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Der Bestseller-Autor Peter Scazzero zeigt uns, wie man mithilfe der alten Tradition des Tageszeitengebets acht Wochen lang Gott mitten im Alltag begegnen kann. Wie oft denken Sie an Gott? Vermissen Sie seine Nähe, gerade in der täglichen Hektik? Um die Beziehung zu Gott zu stärken, ist es wichtig, Zeit mit ihm zu verbringen. Peter Scazzero hat in der alten Übung des Tageszeitengebets einen Weg entdeckt, der es erlaubt, uns auf einfache Weise der Gegenwart Gottes in unserem Alltag immer wieder zu vergewissern. Er nimmt uns hinein in den Rhythmus eines Gesprächs mit Gott, das unseren Alltag mit einer tiefen Erfahrung der Gegenwart Gottes beschenkt. Allen, die in den Belastungen des Alltags aus der Kraftquelle der Liebe Gottes schöpfen wollen, bietet das Acht-Wochen-Programm Gelegenheit, mitten im Alltag "den Herzschlag der Ewigkeit" zu spüren.
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Seitenzahl: 204
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Peter Scazzero
Originally published in the U.S.A. under the title: Daily Office.
Copyright © 2008 by Peter Scazzero
Published by Willow Creek Association.
Titel der amerikanischen Originalausgabe: Daily Office
Copyright © 2008 Peter Scazzero
Erschienen bei Willow Creek Association.
Deutsch von Heike Jablonski
Bibelzitate sind wie folgt gekennzeichnet:
Hfa – Hoffnung für alle®. Copyright
© 1983, 1996, 2002 by Biblica Inc.TM.
Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
Alle weiteren Rechte weltweit vorbehalten.
Übersetzt und herausgegeben durch: Brunnen Verlag Basel, Schweiz.
EÜ – Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift.
© 1980 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart.
GN – Die Gute Nachricht. Die Bibel in heutigem Deutsch.
© 1997 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
L – Lutherbibel in der revidierten Fassung von 1984.
© 1984 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
NL – Neues Leben. Die Bibel. © Copyright der deutschen Ausgabe
2002 und 2006 SCM R.Brockhaus
im SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Witten.
NGÜ – Neue Genfer Übersetzung
© 2003 Genfer Bibelgesellschaft, Genf.
SL – Die Bibel. Schlachter-Übersetzung. Version 2000.
© 2000 Genfer Bibelgesellschaft, Genf.
Basierend auf der
4. Auflage 2023
© 2012 Brunnen Verlag GmbH, Gießen
www.brunnen-verlag.de
Umschlaggestaltung: Daniela Sprenger
Umschlagmotiv: Pok Rie / Pexels
ISBN Buch 978-3-7655-4159-9
ISBN E-Book 978-3-7655-7682-9
Ich möchte meiner Frau Geri danken, meiner besten Freundin und meiner Lieblingsgefährtin auf der Lebensreise. Sie hat zahllose Stunden damit verbracht, diese Tageszeitengebete zu beten, sie zu bedenken und mit ihnen in verschiedenen Kontexten zu experimentieren. Ihr Bemühen, Fragen zu entwickeln, die die Seele berühren, will uns helfen, Gott in unserem Leben konkreter und ganz persönlich zu erfahren. Welch ein Geschenk! Danke.
Einführung
Tageszeitengebete
1. Woche: Das Problem einer lebensfeindlichen Spiritualität
2. Woche: Erkenne dich selbst, damit du Gott erkennst
3. Woche: Der Schritt zurück, der uns den Weg nach vorne frei macht
4. Woche: Der Weg durch die Mauer
5. Woche: Die Seele weiten lassen – Trauer und Verlust
6. Woche: Wege zu einer vertieften Spiritualität
7. Woche: Emotional erwachsen werden
8. Woche: Eine Lebensregel entwickeln
Anhang A: Das Vaterunser
Anhang B: Eine Anleitung, das Vaterunser zu beten
Anmerkungen
Viele Christen tun sich heutzutage schwer – besonders wenn es darum geht, Zeit mit Gott zu verbringen. Vielleicht gehören Sie auch zu den Menschen, denen es so geht.
Seit über zwanzig Jahren bin ich Pastor einer großen Innenstadtgemeinde im New Yorker Stadtteil Queens. Hier treffen sich Menschen aus mehr als 65 Nationen. In dieser Zeit bin ich auch quer durch die Vereinigten Staaten und Kanada gereist, habe zu und mit vielen Pastoren und Kirchenvorständen gesprochen und Gemeinden unterschiedlichster Konfessionen und Sozialstrukturen kennengelernt. Das Folgende sind meine Beobachtungen zum momentanen geistlichen Zustand in den meisten Gemeinden in Nordamerika:
Wir lassen uns von der Spiritualität anderer durchfüttern.
Wir sind vereinzelt, zerstreut und ohne Zentrum.
Wir sind physisch, geistlich und seelisch erschöpft.
Unsere Spiritualität reicht kaum tiefer als unter die Oberfläche.
Wir beten sehr wenig und erleben nicht viel Gemeinschaft mit Gott.
Nachfolge ist für uns etwas, das nebenbei passieren soll; aber wir tun wenig dafür, dass es passiert.
Wir erleben einen Zustand der Stagnation auf unserer geistlichen Reise mit Christus.
Wir tun uns schwer, unser Leben „auf der Flucht“ zu verlangsamen.
Dieses Buch möchte Sie mit einer geistlichen Übung bekannt machen, die Ihr Leben verändern kann: der Übung des Tageszeitengebets (manchmal auch Stundengebet genannt). Wenn wir sie so gestalten, dass sie auf unsere Persönlichkeit, unseren Charakter, unsere Lebenssituation und unsere berufliche Situation zugeschnitten ist, bietet uns diese alte Übung einen Anker, der stark genug ist, uns mitten in den permanenten Anforderungen unseres Lebens abzubremsen.
Das Tageszeitengebet unterscheidet sich von dem, was wir heute „Stille Zeit“ oder „Andacht“ nennen. Die Stille Zeit oder Andacht findet normalerweise einmal am Tag – morgens – statt und hat ihren Schwerpunkt darin, sich für den Tag auffüllen zu lassen oder die Menschen, mit denen wir leben, im Gebet vor Gott zu bringen. Das Tageszeitengebet findet normalerweise mindestens zweimal pro Tag statt. Es geht dabei weniger darum, sich an Gott zu wenden, um etwas zu bekommen, sondern vielmehr um ein Bei-Gott-sein, um Gemeinschaft mit ihm zu haben.1
Das Ziel des Tageszeitengebets ist es (wie bei der Stillen Zeit), während des ganzen Tages und in allen meinen Aktivitäten meine Aufmerksamkeit auf Gott zu richten. Das ist für uns alle eine große Herausforderung. Der enorme Druck unserer eiligen Welt mit ihren vielfältigen Anforderungen, die geistigen Mächte, die dem Glauben zuwiderlaufen, und auch unser sturer Eigensinn führen leicht dazu, dass wir die meisten unserer wachen Stunden ohne einen Gedanken an Gott und seine Gegenwart verbringen.
Der lateinische Ausdruck für das Tageszeitengebet, das seinen Ursprung in den Klöstern hat, lautet Offizium. Das hängt zusammen mit dem lateinischen opus, „Werk“. Für die frühe Christenheit war das Tageszeitengebet immer das „Werk Gottes“ – es hatte oberste Priorität, und nichts durfte diese Priorität beeinträchtigen.
König David hat dies schon vor dreitausend Jahren verstanden. Er betete siebenmal am Tag (Psalm 119,164). Daniel dreimal (Daniel 6,11). Fromme Juden zur Zeit Jesu beteten zu bestimmten Zeiten – morgens, mittags und abends. Diese festgelegten Gebetszeiten waren einer der größten Schätze Israels, denn sie boten eine Möglichkeit, das Leben beständig auszurichten auf Gottes Gebot und Einladung: Gott zu lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit ganzem Verstand und mit aller Kraft. Auch nach der Auferstehung Jesu beteten seine Jünger weiterhin zu bestimmten Tageszeiten (Apostelgeschichte 3,1).
Um das Jahr 525 ordnete Benedikt von Nursia diese Gebetszeiten in acht Tageszeitengebete – inklusive einem für Mönche mitten in der Nacht. Er schrieb seine Benediktsregel für Laien mit dem Ziel, Regeln für das häusliche Leben aufzustellen, damit man so weit wie möglich das Leben, das in den Evangelien beschrieben wird, führen könne. Sie war ein Mittel, ein Weg, auf dem die Schönheit des Lebens erfahren werden kann. An einer Stelle in seiner Regel schreibt Benedikt: „Wenn der Mönch das Signal zum Tageszeitengebet hört, soll er sofort alles beiseitelegen, was er in der Hand hat, und mit der größten Eile gehen … Ja, nichts soll dem Werk Gottes [also dem Gebet] vorgezogen werden.“2
All diese Menschen hatten verstanden, dass ein häufiges Innehalten zum Gebet der Schlüssel ist, der es uns erlaubt, uns auf einfache Weise der Nähe Gottes in unserem Alltag zu vergewissern. Es ist dieser Rhythmus des Innehaltens, der diese „Übung der Gegenwart Gottes“ ermöglicht. Ich weiß, dass dies bei mir funktioniert.
Es liegt eine große Kraft darin, sich bestimmte kurze Zeiten am Tag für Gott frei zu halten (morgens, mittags, abends). So wird der Rest des Tages durchdrungen von einem tiefen Gespür für das Heilige, für Gott. Und die Grenze zwischen „heiligem“ und „weltlichem“ Tun verschwindet.
Eines der größten Hindernisse dafür, Zeit allein mit Gott zu verbringen, ist für viele Menschen das Fehlen einer flexiblen, ausgewogenen Struktur, die uns dabei die Richtung angibt. Wir sind unsicher, was wir tun sollen. Dieses Buch möchte eine Hilfestellung angesichts dieses Problems bieten, indem es eine Struktur für Ihre Zeit mit Gott bereitstellt, die zugleich klar und flexibel ist. Wir sind alle Unikate; Gott hat jeden von uns anders und einzigartig geschaffen. Was bei dem einen funktioniert, wird bei dem anderen noch lange nicht klappen.
Wie bei jeder guten „Methode“ oder jeder wirksamen geistlichen Übung besteht auch hier die Gefahr, dass sie zur Gesetzlichkeit verkommt. Aus diesem Grund habe ich zwei Tageszeitengebete pro Tag entworfen (eins, das am Morgen oder Mittag gehalten werden kann, und das andere für Mittag oder Abend). Sie können z. B. eins am Morgen halten und das andere mittags, oder eins am Mittag und das andere abends vor dem Zubettgehen oder nach dem Nachhausekommen.
Sie entscheiden selbst, wie lang Ihre Gebetszeiten sein sollen. Machen Sie sich bewusst: Der Schlüssel liegt nicht darin, wie lange Sie beten, sondern darin, dass Sie es regelmäßig tun, dass Sie regelmäßig an Gott denken. Ihre Pause, um bei Gott zu sein, kann sich irgendwo zwischen zwei, zwanzig oder fünfundvierzig Minuten bewegen. Meine Frau und ich etwa haben längere Zeiten mit Gott am Morgen und später kürzere am Mittag und abends. Aber das ist Ihnen überlassen.
Das sind die Bausteine eines jeden Tageszeitengebets in diesem Buch:
Dies ist der Kern des Tageszeitengebets. Darum geht es. Wir unterbrechen unsere Aktivität und legen eine Pause ein, um beim lebendigen Gott zu sein. Werde ruhig vor dem Herrn und warte gelassen auf sein Tun!, mahnt uns Psalm 37 (V. 7a; GN) und an anderer Stelle: Seid stille und erkennet, dass ich Gott bin! (Psalm 46,11a; L). Wir begeben uns in Gottes Gegenwart und ruhen dort aus – das allein ist schon nicht wenig. Es gibt Tage, an denen ich meine Arbeit für mein Mittagsgebet unterbreche und merke, wie ich die ganze Zeit, die mir zur Verfügung steht – egal, ob es fünf oder zwanzig Minuten sind –, damit verbringe, innerlich zur Ruhe zu kommen und mich zu konzentrieren, damit ich meine Anspannung, Ablenkungen und Eindrücke loslassen und anfangen kann, in der Liebe Gottes auszuruhen.
Jede Gebetszeit beginnt und endet mit Stille. Zwei Minuten können am Anfang sehr lang erscheinen. Alle Religionen praktizieren Stille. Was die Stille für uns besonders macht, ist, dass wir nicht in uns selbst ruhen, sondern dass wir still werden vor Gott selbst. Das wird schwierig sein – besonders zu Anfang. Unsere innere und äußere Welt ist voll von Lärm und Ablenkungen. Aus diesem Grund ist Stille heutzutage wahrscheinlich die Übung unter Christen, die uns am meisten herausfordert und in der wir am wenigsten Routine haben. Seien Sie hier sehr geduldig mit sich selbst. Studien deuten an, dass der durchschnittliche Mensch oder die durchschnittliche Gruppe nur fünfzehn Sekunden Stille aushalten kann.
Hier lautet der wichtigste Grundsatz: Weniger ist mehr. Ich habe die Bibeltexte für die Gebetszeiten absichtlich kurz gehalten. Lesen Sie langsam, wenn möglich laut, und „kauen“ Sie auf verschiedenen Wörtern oder Wendungen herum. Wenn Gott Sie dazu führt, bei einem Vers länger zu verweilen, tun Sie es. Seien Sie in Ihrem Herzen aufmerksam, was Gott in Ihnen tut. Sie müssen nicht alles „abarbeiten“, was für eine Gebetszeit angegeben ist! Erlauben Sie dem Heiligen Geist, Sie zu führen.
Diese Passagen wollen Ihren Horizont auf Ihrer Reise erweitern. Ich habe Kostbarkeiten aus einer großen Vielfalt an Quellen einbezogen – Worte von zeitgenössischen und klassischen geistlichen Schriftstellern, Mönchen, den sog. Wüstenvätern und chassidisch-jüdischen Rabbis sowie die Hauptthemen aus meinem Buch Glaubensriesen – Seelenzwerge? (Brunnen, 2008) – und sie mit dem Bibeltext verbunden. Lesen Sie diese Passagen langsam und betend. Manchmal ziehe ich mich zum Mittags- oder Abendgebet zurück, und mir geht so viel durch den Kopf, dass ich mit dem Zusatztext beginne, damit ich zur Ruhe kommen und mich konzentrieren kann. Es gibt Zeiten, wo die Texte kraftvoll in Situationen hineinreden, die mich gerade beschäftigen. Gott leitet Sie vielleicht, einen bestimmten Satz oder Abschnitt zu bedenken und zu meditieren. In anderen Momenten möchten Sie sie vielleicht komplett überspringen. Noch einmal: Sinn und Zweck des Tageszeitengebets ist es, Gemeinschaft mit Gott zu erleben – und nicht, den ganzen Text zu schaffen!
Hier finden Sie Fragen, die Gedanken aus dem Bibeltext oder dem Zusatztext aufnehmen und ins Persönliche wenden. Sie sind so formuliert, dass sie kurz, aber eindringlich sind. Vielleicht finden Sie es hilfreich, Ihre Antwort an Gott kurz zu notieren – vielleicht in einem Tagebuch, in dem Sie diese acht Wochen Gebetserfahrung festhalten. Seien Sie nicht überrascht, wenn Gott Sie mit diesen Fragen auf ganz unterschiedliche Wege führt, etwa, wenn Sie dieses Buch ein zweites oder drittes Mal „durchbuchstabieren“. Fühlen Sie sich aber auch frei, die Impulse ganz zu überspringen, wenn Sie sie nicht hilfreich finden.
Lange Zeit meines Lebens als Christ war ich gegen vorformulierte Gebete. In den letzten Jahren habe ich aber entdeckt, dass sie eine reichhaltige Ergänzung meines geistlichen Lebens sein können. Auch hier sind Sie ganz frei, wie Sie mit den Vorschlägen umgehen. Sie können die Worte so beten, wie sie dastehen. Oder Sie nehmen sie als „Sprungbrett“, das Ihren eigenen Worten die Richtung vorgibt. Nutzen Sie sie wieder nur, wenn sie hilfreich sind.
Dieses Buch kann auch von Kleingruppen und Bibelkreisen genutzt werden, die den Begleitkurs zum Buch Glaubensriesen – Seelenzwerge? durcharbeiten.3 Die Themen der einzelnen Wochen basieren jeweils auf einem Kapitel aus Glaubensriesen – Seelenzwerge?. Aber Sie müssen nicht in einer Gruppe sein, um von dieser Einstiegshilfe in die Übung des Tageszeitengebets zu profitieren. Es ist jedoch hilfreich, wenn Sie die entsprechenden Kapitel des Buches begleitend lesen. Dann sind Sie mit den grundlegenden Themen bekannt, und es wird Ihnen leichter möglich sein, die angesprochenen Dinge umzusetzen.
Aber unabhängig davon, ob man Glaubensriesen – Seelenzwerge? gelesen oder an einer Gruppe teilgenommen hat, die den Begleitkurs behandelt hat – Mitten am Tag bist du mir nah bietet eine leicht zugängliche Einführung in ein geistliches Leben, das vom prägenden Rhythmus des Tageszeitengebets geformt ist. Welch kraftvolle Wirkungen dieser Rhythmus entfalten kann, das ist mir beim Schreiben noch einmal bewusst geworden.
Das Vaterunser ist im Anhang als zusätzliche Hilfe für Ihre Zeit mit Gott beigefügt. Wegen seiner Tiefe und Schlichtheit bete ich es meist täglich im Rahmen meiner Tageszeitengebete.
Obwohl diese Tageszeitengebete in erster Linie für Einzelpersonen geschrieben wurden, können sie natürlich auch von Gruppen verwendet werden, die sich zu Morgen-, Mittags- oder Abendgebeten treffen. Meine Empfehlungen für diesen Fall sind:
Bestimmen Sie einen Moderator, der die Zeit im Auge behält.
Lesen Sie den Bibeltext und das Abschlussgebet gemeinsam laut.
Bestimmen Sie eine Person, die den Gedankenanstoß der Gruppe laut vorliest.
Lassen Sie zwischen den Texten und Gebeten Pausen – fünf bis fünfzehn Sekunden.
Beim Tageszeitengebet geht es darum, einen Rhythmus zu schaffen, in dem wir zu bestimmten Zeiten an jedem Tag unsere Aktivitäten unterbrechen, um vor Gott innezuhalten, bei ihm zu sein und dadurch unsere Beziehung zu ihm während des gesamten Tages zu stärken – damit wir die Liebe zu Christus allem anderen vorziehen.
Eines möchte ich besonders betonen: Egal, ob Sie seit fünfzig Jahren Christ sind und ebenso lange Erfahrung mit dem Gebet haben oder erst seit einer Woche – wir sind alle Anfänger, wenn es um Gebet geht. Es geht nicht darum, es „richtig zu machen“ oder Sie an einen gesetzlichen Ablaufplan zu fesseln. Auch die Übung des Tageszeitengebets soll unserer Freiheit in Christus dienen. Deshalb schließe ich mit den Worten des Apostels Paulus: Darum soll euch niemand verurteilen wegen Speise und Trank oder wegen eines Festes, ob Neumond oder Sabbat (oder Tageszeitengebet). Das alles ist nur ein Schatten von dem, was kommen wird; die Wirklichkeit aber ist Christus (Kolosser 2,16-17; EÜ).
Das Problem einer lebensfeindlichen Spiritualität
Ich werde ruhig und richte mich auf Gott aus (2 Minuten)
In Jerusalem angekommen, ging Jesus in den Tempel und fing an, alle hinauszuweisen, die dort Handel trieben oder etwas kauften. Er warf die Tische der Geldwechsler und die Sitze der Taubenverkäufer um und duldete auch nicht, dass jemand etwas über den Tempelhof trug. Zur Erklärung sagte er ihnen: „Heißt es nicht in der Schrift: ‚Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein für alle Völker‘? Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht!“ (NGÜ)
Der sichtbare Zorn, der Jesus die Tische im Tempel umstoßen lässt, verschlägt uns die Sprache! Er weiß: Wenn wir nicht zu Gott finden, gehen Schätze von unermesslichem Wert verloren oder bleiben unentdeckt. Wir verlieren den Raum, in dem wir Gottes unfehlbare Liebe und unglaubliche Gnade erfahren. Wir verlieren eine ewige Perspektive auf das, was wichtig ist oder nicht. Wir verlieren Mitgefühl. Wir gewinnen die Welt, verlieren aber unser Leben (Markus 8,36-37).
Sei frei für Gott
Ich sehne mich
nach dem Befreiungsschlag
den der Erlöser im Tempel von Jerusalem vollzog
Befreiung von dem Gerümpel
all dessen was zweitrangig ist
aber den Weg versperrt
zu der entscheidenden Leere des Herzens
die gefüllt ist
mit nichts als der Gegenwart Gottes.
– Jean Danielou4
Was ist in meinem Leben das, „was zweitrangig ist“, das, was den Weg dahin „versperren“ könnte, Gott zu erleben?
Herr, hilf mir zu sehen, wie viel ich verliere, wenn ich dich verliere. Meine Sicht auf mein Leben und das Leben überhaupt wird verzerrt, wenn ich für dich keinen Platz schaffe und so deine Liebe zu mir verdunkle. Deine Liebe ist besser als das Leben, und ich sehne mich danach, sie immer tiefer zu spüren. In Jesu Namen. Amen.
Ich beende mein Gebet in Stille (2 Minuten)
Ich werde ruhig und richte mich auf Gott aus (2 Minuten)
Samuel aber sagte: Hat der Herr an Brandopfern und Schlachtopfern das gleiche Gefallen wie am Gehorsam gegenüber der Stimme des Herrn? Wahrhaftig, Gehorsam ist besser als Opfer, Hinhören besser als das Fett von Widdern. Denn Trotz ist ebenso eine Sünde wie die Zauberei, Widerspenstigkeit ist ebenso (schlimm) wie Frevel und Götzendienst. Weil du das Wort des Herrn verworfen hast, verwirft er dich als König. (EÜ)
Saul, der erste König Israels, wusste nichts vom Schweigen oder dem Hören auf Gott. Begabt und gesalbt wie David, war auch er ein erfolgreicher militärischer und politischer Führer. Aber nie sehen wir, dass er die Nähe Gottes sucht, so wie David. In dieser Textstelle tadelt der Prophet Samuel Saul dafür, dass er zwar äußerlich die religiösen Forderungen erfüllt (etwa Brandopfer darzubringen), aber nicht darum bemüht ist, die Stimme Gottes zu hören.
Wir alle müssen uns Zeit dafür nehmen, still zu sein und uns zu besinnen, vor allem aber gilt das für diejenigen, die in Großstädten wie London und New York leben, wo alles so schnell geht. … Ich beginne mein Gebet immer schweigend, denn in der Stille des Herzens spricht Gott. Gott ist der Freund der Stille – wir müssen Gott lauschen, denn wichtig ist nicht, was wir sagen, sondern, was er zu uns und durch uns sagt. Beten nährt die Seele – was das Blut für den Körper ist, ist das Gebet für die Seele, und es bringt uns näher zu Gott. Außerdem schenkt es ein sauberes, reines Herz. Ein reines Herz kann Gott sehen, es kann mit Gott sprechen und kann die Liebe Gottes in anderen erkennen.
– Mutter Teresa5
Wie könnte ich in meinem Leben mehr Raum für Stille schaffen, um intensiver auf Gott zu hören?
Entrümple mein Herz, Gott, bis ich ruhig genug bin, dich aus der Stille sprechen zu hören. Hilf mir, in diesen wenigen Momenten innezuhalten, zu lauschen, zu warten, still zu sein und zuzulassen, dass deine Gegenwart mich einhüllt. In Jesu Namen. Amen.
Ich beende mein Gebet in Stille (2 Minuten)
Ich werde ruhig und richte mich auf Gott aus (2 Minuten)
Der Herr sprach zu Jona, dem Sohn Amittais: „Geh in die große und mächtige Stadt Ninive, und kündige ihren Einwohnern an, dass ich sie strafen werde. Denn ich kenne ihre Bosheit.“ Jona machte sich auf den Weg – aber in die entgegengesetzte Richtung! Er floh vor dem Herrn und kam zunächst in die Hafenstadt Jafo. Dort fand er ein Schiff, das gerade nach Tarsis segeln sollte. Er bezahlte das Geld für die Überfahrt und ging an Bord. Doch als sie auf dem Meer waren, ließ der Herr einen starken Sturm aufkommen. Das Unwetter tobte so heftig, dass das Schiff auseinanderzubrechen drohte. (Hfa)
Der Prophet Jona ist ein klassischer Fall von emotional ungesunder Spiritualität. Jona hört auf Gott, und er dient ihm. Doch er weigert sich, Gottes Ruf zu folgen, der brutalen und für ihr barbarisches Verhalten bekannten Weltmacht Ninive gegenüber Liebe und Erbarmen zu zeigen. Jona flieht knapp 4000 km in die entgegengesetzte Richtung nach Tarsis im heutigen Spanien.
Und warum gerade Tarsis? Zum einen, weil es dort sehr viel aufregender ist als in Ninive. Ninive war ein alter Ort, der aus Schichten in Schutt und Asche gelegter unglückseliger Geschichte bestand. Nach Ninive zu gehen, um dort zu predigen, war nicht unbedingt ein begehrter Auftrag für einen hebräischen Propheten mit guten Referenzen. Da war Tarsis schon etwas anderes. Tarsis war exotisch. Tarsis, das war Abenteuer schlechthin … Den biblischen Hinweisen zufolge war Tarsis „eine ferne und manchmal idealisierte Hafenstadt. In 1. Könige 10,22 wird berichtet, dass Salomos Flotte in Tarsis Gold lud, Silber, Elfenbein, Affen und Pfauen … In Tarsis kann ich Karriere in Sachen Glauben machen, ohne es direkt mit Gott zu tun zu bekommen.
– Eugene Peterson6
Während Jona wegrennt, schickt Gott einen großen Sturm, und Jona verliert die Kontrolle über sein Leben und sein Schicksal. Er wird über Bord geworfen und von einem großen Fisch verschluckt. Im Bauch des Fisches schließlich fängt Jona an, mit Gott im Gebet zu ringen.
Gibt es einen inneren oder äußeren Sturm in meinem Leben, durch den Gott mir sagen möchte, dass etwas geistlich nicht in Ordnung ist?
Herr, lass deinen Willen in meinem Leben geschehen, nicht meinen. Du weißt, wie leicht es ist, mich Christ zu nennen, aber zu beschäftigt zu sein und deinen Willen und deine Wünsche zu vergessen. Vergib mir diese Sünde. Hilf mir, auf dich zu hören, und gib mir den Mut, mich dir ganz zu überlassen. In Jesu Namen. Amen.
Ich beende mein Gebet in Stille (2 Minuten)
Ich werde ruhig und richte mich auf Gott aus (2 Minuten)
Liebt nicht die Welt und was in der Welt ist! Wer die Welt liebt, hat die Liebe zum Vater nicht. Denn alles, was in der Welt ist, die Begierde des Fleisches, die Begierde der Augen und das Prahlen mit dem Besitz, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt. Die Welt und ihre Begierde vergeht; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit. (EÜ)
Ende des 3. Jahrhunderts ereignete sich in den Wüsten von Ägypten ein außergewöhnliches Phänomen: Christen, Männer und Frauen, flohen aus den Städten und Dörfern, um Gott in der Wüste zu suchen. Sie erkannten, wie leicht es ist, in den Wirren und Machenschaften der Gesellschaft seine Seele zu verlieren, darum suchten sie Gott auf radikale Art und Weise und zogen in die Wüste. Sie wurden bekannt als die „Wüstenväter“.
Sie sahen die Gesellschaft …
… als ein Schiffswrack, von dem aus jeder einzelne Mensch um sein Leben schwimmen muss … Das waren Leute, die glaubten, sich treiben zu lassen und passiv die Überzeugungen und Werte der Gesellschaft, die sie kannten, zu akzeptieren, sei schlicht und einfach eine Katastrophe … Sie wussten, dass sie nichts für andere tun könnten, solange sie selbst im Wrack herumplanschten. Aber als sie erst einmal festen Grund unter den Füßen hatten, war alles anders. Sie hatten nunmehr nicht nur die Kraft, sondern auch die Verpflichtung, nach sich selbst nun auch die ganze Welt in Sicherheit zu bringen.7
„Liebt nicht die Welt oder was in der Welt ist!“(1. Johannes 2,15) Was lösen diese Worte in mir aus? Wie verstehe ich sie?
Herr, ich brauche dich, damit du mir zeigst, wie ich inmitten meines vollen, aktiven Lebens eine „Wüste schaffen“ kann, um in deiner Nähe zu sein. Befreie mich von den Belastungen, den trügerischen Hoffnungen und den Vorwänden, die mir heute begegnen, damit mein Leben heute eine Gabe und ein Dienst für andere sein kann. Amen.
Ich beende mein Gebet in Stille (2 Minuten)
Ich werde ruhig und richte mich auf Gott aus (2 Minuten)
Mitten in der Nacht stand Jakob auf und nahm seine beiden Frauen und die beiden Nebenfrauen und seine elf Söhne und brachte sie an einer seichten Stelle über den Jabbok; auch alle seine Herden brachte er über den Fluss. Nur er allein blieb zurück. Da trat ihm ein Mann entgegen und rang mit ihm bis zum Morgengrauen. Als der andere sah, dass sich Jakob nicht niederringen ließ, gab er ihm einen Schlag auf das Hüftgelenk, sodass es sich ausrenkte. Dann sagte er zu Jakob: „Lass mich los; es wird schon Tag!“ Aber Jakob erwiderte: „Ich lasse dich nicht los, bevor du mich segnest!“ … „Ich habe Gott von Angesicht gesehen“, rief Jakob, „und ich lebe noch!“ Darum nannte er den Ort Penuël. (GN)