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Bobbie ist auf einer Mission. Sie wird nicht eher ruhen, bis sie Logans bösen Plan, die Oberwelt mit seiner Zombiehorde zu erobern, gestoppt hat. Doch je näher sie ihm auf die Schliche kommt, desto weiter entfernt sie sich von ihrem ursprünglichen Ziel: ein Heilmittel für ihren Zombie-Bruder zu finden. Ben hat ... Babysitterdienst. Getrennt von Bobbie muss Ben nun auf ihren kleinen Zombie-Bruder Johnny aufpassen. Währenddessen entdeckt Ben Logans geheimes Tagebuch, das alle seine größten Pläne enthält, darunter auch sein nächstes Ziel: eine legendäre Heldin namens Pigstep Peggy. Jetzt beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. Kann Ben Bobbie aufspüren und Logan aufhalten, bevor seine Zombies wieder zuschlagen? Können sie Peggy für ihre Sache gewinnen? Und wird Johnny jemals aufhören, nach Hirn zu lechzen?
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Seitenzahl: 220
Aus dem Amerikanischen von Maxi Lange
SCHNEIDERBUCH
Bisher bei Schneiderbuch erschienen:
Minecraft. Zombies! (Band 1)
Minecraft. Zombies sind zurück! (Band 2)
Deutsche Erstausgabe
© 2024 Schneiderbuch in der
Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
Alle Rechte für die deutschsprachige Ausgabe vorbehalten
©2023 Mojang AB. All Rights Reserved.
Minecraft, the Minecraft logo, the Mojang Studios logo and the Creeper logo
are trademarks of the Microsoft group of companies.
Originaltitel: »Minecraft: Zombies Return!«
Erschienen bei Random House Worlds, an imprint of Random House,
a division of Penguin Random House LLC, New York.
Random House is a registered trademark
and Random House Worlds and colophon
are trademarks of Penguin Random House LLC.
Covergestaltung: Achim Münster, Overath
nach einem Entwurf von Kaz Oomori
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783505152245
www.schneiderbuch.de
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Instagram: @schneiderbuchverlag
Jegliche nicht autorisierte Verwendung dieser Publikation zum Training generativer Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) ist ausdrücklich verboten. Die Rechte des Autors und des Verlags bleiben davon unberührt.
Für meine wachsende Familie.
Die Nacht war dunkel und voller Monster.
Ben konnte sie jenseits des Lichtscheins seiner Fackeln hören … schlurfende Schritte … das Klappern von Knochen … und in der Ferne ein tiefes unmenschliches Stöhnen.
Bens Instinkt drängte ihn, umzudrehen … wieder hineinzugehen und vor den gruseligen nächtlichen Geräuschen wegzulaufen.
Aber er lief auf sie zu.
Er schauderte vor Angst, als er seinen kleinen Lichtkreis verließ. Überall um seine bescheidene Unterkunft herum standen Fackeln. Die gedrungene Behausung aus Stein und Erde war alles andere als beeindruckend, aber in den warmen Gelbtönen des Fackelscheins kam sie ihm vor wie eine helle und einladende Insel inmitten eines Meeres aus Dunkelheit.
Eigentlich verspürte Ben nicht die geringste Lust, seine kleine Oase zu verlassen. Aber wenigstens konnte er auch ohne Fackeln einigermaßen gut sehen. Der Mond schien hell vom Himmel herab, und die Ebene erstreckte sich weit in alle Richtungen, sodass seine Sicht nur durch den einen oder anderen Baum versperrt wurde. Mit ein wenig Glück und etwas Geschick würde er sich an den Monstern der Nacht vorbeischleichen können.
Vor ihm funkelten rot glühende Augen – eine Spinne auf der Pirsch! Er duckte sich und verharrte völlig reglos auf der Stelle. Einen Moment lang beobachtete er sie, um zu ergründen, ob ihn die Spinne im Visier hatte. Aber die roten Punkte zuckten nur unruhig und wandten sich dann gen Westen.
Ben lief Richtung Osten.
Nicht etwa, weil er hilflos war. Ben hatte schon zahlreiche Gefechte überlebt. Er besaß ein Eisenschwert, einen Schild und eine Eisenrüstung – nicht die beste Ausstattung, die er je besessen hatte, aber gut genug, um gegen jedes Oberwelt-Monster, das ihm begegnete, die Oberhand gewinnen zu können.
Aber in einer Nacht wie heute auf einer weiten Ebene wie dieser würde ein Gefecht zu viel Aufmerksamkeit erregen. Im Handumdrehen würden ihn zahllose Monster überrennen, und er wäre hoffnungslos überfordert. Es war schlauer, den Kopf unten zu halten, sich möglichst still zu verhalten und wenn möglich allen Kämpfen aus dem Weg zu gehen.
Das Leben war leichter gewesen, als er noch mit seiner Partnerin unterwegs gewesen war. Aber die Dinge hatten sich geändert. Dieser Tage war Ben weniger ein Abenteurer … und vielmehr ein Babysitter.
Leider gab er dabei keine tolle Figur ab.
»Johnny?«, flüsterte er. »Johnny, bist du hier irgendwo?«
Wie als Antwort ertönte wieder das tiefe Stöhnen, diesmal näher. Ben spähte in die Finsternis und suchte den Horizont ab. Nicht allzu weit entfernt entdeckte er die Silhouette einer Gestalt mit menschlichen Proportionen. Im spärlichen Mondlicht konnte er nicht viel erkennen, aber die ausgestreckten Arme und der kränklich-grüne Farbton der Haut fielen ihm ins Auge.
Es war ein Zombie.
Aber war es der, den Ben suchte?
Er schlich ein Stück weiter, ehe er es noch einmal versuchte: »Johnny, bist du das?«
Die Antwort war ein Knurren. Das … und eine hirnlose, teuflische Attacke.
Ben reagierte instinktiv, machte einen Satz rückwärts und fuchtelte dabei mit seinem Schwert. Die ruckartige Bewegung beförderte ihn außerhalb der Reichweite des Zombies und verletzte das Monster.
Aus der Nähe und im Mondlicht erkannte er jetzt, dass es sich bei diesem Untoten nicht um den handelte, nach dem er suchte. Erleichterung machte sich in ihm breit – schließlich sollte er Johnny beschützen und nicht mit dem Schwert verletzen.
Aber dieser Zombie? Auf den durfte er nach Herzenslust einprügeln.
Ben machte einen Satz nach vorn, schlug zu und sprang blitzschnell wieder zurück, um außerhalb der Reichweite des Untoten zu bleiben. Es fühlte sich großartig an, endlich wieder einmal zu kämpfen, nachdem er so lange allem Ärger aus dem Weg gegangen war.
Aber er war eingerostet. Beim letzten Hieb stimmte sein Timing nicht, sodass es dem Zombie gelang, ihn an der Brust zu erwischen. Ben stolperte rückwärts. Selbst durch den Brustpanzer hatte er die Klauen gespürt.
»Das war nicht nett!«, rief er und schlug erneut zu. Der Zombie fiel um wie ein Baum und hinterließ einen Fetzen verrottetes Fleisch. Ben erinnerte sich, dass es essbar war … und dass ihm langsam die Vorräte ausgingen. Aber ganz so verzweifelt war er dann doch nicht. Noch nicht.
In der Nähe ertönte ein weiteres Stöhnen. Was er befürchtet hatte, war eingetroffen: Der Kampf hatte ungewollte Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Mit erhobenem Schwert wirbelte Ben herum …
Und hielt im letzten Moment inne.
»Johnny!«, sagte er. »Ich hätte dich beinahe halbiert. Böser Junge!«
Das Monster, das vor ihm stand, war in der Tat noch ein kleiner Junge … wenn auch kein typischer. Der ehemalige Dorfbewohner war während einer Zombiebelagerung angegriffen worden und hatte sich daraufhin in einen Untoten verwandelt. Seine Haut war grün, die Augen glommen rot unter der dichten schwarzen Braue, und seine Klamotten waren schmutzig und zerlumpt. Außerdem hing er an einer Leine, die Ben prompt ergriff.
Johnny knurrte und schnappte nach Bens Hand.
»Hey, lass das!«, beschwerte sich Ben. »Nur, weil deine Schwester nicht hier ist, heißt das noch lange nicht, dass du mich wieder beißen darfst. Benimm dich.«
Johnny knurrte erneut, aber es war ein tiefer, leiser Ton, der in Bens Ohren fast entschuldigend klang.
Vielleicht war es aber auch ein Knurren wie jedes andere und Ben hatte einfach nur zu viel Zeit in der Gesellschaft von Zombies verbracht.
Er hatte schon viele Begegnungen mit Zombiedorfbewohnern hinter sich, und die endeten meist mit einem Kampf … und zwar einem, den meist nur Ben überlebte. Aber zwischen ihm und Johnny hatte sich inzwischen eine ganz spezielle Verbundenheit entwickelt. Nicht zuletzt, weil Johnnys große Schwester Bobbie ihrem Bruder ein paar grundlegende Manieren beigebracht hatte.
Kurz nachdem sie sich zum ersten Mal begegnet waren, hatte sie Ben angeheuert, um ein Heilmittel für ihren Bruder zu finden. Aber dann wurden sie getrennt und das Letzte, was Bobbie zu ihm gesagt hatte, war, dass er jetzt für die Sicherheit ihres Bruders verantwortlich war.
Leider hatte Ben Verantwortung ungefähr so gern wie ein Zombie das Sonnenlicht. Apropos Sonne …
»Wir müssen wieder nach Hause«, sagte Ben. Diesmal protestierte Johnny nicht, als der Abenteurer seine Leine ergriff. »Die Sonne geht bald auf, also falls du deinen Spezialhut nicht tragen willst …«
Ben holte einen geschnitzten Kürbis hervor und zeigte ihn Johnny. Der Zombiejunge konnte ihn über den Kopf stülpen und war auf diese Weise vor Tageslicht geschützt, aber er verabscheute das Ding. Kaum fiel sein Blick auf den provisorischen Helm, fing er an, missmutig vor sich hin zu knurren und zu murmeln und zerrte an der Leine, als wollte er weglaufen.
»Okay, ich packe ihn ja schon weg«, gab Ben nach. »Aber dann müssen wir jetzt wirklich wieder ins Haus. Bobbie wird uns nie finden, wenn wir zu weit weggehen. Außerdem würde sie es mir nie verzeihen, wenn du Feuer fängst … und ich würde mich deswegen auch ein bisschen schlecht fühlen.«
Als er den Namen seiner Schwester hörte, stieß Johnny ein tiefes, trauriges Knurren aus. Wieder zog er an der Leine, aber diesmal sanfter. Er wollte nicht vor Ben weglaufen, sondern ihn auffordern, die Ebene zu überqueren.
»Ah, deshalb warst du also auf Wanderschaft«, stellte Ben fest. »Du vermisst deine Schwester und wolltest sie suchen, richtig?«
Johnnys Knurren klang fast wie ein Schnurren.
»Tut mir leid, Kumpel«, meinte Ben bedauernd. »Die Oberwelt ist riesig. Sie könnte überall sein.« Er schüttelte den Kopf. »Wir müssen bleiben, wo wir sind, damit sie uns findet.«
Auf dem Rückweg zur Unterkunft kam es ihm so vor, als würde Johnny schmollen. Er ging betont langsam und ignorierte Bens geflüsterte Bitten, sich zu beeilen. Kein Wunder, denn Johnny hatte in der Nacht nichts zu fürchten. Die Monster der Oberwelt betrachteten ihn als einen der Ihren – in Ben hingegen sahen sie eine potenzielle Mahlzeit. Und zwar eine besonders schmackhafte!
»Wir sind fast zu Hause«, flüsterte Ben. »Wir legen uns schlafen, und morgen früh sehen die Dinge schon ganz anders … ooh, ein Schatz!«
Trotz aller Gefahren und Ungewissheiten war Ben im Herzen immer noch ein Abenteurer. Und Abenteurer liebten Beute. »Ein kleiner Umweg schadet nicht«, sagte er.
Der Weg war Ben neu, und was er aus der Ferne für einen einfachen Baum gehalten hatte, entpuppte sich aus der Nähe betrachtet als Bogen aus Stein und Obsidian. Das Konstrukt sah fast wie ein Portal aus, aber ein unvollständiges … oder eines, das mit der Zeit verfallen war. Er besaß nicht das Werkzeug, um den Obsidian abzubauen, aber neben der Portalruine stand eine Truhe … deren Inhalt allein ihm gehörte.
Ben öffnete den Deckel, und sein Herz machte einen Sprung, als er Gold glitzern sah. Einen kurzen Moment dachte er, er hätte einen goldenen Apfel gefunden – eine Schlüsselzutat, um Johnny zu heilen.
Aber er hatte sich zu früh gefreut. In der Truhe lag kein goldener Apfel, sondern eine goldene Karotte.
»Ob es damit auch geht?«, fragte er sich laut und hielt sie Johnny hin. Aber der Zombiejunge schlug die dargebotene Hand mit dem goldbesetzten Gemüse weg.
»Okay, wohl nicht«, meinte Ben gleichmütig und steckte die Karotte ein.
Sie ließen das Portal hinter sich und fanden ohne Schwierigkeiten die Unterkunft wieder, deren Lichter bei Nacht weithin erkennbar waren.
Als sie den Fackelkreis betraten, überkam Ben eine Welle der Erleichterung. Seine Anspannung verflog, und er gestattete sich ein Gefühl der Sicherheit, nicht mehr pausenlos über die Schulter blicken zu müssen, weil er einen Hinterhalt fürchtete.
Aber er hatte zu früh aufgeatmet.
Im Fackellicht konnten zwar keine neuen Monster spawnen, aber diejenigen, die schon vorher unterwegs gewesen waren, vermochte es nicht fernzuhalten. Eins von ihnen hatte sich in die Unterkunft geschlichen. Es kam um eine Ecke auf Ben zu und machte sich sofort bemerkbar … mit einem plötzlichen und eindringlichen Schschsch.
»Creeper!«, rief Ben. »Raus hier!«
Wie ein Schild positionierte er sich zwischen Johnny und dem Monster und schubste den Jungen in dem Moment aus der Gefahrenzone, als der Creeper explodierte. Ben spürte die Druckwelle hart in seinem eisengeschützten Rücken, aber es gelang ihm, auf den Füßen zu bleiben. Hätte er einen Augenblick später reagiert, wären er und Johnny womöglich erledigt gewesen. Sie hatten Glück gehabt.
»Alles okay?«, fragte Ben, und Johnny knurrte leise.
Ben wandte sich ab, um den vom Creeper verursachten Schaden zu begutachten. Es war das reinste Chaos. Die eine Hälfte der Unterkunft war vollständig zerstört, und Bens magere Habseligkeiten – die Ressourcen, die er tagsüber gesammelt und in einer einfachen Holztruhe gelagert hatte – lagen überall verstreut. Wo der Creeper gestanden hatte, klaffte ein Loch im Boden; die Fackeln, die eben noch für Licht gesorgt hatten, waren ebenfalls zerstört. Jeden Moment konnten neue Monster auftauchen.
»Es ist hoffnungslos«, seufzte Ben. »Ich habe nicht die Rohstoffe für eine bessere Unterkunft.« Er drehte sich zu Johnny um. »Und ich kann dich unmöglich im Auge behalten und gleichzeitig Materialien abbauen.«
Ben spähte ins vom Creeper gerissene Loch. Es gab den Blick auf die Schienen frei, auf denen er und Johnny hergekommen waren. Unweigerlich musste er daran denken, wohin sie führten.
»Aber ich weiß, wo wir eine sichere Unterkunft finden.« Er grinste und klopfte Johnny auf die Schulter. »Logan benutzt seine Festung nicht mehr. Was hältst du davon, wenn wir dort einziehen?«
Johnny schnappte nach Bens Hand, der sie jedoch rechtzeitig wegzog.
Er war sich einigermaßen sicher, dass das Johnnys Art war, zu sagen: Gute Idee, Ben. Du bist der Beste. Lass uns gehen!
Weit entfernt von ihren Gefährten wanderte Bobbie durch die Oberwelt und hatte ihrerseits mit Problemen zu kämpfen.
Sonnenlicht war nur noch eine dumpfe Erinnerung, und auch Schlaf hatte sie ewig keinen bekommen. Sie wusste nicht mehr, wie lange sie schon zu Fuß in diesem unterirdischen Tunnel unterwegs war. Wie viel Zeit war vergangen, seit sie sich von Ben und ihrem Bruder getrennt hatte? Wann hatte sie sich entschieden, ihrem Erzfeind zu folgen, der in diesem Augenblick seine Armee durch die Tunnel führte? Sie wusste es nicht.
Aber es war auch niemand da, der sie hätte fragen können, denn Bobbie war allein. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie mutterseelenallein.
Sie dachte an ihren Bruder und wie er früher gewesen war: ein charmanter, manchmal frustrierender kleiner Wildfang, der es liebte, auf Betten herumzuspringen und die Blumengeschenke des Dorfgolems anzunehmen. Dann wanderten Bobbies Gedanken zu dem, der Johnny jetzt war: grünhäutig, halb verwildert und äußerst beißfreudig. Ein Zombie. Und alles nur wegen der bodenlosen Gier einer einzigen Person … eines Abenteurers namens Logan.
Er war auch in diesem Tunnel unterwegs – und zwischen ihm und ihr marschierte eine Armee aus bestimmt dreihundert Zombies.
Vielleicht waren es auch nur zweihundert. Bobbie hatte nie Gelegenheit gehabt, sie zu zählen. Sie wusste nur, es waren viele. Logan hatte sie von überallher zusammengetrieben – zuerst ausschließlich wilde Zombies, die er dazu missbraucht hatte, Dorfbewohner anzustecken. Bobbie hatte es mit eigenen Augen gesehen. Hilflos hatte sie zusehen müssen, wie ihre Eltern, Freunde und Nachbarn transformiert … besser gesagt, infiziert wurden – genau wie ihr Bruder. Und nun gehörten sie der großen Horde aus Untoten an, die Logan durch diesen riesigen, scheinbar endlosen Tunnel führte … Wohin, wusste sie nicht, aber bestimmt an keinen Ort, der Gutes verhieß, da war sich Bobbie sicher.
Sie folgte der Horde in sicherer Entfernung. Wenn die Zombies sie entdeckten, würden sie sich alle auf einmal auf sie stürzen … Das wäre ihr Ende. Gegen so viele Untote hätte sie nicht die geringste Chance. Bobbie hatte keine Ahnung, wie gut Zombiesinne waren. Konnten die Monster sie womöglich riechen? Sie in der Dunkelheit erkennen? Sie wusste es nicht.
Also lieber auf Nummer sicher gehen und besonders vorsichtig sein. Dennoch durfte sie die Untoten auf keinen Fall sich selbst überlassen. Wenn sie ihre Spur verlor, würde sie sie vielleicht nie wiederfinden.
Und dann wären ihre Freunde und Nachbarn für immer verloren.
Ein Geräusch hallte durch den Tunnel. Zur Abwechslung war es kein Zombiegestöhn – das hörte sie andauernd –, sondern der Klang eines Ziegenhorns. Sie hatte gelernt, dass es als Pausensignal diente … was bedeutete, dass in Kürze mit Gesellschaft zu rechnen war.
Bobbie sah sich nach einem natürlichen Schlupfwinkel um, aber dieser Bereich des Tunnels war von Menschenhand geschaffen worden. Es gab weder Nischen noch Stalagmiten, hinter denen sie sich hätte verbergen können – nur glatte, ebenmäßige Wände. Sie würde selbst für ein Versteck sorgen müssen, und zwar schnell.
Mithilfe ihrer Spitzhacke hieb sie kurzerhand ein schmales Loch in die Steinwand, das lediglich einen Block breit, zwei hoch und drei tief war. Dann schlüpfte sie hinein und legte einen der eben abgebauten Blöcke in die Öffnung, sodass sie halb im Schatten verborgen war. So war sie nicht ganz so leicht zu entdecken und hatte trotzdem einen guten Blick auf alles, was um sie herum geschah.
Kurz darauf hastete jemand aus der Finsternis auf sie zu und hielt sorgsam Abstand zu den Zombies, während er die Horde einzäunte. Es war zu dunkel, um Details zu erkennen, aber Bobbie sah ihm an, dass er vor Angst schlotterte. Er war von Kopf bis Fuß in eine Lederrüstung gehüllt, aber wusste offenbar genau, dass die nicht ausreichen würde, um ihn zu schützen, falls ihn die Horde einholte.
Der Junge hieß Ben. Aber er war nicht ihr Ben … also der Freund, dem sie die Aufsicht über ihren Bruder überlassen hatte. Diesen anderen Ben nannte Bobbie in Gedanken »Ben Zwei«. Logan bezeichnete ihn als seinen Knappen – obwohl »Diener« passender wäre –, und seine Aufgabe bestand darin, sicherzustellen, dass die Zombies in die richtige Richtung liefen. Kurz gesagt: Tagsüber lockte er die Horde mithilfe von Schildkröteneiern an, und nachts zäunte er sie ein, damit sie nicht abhauten.
Es ist also Nacht, schlussfolgerte Bobbie. Das passte jedenfalls zu ihrem Zustand – sie war definitiv müde genug, um sich auszuruhen. Aufmerksam beobachtete sie Ben Zwei, der hastig die letzten Zäune aufstellte, sodass sie mit der Steinwand abschlossen. Alle paar Augenblicke verrutschte ihm die Lederkappe, die er immer wieder geraderückte.
»Alter, was dauert denn da so lange?« Die Stimme gehörte Logan, der gerade aufgetaucht war und den anderen Jungen genervt ansah. Auch er trug eine Rüstung, aber sie bestand aus Diamanten. Sein Helm saß perfekt.
»Schon fertig!«, versicherte Ben Zwei hastig. »Der Zaun steht!«
»Wird auch Zeit«, murrte Logan. »Denk daran, morgen früh alles wieder einzupacken, ja? Holz wächst schließlich nicht auf Bäumen.«
»Ja, ich weiß«, antwortete Ben Zwei.
Logan schnaubte belustigt. »Ähm, Holz wächst sehr wohl auf Bäumen. Das war ein Witz. Mach dich mal locker, Junge.«
Er klopfte Ben Zwei auf den Rücken … auf den ersten Blick eine freundschaftliche Geste, wenn er nicht viel härter als nötig zugehauen hätte. Ben Zwei zuckte zusammen, und seine Kappe verrutschte schon wieder.
»Jetzt kümmere dich ums Abendessen. Ich bin am Verhungern«, verkündete Logan und machte kehrt, um an die Spitze der Horde zurückzukehren.
Aus ihrem Versteck beobachtete Bobbie Ben Zwei, der seufzend seine Kopfbedeckung richtete und dann ein Bett, einen Ofen und eine Truhe aufstellte.
Bobbie hätte zu gern das Gleiche getan. Kurz erwog sie, ihr Versteck ein wenig zu erweitern und einen richtigen Raum zu graben, in dem ein Bett Platz fand … aber das Risiko, zu verschlafen, war groß. Was, wenn Logans Armee längst aufgebrochen war, wenn sie aufwachte? Sie konnte nicht sicher sein, dass sie sie wiederfand und einholte.
Letztendlich entschied sie sich dagegen. Einen Ofen konnte sie genauso wenig aufstellen, weil das Feuer zu viel ungewollte Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte. Sie würde sich wieder einmal mit einem kalten Abendessen begnügen und eine lange Nacht überstehen müssen, deren Stille allenthalben vom Stöhnen und Knurren der rastlosen Horde unterbrochen wurde.
Eines war sicher: Die Geräusche der vielen Zombies, die sich nur wenige Blöcke von ihr entfernt aufhielten, reichten aus, um sie wach zu halten.
Während sie sich gedanklich auf die bevorstehende Nacht vorbereitete, wanderte ihr Blick zu Ben Zwei. Er war gerade dabei, seine Habseligkeiten in die Truhe zu legen. Als er ein Schildkrötenei aus der Tasche holte, drehten die Zombies in der Nähe durch und warfen sich gegen den Zaun, um danach zu grabschen. Ben Zwei machte einen Satz rückwärts, so als sei er sich nicht sicher, ob der Zaun halten würde. Hastig legte er das Ei weg.
Bobbie hatte keine Ahnung, warum Zombies so versessen auf Schildkröteneier waren. Sie taten so ziemlich alles, um sie zu zertreten.
Diese Neigung machte sich Logan zunutze, um die Untoten zu lenken. Sie folgten den Schildkröteneiern, die Ben Zwei schlotternd vor Angst vor ihnen hertrug – immer darauf bedacht, außerhalb ihrer Reichweite zu bleiben.
Bobbie fand das interessant.
»Ich glaube, ich brüte gerade einen Plan aus«, flüsterte sie zu sich selbst und kicherte über ihr Ei-Wortspiel. Dann verstummte sie und dachte seufzend, dass Ben – ihr Ben – bestimmt darüber gelacht hätte.
Ben wäre lieber oberirdisch und bei Tageslicht gereist.
Aber Johnny weigerte sich, den geschnitzten Kürbis zu tragen, der ihn vor den gefährlichen Sonnenstrahlen geschützt hätte. (Gesagt hatte er das natürlich nicht, aber die Art und Weise, wie er sich mit Klauen und Zähnen wehrte, vermittelte Ben einen recht zuverlässigen Eindruck davon, was er von der Idee hielt.) Nachts an der Oberfläche zu wandern, verursachte wiederum eine ganze Reihe anderer Probleme. Was, wenn Ben zum Beispiel in einen Kampf verwickelt wurde? Würde Johnny ihm genauso beistehen, wie er es getan hatte, als seine Schwester noch bei ihnen gewesen war? Würde Ben den jungen Heißsporn womöglich beschützen müssen, wenn der sich kopflos in einen Kampf stürzte? Oder würde der Zombiejunge die Gelegenheit nutzen und türmen?
Wie er es auch drehte und wendete, Ben blieb keine andere Wahl, als den Tunnel zu nehmen, den er schon vom letzten Mal kannte. Zum Glück hingen überall Fackeln, sodass keine Monster spawnen konnten … und in der Mitte verliefen Schienen, die ihn und Johnny geradewegs zum Ziel führen würden.
»Unter deinen Füßen könnten sich alle möglichen Schätze verbergen, weißt du?«, informierte Ben seinen grünen Begleiter. »Smaragde, Redstone, Diamanten … alles Materialien, die ich dazu verwenden könnte, um mir eine bessere Ausrüstung zu fertigen.« Er hielt Johnny die Eisenspitzhacke vor die Nase. »Wir können einen kleinen Umweg machen und ein bisschen graben … vielleicht finden wir ja etwas.«
»Grarr«, machte Johnny.
Ben seufzte. »Ich wünschte, du könntest reden. Und sei es nur, um mir zu sagen, dass dir mein Vorschlag nicht passt.« Er grinste. »Deine Schwester war ständig anderer Meinung, weißt du noch? Das ging mir manchmal echt auf die Nerven, aber es war besser als dieses ewige Schweigen.«
»Marr!«, knurrte Johnny.
»Andererseits ist Schweigen immer noch besser als unmenschliche Geräusche«, kommentierte Ben trocken.
Obwohl er es selbst vorgeschlagen hatte, traute sich Ben nicht, einen Umweg für eine kleine Bergbau-Expedition zu machen. Einerseits, weil im Untergrund viele Gefahren lauerten. Aber der Hauptgrund war ein anderer: Falls Ben sich verirrte und den Tunnel nicht wiederfand, würde er Fort Rott womöglich niemals erreichen.
Logan – Bens verräterischer Partner, ehemaliger Freund und im Moment am meisten verabscheute Person – hatte die Festung gebaut, genau wie die weitläufigen Tunnel, die dorthin führten. Beide Bauwerke waren wichtige Bestandteile seines irren Plans, eine Armee aus Untoten zu versammeln.
Ben und Bobbie hatten versucht, den Plan zu vereiteln, aber dann waren sie getrennt worden. Bobbie war dortgeblieben, um Logan zu verfolgen und die Zombies zu heilen. Ben und Johnny hatte sie in automatisierten Loren mit Hochgeschwindigkeit fortgeschickt und ihren zombifizierten Bruder Bens Obhut überlassen.
Als die Loren endlich zum Stillstand gekommen waren, hatte Ben an der Oberfläche ein kleines Haus gebaut und mit genug Fackeln umstellt, sodass der Bereich aus der Ferne wie ein Leuchtturm aussah. Ben hatte angenommen, dass Bobbie irgendwann zurückkommen würde, und hatte sich vorgenommen, an einem Ort zu warten, wo sie sie definitiv wiederfand.
Aber inzwischen waren viele Tage ohne ein Zeichen von ihr vergangen. Johnny wurde immer rastloser und Ben zunehmend besorgt. Was hatte Bobbie sich da aufgebürdet? Was hielt sie so lange von ihrem Bruder fern, den sie doch so liebte? Wie wollte sie sich Logan ganz ohne Bens Hilfe stellen, der viel mehr Kampferfahrung als sie besaß und schon fast alle Biome kannte, die es in der Oberwelt gab?
Über diese Fragen dachte Ben nach, während er und Johnny sich dem Ende des Tunnels näherten.
»Okay, das ist neu«, meinte Ben. Er hatte damit gerechnet, die Festung direkt von hier aus betreten zu können, aber vor ihm erhob sich eine Mauer aus schimmerndem Schwarz, die den Eingang blockierte. »Obsidian«, stellte er fest und fuhr mit der Hand über das extrem harte Material. »Und ich habe nur eine Eisenspitzhacke … mit der es ewig dauert und laut wird. Ich weiß ja nicht, wie du das siehst, aber ich würde unsere Ankunft lieber noch eine Weile geheim halten.« Er musterte Johnny. »Wir müssen nach oben. Oder hast du eine bessere Idee?«
»Gaaar«, machte Johnny.
»Das fasse ich als Nein auf«, kommentierte Ben. »Also dann, auf geht’s.«
Es war nicht schwer, eine einfache Treppe zu bauen und sich durch die steinerne Tunneldecke nach oben zu graben. Zum Glück war gerade Nacht; in der Sonne wäre Johnny verbrannt, aber das Mondlicht konnte ihm nichts anhaben.
Ben hingegen schauderte, als er aus dem Loch an die Oberfläche kletterte. Logans Festung ragte über ihm auf, bedrohlich wie eh und je mit den rot-schwarzen Bannern mit Schädeln über gekreuzten Knochen und den aufgespießten Zombieköpfen. Mit leerem Blick starrten die Augen über die umliegende Hochebene und sahen doch nichts.
Ben bedeckte Johnnys Augen. »Nicht hinsehen. Sonst bekommst du Albträume.«
Johnny schnappte nach Bens Hand.
»Ach, richtig«, sagte Ben. »Du bist ja der Albtraum.«
Dann erblickte er etwas wirklich Bedrohliches. Auf halber Höhe bewegten sich zwei Schatten hinter einem beleuchteten Fenster. Ben wusste sofort, um wen es sich handelte.
»Sieh an, Hatchet und Flip«, raunte er. »Logans Spießgesellen.« Die beiden waren gefährlich, unberechenbar und grausam. Die Festung war also doch nicht der sichere Unterschlupf, den Ben sich erhofft hatte.
Andererseits war es außerhalb der Festung mindestens genauso gefährlich. Ben suchte die Umgebung nach Feinden ab. Er wusste, es war nur eine Frage der Zeit, ehe sich irgendeine Kreatur aus der Finsternis auf ihn stürzte.
»Schleimmist«, fluchte er leise. »Hast du eine Idee, Johnny?«
Der Zombiejunge knurrte wenig hilfreich.
Nicht zum ersten und bestimmt auch nicht zum letzten Mal wünschte sich Ben, dass Bobbie bei ihnen wäre. Denn in diesem Augenblick erwog er ernsthaft, sich ganz allein zwei kampferfahrenen Gegnern zu stellen, und das auch noch in ihrem eigenen Revier. Er konnte wirklich Verstärkung gebrauchen.
Oder noch besser: Er konnte jemanden gebrauchen, der ihm diesen wahnwitzigen Plan ausredete.
Bobbie war früher nie risikofreudig gewesen. Bis vor nicht allzu langer Zeit war sie schon nervös geworden, wenn Johnny wild auf einem Bett herumgesprungen war. Was, wenn er sich den Kopf stieß? Oder das Bett zu Bruch ging und Bobbie beim Versuch, Wolle für ein neues zu holen, versehentlich einem Schaf wehtat?
Aber seit der Nacht der Zombiebelagerung war Bobbies Leben wie auf den Kopf gestellt. Und Risiken einzugehen, gehörte inzwischen dazu.
Was allerdings nicht hieß, dass sie sich auf Teufel komm raus rücksichtslos verhalten musste.
Also wartete sie ab, bis Ben Zwei einschlief. Es war nicht schwer zu erkennen, wann es so weit war. Der Junge schnarchte zwar nicht, aber warf sich im Bett hin und her und trat um sich, als wollte er irgendeinem Monster davonrennen, das ihn im Traum heimsuchte. Kein Wunder, schließlich verbrachte er jeden wachen Moment – und jeden schlafenden – in der Nähe einer Zombiehorde. Das konnte einem Menschen schon Angstzustände bescheren.
Aber Ben Zwei sorgte sich um die falschen Dinge. Die Zombies konnten nicht zu ihm, während er schlief … Bobbie schon. Er hatte keine Ahnung, wie nahe sie ihm bereits war … und dass sie immer näher kam.