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Dieses Buch ist anders als alle bisherigen Bücher zu dem Thema Menschenführung! Es hilft Ihnen, Ihr eigenes Führungsverhalten auf den Prüfstand zu stellen und in praktischen Schritten entscheidend zu verbessern. Es holt Sie in Ihrer täglichen Funktion in der Feuerwehr oder im Rettungsdienst ab und ermöglicht mit vielen Beispielen und Übungen eine gründliche Selbstreflexion. Der Autor redet erfrischenden Klartext und scheut auch vor "heißen Eisen" und Tabuthemen nicht zurück.
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Seitenzahl: 218
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Die Abbildungen stammen – soweit nicht anders angegeben – vom Autor.
2. Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© 2019/2021 W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Umschlagsbild: Martin Schäfer, BF Leipzig, FF Großkorbetha
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-40520-2
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-40522-6
epub: ISBN 978-3-17-40523-3
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Das theoretische Ziel, das Führungskräfte in Feuerwehr und Rettungsdienst im Einsatz vor Augen haben, ist »vor die Lage zu kommen«. Wie gut dieses Ziel in der Praxis erreicht wird, hängt stark davon ab, welche Kompetenz durch die zuständige Leitung tatsächlich aufgeboten wird. Lagebewältigung verlangt also weit mehr als materielle, technische oder personelle Ressourcen, sie verlangt nach Performanz der Handlungskompetenz.
Eine der hoffnungsvollsten Doktorandinnen an meinem Lehrstuhl definierte einmal Kompetenz knapp und dennoch treffend, als Summe der persönlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Führungskraft. Dementsprechend beinhaltet der Kompetenzbegriff nicht nur Wissen, sondern auch Erfahrungen in dessen Anwendung sowie das Vermögen, das gesamte Potential persönlicher Handlungskompetenz in aufkommenden Situationen möglichst optimal abzurufen und zur Führung der jeweiligen Bewältigungsmaßnahmen einzusetzen.
Handlungskompetenz wird oft als Gesamtheit aus Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Persönlichkeitskompetenz und Sozialkompetenz veranschaulicht. Neben der insbesondere den Feuerwehren, aber auch anderen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben meist unzweifelhaft zugestandenen Fachkompetenz, eröffnen sich demnach drei weitere Kompetenzfelder, die den Erfolg bei der Erfüllung konkreter Einsatzaufträge mitbestimmen. Und dennoch werden diese, wenn überhaupt, viel zu oft als sekundäre, tertiäre oder ultimäre Kompetenzen betrachtet. Dadurch bleiben allfällige Chancen häufig ungenutzt.
Die Initiative von Jens Müller, ein Buch zu schreiben, um Führungskräften diese Chancen zu erschließen, hat mich vom ersten Augenblick an begeistert. Sein Buch »Menschenführung in Feuerwehr und Rettungsdienst« kann Führungskräfte dabei unterstützen, ihre Performanz weiter zu verbessern. Zu diesem Zweck hat es der Autor als Arbeitsbuch angelegt, mit dem jede Führungskraft zusätzlich zu ihrer Fachkompetenz und nach den persönlichen Bedürfnissen, weitere Kompetenzen erwerben und entwickeln kann.
Dr.-Ing. Uli Barth, im August 2018Universitätsprofessor und Fachberater der Feuerwehren Dortmund und Wuppertal
Vorwort
Was dieses Buch für Sie tut
Anleitung zu Ihrem persönlichen Führungstraining
Zum Aufwärmen – ein kleiner Selbsttest
1 Grundlagen und Grundsätze
1.1 Die Zeiten ändern sich – Führungsarbeit im Wandel der Zeiten
1.2 Die Grundlage muss stimmen – Ethik, Moral, Werte
1.3 Hab Acht auf dich selbst – Selbstführung
1.4 Die 80-20-Regel – Effizienz und Effektivität
1.5 Das Peter-Prinzip – Spielregeln in Hierarchien
1.6 Der schmierige Weg nach oben – Karriere um jeden Preis?
2 Qualitäten und Qualifikationen
2.1 Musst du ein Schwein sein? – charakterliche Anforderungen
2.2 Erziehung ist sinnlos – Vorbilder und Nachahmer
2.3 Mist gebaut, und dann? – Umgang mit Fehlern
2.4 Menschen in Schubladen – Menschenkenntnis, Typenlehren
2.5 Fit werden und fit bleiben – fachliche Anforderungen
3 Instrumente und Methoden
3.1 Warum tu ich mir das an? – Inspiration und Motivation
3.2 Nicht geschimpft, genug gelobt? – Umgang mit Lob und Tadel
3.3 Alles liegt auf meinem Tisch – Delegieren als Überlebensfrage
3.4 Helfen Sie uns aussteigen, wir helfen Ihnen löschen – langfristige Personalentwicklung
3.5 Orden, Titel und Befrackung – Auszeichnung und Beförderung
3.6 Wozu die Gefahrenmatrix? – Sinn und Unsinn von Führungsmodellen
4 Information und Kommunikation
4.1 Verein, Firma oder Feuerwehr – Selbstverständnis und Außenwirkung
4.2 Flurfunk und Kaffeeklatsch – interne Öffentlichkeitsarbeit
4.3 Wer sind wir eigentlich? – Sinn und Unsinn von Leitbildern
4.4 Das Grauen hat einen Namen – Reden schreiben und halten
4.5 Der heimliche Gang zum Spind – Alkoholprobleme
4.6 Der Praktiker schlägt zurück – Kampf dem Verwaltungswahnsinn
5 Außenseiter und Sonderfälle
5.1 Dummschwätzer und Quertreiber – Umgang mit Problemfällen
5.2 Das haben wir schon immer so gemacht – Generationenkonflikte
5.3 Dreckige Witze und tolle Kalender – Geschlechterkonflikte
5.4 Die Welt geht unter! – Führen unter Extrembedingungen
5.5 Eingesetzt und ausgebrannt – Vermeidung von Burnout
6 Die Latte liegt hoch – Schlusswort
Literatur- und Quellenverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Nicht alles, was gedruckt und gebunden wird, ist ein Buch […]. Wir lernen nicht viel aus gelehrten Büchern, wohl aber aus wahren, aufrichtigen, menschlichen Büchern, aus offenen und ehrlichen Lebensbeschreibungen.
Henry David Thoreau
Liebe Leserin, lieber Leser,
Sie sind bereits Führungskraft, oder wollen/sollen eine werden? Was darf ich Ihnen dazu aussprechen – meinen Glückwunsch oder mein Beileid?
Ich selbst war viele Jahre in Ihrer Lage und schule seit Jahren Führungskräfte der Feuerwehr, des Rettungsdienstes und auch der Polizei. Und immer wieder kommt mir der Spruch in den Sinn: »Wenn du Führungskraft hast, danke Gott; wenn du Führungskraft bist, gnade dir Gott.«
Bei meiner Arbeit erschrecken mich regelmäßig drei Dinge:
Wie viele Führungskräfte im Ehrenamt ohne eigenes Wollen in diese Rolle gedrängt werden (»Die haben einen Dummen gesucht«);
Wie viele Führungskräfte im Hauptamt dazu eigentlich nicht berufen oder geeignet sind (»Ich hab mich halt beworben«);
Wie stabil unsere Persönlichkeiten sind und wie langsam wir lernen.
Aus diesen Gründen sind es ganz oft die falschen Adressaten, die in meinen Schulungen und meinem Unterricht sitzen. Diejenige, die eine Fortbildung zum Thema Menschenführung bitter nötig hätten, entziehen sich gekonnt der eigenen Hinterfragung. Bei den unteren Funktionen und Dienstgraden bleibt dann häufig das resignierte Urteil: »Der Unterricht war gut, aber das müsste mein Vorgesetzter mal hören!«
Es hilft nun nichts: Sie haben dieses Buch gekauft und wir müssen uns mit dem Thema auseinandersetzen. Unsere Kameraden, Kollegen haben es verdient. Wir alle wissen intuitiv, dass gute Führung unglaublich viel gewinnen kann. Ich selbst bin wegen eines guten Vorbilds als Kind zur Freiwilligen Feuerwehr gekommen. Umgekehrt kann miserable Führung demotivieren und viel Engagement zerstören. Es lässt sich der Schaden nicht beziffern, den schlechte Führungskräfte in Feuerwehr und Rettungsdienst täglich anrichten. Es läuft also auf die Frage hinaus: »Was sind Sie selbst und Sie allein bereit zu investieren? Welchen Preis wollen und können Sie bezahlen? Hand aufs Herz: Sind Sie bereit, mehr in diese Welt hineinzugeben (an Zeit und Kraft) als Sie herausbekommen (an Geld und Anerkennung)?«
[10]Sie haben sich für ein Arbeitsbuch entschieden. Damit kostet es Sie täglich fünfzehn bis dreißig Minuten Beschäftigung über einen Zeitraum Ihrer Wahl. Die Reihenfolge, in der Sie das Buch konsumieren, ist natürlich Ihnen überlassen. Es hängt vor allem davon ab, ob Sie Hauptamtlicher oder Ehrenamtler sind und wie stark Sie in Ihrem Beruf oder Ehrenamt beansprucht werden. Wenn Sie schnell sein wollen, können Sie das Buch in einem Monat durchnehmen und sich jeden Tag eine Einheit vornehmen. Klüger wäre es allerdings, sich nicht unter Druck setzen. Wichtige Dinge werden nie »mal eben schnell« erledigt. Deshalb können Sie auch jede Woche eine Lektion bearbeiten, vielleicht bevor Sie in Ihrer Feuerwehr oder Hilfsorganisation zum Dienst gehen. Dann kann ich ihnen garantieren: Wenn Sie das Ganze ernsthaft betreiben, wird Ihr Führungsstil nach dieser Zeit nicht mehr derselbe sein. Sie werden neue Erfahrungen machen und ins Staunen kommen.
Ein paar praktische Tipps zum Schluss: Lassen Sie sich von der Materialfülle nicht entmutigen und gehen Sie Schritt für Schritt vor. Man überschätzt in der Regel das, was man in einer Woche schaffen kann und unterschätzt, was man in einem Jahr erledigt. Wenn Sie möchten, teilen Sie Ihre Erkenntnisse und Erlebnisse aus diesem Buch mit Ihrem (Ehe-)Partner. Lassen Sie befreundete Kollegen und Kameraden teilhaben – oder auch mich. Ich erwarte nicht, dass Sie mit allem einverstanden sind. Schreiben Sie mir also eine E-Mail an [email protected]. Keine Anstandsfloskel: Ich lege großen Wert auf Ihre Meinung, Ihre Anregung, Ihre Kritik.
Beim Lesen und Nachdenken werden Sie merken, dass dieses Buch mit Herzblut geschrieben ist. Ich habe selbst an den Themen meine Freude gehabt und auch daran gelitten. Und immer noch freue ich mich ab und zu, mit Ihnen den besten Beruf und das interessanteste Ehrenamt der Welt zu teilen und wünsche Ihnen maximale Erfolge!
Jens Müller
Hinweis:
Im Buch wird im Sinne der Lesbarkeit teilweise die männliche Form der handelnden Personen genannt. Das Buch richtet sich aber gleichermaßen an alle Angehörigen der Feuerwehr und des Rettungsdienstes sowie grundsätzlich an alle interessierten Leserinnen und Leser.
Die folgenden Fragen sind zur Einstimmung auf die Inhalte dieses Buches gedacht. Blättern Sie nicht nach hinten; Sie werden keine Auflösung finden. Hier geht es nicht um Richtig oder Falsch. Hier geht es um Ihre Meinung.
Ganz am Ende Ihres Trainings können Sie die Seite noch einmal lesen und sehen, ob und wenn ja, wie sich Ihr Verständnis von Führung gewandelt hat. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Sie ein paar »eingefahrene Gleise« verlassen und neue Erkenntnisse über sich selbst und Ihren eigenen Führungsstil erhalten werden.
Sind Sie freiwillig in Ihre derzeitige Führungsposition hineingekommen?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Führen Sie in jeder Situation (im Dienstalltag und im Einsatz) auf die gleiche Art und Weise?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Richtet sich Ihr Führungsstil nach den Menschen, die Sie vor sich haben?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Richtet sich Ihr Führungsstil nach der jeweiligen Situation, in der Sie sind?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Wird in der Feuerwehr/im Rettungsdienst durch Rechtsquellen/Vorschriften ein bestimmter Führungsstil gefordert?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Kann man es lernen (z.B. durch Schulungen/Seminare), eine gute Führungskraft zu sein?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Wird man als Mensch zur Führungskraft geboren?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Meinen Sie, dass man erwachsene Menschen noch erziehen kann?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Haben Sie selbst eine konkrete Vorstellung von den speziellen Werten/der Berufsethik in Ihrer Organisation?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Glauben Sie, dass sich der Wertewandel in unserer Gesellschaft auf die Feuerwehren/den Rettungsdienst auswirkt?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Muss und kann man als Führungskraft immer geradlinig führen und ehrlich sein?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
[13]Haben Sie eine Vorstellung davon, wie Vertrauen zwischen Führungskraft und Geführten aufgebaut werden kann?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Ihrem Privatleben und Ihrem Führungsverhalten?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Merken Sie bei sich selbst, wie Ihre Führungsarbeit Sie seelisch und körperlich belastet?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Fühlen Sie sich manchmal wie in einem Hamsterrad; frisst das »Tagesgeschäft« Sie auf?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Lassen Sie es zu, dass Ihnen Unterstellte auch einmal offen die Meinung sagen?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Sind Sie gelegentlich von Ihren Unterstellten enttäuscht und möchten deshalb alles »hinschmeißen«?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Haben Sie den Eindruck, dass Sie sich selbst als Führungskraft weiterentwickeln?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Sehen Sie für sich selbst Aufstiegschancen und setzen sich neue Ziele?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Haben Sie genügend Freiraum, um selbst über Ziele bestimmen zu dürfen?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Ist Ihnen bewusst, auf welche Art und Weise Sie generell mit eigenen und fremden Fehlern, Versagen und Schuld umgehen?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Wissen Sie, was Sie wirklich innerlich antreibt; kennen Sie Ihre wirkliche Motivation?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Arbeiten Ihre Unterstellten in Ihrer Abwesenheit selbständig weiter?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Haben Sie bei Ihrer Arbeit die Rückendeckung von Ihren Vorgesetzten?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Bekommen Sie selbst für Ihren Dienst die nötige Anerkennung von Ihren Vorgesetzten?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Wissen Sie, worüber sich Ihre Kameraden/Kollegen als Auszeichnung wirklich freuen?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Arbeiten Sie als Führungskraft bewusst mit Lob und Tadel?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
[14]Haben Sie ein gutes Gefühl dabei, wenn Sie einen Teil Ihrer Arbeit abgeben (delegieren)?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Werden Sie im Urlaub/im Dienstfrei/in Ihrer Freizeit nervös und unruhig, wenn es einmal nichts zu tun gibt?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Wenden Sie im Einsatz bewusst ein bestimmtes Führungsmodell an?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Gibt es in Ihrer Feuerwehr Konflikte zwischen den Generationen?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Gibt es in Ihrer Feuerwehr Konflikte zwischen den Geschlechtern?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Gibt in Ihrer Feuerwehr Konflikte zwischen Mannschaft und Führung?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Meinen Sie, dass die Verwaltungsarbeit in den letzten Jahren in Ihrem Bereich zugenommen hat?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
Haben Sie eine Idee oder ein Rezept, was man gegen die zunehmende Verwaltungsarbeit unternehmen kann?
O Ja
O Nein
O Weiß nicht
In dieser ersten Einheit geht es v.a. um Ihr eigenes Verständnis von Führung. Es wird vermittelt, dass es dauerhaft gültige Grundsätze gibt, an denen Sie festhalten sollten. Außerdem gibt es zeitlich veränderliche Grundsätze, die Sie getrost »entsorgen« können. In Ihrem Führungsalltag sollten Sie das eine von anderen unterscheiden und in konkreten Situationen entsprechend reagieren können.
Es ist nicht die stärkste Spezies die überlebt, auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann.
Charles Darwin
Umstände sollten niemals Grundsätze verändern.
Oscar Wilde
Der Moderator war erstklassig. Als Führungskräfte-Trainer hatte er ausreichend Erfahrung und weil er nicht aus der Feuerwehr kam, hatte er einen objektiven Blick von außen auf das »System«. Man hatte einen Gasthof gemietet und auch etwas »Geld in die Hand genommen«, um den Ehrenamtlern einen angenehmen Rahmen zu bieten. Schließlich hatten Sie einen ganzen Samstag für die Veranstaltung geopfert. Die Ergebnisse der einzelnen Workshops wurden auf sehr ansprechenden Flipcharts festgehalten. Die Veranstaltung hieß »Zukunfts-Workshop« und war eine Idee des Kreisfeuerwehrverbandes. Die angestauten Probleme müssten endlich einmal mutig angegangen werden! Auslöser waren einige Einsätze im Kreisgebiet gewesen, bei denen manche Feuerwehren an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gekommen waren. Bei dem Workshop hatte man die Problemfelder eingegrenzt, die Teilnehmer hatten sich in ihren Heimat-Feuerwehren auf das Ereignis vorbereitet und die Arbeitsatmosphäre war gut. Die Leute hatten sich eingebracht, man war lernbereit und offen. Nach dem Mittagessen sollten die Ergebnisse der Arbeitsgruppen ausgewertet und zusammengefasst werden; es sollten Leitlinien für die Zukunft aufgeschrieben werden. Hier kam der Schwung des Vormittags etwas ins Stocken. Man hatte eine Reihe von »Systemfehlern« aufgedeckt, an denen man ohnehin nichts ändern könne, weil sie nicht von den betroffenen Feuerwehren beeinflusst [16]werden können. Man hatte einige »Denkverbote« ausgemacht, die einige betagte Führungskräfte und Kommunalpolitiker nicht angesprochen haben wollten. Und man hatte herausgefunden, dass es bei der »Engpass-Ressource« Personal keine befriedigenden Lösungsansätze gab. So hatte man sich bei den Workshops nur um die Fragen gekümmert, auf die man eine Antwort geben konnte. Ernüchtert mussten die Teilnehmer nun feststellen, dass das nicht die entscheidenden Fragen gewesen waren. Damit erschöpfte sich das »Zukunftspapier« auf einige kosmetische Maßnahmen und die Fachleute verließen die Veranstaltung mit einem schalen Gefühl der Resignation. In der Presse wurde die Veranstaltung jedoch in den höchsten Tönen gelobt und auch der Landrat zog eine positive Bilanz.
Zukunftsgestaltung ist eine Führungsaufgabe. Das bloße Verwalten des Status quo ist eigentlich keine Führung, sondern fällt eher in den Bereich »Management«. Insofern ist Führung ausgesprochen anspruchsvoll, verlangt Erfahrung und Einsicht und den Mut, Probleme beim Namen zu nennen und dann anzugehen. Erfolgreich wird man als Führungskraft nur sein, wenn einem Gestaltungsspielraum bleibt und genau hier liegen die Probleme in allen starren, tradierten Systemen. Zu diesen gehören unsere Feuerwehren und in mancher Hinsicht auch die Hilfsorganisationen.
Ständig werden aber unsere Feuerwehren und Rettungsdienst-Organisationen zur Anpassung an veränderte Gegebenheiten gezwungen, weil das gesellschaftliche Umfeld immerwährend im Fluss ist. Ganz allgemein gesprochen nehmen in unserer Welt Dynamik und Komplexität immer mehr zu. Etwas einfacher ausgedrückt: Unsere Welt wird immer komplizierter und dreht sich immer schneller. Was gestern noch als richtig und wichtig galt, ist heute immer schneller überholt. In der Führungsarbeit muss daher heute mehr denn je unterschieden werden zwischen allzeit Gültigem und zeitlich Veränderlichem, zwischen Konstanten und Variablen.
Bild 1: Zunahme von Dynamik und Komplexität
Die Meinungen über das, was es zu bewahren gilt und die Dinge, die angepasst oder sogar aufgegeben werden müssen, können schon einmal auseinander gehen. Eines ist jedenfalls sicher: Wer seine Feuerwehr oder Hilfsorganisation ausschließlich auf die Art und Weise führen will wie noch vor 20 oder 40 Jahren, wird einiges falsch machen. Die zweite schlechte Nachricht für die Erfahrenen und Altgedienten: Erfahrung an sich ist immer noch Gold wert, aber längst nicht alles. Um noch eins drauf zu setzen: Man kann auf der persönlichen Ebene seine Sache auch 30 Jahre lang schlecht machen. Die Aufforderung an die Jungend: »Erst mal besser machen.« Das Leitmotiv für alle Generationen in unseren Tagen: »Bescheiden, selbstkritisch und lernfähig bleiben.«
Wie Sie bald bemerken werden, werden in diesem Buch eine Reihe sprachlicher Bilder verwendet. Damit lassen sich komplexe Zusammenhänge verdeutlichen und auf [17]den Punkt bringen. Im Zusammenhang dieses Kapitels kann man die gesellschaftlichen Entwicklungen und Trends mit Eisenbahnzügen vergleichen. Als gute Führungskraft sollten Sie sich nun ab und zu einige Fragen stellen: Zu welchem Ziel sind diese Züge eigentlich unterwegs? In welchen Zug soll man einsteigen? Wer sind die Lokomotivführer? (Wenn diese Fragen beantwortet sind, ergibt sich die Antwort auf die Frage nach dem Einsteigen oft ganz von selbst.) Keine Angst vor zu viel geistiger Mühe: Wie so häufig steckt die Antwort schon in der Fragestellung. Solche grundlegenden Fragen müssten – so glaube ich – jede Führungskraft von Zeit zu Zeit beschäftigen. Das bringt zwangsläufig auch die eine oder andere schlaflose Nacht mit sich.
Ein solcher Zug, der meines Erachtens für unsere ehrenamtsbasierten Organisationen in eine ungute Richtung fährt, kann man das Etikett »Kommerzialisierung« aufkleben. Dieser gesellschaftliche Megatrend ist vor dem Hintergrund der Krise des Ehrenamts im Allgemeinen und unserer Freiwilligen Feuerwehren im Besonderen ausgesprochen fatal. Kommerzialisierung meint: Nahezu alle Bereiche unserer Gesellschaft sind zum Geschäft geworden und werden zuerst unter kommerziellen Gesichtspunkten betrachtet. Jeder Dienst, jedwede Leistung wird mit Geld aufgewogen und abgegolten. Geld regiert schon immer die Welt, jedoch scheint in unseren Tagen jeglicher Idealismus den Finanzzwängen zum Opfer zu fallen. Was geschähe in Sport und Kultur, in Politik und Medien, in Kirchen und Vereinen, wenn [18]der Geldfluss aus irgendeinem Grund versiegen würde? Vermutlich würde in mehr Abteilen unseres imaginären Zuges das Licht ausgehen, als man annehmen kann und will. Vor diesem Hintergrund kann man den Freiwilligen Feuerwehrmann, den Ehrenamtlichen im Rettungsdienst und den Hauptamtlichen mit einem Rest von Berufsehre getrost als »Dinosaurier« betiteln. Daher auch der ungeheure Kraftakt, das Ehrenamt (wiederum mit Hilfe von Geld und Werbung) in modernen Zeiten attraktiv zu machen und zu halten.
Es gibt noch eine Menge weiterer Züge, die ebenfalls in eine falsche Richtung unterwegs sind. Ihnen könnte man die Etiketten »Individualisierung«, »Professionalisierung/Spezialistentum« und »Globalisierung« aufkleben. Allesamt keine guten Vorzeichen für ehrenamtsbasierte Organisationen. Auch keine verheißungsvollen Zeiten für Idealisten, Gemeinwohlorientierte und Menschen mit einer bestimmten Vorstellung von Berufsethik oder sogar Berufsehre.
Um weiter im Bild zu bleiben: Mit Sicherheit kann niemand diese Züge aufhalten oder gänzlich umlenken, schon gar nicht, indem man sich opfert und auf die Gleise wirft. Es wird jedoch auch niemand gezwungen, diese Züge zu beschleunigen und noch eine Extraportion Kohlen in den Kessel des Zugfahrzeugs zu schaufeln. Aber genau dies tun viele unserer führenden Köpfe in Berufsfeuerwehren, Hilfsorganisationen, Landratsämtern und Ministerien.
Als Führungskraft sollte man sich also gelegentlich fragen, welche Züge unterwegs sind, in welchen wir uns hineinsetzen sollten, ob der Zug nicht in einem Sackbahnhof endet, wann es Zeit ist auszusteigen oder sogar abzuspringen und wer unsere Lokführer sind. Gehen Sie als verantwortliche Führungskraft davon aus, dass es eine Unzahl von Menschen gibt, die sich diesen Überblick nicht verschaffen (können), die nur mitfahren, weil sie als Führungskraft eingestiegen sind und denen der Mut fehlt, aus einem falschen Zug auszusteigen. Das sind auch Ihre Kameraden und Kollegen, die nicht darüber nachdenken oder sagen können, warum genau sie »dabei« sind, die nichts gestalten wollen, die sich aber an Ihnen orientieren und nachts ruhiger schlafen als Sie. Gehen Sie auch davon aus, dass sich in unserer Welt regelmäßig die Falschen die Lokführermütze aufsetzen, dass falsche Fahrpläne aushängen, in den besten Zügen nicht die meisten Leute mitfahren und nicht jeder ein Schaffner ist, der Ihre Fahrkarte sehen will.
Wenn Sie bewusst Nachrichten schauen oder Zeitung lesen, beobachten Sie automatisch Trends und Entwicklungen in unserer Gesellschaft (z.B. den demografischen Wandel, Klimawandel, Neuerungen im Gesundheitswesen oder die Auswirkungen der EU-Bürokratie). Nehmen Sie sich die letzte Tageszeitung zur Hand, hören Sie beim Autofahren den Deutschland-Funk oder schauen Sie eine Nachrichtensendung im [19]Fernsehen. Schärfen Sie ihre Sinne. Beobachten Sie Klima und nicht Wetter. Gehen Sie einmal auf Abstand von den Tagesnachrichten und stellen Sie sich bei allem, was Sie da beobachten, folgende Fragen:
In welche Richtung führen uns diese Entwicklungen?
Wer treibt die Entwicklungen voran und wem nützen sie?
Welche Auswirkungen haben die Entwicklungen auf meinen Beruf/mein Ehrenamt?
Teilen Sie mehr oder weniger regelmäßig Ihre Überlegungen und Gedanken im Kollegenkreis, an Ihrem Stammtisch oder mit Freunden. Stoßen Sie (z.B. mit einer provokativen Frage) eine Diskussion an:
Was bedeutet diese oder jene Entwicklung für meine Arbeit?
Wie ist die Interessenlage hinter den Trends?
Was sollten wir bewahren, was können wir aufgeben?
Ein Beispiel für eine lohnenswerte Diskussion ist die Frage nach den Auswirkungen des Wertewandels in unserer Gesellschaft auf das Arbeitsklima in Feuerwehr und Rettungsdienst: Seit jeher sind z.B. Feuerwehren bekannt für ihren guten Zusammenhalt unter Kollegen bzw. Kameraden. Dieser Zusammenhalt hat einen ungeheuren Wert und hilft, gesehenes Leid und Elend zu verkraften und zu verarbeiten. Zu diesem Thema habe ich ein wunderbares Zitat gefunden. Im Handbuch für den Ausbilder in Freiwilligen Feuerwehren von W. Edward Buchanan Jr. steht folgendes Statement eines amerikanischen Feuerwehrmannes (Buchanan, 2003):
»Die Kameradschaft bedeutet für mich mehr als ein Aufkleber an der Windschutzscheibe meines Autos. Es bedeutet, man hilft sich, wenn die Kinder krank sind. Man hilft sich, wenn man Geldprobleme hat. Wenn du umziehst, fahren wir den Umzug. Wenn du ein neues Dach brauchst, decken wir es. Es bedeutet auch: Man lässt sich in einem brennenden Haus niemals im Stich. Eher würde ich mir die Ohren vom Kopf brennen lassen.«
Ist diese Einstellung, dieser Kameradschaftsgeist bei uns (noch) zu finden?
Wollen wir diese Einstellung noch haben oder sind andere Motive in den Vordergrund getreten?
Wenn nein, warum haben wir sie nicht mehr? Was ist uns die Sache wert?
Sind wir am Ende selbst schuld, wenn das zwischenmenschliche Klima in unseren Reihen schlechter wird?
[20]Warum habe ich 300 »Freunde« auf Facebook, finde aber keinen Draht zu den eigenen Kameraden und merke nicht, wenn jemand auf der Arbeit Probleme hat?
Wer hat etwas davon, wenn der Zusammenhalt schlechter wird? Zieht gar jemand Nutzen daraus, wenn es im Dienst unkollegial zugeht?
Was können wir tun, um unseren Zusammenhalt wieder zu stärken?
Gibt es diesbezüglich einen konkreten Vorsatz oder ein festes Ziel, das wir ins Auge fassen können?
In dieser Lektion lernen Sie besser zu verstehen, wie Ihre unterbewussten und unausgesprochenen Werte Ihren Arbeitsalltag beeinflussen. Wir alle werden von Grundsätzen regiert, die wir seit unserer Kindheit verinnerlicht haben. Diese Werte bestimmen unsere Ziele und lenken unsere Schritte. Am Ende dieser Lektion sollten Sie wissen, was Werte sind und welche davon Ihnen besonders wichtig sind. Diese Werte sollten Sie dann immer wieder thematisieren, z.B. wenn Sie als Wehrführer eine Rede bei einer Jahreshauptversammlung halten müssen oder in Ihrer Rettungswache zu einem Jubiläum sprechen sollen.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 1
Der Mensch ist des Menschen Wolf.
Thomas Hobbes
Man kann ohne Liebe: Holz hacken, Ziegel formen, Eisen schmieden. Aber man kann nicht ohne Liebe mit Menschen umgehen.
Lew N. Tolstoi
Die alte Dame stand völlig aufgelöst und im Bademantel in ihrer Küche. Aus irgendeinem Grund waren die Schläuche zu ihrer Waschbecken-Armatur abgegangen, was den Einsatz der Feuerwehr ausgelöst hatte. Ein See auf dem Fußboden, Wasserflecken an der Decke der darunter liegenden Wohnung und aufgebrachte, verständnislose Nachbarn waren das Ergebnis der abendlichen Küchen-Katastrophe. Ihre eigene Hilflosigkeit trieb der Frau die Tränen in den Augen; die Kinder waren nicht erreichbar, sie arbeiteten im Ausland. Der Hausverwalter war wie so oft nicht ans Telefon zu bekommen, und die Nachbarn im Haus kannte sie nur flüchtig von kurzen Begegnungen im Treppenhaus. Nun waren alle Gefahren beseitigt. Nach der Abschaltung des Stroms, dem Einsatz des Nasssaugers und dem Entfernen der Teppiche in Wohnzimmer und Schlafstube stand die Besatzung des Löschfahrzeugs im Flur. Der Einsatzauftrag war erledigt, die Zuständigkeit endete hier. Das Kommando »Zum Abmarsch fertig« war schon gegeben. Außerdem war Abendbrotzeit. Die Entscheidung des Gruppenführers lautete trotzdem die Armatur zu reparieren. Während ein Kollege (Klempner von Beruf) den Wasserhahn reparierte, tröstete ein anderer die Bewohnerin. Größer als der Wasserschaden war die Aufregung der Frau. [22]Diese Aufregung begann nun langsam zu verfliegen. Die Versicherung würde bezahlen; sie hatte niemandem Ärger gemacht. – Nach Ankunft in der Wache musste das Abendessen der Fahrzeug-Besatzung nochmal die Mikrowelle passieren, trotzdem waren alle aus ungeklärter Ursache bester Laune.