Menschsein - Martina Herbig - E-Book

Menschsein E-Book

Martina Herbig

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Beschreibung

Dieses Buch erzählt vom Menschsein. Sterben, Trauern und Leben gehört zum menschlichen Sein. Nur, wenn wir das Sterben akzeptieren, werden wir wirklich leben. Wir leben so, als wäre dieses Leben ohne Ende und erschrecken jedes Mal im Angesicht des Todes. Dabei gehört er zum Leben. Was sollten wir wissen über das Sterben, das Trauern und vor allem über das Leben? Leser können in diesem Buch mögliche Antworten finden. Egal, ob Sie einen lieben Menschen beim Sterben begleiten, über Ihre eigene Sterblichkeit nachdenken oder einfach nur leben wollen. Hier finden Sie Sichtweisen und Erkenntnisse, die sie selbst mit Ihren Erfahrungen überprüfen dürfen.

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Einleitung

Das Sterben beginnt vor dem Sterben

Inkarnation/Exkarnation

Die Seele geht zuerst

Sterbephasen

Der Geist im Sterbeprozess

Der Körper im Sterbeprozess

Loslassen

Der Ort des Sterbens

Gemeinsame Zeit nutzen

Mit dem Tod ist das Leben vorbei

Trauerarbeit für die Weiterlebenden

Im Leben bleiben oder am Leben bleiben

Die Trauerfeier - eine wichtige Gelegenheit für Trauerarbeit

Wenn es still und dunkel wird

Wandlung von Schmerz in Liebe und Dankbarkeit

Zeichen erkennen und Liebe spüren

Dem Verstorbenen einen neuen Platz geben

Gebete für die Seele

Erfahrungen und Mitgefühl

Erinnerung und Weiterleben

Es darf uns selbst wieder gut gehen

An das eigene Sterben denken

Was im Leben zählt

Genießen können

Danken statt Jammern

Hinter die Dinge schauen

Nichts bereuen müssen

Authentisch sein

Spuren setzen

Frieden schließen

Seinlassen und Loslassen

Vertrauen

Wunder erleben

Mut zum Leben

Schlusswort

Quellen

Einleitung

Ich, Martina Herbig, war achtzehn Jahre als Krankenschwester im stationären Krankenhausbereich tätig. In meiner damaligen Arbeit habe ich viele Menschen beim Sterben begleitet.

Seit sechzehn Jahren folge ich meiner Berufung und bin als Heilpraktikerin in meiner eigenen Naturheilpraxis tätig. Ich bin vertraut mit verschiedenen Methoden der Naturheilkunde. Die Natur des Lebens ist ihr Streben, sich zu erhalten. Jeder Mensch besitzt in seinem Körper viele Selbstheilungskräfte, die für uns arbeiten. Wir müssen nicht immer etwas gegen die Krankheiten tun. Besser ist es, für die Gesundheit etwas zu tun! Dann verschwinden Krankheiten oft von selbst. Am Ende heilt sich jeder selbst. Der Arzt oder Heilpraktiker ergreift nur die richtigen Maßnahmen, um die Heilungsmöglichkeit des Menschen wieder in die Bahn zu leiten. Auch nach Operationen müssen wir letztendlich darauf vertrauen, dass der Körper die Wunde wieder verheilt. Ob Heilung geschieht, entscheidet jeder Mensch gemäß seiner Möglichkeiten selbst.

Manchmal ist die Selbstheilung des Menschen so geschwächt, dass sich die Regulation und Funktion des Körpers nicht länger mit dem Leben vereinbaren lässt. Die Funktionen des Körpers sind so geschwächt, dass sie nicht mehr lebensfähig sind.

Im hohen Alter ist uns das recht, und wir finden uns damit ab, dass es so ist. Doch keiner möchte wirklich alt und gebrechlich werden. Andererseits möchte Keiner jung sterben. Es ist immer zu früh. Sogar mit neunzig Jahren ist es heute noch für viele Menschen zu früh.

Wir leben so, als wäre dieses Leben ohne Ende und erschrecken jedes Mal im Angesicht des Todes. Dabei gehört er zum Leben. Wir wissen, dass wir sterben werden, doch wir verdrängen es, weil wir unendlich leben wollen. In diesem Verdrängen vergessen wir das Leben an sich, es wirklich zu nutzen, es zu genießen, ihm zu danken. Wir wissen alle nicht, wie lange wir es haben.

Ich habe persönlich viele Menschen im Krankenhaus und zu Hause, viele meiner Angehörigen, beim Sterben begleitet. Es war immer schwer, diesen Verlust, den der Tod hier im Leben hinterlassen hat, anzunehmen. Aber größer als der Verlust war für mich die Liebe, die immer blieb! Die Dankbarkeit für die Geschenke, die ich in der Begleitung meiner Lieben erhalten habe.

Aus diesen Erfahrungen im Umgang mit dem Sterben und dem Tod, die ich gewinnen durfte, ist dieses Buch entstanden.

Ich hoffe, dass es Vielen hilft, über das Leben nachzudenken, sich vielleicht hin und wieder auf das Leben und auf das Sterben einlassen zu können, welches unwiderruflich uns allen irgendwann bevorsteht.

Auf Vollständigkeit meiner Ausführungen sowie wissenschaftliche Beweisbarkeit meiner Ausführungen erhebe ich keine Rechte. Ich schildere hier meine Erfahrungen und Eindrücke, die anderen helfen dürfen, sie mit ihrer eigenen Sichtweise zu überprüfen und vielleicht neue Sichtweisen einfach zulassen zu können.

Ich wünsche viel Freude und Erkenntnisse beim Lesen.

Das Sterben beginnt vor dem Sterben

Inkarnation/Exkarnation

Ein Kind wird geboren und erblickt unsere Welt. Der Schmerz war groß, doch er ist schnell vergessen. Große Freude herrscht in den allermeisten Fällen nach einer Geburt. Das neue Familienmitglied wird willkommen geheißen, mit Geschenken überhäuft. Besucher kündigen sich an, das Kinderzimmer ist frisch gestrichen und das Himmelbettchen liebevoll gestaltet.

Alles ist gut vorbereitet auf den einen Augenblick. Genügend Zeit hatten die frischen Eltern, denn sie wussten von der Ankunft ihres Sprösslings. Die Zeit der Schwangerschaft, neun Monate, sind dem großen Ereignis voraus gegangen. In diesen neun Monaten konnte alles eingerichtet und sorgfältig geplant werden. Das Kind hat sich im Mutterleib entwickelt. Aus zwei winzigen Zellen entwickelte sich das Embryo, das Herz begann zu schlagen und der Körper ist, bis auf wenige Dinge, ausgereift, dass er leben kann. Mehrere Türen werden in der so genannten Embryonalentwicklung durchschritten, bis sich die letzte große Tür öffnet- die Geburt. Die Türen der Inkarnation. Heute weiß man durch Untersuchungsmöglichkeiten, vor allem dem Ultraschall, was genau in welcher Phase bei der Entwicklung des Kindes im Mutterleib passiert. Viele große Schritte, viele Wunderwerke werden vollbracht. Jeder Entwicklungsschritt ist ein Öffnen einer Tür in dieses Leben, in diese Inkarnation. Bei jedem Schritt, bei jeder Tür gibt es die Möglichkeit, für das sich entwickelnde Kind, ihn nicht zu vollziehen und somit wieder aus dem Inkarnationsprozess auszutreten und das Leben, welches entsteht, wieder zu verlassen.

Ganze neun Monate dauert der Prozess.

Erlauben wir uns nun den Gedankengang: Wir brauchen neun Monate, um in dieses Leben zu kommen, durchschreiten mehrere Türen zur Inkarnation, bis wir letztendlich durch die Geburt das letzte Tor zur vollständigen Inkarnation beschreiten. Warum sollte es beim Sterben nicht genauso sein? Wir sterben nicht von heute auf morgen, auch, wenn es manchmal bei einem plötzlichen Tod so scheint. Wir haben die Schwangerschaft zur Exkarnation ebenso, wie die Schwangerschaft zur Inkarnation.

Wir werden durch das Sterben auf den großen Übergang, der durch den Tod vollzogen wird, vorbereitet. Das Sterben ist die Schwangerschaft, die uns wieder aus dem Leben herausführt. So, wie es einst die Schwangerschaft gab, die uns in das Leben geführt hat.

Die Schwangerschaft, die durch die Geburt vollendet wird, gibt uns Anlass zur Freude. Das Sterben, welches durch den Tod vollendet wird, bringt uns Schmerz. Das ist übrigens nicht in allen Kulturen so. Doch in unserer Kultur ist es so, und dabei möchten wir bleiben.

Wird ein Mensch geboren, steht schon fest, dass er irgendwann sterben wird. Doch das verdrängen wir in unserer Gesellschaft, weil wir Tod mit dem Schmerz verbinden. Alles, was uns Schmerz bereitet, versuchen wir, zu vermeiden. Das ist normal, wer möchte schon Schmerz? Sind wir nicht da, um Freude zu leben? Ich sage nein, hätten wir dauernde Freude, könnten wir sie gar nicht schätzen. Nur durch das Gegenteil wird uns die Großartigkeit und das Geschenk dessen bewusst, was wir haben. Wir leben hier in der Polarität.

Wünsche ich einem kleinen Kind, welches Krankheit noch nicht kennen gelernt hat, zum Geburtstag Gesundheit, so wird es damit nichts anzufangen wissen. Wünsche ich einem Fünfzigjährigen, der schon durch die Täler der Krankheit gegangen ist, Gesundheit, wird er sagen, dass sei das Wichtigste überhaupt.

Wir brauchen, um Erfahrungen zu sammeln, die ganze Palette der Möglichkeiten des Lebens. So schwer und so bitter es auch manchmal ist, was auch geschieht, es ist nichts umsonst. Die Dinge, die geschehen, tun das einfach. Sie fragen uns nicht, ob wir bereit sind oder ob uns das recht ist. Wir haben keine Wahl. Wir müssen damit umgehen.

Im Umgang mit den Dingen haben wir wiederum die Wahl. Wir können das Sterben und den Tod als die großen Katastrophen sehen, die uns nichts anderes als Schmerz und Kummer bringen. Wir können aber auch das Sterben und den Tod als eine große Vollendung sehen, in der wir Mitgefühl, Liebe und Trost erfahren. Zum Beispiel können wir in der Sterbensphase das große Geschenk erfassen, wenn wir einen lieben Menschen begleiten und uns nahe kommen, so nahe, wie wir sonst im Leben nie sein konnten. Das Sterben ist die größte Wandlung, und der Tod die größte Einweihung, die man im Leben durchschreitet.

Der Tod kündigt sich immer an, er kommt nie plötzlich. So, wie sich durch die Schwangerschaft die Geburt ankündigt.

In den meisten Fällen ist uns das bewusst. Wenn eine schwere Krankheit den Tod unausweichlich zeigt und die Sterbephase beginnt, können wir das zum Teil erfassen und begreifen. Doch oft wird auch in diesem Falle das Sterben ignoriert. Der arme Sterbende findet bei seinem Mitmenschen wenig Gehör, obwohl es in ihm drängt, mit seinen Liebsten darüber zu reden. Oft sind die Mitmenschen so überfordert und reagieren mit Sätzen, dass sie das nicht hören wollen, oder lapidar: „Du schaffst das schon.“ Dem Sterbenden verschlägt es dann leicht die Sprache und er bleibt allein in seiner Not. Oft ist es ihm dann auch schwer möglich, seinen geistigen Prozess, der jetzt folgen sollte, noch hier auf der Erde vollständig zu durchschreiten. Denn für diesen braucht er unbedingt einen Spiegel, einen Mitmenschen, an dem er diesen Prozess zeigen kann. Die Sterbenden selbst ignorieren das unausweichliche Geschehen am Wenigsten. Obwohl auch dies oft so von der Umwelt ausgelegt wird. Eine schwerkranke Frau im Sterbeprozess, deren Angehörige immer noch verzweifelt an Heilung glaubten und die Frau unter Strapazen durch das Land von Therapeut zu Therapeuten zwangen, sagte mir: „Seien wir doch mal ehrlich, wer überlebt denn so etwas?“ Sie wusste, dass sie sterben wird, aber ihre Begleiter versuchten, sie im Leben zu halten, weil sie ihr Sterben, ihren Weg nicht akzeptierten. Die Frau ist inzwischen verstorben. Sie konnte ihren Weg gehen und hatte therapeutische Sterbebegleiter, die ihr ihre geistige Entwicklung ermöglichte.

Oft sind die Familie und nahe stehende Personen nicht wirklich in der Lage, dem Sterbenden als Begleiter zur Seite zu stehen. Sie sind so sehr im eigenen Schmerz und in ihrer Verzweiflung gefangen, dass sie dem Sterbenden keine nützliche Begleitung geben können. Sie brauchen selbst Hilfe. Dann ist es notwendig, dass ein anderer Mensch, vielleicht auch professionell im Sinne aus der Hospizbewegung die Begleitung für den Sterbenden und die Angehörigen übernimmt. Es ist nicht ratsam, sich selbst etwas abzuverlangen, wozu man nicht in der Lage ist. Auch die Begleiter und Angehörigen müssen gut auf sich selbst achten und ihre Grenzen erkennen, um nicht einer Überforderung zum Opfer zu fallen.

Erleben wir das Sterben nicht durch schwere Krankheit, sondern als plötzlichen Tod, haben wir weniger Möglichkeiten, als Sterbebegleiter aktiv zu werden. Der plötzliche Tod kündigt sich Monate im Vorfeld an. Menschen haben mir erzählt, der Verstorbene habe Monate vor seinem Tod ein Testament geschrieben. Ein anderer hat Frieden mit seinen Kindern geschlossen. Viele Angehörige von plötzlich Verstorbenen haben im Nachhinein gewusst, der von uns Gegangene müsse eine Ahnung gehabt haben. Verlässt ein Mensch die Erde, rufen ihm das die Ahnen zu. Dem Ersten, dem wir nach dem Tod begegnen, sind unsere Ahnen, die uns vorausgegangen sind. Aus Nahtoderlebnissen ist bekannt, dass wir nach dem Ableben zuerst nahe stehenden Personen begegnen, in vielen Fällen sind das die Eltern oder die Großeltern.

Wir haben Verbindung zu unseren Ahnen. Sie haben uns unser Leben geschenkt. Wir sind ihr Fleisch und ihr Blut. Sie sind auch für uns da, wenn sie nicht mehr in unserem Blickfeld, in unserem Leben sind. Wir nehmen sie nur nicht wahr. Vor dem Tod aber öffnet sich die Seele und wir hören das Raunen der Ahnen. Wir wissen vielleicht nicht wirklich, dass wir sterben werden, aber plötzlich kommt uns ein Impuls, dass wir unsere Dinge klären müssen, dass wir noch einmal eine Reise machen, die wir schon lange machen wollten. Jetzt oder nie, der Zeitpunkt ist klar. Solche Ereignisse finden oft einige Monate vor dem plötzlichen Tod statt.

Die Seele kennt ihren Weg, auch wenn es unser Verstand noch nicht weiß oder noch nicht wahrhaben möchte.

Die Seele geht zuerst

Die Seele, die ihren Weg kennt, führt uns in diesem Leben. Es sind oft die Impulse, die plötzlich in uns auftauchen und wir wissen instinktiv: wir müssen jetzt etwas tun! Manche Menschen erklären, sie hätten ein Bauchgefühl gehabt. Andere sagen, es sei eine Herzensentscheidung gewesen. Wie dem auch sei, es sind unsere Impulse, die aus der Seele heraus kommen, die wir Intuition nennen. Diese Impulse begleiten uns ein Leben lang und betreffen nicht nur die Sterbephase. Wir fühlen uns zu einer Sache besonders hingezogen und wissen, wir möchten das jetzt tun. Warum, wissen wir häufig nicht, aber wir wissen sehr wohl, dass es richtig ist. Wehren wir uns gegen die Impulse, verpassen wir Chancen unseres Lebens und fragen uns am Ende vielleicht: „Welchen Sinn hatte mein Leben? Habe ich wirklich mein Leben gelebt oder war es das Leben eines Anderen, das ich einfach mit gelebt habe?“

Die Seele kennt den Weg und deshalb geht sie zuerst, bevor der Körper folgt. Die Seele weiß ganz genau, wann sie das Leben verlassen wird. Sie löst sich mehr und mehr aus dem Körper, bleibt aber trotzdem bis zum Schluss mit dem Körper verbunden. Wenn wir uns im Sterbeprozess, in der Schwangerschaft vor dem Tod befinden, fühlen wir diesen Impuls. Ein Mensch fühlt tief in sich, dass irgendetwas nicht stimmt, dass sich etwas verändert hat. Einige gehen in dieser Phase zum Arzt und lassen sich untersuchen. Diagnostiziert wird oft eine schwere, unheilbare Krankheit. Die Seele hat den Menschen zum Arzt geführt. Nun hat er Sicherheit.

Viele Menschen haben mir berichtet, dass sie vor der Diagnose ihrer Krankheit gefühlt haben, dass sich etwas verändert, nicht nur körperlich, sondern auch emotional. Sie befanden sich in Stimmungslagen, die sie so von sich bisher nicht kannten. Sie haben nachgedacht, ob sie ihr Leben, so wie es ist, wirklich noch weiterleben möchten. Eine Frau erzählte mir lange, bevor eine Krankheit bei ihr diagnostiziert wurde aus dem Nichts heraus: „Wenn ich einmal an einer schweren Krankheit sterben werde und meine Kinder allein lassen muss, ist das ihre Lernaufgabe und sie müssen ohne mich weiterleben.“ Zwei Jahre nach diesem Satz erhielt die Frau die Diagnose einer unheilbaren Krebserkrankung. Was führte sie dazu, diesen Satz zu äußern? War es ihre Seele, die den Weg schon kannte, war es der Ruf der Ahnen, die ihr voraus gingen?