Menschen & Organisationen entwickeln - Erwin Hoffmann - E-Book

Menschen & Organisationen entwickeln E-Book

Erwin Hoffmann

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Beschreibung

Wie können Sie als Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater die Qualität Ihrer Arbeit erhöhen, Ihre Mitarbeiter leistungsstärker machen und weitere Aufträge generieren? Die Antwort liegt in der eigenen Entwicklungskompetenz. Dieses Buch bietet das nötige Know-how in den Bereichen Organisationsentwicklung und -beratung, Coaching und Training, mit dem sich nicht nur die interne Personal- und Kanzleientwicklung effizienter und effektiver gestalten lässt, sondern aus dem sich auch gewinnbringende Potentiale für Mandanten ergeben. Ein ganzheitlicher Blick auf die eigene Organisation und die des Mandanten ermöglicht es, ausbaufähige Strategien, Prozesse und Strukturen aufzudecken und auszuschöpfen. Mit Hilfe von Coaching-Instrumenten und praktischen Trainingskompetenzen können sowohl eigene Mitarbeiter als auch Mandanten zielorientiert und nachhaltig gefördert werden. Nicht zuletzt ergeben sich dadurch signifikante Umsatzsteigerungen für Ihr Unternehmen.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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[1]

ERWIN HOFFMANN

Menschen & Organisationen entwickeln

[3]

Erwin Hoffmann

Menschen & Organisationen entwickeln

Beratungs-, Coaching- und Trainingskompetenzen für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater (mit internen und externen Einsatzmöglichkeiten)

[4]

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlagbild: © Serhii Brovko – iStock

Alle Rechte vorbehalten © 2024 Edition Wissenschaft & Praxis bei Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI Books GmbH, Leck Printed in Germany

ISBN 978-3-89673-795-3 (Print)

ISBN 978-3-89644-314-4 (E-Book)

Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier

entsprechend ISO 9706

Verlagsanschrift: Duncker & Humblot GmbH, Carl-Heinrich-Becker-Weg 9, 12165 Berlin, Germany | E-Mail: [email protected]: https://www.duncker-humblot.de

[5]

Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2.Notwendige Kompetenzen

2.1Notwendige Kompetenzen, die i. d. R. nicht ausgebildet wurden

2.2Notwendigkeit aufgrund geänderter Rahmenbedingungen

2.2.1Veränderte Rahmenbedingungen und neue Herausforderungen

2.2.2Gewinnung und Bindung neuer Mitarbeiter als Aufgabe

3.Kommunikationskompetenz als Grundlage

3.1Wahrnehmung

3.1.1Es gibt keine Falschnehmung

3.1.2Der erste Eindruck

3.1.3Nonverbale Kommunikation

3.1.4Weitere Wahrnehmungsfallen

3.1.5Selbst- und Fremdwahrnehmung

3.1.6Wie möchten Sie wahrgenommen werden?

3.2.Empathisch sein bzw. empathisch werden

3.2.1Persönlichkeitstypologien

3.2.2Das Persönlichkeitsmodell nach Fritz Riemann

3.3Gesprächsführung

3.3.1Planen Sie das Gespräch

3.3.2Bereiten Sie das Gespräch vor

3.3.3Bauen Sie eine gute Gesprächsatmosphäre auf

3.3.4Stellen Sie Fragen und hören Sie aktiv zu

4.Entwicklungsarbeit als (neues) Arbeitsfeld

4.1Entwicklung nur mit Zielen

4.2Entwicklungsarbeit als Projektarbeit

4.2.1Projekte als soziale Systeme

4.2.2Planung und Umsetzung

4.3Zeit und Rollenverständnis für Entwicklungsarbeit

4.3.1Entwicklungsarbeit als neuer Arbeitsschwerpunkt?

4.3.2Rollen in der Entwicklungsarbeit

4.3.3Grundhaltung in der Entwickler-Rolle

[6]

5.Systemische Organisationsentwicklung (intern) und Organisationsberatung (extern)

5.1Der systemische Blick auf die eigene Kanzlei und die Organisation des Klienten

5.2Changemanagement intern

5.2.1Die Entwicklungsverantwortung der Geschäftsführung

5.2.2Change Management: Organisationsentwicklung als Arbeitsfeld

5.2.3Gründe für den Change

5.2.4Anpassungsleistungen des Unternehmens

5.2.5Ablaufmodelle von Change Management Projekten

5.2.6Change und Lernen

5.2.7Aufbaustruktur guter Change Projekte

5.2.8Wie der Change qualitativ gelingt: „Die Charta des Managements der Veränderungen“

5.2.9Widerstand im Rahmen des Change

5.3extern: Organisationsberatung

5.3.1Unterschiede zum internen Change Management

5.3.2Was ist Organisationsberatung?

5.4Hilfreiche systemische Instrumente für Entwickler von Organisationen

5.4.1Klassische Analysetools

5.4.2Befragungstools

5.4.3Besondere systemische Instrumente

6.Personalentwicklung als (internes/externes) Arbeitsfeld für Berufsträger

6.1Lernen und Behalten

6.1.1Was ist Lernen?

6.1.2Unser Gedächtnis

6.1.3Nutzung unterschiedlicher Sinneskanäle

6.1.4Vergessen und Behalten

6.2Tätigkeit als Trainer

6.3Didaktik

6.3.1Planung und Controlling mit dem Didaktischen Achteck

6.3.2Zielsetzung und Orientierung an Zielen

6.3.3Rahmenbedingungen

6.3.4Methoden

6.3.5Teilnehmer

6.3.6Inhalte

6.3.7Trainer

6.3.8Medien

6.3.9Erfolgskontrolle

[7]

7.Tätigkeit als Coach

7.1Was ist Coaching?

7.2Das GROW-Modell

7.3Fragetechniken

7.4Coaching als externe Dienstleistung

7.5Coaching als Führungskraft?

8.Selbstentwicklung für (angehende) Berufsträger

8.1Lebenslanges Lernen als Herausforderung

8.2Die klassischen Entwicklungsfelder des Berufsstandes

8.2.1Entwicklungen für Berufsträger nach dem Riemann-Konzept

8.2.2Eigene Fortbildungen

8.2.3Keine Eile!

8.3Kernentwicklungsfeld: Innovationen vorantreiben

8.3.1Ideenfindung und Entscheidungsvorbereitung

8.3.2Klassischer Problemlösungsprozess

8.3.3Klassisches Brainstorming

8.3.4Mindmapping

8.3.5Methode 6-3-5

8.4Entscheidungen fällen

9.Zusammenfassung und Ausblick

Literatur

15_Sachwortverzeichnis

1. Einleitung

[9]

Wie können Wirtschaftsprüfer* und Steuerberater die Qualität ihrer Arbeit erhöhen, ihre Mitarbeiter leistungsstärker machen und weitere Aufträge generieren? Die Antwort liegt in der eigenen Entwicklungskompetenz. Mit Know How in den Bereichen Organisationsentwicklung und -beratung, Coaching und Training lassen sich die interne Personal- und Kanzleientwicklung effizienter und effektiver gestalten und dieses Potenzial, lässt sich auch auf die Mandanten übertragen: Kenntnisse in der Organisationsberatung verhelfen zu einem ganzheitlichen Blick auf die eigene Organisation und die des Mandanten, um Entwicklungspotenziale in Strategien, Prozessen und Strukturen zu finden und zu verfolgen. Coachinginstrumente erleichtern die Beratung von Mandanten und die Führung der eigenen Mitarbeiter. Mit Trainings-Know-how lässt sich Wissen zielorientiert und nachhaltig an Mandanten und Mitarbeiter vermitteln. Letztlich wird Mehrwert geschaffen, der zu internen Effizienzen und zu höheren Umsätzen führt. Das genannte notwendige Know How liegt auf der einen Seite im fachlichen Bereich (Grundlagen der Organisationsentwicklung und Grundlagen der Didaktik) aber im Wesentlichen auch im Bereich der sogenannten Soft Skills. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Deutschland durchlaufen eine lange und anstrengende Ausbildung bis zur Ablegung ihrer Berufsexamina. Diese Ausbildung ist inhaltlich bis zum Rand gefüllt mit Fachwissen, welches die Berufsträger befähigen soll, die klassischen Aufgaben Prüfung, Steuerberatung, Unternehmensberatung, Treuhandtätigkeit und/oder weitere vereinbare Tätigkeiten durchführen zu können. Die beiden Examina können dabei getrost als zwei der schwersten Berufsexamina eingeschätzt werden, die es derzeit in Deutschland gibt. Und trotzdem: All das Fachwissen wird nicht ausreichen, um tatsächlich Erfolg im Beruf haben zu können. Vielmehr kommt es zusätzlich auf Fähigkeiten und Fertigkeiten an, die im nichtfachlichen Bereich liegen. Gerade auch ehrgeizige und fleißige Berufsträger scheitern auf ihrem Karriereweg eher an ihrer Persönlichkeit als an mangelnden fachlichen Kenntnissen. Der Beratermarkt befindet sich darüber hinaus seit Jahrzehnten in andauerndem Veränderungsmodus. Auch wenn die Umsätze kontinuierlich steigen, ist doch der Konkurrenzkampf um Klienten härter geworden. Und dies gilt insbesondere für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Auf der einen Seite liegt dies daran, dass es heute wesentlich mehr Berufsträger in den genannten Berufen gibt als früher und auch wenn viele der [10] Berufsträger in Kanzleien angestellt arbeiten, gehören sie doch alle zu den „freien Berufen“ und sind damit grundsätzlich Konkurrenten um die Gunst und das Geld der potenziellen Mandanten. Hinzu kommt, dass zunehmend Berater anderer Professionen in den Kerngebieten von Berufsträger wildern und diesen damit potenziell Geschäft wegnehmen. Außerdem treten Mandanten von heute Prüfern und Steuerberatern gegenüber sehr viel selbstbewusster gegenüber auf als früher. Sie sind gerade in den letzten Jahren wesentlich qualitäts-, kosten- und preisbewusster als auch wechselbereiter geworden. Die Folgen sind härtere Preiskämpfe und wesentlich deutlichere Werbeauftritte der Gesellschaften und Kanzleien bis hin zur offenen vergleichenden Werbung.

Mit „Entwicklungsskills“ in den Bereichen Coaching, Training und Organisationsberatung kann es Berufsträgern gelingen, auf dem umkämpften Markt der Branche ein Alleinstellungsmerkmal zu generieren und auf der anderen Seite innerhalb der Kanzlei Potenziale zu erkennen und weiter zu entwickeln.

Das vorliegende Buch gliedert sich grundsätzlich in fünf fachliche Abschnitte. Nach einem einführenden Teil zur Notwendigkeit von Kompetenzen imsogenannten Soft Skill Bereich, die leider in vielen Ausbildungen von angehenden Berufsträgern fehlen, geht es im ersten Fachkapitel um die Kommunikationskompetenz. Diese Kompetenz stellt die Grundlage für den Umgang mit anderen Menschen dar. Es geht darum, wie der (angehende) Berufsträger andere Menschen wahrnimmt und aufgrund welchen Menschenbildes er dies tut. Es folgen Grundlagen der Kommunikation und der Gesprächsführung. Ein wesentlicher Part dieses Kapitels ist hier auch die unterschiedliche Kommunikation mit unterschiedlichen Menschen. Die Kernfrage lautet hier:Wie muss ich mit unterschiedlichen Menschen auch unterschiedlich kommunizieren, damit ich meine Ziele erreiche – natürlich ohne, dass die Gesprächspartner das Gefühl entwickeln, „über den Tisch gezogen“ worden zu sein? Das Zauberwort lautet hier „Empathie“.

Im darauffolgenden Kapitel sollen die Grundlagen der systemischen Organisationsentwicklung und -beratung vorgestellt werden. Es geht um das Management von Change innerhalb der eigenen Kanzlei im Rahmen der Kanzleientwicklung und um die Betreuung von Change beim Mandanten im Rahmen der Organisationsberatung. Beide Bereiche werden unter der sogenannten systemischen Sichtweise beleuchtet, die eine Art praxisorientierte Beratungsphilosophie darstellt, die sich von der klassischen Unternehmensberatung unterscheidet. Der systemische Organisationsberater ist weniger Fachberater als vielmehr Entwicklungsbegleiter. Der interne Changemanager ist weniger Macher als vielmehr „Gärtner“ der internen Veränderung und des internen Wachstums. Einen großen Anteil werden in diesem Kapitel Hinweise zu sinnvollen Veränderungsabläufen, Qualitätskriterien für erfolgreiche Beratung und erfolgreichen Change und viele praxisorientierte Instrumente der systemischen Beratung haben. Ebenfalls systemisch orientiert sind die Ausführungen zu Coachingansätzen im darauffolgenden Kapitel. Auf der einen Seite sind Coachinggrundhaltungen und -techniken sehr hilfreich für die Entwicklung von [11] Führungskräften und Mitarbeitern beim Mandanten, auf der anderen Seite bieten Coachingtechniken auch hervorragende Möglichkeiten, sich die eigene Führungsarbeit als Vorgesetzter einfacher zu machen und die eigenen Mitarbeiter trotzdem zielorientierter zu führen. Das vorletzte Fachkapitel beschäftigt sich mit der Kompetenz, Schulungen für verschiedene Teilnehmer und zu unterschiedlichen Themen zu planen, zu organisieren, durchzuführen, nachzubereiten und zu evaluieren. Dies lässt sich sowohl für die Personalentwicklung der eigenen Mitarbeiter einsetzen als auch für die Schulung von Mitarbeitern der (potenziellen) Mandanten. Gute Seminare für Mandanten zu aktuellen Themen können ein eigenes Geschäftsfeld der Kanzlei darstellen, mindestens aber einen Türöffner für zukünftiges Beratungsgeschäft.

Wer Mitarbeiter, Mandanten und Organisationen entwickeln will oder soll, der sollte sich auch um seine eigene Entwicklung kümmern. Darum soll es im letzten Kapitel gehen. Es geht um die eigenen Ziele und Prioritäten und wie diese umgesetzt werden können – zum einen für die eigene Karriere aber auch im Rahmen des eigenen Zeitmanagements und der Lebenszufriedenheit. In gewisser Weise sollte der professionelle Berater für die zu Beratenden natürlich auch als Vorbild stehen. Wer sich selbst nicht bewegt, kann von anderen keine Entwicklung erwarten.

Es muss ergänzt werden, dass das Lesen eines Buchs zum Thema Entwicklungskompetenz natürlich ein guter Einstieg in das Thema und sozusagen eine Art Startschuss sein kann. Es ersetzt aber nicht die praktische Ausbildung. Praxisnahe Trainer- Coach- und Beraterausbildungen an renommierten Aus- und Fortbildungsinstituten ermöglichen es, sinnvolle Instrumente praktisch und in geschütztem Rahmen auszuprobieren und durch konstruktive Kritik die eigenen beraterischen und pädagogischen Fertigkeiten zu entwickeln und auszubauen. Auf dieser Grundlage lassen sich dann mit Stakeholdern innerhalb und außerhalb der Kanzlei Entwicklungen nach vorne treiben und weiterer Erfolg für alle Beteiligten generieren.

Ich wünsche Ihnen nun aber viel Spaß mit dem vorliegenden Buch sowie neue Einsichten für die Neujustierung Ihrer persönlichen Entwicklungsskills.

„Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann. Gib mir den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann.“ (Friedrich Christoph Oettinger)

* Um den Lesefluss des Textes nicht zu unterbrechen, wird durchgängig die männliche Form verwendet. Natürlich wendet sich der Text aber immer an weibliche und männliche Personen. Aus gleichem Grund werden die jeweiligen Unternehmen der Wirtschaftsprüfungsund Steuerberatungsbranche durchgehend als Kanzleien und deren Kunden/Klienten als Mandanten benannt.

[12]

2. Notwendige Kompetenzen

2.1 Notwendige Kompetenzen, die i. d. R. nicht ausgebildet wurden

Kompetenz ist die Fähigkeit einer Person, Anforderungen in bestimmten Bereichen aufgrund von Erfahrung, Können und Wissen zu erfüllen. Kompetenzen können in fachliche und überfachliche Kompetenzen unterteilt werden.

Abbildung 1: Kompetenzfelder (nach Gessler, 2010, S. 51)

Die unterschiedlichen Kompetenzfelder sollen nachfolgend beschrieben werden (vgl. Hoffmann, 2021, S. 15 ff.):

Fachliche Kompetenzen

Fachkompetenzen sind rein fachliche Fertigkeiten und Kenntnisse, die in der Regel im Rahmen einer Ausbildung erworben und durch Fortbildung und Erfahrungen im Arbeitsfeld erweitert werden. Sie sind nötig, um im Kernbereich der eigenen Tätigkeit Aufgabenstellungen erfolgreich zu lösen. Neben theoretischen Kenntnissen sind hier praktisch anwendbares Handlungswissen und intellektuelle sowie handwerkliche Fähigkeiten und Fertigkeiten gefragt.

[13]

Überfachliche Kompetenzen

Überfachliche Kompetenzen repräsentieren Fähigkeiten und Fertigkeiten, die im persönlichen und sozialen Bereich der Mitarbeitenden liegen. Sie sind meist nicht Bestandteil der Ausbildung oder des Studiums, aber in der Berufswelt von hoher Bedeutung. Diese Fähigkeiten werden mit den Veränderungen von Rahmenbedingungen und neuen Entwicklungen, die einen Einfluss auf die Berufstätigkeit haben, immer wichtiger. Daher wird auch die Liste dieser Kompetenzen und der damit verbundenen sogenannten Schlüsselqualifikationen immer länger. Schlüsselqualifikationen umfassen dabei mehrere überfachliche Qualifikationen, Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die die allgemeine Handlungsfähigkeit eines Menschen kennzeichnen und die Eignung für alternative Positionen und Funktionen gegenwärtig und in Zukunft ermöglichen. Genannt seien hier nur die personale Kompetenz und die Sozialkompetenz.

Die personale Kompetenz umfasst Fähigkeiten und Einstellungen, die der Einzelne benötigt, um sich im Beruf angemessen selbst zu organisieren und zurechtzukommen. Zur personalen Kompetenz zählen grundsätzlich Eigenschaften wie Lernbereitschaft, Leistungsbereitschaft, Selbstreflexionsbereitschaft, Belastbarkeit, Hartnäckigkeit, Kritikfähigkeit, ethisches Verhalten, Risikobereitschaft, Zielsetzungs- und Entscheidungsfähigkeit, Selbstverantwortung, Selbstbewusstsein, Selbst- und Zeitmanagement, analytische und konzeptionelle Fähigkeiten und Kreativität, strukturierendes Denken, ganzheitliches Denkvermögen, Innovationsfähigkeit und Aktivität. Gerade bei mittelständischen Kanzleien – mit sehr breiten fachlichen Tätigkeitsbereichen für Berufseinsteiger – wird die Bereitschaft und Fähigkeit zur frühen Übernahme von Verantwortung gefordert. Vor dem Hintergrund der notwendigen mandatsbezogenen Reisetätigkeit besitzen auch Flexibilität und räumliche Mobilität eine große Bedeutung für den Berufsstand. Für die tägliche Arbeit als Prüfer kommen hinzu: Kombinationsgabe, Genauigkeit, Unbestechlichkeit des Urteils, Verschwiegenheit, Einsatzbereitschaft, Ausdauervermögen, Zielstrebigkeit sowie Phantasie und Vorstellungskraft (vgl. Hoffmann, 2013, S. 27).

Sozialkompetenz ist die Fähigkeit eines Menschen, mit anderen Menschen innerhalb und außerhalb des Unternehmens kommunikativ und partnerschaftlich zusammenzuarbeiten. Bei der sozialen Kompetenz gerät die Fähigkeit in den Blick, in sozialen Systemen zurechtzukommen. Es geht darum, soziale Strukturen zu verstehen und zu nutzen und soziales Miteinander zu begleiten. Sozialkompetenz wird benötigt im Umgang mit Vorgesetzten, Mitarbeitern und Geschäftspartnern. Sozialkompetenz umfasst Team-, Konflikt-, Kooperations-, Integrations- und Kommunikationsfähigkeit, Kontaktstärke, Empathie sowie die Kenntnis rhetorischer Grundlagen. Als (angehende) Führungskraft gehören das eigene Menschenbild, die Führungsfähigkeit, Durchsetzungsvermögen und Motivationsfähigkeit zusätzlich zur Sozialkompetenz. Die kommunikative Kompetenz ist die Basis der sozialen Kompetenz. In Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften ist gegenüber den Mandanten neben der Flexibilität insbesondere die Kommunikationsfähigkeit gefragt, z. B. um schwierige Gespräche mit Mandanten führen zu können, [14] aber auch um – mit zunehmender Berufserfahrung – akquisitorisch tätig zu werden. Es ist zu berücksichtigen, dass die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberaterbranche eine Dienstleistungsbranche ist, in der Ergebnisse nicht nur produziert werden, sondern auch verkauft werden müssen. Dies bedeutet, dass der potenzielle Mitarbeiter eine ausbalancierte Mischung aus höflichem und selbstbewusstem Auftreten zeigen sollte (vgl. Hoffmann, 2013, S. 28). Im Innenverhältnis ist vor allem die Teamfähigkeit eine wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Berufsweg. Ein Berufsanfänger beispielsweise muss sich fachlich und auch persönlich in das Team einfinden können, um gemeinsam Ziele zu erreichen, und auch für die Teamarbeit ist wieder die Kommunikationsfähigkeit des Einzelnen ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

Methodenkompetenz

Methodenkompetenz bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft zu zielgerichtetem planmäßigem Vorgehen bei der Bearbeitung von Aufgaben und Problemen. Die Methodenkompetenz beinhaltet auch den reflexiven Umgang mit verschiedenen zur Verfügung stehenden Methoden, deren situativ-sachgerechte Auswahl sowie deren effizienten und effektiven Einsatz. Methodenkompetenz findet sich als übergreifende Kompetenz in jedem der drei anderen Kompetenzbereiche wieder:

–Für einen Prüfungsleiter ist die effiziente Durchführung der Jahresabschlussprüfung gemäß Prüfungshandbuch eine Methodenkompetenz im Bereich der Fachkompetenzen.

–Das Wissen um die Vorgehensweise bei einem Beurteilungsgespräch zählt für Führungskräfte zu den Methodenkompetenzen innerhalb ihrer Sozialkompetenz.

–Eine Methodenkompetenz für Mitarbeiter mit Akquisitionsverantwortung innerhalb ihrer persönlichen Kompetenz ist das disziplinierte Führen eines Zeitplanbuches (vgl. Hoffmann, 2013, S. 28).

Qualifizierungen sind ein integraler Bestandteil der Kompetenzentwicklung. Sie sind zeitlich befristete Teilprozesse der Kompetenzentwicklung (z. B. eine Aus- oder Weiterbildung, ein Coaching) und auf den Erwerb einer nachweisbaren Qualifikation gerichtet. Sogenannte Schlüsselqualifikationen sind immer dann von großer Bedeutung, wenn Menschen an Prozessen beteiligt sind, in denen Ergebnisse präsentiert, Konflikte gelöst, Strategien erarbeitet oder Entscheidungen getroffen und vertreten werden müssen: Schlüsselqualifikationen sind auch notwendig, wenn der Erwerb und das Management von Fach- sowie fachübergreifendem Wissen, Organisation, Sozialverhalten und verantwortliches Handeln gefordert sind. In diesem Sinn bescheinigen Qualifikationen eine Kompetenz in einem bestimmten Bereich. Alle nichtfachlichen Themen, die eine Kanzlei im Ganzen betreffen, wie Strategie, Marketing, Akquise, Organisation und Organisationsentwicklung, Projektmanagement und Mitarbeiterführung haben immer viel mit der Ausprägung von Soft Skills bei den betroffenen Berufsträgern zu tun. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sind als leitendeMitarbeiter auch als Führungskraft stärker gefragt, und Mitarbeiter haben bezüglich der Führung mittlerweile völlig andere Erwartungen als noch vor zehn [15] oder zwanzig Jahren. Die modernen Anforderungen an Berufsträger in den Bereichen Facharbeit, Mitarbeiterführung und Kundenorientierung erfordern außerdem ein hohes Maß an Selbstorganisiertheit und – um nicht in der Flut alltäglicher Aufgaben „unterzugehen“ – eine persönliche Vorstellung von der Gestaltung der eigenen Lebensarbeitszeit im Sinne einer Work-Life-Balance.

Wie in den meisten Berufen, in denen hohes Fachwissen benötigt wird, ist die Ausbildung von (angehenden) Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern im Wesentlichen von fachlichen Inhalten geprägt. In der Regel ist bereits das Studium überwiegend fachlich orientiert. Auch wenn es keine genormte thematische Vorgabe für den Studienabschluss gibt, um den Beruf des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters zu ergreifen, so empfiehlt sich doch nach wie vor ein wirtschaftswissenschaftlich ausgerichtetes Studium als Grundlage für die weitere Ausbildung. In Teilbereichen werden zwar auch hier gewisse Soft Skills vermittelt (z. B. Präsentationstechniken und manchmal auch das Thema Führung) allerdings bleibt die Nachhaltigkeit und die Praxisorientierung hier oft fraglich. In der konkreten Ausbildung zum Wirtschaftsprüfer bzw. Steuerberater, die in der Regel (oft berufsbegleitend) an externen Instituten absolviert werden, werden dann kaum noch die sogenannten Soft Skills vermittelt. Ausnahmen bilden einige berufsbegleitende Masterstudienprogramme, bei denen man sich einige Prüfungen z. B. für das Wirtschaftsprüferexamen anrechnen lassen kann.1 Einige der großen mittelständischen Kanzleien und natürlich die großen vier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften verfügen über eigene Schulungsprogramme und hier werden i. d. R. auch Weiterbildungen in den Soft Skills angeboten bzw. als Pflichtschulungen vorgesehen. Der Autor selbst hat in einer größeren mittelständischen Kanzlei über 14 Jahre lang ein umfassendes Schulungsprogrammaufgebaut, das – neben zahlreichen fachlichen Fortbildungen – auch die sogenannten Soft Skills umfasste. Die meisten dieser Themen bildete er selbst aus, wie Kommunikation, Präsentationstechniken, Projektmanagement, Verhalten im Mandat für Berufseinsteiger, Projektmanagement, Mitarbeiterführung und Akquisition.

Die Ausprägung der Soft Skills sorgt dafür, dass (angehende) Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in ihrem Beruf noch erfolgreicher sind. Das analytische Verständnis, welches in so vielen Stellenbeschreibungen für den Berufsnachwuchs gefordert wird, reicht nicht aus, um den Herausforderungen gerecht zu werden: Wie können Mitarbeiter motiviert und entwickelt werden? Wie überzeuge ich einen Mandanten davon, mich auch im nächsten Jahr zu beauftragen und wie bringe ich ihm fachliches KnowHow nahe, welches ihm seine Arbeit erleichtert?Wie verhalte ich mich auf dem gesellschaftlichen Parkett?Wie führe ich Smalltalk?Wie kann ich auch unter Zeitdruck sinnvolle Entscheidungen fällen. Wie Sie bemerken werden, lassen sich diese Fragen nicht mit Fachwissen beantworten. Hier sind die genannten Soft Skills gefragt.

[16]

Soft Skills stehen für einen ganzen Katalog von Fähigkeiten im Rahmen der Persönlichkeitsentwicklung, wobei das Spektrum von Menschenkenntnis und Empathie sowie Kommunikationsfähigkeit und Selbstmanagement bis hin zur Führungsqualifikation reicht. Diese Skills sind vor allem wegen des ständigen Mandantenkontaktes, den die Dienstleistungsberufe Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung mit sich bringen und wegen der Zusammenarbeit mit Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten sowie den Arbeitsbedingungen von großer Bedeutung. Für (angehende) Berufsträger scheinen u. a. Sachkenntnis, Ausdrucksfähigkeit, Führungsqualität, Teamfähigkeit und Organisationstalent besonders wichtig und Mandanten ist hierzulande beispielsweise die Gesprächsführungskompetenz des fachlichen Ansprechpartners aus der ihn betreuenden Kanzlei offenbar wichtiger, als dessen fachliche Qualität. Und: Wenn Mandanten sich beschweren, dann bezieht sich das nur zu einem Teil auf die Dienstleistungen selbst. In vielen Fällen ist es die Art und Weise der Betreuung, die sie dazu veranlasst, ihren Unmut zu äußern (vgl. Hoffmann, 2013, S. 23 ff.).

Die genannten Soft Skills sind überaus wichtig für die in diesem Buch beschriebenen zukünftigen Entwicklungstätigkeiten der Berufsträger. Empathie und Kommunikationsvermögen sind notwendig für die Arbeitsfelder Coaching, Training und Beratung. Letztlich macht das Beherrschen der genannten Skills den Berufsträger auch zum Vorbild für die von ihm im Rahmen der Entwicklung betreuten Personen. WerMandanten im Rahmen eines Beratungsprozesses zu zielorientiertem Handeln im Rahmen der Organisationsentwicklung führen möchte, selbst aber ziellos arbeitet, wird den Mandanten nicht überzeugen. Wer als Coach dem Coachee dabei helfen will, besser zu kommunizieren, selbst aber gar nicht über ein ausgeprägtes Kommunikationsrepertoire verfügt, wird ebenfalls nicht erfolgreich sein.

2.2 Notwendigkeit aufgrund geänderter Rahmenbedingungen

Die Notwendigkeit der Ausprägung der genannten Soft Skills hat vor allem auch mit den Veränderungen der Rahmenbedingungen in der Branche zu tun: Die Branche Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung ist den allgemeinen wirtschaftlichen, technologischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Entwicklungen genauso ausgesetzt, wie andere Branchen. Das globale Umfeld, in dem Unternehmen heute bestehen müssen, ist komplex und kaum noch überschaubar. Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater wird aber nach wie vor als eher konservativ wahrgenommen, obwohl er seit seiner Gründung einem stetigenWandel unterliegt, der in den letzten zwei Jahrzehnten an Geschwindigkeit erheblich zugenommen hat. Diese Veränderungen betreffen in erster Linie die Umfeldbedingungen, auf welche der Berufsstand in der Folge mehr oder weniger schnell und angemessen reagiert hat. bzw. reagieren musste. Hinzu kommen die z. T. erheblich geänderten Beziehungen zu bisherigen Stakeholdern, die verschärfte Konkurrenzsituation und das veränderte Konkurrenzverhalten. Alle Veränderungen wirken mehr oder weniger stark auf die [17] Kanzleien ein und haben einen Einfluss auf die angebotenen Dienstleistungen, möglicherweise auf die Unternehmensphilosophie und die Corporate Identity (CI), die Organisationsentwicklung (OE) sowie die Personalentwicklung (PE). Im Bereich der Personalentwicklung sind dann auch die notwendigen Anpassungen an die Soft Skills zu verorten, mit denen (angehende) Berufsträger der Kanzleien auf die neuen Herausforderungen (persönlich) reagieren müssen. Die Einflüsse erfolgen übrigens nicht eindimensional; vielmehr befindet sich jede Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Steuerberatungsgesellschaft in einem Netz sich wechselseitig determinierenden Einflüsse. Diese Vielgestaltigkeit und Unübersichtlichkeit der organisatorischen Umwelt – also die Vielzahl und Vielfalt der Umfeldelemente und deren Relationen betreffen unter anderem auch die diversen Märkte, auf denen sich die Kanzleien bewegen und wo sie sich mit den jeweils geltenden Spielregeln auseinandersetzen müssen. Einflussgrößen sind hier unter anderemArt und Anzahl der zu bedienenden (potenziellen) Mandanten sowie die geographischen Besonderheiten.

Abbildung 2: Kanzlei-Systemik (eigene Darstellung)

2.2.1 Veränderte Rahmenbedingungen und neue Herausforderungen

Die allgemeine konjunkturelle Entwicklung hat für die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbranche eigentlich immer ambivalente Konsequenzen: So ist das Gesamtgeschäft zwar durch Kostendruck gekennzeichnet, bietet jedoch im Gegensatz [18] zu dem eher zyklischen Beratungsgeschäft eine weitgehend von Konjunkturzyklen unabhängige Nachfrage. Während die Nachfrage nach der klassischen Jahresabschlussprüfung eher begrenzt ist, ist es vor allem die Nachfrage nach diversen zusätzlichen Beratungsleistungen, die den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in der Vergangenheit ein mitunter starkes Wachstum ermöglicht hat. Gemäß statista verzeichnet die Branche inden letzten zehn Jahren ein stetiges Wachstum (statista, 2024, o. S.). Ähnlich positiv bewertet Lünendonk 2023 den Branchenmarkt:

„Der deutsche Markt für Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung überspringt die Umsatzmarke von 18 Milliarden Euro. Dank des starken Wachstums im Geschäftsjahr 2022 legt die Branche um 7,7 Prozent auf 18,2 Milliarden Euro zu. Die Marktführer Pricewaterhouse- Coopers (PwC), Ernst & Young (EY), KPMG und Deloitte – die sogenannten Big Four – wachsen im Durchschnitt um 11,0 Prozent. (…) Die 25 nach Inlandsumsatz führenden WPGesellschaften in Deutschland legen im Geschäftsjahr 2022 durchschnittlich um 10,9 Prozent zu (Vorjahr 2021: +4,8 %), sodass der kumulierte Inlandsumsatz auf 11,2 Milliarden Euro steigt. Die Big Four kommen zusammen auf fast 8,75 Milliarden Euro, was einem Marktanteil von 48 Prozent entspricht. (…) Auch die sogenannten Next Seven, also die sieben WP-Gesellschaften hinter den Big Four mit jeweils mehr als 100 Millionen Euro Umsatz, blicken mit einem Plus von im Mittel 13,2 Prozent auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2022 zurück. (…) Nach zwei durchwachsenen Jahren während der Covid-19- Pandemie warten die 25 führenden WP-Gesellschaften 2022 mit starken Wachstumszahlen auf (…).“ (Lünendonk, 2023, o. S.)

Diese Zahlen und Prognosen wirken überraschend, blickt doch die Branche der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater auf einige herausfordernde Jahre zurück: Nach der Corona-Pandemie folgten die Inflation und der Krieg in der Ukraine. Gerade die Corona-Pandemie hatte zeitweise zu Befürchtungen in der Branche geführt, dass die Umsätze deutlich einbrechen werden. Allerdings haben die Wirtschaftsprüfer und Steuerberater damals vergleichsweise schnell umfassende Krisenpläne erarbeitet: Neben Homeoffice- und Remote-Regelungen wurden weitere Entscheidungen getroffen, wie das Verbot von allen oder ausgewählten Dienstreisen, Ausgaben- und Investitionsstopp, Einstellungsstopp und Absagen von Messen, Kongressen und Events (vgl. Consulting.de, 2020, o. S.). Gerade für die Steuerberater mussten auch nach dem Ende der Corona-Pandemie viele pandemiebedingte Herausforderungen ins Jahr 2023 „mitgeschleppt“ werden, wie z. B. die Schlussabrechnungen der Corona- Wirtschaftshilfen mit den unterschiedlichen Handhabungen in den Bundesländern sowie erschwerend die abzuarbeitenden Grundsteuererklärungen (vgl. Zunke, 2023, o. S.).

Technologischer Wandel

Das gesamte Gesellschafts- und Wirtschaftssystem ist durch die enorm schnellen Entwicklungen in Wissenschaft und Technik geprägt. Weiterentwicklungen im technologischen Sektor, die sowohl die in der Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterpraxis angewandten Technologien betreffen, als auch die Wirtschaftstätigkeit der Mandanten und die Kommunikation und Interaktion zwischen Kanzleien, Mitarbeitern, Mandanten und Behörden (E-Governance) beeinflussen, haben unmittelbare [19] Konsequenzen für die Unternehmensstrategie und –führung einer Kanzlei. Insbesondere die rasanten Entwicklungen im Bereich der Informationstechnologie – gerade auch befeuert durch die Corona-Pandemie – haben direkte Auswirkungen auf die tägliche Arbeit von Berufsträgern und ihren Mitarbeitern:

„Die Digitalisierung ist wie schon im Vorjahr Baustelle Nummer zwei mit 62,9%, allerdings entwickeln die Kanzleien hier zunehmend Kompetenzen. Im Vergleich zu 2022 wurde dies weniger als eine Herausforderung gesehen. Zudem fällt die Digitalisierung großen Kanzleien mit mehr als 100 Mitarbeitenden deutlich leichter als kleineren.“ (SWI, 2023, o. S.)

Den vielen Erleichterungen, die sich z. B. ganz konkret im Prüfungsalltag ergeben haben, steht allerdings die nicht enden wollende Notwendigkeit an Lernen und Anpassung des eigenen Handelns gegenüber.

Rechtliche Veränderungen

Es soll daran erinnert werden, dass die Wirtschaftsprüfung erheblich stärkeren rechtlichen Regulierungen unterliegt, als dies z. B. im Bereich Unternehmensberatung der Fall ist. Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer übt die Testierung von Jahresabschlüssen als eine öffentlich-rechtliche Funktion aus. Die Internationalisierung des rechtlichen Umfeldes von Wirtschaftsprüferpraxen hat in den letzten 30 Jahren eine verstärkte Regulierung des Berufsstands der Wirtschaftsprüfer mit sich gebracht, und diese Entwicklung wird sich wohl auch weiter fortsetzen. Es ist auch die steigende Anzahl der Regulierer, Standardsetter und vor allem Standards, welche die Kompliziertheit für Prüfungsgesellschaften zum Teil deutlich erhöht haben und weiter erhöhen. Ähnliche Herausforderungen gelten für den Bereich der Steuerberatung, hat sich doch im Steuerrecht gerade in den letzten 10 Jahren wirklich viel geändert.

Mandantenerwartungen

Mandanten von heute begegnen ihren Abschlussprüfern und Steuerberatern sehr viel selbstbewusster als früher. Sie sind wesentlich kosten- und preisbewusster geworden. Außerdem legen sie einen gesteigerten Wert auf das angemessene Verhalten des Prüfungs- und Steuerberatungspersonals. Neben der qualifizierten fachlichen Arbeit werden eine entsprechende Serviceorientierung, zielorientierte Kommunikation, eine reibungslose Zusammenarbeit und ein vernünftiges Auftreten erwartet. Mandanten von heute können die fachlichen Dienstleistungen von Berufsträgern auch besser einschätzen als es frühere Mandantenvermochten und sie artikulieren oft sehr selbstbewusst ihre Ansprüche an ihren (zukünftigen) Prüfer oder Berater. Sie sind außerdem auch wechselbereiter, wenn es um die Frage der Neubestellung geht. Auch gestandenen Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern kann es schwerfallen, sich – angesichts der hohen Mandantenerwartungen und des Konkurrenzdrucks – noch täglich stärker um die Gunst der Mandanten zu bewerben, seine eigenen Dienstleistungen quasi täglich immer wieder neu zu „verkaufen“, den Nutzen der eigenen Tätigkeit für den jeweiligen Mandanten zu kommunizieren und sich obendrein ein Feedback für die eigene Leistung vom Mandanten zu holen.

[20]

Veränderungen in der Konkurrenzsituation

Die Konkurrenzsituation hat sich in den letzten zwanzig Jahren für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften deutlich geändert. So ist die Anzahl der Wirtschaftsprüfer innerhalb der letzten 23 Jahre um fast 50 Prozent gestiegen. Bei der Sparte Steuerberatung betrug die Steigerung 44%.

Tabelle 1 Entwicklung der Zahl von Berufsträgern

(Statista, 2024/1–3, o.S.)

Neben den reinen Zahlen zur Entwicklung der Konkurrenzsituation, ist aber auch interessant, was sich im Konkurrenzverhalten verändert hat. Einer der Veränderungen, die auch für Außenstehende schon vor über 10 Jahren wahrnehmbar wurde, ist die Preispolitik der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Der „Preiskampf der Prüfer“ scheint nicht abzunehmen, und wegen der wahrnehmbaren starken Marktposition der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften – der sogenannten Big Four (Ernst & Young, KPMG, Pricewaterhouse Coopers und Deloitte) haben sich viele mittelständische und kleinereKanzleien zu Netzwerken zusammengeschlossen. Ziel ist es, sich gegenüber den großen Gesellschaften am Markt zu behaupten und zunehmend auch besser die eigenen Mandanten in internationalen Fragestellungen bedienen zu können. Neben dem Zusammenschluss inNetzwerken sind es aber auch Fusionen und Kanzleiaufkäufe mit der mittelständische Kanzleien ihre Marktstellung ausbauen.

Grundsätzlich zieht die schärfere Konkurrenzsituation auch eine notwendige Kompetenzerweiterung bei der Neumandatsgewinnung nach sich: In der schönen Welt der 70er, 80er und zum Teil der 90er Jahre kamen die Mandanten oft von selbst oder die Mandate wurden von den Vorgängern ererbt und weitergeführt. Verglichen mit der Welt der klassischen Unternehmensberatung befand sich die Branche Wirtschaftsprüfung/Steuerberatung lange Zeit akquisitionstechnisch auf einer Insel des Glücks. Wer dagegen in den 90er Jahren als (Junior-)Consultant bei den mittleren und großen klassischen Unternehmensberatungen einsteigen wollte, wurde meist schon beim Einstellungsgespräch auf seine verkäuferischen Fähigkeiten und Erfahrungen, zumindest aber auf sein diesbezügliches Potenzial abgeklopft. In dieser Zeit lag für Berufseinsteiger in den Branchen Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung die geforderte Kernkompetenz für Berufseinsteiger noch deutlich bei den analytischen Fähigkeiten und tut es aktuell meist immer noch (vgl. Hoffmann, 2013). Doch mittlerweile wurde erkannt, dass – aufbauend auf einem zielorientierten Kanzleimarketing – die Fähigkeit, Neumandante akquirieren zu können, auch schon bei angehenden Berufsträgern entwickelt werden muss. Folgende Fragen sollten beantwortet werden:

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–Welches Akquisitionspotenzial gibt es bereits unter den Mitarbeitern? Wer kann hier als „Vorbild“ für andere dienen?

–Wie werden Mitarbeiter grundsätzlich beim Einstellungsverfahren auf ihre Verkaufskompetenzen geprüft?

–Wie wird die interne Aus- und Fortbildung zu Themen wie Mandantenorientierung, Verkaufsgesprächsführung, Präsentationstechnik und zu neuen Dienstleistungen organisiert?

–Wie professionell werden die Verkaufsteams für „Pitches“ (= Verkaufspräsentationen/- gespräche) zusammengestellt (fachlich, nach Erfahrung, Alter, Branchenkenntnissen, persönlicher Bekanntschaft mit Mandanten etc.) und durch gezieltes Coaching vorbereitet?

2.2.2 Gewinnung und Bindung neuer Mitarbeiter als Aufgabe

Das Konkurrenzverhalten wirkt sich natürlich nicht nur auf dem Absatzmarkt aus. Auch auf dem sogenannten Beschaffungsmarkt ist es enger geworden: Der Kampf um Kooperationspartner ist hier ebenso zu nennen, wie der Kampf um den Berufsnachwuchs:

„Unverändert ist das Thema Nummer eins die Rekrutierung von Mitarbeitern. Die Branche ist von einem starken Fachkräftemangel betroffen und über 90% der Unternehmen gaben die Rekrutierung als Herausforderung an. Dabei fällt es kleinen Kanzleien tendenziell etwas leichter qualifiziertes Personal zu finden, als großen.“ (vgl. SWI, 2023, o. S.)

Der „War for Talents“ hat also auch vor der Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatungsbranche nicht haltgemacht. Grundsätzlich müssen die Berufe des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters dabei mit vielen alternativen Karrierewegen konkurrieren. Studenten und Absolventen überlegen sehr genau, in welcher Branche sie in den nächsten Jahren einen Lebensschwerpunkt legen wollen. Für viele Absolventen scheint beispielsweise die umfassende Beratung als Arbeitsfeld wesentlich attraktiver zu sein als die klassische Abschlussprüfung oder die jahrelange steuerliche Beratung eines Mandanten in (nur) einer Steuerart.

Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei potenziellen Bewerbern zumindest eine teilweise verzerrte Wahrnehmung der Wirtschaftsprüfungs-/Steuerberatungsbranche und ihrer Attraktivität als Arbeitsfeld vorliegen könnte. Dies resultiert auf der einen Seite möglicherweise aus einer wenig zielgerichteten Informationsbeschaffung von Seiten der Bewerber und auf der anderen Seite aus einer immer noch als mangelhaft einzustufenden Informationspolitik von Seiten des Berufsstandes über den Beruf des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters und seinen verschiedenen Möglichkeiten.

Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass die Berufsanfänger der Jahre ab 2020 nicht den Berufsanfängern der vergangenen Jahrzehnte entsprechen. Sie sind anders. Die jüngere Generation hat einen anderen Umgang mit den Medien gelernt, ist [22] stärker vernetzt und hat ein hohes Bewusstsein ihrer Fähigkeiten, ihrer Individualität und ihrer eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Hieraus leiten sich z. B. auch wesentliche Anforderungen an die Berufsträger als Führungskräfte ab. Die „Studie Junge Deutsche“ beschreibt die „junge Generation“ u. a. folgendermaßen: Sie wurde überwiegend antiautoritär aufgezogen. Als prägend erlebt sie den Zusammenhalt in der Familie. 44 Prozent benennen Spaß als größte Motivation für Leistung. Die wichtigsten Werte sind Vertrauen, Gesundheit und Freiheit. (Schnetzer, 2021, S. 4 f.)

Im Wesentlichen stellt diese Studie – wie viele ähnliche auch – eine Selbstsicht der Generation dar. Diese entsprich nicht unbedingt der Fremdsicht, z. B. der Arbeitgeber: In einer Umfrage des Deutsche Industrie- und Handelskammertags (DIHK) üben diese Kritik an der Generation Z.: 63 Prozent aller Jugendlichen fehle es an Motivation, Leistungsbereitschaft und Belastbarkeit. Und viele Jugendliche haben aus Sicht der Arbeitgeber unrealistische Berufswünsche. Hinzu komme, dass die Generation mit hohen Ansprüchen ins Berufsleben starten und gerade, weil viele Betriebe händeringend nach Fachkräften suchten, könnten die Nachwuchskräfte ganz andere Forderungen stellen als die Generationen zuvor. Werden die Ansprüche dann nicht erfüllt, dann seien die jungen Leute auch schnell wieder weg (vgl. Rehbock, 2019, o. S.). Eine Umfrage bei über 1.340 Führungskräften ergab, dass die Leistung der Gen Z als enttäuschend und die Zusammenarbeit mit ihr als kompliziert beurteilt werde. Arbeitnehmer der Generation Z seien nicht motiviert genug und sie zeigten auch nicht genügend Engagement im Job. 65 Prozent der befragten Führungskräfte haben Gen Z-ler häufiger gekündigt als Angestellte anderer Generation. 37 Prozent kritisieren die fehlende Jobmotivation und genauso viele finden, dass sich die Post-Millennials nicht genügend anstrengen (vgl. Arbeits-ABC, 2023, o. S.).

1 Der Autor selbst bildet seit 15 Jahren das Thema Kommunikation und Präsentation am Studiengang Master of Audit Finance and Taxation (MAFT in Osnabrück/Münster aus).

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3. Kommunikationskompetenz als Grundlage

„…die Interaktionen zwischen Ihnen, Ihren Mandanten und Ihren Mitarbeitern werden maßgeblich durch Kommunikation geprägt und beeinflusst. Die „richtige“ Kommunikation innerhalb und außerhalb Ihrer Praxis nimmt somit einen hohen Stellenwert für Ihren Unternehmenserfolg ein.“ (Andrea Bruckner, Wirtschaftsprüferin)

Ich führe nun seit über 20 Jahren Kommunikationsseminare mit (angehenden) Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern durch. In diesen Jahren habe ich festgestellt, dass es auf der einen Seite sehr ähnliche kommunikative Situationen gibt, mit denen junge und erfahrene Prüfer und Berater umgehen müssen. Auf der anderen Seite haben ich aber auch festgestellt, dass es im Berufsstand wiederkehrende Verhaltensmuster gibt, die es schwierig machen können, gerade problematische Gesprächssituationen zu meistern. Das liegt möglicherweise auch an den fehlenden Kompetenzen.

Testen Sie sich doch bitte einmal selbst:

–Kommunizieren Sie immer teilnehmerorientiert?

–Können Sie sich immer klar und verständlich ausdrücken?

–Können Sie eine Sache kurz und einfach erläutern?

–Können Sie Ihren Standpunkt argumentativ gut darlegen?

–Strukturieren Sie Ihre Gespräche?

–Verfügen Sie über eine differenzierte nonverbale Kommunikationsfähigkeit?

–Beherrschen Sie Fragetechniken?

–Kommen Sie gut mit verbalen Angriffen klar?

–Können Sie in Konflikten gut vermitteln und schlichten?

–Können Sie gut verhandeln?

–Beherrschen Sie die Nutzenargumentation für verschiedene Zielgruppen?

–Beherrschen Sie Einwandbehandlungstechniken?

–Beherrschen Sie Präsentationstechniken?

–Sind Sie in der Lage, mit einer kurzen Vorbereitungszeit einen 10-minütigen strukturierten Vortrag über eines Ihrer Spezialthemen zu halten?

Falls Sie hier oft mit einem „Nein“ oder auch nur zögerlich geantwortet haben, sollten Sie sich intensiver mit dem Thema Kommunikation beschäftigen.

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