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Diese Ausgabe enthält folgende SF-Abenteuer: Alfred Bekker: Sieben Monde Hendrik M. Bekker: Eroberer der Galaxis - Beute Mara Laue: Sternenkommando Cassiopeia - Sabotage Jahrtausende in der Zukunft: Die Menschen haben große Teile der Galaxis besiedelt. Manche von ihnen haben sich über lange Zeiträume hinweg so sehr an ihre Umgebung angepasst, dass sie kaum noch als Angehörige derselben Spezies erkennbar sind. Galaktische Reiche rivalisieren um Macht, Einfluss und Vorherrschaft: Das Galaktische Kaiserreich, überzeugt davon, dass der Mensch nicht nur die bisher edelste Vollendung der Evolution ist, sondern dass er auch bereits vollkommen ist und deswegen nicht manipuliert werden darf. Die Terranische Allianz freier Völker, die sich einst bildete, weil die Traniatische Föderation in einem langsamen Zerfallsprozess den Mitgliedswelten zu schwach wurde. Das galaktische Reich mit der größten Ausdehnung. Wie der Name andeutet, gehört die Erde, Terra, zu den Gründungswelten. Trotz unzähliger Mitgliedsspezies stellen die Menschen und all ihre Abkömmlinge einen Großteil der Bevölkerung. Die Traniatische Föderation freier Welten, der klägliche Rest eines gigantischen Reiches, das lange vor den ersten raumfahrenden Menschen bereits existierte. Heute eher ein Schutz- und Trutz-Bündnissystem, als eine echte galaktische Größe. Das Kratische Konsortium, ein Bündnisgeflecht von Verbrecherlords, Unterweltbossen und Alleinherrschern. Manche sagen, nirgendwo in der Galaxis sei mehr Verkommenheit zu finden. Und für diejenigen, die sich keinem von ihnen unterordnen wollen, gibt es nur die Flucht in die Weite des Anarchistischen Raums. Niemand ahnt, dass im Hintergrund Entwicklungen in Gang gesetzt wurden, die möglicherweise das empfindliche Gleichgewicht der Machtverhältnisse im All für immer verändern werden. Ohne dass das Leben in der Galaxis es weiß, steht die momentane Phase der Ruhe und Ordnung in der Galaxie vor ihrem Ende ... Isaak Sanders sucht in den Tiefen von Chutala-City nach seinem Vater, um sich seiner Vergangenheit zu stellen. Jerel Rimasen ist als Deserteur und Dieb im Kaiserreich gesucht, weil er das Kaiserreich mehr bedroht als er ahnt. Zaren Daler versucht genau dieses Kaiserreich zu bewahren.
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Monde in der Galaxis: 3 Science Fiction Romane
Copyright
Sieben Monde
Eroberer der Galaxis: Beute
Sternenkommando Cassiopeia - Sabotage
Diese Ausgabe enthält folgende SF-Abenteuer:
Alfred Bekker: Sieben Monde
Hendrik M. Bekker: Eroberer der Galaxis - Beute
Mara Laue: Sternenkommando Cassiopeia - Sabotage
Jahrtausende in der Zukunft: Die Menschen haben große Teile der Galaxis besiedelt. Manche von ihnen haben sich über lange Zeiträume hinweg so sehr an ihre Umgebung angepasst, dass sie kaum noch als Angehörige derselben Spezies erkennbar sind. Galaktische Reiche rivalisieren um Macht, Einfluss und Vorherrschaft:
Das Galaktische Kaiserreich, überzeugt davon, dass der Mensch nicht nur die bisher edelste Vollendung der Evolution ist, sondern dass er auch bereits vollkommen ist und deswegen nicht manipuliert werden darf.
Die Terranische Allianz freier Völker, die sich einst bildete, weil die Traniatische Föderation in einem langsamen Zerfallsprozess den Mitgliedswelten zu schwach wurde. Das galaktische Reich mit der größten Ausdehnung. Wie der Name andeutet, gehört die Erde, Terra, zu den Gründungswelten. Trotz unzähliger Mitgliedsspezies stellen die Menschen und all ihre Abkömmlinge einen Großteil der Bevölkerung.
Die Traniatische Föderation freier Welten, der klägliche Rest eines gigantischen Reiches, das lange vor den ersten raumfahrenden Menschen bereits existierte. Heute eher ein Schutz- und Trutz-Bündnissystem, als eine echte galaktische Größe.
Das Kratische Konsortium, ein Bündnisgeflecht von Verbrecherlords, Unterweltbossen und Alleinherrschern. Manche sagen, nirgendwo in der Galaxis sei mehr Verkommenheit zu finden.
Und für diejenigen, die sich keinem von ihnen unterordnen wollen, gibt es nur die Flucht in die Weite des Anarchistischen Raums.
Niemand ahnt, dass im Hintergrund Entwicklungen in Gang gesetzt wurden, die möglicherweise das empfindliche Gleichgewicht der Machtverhältnisse im All für immer verändern werden.
Ohne dass das Leben in der Galaxis es weiß, steht die momentane Phase der Ruhe und Ordnung in der Galaxie vor ihrem Ende ...
Isaak Sanders sucht in den Tiefen von Chutala-City nach seinem Vater, um sich seiner Vergangenheit zu stellen.
Jerel Rimasen ist als Deserteur und Dieb im Kaiserreich gesucht, weil er das Kaiserreich mehr bedroht als er ahnt.
Zaren Daler versucht genau dieses Kaiserreich zu bewahren.
Eine Cassiopeiapress Romanzeitschrift: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author /
© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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© 2005, 2008, 2012 by Alfred Bekker
© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich (Westf.)
www.AlfredBekker.de
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Mitte des 23. Jahrhunderts werden die von Menschen besiedelten Planeten durch eine kriegerische Alien-Zivilisation bedroht. Nach Jahren des Krieges herrscht ein brüchiger Waffenstillstand, aber den Verantwortlichen ist bewusst, dass jeder neue Waffengang mit den Fremden das Ende der freien Menschheit bedeuten würde. Zu überlegen ist der Gegner.
In dieser Zeit bricht die STERNENKRIEGER, ein Raumkreuzer des Space Army Corps , unter einem neuen Captain zu gefährlichen Spezialmissionen in die Weite des fernen Weltraums auf...
Alfred Bekker schrieb die fesselnden Space Operas der Serie CHRONIK DER STERNENKRIEGER. Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL VON MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im November 2012 erschien mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet.
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Eine schwere Erschütterung durchlief das Raumschiff.
Alarmsignale heulten auf. Der große Panoramabildschirm auf der Brücke fiel für Sekunden aus. »Der Plasma-Schirm ist zusammengebrochen, Captain!«, meldete der Ortungsoffizier. »Schwere Schäden in den Sektionen eins bis vier. Ein Hüllenbruch ist eingetreten. Eines der Sandström-Aggregate wurde beschädigt.«
Das bedeutet, wir haben im Augenblick nur die Ionentriebwerke zur Verfügung und können nicht auf Überlichtgeschwindigkeit gehen, erkannte Commander Max Albertson, seines Zeichens Kommandant des Leichten Kreuzers BATTLE OF TRIDOR. Er wurde blass. Wir
sind verloren!
*
Erneut gingen Erschütterungen durch die BATTLE OF TRIDOR, deren Name in Erinnerung an die entscheidende Schlacht zwischen den Raumflotten der Menschheit und den vogelähnlichen Qriid gewählt war. Elf Jahre lag diese Schlacht zurück, in der es dem Space Army Corps der Humanen Welten gelungen war, die Flotte der Vogelartigen zurückzuschlagen. Seitdem hatte es einen unerklärten Waffenstillstand gegeben. Eine Art Kalten Krieg, der sich seit der jüngsten Krise im Bannister-System immer mehr in einen heißen verwandelte.
Die BATTLE OF TRIDOR hatte Kurs auf das Tardelli-System genommen. Die Entfernung zur Erde betrug 65 Lichtjahre, die Distanz zum Bannister-System, dem äußersten Vorposten der Humanen Welten fast zehn Lichtjahre.
Die gelbe Sonne Tardelli lag mitten im Niemandsland zwischen den Einflussbereichen der Menschheit und dem Qriid-Imperium, über dessen innere politische Verfassung es nach wie vor nur bruchstückhafte Informationen gab. In dieser Zone existierten Dutzende von Sonnensystemen, die zumeist kaum erforscht waren. Es existierten kleinere Zivilisationen verschiedener intelligenter Spezies in diesem Gebiet, von denen die meisten die interstellare Raumfahrt noch nicht entdeckt hatten. Manche dieser Systeme befanden sich auch offen oder verdeckt in einem Vasallenverhältnis zum Heiligen Imperium der Qriid.
Die BATTLE OF TRIDOR befand sich auf einer diplomatischen Mission.
Aber kurz nachdem sie am Rand des Tardelli-Systems aus dem Sandström-Raum aufgetaucht und auf Unterlichtgeschwindigkeit gegangen war, hatte man den Leichten Kreuzer unter Feuer genommen. Captain Albertson wollte gar nicht daran denken, wie verschwindend gering die Wahrscheinlichkeit war, in Schussweite zu einem feindlichen Schiff aus dem Sandström-Raum zu kommen.
»Ich habe soeben den größten Teil der aktiven Ortung verloren«, meldete der Ortungsoffizier. »Und circa dreißig Prozent der passiven.«
»Zielprogrammierung der Gauss-Kanonen nur bedingt einsetzbar!«, ergänzte der Waffenoffizier. »Wir erhalten weitere, sehr gezielte Treffer mit Schäden in mehreren Decks.«
Captain Albertsons Lippen waren zu einem dünnen Strich geworden. Die Anzeige des Panorama-Schirms fiel jetzt völlig aus. Auch die meisten Displays wurden dunkel. Überall blickten kleine rote Lichter.
Uns geht es jetzt wie dem Geblendeten aus der Odyssee!, ging es dem Captain der BATTLE OF TRIDOR durch den Kopf.
»Dauerfeuer aus allen Rohren!«, ordnete er an. »Irgendetwas werden wir treffen. Kein Gegenschub! Dafür verschwenden wir keine Energie!«
Je näher wir am Gegner dran sind, desto besser!, überlegte Albertson.
Je geringer die Distanz zum Gegner war, desto wahrscheinlicher war es, dass ihn die vernichtende Durchschlagskraft der vom irdischen Space Army Corps verwendeten Gauss-Kanonen traf.
Aber letztlich war das nichts anders als ein Akt purer Verzweiflung. Wie sollten sie treffen, ohne zu zielen.
Albertson erhob sich von seinem Kommandantensessel. Er sah kurz auf die Anzeigen seiner Konsole. Auf einigen der Displays blinkten nicht einmal mehr die roten Lämpchen.
Ein Rumoren ging durch das Schiff. Die Impulstriebwerke hielten das Schiff auf einem Drittel Lichtgeschwindigkeit und das zylinderförmige Schiff drehte sich um die eigene Achse, während die Gauss-Kanonen der BATTLE OF TRIDOR unzählige würfelförmige Geschosse auf halbe Lichtgeschwindigkeit beschleunigten. Geschosse, die mit unvorstellbarer Wucht alles durchschlugen, was sich ihnen in den Weg stellte. Es gab keine bekannte Panzerung, die ihnen widerstanden hätte.
Ein annähernd blinder Boxer, der mit enormer Kraft um sich schlägt, aber den Attacken seines Gegners im Grunde wehrlos ausgeliefert ist – das ist die BATTLE OF TRIDOR jetzt, durchzuckte es Albertson.
»Kommunikation?«, rief der Captain.
»Ja, Sir?«
»Senden Sie Notrufsignale auf allen Überlicht- und Standard-Frequenzen. Außerdem will ich eine Transmission per Überlicht-Richtfunk zur Erde senden.«
»Richtstrahl-Transmission ist nur noch im Audio-Bereich möglich, eine Übertragung von Bildsignalen kann nicht mehr durchgeführt werden.«
»Wie auch immer…«
»Sprechen Sie, Sir. Die Funkphase ist offen.«
Albertson atmete tief durch. »Hier spricht Commander Max Albertson, Captain des Leichten Kreuzers BATTLE OF TRIDOR. Unsere gegenwärtigen Koordinaten werden in dieser Transmission als Datenstrom mitgeliefert. Wir…«
*
Commander Rena Sunfrost, Captain des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER, betrat die Brücke. Ihr Blick schweifte kurz über die Dienst habenden Offiziere.
Lieutenant David Kronstein, der Ortungs- und Kommunikationsoffizier der STERNENKRIEGER, blickte kurz in ihre Richtung. Sunfrost schaute zur Seite.
Wie eine scheue, viktorianische Jungfer, durchfuhr es die 32-jährige, sportlich wirkende Kommandantin. Was ist los mit dir? Hat dieser Kronstein dich so sehr verzaubert, dass du dich jetzt schon vor einem harmlosen Blick von ihm fürchtest, weil du glaubst, dass du einen hochroten Kopf bekommst und dir jeder hier deine törichte Schwärmerei ansieht?
Ihr Kopf hatte von Anfang gewusst, dass es niemals eine weitergehende Annäherung zwischen ihr und dem blonden Ortungsoffizier geben durfte. Liebesbeziehungen zwischen Angehörigen derselben Befehlskette waren im Space Army Corps der Humanen Welten untersagt. Die Statuten der Dienstvorschrift regelten das ganz eindeutig. Aber es war eine Sache, so etwas mit dem Verstand zu begreifen und außerdem auch die prinzipielle Richtigkeit dieser Vorschrift anzuerkennen. Etwas ganz anderes war es, seine eigenen Gefühle zu kontrollieren.
Vom ersten Augenblick an, da Rena Sunfrost die Nachfolge ihres ermordeten Vorgängers Willard J. Reilly angetreten hatte, war es ihr unmöglich gewesen, David Kronstein unbefangen gegenüberzutreten.
Du bist es nicht zuletzt ihm schuldig, das Chaos in deinem Inneren endlich in den Griff zu bekommen, meldete sich eine Stimme in ihr. Eine recht energische Stimme, wie sie feststellte.
»Sie haben die Brücke, Captain«, drang ihr jetzt die Stimme von Lieutenant Commander Raphael Wong ins Bewusstsein.
Er war der Erste Offizier der STERNENKRIEGER. Wong war drei Jahre jünger als Sunfrost und hatte eine der steilsten Karrieren hinter sich, die im Rahmen des Space Army Corps überhaupt möglich waren. Ein Musterraumsoldat, der sich nicht ohne Grund Hoffnung darauf gemacht hatte, auch die nächste Sprosse auf der Karriereleiter im Überlichttempo zu nehmen und Nachfolger von Commander Reilly im Amt des Captains der STERNENKRIEGER zu werden.
Aber in diesem Fall hatte das Flottenkommando jemandem mit größerer Erfahrung den Vorzug gegeben.
Ein Umstand, den Wong nur schwer hatte verarbeiten können.
Daher war er Sunfrost anfangs äußerst reserviert gegenübergetreten. Inzwischen hatten sie sich gegenseitig auf professioneller Basis schätzen und als Team zu kooperieren gelernt. Aber ein Rest der anfänglichen Reserviertheit war bei Wong noch immer spürbar.
»Danke, I.O.«, sagte Rena Sunfrost in neutralem Tonfall.
Raphael Wong, in dessen Adern hauptsächlich chinesisches Blut floss, erstattete der Kommandantin kurz Bericht.
»Wir befinden uns am Rand des New-Hope-Systems bei den Rendezvous-Koordinaten. Das Shuttle von Botschafter Aljanov befindet sich im Anflug und müsste in Kürze eintreffen.«
»Freut mich zu hören, dass alles nach Plan verläuft«, sagte Rena.
Über zwei Milliarden Menschen lebten in diesem System, das genau 50,2 Lichtjahre von der Erde entfernt lag. Der Großteil davon – etwa 90 Prozent – lebte auf dem erdähnlichen Planeten New Hope III, der Rest verteilte sich auf die sehr rohstoffhaltigen, aber teilweise recht unwirtlichen Nachbarplaneten, die lediglich dünn besiedelt waren.
New Hope war die größte menschliche Kolonie in diesem Teil des Grenzgebietes zum Niemandsland, dass den Bereich der Humanen Welten vom Heiligen Imperium der vogelähnlichen Qriid trennte.
»Wenn es keine Verzögerungen gibt, können wir in zwei bis drei Tagen im Tardelli-System sein«, erklärte Raphael Wong.
»Wenn wir…« Er verstummte.
»Bitte, I.O.«, forderte Rena ihm zum Weitersprechen auf.
»Wenn wir nicht den Umweg nach New Hope hätten nehmen müssen, um Botschafter Aljanov an Bord zu nehmen, wären wir längst am Zielpunkt unserer Mission.«
»Das Tardelli-System läuft uns nicht weg, Lieutenant Commander. Und für die BATTLE OF TRIDOR kommt ohnehin jede Hilfe zu spät.«
Vor ein paar Tagen hatte die STERNENKRIEGER das Notrufsignal der BATTLE OF TRIDOR empfangen. Das Signal war nach kurzer Zeit abgebrochen. Ein sicherer Hinweis darauf, dass das Schiff zerstört worden war. Diese Annahme war wenig später von der Flottenführung bestätigt worden, die eine Nachricht mit Überlichtrichtstrahl erhalten hatte. Die BATTLE OF TRIDOR war angegriffen und sofort bei den ersten gegnerischen Treffern schwer beschädigt worden. Ehe der Kommandant nähere Umstände hatte mitteilen können, war die Audioübertragung abgebrochen.
Zwar wusste man nun nicht mit letzter Sicherheit, dass die Qriid hinter diesem Angriff steckten, aber dieser Schluss lag nahe.
Es war kaum anzunehmen, dass jemand von der hundert Mann starken Besatzung der BATTLE OF TRIDOR unter diesen Umständen überlebt hatte.
»Wir hätten für die Besatzung auch dann nichts mehr tun können, wenn wir auf direktem Weg ins Tardelli-System geflogen wären, I.O.«, gab Commander Sunfrost zu bedenken.
Sie dachte im Grunde genauso, wie ihr Erster Offizier – zumindest in diesem Punkt. Aber die Flotte hatte natürlich ihre Gründe, sie erst nach New Hope zu schicken.
»Wenn wir Pech haben, hat sich der Gegner längst zurückgezogen und sämtliche Spuren seines Überfalls beseitigt, ehe wir Tardelli erreichen«, murrte Raphael Wong.
Rena konnte ihren Ersten Offizier gut verstehen. Ihm ging es in erster Linie darum, nach Überlebenden zu suchen – so unwahrscheinlich ein Erfolg auch war. Doch er wusste so gut wie sie, dass sich die BATTLE OF TRIDOR in diplomatischer Mission im Tardelli-System befand. An Bord hatte sich Mandy Ressoy aufgehalten, eine hochrangige Diplomatin des Humanen Rates. Und wie es aussah, würde jetzt die STERNENKRIEGER die gescheiterte Mission der BATTLE
OF TRIDOR übernehmen…
Bevor Captain Sunfrost auf die Unzufriedenheit ihres Ersten Offiziers eingehen konnte, meldete David Kronstein, der Ortungs-und Kommunikationsoffizier der STERNENKRIEGER »Wir erhalten eine Nachricht des Transportshuttles. Shuttle 456-F der lokalen Verteidigungsverbände des Space Army Corps im New-Hope-System bittet um Andockerlaubnis.«
»Erlaubnis erteilt«, sagte Rena Sunfrost.
*
Während ihres ersten Einsatzes auf der STERNENKRIEGER hatte Commander Sunfrost bereits mit Botschafter Aljanov zusammengearbeitet.
Rena holte ihn an der Schleuse ab.
Es war einfach eine Frage des Respekts, und sie wusste, dass Aljanov in diesen Dingen etwas empfindlich war.
»Willkommen an Bord, Sir!«, begrüßte Rena den Botschafter, nachdem er mit leichtem Handgepäck die Schleuse passiert hatte.
Ein Crewman stand bereit, um ihm dieses Handgepäck abzunehmen und in das für den Botschafter vorgesehene Quartier zu bringen.
»Ich nehme an, Sie haben weitere Instruktionen des Flottenkommandos für uns«, sagte der Captain.
»Das ist richtig«, bestätigte Aljanov.
»Dann schlage ich vor, dass ich umgehend meine Offiziere zu einem Briefing zusammenrufe.«
»Nein, Captain, ich würde es vorziehen, zunächst mit Ihnen unter vier Augen zu sprechen.«
Rena hob leicht die Schultern. »Wie Sie wünschen, Sir. Gehen wir in meinen Raum.«
*
Auf der Brücke begrüßte der Botschafter knapp die Dienst habenden Offiziere, ehe er sich von Sunfrost in ihren Raum führen ließ.
»Nehmen Sie Platz, Botschafter«, lud Rena ihren Gast ein und setzte sich.
»Danke, Captain.« Paljanow tat es ihr gleich und blickte Sunfrost an. »Ich weiß nicht, wie weit Sie mit Einzelheiten der Situation im Tardelli-System vertraut sind, Captain.«
»Mir ist bekannt, dass die BATTLE OF TRIDOR sich dort in diplomatischer Mission befand und von bislang unbekannten Angreifern vernichtet wurde. Es liegt nahe anzunehmen, dass es sich bei den Angreifern um Qriid handelt, zumal die einzige im Tardelli-System beheimatete intelligente Spezies bislang noch keinen Überlichtflug entwickelt hat und daher vermutlich kaum in der Lage sein dürfte, einen modernen Kreuzer des Space Army Corps auszuschalten.«
»Was Ihre Einschätzung in Bezug auf den Angriff angeht, stimme ich Ihnen ausdrücklich zu, Captain«, sagte Aljanov nickend. »Sie werden die Krise im Bannister-System ja noch lebhaft in Erinnerung haben.«
»Gewiss, Sir…«
Ein verhaltenes, etwas verlegenes Lächeln flog über Aljanovs Gesicht. »Das couragierte Eingreifen von Ihnen und Ihrer Crew hat mich tief beeindruckt, und ich werde wohl schon deshalb für immer in Ihrer Schuld stehen – schließlich stünde ich nicht mehr hier, falls…«
»…falls uns ein Fehler unterlaufen wäre?«, führte Sunfrost den Satz kühl zu Ende.
Aljanov nickte. »Ja, Captain.«
»Keiner von uns wäre noch am Leben, wenn wir im Bannister-System versagt hätten«, erwiderte Rena zurückhaltend.
Die Anspielung auf die Geschehnisse im Bannister-System hatte nach Renas Einschätzung nur einen einzigen Grund.
Aljanov will die Schuld abtragen, die er der STERNENKRIEGER-Crew gegenüber empfindet, um anschließend umso anmaßender auftreten zu können!
Und es dauerte nur ein paar Sekunden, ehe der Botschafter sie in ihrem instinktiven Verdacht bestätigte.
»Captain«, fuhr er fort, »bei aller Wertschätzung für Ihre Arbeit, die ich eben, denke ich, ausreichend zur Geltung gebracht habe, möchte ich Sie daran erinnern, dass diese Mission nicht in erster Linie eine militärische ist…«
»Soweit mich das Flottenkommando informiert hat, sollen wir die Ursache für den Verlust der BATTLE OF TRIDOR und wenn möglich die Identität des Aggressors feststellen beziehungsweise bestätigen.«
»Richtig. Aber das ist nur ein Nebenaspekt dieser Mission.«
»Ich nehme an, wir sollen des Weiteren die diplomatische Aufgabe übernehmen, mit der die BATTLE OF TRIDOR ins Tardelli-System geschickt wurde – vorausgesetzt, dies erweist sich als machbar!«, schloss Rena.
Ein breites Lächeln erschien auf dem Gesicht des Botschafters. »Ihre Formulierung könnte Unklarheiten darüber aufkommen lassen, wer in diesem Fall das Sagen hat.«
Rena lächelte kühl. »Nun, ich versichere Ihnen, dass ich mich keineswegs in Ihre Kompetenzen einmischen werde, Botschafter.« Ironie schwang in ihren Worten mit, die Aljanov mit einem eisigen Blick quittierte.
»Wenn Sie darüber hinaus noch uneingeschränkt anerkennen, dass ich in dieser Mission bei allen Entscheidungen das letzte Wort habe, wird einer reibungslosen Kooperation zwischen uns nichts entgegenstehen.«
Die Bemerkung, die Sunfrost in diesem Augenblick auf der Zunge lag, schluckte sie tapfer herunter. Es hatte keinen Sinn, sich mit Aljanov zu streiten. Zumindest nicht jetzt und nicht zu diesem Zeitpunkt.
»Vielleicht erklären Sie mir erst einmal in groben Zügen, worum es bei Ihrer diplomatischen Mission im Tardelli-System eigentlich geht«, schlug Sunfrost vor, ohne auf seine Forderung einzugehen.
Rena studierte dabei genau jede Regung im Gesicht des Botschafters. Die Tatsache, dass ich auf die Kompetenzfrage nicht noch einmal zurückgekommen bin, lässt ihn offenbar annehmen, dass ich seine Interpretation der Situation kritiklos teile. Aber das ist eine Schlacht, die wir miteinander ausfechten werden, wenn es an der Zeit ist – und wenn es einen wirklich wichtigen Anlass dafür gibt!
Normalerweise waren bei derartigen Missionen mit gemischter militärisch-diplomatischer Zielsetzung die Autoritätsbereiche genau abgesteckt. Aber selbst die penibel formulierten Paragraphen ließen immer wieder Spielraum für Interpretationen.
Die Tatsache, dass Aljanov ihr formal übergeordnet war, konnte Rena ohne weiteres akzeptieren. Aber alles, was an Bord der STERNENKRIEGER geschah, unterstand ihrer Verantwortung. Und sie würde niemandem gestatten, daran etwas zu ändern.
»Wir wissen nicht viel über das Tardelli-System«, erläuterte Aljanov. »Vor vierzig Jahren erreichte ein Forschungsschiff des Olvanorer-Ordens, die ABT TARDELLI, das System und kartographierte es – daher die Namensgebung. Meine Aufgabe ist es nun, mit der dort beheimateten intelligenten Spezies darüber zu verhandeln, dass der Flotte der Humanen Welten einige unbewohnte Monde als Relaisstationen und Horchposten überlassen werden.« Botschafter Aljanov atmete tief durch. Sein Gesicht wurde jetzt sehr ernst. Eine tiefe Furche bildete sich genau in der Mitte zwischen seinen Augenbrauen. »Wir wissen, dass seit der Krise im Bannister-System, auf Seiten der Qriid einiges in Bewegung geraten ist.«
»Die Priesterschaft soll einen neuen Stellvertreter Gottes bestimmt haben«, ergänzte Sunfrost.
Aljanov nickte. »Das ist richtig. Und neue Erkenntnisse deuten darauf hin, dass der Krieg nun fortgesetzt wird. Unser Wissen über die Qriid ist immer noch ausgesprochen bruchstückhaft. Nur ein geringer Anteil ihres Funkverkehrs kann von uns abgehört und entschlüsselt werden. Wir brauchen daher dringend Horchposten, mit deren Hilfe wir in der Lage wären, tief in das Qriid-Imperium hineinzulauschen. Uns ist beispielsweise klar, dass es gewisse Differenzen zwischen Priesterschaft und Militär gegeben haben muss. Worin genau die bestanden und ob diese Gegensätze nun – durch die Ausrufung des neuen Aarriid – behoben sind, ist unklar.«
Rena hob die Augenbrauen. »Ich verstehe.«
»Das Überleben der Humanen Welten kann im Ernstfall davon abhängen, wie schnell und wie umfassend wir über die Geschehnisse im Inneren des Imperiums der Vogelartigen informiert sind. Daher genießt diese Operation allerhöchste Priorität. Ich hoffe nur, dass wir noch nicht schon zu spät kommen.«
»Sie meinen, dass sich die Qriid bereits des Systems bemächtigt haben?«, schloss Rena sofort.
Aljanov zuckte mit den Schultern. »Wäre das so abwegig?«
*
Die Unterlichttriebwerke der STERNENKRIEGER rumorten. Mit einer Beschleunigung von 400 g setzten sie das lang gestreckte Oval des Raumschiffs in Bewegung, das sich am Rendezvouspunkt im New-Hope-System beinahe im Stillstand befunden hatte.
Gut achteinhalb Stunden benötigte die STERNENKRIEGER, um vierzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit zu erreichen, was die Voraussetzung war, um den Sprung ins Sandström-Kontinuum zu schaffen.
Die Höchstgeschwindigkeit während des Überlichtfluges lag ungefähr bei einem halben Lichtjahr pro Stunde.
Noch während der Beschleunigungsphase fand in dem kleinen Konferenzraum ein Briefing statt, an dem außer Botschafter Aljanov und den Offizieren der STERNENKRIEGER auch Bruder Guillermo teilnahm. Er war ein Mitglied des Ordens der Olvanorer, die als Reisende und Forscher weit ins All vorgedrungen waren und ein immenses Wissen über fremde Spezies besaßen.
Bruder Guillermo war zwar nur ein Berater ohne jeden militärischen Rang. Dennoch tat jeder Raumschiff-Captain gut daran, auf den Rat eines Olvanorers im Bezug auf Fremdwesen zu hören. Die Mitglieder des Mönchsordens irrten sich nur selten.
William war ein schüchterner junger Mann mit braunen Haaren. Aber Rena Sunfrost hatte sofort gemerkt, dass sich hinter dem unsicheren Auftreten ein sehr heller Kopf verbarg, dessen wachen Geist man besser nicht unterschätzte.
»Ich habe einiges an Grundlagenmaterial über das Tardelli-System für Sie zusammengestellt«, erklärte Guillermo und deutete dabei auf eine schematische Abbildung auf einem großformatigen Wandschirm. »Dabei muss ich zugeben, dass der Großteil dieser Daten auf den Erkenntnissen jener Ordensbrüder beruht, die vor vierzig Jahren mit der ABT TARDELLI erstmalig dieses System erreichten. Sofern dem Rat der Humanen Welten oder dem Geheimdienst hier neuere Informationen vorliegen sollten, die hier relevant sind, bitte ich Sie, mich zu ergänzen, Botschafter.«
Aljanov nickte leicht und verzog keine Miene.
Wahrscheinlich gibt es gar kein neueres Material als das der Olvanorer!, glaubte Rena. Andernfalls hätte es sich Aljanov kaum nehmen lassen, es zu präsentieren.
Bruder Guillermo lächelte flüchtig und deutete auf die Abbildung des Tardelli-Systems. »Wie Sie sehen, besteht das System aus einer Sonne von etwa zweieinhalbfacher Sol-Masse. Es besitzt insgesamt 21 Planeten, von denen die Nummern VI-VIII und XV-XVII Gasriesen mit Subsystemen sind, zu denen eine große Zahl von Monden gehört. Die einzige im Tardelli-System beheimatete intelligente Spezies sind die Fash'rar. Sie sind Fischabkömmlinge, sodass wir annehmen, dass ihre Heimatwelt Tardelli IV in ferner Vergangenheit von Meeren bedeckt war. Heute handelt es sich um einen sehr trockenen Planeten ohne offene Gewässer. Wir wissen aber durch die geologischen Scans der ABT TARDELLI, dass große Wasserreservoire in der Tiefe existieren.«
»Muss für diese Fischköpfe ja ziemlich übel gewesen sein, als sie eines Tages feststellten, dass sie buchstäblich auf dem Trockenen sitzen«, meinte Sergeant Oliver Rolfson. Er war zwar kein Offizier, doch als Chef des Marines-Kontingents der STERNENKRIEGER nahm er häufig an den Besprechungen teil.
Er wurde für den Einwurf von Botschafter Aljanov mit einem tadelnden Blick bedacht.
Rena musste sich ein Grinsen verkneifen. Es kann nicht jeder von uns ein so vollendeter Sprachkünstler sein wie Sie, Herr Botschafter!, ging es ihr voller Ironie durch den Kopf.
Bruder Guillermo fuhr unterdessen fort. »Tardelli IV, die Heimatwelt der Fash'rar wird auf Grund der einzigartigen Anordnung seiner sieben Monde auch Heptagon genannt«, erklärte er. Auf dem Wandschirm erschien eine Pseudo-3-D-Darstellung des Planeten und seiner Monde. »Die Monde umlaufen Heptagon in geostationären Umlaufbahnen. Ihre Positionen entsprechen dabei den Eckpunkten eines gleichseitigen Siebenecks – eine Konstellation, die kaum auf natürliche Weise entstanden sein kann.«
»Wer hat dieses Konstrukt, oder wie immer man das nennen mag, erschaffen?«, erkundigte sich Rena.
»Wir wissen nicht viel über die Fash'rar, aber dass sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt dazu nicht in der Lage sind, steht fest«, erklärte Guillermo. »Ihre unterlichtschnellen Raumschiffe brauchen mehrere Erdjahre, um den äußeren Bereich des Systems zu erreichen. Sie unterhalten auf den anderen Tardelli-Welten ein paar Forschungsstationen, die jedoch nicht ständig bemannt sind.«
»Auf jeden Fall eigenen sich diese Monde hervorragend zur Installation von hoch entwickelter Horchtechnik«, mischte sich der Botschafter ein. »Ein paar Gesteinsbrocken – für die Fash'rar sind sie letztlich wertlos – und so hoffen wir, dass es zu einer Übereinkunft mit der Regierung auf Heptagon kommt.«
»Hatten die Fash'rar jemals Kontakt mit den Qriid?«, fragte Lieutenant Commander Raphael Wong.
Bruder Guillermo wirkte etwas überrascht. »Davon müssen wir ausgehen.«
»Dann wird ihnen sicherlich bewusst sein, dass sie womöglich den Zorn der Vogelartigen heraufbeschwören, wenn sie einer Übereinkunft mit uns zustimmen.«
Botschafter Aljanov lächelte dünn. »Sie haben in der Tat auf das entscheidende Problem hingewiesen. Es wird meine Aufgabe sein, dafür eine Lösung zu finden.«
Eine Aufgabe, um die er wirklich nicht zu beneiden ist!, überlegte Rena.
Nachdem Bruder Guillermo seine Ausführungen beendet hatte, übernahm Lieutenant Robert Ukasi das Wort. Der Afrikaner war der Waffenoffizier der STERNENKRIEGER und somit für die Programmierung der an Bord befindlichen Waffen verantwortlich.
»Ich habe die wenigen Fakten, die uns bis jetzt über das letzte Gefecht der BATTLE OF TRIDOR zur Verfügung stehen, analysiert und eine erste Hypothese über das Geschehen entwickelt«, berichtete er. »Gehen wir für einen Moment davon aus, dass Qriid-Schiffe die Aggressoren waren. Das Gefecht hat offenbar nur wenige Augenblicke gedauert. Schließlich konnte die BATTLE OF TRIDOR noch nicht einmal ihren Notruf in voller Länge absenden. Da Heptagon das Endziel der Passage war, können wir ungefähr berechnen, wo die BATTLE OF TRIDOR aus dem Sandström-Raum austrat und ihr Bremsmanöver einleitete. An der Position, an der das Raumschiff vernichtet wurde, muss es noch eine Geschwindigkeit von fast vierzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit gehabt haben, was mich annehmen lässt, dass der Überfall kurz nach Beendigung der Überlichtphase erfolgte.«
»Sie meinen, es bestand keine Chance mehr, den Plasma-Schirm zu aktivieren, Lieutenant?«, fragte Rena.
»Möglich. Aber ich favorisiere eine andere Theorie.«
»Und die wäre?«
»Der Plasma-Schirm wurde durch massives Traser-Feuer weggebrannt. Der Beschuss muss aus großer Distanz und koordiniert erfolgt sein, sodass sich die große Treffsicherheit der Qriid voll ausgewirkt hat. Außerdem liegt nahe, dass eine erhebliche zahlenmäßige gegnerische Überlegenheit vorgelegen hat. Ich schätze, dass mindestens eine zehnfache Übermacht zur gleichen Zeit feuerte, sonst wäre der Plasma-Schirm nicht derart schnell zusammengebrochen, wie es offenbar geschehen ist.«
»Wie erklären Sie sich, dass die BATTLE OF TRIDOR offenbar erwartet wurde?«, fragte Lieutenant Commander Wong.
Eine berechtigte Frage, fand Rena.
Durch die Größe eines Sonnensystems war es fast unmöglich, Neuankömmlinge zu erwarten. Um ein System komplett abzuschirmen, benötigte man unvorstellbar viele Einheiten.
»Ich weiß, es klingt nicht zufriedenstellend«, antwortete Ukasi, »aber ich tippe auf ganz banales Pech. Möglicherweise ist kurz vor der BATTLE ein Geschwader Qriid-Schiffe ins System geflogen und verfügte bereits über ähnlichen Kurs und Geschwindigkeit.«
»Ich frage mich, weshalb man nicht einen stärkeren Flottenverband mit dieser Mission betraute«, sagte Rena mit einem Blick zum Botschafter. »Schließlich müssen wir damit rechnen, dass zumindest ein Teil der Qriid-Einheiten sich noch immer im Zielsektor befinden.«
»Diese Entscheidung geschah auf Intervention von ganz oben«, gab Aljanov zurück. »Wir dürfen der anderen Seite auf keinen Fall signalisieren, wie wichtig das Tardelli-System für uns ist.«
Rena atmete tief durch.
Immerhin sind wir gewarnt!, dachte sie und erklärte dann laut: »Unmittelbar nachdem wir den Sandström-Raum verlassen, gehen wir auf volle Gefechtsbereitschaft.«
Eigentlich hatte Rena die Absicht gehabt, die Sitzung mit diesen Worten zu schließen.
Doch ehe sie sich entsprechend äußern konnte, meldete sich Botschafter Aljanov zu Wort. »Ich möchte Sie bitten, diese Sicherheitsmaßnahmen auf ein Minimum zu beschränken, Captain.«
Wie bitte? Rena glaubte im ersten Moment schon, sich verhört zu haben.
Aber Aljanovs verkniffener Gesichtsausdruck ließ keinerlei Zweifel daran aufkommen, dass es ihm sehr ernst war.
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie richtig verstanden habe, Sir«, entgegnete Rena. Ihre Stimme klirrte wie Eis.
»In der Zielregion operieren genügend Raumschiffe der Fash'rar. Gemessen an unseren technischen Standards mögen sie primitiv erscheinen, aber sie verfügen zweifellos über verhältnismäßig gute Ortungssysteme. Schon das Logbuch der ABT TARDELLI erwähnt, dass die geringen Strahlungsemissionen des Forschungsschiffs die Fischabkömmlinge zunächst an eine Tarnung denken ließ. Sie vermuteten daher, dass ein Angriff gegen sie bevorstünde…«
Sunfrost wandte sich an Bruder Guillermo. »Ist Ihnen etwas darüber bekannt?«
Der Olvanorer räusperte sich verlegen. »Ja, Captain. Bei der ersten Begegnung haben die Fash'rar sogar versucht, die ABT TARDELLI anzugreifen.«
»Es dürfte den Kommandanten einiges an Überredungskunst gekostet haben, sie dazu zu bewegen, den Beschuss mit atomaren Lenkwaffen einzustellen…«, warf der Botschafter ein.
»Mit Verlaub, Sir: Soweit ich mich in dieser Sache kundig gemacht habe, ist die erste friedliche Begegnung zwischen Menschen und Fash'rar wohl dem Umstand zu verdanken, dass sich die Waffen der Fischabkömmlinge als recht harmlos herausstellten.«
Aljanov biss sich auf die Lippe und hob die Augenbrauen.
»Wie auch immer, Captain. Wir haben es mit sehr empfindlichen Gesprächspartnern zu tun, die wir nicht verärgern dürfen…«
Rena Sunfrosts Augen wurden schmal. »Ganz richtig. Doch welche Sicherheitsmaßnahmen notwendig sind, wenn wir das Tardelli-System erreichen, entscheide ganz allein ich, Mister Aljanov. Das Space Army Corps hat ein Schiff verloren – wir sollten ein zweites nicht unnötig gefährden.«
*
Die Zeit bis zum Erreichen des Zielsystems verlief relativ ereignislos. Etwas länger als einen irdischen Standard-Tag verbrachte die STERNENKRIEGER im so genannten Sandström-Raum, durch den ein überlichtschneller Flug möglich war.
Während dieser Phase der Mission gab es an Bord fast ausschließlich Routineaufgaben zu erledigen.
Rena hatte daher das Kommando an den Ersten Offizier übergeben, um sich für ein paar Stunden zurückziehen zu können. Die kommenden Ereignisse würden jede Menge Kraft fordern und da war es gut, Energien zu sammeln und etwas Schlaf zu bekommen.
Dies galt natürlich auch für die anderen Stammoffiziere der Brücke, die immer wieder für einige Zeit durch Fähnriche abgelöst wurden.
Sie hatte ihren Ersten Offizier darüber hinaus gebeten, ihr sofort zu melden, falls es Botschafter Aljanov einfiel, sich in Belange der Schiffsführung einzumischen.
Doch Rena fand keinen Schlaf. Immer wieder hatte sie sich nur unruhig hin und her gewälzt.
Schließlich hatte sie es aufgegeben.
Sie ging in Richtung des Casinos. Was sie jetzt brauchte, war ein Kaffee.
Inzwischen hatte es an Bord längst die Runde gemacht, was für einen ausgesprochen exzentrischen Geschmack der neue Captain in dieser Hinsicht besaß. Kaffee war nur noch bei ein paar eingeschworenen Kennern, Nostalgikern oder Hinterwäldlern aus bestimmten Subregionen auf der Erde bekannt. Aber Rena zog ihn jedem noch so raffinierten Syntho-Drink vor.
Für das Echte gibt es eben keinen Ersatz, dachte sie.
Rena hörte Stimmen, als sie den Aufenthaltsraum betrat.
»Das Eisbiest hat…«
Es herrschte augenblicklich Stille, sobald der Captain bemerkt worden war. Nur zwei Personen befanden sich im Raum – Bruder Guillermo und Ortungsoffizier Lieutenant David Kronstein.
Beide Männer blickten Rena wie entgeistert an.
Rena war eine Sekunde lang wie konsterniert. Dass dich die anderen Eisbiest nennen, ist nichts Neues!, durchzuckte es sie.
Schließlich lag ein Wortspiel mit Renas Nachnahmen mehr als nahe. Aber es traf sie sehr, dass ausgerechnet Kronstein diesen Spitznamen benutzt hatte, der sie schon seit ihrer Schul- und Akademieausbildung begleitete.
Jetzt fang nicht an, dich zu fragen, ob Kronstein dich tatsächlich so sieht!, befahl sie sich.
Dennoch hoffte sie verzweifelt, dass sich der Spitzname auf ihren Nachnamen bezog, nicht auf ihren Charakter. Denn wenn er das so sah…
Rena brach den Gedankengang ab, bevor er zu weit ging.
»Ma'am«, stotterte Kronstein, dem die Situation wohl ziemlich peinlich war. Jedenfalls lief das Gesicht des blonden, groß gewachsenen Ortungsoffiziers rot an.
»Wir haben uns gerade über Sie unterhalten, Ma'am«, versuchte Bruder Guillermo mit seiner einfühlsamen, diplomatischen Art die Situation zu retten.
»Wirklich?« Rena ging zum Getränkeautomaten, zog sich ihren Kaffee und kehrte zu den beiden Männern zurück.
»Lieutenant Kronstein äußerte sich beeindruckt darüber, wie Sie dem anmaßenden Auftreten des Botschafters entgegengetreten sind.«
Renas Blick traf sich für einen kurzen Moment mit dem des Ortungs- und Kommunikationsoffiziers. Sei ehrlich, der könnte sonst was zu dir sagen und du würdest es ihm nicht übel nehmen!, durchzuckte es sie. »Manchmal muss eben auch ein Eisbiest seine Krallen zeigen.«
Ein Summton ertönte und rettete den Lieutenant davor, auf diese Bemerkung einzugehen.
Er stammte von Kronsteins Armbandkommunikator.
»Lieutenant Kronstein«, meldete sich der Erste Offizier,
»Fähnrich Jamalkerim hat ein Problem mit der Kalibrierung des Programms, das die Daten der Passiv-Ortung verarbeitet. Bitte melden Sie sich auf der Brücke.«
»Bin schon unterwegs«, versprach Kronstein. Er wandte sich an den Captain. »Bitte entschuldigen Sie, Ma'am.«
»Natürlich, Lieutenant.«
Kronstein verließ den Raum, die Tür schloss sich selbsttätig hinter ihm.
Bruder Guillermo konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
»Ich glaube, er wird Mister Wong auf ewig dankbar dafür sein, dass er ihn vor seinem Captain gerettet hat«, sagte er schmunzelnd.
Rena musste ebenfalls grinsen.
Sie nippte an ihrem Kaffee. »Schon gut, Bruder Guillermo.«
»Ich hoffe Sie tragen ihm nichts nach…«
»Wo denken Sie hin? Ich bin weder nachtragend noch empfindlich.«
»Dann ist es ja gut. Als Captain werden sie offiziell natürlich niemals davon erfahren. Und ich habe natürlich auch nichts gesagt…« Guillermo blickte sie abwartend an.
Sunfrost nickte.
»Das ›Eisbiest‹ ist für die Mitglieder Ihrer Crew inzwischen kein Spitzname mehr, sondern vielmehr ein Ehrenname.«
»Ehrennahme?« Rena hob skeptisch die Augenbrauen.
»Sie wissen schon: Sie mag ein Eisbiest sein, aber sie ist unser Eisbiest.«
»Aha…«, war Renas nicht sehr schlagfertiger Kommentar.
»Das gilt übrigens besonders für Lieutenant Kronstein. Wissen Sie, ich kenne ihn schon länger. Wir sind zur selben Zeit auf die STERNENKRIEGER gekommen, damals noch unter Captain Reilly…«
»Ich verstehe.«
»Ich habe ihn erst für einen langweiligen Typ gehalten, dessen Gedanken einzig der Optimierung von Systemen zur Verarbeitung von Orter-Daten gelten.«
»Aber das entspricht nicht der Wahrheit, wie ich annehme.«
Ein verhaltenes, fast schüchternes Lächeln umspielte Bruder Guillermos Lippen. »Ganz und gar nicht. Wussten Sie zum Beispiel, dass er jahrelang Titelverteidiger der marsianischen Amateur-Meisterschaften im Kendo gewesen ist?«
Rena hob erstaunt die Augenbrauen, während Guillermo den Rest seines Syntho-Drinks leerte. Sie selbst war in der japanischen Fechtkunst Jahrgangs-Meisterin an der Akademie gewesen.
Was soll das?, fragte sich Captain Sunfrost. Macht er nur Small-Talk, oder will er mir irgendetwas durch die Blume mitteilen?
»Davon steht nichts in den Akten«, erklärte sie zurückhaltend.
Bruder Guillermo zuckte die Achseln. »Seit er eine Freundin hat, bleibt ihm von seinem Heimaturlaub auf dem Mars wohl nicht mehr genug übrig, um sich an Wettkämpfen zu beteiligen.«
Rena horchte auf. »Lieutenant Kronstein hat eine Freundin?«
*
»Austritt aus dem Sandström-Kontinuum in zehn Sekunden«, meldete Lieutenant John Taranos, der Ruderoffizier an Bord der STERNENKRIEGER. »Impulstriebwerke befinden sich im Wartestatus um eventuell notwendige Korrekturmanöver ausführen zu können.«
»Geschwindigkeit?«, fragte Rena Sunfrost, deren fein geschnittenes Gesicht eine gewisse Anspannung verriet.
»Wir sind jetzt bei 42 Prozent Lichtgeschwindigkeit, sinkend«, sagte Taranos.
Rena hielt es nicht länger in ihrem Kommandantensitz. Sie erhob sich. Ihr Blick glitt hinüber zu Robert Ukasi, dem Waffenoffizier.
»Plasma-Schirm?«, fragte sie knapp.
»In Bereitschaft. Er wird zeitgleich mit unserem Übertritt in den Normalraum aktiviert. »Austritt aus dem Sandström-Kontinuum erfolgt… jetzt!«, meldete Taranos. »Ich leite Kurskorrektur ein.«
»Plasma-Schirm ist aktiviert«, fügte Ukasi hinzu. »Volle Gefechtsbereitschaft hergestellt.«
Sunfrost blickte auf die Sterne, die auf dem Panoramaschirm funkelten. Einer von ihnen war deutlich größer als die anderen und bildete eine leuchtende Feuerkugel. Das war die Sonne Tardelli – betrachtet von der Randregion ihres Planetensystems aus.
Ein Rumoren durchfuhr die STERNENKRIEGER. Der Boden vibrierte für wenige Augenblicke leicht. Nachdem die Aufwärmphase der Ionentriebwerke vorbei war, verstummte dieses Hintergrundgeräusch.
Rena wandte sich an David Kronstein, der von seiner Konsole aus die Ortungsanzeigen überprüfte.
»Wie sieht es aus, Lieutenant?«, fragte sie. Sie bemerkte dabei, dass Bruder Guillermos Blick auf ihr ruhte.
Hat er mir etwa meine Zuneigung zu Kronstein angemerkt und mir deswegen vorhin von dessen Freundin erzählt?, fragte sie sich. Ist das wirklich so offensichtlich? Sie schluckte.
Hoffentlich nicht!
»In einer Entfernung von einer Lichtstunde befindet sich ein Schiff der Fash'rar«, antwortete der Lieutenant. »Es peilt uns mit aktiver Ortung an. Soll ich eine Grußbotschaft senden?«
Rena überlegte kurz.
Das »Ja!« lag ihr auf der Zunge, aber sie schluckte es wieder hinunter. Ihr Instinkt war dagegen, und sie entschloss sich, ihm einfach zu folgen.
»Nein, wir werden uns nicht melden«, erklärte sie im Brustton der Überzeugung. »Noch nicht.«
Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte Rena, dass Botschafter Aljanov gerade die Brücke betrat.
Den letzten Wortwechsel zwischen ihr und dem Ortungs-und Kommunikationsoffizier hatte er offenbar noch mitbekommen.
»Warum unsere Fash'rar-Verhandlungspartner unnötig vor den Kopf stoßen, Captain?«, fragt er. »Lieutenant, senden Sie eine Grußbotschaft und zwar sofort.«
»Nein!« Rena wirbelte herum. »Mister Aljanov, ich…«
»Ich dachte, dass ich Ihnen ausreichend klar gemacht hätte, was hier für die Humanen Welten auf dem Spiel steht. Wir benötigen das Wohlwollen der Fash'rar!«
»Hören Sie mir gut zu, Mister Aljanov: Ich bringe Sie nach Heptagon und wieder zurück ins Territorium der Humanen Welten. Ich werde mir auch alle Mühe geben, dass Ihnen unterwegs nicht eine Qriid-Patrouille zum Verhängnis wird… Aber wie ich das mache, überlassen Sie bitte mir!«
Aljanov setzte zu einer Erwiderung an, aber bevor er auch nur den Mund öffnen konnte, kam ihm Lieutenant Kronstein zuvor.
»Wir werden von zwei weiteren Positionen aus aktiv geortet«, sagte dieser.
»Ich möchte wetten, dass es sich um Qriid-Schiffe handelt«, äußerte sich Raphael Wong.
Der Erste Offizier hatte sich die eintreffenden Daten der Sensoren auch auf den Displays seiner eigenen Konsole anzeigen lassen, sodass ihm dieselben Informationen zur Verfügung standen wie dem Ortungsoffizier.
Wongs Finger glitten über das Terminal. »Nein, doch nicht. Die verwendeten Peilimpulse weisen zwar eine deutlich andere Signatur auf, als die der Fash'rar. Allerdings entsprechen sie auch nicht den Mustern, die wir aus unseren Begegnungen mit den Qriid kennen.«
»Sir, Sie wurden verändert, um sich zu tarnen«, unterrichtete ihn Lieutenant Kronstein. »Durch einfache Überlagerung. Ich habe sie durch den Bordrechner herausgefiltert. Sie hatten Recht, es sind Qriid!«
Sunfrost wandte sich an Aljanov.
»Genau deshalb habe ich keine Grußbotschaft an die Fash'rar geschickt«, erklärte sie dem Diplomaten. »Die Qriid hätten denken können, dass die Fischabkömmlinge in dem heraufdämmernden Krieg vielleicht mit uns paktieren, und das hätten sie dann teuer bezahlen müssen!« Ein eisiges Lächeln umspielte Renas Lippen, als sie noch hinzufügte. »Ist es nicht auch in Ihrem Sinn, wenn wir unsere Verhandlungspartner nicht kompromittieren? Schließlich haben sie nicht die Möglichkeit, ihr System zu verlassen. Sie werden die nächsten Jahrhunderte mit den Qriid auskommen müssen – so der so.«
Aljanov verzog das Gesicht.
Es wurmt ihn, dass er eingestehen muss, dass meine Entscheidung richtig war, überlegte sie.
»Starker Traserbeschuss«, meldete Kronstein.
An Bord der STERNENKRIEGER war davon nichts zu spüren, solange der Plasma-Schirm intakt war. Doch die Anzeige auf den Schirmen änderte sich und zeigte nun zwei Qriid-Raumer, die feuernd Fahrt aufnahmen.
Rena atmete tief durch. Ihre Rechte wanderte unwillkürlich zu ihrer Brust, wo an einer Kette ihr Talisman unter der Uniform hing – ein platt gedrücktes Bleiprojektil, das die Ärzte aus ihrer Schulter operiert hatten.
Bedenke, dass du sterblich bist, dachte sie.
*
Noch blieben die beiden Qriid-Schiffe immer mehr zurück.
Ihre Geschwindigkeit war zurzeit noch geringer als die der STERNENKRIEGER. Doch da sie etwas stärker beschleunigen konnten, würde sich das bald ändern. Sie würden das Tempo anpassen und wenig später aufholen.
Eine Schlacht ließ sich nicht vermeiden, es sei denn, die STERNENKRIEGER floh und verließ das System.
Doch im Moment befand sich Sunfrosts Schiff sogar wieder außerhalb der Reichweite der Qriid-Traser. Ihr blieb ein Augenblick, um ihr weiteres Vorgehen zu planen.
Die Qriid-Schiffe wählten einen leicht voneinander abweichenden Kurs, entfernten sich voneinander, um nicht gemeinsam ein größeres Ziel zu bieten.
Allerdings war es unwahrscheinlich, dass die Qriid wirklich aufschließen wollten. Sie nutzten normalerweise ihre bessere Treffergenauigkeit auf große Entfernungen aus.
Die Vernichtungskraft der Gauss-Geschütze war unvorstellbar. Aber durch die Konstruktion der Space Army Corps-Schiffe war es nötig, den Feinden die Breitseite zuzuwenden und mit dem ganzen Schiff zu zielen. Die Kanonen waren fast starr eingebaut.
»Die Qriid haben Kurs und Geschwindigkeit angeglichen«, meldete Lieutenant Kronstein. »Sie schließen auf.«
»Danke, Ortung«, antwortete der Captain. »Ruder, auf mein Kommando schwenken Sie die STERNENKRIEGER. Programmieren Sie einen Abfangkurs auf Bandit 1 und geben vollen Schub für…« Rena gab einige Daten in ihr Display ein. »Für vier Minuten. Anschließend zeigen wir dem Feind die Breitseite und Sie übergeben an Lieutenant Ukasi.«
»Aye, Ma'am«, bestätigte John Taranos.
Botschafter Aljanov näherte sich dem Captain und ihrem Ersten Offizier. »Sie gehen zum Frontalangriff über, Captain?«
»Das ist unsere einzige Chance«, erläuterte Sunfrost. »Wir müssen unsere Trefferwahrscheinlichkeit vergrößern, sonst werden sie uns auf große Entfernung zusammenschießen.«
»Ich hoffe nicht, dass Sie die ohnehin gespannte Situation in Bezug auf die Qriid damit zur Eskalation bringen.«
»Dies ist die Eskalation, Botschafter«, warf Raphael Wong ein. Der Tonfall des Ersten Offiziers konnte gerade noch als höflich bezeichnet werden – mit viel guten Willen. »Wir können uns jetzt nur noch so gut es geht unserer Haut wehren und die beiden Qriid-Schiffe vernichten, ehe Verstärkung eintrifft.«
Rena wechselte einen kurzen Blick mit Wong.
Ihm geht dieser Botschafter ebenso auf die Nerven wie mir, schoss es ihr durch den Kopf.
Die Minuten verrannen, bis…
Glühende Spuren zogen sich durch die vermeintliche Leere des Alls, die in Wahrheit voll von feinsten Materiepartikeln und stellarem Staub war. Materie, die durch die Traserschüsse der Qriid zum Glühen gebracht wurde. Zwar ging trotz aller Treffsicherheit auf dieser Entfernung auch der Großteil des Traserfeuers ins Leere, doch einige Strahlen fraßen sich in den Plasma-Schirm und brannten ihn weg.
»Ruder, führen Sie den Befehl aus!«, sagte Captain Sunfrost ruhig. »Voller Schub!«
Die ganze Zeit war die STERNENKRIEGER, nur von der Trägheit getrieben, durchs All gerast. Längst war der neue Kurs programmiert.
Taranos folgte Sunfrosts Befehl, und jetzt verringerte sich der Abstand zu den Qriid-Raumern noch schneller.
»Waffen«, wandte sich Rena an Lieutenant Ukasi, »wenn Sie eine Trefferchance mit dem Buggeschütz sehen, steht es Ihnen frei zu feuern.«
»Aye, Ma'am.«
Als hätte der Waffenoffizier nur auf die Freigabe gewartet, begann die STERNENKRIEGER, den Tod auszuspeien. Das Gauss-Geschütz hatte die Aufwärmphase offenbar bereits hinter sich. Zweihundert Schuss verließen pro Minute die STERNENKRIEGER und jagten mit halber Lichtgeschwindigkeit auf den Feind zu. Sollte eines der Projektile auf Widerstand treffen, würde es nicht einmal merklich langsamer werden.
»Trefferwahrscheinlichkeit bei knapp über null Prozent«, meldete Ukasi. »Aber man weiß ja nie.«
Rena nickte. Es war fast unmöglich, dass sie ihr Ziel erwischten. Aber vielleicht hatten sie ja Glück – und über Munition verfügten sie in mehr als ausreichendem Maß.
»Schwenk für Breitseitenfeuer in zehn Sekunden«, kündigte Lieutenant Taranos an.
Ukasi nickte, während er hektisch Daten in sein Display tippte. Er war bereit.
»Kurskorrektur…«, warnte der Ruderoffizier vor, »jetzt!«
Sofort stellte das Buggeschütz sein Feuer ein und wurde durch die Breitseitenbewaffnung abgelöst. Jetzt waren es zweitausend Projektile, die jede Minute wie eine Mauer in Richtung des Qriid-Raumers jagten. Durch die sich ständig verringernde Entfernung und die verzehnfachte Stückzahl schnellte die Trefferwahrscheinlichkeit in die Höhe.
Für einen Moment beobachtete Sunfrost den Waffenoffizier fasziniert. Ukasi schien geringfügige Korrekturen schneller einzugeben, als der Computer sie berechnen konnte.
Doch verlor sie besorgt eine andere Anzeige nie aus den Augen. Die Integrität des Plasma-Schirms war auf 43 Prozent gefallen. Die sich verringernde Entfernung half natürlich auch den Qriid.
»Treffer an Bandit 1!«, rief Lieutenant Kronstein.
Auf dem Hauptbildschirm erschien das Bild des feindlichen Schiffes.
»Treffer« bedeutete bei der Bewaffnung der STERNENKRIEGER fast immer, dass gleich mehrere Projektile das Ziel durchschlagen hatten. So auch hier.
Das trudelnde Schiff hatte das Feuer eingestellt. Sieben Geschosse hatten die Außenhaut des Qriid-Schiffes durchschlagen und je einen Kanal von zehn Zentimeter Durchmesser durch den gesamten Raumer geschlagen.
Gasfontänen traten aus – Atemluft, Kühlgase der Triebswerksaggregate und Wasserdampf –, die sofort zu Kristallnebeln gefroren…
»Energie-Level von Bandit 1 sinkt schnell«, meldete Lieutenant Kronstein. »Wir haben wohl das Fusions-Kraftwerk erwischt und…«
Das Qriid-Schiff zerplatzte mit einem grellen Blitz.
»Bandit 1 ist vernichtet, Ma'am«, sagte der Ortungsoffizier der Form halber.
Aber auch die STERNENKRIEGER hatte viel einstecken müssen – zu viel!
»Schutzschirm zusammengebrochen!«, rief Raphael Wong.
Da durchlief bereits die erste Erschütterung das Schiff, für einige Momente flackerte das Licht.