Menschen unterm Helm brauchen Schutzengel - Lothar Schneid - E-Book

Menschen unterm Helm brauchen Schutzengel E-Book

Lothar Schneid

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Beschreibung

41 Jahre Berufsfeuerwehr. Das ist eine gefühlte Ewigkeit, doch im Rückblick verflogen, wie nichts. Jeden Tag Adrenalin, Schweiß, Wut, Lachen, Tränen, Leben retten und manchmal auch gerade so das eigene. Lebensgefährliche Situationen und kameradschaftliche Momente. Viel Action und ein bisschen Langeweile. Handwerk und Bürokratie. Und die Erkenntnis: Unter jedem Helm steckt nur ein Mensch. Menschen mit denen man manchmal zusammen arbeiten muss und oft zusammen arbeiten möchte. Menschen -und das klingt wie ein altes Klischee- auf die man sich verlassen können muss, weil es einem manchmal das Leben retten kann. Dieses Buch berichtet nicht nur von täglichen Action-Einsätzen, es beschreibt vielmehr die Feuerwehr als Ganzes. Mit all Ihren Stärken und Schwächen. Mit all ihren Menschen.

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Inhaltsverzeichnis

Wie alles begann

Gewalt gegen Einsatzkräfte

Love Parade Duisburg

Person in Fahrzeug eingeklemmt

Bilderschau

Brände in Keller, Tiefgaragen und U-Bahn-Anlagen

Angst

Was alles passieren kann

Feuerwehr, eine große Familie?

Zahlenspiele

Abkürzungen

Epilog

Nach der Fertigstellung meines ersten Buches „Unter jedem Helm steckt nur ein Mensch“ war ich der Meinung, dass ich den Querschnitt der Erlebnisse und Erfahrungen aus meinen Berufsjahren in ausreichender Form beschrieben habe.

Die positive Reaktion der Leser hat mich aber zu einem zweiten Buch veranlasst Auch in diesem Buch werden keine fiktiven Dinge beschrieben, sondern alles so, wie es sich aus meiner Erinnerung und meinen Aufzeichnungen ereignet hat. Manche Leserin, mancher Leser wird sich denken: „Das kann doch nicht Wahrheit sein“. Meine Beruf bei einer Großstadt Feuerwehr hat mich gelehrt: Es gibt nichts, was es nicht gibt!

Auch in diesem Buch beschränke ich mich nicht nur auf Einsatzerlebnisse. Die Menschen in diesem Beruf sind häufig interessanter als alles andere.

Ein besonderes Dankeschön gebührt an dieser Stelle Miklos Laubert (www.bf-koeln-einsaetze.de). Er hat dafür gesorgt, dass ich in diesem Buch phantastische, eindrucksvolle Einsatzbilder einstellen kann. Ein weiteres Dankeschön auch an alle Menschen, die mich bei diesem zweiten Buchprojekt in Form von Recherche, Gegenlesen, Aufmunterung, Verständnis oder Kaffee kochen weitergebracht haben.

Den allergrößten Dank aber an meine Leserinnen und Leser!

Ohne Euch gäbe es das zweite Buch nicht Im Inneren und am Ende des Buches findet Ihr auch wieder Begriffserklärungen, für alle, die das „Feuerwehr-Deutsch“ nicht sofort verstehen können.

Bild: Miklos Laubert

Wie alles begann

1965

Mein Onkel Willi war damals im Kölner Umland Wehrführer einer kleinen Freiwilligen Feuerwehr. In Zusammenarbeit mit den Kommunalpolitikern hatte er es geschafft, aus einem kleinen Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr eine mit modernen Fahrzeugen ausgerüstete Feuerwache zu machen. Eine Atemschutzwerkstatt und ein Sonderfahrzeug für Gefahrgut Einsätze (RW-Öl) sowie ein KTW waren dort stationiert.

Eine Freiwillige Feuerwehr gibt es dort immer noch, angegliedert an eine Wache der Berufsfeuerwehr Durch die kommunale Gebietsreform 1975 wurde aber aus der Wache meines Onkels die Feuer- und Rettungswache 14 der Berufsfeuerwehr Köln. Aus „Florian Köln- Land“ wurde „Florian Köln 14“.

Sankt Florian ist der Schutzpatron der Feuerwehren

Dazu eine Anmerkung.

Den Bezeichnungen für Einheiten, Fahrzeuge, Feuerwachen und Leitstellen wird immer der Name Florian vorgestellt.

Neben den Kirchen feiern am Florianstag, dem 4. Mai, viele Feuerwehren in Deutschland und Österreich ihren Schutzpatron.

Allerdings hatte Florian keine außergewöhnliche Beziehung zum Feuer, sondern vielmehr zum Wasser. Der Grund für die Fehlinterpretation ist vermutlich der Wassereimer, mit dem Florian auf frühen Abbildungen oft dargestellt wurde. Der Eimer war aber wohl kaum als Hinweis auf eine Feuerlöschung gedacht, sondern vielmehr als Symbol für das Ertrinken in der Enns.

Sankt-Florian-Prinzip

Auch an dem nach ihm benannten Handlungsprinzip trägt der Heilige keinerlei Schuld. Der Sinnspruch „Heiliger Sankt Florian / Verschon‘ mein Haus / Zünd‘ and’re an!“ entspricht weder der christlichen Lehre noch der Lebensweise des Märtyrers, der mit Feuer und Zündeln ohnehin wenig am Hut hatte. (Quelle: www.feuerfakten.de)

Mag es ruhig eine Fehlinterpretation sein, den „Floriansjüngern“, wie Feuerwehrleute auch genannt werden, ist das egal .

Die FW 14 war die kleinste Feuer- und Rettungswache der Stadt.

1 LF, 1 DL, 1 RTW.

Wenn sich ein Kollege auf einer anderen Wache über die Belastung aufgrund der hohen Zahl der Einsätze beschwert hat, wurde immer gesagt: „dann geh doch nach FW 14“ Heute steht dort ein kompletter LZ (HLF, DL, PTLF, 2 RTW). Schluss mit „nix los“. Die westlichen Stadtteile, wie Weiden, Lövenich, Widdersdorf, Junkersdorf, Müngersdorf, Marsdorf etc. sind immens gewachsen.

Auf der nahegelegenen BAB 4 wird der Verkehr immer mehr. Tausende von Bürgern und große Gewerbegebiete gilt es zu schützen Als es in den 1980er Jahren der Stadt Köln finanziell mal wieder so richtig schlecht ging (wann ging es der Stadt eigentlich finanziell mal gut?), wurde von Seiten der Politik sogar über eine Schließung der Wache nachgedacht. Glücklicherweise konnte der damalige Amtsleiter das verhindern.

Ich frage mich auch heute immer noch, was in einigen Politikerköpfen vorgeht. Kultur geht immer, aber Feuerwachen und Schulen nicht.

Aber zurück zu meinem Onkel.

Damals wohnte er tatsächlich als Wehrführer auf der Wache. Eine Dienstwohnung. Er, seine Frau, 2 Kinder.

Über der Fahrzeughalle, direkt an der Ost/ West Güterbahnlinie.

Tante Christel sagte immer: „Nachts fahren hier 42 Güterzüge vorbei, wenn nur 41 fahren, stimmt was nicht“.

Ruhig war anders- wenn das Wasserglas mal wieder zu voll war, schwappte es beim nächsten Güterzug über.

Der Weg von meinem Zuhause in der Kölner Innenstadt bis dorthin war recht aufwendig. Meine Eltern hatten kein Auto, also war immer stundenlanges Busfahren angesagt.

Als Kind war mir das egal!

Noch heute habe ich, wenn ich zurückdenke, den Geruch der Fahrzeuge in der Fahrzeughalle in der Nase.

Diese großen, mächtigen Ungetüme, in die ich teilweise nur mit Unterstützung einsteigen konnte. Ich war immer so aufgeregt, dass ich Bauchweh hatte. Ich träumte mit offenen Augen von den Einsätzen.

Natürlich war ich immer der Fahrer.

Der Fahrer eines Feuerwehrfahrzeuges war in meiner Vorstellung der wichtigste Feuerwehrmann überhaupt. Ach, wäre ich doch nur mit meinen Füßen an die Pedale gekommen.

Ich stellte meinem Onkel fünfzigmal die gleichen Fragen und er beantwortete sie auch fünfzigmal.

Ich durfte Gerätschaften, Werkzeuge in die Hand nehmen, deren Funktion mir vollkommen unbekannt war. Wenn ich einen Helm aufsetzen durfte, eine kleine Signallampe in die Hand bekam und am Steuer saß, war ich endgültig in einer anderen Welt angekommen. Die alten Feuerwehrhandlampen hatten auswechselbare Streuscheiben.

Ich glaube, sie waren grün und rot. Die Scheiben auswechseln und in dunkle Ecken leuchten- es gab kaum Schöneres.

Ich hab dort viele Tage verbracht und bin mit dem Feuerwehrvirus infiziert worden.

Ich kann mich an Wochenenden erinnern, an denen freiwillige Feuerwehrmänner dort Bereitschaft hatten. Auch nachts. Es gab dort einen Ruheraum mit Doppelstockbetten. Der war für mich immer geheimnisvoll. Die Vorstellung, dass dort so viele Männer schlafen und dann nachts zu einem Einsatz ausrücken müssen, war für mich aufregend. Die Nacht und die Dunkelheit waren für mich geheimnisvoll und faszinierend. Nachts zu arbeiten, ja, das wollte ich irgendwann auch mal machen.

Hätte ich damals nur ansatzweise gewusst, was in meinen Berufsjahren alles auf mich zukommt. Ich wäre wohl stark ins Schwanken geraten mit meinem Heldendenken.

Besonders bei Nächten wie diesen:

03:30 Uhr. Der Alarmgong ist zum sechsten Mal nach 00.00 Uhr zu hören. Wir werden zu einem PKW Brand alarmiert. Die vorhergehenden Alarme für beide LF und das TLF waren ähnlich. Brennender Müll oder brennender PKW. Es sind wohl Menschen im Wachbezirk unterwegs, die eine zweifelhafte Freude an sehr kriminellen Freizeitaktivitäten haben.

Egal, wir müssen raus, auch wenn es um diese Uhrzeit sehr schwerfällt.

Der Bürger erwartet nachts genau den gleichen professionellen Einsatz von uns, wie am Tage. Im Funk höre ich, dass Fahrzeuge von benachbarten Wachen ebenfalls in unserem Wachbezirk zu ähnlichen Einsätzen unterwegs sind. Der Wunsch, einen Täter auf frischer Tat zu erwischen, kommt mir mehrfach in den Sinn.

Die Nacht hat ihren Reiz und Faszination verloren. Die Nacht ist „Einsatzalltag“ im Dienst. Mehrere Einsätze in der Nacht bedeuten, dass der Tag darauf hinüber ist. Egal, was man selber oder die Familie vorhat. Am darauf folgenden Tag ist man wieder im Dienst. Eine Mühle, der man sich auf Dauer schwer entziehen kann. Viel Einsicht, Disziplin und unter Umständen professionelle Hilfe sind eventuell nötig. Ein Jahr habe ich nach meiner Pensionierung dafür gebraucht, obwohl ich mir mit meiner Familie schon lange vorher Gedanken gemacht habe. Es kam alles anders! Der Kassengong im Supermarkt glich dem Löschzug Alarm auf der Wache. Zusammenzucken und Anstieg des Pulsschlages waren die Folge.

Aber trotzdem: Ich hätte nie etwas anderes machen wollen, als meinen Beruf!

Bilder: Miklos Laubert

Meine Tante Christel war in Feuerwehrkreisen ein Novum und eine Berühmtheit. Als gelernte OP Schwester besetzte sie mit einem Kollegen den KTW. Frauen in dieser Rolle waren bis dahin unbekannt In Köln war zwar ab 1967 schon ein für Deutschland neuartiges Notarztsystem in Betrieb. Das sogenannte Rendezvous- System.

Notarzt und Rettungswagen kamen in zwei Fahrzeugen zum Einsatz.

Dieses System wurde zum Vorbild für viele andere Städte in Deutschland und gilt heute noch. Im damaligen Kölner Umland waren eher die Selbsthilfe oder starker Überlebenswille angesagt.

Den Rettungsdienst, so wie wir ihn heute kennen, gab es damals noch nicht. Ankommen, Einladen, im Krankenhaus abladen, das war’s.

Fachkenntnisse? Pflaster kleben, Dreieckstuch, stabile Seitenlage, Ende!

Die Fachkenntnisse, die meine Tante hatte, haben mit Sicherheit manchem Patienten das Leben gerettet

.Bild:Nast Sonderfahrzeuge

Irgendwann nach der Gebietsreform 1975 geriet mein Onkel in die Mühlen des Beamtenapparates. Die Orte Weiden und Lövenich, die damals nicht zum Stadtgebiet Köln gehörten, wurden eingemeindet Er musste weg von dieser Wache, von seinem Zuhause, auf eine andere Feuer- und Rettungswache, damit er in die Organisation der Feuerwehr Köln integriert werden konnte.

Er wurde abgezogen von dem, was er aufgebaut hatte, wo er jede Ecke und jeden Winkel kannte. Die Dienstwohnung stand zur Kündigung an.

Was so etwas menschlich bedeutete, interessierte weder Politik noch Feuerwehrleitung.

Der Stellenplan der Berufsfeuerwehr gab vor, dass er Beamter werden musste und nicht mehr auf „seiner“ Wache bleiben konnte. Er „musste“ ja befördert werden. Das ging auf der kleinen Wache nicht. Das war menschlich eine Katastrophe für ihn und er tat sich sehr schwer damit, plötzlich in einer großen Organisation, bei der er nur einer von vielen war, seinen Dienst zu machen. Er musste Dinge machen, die weder seiner Vorstellung des Lebens, noch seiner Vorstellung von Feuerwehr entsprachen. Letztendlich unterordnen. Das kannte er in dieser Form nicht. Seine Versetzung zur Feuer- und Rettungswache Lindenthal – eine Nachbarwache – führte dazu, dass wir Anfang der 1980er Jahre einige Zeit in verschiedenen Schichten zusammen waren. War nicht mein Nachteil. Ich war dort als junger Vorgesetzter (Gruppenführer) für einige Monate eingesetzt und habe von seiner Erfahrung natürlich in meinem Tun und Handeln profitiert. Er wurde krank, war nicht mehr für den Einsatzdienst tauglich und wurde in die Atemschutzwerkstatt auf der FW 1 versetzt. Dort waren wir dann plötzlich wieder zusammen. Er allerdings im Tagesdienst und ich im Schichtdienst. Viele Gespräche wurden trotzdem noch geführt.

Mein Onkel musste gesundheitsbedingt in den vorzeitigen Ruhestand gehen. Kurze Zeit danach ist er an einer Krebskrankheit verstorben.

Meiner Tante erging es beruflich ebenso. Eine Frau auf dem Krankenwagen? Geht ja gar nicht. Sie bekam Tätigkeiten in städtischen Kliniken angeboten. Dabei gab es kaum Beamte bei der Berufsfeuerwehr Köln, die mit ihrer medizinischen Ausbildung konkurrieren konnten. Sie wollte nicht mehr in einem Krankenhaus arbeiten und hat dann einige Jahre als Reinigungsfrau bei der Stadt Köln gearbeitet. Ihre Tätigkeit: Reinigung der FW 14. Verrückt!

Ihr geht es heute noch gut.

Nochmal zum Feuerwehrvirus. Er hatte Besitz von mir ergriffen.

Jetzt musste ich aber erst mal einen Beruf erlernen, um zur Berufsfeuerwehr zu kommen. Einen Beruf, der dem Aufgabenfeld der Berufsfeuerwehr entsprach.

Gleichzeitig war Fußball und Handball eine große Leidenschaft von mir.

Nur sportlich zu sein reichte aber für die Berufsfeuerwehr nicht aus.

Weil ich handwerklich nicht ganz ungeschickt war, erlernte ich bei Ford in Köln den Beruf des KFZ Mechanikers. Ein bisschen widerwillig- aber das Ziel Feuerwehrmann vor Augen.

Wider Erwarten machte mir der erlernte Beruf doch Spaß.

Die erste Liebe kam, und jetzt wurde es schwierig mit der Entscheidung für das künftige Berufsleben. Die geplante Zukunft brauchte Geld- und davon verdiente ich im Schichtdienst bei Ford jede Menge. Bei der Berufsfeuerwehr würde es deutlich weniger geben. Es lockte zwar der Beamtenstatus, aber meine Pläne gerieten etwas ins Wanken.

Doch dann wurden Zusagen im Autowerk nicht eingehalten- ich schrieb Bewerbungen.

An die Berufsfeuerwehr Köln, die Polizei und den Bundesgrenzschutz.

Die Berufsfeuerwehr war inzwischen nicht mehr unbedingt mein Favorit. Mir ging es eher darum, in eine Beamtenlaufbahn einzusteigen, aber bitte mit Abenteuer. So sah ich es damals.

Die Berufsfeuerwehr Köln meldete sich sehr schnell – ob mein Onkel Willi seine Hände da im Spiel hatte?- Ich also los zum Einstellungstest auf der Feuer- und Rettungswache 1. In einem Alter von 18 Jahren und 1 Monat. Ich kann mich noch gut an die ersten Eindrücke und Gerüche erinnern.

Meine Feuerwehrinfektion brach wieder aus. Da wollte ich hin!

Den Einstellungstest bestand ich und am 5. Januar 1976 begann meine Ausbildung zum Feuerwehrmann- Anwärter, bei 700.- DM weniger Gehalt im Monat, als vorher. Egal!

Der Grundlehrgang bestand aus einem Haufen wilder Typen. Mich eingeschlossen.

Ich wuchs einen Großteil meiner Jugendjahre im Umfeld des Kölner Rotlichtmilieus auf. Dort lernte ich Dinge, die zum damaligen Leben reichten, mich aber in keiner Weise beruflich weitergebracht hätten.

Deeskalation, Unterordnung oder Toleranz gehörten nicht zu den Dingen, die in der Umgebung das Leben bestimmten. Ich denke heute, dass nur unverschämtes Glück mich davor bewahrt hat, nicht auf die schwarze Seite des Lebens zu fallen.

Ich war im Grundlehrgang der Jüngste, wahrscheinlich auch der Frechste, der Älteste war bereits 32 Jahre alt.

Damals das Höchstalter für die Einstellung zu dieser Laufbahn.

Dachdecker, Elektriker, ein Matrose, ehemaliger Zeitsoldat der Marine - es ging querbeet durch alle Berufe.

Unser Ausbilder war ein kerniger Oberbrandmeister von der FW 1. Ein Mann aus dem Leben , der schon so einiges bei Einsätzen erlebt hatte.

Wir vertrauten ihm. Dass er uns schleifen und piesacken würde während der nächsten 6 Monate, war uns am Anfang nicht so richtig bewusst.

Wir waren doch jetzt schon "Helden". Mit Helden kann man doch so nicht umgehen. Die Dankbarkeit und Einsicht für diese fundierte Ausbildung kam erst nach Abschluss aller Prüfungen.

Ich war der Meinung, dass ich durch meine Vorkenntnisse von der kleinen Wache aus dem Kölner Umland alles schon wusste und beherrschte.

Meine Feuerwehr-Romantik wurde allerdings schnell zerstört.

Drill gehörte damals zum Ausbildungsalltag. Den kannte ich nun gar nicht. Ich war ja schließlich nicht bei der Bundeswehr gewesen. Die wollten mich, als ich schon in der Feuerwehrausbildung war. Damals wurde man als Feuerwehrmann noch "unabkömmlich" gestellt.

Feuerwehrdienstvorschriften auswendig lernen, Wasserfördermengen errechnen, medizinische Kenntnisse aneignen, Schlauchdurchmesser und Leiterlängen kennen, diese Leitern bis zur Erschöpfung hoch und runtersteigen und so weiter und so weiter.

Der Drill, das Arbeiten im Team, abhängig sein vom Team - das war alles Neuland für mich. Klar, als Mannschaftssportler bist Du auch in einem Team. Aber das hier war was ganz Anderes.

Als Junge von der Straße, mit etwas über 18 Jahren, noch nicht so richtig "zu Ende erzogen", aufsässig. Da tat ich mich mit Befehlen und deren Ausführung schwer.

Warum muss ich die Hakenleiter nochmal hochsteigen? Habe ich doch schon dreimal gemacht. Und warum eigentlich immer ich?

Die Übungen mit den tragbaren Leitern waren am Anfang nicht mein Ding. Ich hatte Angst! Wollte und konnte es aber nicht sagen und auch für mich selber nicht akzeptieren. Ein Feuerwehrmann hat keine Angst!

In meinen folgenden Berufsjahren hatte ich etliche Male Angst aber Leitern steige ich heute noch „blind“ hoch. Vieles ändert sich im Leben mit der Zeit.

Wieso habe ich den Schlauch nicht richtig ausgerollt? Funktioniert doch auch nach meiner Methode.

Warum denn heute Übungen im Freien, es hat doch geschneit und ist kalt.

Schon wieder ein Atemschutzgerät anziehen, die Dinger sind doch so schwer.

Die Feuerwehrromantik war dahin!

Wenn ich dann am Abend erschöpft im Bett lag, kamen Zweifel an meinem Berufswunsch.

Aber dann musste ich auch immer wieder an Onkel Willi denken. Seine Liebe zum Feuerwehrberuf, seine Fähigkeit Probleme anzupacken. Sein früher Einfluss auf mich, die verrückte aber tolle Truppe des Grundlehrgangs und unser Ausbilder machten mir relativ schnell klar: Ohne Disziplin nach Befehl und Vorschrift und vor allem ohne Teamarbeit geht es in diesem Beruf nicht.

Und so wurde im Grundlehrgang 1/76 aus dem wilden 18 jährigen ein halbwegs einsichtiger junger Mann.

Gewalt gegen Einsatzkräfte Gaffer an der Einsatzstelle

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