstifte. Hier brauchen wir sie für die Schule. Bitte schick sie sofort da ich sie am Montag brauche. Bitte lege auch eine Sammeltasse, gut verpackt bei. da wir Sonntags aus unseren eignnen Geschirr trinken.
Viele Grüße deine
Mücke.
Suse mit Lore (Mücke) und Uli, Oktober 1934
Carwitz, am 20.August 1942.
Post Feldberg/Meckl.
Unser liebes Mückchen,
nun bist Du schon reichlich zwei Wochen in Hermannswerder, und wir hoffen sehr, dass Du Dich nun schon ein bisschen eingelebt hast und dass es Dir gut gefällt. Aber Du musst uns einmal davon ausführlicher schreiben, auch davon, wie es in der Schule ist, ob wohl sehr anders wie bei Herrn Schwoch, was Du für Freundinnen hast, wie das Essen schmeckt – überhaupt alles! Außer Deinem ersten sehr kurzen Brief haben wir nur ein paar Karten und Brieflein von Dir bekommen, in denen Du was bestelltest, sonst keine Nachricht von Deinem Ergehen. Jeden Tag sieht die Mummi in der Post nach einem Brief von der Mücke nach – und nie ist einer dabei. Also, Mückchen, gewöhne Dich daran, dass Du uns einmal in der Woche von Dir und Deinem Leben dort erzählst, Bestellungen rechnen wir nicht als Briefe! […]
Nun einen schönen Sonntagsgruß von allen im Haus, von Tante Tilly und Erika, von Anneliese und Herta, vom Achim (er nennt sich jetzt selbst ›Ache‹), und dann von
Carwitz, am 21.August 1942.
Post Feldberg/Meckl.
Liebes Mückchen,
gestern um diese Zeit habe ich an Dich geschrieben, und heute schreibe ich schon wieder. Nicht weil wir unterdes einen Brief von Dir bekommen hätten – auf den warten wir leider noch immer, aber gestern kam ein langer Bericht von Sophie über ihren Besuch bei Dir. Wir freuen uns so sehr, dass die gute Woffie Zeit gefunden hat, mal nach Dir zu sehen. Sie hat uns alles auch genau berichtet, wie es gewesen ist, wie Du sie zuerst gar nicht erkannt hast, weil die Sonne Dir ins Gesicht schien, wie Ihr beide dann auf einer einsamen Bank gesessen habt, wie Du sie herumgeführt hast, selber aber noch nicht genau Bescheid gewusst hast, und wie Ihr beide Euch schließlich rückwärtsgehend getrennt habt. Das ist ein schöner Tag gewesen für Dich, liebes Mückchen, und wir wissen nun auch, dass es Dir in der Schule besser gefällt als in der Carwitzer, und das ist nur gut. Denn lernen muss man was Ordentliches, sonst wird man nichts Vernünftiges im Leben! Jetzt siehst Du schon, wie gut es wäre, wenn Du ein bisschen besser und leichter schreiben könntest, dann würden Dir die Briefe an uns leichter, Du könntest richtig erzählen und Dir manchmal das Herz erleichtern. Du weißt, Dein Papa antwortet Dir immer sofort, und wenn er nicht kann oder verreist ist, springt die Mummi auch gleich ein. – Auch dass das Essen zwar nicht so gut wie bei der Mummi ist, haben wir gehört, dass Du aber zufrieden bist, satt wirst und dass es jeden Tag Obst gibt. Da kannst Du ja ganz zufrieden sein! – Und dann hat uns die Sophie noch berichtet, dass Dir das Herz ein wenig schwer ist, weil die andern Kinder noch nicht so recht mit Dir spielen wollen. Sophie hat es Dir ja schon erklärt, dass es so immer ist, wenn man neu in einen Kreis kommt, in dem sich schon alles kennt. Da muss mein Mückchen eben abwarten und Geduld haben. Dränge Dich nicht auf, aber sei auch nicht gekränkt, sondern bleibe immer freundlich. Dann wirst Du schon die rechte Freundin finden, und nicht nur eine! Das kann jeden Tag passieren, vielleicht ist es schon geschehen, da ich diese Zeilen schreibe, vielleicht dauert es noch ein Weilchen. Nur Geduld, meine große Mücke! Und dann will ich Dir noch sagen, dass sowohl Deine Mummi wie Dein Papa sich auch immer nur schwer an andere angeschlossen haben, als sie jung waren. Wir sind eben so ein bisschen zurückhaltend und können schlecht das erste Wort sagen. Manche schließen immer gleich mit aller Welt Freundschaft, meist halten diese Freundschaften dann aber auch nicht lange. Wenn Du erst Freundschaft geschlossen hast, wird es dann auch richtig sein. […]
Und wann sind nun eigentlich Ferien? Bestimmt komme ich dann und hole Dich – ich freue mich schon darauf. Herzliche Grüße
den 21.8.42.
Liebe Mummi und lieber Papa.
Liebe Mummi, es würde mich sehr freuhen, wenn Du mir ein Glas Honig schickst, ein Glas darf geschickt werden. […] Am Sonnabend und am Montag und Dienstag waren wir baden. am Mittwoch hab ich mich freigeschwommen. Habt Ihr denn viel Honig gekriegt? geht es Achim gut? Ich danke auch recht herzlich für die schöne Sammeltasse.
Viele liebe Grüße
Eure Mücke
Carwitz, am 24.August 1942.
Post Feldberg/Meckl.
Unser liebes Mückchen, nun haben wir einen Brief von Dir bekommen, und wir freuen uns sehr darüber und danken Dir auch schön! Dass Ihr nun doch dort baden könnt und dass Du Dich schon freigeschwommen hast, ist doch großartig! Dein erster Erfolg in Hermannswerder – hoffentlich kommen noch recht viele solche Erfolge, auch im Unterricht, nach! Langsam, ganz langsam wirst Du Dich dort einleben und wohlfühlen. Nur immer den Kopf hochhalten – Du bist doch unser tapferes Mückchen! Wie geht es denn nun mit den andern, hast Du da schon ein bisschen Anschluss? Und wie geht es in der Schule? Erzähl auch mal ein bisschen von Dir, wir warten doch sehr auf alles, was Du uns nur erzählen kannst! Du bist doch ein kleiner Mensch, der zum ersten Mal allein in der großen Welt ist, dass wir da immerzu an Dich denken, ist klar.
Hier schickt Dir die Mummi nun ein Glas Honig – er ist aber noch von der alten Ernte, die neue ist noch nicht so fest, dass man sie verschicken kann. […]
Herzliche Grüsse von Deinen
Carwitz, am 28.August 1942.
Post Feldberg/Meckl.
Liebes Mückchen […]. Jetzt haben wir hier immer schönes Wetter, gestern hat sogar Dein alter Papa sich entschlossen und ist in den See gehuppt. Mummi und der Achim baden alle Tage. Er sagt zwar immer: »Talt! Talt!«, womit er kalt meint, aber aus dem Wasser ist er doch nicht rauszukriegen! […] Und wie geht es Dir nun, unsere liebe Mücke. Hast Du Dich schon ein bisschen eingelebt? Hast Du Mummis Päckchen mit dem Honig und dem halben Hühnchen bekommen? Hoffentlich ist es noch gut angekommen, es waren grade die heißen Tage, dass es unterwegs war!
Schreibe bald einmal wieder Deinen Dich herzlich grüßenden
Carwitz, am 31.August 1942.
Post Feldberg/Meckl.
Unser liebes Mückchen, heute ist nun der Tag, an dem eigentlich Post von Dir kommen könnte, leider hatte der Stolt-Briefträger keinen Brief von Dir. Nun haben wir wohl gestern schön lange miteinander telefoniert, aber schreiben musst Du doch alle Woche, und so wollen wir hoffen, dass morgen noch ein Brief von Dir kommt. Du weißt ja, Mücke, Dein Vater ist ein alter Bohrer, und er lässt doch nicht eher nach, bis Du Dich daran gewöhnt hast, regelmäßig zu schreiben und auch unsere Fragen zu beantworten. […]
Von Uli kam heute ein sehr vergnügter Brief, er ist zwar in die Krankenstube verlegt, weil er ein bisschen Halsschmerzen und Fieber hat, aber so braucht er nicht in die Schule zu gehen, und da er noch Gesellschaft an einem andern Jungen hat, und dazu sich sehr über sein halbes Brathähnchen freut, das er in sein Krankenbett mitgenommen hat, so ist er sehr zufrieden. Leid tut ihm nur, dass er nun erst einmal nicht baden kann – bei diesem schönen Wetter! […]
Denke Dir, die graue Häsin, von der ich Dir wohl schon schrieb, dass sie nur ein einziges jämmerliches Junges bekommen hat, hat am Tage darauf noch drei Junge bekommen, dann hat sie einen Tag Pause gemacht, und eben hat sie noch vier bekommen, so dass sie nun also acht Junge zusammen hat. Ob die freilich leben bleiben, ist sehr zweifelhaft, denn sie benimmt sich ganz verrückt, kommt man nur in die Nähe, so galoppiert sie wie wild durch den Stand, über ihre Jungen weg, die dann jämmerlich quieken. Sie hat ihnen auch kein vernünftiges Nest gemacht, sondern streut sie immer wie Kraut und Rüben durch den ganzen Stall, da liegt eines, da quiekt ein anderes. Kinder, was ’ne Kinderstube, was daraus nur werden soll!