Metahuman - das Erwachen eines neuen Bewusstseins - Deepak Chopra - E-Book
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Metahuman - das Erwachen eines neuen Bewusstseins E-Book

Deepak Chopra

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  • Herausgeber: Irisiana
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2020
Beschreibung

Die nächste Stufe der menschlichen Evolution

Ist es möglich die alltägliche Existenz hinter sich zu lassen, um auf eine höhere Bewusstseinsebene zu gelangen? In diesem Buch zeigt Deepak Chopra einen praktischen Weg des Erwachens im Hier und Jetzt, der Ihnen dabei hilft Ihr unendliches Potenzial zu wecken, indem Sie »metahuman« werden. Das bedeutet nichts weniger als den Sprung auf die nächste Stufe der menschlichen Evolution zu vollziehen, jenseits ( meta) der bisherigen menschlichen ( humanen) Wirklichkeit. Dieser neue Bewusstseinszustand erlaubt es Ihnen die Illusionen Ihres Verstandes und die Fesseln Ihrer Konditionierungen hinter sich zu lassen und jederzeit in allen Bereichen Außergewöhnliches zu leisten.

Um diesen Prozess so praktikabel wie möglich zu halten, bietet Chopra ein 31-Tage-Programm an. In diesem »Monat des Erwachens« steht jeder Tag unter einem Leitsatz samt weiterführendem Text zum Reflektieren. Praktische Übungen vertiefen das neue Wissen. Das Buch bietet zudem Platz für persönliche Notizen zu den gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnissen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 501

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DEEPAKCHOPRA, M.D., FACP, Gründer der Chopra-Stiftung und Mitbegründer des Chopra Center for Wellbeing and Jiyo, ist ein weltweit anerkannter Pionier auf dem Gebiet der ganzheitlich ausgerichteten integrativen Medizin und der persönlichen Transformation. Er ist ein staatlich geprüfter Arzt für innere Medizin, Endokrinologie und Stoffwechselkrankheiten, und Ehrenmitglied des American College of Physicians, klinischer Professor in der Abteilung für Familienmedizin und öffentliche Gesundheit an der University of California, San Diego, Forscher für Neurologie und Psychiatrie am Massachusetts General Hospital und Mitglied der American Association of Clinical Endocrinologists. Bei einer globalen Internetbefragung der WorldPost und The Huffington Post belegt Dr. Chopra Platz 17 bei den einflussreichsten Denkern der Welt und Platz 1 in der Medizin. Chopra hat mehr als 85 Bücher verfasst – viele davon New York Times-Bestseller –, die in 43 Sprachen übersetzt worden sind. Das Time Magazine zählt Dr. Chopra zu den 100 herausragenden Köpfen des 20. Jahrhunderts.

Deepak Chopra

META

HUMAN

Das Erwachen

eines neuen Bewusstseins

Aus dem amerikanischen Englisch

von Claudia Callies

Copyright © 2019 by Deepak Chopra

This translation published by arrangement with Harmony Books, an imprint of the Crown Publishing Group, a division of Penguin Random House LLC

Die Informationen in diesem Buch sind von Autor und Verlag sorgfältig erwogen und geprüft, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden.

Eine Haftung des Autors bzw. des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

Alle Rechte vorbehalten. Vollständige oder auszugsweise Reproduktion, gleich welcher Form (Fotokopie, Mikrofilm, elektronische Datenverarbeitung oder andere Verfahren), Vervielfältigung und Weitergabe von Vervielfältigungen nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

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Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

© 2020 der deutschsprachigen Ausgabe by Irisiana Verlag, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Covergestaltung: Geviert, Grafik & Typografie

Satz: Leingärtner, Nabburg

ISBN 978-3-641-25841-2V003

INHALT

Eine persönliche Vorbemerkung: Darüber hinausgehen

Überblick: Metahuman ist eine Entscheidung fürs Leben

TEIL EINS – Die Geheimnisse der Metawirklichkeit

1 Wir sind in eine Illusion verstrickt

2 »Ich« erzeugt Illusionen

3 Das unbegrenzte menschliche Potenzial

4 Metawirklichkeit bietet absolute Freiheit

5 Geist, Körper, Gehirn und Universum sind bearbeitetes Bewusstsein

6 Existenz und Bewusstsein sind eins

TEIL ZWEI – Erwachen

7 Die Erfahrung kommt zuerst

8 Über alle Geschichten hinausgehen

9 Der direkte Weg

TEIL DREI – Metahuman sein

10 Den Körper befreien

11 Wiedererlangung des Gesamtgeistes

12 Nicht-selektives Gewahrsein

13 Ein Leben

MONAT DES ERWACHENS: Das 31-Tage-Programm

Schlusswort

Danksagung

Eine persönliche Vorbemerkung

DARÜBER HINAUSGEHEN

Dieses Buch lädt Sie ein, herauszufinden, wer Sie wirklich sind. Beginnen wir mit zwei einfachen Fragen: In Momenten, in denen Sie sich sehr glücklich fühlen, beobachten Sie sich da selbst beim Glücklichsein? Wenn Sie wütend werden, ist ein Teil von Ihnen dann völlig frei von Wut? Sollten Sie beide Fragen mit »ja« beantworten, können Sie aufhören zu lesen. Dann sind Sie bereits angekommen und über das alltägliche Gewahrsein hinausgegangen. Ein solches Darüberhinausgehen (Transzendieren) ist nötig, um zu wissen, wer Sie wirklich sind. Selbsterkenntnis ist Ihr ständiger Begleiter. Mit der Zeit – oder vielleicht gerade jetzt – werden Sie sich selbst im Licht der Erkenntnis betrachten. Wie der große bengalische Dichter Rabindranath Tagore können Sie sagen: »Dass ich existiere, ist eine ständige Überraschung.«

Es wäre faszinierend, Sie persönlich zu treffen, denn Ihre Existenz ist zweifellos ziemlich ungewöhnlich – man könnte sogar sagen, dass Sie einzigartig sind. Sie sehen sich um und bemerken, dass die allermeisten Menschen einfach glücklich sind, wenn sie glücklich sind, und wütend, wenn sie wütend sind. Aber nicht Sie. Sie sehen mehr.

Als ich vor dreißig Jahren anfing, Bücher zu schreiben, war Glück eben Glück und Wut war Wut, das zusätzliche Element der Selbstbeobachtung war weitgehend unbekannt. Ein Wort wie Achtsamkeit lag noch nicht in der Luft; Meditationen ebenso wie die Frage nach einem höheren Bewusstsein kamen in der Welt eines Durchschnittsmenschen nicht vor. Ich war ein junger Arzt aus Boston mit einer größer werdenden Familie, und verbrachte meine Tage mit Arbeit, der Betreuung zahlreicher Patienten und dem Pendeln zwischen zwei oder mehr Krankenhäusern.

Als ich mich darüber freute, dass ein Patient mit einer Schilddrüsenerkrankung gesund wurde, beobachtete ich mich dann selbst, wie ich froh war? Ganz sicher nicht. Wenn ein leichtsinniger Apotheker das falsche Medikament ausgab, war dann ein Teil von mir nicht verärgert und betrachtete die Situation wie ein stummer Zuschauer? Nein. Wie alle anderen, die ich kannte, war ich glücklich oder wütend, ohne dies irgendwie weiter zu hinterfragen. Allerdings war ich in Indien aufgewachsen und konnte auf meine Kindheit zurückgreifen, um Hinweise auf einen anderen Seinszustand zu erhalten. Nach einer alten Upanishad ist der menschliche Geist wie zwei Vögel, die auf einem Ast sitzen. Einer der Vögel frisst die Früchte des Baumes, während der andere liebevoll zusieht.

Da ich einige Jahre lang eine Schule besuchte, die von katholischen Ordensbrüdern geleitet wurde, erhielt ich weitere Hinweise, wie zum Beispiel von Jesus, der seinen Jüngern sagte, sie seien »in dieser Welt, aber nicht von dieser Welt«. Wenn Sie diesen Satz googeln, werden Sie eine Fülle von Interpretationen finden. Im Kern bedeutet er aber, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem Glauben an das weltliche Leben und dem Nicht-Daran-Glauben. Wenn man sich nicht auf das weltliche Leben einlässt, lehrt Jesus, ist man irgendwie bei Gott.

Ich wünschte, ich könnte sagen, dass all diese Hinweise auf ein höheres Bewusstsein mich schon früh fasziniert und mein weiteres Leben geprägt haben. Dem ist aber nicht so. Ich speicherte sie im Hinterkopf ab, ohne sie in meinem geschäftigen, stressigen Alltag jemals abzurufen. In mir keimte noch kein Gewahrsein für die absolute Wahrheit auf, die besagt, dass ich und alle anderen auf der Welt das Geheimnis der Existenz verkörpern. Dies ist letztlich der Grund, warum Tagore immer wieder überrascht war. Wer zur Wirklichkeit erwacht, stellt sich dem Geheimnis der Existenz: Ohne einen selbst könnte es kein Geheimnis geben.

Ich habe gerade ein paar ziemliche Gedankensprünge gemacht, ich weiß. Es gibt eine große Kluft zwischen den Dingen, die die Menschen jeden Tag tun müssen, also aufstehen, anziehen, zur Arbeit gehen und so weiter, und dem Geheimnis der Existenz. Eine Gesellschaft, die auf Vernunft und Wissenschaft basiert, blickt skeptisch auf Vorstellungen wie in dieser Welt, aber nicht von dieser Welt zu sein, oder auf den Begriff der absoluten Wahrheit. Wir leben alle in einer Wirklichkeit, die die Regel »Was du siehst, ist, was du bekommst« verinnerlicht hat. Die physische Welt stellt uns vor Herausforderungen, die wir schließlich bewältigen; und während der rationale Verstand dem dunklen Unbekannten auf den Grund geht, fördert er dadurch immer mehr neue Fakten und Daten zutage, und nicht ein Gefühl des Staunens, dass wir überhaupt existieren.

Was mich zuerst dazu brachte, mich dem Geheimnis des Lebens zu stellen, war die Medizin. Ich hatte mich auf die Endokrinologie spezialisiert, die mich faszinierte, weil Hormone ganz einzigartige Substanzen sind. Sie können uns träge und stumpf machen, wenn wir an einer Schilddrüsenunterfunktion leiden; sie machen uns bereit zu kämpfen oder zu flüchten, wenn wir mit einer Bedrohung konfrontiert werden.

Wir sind es so gewohnt, den chemischen Ursprung von Verhaltensweisen zu akzeptieren, dass wir jugendlichen Autorasern automatisch einen »zu hohen Testosteronspiegel« zuschreiben. Und auch wenn der Sexualtrieb durch unsere Kultur etwas im Zaum gehalten wird, ist er doch nie wirklich gezähmt, so wie das Verlieben nie rational ist. Wenn ich damit zufrieden gewesen wäre, die Lehrmeinung über den Zusammenhang zwischen Hormonen und ihren Auswirkungen zu akzeptieren, wäre dies das Ende der Geschichte gewesen.

Die Hormonsache – und nicht nur diese – hat jedoch einen gewaltigen Haken, der die Wirklichkeit selbst möglicherweise infrage stellt. Im Gehirn wird ein Hormon namens Oxytocin produziert, das auch als »Bindungshormon« bezeichnet wird, weil das Vorhandensein größerer Mengen davon eine Person liebevoller und vertrauensvoller macht. Aber diese von der Hypophyse abgegebene Substanz ist viel komplexer. Mütter von Neugeborenen haben einen sehr hohen Oxytocinspiegel, weil dies eine enge Bindung zum Baby fördert. Wenn Sie Ihren Hund für eine Weile streicheln, steigt der Oxytocinspiegel sowohl bei Ihnen als auch bei Ihrem Hund an. Oxytocin lässt das Herz mancher Menschen beim Anblick ihrer Nationalflagge höherschlagen, während ihnen die Flaggen anderer Länder gleichgültig sind. Bei Frauen, nicht jedoch bei Männern, ist Oxytocin während der sexuellen Erregung in erhöhtem Maße nachweisbar und sorgt dafür, dass sie eine emotionale Bindung zu ihrem Sexualpartner aufbauen.

Das ist doch alles irgendwie merkwürdig, oder nicht? Und doch erschüttern diese komplexen Erkenntnisse die meisten Endokrinologen in ihrem Glauben nicht. Bei mir war es anders. Was mir auffiel, war, dass das Verhalten nicht vom Oxytocin diktiert wird, sondern nur eintritt, wenn der Geist mitzieht. Eine Frau wird keine größere Zuneigung zu einem Sexualpartner haben, wenn sie während des Sexualaktes abgelenkt wird oder Sie dazu gezwungen wird. Der Oxytocinspiegel steigt nicht, wenn jemand einen Hund tätschelt, den er gar nicht sonderlich mag. Sie werden der Flagge Ihres Landes keine positiven Gefühle entgegenbringen, wenn Sie von einem autoritären Regime gezwungen werden, davor zu salutieren.

Ich erkannte die brisante Auswirkung der Geist-Körper-Verbindung. Es schien, als wären wir zwei Wesen: zum einen ein Roboter, der von Chemikalien programmiert werden kann, zum anderen ein frei denkender, erwägender und entscheidender Geist. Diese beiden sind scheinbar unvereinbar. Sie haben keinen offensichtlichen Grund, zu koexistieren, und doch tun sie es, wie es sich im Aufbau unseres Nervensystems widerspiegelt. Ein Teil funktioniert automatisch und ermöglicht es Ihnen, dass Sie leben können, ohne darüber nachdenken zu müssen. Sie müssen nicht daran denken, weiter zu atmen oder Ihr Herz schlagen zu lassen. Aber Sie können bewusst die Kontrolle übernehmen, und das willkürliche (somatische) Nervensystem erlaubt es Ihnen, die Atmung zu verändern und sogar, mit ein wenig Übung, die Herzfrequenz zu verlangsamen.

Plötzlich befinden wir uns an der Schwelle zu einem Geheimnis, denn etwas mussentscheiden, ob eine Handlung erforderlich ist. Dieses Etwas kann nicht das Gehirn sein, denn diesem ist es gleichgültig, welcher Teil des Zentralnervensystems (ZNS) zur Anwendung kommt. Das vegetative oder autonome Nervensystem, der unwillkürliche Teil des ZNS, erhöht die Herzfrequenz, wenn Sie einen Marathon laufen, aber Sie waren es, der oder die sich entschieden hat, den Marathon überhaupt in Angriff zu nehmen.

Wer ist nun aber dieses »Sie«, das entschieden hat?

Diese Frage bringt die Wirklichkeit durcheinander. Sie – das heißt, Ihr Selbst – entscheiden in jedem Moment, welcher Teil Ihres Nervensystems zum Einsatz kommen soll, und genau deshalb können Sie nicht die Schöpfung von einem dieser Teile sein. Wenn Sie diese einfache Tatsache erkennen, sind Sie auf dem Weg zur Selbstwahrnehmung. Sie können gleichzeitig glücklich sein und sich beim Glücklichsein betrachten. Sie beginnen sich ganz ohne Wut zu betrachten, auch wenn Sie Wut zeigen.

Der Grund für diese Veränderung ist einfach: Sie sind über die rein physische Seite des Lebens hinausgegangen. Sie sind sich darüber bewusst geworden, was Sie eigentlich sind: der Benutzer des Gehirns, nicht das Gehirn; der Reisende in einem Körper, nicht der Körper; der Denker der Gedanken, der weit, weit mehr als irgendein Gedanke ist. Wie ich auf den folgenden Seiten zeigen werde, befindet sich Ihr wahres Selbst jenseits von Zeit und Raum. Wenn Sie sich mit Ihrem wahren Selbst identifizieren, haben Sie das Diktum erfüllt, in dieser Welt zu sein, aber nicht von ihr. Das griechische Wort meta bedeutet »jenseits, nach«, also benutze ich es, um die Wirklichkeit zu beschreiben, die jenseits von »Was du siehst, ist, was du bekommst« liegt. Wenn Sie sich der Metawirklichkeit stellen, sind Sie metahuman.

Jeder Mensch befindet sich zumindest sporadisch in der Metawirklichkeit. Sie ist die Quelle aller Kreativität, aller Schöpferkraft, denn ohne ein Hinausgehen über das Alte und Konventionelle gäbe es keine neuen Gedanken, Kunstwerke, Bücher oder wissenschaftlichen Erkenntnisse. Egal, wie viele Gedanken Sie in Ihrem Leben schon hatten, es gibt noch unendlich mehr, was Sie denken können; egal, wie viele Sätze Schriftsteller schon geschrieben haben, es gibt noch unendlich viel mehr zu schreiben. Wörter und Gedanken werden nicht im Gehirn gespeichert wie Informationen in einem Computer, um mechanisch herumjongliert zu werden, wenn ein anderer Gedanke gebraucht wird. Shakespeare war nicht nur ein einfacher Jongleur seines elisabethanischen Vokabulars – er verwendete Wörter auf kreative Weise. Van Gogh kombinierte nicht einfach die Standardfarben auf seiner Palette, sondern er nutzte die Farben, um die Welt um ihn herum auf eine neue Art zu sehen.

Indem ein Mensch »darüber hinausgeht«, verleiht er dem Leben eine neue Bedeutung. Wenn Sie mehr wollen, als das Leben Ihnen bietet, ist es nicht Ihr Gehirn, das sich nach mehr Bedeutung sehnt. Das Selbst, das die Dinge aus einer höheren Perspektive betrachtet, entscheidet darüber. Das Selbst entscheidet auch, wen es lieben soll, was Wahrheit ist, ob es vertrauen soll und so weiter. Wenn eine Mutter bestimmt, dass eine launische Dreijährige ein Nickerchen braucht, ist sie über eine einfache Beurteilung dessen hinausgegangen, was das Kind tut und sagt.

Wenn sich das »Darüberhinausgehen« als so unerlässlich erwiesen hat, warum sind wir dann nicht schon metahuman? Es gibt keinen Grund, immer wieder die gleichen banalen, müden Meinungen zu wiederholen, den gleichen überholten gesellschaftlichen Konventionen zu folgen und sich dem konformistischen Denken zu ergeben. Sie alle sind voll Fallstricke, die zu noch mehr Konflikten, Kriegen, Rassenvorurteilen und häuslicher Gewalt führen. Wir entscheiden uns dafür, unsere eigenen Gefangenen zu sein. Dieses Paradoxon, gleichzeitig die Rolle des Häftlings und des Gefängniswärters zu spielen, hat der Menschheit ungeheures Leid zugefügt.

Um das ganze traurige Durcheinander zu beenden, ist eines nötig: vom humanen in den metahumanen Zustand überzugehen. Beide Zustände existieren hier und jetzt. Sie müssen nicht erst irgendwo hingehen, um die Metawirklichkeit zu erreichen. Wie die beiden in der Upanishad beschriebenen Vögel im Baum kosten Sie das Leben und betrachten sich gleichzeitig selbst dabei. Aber der betrachtende Part wird ignoriert, unterdrückt, übersehen und unterbewertet. Die Transformation, die Sie metahuman werden lässt, ist in den spirituellen Traditionen der Welt als »Erwachen« bekannt. Sobald jemand in den metahumanen Zustand aufgestiegen ist, scheint ihm das alte alltägliche Selbst wie ein Schlafwandler gewesen zu sein, der sich der unendlichen Möglichkeiten des Lebens kaum bewusst war.

Erwacht zu sein bedeutet, sich vollständig selbst wahrzunehmen. Viele andere Metaphern kommen mir in den Sinn. Metahuman ist wie die Einstellung auf den gesamten Funkbereich und nicht nur auf einen Kanal. Es ist wie eine Saite, die zu einer höheren Note schwingt. Es ist wie das Erblicken einer Welt in einem Sandkorn. Aber wie ist ein einschränkendes Wort. Das Echte ist unbeschreiblich und muss aus erster Hand erlebt werden, so wie das Sehen für jemanden, der blind geboren wurde, nicht zu beschreiben ist, aber doch offenbarend ist, wenn dieser Mensch später das Augenlicht erlangt.

Redakteure ermutigen Autoren, ihre Leser mit dem Versprechen von etwas Neuem und Anderem zu locken. Erwachen ist aber so alt wie das Menschsein. Es ist unmöglich, so etwas wie den Zustand des Erwachtseins zu versprechen, da er sowieso überhaupt nicht zu beschreiben ist. Wenn ich auf meine früheren Arbeiten zurückblicke, merke ich, dass ich etwas gehemmt war angesichts des geheimnisvollen Charakters des Erwachens. Diesmal aber habe ich tief durchgeatmet und alles auf eine Karte gesetzt. Ich vertraue darauf, dass meine Leser und Leserinnen nicht blind geboren wurden, dass ihnen das Sehen nicht völlig unbekannt ist. Mit ein wenig Vertrauen kann uns allen gezeigt werden, dass wir bereits metahuman sind und dass die Metawirklichkeit hier und jetzt existiert.

Ich weiß nicht, wer am Ende überzeugt sein wird und wer nicht. Letztendlich gehorcht das Geheimnis des Menschseins nur sich selbst. Aber an eine Sache glaube ich. Wenn Sie sich beim Lesen dieses Buches mit dem verbinden, was es bedeutet, zu erwachen, werden Sie die Wahrheit in viel kürzerer Zeit erkennen als in den dreißig Jahren, auf die ich zurückblicke. Je schneller das Metahumane in unserem Leben anbricht, desto besser.

Überblick

METAHUMAN IST EINE ENTSCHEIDUNG FÜRS LEBEN

Es gibt viele Dinge, die Menschen tun, um ihr Leben zu verbessern. Man könnte sagen, dass die entwickelten Gesellschaften bezüglich des Lebensstandards in einem goldenen Zeitalter leben. Es ist fast schon selbstverständlich geworden, sich auf ein Leben bei guter Gesundheit bis ins hohe Alter zu freuen, Lebensmittel aus biologischem Anbau gibt es inzwischen an jeder Ecke, und Dinge, die einst für den Durchschnittsbürger kaum vorstellbar waren, wie der Besitz eines eigenen Hauses und ein finanziell abgesicherter Lebensabend, sind heute realistische Optionen.

Es ist daher seltsam, dass Millionen von Menschen ein gutes Leben anstreben, aber nichts tun, um ihre persönliche Wirklichkeit zu verbessern. Die beiden sind eng miteinander verknüpft und hängen zusammen. Die Wirklichkeit ist nicht einfach die Welt »da draußen« – sie ist sehr persönlich. Zwei Arbeiter, die in derselben Fabrik arbeiten, sehen die Welt möglicherweise ganz unterschiedlich: Der eine ist ewig besorgt, ob seine Stelle wohl sicher ist, während der andere zufrieden und optimistisch durchs Arbeitsleben geht. Eine Geburt kann bei der einen Mutter eine postpartale Depression zur Folge haben, während eine andere mit purer mütterlicher Freude erfüllt ist.

Die persönliche Wirklichkeit definiert uns. Sie besteht aus all den Dingen, an die wir glauben, den Emotionen, die wir spüren, unseren einzigartigen Erinnerungen, Erfahrungen und Beziehungen. Nichts ist entscheidender dafür, wie sich das Leben eines Menschen entwickelt. Es ist also merkwürdig – man könnte sagen, äußerst rätselhaft –, dass wir unser Leben auf einem tiefen Mangel an Wissen darüber aufbauen, wer wir wirklich sind. Man tauche ein in jede grundlegende Frage der menschlichen Existenz, und hinter der Fassade der Expertenmeinungen offenbart sich eine gähnende Leere, wo eigentlich ein tieferes Verständnis sein sollte.

Wir haben keine Ahnung, warum Menschen sowohl bestimmt sind zu lieben als auch zu hassen, warum sie Frieden predigen und Gewalt ausüben, zwischen Glück und Verzweiflung und zwischen Selbstbewusstsein und Selbstzweifeln schwanken. Gerade jetzt leben Sie all diese Widersprüche auf Ihre eigene Art aus. Sie sind sich selbst ein Rätsel, und das geht Ihren Mitmenschen genauso. Was die Menschen am Laufen hält, sind die Routine des Alltags und die Hoffnung, dass nichts schiefgeht.

Ich möchte nicht die Dinge abwerten, für die die meisten Menschen leben – Familie, Arbeit und Beziehungen. Aber um es ganz offen zu sagen, handhaben wir nicht einmal die wichtigsten Dinge mit der festen Überzeugung, dass wir wissen, was wir tun. Es ist kein Wunder, dass wir so viel Zeit damit verbringen, an der Optimierung unseres Lebens zu arbeiten, und so wenig, unsere Wirklichkeit zu verbessern. Die Wirklichkeit ist zu verwirrend. Wir sind besser dran, wenn wir uns von den Untiefen fernhalten und in den sicheren seichten Gewässern bleiben.

Immer wieder jedoch wagen sich einige wenige Menschen auch in tiefere Gewässer und bringen dann Berichte in ihre Kultur zurück, die fremd und inspirierend zugleich sind. Es ist beeindruckend, seine Feinde zu lieben, aber wer tut es wirklich? Zu hören, dass die göttliche Liebe unendlich ist, bedeutet nicht automatisch, dass sie auch Ihre Wirklichkeit erfüllt. Ewiger Frieden wetteifert in jedem Zeitalter mit Verbrechen, Krieg und Gewalt. Ein paar Menschen werden als Heilige verehrt, es ist aber auch nicht unwahrscheinlich, dass sie für verrückt erklärt oder einfach als zu gut für diese Welt abgetan werden.

Doch eines steht außer Zweifel – die persönliche Wirklichkeit ist das Spielfeld unserer Existenz. Sie enthält all das Potenzial, das ein Mensch ausgeschöpft hat, aber auch all die Einschränkungen, die uns zurückhalten. Ein 1970 verstorbener New Yorker Psychologe namens Abraham Maslow ist noch heute bekannt, weil er gegen den Strom schwamm. Während der typische Berufsweg in der Psychologie darin bestand, die Krankheiten und Mängel der Psyche zu untersuchen, spürte Maslow, dass die menschliche Natur über die alltäglichen Erfahrungen hinausgeht. Seine Kernidee, die inzwischen weit über das hinausgewachsen ist, was er sich hätte vorstellen können, ist, dass Menschen höhere Bedürfnisse, wie zum Beispiel nach Anerkennung und Wertschätzung und nach Selbstverwirklichung, haben und dass entsprechende Erfahrungen im Alltag gemacht werden sollten. Maslow bestand darauf, dass Gipfelerlebnisse ein Teil des Menschseins sind und dass wir sie brauchen und anstreben. Der Schlüssel war, über das Gewöhnliche hinauszugehen.

Die Idee des »Darüberhinausgehens«, des Transzendierens, motivierte mich, dieses Buch zu schreiben.

Um zu entdecken, wer Sie wirklich sind, müssen Sie darüber hinausgehen, für wen Sie sich halten. Um Frieden zu finden, müssen Sie über die Angst hinausgehen. Um unbedingte Liebe zu erfahren, müssen Sie über die bedingte Liebe hinausgehen, die Art, die kommt und geht. Ursprünglich wollte ich dem Buch auch einfach den Titel Darüber hinaus geben, entschied mich dann aber stattdessen für Metahuman, indem ich das griechische Wort meta benutzte, das, wie oben erwähnt, »jenseits, nach« bedeutet. Meine These ist, dass metahuman zu werden eine große Veränderung der Identität darstellt, der sich jeder unterziehen kann. Die Ausrichtung auf Gipfelerlebnisse wirft die Frage auf, ob wir eine Wahl haben. Oftmals scheinen die erleuchtendsten Momente im Leben von einer anderen, höheren Ebene wie von selbst zu kommen. Woher wissen wir, dass sie nicht zufällig sind?

Bei einer kürzlich stattgefundenen Konferenz über Wissenschaft und Bewusstsein stellte sich mir eine junge Frau vor und erzählte, dass sie ihre Abschlussarbeit über die Kommunikation mit Vögeln schrieb. Ich fragte sie, wie es möglich sei, mit Vögeln zu reden, und sie antwortete, dass es einfacher sei, es mir zu zeigen, als es mir zu erklären. Wir gingen nach draußen. Es war ein heller Tag, und wir saßen ruhig auf einer Bank. Sie blickte zu einigen Vögeln auf, die in einem Baum in der Nähe saßen, und einer von ihnen flog zutraulich hinunter und landete auf ihrem Schoß.

Wie hatte sie das gemacht? Sie antwortete nonverbal, indem sie mich ansah und mit ihrem Blick sagte: »Sehen Sie? Es ist ganz einfach.« Meine alten katholischen Lehrer hätten auf den heiligen Franziskus von Assisi hingewiesen, der oft dargestellt wird, wie er den Vögeln predigt. Ich dachte auch an eine Bewusstseinsqualität aus der indischen Tradition, die als ahimsa bekannt ist – was »Gewaltlosigkeit« bedeutet –, das Mitgefühl, das sich auf alle Lebewesen erstreckt.

Es ging nicht darum, mit den Vögeln zu sprechen oder ihre Sprache zu kennen – das Ganze hatte sich im Stillen abgespielt. Es war ein perfektes Beispiel für ein Darüberhinausgehen, in diesem Fall ging es über meine Erwartungen hinaus. Die junge Frau erklärte mir später, dass sie in jener Situation einfach über geistige Klarheit verfügte und diese mit der Absicht anreicherte, dass der Vogel zu ihr kommt. Mit anderen Worten, es geschah alles im Bewusstsein.

Nur wenige Menschen haben solche Erfahrungen gemacht, was die Notwendigkeit unterstreicht, die vielen Möglichkeiten aufzuzeigen, um über etwas hinauszugehen. Wir haben viel mehr Kontrolle über das Leben, als uns im Allgemeinen bewusst ist.

Für mich ist Metahumanität eine Lebensentscheidung. Gipfelerlebnisse sind nur der Anfang, eine erste Ahnung, was möglich ist.

Der Begriff Gipfelerlebnis ist inzwischen so bekannt, dass viele eine vage Vorstellung von seiner Bedeutung haben. Er beschreibt Momente, in denen Grenzen fallen und wir lebensverändernde Einsichten erlangen oder wenn eine überragende Leistung ganz mühelos erfolgt. Der Quarterback im NFL-Football, der schon mehrere Super Bowls gewonnen hat und mit fast vierzig noch spielt; das musikalische Wunderkind, das im Alter von acht Jahren mit einem Mozart-Klavierkonzert debütiert; das mathematische Genie, das zwei achtzehnstellige Zahlen in Sekundenschnelle multiplizieren kann – wir müssen nicht lange suchen, um auf Geschichten von Spitzenleistungen zu stoßen, die auf ein enorm erweitertes menschliches Potenzial hinweisen. Aber solche Leistungen, so erstaunlich sie auch sein mögen, besetzen eine bestimmte Nische. Wenn sich Ruhm und Reichtum nur über ein paar Auserwählte ergießt, übersehen wir das große Potenzial, das in so vielen steckt.

Die Wirklichkeit ist formbarer, als man denkt. Die meisten Einschränkungen sind selbst auferlegt. Wenn man nicht weiß, wer man wirklich ist, folgt man den Meinungen anderer, pflegt alte Wunden, folgt abgenutzten Verhaltensweisen und leidet an Selbstzweifeln und Selbstverurteilung. Das Leben von niemandem ist frei von solchen Einschränkungen. Die gewöhnliche Welt und unser alltägliches Leben in der Welt reichen nicht aus, um zu offenbaren, wer wir sind – ganz im Gegenteil. Die Gewöhnlichkeit täuscht uns, und die Täuschung geht so tief, dass wir uns an sie angepasst haben. Im amerikanischen Recht gibt es die Metapher der »Früchte des vergifteten Baumes«, mit der unverwertbare, fehlerbehaftete Beweise bezeichnet werden. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass, so gut wie das Leben auch sein mag, es immer einen Makel geben wird, der aus der Täuschung hervorgeht, die wir mit der Wirklichkeit verwechseln. Nichts, wie schön und gut auch immer, wird ganz ohne diesen Makel sein. Nur, indem wir darüber hinausgehen, lassen wir ihn hinter uns.

Ein metahumaner Mensch ist jemand, dessen Persönlichkeit auf höheren Werten basiert; nicht nur auf Gipfelerlebnissen, sondern auch auf Liebe und Selbstwert. Nach Abschluss des Hauptteils dieses Buches war ich hocherfreut festzustellen, dass Maslow den Begriff metahuman tatsächlich genau so verwendet hatte (er brachte ihn nicht mit Comic-Superhelden in Verbindung, so wie ich es auch nicht tue; in der Fantasy-Literatur werden Metahumane als Freaks und Bedrohung für die Gesellschaft bezeichnet, diesen Beiklang gilt es ganz und gar zu vermeiden).

Es ist schon in Ordnung, bestimmte Erfahrungen als so erhaben zu betrachten, dass sie göttlich erscheinen; genau auf dieser Ebene hat Maslow das Metahumane platziert. Dies war ein wichtiger Schritt, um zu erklären, dass das Streben nach Gott oder ewigem Frieden und Liebe genauso real ist wie das Einschlagen eines Nagels. Ich aber behaupte, dass es sogar dringend notwendig ist, metahuman zu werden. Es ist der einzige Weg aus den Illusionen heraus, die sich in unserem Leben als inneres Leiden, Verwirrung und Konflikte ausbreiten.

DIE FANTASIE DES ALLTAGSLEBENS

Wohl so ziemlich jeder würde zustimmen, dass es besser ist, in der Wirklichkeit zu leben als in der Fantasie. Es wird also ein Schock für Sie sein, dass Sie Ihr ganzes bisheriges Leben lang in einer Fantasie verweilt haben. Dabei handelt es sich um eine allumfassende Illusion, an die Sie von Anfang an geglaubt haben. Selbst praktische, nüchtern denkende Menschen sind die ganze Zeit in eine Fantasiewolke eingetaucht. Damit meine ich nicht Träumereien oder erotische Fantasien oder den Wunsch, über Nacht reich zu werden. Nichts, was Sie wahrnehmen, ist so, wie es scheint. Alles ist von Grund auf eine Illusion.

Nehmen Sie Ihr Smartphone heraus und schauen Sie sich die Fotos an, die Sie darauf gespeichert haben. Jedes Foto ist ein paar Zentimeter breit, egal, ob der Grand Canyon, eine Maus oder eine Mikrobe darauf abgebildet ist. Sie aber nehmen beim Betrachten der Fotos den Grand Canyon, eine Maus und eine Mikrobe als unterschiedlich groß wahr. Wie passen wir die Größe dessen, was auf einem Display erscheint, automatisch an? Niemand weiß es, und das Ganze ist noch rätselhafter, wenn man bedenkt, dass die Netzhaut auf der Rückseite des Auges gekrümmt ist und das darauf projizierte Bild verkehrt herum liegt. Wie geht das alles?

Man könnte mit den Schultern zucken und das ganze Geheimnis dem Gehirn zuschreiben, das die Rohdaten, die das Auge erreichen, bearbeitet und uns ein realistisches Bild der Welt vermittelt. Aber das vertieft nur die Illusion. Wenn wir sagen, dass unsere Augen auf »sichtbares Licht« reagieren, überspringen wir der Einfachheit halber die Tatsache, dass die Lichtteilchen (Photonen) unsichtbar sind. Ein Photon hat keine Ausstrahlung, keinen Glanz, keine Farbe oder irgendeine andere Eigenschaft, die wir mit Licht verbinden. Wie ein Geigerzähler, der bei hoher Radioaktivität ununterbrochen schnell klickt und bei niedrigen Werten nur wenige Klicks abgibt, »klickt« die Netzhaut wie verrückt, wenn Millionen von Photonen auf die Fotorezeptorzellen der Netzhaut, die Stäbchen und Zapfen, treffen, und wird nur schwach aktiviert, wenn nur wenig Licht vorhanden ist (was wir Dunkelheit nennen).

So oder so, alles, von dem Sie annehmen, es zu sehen, wurde in Ihrem Gehirn verarbeitet, in einer bestimmten Region, der Sehrinde (visueller Cortex) genannt, in der es total dunkel ist. Eine Blitzlampe, die Sie im Auge blendet, ist im Gehirn genauso schwarz wie der schwache Schimmer der Sterne in der Nacht. Auch die Signale, die die Sehrinde erreichen, bilden keine Bilder, geschweige denn 3D-Bilder. Das Bild, das für Sie eine Momentaufnahme der Welt ist, ist eine Schöpfung Ihres Geistes.

Auf die gleiche Weise sind die anderen vier Sinne nur »Klicks« auf der Oberfläche anderer Arten von Zellen. Es gibt keine Erklärung dafür, warum die Nervenenden in der Nase den Beschuss von schwebenden Molekülen in den Duft einer Rose oder den Gestank einer Müllhalde verwandeln. Die gesamte dreidimensionale Welt basiert auf einem Zaubertrick, den niemand erklären kann, aber sie ist sicherlich kein wahres Bild der Wirklichkeit. Das Ganze ist eine Schöpfung des Geistes.

Ein Neurowissenschaftler würde argumentieren, dass die Welt, wie wir sie wahrnehmen, eine Schöpfung des Gehirns ist. Einige einfache Beispiele widerlegen diese Behauptung jedoch. Was Ihr Gehirn betrifft, sind die Buchstaben auf dieser Seite schwarze Flecken, nicht anders als beliebige Farbspritzer von einem Pinsel. Bevor Sie als Kind das Alphabet erlernt haben, waren Buchstaben nur bedeutungslose Flecken für Sie. Erst danach erhielten sie eine Bedeutung. Ihr Gehirn jedoch unterschied sich hinsichtlich der Verarbeitung von Informationen im Kindergartenalter kaum von seinem heutigen Zustand. Der Geist lernt zu lesen, nicht das Gehirn. Ebenso erhält alles, was Sie um sich herum sehen – eine Eiche, eine Schokoladentafel, eine Kirche oder ein Friedhof – nur deshalb eine Bedeutung, weil Ihr Geist dem allen einen Sinn gibt.

Ein weiteres Beispiel: Wenn Kinder, die blind geboren wurden, durch medizinische Mittel das Augenlicht erlangen, staunen sie über Dinge, die für uns selbstverständlich sind. Eine Kuh in der Ferne sieht genauso groß aus wie eine Katze in der Nähe. Die Treppe sieht aus, als sei sie an die Wand gemalt. Der eigene Schatten ist ein mysteriöser schwarzer Fleck, der einem überallhin folgt. Was solche Kinder verpasst haben und nachholen müssen, ist die Lernkurve, durch die wir alle gelernt haben, die normale Wirklichkeit zu formen (die sichtbare Welt ist für solche erst spät sehenden Kinder und Erwachsene manchmal so unangenehm, dass sie sich anfangs zur Erholung immer wieder in einen dunklen Raum zurückziehen).

Die Lernkurve ist notwendig, um den Weg in die Welt zu finden, aber Sie haben sich auf seltsame und unerwartete Weise angepasst. Schauen wir uns die Perspektive an. Wenn Sie im Bett liegen und jemand Ihre Schulter berührt, um Sie aufzuwecken, nehmen Sie nicht wahr, dass die Person einen sehr breiten Körper mit einem kleinen Kopf oben drauf hat. Aber wenn Sie noch aus dem Liegen heraus ein Foto machen würden, wäre diese Wirklichkeit sichtbar. Der Oberkörper der Person, der Ihren Augen näher ist, ist unnatürlich breit, während der weiter entfernte Kopf unnatürlich klein ist. Noch ein Beispiel: Wenn Sie mit jemandem sprechen, der direkt neben Ihnen sitzt, sieht seine Nase für Sie überdimensional groß aus, größer als die Hand, die er im Schoß platziert hat.

Wir verdrängen es automatisch, wie die Dinge perspektivisch betrachtet aussehen, und passen durch einen Akt des Geistes die Informationen an. Die Daten, die Ihr Auge erreichen, signalisieren Ihnen, dass der Raum, in dem Sie sitzen, Wände hat, die am anderen Ende zusammenlaufen. Da Sie aber wissen, dass der Raum quadratisch ist, passen Sie die Signale entsprechend an. Ebenso wissen Sie natürlich, dass eine Nase kleiner ist als eine Hand.

Aber damit nicht genug: Alles, was Sie wahrnehmen, wird angepasst. Schwebende Moleküle im Garten werden zu Düften verarbeitet. Schwingende Ätherwellen werden in Geräusche umgewandelt, die Sie erkennen und identifizieren. Es gibt kein Entkommen, dass wir in einer Welt leben, die ein geistiges Produkt ist. Das ist sowohl die Herrlichkeit als auch die Gefahr des Menschseins. Als der visionäre Dichter William Blake vor zweihundert Jahren durch die Straßen Londons ging, beklagte er, was er sah:

Gezeichnete Gesichter, wohin ich schaue

Zeichen von Schwäche, Zeichen von Leid.

In jedem Schrei von jedem Mann,

In jedem Angstschrei eines Kindes,

In jeder Stimme: in jedem Fluch,

Höre ich das Klirren der im Geist geschmiedeten Ketten

Es ist ein trauriges Bild, wie es auch heute noch nicht aus den Straßen verschwunden ist. Die Menschen erleben alle möglichen Arten von Leid und Not, weil sie glauben, dass sie dazu bestimmt sind, eine solche Existenz zu führen. Es gibt keine Alternative außer zu akzeptieren, dass der Geist das, was er erschaffen hat, auch wieder rückgängig machen kann.

WILLKOMMEN IM HAUS DER ILLUSIONEN

Im alltäglichen Leben ist es kaum möglich, die Illusion wahrzunehmen. Es ist erforderlich, darüber hinaus zu gehen, und deshalb ist der Übergang zur Metahumanität erforderlich. Eine Illusion kann nur dann allumfassend sein, wenn alles an ihr trügerisch ist und uns über die großen und kleinen Dinge gleichermaßen täuscht. Das ist hier der Fall. Der menschliche Geist hat von Grund auf alles so konstruiert, wie es ihm dienlich ist. In gewisser Weise wurde dieses Buch nur geschrieben, um Sie davon zu überzeugen, dass Ihre persönliche Wirklichkeit eine Schöpfung Ihres Geistes ist, und nicht nur Ihres Geistes. Nachdem Sie sich ein Leben lang an die künstliche, als Kind erlernte Wirklichkeit angepasst haben, müssen Sie sich nun auf die Reise begeben, um den Unterschied zwischen Realität und Illusion zu entdecken.

Für jeden, der die physische Welt »da draußen« als real akzeptiert, erscheint die Vorstellung einer Welt als geistiges Produkt absurd. Es ist eine Sache, wenn Romeo beim Anblick Julias wie vom Blitz getroffen ist, aber eine andere, wenn er in einem Gewitter von einem realen Blitz getroffen wird. Der Unterschied ist so offensichtlich, dass Sie es nicht glauben würden, wenn Ihnen jemand sagte, beides sei das Gleiche.

Aber einige der brillantesten Köpfe der Menschheit haben genau das gesagt. Hier beginnt das eigentlich Faszinierende. Der deutsche Physiker Max Planck war eine wichtige Figur in der Quantenrevolution; er prägte den Begriff der Quantenmechanik. In einem Interview mit der Tageszeitung Observer in London sagte Planck 1931: »Ich betrachte Bewusstsein als grundlegend. Ich betrachte Materie als Ableitung aus dem Bewusstsein. Wir können nicht hinter das Bewusstsein dringen. Alles, worüber wir sprechen, alles, was wir als existent betrachten, setzt Bewusstsein voraus.«

Das Bewusstsein ist also grundlegend. Wenn das wahr ist, dann entspringen in einem Garten blühende Rosen derselben Quelle wie eine gemalte Rose. Diese Quelle ist das Gewahrsein, das heißt Ihr Gewahrsein. Ohne Bewusstsein kann die Existenz von nichts bewiesen werden. Einfach indem Sie bewusst sind, nehmen Sie an der Welt als Schöpfung des Geistes teil und helfen jeden Tag, sie zu erschaffen. Das Schöne an diesem Verständnis ist, dass wir, wenn die Schöpfung aus dem Bewusstsein entspringt, die Wirklichkeit an der Quelle umgestalten können.

Planck war nicht allein mit seiner Neuinterpretation der Wirklichkeit, weg vom Stofflichen hin zum Geistigen. Bei der Quantenrevolution ging es ja gerade darum, die übliche Sichtweise zu zerstreuen, dass die Welt in erster Linie materiell, physisch und greifbar ist. Ein weiterer brillanter Quantenpionier, der deutsche Physiker Werner Heisenberg, sagte: »Wir müssen uns daran erinnern, dass das, was wir beobachten, nicht die Natur selbst ist, sondern Natur, die unserer Methode der Fragestellung ausgesetzt ist.«

Die Auswirkungen dieser Aussage sind erstaunlich. Werfen Sie einen Blick aus dem Fenster, und Sie sehen vielleicht einen Baum, eine Wolke, einen Grashalm oder den Himmel. Ersetzen Sie in Heisenbergs Satz das Wort Natur durch einen dieser Begriffe. Sie sehen einen Baum, weil Sie darum bitten, einen Baum zu sehen. Sie sehen einen Berg, eine Wolke, den Himmel aus dem gleichen Grund. Sie sind ein Beobachter und alles außerhalb Ihres Fensters entsteht durch die Fragen, die Sie stellen. Sie sind sich dessen vielleicht nicht bewusst, aber das liegt nur daran, dass die Fragen schon so früh in Ihrem Leben gestellt wurden. Wenn Kleinkinder zum ersten Mal einen Baum sehen, testen sie aus, was das ist, und fragen dabei im Grunde genommen Dinge wie: »Ist das hart oder weich? Rau oder glatt? Groß oder klein? Was sind das für grüne Dinger auf den Ästen? Warum kräuseln sie sich bei der Brise?« Auf diese Weise erhalten wir durch die Anwendung des menschlichen Bewusstseins auf alles im Universum Antworten, die dem menschlichen Bewusstsein entsprechen. Aber wir bekommen keine Wirklichkeit. Die Physik löst jede Eigenschaft eines Baumes – seine Härte, Höhe, Form und Farbe – auf, indem sie offenlegt, dass alle Objekte unsichtbare Wellen im Quantenfeld sind.

Wenn Ihnen diese Gedanken zu abstrakt erscheinen, lassen sie sich konkretisieren. Ihr Körper wird in dieser Minute im Bewusstsein erschaffen, sonst könnte er nicht existieren. Auch dies hat Heisenberg schon früh erkannt: »Die Atome oder Elementarteilchen selbst sind nicht wirklich. Sie bilden eher eine Welt von Tendenzen oder Möglichkeiten als eine von Dingen und Tatsachen.« Aber in der Welt der Vernunft, in der der Körper unser Zufluchtsort, unser Lebenserhaltungssystem und unser persönliches Fortbewegungsmittel ist, ist es notwendig, ihn zu verteidigen. Es wäre zu verstörend, unseren Körper als eine geistige Illusion zu betrachten.

WIR SIND KEINE ROBOTER

Die Abkehr von der falschen Annahme, dass die Welt physisch-materiell ist, wirkt einem Trend entgegen, den ich immer beunruhigender finde. Die Wissenschaft versucht ständig zu beweisen, dass der Mensch eine Maschine ist, und während dies einst nur eine Metapher für die Funktionsweise des Körpers in all seinen komplexen Teilen war, wird die Vorstellung vom »Mensch-als-Maschine« heutzutage zunehmend wörtlich genommen. Uns wird gesagt, dass sich die Komplexität der menschlichen Emotionen auf einen steigenden und fallenden Spiegel der im Gehirn produzierten Hormone reduzieren lässt. Hirnbereiche, die auf einem fMRT-Scan aufleuchten, sollen die Ursachen dafür sein, dass ein Mensch sich depressiv fühlt oder anfällig für kriminelles Verhalten ist oder anderes mehr. Wir sollen also glauben, dass wir Gehirnmarionetten sind und außerdem auch, dass unsere Gene uns sehr wirkungsvoll programmieren, bis hin zu dem Punkt, dass »schlechte« Gene einen Menschen zu einer Vielzahl von Problemen verurteilen, von Schizophrenie bis Alzheimer. Diese Beispiele für Veranlagung werden dann auf Verhaltensweisen und Merkmale wie die Anfälligkeit für Angstzustände und Depressionen ausgedehnt.

Metahumanität hat viele Auswirkungen, aber eine der wichtigsten ist, die Vorstellung zu widerlegen, dass Menschen in erster Linie Mechanismen sind. Auch wenn die Wissenschaft eine Fülle von Erkenntnissen über Gene und das Gehirn gesammelt hat, macht das diese Vorstellung nicht gültiger. Es ist zum Beispiel kaum bekannt, dass nur 5 Prozent der krankheitsbezogenen Genmutationen definitiv eine bestimmte Krankheit verursachen. Die anderen 95 Prozent erhöhen oder senken lediglich die Risikofaktoren einer Person und interagieren auf komplexe Weise mit anderen Genen.

In der breiten Öffentlichkeit kursiert immer noch die Vorstellung, dass einzelne Gene, wie das angebliche »Homosexuellen-Gen« oder das »Egoismus-Gen«, eine Veranlagung schaffen, gegen die kein Kraut gewachsen ist. Durch die Kartierung des menschlichen Genoms ist dies aber schon lange widerlegt worden. Das aktuelle Bild der DNA zeigt fast das Gegenteil der irrigen Ansicht, dass die Menschen durch ihre Gene festgelegt sind. Die DNA ist nichts Fixiertes; sie ist fließend und dynamisch und interagiert ständig mit der Außenwelt und mit den inneren Gedanken und Gefühlen.

Die Vorstellung einer Prädisposition durch die Gene ist tief verwurzelt, selbst unter gebildeten Menschen. Es ist deshalb sehr aufschlussreich, sich mit den im Dezember 2018 in der Zeitschrift Nature: Human Behavior veröffentlichten Ergebnissen eines Experimentes zu befassen. Forscher der Psychologie-Abteilung der Stanford University testeten zwei Gruppen von Teilnehmern auf zwei Gene. Das eine war mit einer Anfälligkeit für Fettleibigkeit verknüpft, das andere damit, körperliche Anstrengungen eher schlecht zu bewältigen.

Beginnen wir mit dem Adipositas-Gen. Die Teilnehmer aßen eine Mahlzeit und wurden danach gefragt, wie satt sie sich fühlten; außerdem wurde ihr Blut auf Leptin getestet, das Hormon, das mit dem Sättigungsgefühl nach einer Mahlzeit verbunden ist. Die Ergebnisse waren bei den Probanden mit der genetischen Anfälligkeit für Fettleibigkeit in etwa gleich wie bei denen ohne. In der nächsten Woche kehrte die Gruppe zurück und aß wieder die gleiche Mahlzeit, aber mit einem Unterschied. Der Hälfte der Gruppe wurde gesagt, dass sie das Adipositas-Gen hatten, der anderen Hälfte, dass sie genetisch wenig fettanfällig waren. Die Einteilung war dabei völlig willkürlich, nicht jeder, dem es gesagt wurde, hatte das Gen wirklich und umgekehrt.

Zur Überraschung der Forscher machte sich die Wirkung dieser Maßnahme sofort bemerkbar. Die Probanden, denen gesagt worden war, vor Fettleibigkeit gefeit zu sein, hatten nach dem Essen einen zweieinhalb Mal höheren Leptinspiegel im Blut als bei dem Essen eine Woche zuvor. Bei der Gruppe, der gesagt worden war, dass sie eine genetische Anfälligkeit für Fettleibigkeit habe, änderte sich nichts gegenüber den vorherigen Ergebnissen. Das deutet darauf hin, dass das bloße »Wissen« von einem genetischen Vorteil dazu führte, dass Menschen die mit diesem Gen assoziierte Physiologie an den Tag legten. Was die Teilnehmer für wahr hielten, überlagerte ihre tatsächliche genetische Veranlagung, denn manche der Probanden, die dachten, sie seien genetisch geschützt, waren es in Wahrheit gar nicht.

Ähnliche augenfällige Ergebnisse gab es im Experiment bei Menschen, denen gesagt wurde, dass sie genetisch prädisponiert seien, bei sportlichen Aktivitäten eher schlecht abzuschneiden. Bei ihnen wurden genau die Herz-Kreislauf- und Atemwegswerte festgestellt, die bei einem solchen Gen erwartet werden, und zwar auch dann, wenn sie es gar nicht hatten. Nur weil sie glaubten, genetisch benachteiligt zu sein, wiesen sie eine reduzierte Lungenkapazität auf und waren auf dem Laufband sehr schnell erschöpft.

Kurz gesagt, der Körper entspricht der vom Geist erschaffenen Wirklichkeit. Wenn Ihre Physiologie genetische Effekte hervorruft, nur weil sie Kenntnis davon erlangt, dass Sie (angeblich) ein bestimmtes Gen haben, wird der Mythos von den Genen, die unser Leben kontrollieren, ernsthaft infrage gestellt. Es ist nicht so, dass die genetische Programmierung irrelevant ist (Näheres dazu finden Sie in meinem Buch Super Gene, das ich zusammen mit dem Harvard-Genetiker Rudolph E. Tanzi geschrieben habe), aber die Realität ist so komplex wie das menschliche Leben selbst. Gene gehören zu den vielen Ursachen und Einflüssen, die auf uns einwirken. Wie stark sie sich auf eine bestimmte Person auswirken, ist nicht vorhersehbar, und in jedem Bereich des Verhaltens und der Gesundheit gibt es einen großen Spielraum für persönliche Entscheidungen.

Wenn Sie die Wahl zwischen zwei Dingen haben, betrachten Sie sich als einen freien Menschen, der in der Lage ist, sich zu verändern, und nicht eine Roboter-Maschine, die von Genen und Gehirnzellen gesteuert wird. Es ist einfach nicht wahr, dass der Mensch eine biologische Marionette ist, trotz zahlreicher populärwissenschaftlicher Artikel, die Ihnen dies einflüstern wollen. Viel näher an der Wahrheit ist die Auffassung, dass wir bewusste Akteure sind, deren Potenzial zu erschaffen und zu verändern unbegrenzt ist. Wir werden metahuman, indem wir die lebensverändernde Entscheidung treffen, metahuman zu sein.

AN DER METAHUMANEN WEGSCHEIDE

Ich erwarte nicht, dass Sie diese Schlussfolgerung akzeptieren – jedenfalls noch nicht. Man kann sich erst entscheiden, wenn man ein Gesamtbild hat. Ohne es zu merken, sind wir alle eingebettet in eine vorgeformte Realität, an die wir uns bereits im Kindesalter anpassen. Alles, was Sie jetzt im Moment durch die fünf Sinne wahrnehmen – die massiven Wände des Zimmers, die schwache Bewegung der Luft in Ihrer Lunge, die Helligkeit des durch das Fenster einströmenden oder von einer Lampe ausgestrahlten Lichts – ist eine Simulation, ein Konstrukt, das Sie in eine virtuelle Wirklichkeit einhüllt.

Wir – Gehirn, Körper und Geist – sind darauf eingestellt, uns der virtuellen Wirklichkeit anzupassen, das Ergebnis einer kollektiven Täuschung, die seit vielen Tausend Jahren andauert. Das macht die Sache sehr knifflig. Ein Gefangener hat den Anreiz, einen Tunnel zur Außenwelt zu graben, weil er weiß, dass etwas hinter den Gefängnismauern liegt. Die virtuelle Wirklichkeit, die Sie jetzt erleben, bietet auf der anderen Seite nichts, das Sie berühren, schmecken, fühlen, hören oder riechen können. Aber etwas liegt außerhalb der virtuellen Wirklichkeit, und ich nenne dies Metawirklichkeit. Metawirklichkeit ist die Werkstatt, in der das Bewusstsein alles erschafft. Sie ist unsere Quelle und unser Ursprung, ein Feld des reinen schöpferischen Potenzials. Metawirklichkeit wird von den fünf Sinnen nicht wahrgenommen, weil sie keine Form hat oder verortet werden kann. Dennoch ist sie völlig zugänglich, und sie bietet uns die einzige Möglichkeit, der simulierten Realität zu entkommen.

Sobald Sie erkennen, dass Sie von einer Simulation umgeben sind, dämmert es Ihnen, wie unendlich die Schöpferkraft des Menschen wirklich ist. Wir haben unsere Welt nicht mit Ziegeln und Mörtel, sondern mit einem unsichtbaren Material gestaltet: dem Bewusstsein. In einem wissenschaftlichen Zeitalter erscheint diese Behauptung unglaublich, wenn nicht sogar absurd. Von innerhalb der Simulation aus kann die Schöpfung wie ein Film über das Universum betrachtet werden, der beim Urknall beginnt und (bisher) 13,7 Milliarden Jahre dauert. Wie kann diese unvorstellbare Bühne, die durch Zeit, Raum, Materie und Energie begrenzt ist, eine Fälschung sein?

Wer das herausfinden will, braucht Neugierde und einen Hauch von Abenteuerlust, um die gängigen Auffassungen hinter sich zu lassen. Das Bewusstsein ist in jeder Sekunde unseres Lebens präsent, doch unser herkömmliches Denken nimmt dies als selbstverständlich hin. Das ist nicht so, als würde man den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen, sondern als würde man im Wald leben, ohne irgendwelche Bäume zu sehen.

Nehmen wir das überaus populäre Buch Homo Deus,dessen übergreifendes Thema die Erfindung der Zukunft ist. Der Autor, der israelische Historiker Yuval Noah Harari, will einen neuen und besseren Ausgangspunkt für die Zukunft bieten. Uralte Lasten aus der Vergangenheit schienen einst unausweichlich, schreibt Harari:

Es waren immer die gleichen drei Probleme, welche die Menschen beschäftigten, ob im China des 20. Jahrhunderts, im mittelalterlichen Indien oder im alten Ägypten. Ganz oben auf der Liste standen stets Hunger, Krankheit und Krieg … Viele Denker und Propheten kamen zu dem Schluss, Hunger, Krankheit und Krieg seien eben fester Bestandteil von Gottes kosmischem Plan oder unserer unvollkommenen Natur.

Mit einem unter Futuristen seltenen Optimismus schreibt Harari weiter, dass diese Probleme im Wesentlichen gelöst sind, auch wenn sie in einzelnen Weltregionen noch fortbestehen: »Doch am Morgen des dritten Jahrtausends wacht die Menschheit auf und macht eine erstaunliche Feststellung … In den letzten Jahrzehnten ist es uns gelungen, Hunger, Krankheit und Krieg im Zaum zu halten.« Nur allzu gerne möchten Hararis Leser seine Vision akzeptieren, dass »die Menschheit aus weltgeschichtlicher Warte betrachtet den Blick nach oben richten und neue Horizonte ins Auge fassen« kann.

Und was sind das für Horizonte? In Homo Deus nimmt Harari den Leser mit auf eine Reise durch all die aktuellen Probleme und präsentiert eine Liste möglicher Lösungen, wie sie Zukunftsforscher gerne ausloten. Erst in Kapitel 10 kommt er zum Thema Bewusstsein und kündigt eine Zukunft an, die von »Techno-Religionen« dominiert wird. Mit anderen Worten, unsere Evolution führt zu künstlicher Intelligenz und Supercomputern, die den Rohstoff des menschlichen Gehirns aufwerten. Angesichts einer gewaltigen Intelligenz, die uns überragt – was können wir tun, außer sie anzubeten?

Hararis Vision endet am falschen Ort, weil sie am falschen Ort beginnt. Das Bewusstsein gehört auf Seite 1, und die Menschheit sollte sich auf eine Zukunft zubewegen, zu der das entwickelte Bewusstsein führen kann. Jede Zukunft, die sich im Laufe der Geschichte entfaltet hat, basiert auf einer vom Geist eingeschlagenen Richtung. Künstliche Intelligenz ist letztendlich nur eine weitere Stufe der menschlichen Intelligenz; daher ist die Vorhersage verfrüht, dass wir dereinst von einer Frankenstein-Rasse von Supercomputern übertroffen werden. Wir müssen uns erst unseres vollen Potenzials bewusst sein, bevor wir auf irgendeine Zukunft wetten können. Erst wenn die Metawirklichkeit zu einer gemeinsamen Erfahrung wird, hat die Menschheit ihre volle schöpferische Kapazität erreicht. Sich mit einem besseren Traum zufriedenzugeben, ist nicht gut genug – eine optimierte Illusion ist immer noch eine Illusion.

IN IHREM LEBEN

Die Metahuman-Umfrage

Der beste Beweis für die Möglichkeit des Darüberhinausgehens ist, dass ganz normale Menschen bereits Metawirklichkeit erleben. Ein Maß dafür ist eine von John Astin und David Butlein entwickelte Umfrage mit zwanzig Fragen (der etwas umständliche Titel der Umfrage lautet »Nondual Embodiment Thematic Inventory«, abgekürzt NETI). In der NETI können sich Menschen auf einer Skala von 20 bis 100 hinsichtlich Eigenschaften einschätzen, die seit Langem als spirituell, psychologisch oder moralisch gelten. Dazu gehören metahumane Merkmale, die wir bereits sehr schätzen, weil sie so sinnhaft sind, sowie andere Wesenszüge, dank derer das Leben leichter zu bewältigen ist, wie die folgenden:

Mitgefühl

Resilienz

Verzichtsbereitschaft

Interesse an der Wahrheit

Keine Abwehrhaltung

Fähigkeit, kognitive Dissonanzen zu tolerieren (das heißt widersprüchliche Gedanken, Überzeugungen oder Einstellungen zu haben)

Toleranz für emotionales Unbehagen

Dankbarkeit

Niedriges Angstniveau

Authentizität

Demut

Diese Eigenschaften beschreiben die menschliche Natur, die von gesellschaftlichen Normen und Bedingungen befreit ist. Wenn Sie über diese Eigenschaften verfügen, sind Sie in der Lage, den metahumanen Zustand des Gewahrseins zu erreichen.

Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um die Fragen der NETI-Umfrage zu beantworten. Sie beziehen sich auf sogenannte »nichtdualistische« Erfahrungen, also einen erhöhten Bewusstseinszustand. Entscheiden Sie sich jeweils für eine Antwort, schreiben Sie die Punktezahl auf und addieren Sie zum Schluss die Punktezahlen. Der resultierende Gesamtwert liegt im Bereich von 20 bis 100.

NETI-Fragebogen

Bitte geben Sie an, wie oft die folgenden Dinge bei Ihnen vorkommen/zutreffen. Entscheiden Sie sich pro Frage nur für eine Antwort und kreisen Sie die zugehörige Punktzahl ein.

1. Eine innere Zufriedenheit, die nicht abhängig ist von Umständen, Objekten oder Handlungen anderer Menschen.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

2. Das Akzeptieren von (nicht das Kämpfen mit) mir zuteilwerdenden Erfahrungen.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

3. Ein Interesse daran, die Wirklichkeit oder Wahrheit über mich selbst, die Welt und andere Menschen klar zu sehen, anstatt auf eine bestimmte Art zu fühlen.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

4. Ein Gefühl, dass ich eine Vorstellung, die ich von mir selbst habe, schütze oder verteidige.

Nie 5

Selten 4

Manchmal 3

Meistens 2

Immer 1

5. Tiefe Liebe und Wertschätzung für jeden und alles, was mir im Leben begegnet.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

6. Verstehen, dass es letztlich keine Trennung zwischen dem, was ich mein »Selbst« nenne, und der gesamten Existenz gibt.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

7. Tiefes Wohlgefühl, wo immer ich bin, in welcher Situation oder welchen Umständen ich mich auch befinde.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

8. Ein Gefühl, dass meine Handlungen im Leben durch Angst oder Misstrauen motiviert sind.

Nie 5

Selten 4

Manchmal 3

Meistens 2

Immer 1

9. Gewahrsein meiner wesentlichen Einheit mit einer transzendenten Wirklichkeit, Quelle, höheren Macht, Geist, Gott, etc.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

10. Nicht persönlich mit meinen eigenen Ideen und Vorstellungen verwoben oder daran gebunden zu sein.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

11. Ein unerschütterliches Gewahrsein von Ruhe und Stille, auch inmitten von Aktivität und Lärm.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

12. Handeln, ohne eine Rolle oder Identität zu übernehmen, die auf meinen eigenen oder den Erwartungen anderer basiert.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

13. Ein Gefühl von immenser Freiheit und Möglichkeit in meiner Erfahrung jedes einzelnen Moments.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

14. Der Wunsch, von anderen verstanden zu werden.

Nie 5

Selten 4

Manchmal 3

Meistens 2

Immer 1

15. Sorgen oder Unbehagen hinsichtlich der Vergangenheit oder der Zukunft.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

16. Ein Gefühl der Angst, welches meine Handlungen hemmt.

Nie 5

Selten 4

Manchmal 3

Meistens 2

Immer 1

17. Ein Gefühl von tiefer Lebendigkeit und Vitalität.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

18. Handeln ohne den Wunsch, irgendetwas zu verändern.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

19. Gefühle der Dankbarkeit und/oder offenen Neugierde gegenüber allen Erfahrungen.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

20. Ein Gefühl der Makellosigkeit und Schönheit von allem und jedem, so wie sie sind.

Nie 1

Selten 2

Manchmal 3

Meistens 4

Immer 5

Gesamtpunktzahl: ________________

Auswertung ihrer Punktzahl

Wenn Sie noch nie irgendwelche Merkmale des metahumanen Gewahrseins erlebt haben, ist Ihre Punktzahl 20. Wenn Sie ständig metahumanes Gewahrsein erfahren, ist Ihre Punktzahl 100. Beides ist extrem selten. Als Beispiel finden Sie nachstehend die Durchschnittswerte für drei spezifische Gruppen aus der therapeutischen Gemeinschaft:

Psychologiestudenten: 52

Psychotherapeuten: 71

Psychotherapeuten, die sich selbst als im nichtdualen (das heißt metahumanen) Gewahrsein verwurzelt bezeichnen: 81,6

Was sagt das über Menschen im Alltag aus? Und am wichtigsten, können wir alle hier und jetzt ein höheres Bewusstsein entwickeln? Um das herauszufinden, führte ein Forschungsteam, zu dem auch ich gehörte, eine Studie über kurzfristiges spirituelles Erwachen durch. An der Studie nahmen 69 Freiwillige teil, alles gesunde Erwachsene im Alter von 32 bis 86 Jahren (das Durchschnittsalter lag bei etwas über 59 Jahren). Es gab zwei Anforderungen: dass sie eine Woche lang weitgehend auf Alkohol verzichten würden (ein Getränk pro Tag war erlaubt) und dass sie in den letzten zwölf Monaten keine Meditations- oder Yogakurse besucht hatten.

Die Teilnehmer fanden sich im Chopra Center in Carlsbad, Kalifornien, das eine Spa-Umgebung bietet, ein und wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt. Einer Gruppe wurde gesagt, dass sie die nächsten sechs Tage damit verbringen sollte, sich zu entspannen und die Spa-Angebote zu genießen. Die andere Gruppe unterzog sich einem Ayurveda-basierten Geist-Körper-Programm, das darauf abzielte, ihr allgemeines Wohlbefinden zu verbessern. Dazu gehörten eine spezielle Ernährung (vegetarisch und auf die Körpertypen abgestimmt), Massagen, Meditation und Anleitungen für einen ayurvedischen Lebensstil. Der Ansatz ist umfassend ganzheitlich, da er emotionales und spirituelles Wohlbefinden mit einbezieht. Wir bieten das Ayurveda-Programm unter dem Namen »Perfect Health« bereits seit Jahren an und wissen, dass die Teilnehmer am Ende durchweg angeben, sich gesünder, weniger gestresst, entspannter und insgesamt glücklicher zu fühlen.

Der spezifische Blickwinkel in dieser neuen Studie bestand darin, die beiden Gruppen zu vergleichen, wie sie den NETI-Fragebogen vor und nach den sechs Tagen beantworteten. Bei der Geist-Körper-Gruppe zeigten sich im Vergleich zur anderen Gruppe signifikant stärkere Punktzahlerhöhungen, und diese Ergebnisse bestätigten sich einen Monat später bei einer erneuten Überprüfung noch ein weiteres Mal.*

Die Teilnehmer der Chopra Center-Studie begannen mit einem Mittelwert von 62, das sind 10 Punkte mehr als der Wert bei den Psychologiestudenten. Nach sechs Tagen lag der Mittelwert der Gruppe, die das Perfect Health-Programm absolviert hatte, bei 74 (ein höherer Wert als der bei den Psychotherapeuten), während sich die Gruppe, die sechs Tage lang in einer Spa-Umgebung entspannt hatte, nur geringfügigverbesserte und auf einen Mittelwert von 68 kam. Bei der Auswertung einen Monat später gab es bei der Perfect-Health-Gruppe nochmals einen kleinen Anstieg von 74 auf 76, während der Wert bei der Entspannungsgruppe konstant blieb.

Ihre Punktzahl soll Ihnen eine grobe Vorstellung davon geben, wo Sie stehen, mit dem Vorbehalt, dass die erwähnte Studie eine relativ kleine Teilnehmergruppe umfasste. Es ist auffallend und vielversprechend, dass eine einwöchige Konzentration auf Geist und Körper die Erfahrungen verstärkt, und der Weg ist frei für jeden, der oder die noch bessere Trainingsprogramme entwickeln möchte.

Ich behaupte nicht, dass der auf Ayurveda basierende Ansatz der vollkommenen Gesundheit das letzte Wort ist, um ein höheres Bewusstsein zu erlangen. Was zählt, ist das Gesamtbild. Metahumane Erfahrungen sind überall, aber die Menschen unterscheiden sich darin, wie oft sie solche Erfahrungen machen. Einige Menschen profitieren im Laufe ihres Lebens sehr häufig davon und betrachten das Gefühl glückseliger Energie in ihrem Körper als etwas Selbstverständliches. Die gleiche Erfahrung würde jemand anderen, für den sie aus heiterem Himmel käme und völlig neu wäre, vielleicht verwirren.

Der Bewusstseinsbereich ist natürlich weitaus umfassender, als ein Fragebogen messen kann. Dennoch stellt sich eine große Frage: Warum ein Leben voller Begrenzungen führen, wenn ein erweitertes Bewusstsein so herrliche Belohnungen bietet wie das Gefühl von Frieden und Verständnis, das entsteht, wenn man weiß, wer man wirklich ist, oder einem auf das unbegrenzte kreative Potenzial zurückgreifen lässt, für das man geschaffen wurde?

*Die detaillierten Forschungsergebnisse wurden in einem durch Fachleute geprüften Artikel im Journal of Alternative and Complementary Medicine im Dezember 2017 veröffentlicht. Die Autoren kommen aus einer Reihe von Institutionen, von der University of California-Davis, der Harvard Medical School, der Duke University und dem Chopra Center for Wellbeing. Der Artikel wurde sehr schnell weithin bekannt. Sein vollständiger Titel lautet »Change in Sense of Nondual Awareness and Spiritual Awakening in Response to a Multi-dimensional Well-Being Program« (zu Deutsch etwa: Veränderung des Gefühls des nicht-dualen Gewahrseins und des spirituellen Erwachens als Reaktion auf ein mehrdimensionales Wohlfühlprogramm).

TEIL EINS

Die Geheimnisse der Metawirklichkeit

1

WIR SIND IN EINE ILLUSION VERSTRICKT

Irgendwann in der Frühgeschichte wechselteder Homo sapiens zur virtuellen Wirklichkeit, als eine vom Geist geschaffene Simulation auf unserem evolutionären Weg unerlässlich wurde. Man wird nie genau wissen, in welcher Menschheitsepoche es dazu kam, und auch der Grund, wenn es denn überhaupt einen gab, warum eine Spezies solche Kräfte erlangen und darum wissen sollte, wird im Dunkeln bleiben. Keine andere Kreatur gestaltet bewusst ihre Zukunft. Keine andere Spezies erzählt Geschichten und überzeugt sich selbst, dass sie wahr sind. Es gibt viele Geheimnisse in unserer Vergangenheit. Irgendwie ist es uns über das Gehen aller möglichen gewundenen Pfade gelungen, unsere Simulation so überzeugend zu gestalten, dass wir uns darin verloren haben.

Obwohl diese Simulation sehr überzeugend ist, bricht sie immer wieder zusammen. Es gibt Zeiten, in denen das Leben aus dem Ruder läuft und die Welt nicht mehr real und substanziell erscheint. Solche Erfahrungen lassen sich regelmäßig beobachten, sei es bei uns selbst oder bei anderen Menschen. Wenn es zum Beispiel einen plötzlichen Todesfall in der Familie gibt oder eine Katastrophe wie ein Tornado oder das Abbrennen des Hauses, stehen wir unter Schock. Unser ausdrucksloser Blick zeigt, wie unsere Existenz plötzlich durcheinandergewirbelt worden ist, und wir sagen Dinge wie »Das kann nicht wahr sein, das passiert nicht wirklich.« Oder »Jetzt ist mir alles egal.«

Normalerweise vergeht dieser abgespaltene Zustand wieder, und mit der Zeit fühlt sich die Wirklichkeit wieder echt an. Einige Menschen aber kehren nie zurück. So wird zum Beispiel nach einem Psychoseanfall ein bestimmter Prozentsatz der Betroffenen chronisch schizophren und leidet für den Rest des Lebens an Halluzinationen, sieht Bilder oder hört Stimmen. Aber das Gefühl von »Das kann nicht wahr sein; das ist wie ein Traum« muss nicht durch einen Schock ausgelöst werden. Unzählige Menschen hegen ihre persönlichen Fantasien von Ruhm, Reichtum oder einem anderen Traum, der sich für sie völlig real anfühlt und sie ihr ganzes Leben lang antreibt. Wenn jemand plötzlich ekstatisch glücklich ist, aus welchem Grund auch immer, kann ihm ebenfalls alles surreal erscheinen.

Allerdings fühlt sich die physische Welt »da draußen« in 99 Prozent der Fälle real und substanziell an, was eigentlich ein ausreichender Beweis dafür sein sollte, so denken wir, dass wir nicht unter irgendeiner Art von Zauber stehen. Und doch tun wir das. Ironischerweise gibt es jetzt eine Technologie, die eine Person zwingt, sich mit dem zu befassen, was real ist und was nicht. Wenn Sie ein Virtual Reality (VR)-Headset aufsetzen, das von künstlicher Intelligenz angetrieben wird, ist die Simulation, in die Sie gestürzt werden, wie ein umhüllender, dreidimensionaler Film von solcher Lebendigkeit, dass er die Sinne überwältigt und eine Verlagerung von dem verursacht, was wir als alltägliche Wirklichkeit betrachten. Möglicherweise befinden Sie sich auf einem Stahlbauträger in der Luft, und die Straße verläuft erst weit, weit unten. Ihr Gehirn, getäuscht vom visuellen Bild, löst die Stressreaktion aus, als ob Sie wirklich auf dem Träger balancieren würden. Sie spüren, wie Sie in Panik geraten, auch wenn Sie in dem Raum, in dem Sie sich tatsächlich befinden, mit den Füßen fest auf dem Boden stehen und nicht in Gefahr sind, in die Tiefe zu fallen.

Die VR-Illusion entsteht durch visuelle Bilder, und genau das gilt auch sonst für unser Leben. Sie glauben das, was Sie wahrnehmen. Dieses Vertrauen ist aber fehl am Platz, wie jeder Grundschüler lernt, wenn er erfährt, dass die Sonne nicht wirklich im Osten auf- und im Westen untergeht. Wenn jedoch die Quantenphysik uns sagt, dass die Materie nicht das ist, was sie zu sein scheint, klammern wir uns trotzdem weiterhin an die Empfindungen von Gewicht und Festigkeit harter physischer Objekte, als ob sie unbestreitbar wären. Wäre eine Gewehrkugel weniger gefährlich, wenn Sie die Illusion durchschauen würden? Nein. Die Kugel und die gesamte physische Welt bleiben erhalten, aber mit der Erkenntnis, dass sie der Endpunkt eines Prozesses sind, der im Bewusstsein beginnt.

Sobald Sie dies begreifen und vollständig aufnehmen, wird Ihre persönliche Realität viel formbarer, weil Sie zur Quelle gehen und Teil des gestaltenden Prozesses sein können. Es ist nicht einfach, sich von der Wirklichkeitssimulation zu befreien. Unsere persönliche Erfahrung müsste sich drastisch ändern, aber das Schöne daran ist, dass wir damit ein zuvor nicht gekanntes Potenzial erlangen, Dinge zu verändern. Sie können zwar Gewehrkugeln nicht in Wattebällchen verwandeln, aber akzeptieren, dass Sie durchaus die Fähigkeit besitzen, die ganze Wirklichkeit »da draußen« zu verändern.

Die Grundregeln des täglichen Lebens sind viel lockerer, als wir es uns vorstellen. Auch wenn eine Person vollständig in die Simulation eingetaucht ist, gibt es einen Fluchtweg. Und nicht nur einen, sondern viele, was auch sinnvoll ist. Metawirklichkeit ist realer als jede virtuelle Simulation. Wir sollten Einblicke in sie als Beweis dafür betrachten, dass wir uns ständig im Metazustand befinden können. Stattdessen hat das Wirrwarr der virtuellen Wirklichkeit das Bild falsch herum gedreht. Wenn Sie die nachstehend beschriebenen Meta-Erfahrungen lesen, werden Sie versucht sein, sie als anomal, sonderbar oder unglaubwürdig zu betrachten. Zu erwachen ist ein Prozess, der damit beginnt, sich täglich mit dem fehlgeleiteten Vertrauen in Illusionen auseinanderzusetzen.

»ETWAS IST PASSIERT«