Mondfeuer über Aan - Holger Stalfort - E-Book

Mondfeuer über Aan E-Book

Holger Stalfort

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Beschreibung

Mondfeuer über Aan Aan, die Hauptstadt Mittellandes, ist gefallen. Das Banner der Schlange von König Thorsis weht nun über der Stadt und die Königsfamilie befindet sich auf der Flucht. Robin wurde durch die Macht des blauen Mondsteins in seine Welt nach Hamburg zurückgeschickt. Unerreichbar sind Astrid, Nova und alle anderen für ihn geworden. Seine einzige Hoffnung ruht auf Eleon. Wird die Prinzessin von Aan und Königin der Feen des Lichts kommen und einen Weg für Robin zurück nach Aan finden? Astrid und Sirra wurden von den Piraten vor Südlandes Küste gefangen genommen. Während Astrid ein weiteres Mal um ihre Lieben bangen muss, findet sich Sirra in der menschenverachtenden Arena von Isfahad wieder. Für die Prinzessin aus Südlande beginnt damit ein Kampf um Leben und Tod. Gleichzeitig rückt die Allianz um West- und Dunkellande weiter vor. Atos und Thorsis setzen vereint zum Sturm auf das nächste Königreich an. Wird die Front in Ostlande den Gegner aufhalten können und wird Königin Aryja zum Großen Haus des Ostens halten? Was verbindet Zandra, Ariell und Ailianne miteinander? Und wonach suchen die Feen der Dunkelheit wirklich? Mondfeuer über Aan erzählt das vierte Abenteuer der Feen-Saga um Robin, Eleon und Astrid.

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Holger Stalfort

Mondfeuer über Aan

Aan, die Hauptstadt Mittellandes, ist gefallen. Das Banner der Schlange von König Thorsis weht nun über der Stadt und die Königsfamilie befindet sich auf der Flucht.

Robin wurde durch die Macht des blauen Mondsteins in seine Welt nach Hamburg zurückgeschickt. Unerreichbar sind Astrid, Nova und alle anderen für ihn geworden. Seine einzige Hoffnung ruht auf Eleon. Wird die Prinzessin von Aan und Königin der Feen des Lichts kommen und einen Weg für Robin zurück nach Aan finden? Astrid und Sirra wurden von den Piraten vor Südlandes Küste gefangen genommen. Während Astrid ein weiteres Mal um ihre Lieben bangen muss, findet sich Sirra in der menschenverachtenden Arena von Isfahad wieder. Für die Prinzessin aus Südlande beginnt damit ein Kampf um Leben und Tod.

Gleichzeitig rückt die Allianz um West- und Dunkellande weiter vor. Atos und Thorsis setzen vereint zum Sturm auf das nächste Königreich an. Wird die Front in Ostlande den Gegner aufhalten können und wird Königin Aryja zum Großen Haus des Ostens halten?

Was verbindet Zandra, Ariell und Ailianne miteinander? Und wonach suchen die Feen der Dunkelheit wirklich?

Mondfeuer über Aan erzählt das vierte Abenteuer der Feen-Saga um Robin, Eleon und Astrid.

Königreiche und Familienstammbäume der Großen Häuser von

AAN

Dunkellande

Feenlande

König Thorsis & Königin Tandra

Königin Ailianne

Koldor & Thara

Merena & Androme

Nordlande

Südlande

Königin Sara & König Thorm

König Hiastir & Königin Aryja

Astrid

Sera, Algor, Sirra, Surra, Amgor & Argon

Ostlande

Westlande

König Iranus & Königin Theresa

König Atos & Königin Eferia

Irus & Ira

Argos, Randos & Famos

Mittellande

Seenlande

König Angantyr & Königin Eleonora

König Angor & Königin Marian

Ragan, Lydia & Eleon

Leander & Leor

Vergessene Lande

Robins Familie

König Robin & Königin Astrid

Chris & Cornelia von Mer

Nova

Robin

Inhalt

Prolog

288. Italien

289. Nordlande

290. Südlande

291. Mittellande

292. Feenreich

293. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

294. Südlande

295. Westlande

296. Italien

297. Ostlande

298. Südlande

299. Feenreich

300. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

301. Italien

302. Westlande

303. Dunkellande

304. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

305. Südlande

306. Nordlande

307. Ostlande

308. Dunkellande

309. Lübeck Anno 1352

311. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

312. Seenlande

313. Dunkellande

314. Nordlande

315. Italien

316. Südlande

317. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

318. Feenreich

319. Lübeck Anno 1352

320. Seenlande

321. Südlande

322. Hamburg

323. Ostlande

324. Feenreich

325. Mittellande

326. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

327. Nordlande

328. Südlande

329. Seenlande

330. Feenreich

331. Südlande

332. Lübeck Anno 1352

333. Hamburg

334. Südlande

335. Nordlande

336. Dunkellande

337 Mittellande

338. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

339. Hamburg

340. Südlande

341. Lübeck Anno 1353

342. Mittellande

343. Feenreich

344. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

345. Dunkellande

346. Hamburg

347. Südlande

348. Dunkellande

349. Nordlande

350. Hamburg

351. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

352. Mittellande

353. Seenlande

354. Westlande

355. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

356. Seenlande

357. Dunkellande

358. Vergessene Lande

359. Ostlande

360. Mittellande

361. Seenlande

362. Südlande

363. Dunkellande

364. Mittellande

365. Zeit des 2. Zeitalters von Aan

366. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

367. Mittellande

368. Nordlande

369. Mittellande im Grenzland zu Nordlande

370. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

371. Dunkellande

372. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

373. Ostlande

374. Seenlande

375. Nordlande

377. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

376. Nordlande

378. Vergessene Lande

379. Lübeck Anno 1354

380. Westlande

381. Mittellande

382. Nordlande

383. Zeit des 2. Zeitalters von Aan

384. Ostlande

385. Zeit des 2. Zeitalters von Aan

386. Dunkellande

387. Mittellande

388. Zeit des 2. Zeitalters von Aan

389. Vergessene Lande

390. Nordlande

391. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

392. Lübeck Anno 1354

393. Ostlande

394. Nordlande

396. Mittellande

397. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

398. Lübeck Anno 1354

390. Westlande

391. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

392. Ostlande

393. Vergessene Lande

394. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

395. Ostlande

396. Hamburg

397. Vergessene Lande

398. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

399. Ostlande

400. Nordlande

401. Ostlande

402. Lübeck Anno 1355

403. Ostlande

404. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

405. Südlande

406. Dunkellande

407. Westlande

408. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

409. London Anno 1356

410. Südlande

411. Atlasgebirge zwischen Mittellande und dem Feenreich

412. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

Epilog

Wer tiefer in die Welt von Aan eintauchen will, kann sich mit meiner Spotify Playlist in die passende Stimmung begeben.Aan Book 4: Moonfire above Aan

Bereits erschienen:Die vergessene Welt Aan Die Feen von Aan Flammennächte über Aan

Besuche mich auf Instagram:h.stalfort (@stalfort_aan)

Für Claudia, Tilo & Jula.

Und dann kommt der Tag, an dem Schicksal zur Bestimmung wird. Dunkelheit stirbt und Leben beginnt.

`Tried to walk together

But the night was growing dark

Thought you were beside me

But I reached and your were gone.`1

Mondfeuer über Aan

Viertes Buch

Prolog

5. Zeitalter von Aan, 99. Mondjahrhundert, 62. Mondphase

Dumpf schlugen die Wellen gegen die raue Schiffswand. Mit jedem Hoch und Runter ächzte und knackte das Holz des Schiffes. Unbeirrt steuerte das Piratenschiff über das endlos scheinende dunkelblaue Wellenmeer.

Astrid kauerte in dem miefigen Schiffsrumpf. Erbrochenes und der Gestank von Exkrementen umgaben sie. Überall lagen oder saßen die Gefangenen. Frauen und Kinder wimmerten, während mutige Männer mitunter lauthals über die Piraten schimpften und ihre Freiheit einforderten. Einige schliefen unruhig, andere stöhnten, weil sie verletzt waren. Die Ketten der Gefangenen klirrten mit jeder ihrer Bewegung. In den letzten Mondtagen waren Kranke ausgesondert worden. Wer Fieber hatte, wurde von den anderen getrennt. Eine Trennung ohne Wiedersehen. Astrid wusste, dass die armen Seelen den Tod in den Tiefen des Ozeans gefunden hatten. Sie hatte die erbärmlichen Schreie gehört, als man die zum Tode Verurteilten über die Bordwand geworfen hatte. Auch sie fühlte sich schlecht und schlief, wenn sie überhaupt Ruhe fand, unruhig. Immer wieder zermarterte sie sich den Kopf darüber, was Robin geschehen sein mochte. Ihre Träume waren eine Endlosschleife von aneinandergereihten Bildern voller Düsternis. Sie malte sich aus, wie die Feen Robin misshandelten und schließlich töteten. Nur warum? Weshalb war Robin so wichtig für sie gewesen? Warum hatte Prinzessin Eleon sich gefangen nehmen lassen, obwohl sie hätte fliehen können? Sie hatte ihre Antwort gehört: Liebe. Eleons Worte hatten sie tief im Inneren aufgewühlt, hatten sie verletzt. Robin war ihr Gemahl! Warum konnte die junge Prinzessin dies nicht endlich einsehen?

Befehle drangen an ihre Ohren. Im Schiffsbauch, der einer Hölle gleichkam, vernahm sie den Kampflärm, der über ihr auf dem Meer tobte. Der Kampf auf See war stets für beide Seiten gefährlich. Astrid mochte sich nicht ausmalen, was geschah, wenn der Schiffsrumpf einen Schaden davontrug. Bisher hatten sie Glück gehabt und sie hoffte inständig, nicht zu ertrinken.

Schiff um Schiff war von den Piraten geentert worden und mit der erbeuteten Fracht, die ausnahmslos aus Menschen bestand, würde der sowieso schon beengte Platz heute weiter abnehmen. Das Licht, das wie ein heller Streifen durch schmale Ritzen über ihr in den Schiffsbauch gelangte, gewährte ein wenig Helligkeit. Es gab den Blick auf die fahlen Gesichter der Gefangenen frei. Müde streiften ihre Augen über die Menschen. Lauschend hatte sie viele der Dramen mitangehört, die sie alle miteinander verbanden.

Trotz der Not der Menschen gab es aber auch unter den Gefangenen Männer, die in den Nächten nach den Frauen griffen und versuchten sich zu nehmen, worauf sie meinten ein Anrecht zu besitzen. Ihre Gardisten hatten zwei widerwärtige Kerle erschlagen und waren dafür mit dem Tod bestraft worden. Die Piraten schauten von Zeit zu Zeit nach den Gefangenen und versicherten sich, dass die Ketten hielten und die teure Fracht wohlauf war. Unflätige Bemerkungen der übel aussehenden und riechenden Männer blendete Astrid aus.

Astrid fühlte sich flau und war hungrig. Die Essensrationen reichten kaum, um sie alle satt zu bekommen. Die Fesseln schmerzten und ihre Handgelenke waren wundgescheuert. Ihr Magen knurrte und Sirra, die angekettet neben ihr saß, erging es nicht anders.

Die Augen der Prinzessin waren geschlossen. Sirra hatte ihre Knie fest an die Brust gezogen und ihre Arme um sie gelegt. Mit grimmiger Miene schien sie den Gesprächen zu lauschen. Ihr Gesichtsausdruck war versteinert. Zugleich lag etwas in ihm, das zeigte, dass sie verstört und verletzt war.

Sirra hörte den Männern und Frauen wortlos zu. Irgendwie wurde Astrid den Verdacht nicht los, dass Sirra in ihrer ausweglosen Situation noch etwas anders quälte. Astrid schloss die Augen und gab sich dem Gefühl von Müdigkeit hin, während sie wie durch eine wattierte Nebelwand die klackenden Geräusche eines Mannes mit einem Holzbein an Deck vernahm.

288. Italien

Ich lag in unserem Bett in Skyark und Astrid streichelte sanft mein Gesicht. Ihre Hände glitten zärtlich über meine braunen Haare, die ich mittlerweile recht lang und in einem Zopf trug. Ihre blauen Augen strahlten mit der Sonne um die Wette, die unser Zimmer allmorgendlich erhellte. Ich spürte die warme Luft, die durch das geöffnete Fenster ins Zimmer strömte und die die Vorhänge an unserem Bett leicht bewegte, die wir im Winter vorzogen, wenn es draußen kalt wurde. Die Balkendecke über uns war über und über mit bunten Schmetterlingen und Schneeblumen verziert. Motive, die so typisch für das Königreich Nordlande waren. Auf unserem Nachttisch, den ich als neue Errungenschaft bauen und ins Schlafzimmer an meine Bettseite hatte stellen lassen, stand ein gläserner Dekanter, der noch die Reste des Weines enthielt, den wir gestern Abend in unserem Bett getrunken hatten. Unsere Weingläser wiesen am Glasboden eine rote, getrocknete Weinpfütze auf und standen glänzend neben dem Dekanter im Sonnenlicht.

„Willst du nicht endlich aufstehen, Robin?“

Lange blonde Haare fielen in mein Gesicht und kitzelten auf meiner Haut. Astrids Gesicht war mir so nahe gekommen, dass ich sie mit meiner Nase anstupste.

„Nein. Lass uns noch ein Weilchen ausruhen. Ich fühle mich so müde“, flüsterte ich.

Ihr Gesicht entfernte sich von meinem und ich registrierte die Veränderung um uns herum. Die Wände lösten sich vor meinen Augen auf und zerbröckelten zu Staub. Das Bett verwandelte sich zu rauen Holzplanken und die weiche Decke war fort. Mein Kopf lag auf diesen rauen Planken, die jetzt nach Salz rochen.

„Robin! Robin, steh auf!“, hörte ich Astrids Stimme flehen.

Ich konnte mich nicht wehren und spürte, wie ich auf das harte Holz gedrückt wurde. Aus den Augenwinkeln konnte ich Astrid erkennen, die an der Reling stand. Sirra hielt sie davon ab, auf mich zuzulaufen. Die beiden waren umzingelt von Wesen mit schwarzen Flügeln, die die beiden immer wieder zurückschubsten. Bedrohlich bauten sie sich vor ihnen auf. Der Himmel schaukelte sanft über mir oder war ich es, der sich bewegte? Mit einem letzten Blick bemerkte ich die brennenden Segel der Skyark und vernahm die angsterfüllten Stimmen der Seemänner und Soldaten, die uns von Luna nach Hause begleiteten. Jetzt dämmerte es mir, wo ich war. Ich wollte gerade noch etwas zu Astrid sagen, als sich eine dunkle Fee zu mir hinunterbeugte, mir zuerst einen kräftigen Schlag ins Gesicht gab und danach meinen Kopf auf die Holzplanken schmetterte.

Als ich an diesem Morgen erwachte, war nichts mehr wie zuvor. Mit vor Schreck geweiteten Augen erfasste ich meine Umgebung. Mein Herz setzte für einen kurzen Augenblick aus. Ich lag in einem Krankenhaus. Definitiv. Die Zimmerdecke, die ich als erstes wahrnahm, war weiß. Ich wendete leicht benommen meinen Kopf. Auch der Rest des Zimmers war weiß gestrichen und roch, wie alle Krankenhäuser, wenn man sie betritt, nach Sterilität. Diesen Geruch hatte ich noch nie leiden können. Benommen und schwerfällig drehte ich meinen Kopf weiter nach links und dann nach rechts. Schließlich starrte ich wieder an die Decke, wo eine Fliege kopfüber spazierte. Neben mir hatte ich zwei weitere Betten ausgemacht, in denen ebenfalls Patienten lagen. Sie unterhielten sich, wobei ich ihre Sprache nicht verstand. Draußen musste es schwül sein. Ich konnte meinen Schweiß riechen und fühlte die Wärme im Raum. Die Fensterflügel standen offen und lauter Straßenlärm drang an mein Ohr. Als die Tür geöffnet wurde, näherte sich eine junge Krankenschwester in einer hellblauen Uniform. Sie hatte hellbraune Haare und rehbraune Augen, was mich zunächst erschreckte. Mit geweiteten Augen, starr vor Schreck, blickte ich sie an und entspannte mich nur langsam, als ich mir klar machte, dass sie kein dunkles Feenwesen sein konnte. Vor meinem Bett stehend, sprach sie mich an. Ich verstand kein Wort von dem, was sie sagte und wendete meinen Kopf von ihr ab. Müde schloss ich meine Augen und hörte in meinem Kopf die Stimme von Michaels Barnes, Sänger der Band RED, der den traurigen Song Hymn for the missing2 anstimmte.

Am Abend wiederholte sich die Prozedur und die Krankenschwester kam, dieses Mal begleitet von einem Arzt, zurück zu mir. Der Arzt sah mich an und drehte meinen Kopf zu sich. Er nahm eine kleine Taschenlampe hervor und leuchtete in meine Augen. Ich ließ es geschehen. Während er mich untersuchte, hörte ich ihn reden. Wortfetzen, die keinen Sinn für mich ergaben. Ich konnte seine Worte nicht verstehen. Offenbar nannte er mir einige Sprachen. Ich meinte zumindest Englisch, Französisch und Deutsch verstanden zu haben. Die Krankenschwester blieb hinter dem Arzt stehen und lächelte mir aufmunternd zu. Mir war schlecht und ich fühlte Einsamkeit in mir aufsteigen. Ich war wieder in meiner Welt. Weit entfernt also von Astrid, Nova, Eleon und all den anderen aus Aan. Bruchstückhaft kam mir das Zeittor in Erinnerung, wo ich Abschied von Aan und Eleon genommen hatte. Wie lange musste es her sein? Der Arzt redete immer noch ununterbrochen auf mich ein, während mein Blick durch ihn wie durch ein Fenster hindurch ging. Ich hörte ihn nicht reden, blendete seine Stimme aus, schloss meine Augen und schlief mit einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit und des Verlorenseins ein.

Lautes Scheppern drang an meine Ohren und weckte mich auf. Am Morgen wurde mir ein Frühstück auf einen kleinen Beistelltisch gestellt. Schlaftrunken schlug ich die Decke zur Seite und versuchte aufzustehen. Wie ich erst jetzt bemerkte, hatte ich lediglich ein weißes Hemd an, das am Rücken offen war. Benommen trottete ich an den anderen zwei Betten vorbei, wobei ich meinen Blick nur kurz über die beiden Patienten schweifen ließ. Ich suchte die kleine Toilette auf und erfrischte mich. Mein Spiegelbild sah fürchterlich aus. Mein Gesicht war überzogen mit kleineren Narben, Blutergüssen und meine Lippen waren geschwollen. An der Schläfe hatte ich eine dicke Beule. Ich sah aus wie ein Boxer, der kräftig vermöbelt worden war und den Kampf verloren hatte. Als ich den Blick unter mein dünnes Gewand wandern ließ, konnte ich mehrere Verbände und Pflaster ausmachen. Ich spürte den langen Stich, wo mich die Feenkönigin der Dunkelheit mit ihrem Dolch verwundet hatte. Offenbar war die Verletzung genäht worden. Auch mein übriger Körper hatte schon weitaus bessere Tage erlebt. Weitere Wunden waren gesäubert und mit Verbänden versehen worden. Ich schlurfte zurück zu meinem Bett. Trotz der vielen Verletzungen hatte ich Hunger und nahm das kleine Frühstück sitzend ein, wobei mich die Narbe schmerzte. Ich verzog schmerzhaft das Gesicht. Die beiden anderen Patienten betrachteten mich freundlich und zunächst schweigend. Der junge Mann, der im mittleren Bett lag, sagte etwas zu mir. Ich versuchte mich zunächst auf seine Worte zu konzentrieren, wobei ich erneut kein Wort verstand. Also sagte ich:

„I am German“ auf Englisch.

Er nickte und fuhr zu meiner Überraschung in gebrochenem Deutsch fort: „Du bist in Italien. In Carato, Apulien. Wo kommst du her?“

„Aa… ähm, Hamburg“, erwiderte ich.

„Kenne ich gut. Ich habe dort einige Jahre in einer Trattoria gearbeitet.“ Er hielt kurz inne und fuhr dann fort: „Es heißt, dass sie dich im Castel del Monte gefunden haben. Was hast du denn da gemacht?“

„Castel del Monte? Nie gehört“, antwortete ich, was der Wahrheit entsprach, weil ich noch nie in Italien war.

„Kennst du den Film `Der Name der Rose`?“

Ich nickte. War das Castel ein Zeittor wie in Aan?

„Die Krankenschwester hat uns erzählt, dass du in einem Ritter…, ähm, ich glaube, ihr nennt es Kostüm, gefunden wurdest. Wer hat dich denn so übel zugerichtet?“

„Das weiß ich selbst nicht so genau. Ich erinnere mich einfach nicht.

Weißt du, wo meine Sachen sind?“

Mein Bettnachbar zeigte auf meinen kleinen Beistelltisch.

„In dem unteren Fach dort liegen deine Sachen. Ich heiße übrigens Luigi.“

Schmerzverzerrt bückte ich mich und öffnete das kleine Fach. Die Sachen waren in eine Plastiktasche gesteckt worden und passten gerade so hinein. Ich zog die Tüte hervor und legte sie vorsichtig auf mein Bett. Nachdem ich den Plastikbeutel geöffnet und die Kleidungsstücke auf dem Bett verteilt hatte, studierte ich sorgfältig meine Sachen. Mir kamen die Tränen, als ich über den blauen Stoff meines Waffenrockes und den meines Wollhemdes strich. Astrids Wappen prangte auf der Brust der Uniform, während in der Mitte ein Falke auf einer blauweiß leuchtenden Krone hockte. Lunas Wappentier sah genauso gebrochen aus, wie ich mich fühlte. Meine Finger bohrten sich in das Loch, wo mich der Dolch getroffen und die dunkle Fee verletzt hatte. Das Blut war braunrot getrocknet.

Meine Lederstiefel waren verdreckt und auch die anderen Sachen waren in einem verwahrlosten Zustand. Sie stanken nach Leder, Schweiß und Dreck.

„Erinnerst du dich wieder?“

Ich nickte leicht, sagte aber nichts zu Luigi.

Wenig später kam die Krankenschwester vom vorherigen Abend herein. Interessiert studierte sie mich und verschränkte ihre Arme vor den Brüsten. Mein Bettnachbar erzählte ihr auf Italienisch, was er von mir erfahren hatte. Ich legte meine Sachen behutsam zusammen und verstaute sie wieder in dem kleinen Fach.

„Wie heißt du? Krankenschwester Chiara fragt mich nach deinem Namen.“

„Robin.“

„Hast du keinen Nachnamen?“

„Nein, einfach nur Robin. Ich erinnere mich nicht“, log ich.

Die Krankenschwester lächelte mir aufmunternd zu und wechselte danach meine Verbände. Ich ließ die Prozedur über mich ergehen und legte mich danach wieder in mein Bett. Ich musste nachdenken, was ich als nächstes tun würde.

289. Nordlande

5. Zeitalter von Aan, 99. Mondjahrhundert, 65. Mondphase

Es hatte zu schneien angefangen. Drohend schoben sich düstere Schneewolken über den Himmel von Skyark. Im Schneetreiben richtete sich die Streitmacht aus Dunkellande auf die Belagerung ein. Sara und Thorm standen auf einem hohen, weißen Marmorturm und beobachteten das Heerlager vor ihrer Stadt. Evian und Endorian waren bei ihnen und erörterten Königin und König die Lage.

„Sie werden uns nicht angreifen, mein König. Wozu sollten sie auch? Sie wissen, dass wir ihnen nicht entkommen können.“

„Ich weiß, Evian.“

„Sie werden uns aushungern. Nicht wahr?“

„Ja, Königin Sara. Ich vermute, dass das ihr Ziel ist.“

„Wir könnten sie unsererseits angreifen. Was haltet Ihr davon?“

„Ich glaube nicht, dass wir damit Erfolg haben werden, meine Königin. Seht doch nur über das Land. Soweit das Auge reicht, reichen ihre Zelte und ihr Heerlager.“

„Hm. Sollten wir unsere Geisel opfern?“

„Prinzessin Thara könnte ein geeignetes Druckmittel sein.

Allerdings sollten wir diesen Pfand erst viel später einsetzen, meine Königin“, erwiderte Evian.

„Was machen wir, wenn wir aufgeben?“, flüsterte Sara. Sie trug heute einen weißen langen Fellmantel, der aus Eisbärenfell gearbeitet war.

„Wir dürfen nicht aufgeben, meine Königin!“, entgegnete Endorian stoisch. „Die Dunkelländer werden uns erneut einen hohen Tribut abfordern. Was sie Euch oder der Prinzessin antun werden, vermag ich gar nicht erst zu sagen.“

Sara schüttelte sich bei Evians Worten.

„Gibt es Neuigkeiten aus den anderen Landen, Endorian?“

„Wir haben Bestätigung erhalten, mein König. Aan ist gefallen.

Anscheinend ist König Angantyr und seiner Familie die Flucht gelungen.“

„Und Ostlande?“

„König Iranus und Königin Theresa leben. Sie haben Nachricht geschickt, dass sie Reiter nach Imra schicken werden, Königin Sara.“

„Imra, Evian?“, skeptisch blickte Sara Endorian an.

„Ja. Ostlande ist unverändert kein freies Reich. Wie die Könige es zuvor gehalten haben, werden sie sich mit Königin Aryja beraten.

Erstmals in der Geschichte des Landes sitzt nun eine Frau auf dem schwarzen Thron Südlandes“, erklärte Endorian die Lage. Er zückte eine weitere kleine Botschaft, die eine Schneeeule in der Nacht gebracht hatte.

„Dies ist die neueste Nachricht, mein König“, Endorian reichte Thorm den kleinen Zettel.

„Was steht drin?“

„Es tut mir so unendlich leid, meine königliche Majestät. Späher in Südlande sind sich sicher, dass sie die Reste der Skyark auf dem Grund der See unweit vor Isfahad gefunden haben.“

„Wie wollen sie das Schiff denn erkannt haben?“ Sara drehte sich zu Endorian.

„Die Stelle ist nicht sehr tief und die Masten ragen aus dem Wasser.

Der Späher berichtet, dass ein Mast das königliche Banner trägt.“

„Also ist die Skyark gesunken“, seufzte Thorm resigniert. „Können Astrid und Robin es an Land geschafft haben?“

„Nicht dort. Die Strömung zieht alles aufs offene Meer hinaus“, führte Evian aus.

Endorian bemerkte die Tränen auf Saras Wange. „Meine Königin, mein König! Bitte nehmt mein, … nein, nehmt unser beider aufrichtiges Beileid entgegen. Wenn wir Euch etwas Tröstliches sagen oder etwas für Euch tun können, lasst es uns bitte wissen.“

Sara schniefte und auch Thorm wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. Hinter ihnen wachte ein Soldat, der dem Gespräch offensichtlich folgte. Als Thorm ihn anblickte, verneigte er sich leicht. Er konnte das Mitleid des Mannes in seinen Augen sehen.

Astrid und auch Robin waren beliebt in Skyark. Ihre List, Stormhold zu räumen, hatte vielen Untertanen das Leben gerettet. Die beiden hatten zudem Skyark mit Hilfe von Feen zurückerobert, Prinzessin Thara gefangenen genommen und genossen durch ihre volksnahe Art höchstes Vertrauen im Königreich. Thorm musste sich eingestehen, dass seine Tochter einen außergewöhnlichen Mann geheiratet hatte, der Astrid aus den Fängen von Prinz Randos aus Runaria und auch ihn und Sara befreit hatte. Wäre Robin nicht gewesen, wäre Astrid bereits viel früher nach der Geburt von Nova in den Händen von König Thorsis gestorben. Dass die beiden tot sein sollten, erfüllte sein Herz mit unendlicher Trauer.

Thorm wandte sich zum Gehen und nahm Sara in den Arm. Still liefen ihr die Tränen über das Gesicht. Wer es nicht sofort gesehen hatte, hätte auch meinen können, dass der Schnee auf ihrer warmen Haut zu Wasser gelöst wurde und hinunterlief. Dafür war es aber zu kalt. Als Thorm Sara die Hand reichte, damit sie auf der schneebedeckten Mauer nicht ausrutschte, vernahm er das Heulen von Wölfen. Die Wölfe harrten seit ihrer Ankunft in Skyark am Waldrand aus. Heute rannten sie wieder auf dem Felsen, der am Rande des Waldes in die Höhe stieg und einen unglaublichen Ausblick über das Meer gab. Thorm kannte den Felsen und war mit Astrid und Sara einige Mal dort zum Picknicken gewesen. Die Wölfe wirkten unruhig. Normalerweise hörte man sie nie am helllichten Mondtag heulen, noch zeigten sie sich so offen. Als er sich ein weiteres Mal umdrehte, konnte er trotz des stärker werdenden Schneefalls erkennen, dass sich die Tiere zu zwei Rudeln zusammengefunden hatten. Eines verließ gerade das Felsplateau und verschwand im angrenzenden Wald.

290. Südlande

5. Zeitalter von Aan, 99. Mondjahrhundert, 65. Mondphase

Auch in den folgenden Mondtagen enterten die Piraten weitere kleinere Schiffe und verfrachteten die neuen Gefangenen unter Deck. Im Schiffsbauch wurde der Gestank von Mondtag zu Mondtag bestialischer und die gefangenen Frauen, Kinder und Männer kauerten mittlerweile dicht an dicht.

Wie Sirra erfahren hatte, kamen viele der Gefangenen aus Ostlande und vereinzelt aus Nordlande. Die meisten der Gefangenen waren Fischer oder einfache Handelsreisende, die auf den Handelsschiffen verkehrten. Sirra wusste, dass die Gewässer an der Ostküste Aans als gefährlich galten. Dass ihre Untertanen dafür verantwortlich waren, hatte sie sich nie vorstellen können. Warum hatte ihr Vater diese barbarischen Machenschaften erlaubt? Sie wusste es nicht und würde es nie mehr herausbekommen können, da Hiastir tot war und sein Leichnam in der Klamm des Altasgebirges seine letzte Ruhe gefunden hatte. Wenn sie an die letzten Mondwochen zurückdachte, hatte sie aus ihrer Sicht so viele Abenteuer erlebt, dass es für mehrere Leben reichen sollte. Sie machte sich aber nichts vor. Was ihr nun bevorstand, würde mit Abstand das gefährlichste Erlebnis ihres noch jungen Lebens werden.

Sie ließ ihre Augen durch den dunklen Rumpf des Schiffes wandern.

Hatten die Kinder eine Chance weiterzuleben, wenn sie Isfahad erreichten und wenn ja, was würde mit ihnen geschehen? Die Männer, die in ihr Blickfeld gerieten, würden sicherlich in der Arena kämpfen müssen. Dies hatte ihr Zion erklärt. Die Untertanen in Isfahad liebten diese Art der Unterhaltung und es gab kaum Krieger, die jemals lebendig aus der Hölle entkommen waren. Was die Frauen anbetraf, hatte Zion ihr wenig Hoffnung gemacht. Die meisten wurden verkauft, wenn sie denn ansehnlich gebaut und hübsch waren. Die alten und hässlichen Frauen, die sich nicht verkaufen ließen, wurden ebenfalls in die Arena gesteckt. Dort gab es nicht nur Kämpfe zwischen Menschen, sondern dort ließ man auch Alte und Schwache gegen wilde Tiere kämpfen, von denen Sirra noch nie zuvor etwas gehört hatte. Sirras Blick wanderte zu Astrid, die seit ihrer Gefangennahme nur das Nötigste gesprochen hatte. Sirra konnte ihr Leid nur allzu deutlich nachempfinden. Nach ihrer Meinung waren Robin und Eleon längst tot. Warum sollten die Nachtfeen sonst nach ihnen gesucht haben? Zion selbst wirkte dagegen erstaunlich wacker. Er hatte zwar seinen Sohn verloren, wobei Sirra nicht herausgefunden hatte, warum Vater und Sohn so lange Zeit voneinander getrennt gelebt hatten, gleichzeitig hatte er sich aber rührend um Astrid und sie in den Mondtagen in dieser Hölle gekümmert. Astrids Ritter wiederum versuchten ihre Königin zumindest in dieser Situation zu schützen, wobei Astrid ihnen untersagt hatte, sie beim Namen zu nennen. Ihr Titel, das war jedem ihrer Untertanen bewusst, würde ihr Leid nur noch vergrößern. Es würde sowieso noch schlimm genug kommen. Sirra konnte sich nicht vorstellen, wie man eine Frau, noch dazu eine Königin, in einen Harem verkaufen konnte. Dass Astrid eine ausgesprochene Schönheit war, war unbestritten. Alleine ihre schneeweißen Haare würden ihren Preis in die Höhe treiben. Ihr gesamtes Aussehen würde dafür sorgen, dass sich die Männer bis zuletzt beim Feilschen überbieten würden. Sirra hasste derartige Männer, die Frauen als ihr Eigentum betrachteten. Ihre Mutter hatte ihr und ihren Schwestern stets den Unterschied zwischen Besitz und Freiheit vermittelt. Aryja liebte die Freiheit. Hiastir hatte sie wie seinen Besitz behandelt, aber ihre Mutter hatte ihm immer wieder ein Schnäppchen geschlagen.

Ohne den Mut ihrer Mutter, ihren Vater zu hintergehen, hätte sie nie zu kämpfen, noch hätte sie schreiben oder lesen gelernt. Von ihrer Mutter wusste Sirra, dass ihr Vater mit mehr als nur mit einer Frau geschlafen hatte. Ihre Mutter hatte sich mit König Iranus eingelassen und hatte ihr erklärt, dass sie über die gleichen Rechte verfügte, die ein Mann für sich einnahm. In Südlande waren diese Gedanken revolutionär oder mitunter tödlich. Aryja hatte daher im Verborgenen ihre Geschäfte gepflegt und Intrigen eingefädelt, wovon Hiastir nichts mitbekommen hatte.

Als düstere Glocken erklangen, wusste Sirra, dass Isfahad nah war.

Die Stadt war nicht nur für die Arena bekannt, sondern verfügte über die besten Glockenbauer in ganz Aan. Der Hafen, das hatte Zion ihr erzählt, wurde durch eine Glocke geschmückt, die in einen Turm eingebaut war, der bis in den Himmel reichte und das Tor zum Hafen und in die Welt von Isfahad bedeutete. Der Turm war nicht nur ein Glockenturm, sondern war König Anfasan als Denkmal gesetzt worden, dem Erbauer von Sahlina. Das Denkmal hatte Anfasan dafür erhalten, dass er mit Abstand der gefürchtetste Feentöter von Aan war. Jedenfalls wurde das immer erzählt. Sirra konnte sich kaum vorstellen, wie er das angestellt hatte. Angeblich besaß er eine ganz besondere Waffe, die heute irgendwo in der Wüste von Südlande unter dem Sand begraben und vergessen lag.

Diese und andere Geschichten kannte sie und sie wurden den Kindern in Südlande unentwegt erzählt. Auf Anfasans Mut und Stolz gründete sich der Reichtum von Südlande. Als Sirra einen Schatten durch das Gitter über sich bemerkte, wusste sie, dass die Piraten Isfahad anliefen. Sie blickte Zion an und wusste, dass auch er registriert hatte, wo sie jetzt waren, während sich Astrid unruhig im Schlaf bewegte und Worte murmelte.

291. Mittellande

5. Zeitalter von Aan, 99. Mondjahrhundert, 65. Mondphase

„Räumt diese Bilder an der Wand dort fort! Sie beleidigen unser Großes Haus!“, gab König Thorsis Befehl.

Aan war bereits vor Mondwochen gefallen und Thorsis hatte gemeinsam mit den Königen Atos und Leor die Stadt eingenommen.

Seite an Seite waren die Könige in die einst mächtigste und schönste Stadt Aans auf ihren stolzen Rössern eingezogen. Ritter aus Dunkellande, Westlande und Seenlande hatten ihren Triumphzug gesäumt und unentwegt immer wieder ihre Namen gerufen. Hinter ihnen waren Koldor und Famos geritten. Der Palast wurde nun durch die neuen Herrscher bewohnt.

Heute Morgen galt es endlich mit der Bestandsaufnahme anzufangen. Die Untertanen mussten sich zählen lassen und die Hälfte ihres Barbesitzes an Thorsis als neuen Statthalter übergeben.

Wer der Lüge überführt wurde, fand schnell den Tod durch den Strick. Dies hatte nach den ersten unvollständigen Zahlungen die Zahlungsmoral sichtlich gehoben und Leichen baumelten immer noch an eiligst errichteten Hinrichtungsplätzen in der ganzen Stadt.

Die Toten durften bisher nicht abgenommen werden, da das Zeichen von Ungehorsam und Widerstand sich ins Gedächtnis der Besiegten einbrennen sollte. Mittlerweile hatten Krähen angefangen aus den Toten Fleischstücke herauszupicken. Nachts kamen dann die Ratten und fraßen sich satt. Während sich die Untertanen in langen Schlangen durch die Stadt in den dritten Ring anstellten, um den neuen Herren für Frieden und Freiheit die Siegesbeute zu übergeben, ließ sich der König Dunkellandes den Palast zeigen.

Seine Gemahlin, Tandra, war bereits zurück nach Dawn aufgebrochen. Sie hatte Thorsis erklärt, dass sie schwanger war und ihrem Kind nicht in Aan, sondern in ihrer Heimat das Leben schenken wollte. Thorsis hatte Tandra ziehen lassen.

Als Dunkellandes König durch die vielen Zimmer und Säle des Palastes geführt wurde, musste er sich eingestehen, dass das Große Haus von Aan einen prächtigen Palast sein Eigen nennen durfte.

Leider war dem König und seiner Familie die Flucht gelungen. Sie hatten es aus der Festung geschafft. Atos‘ Männer hatten den Geheimgang gefunden. Als sie ein Boot ins Wasser gesetzt und sich vom Strom treiben ließen, hatten sie Gewissheit erlangt, wo der König herausgekommen und wie ihm die Flucht geglückt war. Atos hatte Späher ausgeschickt, die das Heer der Königin von Ostlande in der Ebene zwischen Mittellande und dem Seenlande ausfindig gemacht hatten. Die Streitmacht befand sich auf dem Rückzug nach Ostlande. Atos und Thorsis hatten einen kleinen Trupp zusammengestellt, der dem Heer mit einigem Abstand folgte. Damit hatten sie jederzeit Gewissheit, wo sich der Gegner befand.

Leor war zur Freude von Thorsis bereits zurück ins Seenland gezogen. Thorsis war überrascht davon gewesen, wie Leor in der Schlacht einen Gegner nach dem anderen an seiner Seite getötet hatte. Der König war ein begnadeter Kämpfer und hatte sich für den Moment der Eroberung Aans seinen Respekt erarbeitet. Leor hatte Thorsis‘ huldvollen Dank gelassen hingenommen und hatte Mondtage später erklärt, dass er Vorbereitungen für den Frühling treffen wollte.

Vorausgegangen war seinem Abschied allerdings ein denkwürdiger Abend, bei dem Leor und Koldor beinahe Opfer einer Vergiftung geworden wären. Nur König Atos‘ Medikus war es zu verdanken, dass beide Männer noch lebten.

Die Eroberer hatten nach Aans Erstürmung ein Fest gefeiert. Der Alkohol war in Strömen geflossen und Gesang und Weiber hatten einen gebührenden Rahmen gebildet. Um Mitternacht war plötzlich der König des Seenlandes und kurz darauf Prinz Koldor taumelnd zusammengebrochen. Zum Leidwesen von Thorsis hatte Leor den Anschlag überlebt. Die Tat war das beherrschende Thema in den nächsten Mondtagen. Wundersamer Weise konnte König Thorsis den Täter eine Mondwoche später präsentieren. Ein Magistrat, der zu Angantyrs Familie stand und den Tod von Lydia rächen wollte.

Der Magistrat hatte sein unrühmliches Ende baumelnd unter einer Ulme gefunden. Wer allerdings für den Anschlag auf Koldor verantwortlich war, blieb ungeklärt.

Leor hatte in den Mondtagen nach dem Attentat auf ihn Vorsicht walten lassen. Er verließ den Palast nur noch in Begleitung von Wachen und hatte Vorkoster. In den Mondtagen nach dem Mordanschlag studierte Leor das Haus der Bücher bis zu seiner vollständigen Genesung.

Dass Leor viele Mondtage das Haus der Bücher von Aan aufsuchte, entging auch Thorsis und Koldor nicht. Wie sie herausfanden, hatte Leor nach besonderen Abschriften gesucht, diese aber nicht gefunden. Jetzt war Seenlandes König aufgebrochen, um weitere Kämpfer zu rekrutieren und neue Ausrüstung und Waffen für die Fortsetzung des Krieges zu schmieden. Thorsis huldigte Leor seinen tief empfundenen Dank. Jede Hand, die es verstand, ein Schwert zu führen, wurde im Krieg gebraucht. Nicht gebraucht aber wurde ein König, der eigentlich hätte längst den Tod finden müssen, wie Thorsis seinen Sohn mit Anspielung auf Andras Versagen unter vier Augen wissen ließ.

Als Thorsis die Ahnenreihe des Großen Hauses entlangging, entdeckte er ein Gemälde, das er nicht abhängen ließ. Die Frau war seiner Meinung nach vortrefflich getroffen und er meinte sie zu kennen. Das Bild zeigte eine Königin, die wie Denera aussah. Sie trug eine kleine Krone auf dem Kopf und hatte ein silbernes Amulett um den Hals. Der Zeit entsprechend, hatte sie ein bodenlanges Kleid in einem feurigen Rot an, das in der Wappenfarbe von Aan gehalten war. Der Name der Königin lautete Jenaria von Aan. Unter dem Bild war das Wappen von Mittellande als Stein eingefasst worden, auf dem die Mondjahreszahlen ihrer Regentschaft prangten. Das Wappen wurde von Drachen verziert. Als Thorsis das Haus der Bücher in Aan betreten hatte, hatte er nicht schlecht gestaunt, als er die Drachen an der Treppe gesehen hatte. Versteinerte Wesen, die es einst gegeben haben musste und die das Banner von Mittellande prägten. Eigentlich hatte Thorsis nichts mit Büchern im Sinn, dennoch hatte er über eine so große Ansammlung gestaunt. Atos, der ihn begleitet hatte, hatte ebenfalls kein Interesse an den Büchern gezeigt und so hatten sich die Könige darauf geeinigt, dass die Sammlung an Ort und Stelle bleiben sollte.

Atos‘ Interesse galt den Königreichen, wobei er viel mehr am Königreich Südlande als an Mittellande interessiert war. Thorsis kannte Südlande genauso wenig wie Ost- oder Nordlande. Da er den Königen aus dem Seenlande und aus Westlande die freie Wahl gelassen hatte, versprach er Südlande in die Hände von Atos zu geben. Ost- und Südlande sollten im nächsten Mondjahr erobert werden.

„Warum, König Atos, wollt Ihr eigentlich nicht Herrscher über Vergessene Lande oder das Feenreich werden?“

„Ich habe zweimal versucht in das Feenreich einzumarschieren. Die Wesen, die dort hausen, haben Kräfte, die die unseren übersteigen.“

„Aber Ihr wisst, dass wir auch dieses Reich noch erobern müssen?“

„Natürlich weiß ich das.“

„Wir können es uns nicht leisten, dass ein Feind in unserem Rücken lebt, König Atos. Wer weiß, was diese Biester mit Vergessene Lande wirklich verbindet und ob sie nicht noch zum Sturm auf uns ansetzen.“

„Gewiss doch! Dennoch rate ich Euch, dass Ihr dieses Unterfangen überdenken solltet. Die Wesen kamen wie Würmer aus der Erde gekrochen. Außerdem habe ich nie zuvor solche Feuergeschosse gesehen. Sie werden von Feenwesen abgefeuert, die durch die Luft fliegen.“

„Ihr erzähltet es bereits, Atos. Ich werde mich mit meinen eigenen Augen überzeugen. Irgendeine Schwachstelle hat jeder Gegner.

Außerdem haben unsere Vorfahren diese Wesen doch schon immer bekämpft. Wir werden sie ausrotten. Nach ihrer Vernichtung gehört Aan einzig den Menschen!“

„Ja, es stimmt, dass unsere Ahnen bereits gegen sie in die Schlacht gezogen sind. Ich frage mich nur, warum sie auf einmal so zahlreich existieren. Nie haben wir einen Hinweis auf ihre Existenz gefunden.“

„Wie viele Mondjahrhunderte habt Ihr das Feenreich an Euren Grenzen ignoriert?“

„Anscheinend zu lange, König Thorsis. Dennoch, ich rate zur Vorsicht! Lasst uns nichts überstürzen.“

„Vielleicht habt Ihr recht, König Atos. Wie dem auch sei. Jetzt naht der Winter und wir werden unseren Krieg erst im Frühling wieder fortsetzen. Im nächsten Mondjahr wird meine Gemahlin mit frischen Truppen nach Aan zurückkehren.“

„Was haltet Ihr davon, wenn Argos sie aufsucht und nach Aan begleitet? Unsere Heere reiten Seite an Seite als Zeichen der Macht.“

„Eine Demonstration unserer Verbundenheit und Schlagkraft?“

Atos nickte Thorsis zu.

„Ein vortrefflicher Vorschlag“, lobte Thorsis. „Die Menschen werden mit eigenen Augen sehen, dass uns nichts trennen kann. Ich werde die Königin informieren, lasst Nachricht an Euren Sohn senden.“

„Habt Ihr übrigens Neuigkeiten von Eurem Sohn erhalten?“

„Koldor hat Skyark erreicht. Er setzt die Belagerung fort. Die Nordländer werden schon noch frühzeitig einlenken.“

„Wisst Ihr, ob meine schöne Schwiegertochter in der Stadt weilt?“

Atos‘ Gesicht verfinsterte sich, als er an Astrid denken musste. Sie und ihr verdammter Gemahl waren schuld am Tod seines Sohnes, Prinz Randos.

„Bisher haben unsere Kundschafter nur gemeldet, dass sie König Thorm und Königin Sara ausgemacht haben. Im Hafen konnten unsere Männer feststellen, dass die Skyark mit unbekanntem Ziel fortgesegelt ist.“

„Kann die Königin in ihre Kolonien aufgebrochen und geflüchtet sein? Was hört man?“

„Ich weiß es nicht, noch kenne ich die Kolonien der Königin. Als ich sie in meiner Gefangenschaft hatte, hätte ich, wie ich heute eingestehen muss, mich mehr um sie und ihren Bastard von Gemahl kümmern müssen“, erklärte Thorsis grimmig und sein Gesichtsausdruck zeigte Härte. „König Robin muss sterben! Dieses Mal muss es aber für immer sein! Mit seinem Auftauchen ist so viel durcheinander geraten.“

„Dann haben wir ja beide noch ein Hühnchen mit den beiden zu rupfen, König Thorsis. Auch ich will seinen Tod für das, was er mir und Runaria angetan hat.“

„Ich weiß. Der Tod Eures Sohnes wird gerächt. Seid Euch dessen gewiss, König Atos!“ Thorsis schlug Atos auf die Schultern. „Lasst uns gehen. Ich habe uns ein wenig Abwechslung für die kalten Abendstunden holen lassen. Die Frauen warten bereits auf uns. Und, mein verehrter Freund, König Angantyr hat einen wohlschmeckenden Tropfen für uns übriggelassen.“ Thorsis konnte sich ein ironisches Lachen nicht verkneifen.

292. Feenreich

5. Zeitalter von Aan, 99. Mondjahrhundert, 65. Mondphase

Eleon hing gefesselt und geknebelt an einer langen Eisenkette, die von einer Felsdecke herabbaumelte. Die Nachtfeen hatten sie wieder in die Klamm gebracht und sie wie einen getöteten Tierkadaver zum Schutz vor Ratten und Mäusen aufgehangen. Sie konnte die Kälte im Berg spüren und zitterte. Ihr Körper war ausgemergelt, weil die Feen ihr nur wenig Nahrung gegeben hatten.

Zudem hatte sie nur wenig Schlaf finden können. Sämtliche Knochen und besonders ihre Hand- und Fußknöchel, an denen sie gefesselt war, taten ihr weh und sie wusste, dass ihr weitere schmerzhafte Grausamkeiten noch bevorstanden.

Bisher hatten die Feen wenig Interesse an ihr gezeigt und Eleon fragte sich, was die Nachtfeen von ihr wollten. Sie selbst war sich ihrer Macht bewusst und hätte längst fliehen können, allerdings musste sie herausfinden, was die Feen der Dunkelheit von ihr begehrten. Ihr Tod konnte es nicht sein, dessen war sich Eleon bewusst, andernfalls hätten die Feen sie längst getötet. Als die Eisenkette gelöst wurde, schlug sie krachend auf den harten Steinboden. Das Ritual begann täglich gleich und ihr Körper schien sich an den Schmerz des Aufschlags zu gewöhnen. Sie fühlte es kaum noch. Eigentlich gab ihr dieser Moment ein wenig Zeit zum Ausruhen. Sie bekam kleinere Rationen zu trinken und zu essen und durfte in Begleitung zweier Wesen, die sie führten, in einer Höhlenecke austreten. Zu Anfang hatte sie sich einige Mal den Kopf gestoßen. Wie sie bemerkte, ließen die Nachtfeen sie absichtlich gegen die niedrige Decke laufen. Es bereitete ihnen Vergnügen, wenn sie stürzte und sich blutende Wunden zuzog. Da ihre Augen stets verbunden waren, hatte sie gelernt aufzupassen und sich rechtzeitig unter der teils niedrigen Decke zu ducken. Sie fragte sich, warum die Feen einen solchen Aufwand machten und nicht wollten, dass sie etwas sah. Trotz verbundener Augen konnte sie die Wesen um sich herum deutlich fühlen. Sie hatte in den letzten Mondtagen immer wieder versucht, ihre Anzahl zu zählen und war sich mittlerweile sicher, dass sie nur von sechs Feen bewacht wurde.

Heute spürte Eleon, dass irgendetwas anders war. Sie drehte ihren Kopf und erkannte den Grund dafür. Die Königin der Nachtfeen war anwesend. Nachdem Robin in seine Welt zurückgeschleudert worden war, hatte Eleon sich gefragt, wozu die Königin der Dunkelheit sein Blut brauchte. Ariell hatte auch sie geschnitten und ihr Blut in einer Phiole eingefangen. Eine Fee entfernte Eleon den Mundknebel und sie hörte die Stimme der Frau, die Robin und sie an das Zeittor hatte bringen lassen.

„Prinzessin Eleon von Aan, sicherlich fragt Ihr Euch, was wir eigentlich von Euch wollen. Euren Tod hätten wir ja bereits haben können.“

Eleon versuchte sich trotz der Eisenketten hinzusetzen. Dabei fühlte sie die Stelle an ihrer Haut, wo sie verletzt worden war. Sie gähnte und hielt ihre Hände vor ihren Mund.

„Meinen Tod? Wozu sollte er Euch nutzen, Königin der Nachtfeen?“

„Oh! Ihr kennt mich?“ Ariell wanderte durch die Reihen der Ihren und ihre Stimme hallte von den Wänden wider.

„Kennen wäre zu viel der Ehre. Königin Ailianne hat Euren Namen mir gegenüber erwähnt.“

„Warum hat sie dies getan?“, erkundigte sich Ariell neugierig.

„Ich vermute, dass es ihr einzig darum ging, mich vor Euch zu warnen.“

Ariell lachte und die anderen Wesen stimmten in ihr düsteres Lachen ein.

„Das scheint ihr ja nicht annähernd gelungen zu sein.“ Sie trat näher heran.

„Was wollt Ihr von mir?“, Eleons Stimme war, obwohl sie müde und verletzt war, gelassen.

„Von Dir wollen? Nun, Prinzessin, vielleicht könnt Ihr Euch und mir einen letzten Gefallen tun.“ Ariell schwieg und Eleon hielt den Atem an. „Ich frage Euch nur ungern. Aber wisst Ihr vielleicht, wo das Schwert von König Robin und das Eurige abgeblieben sind?“

„Unsere Schwerter?“ Eleon musste trocken lachen.

„Was ist so lustig an der Frage?“

„Ihr haltet mich am Leben wegen zwei Schwertern?! Was erhofft Ihr Euch denn von den Schwertern, wenn Ihr sie Euer Eigen nennen dürft?“

„Ich werde es Euch sagen. Ich denke, dass sie ein Schlüssel sind!“

„Ich weiß“, antwortete Eleon zu Ariells Überraschung.

Ariell kniete sich nieder und legte ihren Kopf auf Eleons. „Ihr wisst es?“

„Ihr sucht den Weg in die geheime Höhle des Stocks“, flüsterte Eleon matt.

„Ja, Prinzessin. Das tue ich.“ Ariell strich Eleon die staubigen Haare aus ihrem hübschen Gesicht zur Seite. Die Wangen wirkten eingefallen und die Knochen stachen hervor. „Nur eine winzige Antwort und ich befreie Euch von Eurem Leiden.“

„Nein, das macht Ihr nicht. Ihr braucht noch weitere Antworten von mir.“

„Weitere Antworten, mein Kind?“

„Ihr sucht einen Schlüssel. Aber die Schwerter sind es nicht, die Euch den Zutritt in das tiefe Gewölbe öffnen.“

„Was weißt du, Eleon?“, fasste Ariell fast zärtlich nach.

Eleon wusste, dass dies nur eine weitere List der Königin war. „Ich weiß gewiss mehr, als Ihr denkt“, erklärte sie brüchig. „Ich…“ Eleon verlor vor Müdigkeit und Hunger das Bewusstsein.

„Was machen wir mit ihr, meine Königin?“

„Hängt sie wieder dort oben auf. Wenn sie aufwacht, lasst es mich wissen.“

„Ihr Lebenslicht wird nicht mehr lange scheinen, meine Königin.

Wenn sie überleben soll, braucht sie mehr zu essen.“

„Verabreicht es ihr. Ich muss herausfinden, was sie wirklich weiß.“

Ariell verließ Eleon, die wieder bewusstlos unter der Decke in der Dunkelheit hing.

293. Ende der Zeit des 2. Zeitalters von Aan

Schon seit Mondtagen waren Aryane und Leonder auf dem Weg nach Kalindian. Während Leonder nachts am Feuer schlief, verschwand Aryane in die sie umgebenden Berge und kehrte erst am frühen Morgen zurück.

Leonder hatte zuvor ein mageres Frühstück zu sich genommen, das lediglich aus Hartkäse, getrocknetem Fleisch und einem Schluck Quellwasser bestand. Er hatte den Sattel auf den Rücken seines Pferdes gelegt und wartete, dass Aryane kam.

„Guten Morgen, Leonder“, begrüßte Aryane den jungen Prinzen.

Erfreut drehte sich Leonder zu Aryane um, die auf einem vorspringenden Felsblock hockte, der weit über die Kante in die Schlucht reichte.

„Schön, dich heute Morgen wiederzusehen, Aryane“, lächelte Leonder freut, sie zu sehen. „Wie hast du geschlafen, falls du überhaupt schläfst?“

„Wir Feen schlafen genauso wie ihr Menschen. Allerdings ziehe ich die Orte vor, an denen ich sicher bin.“

„Sicher?“

„Viele von uns wurden gefangen, als sie sich unbedarft irgendwo niederlegten. Früher konnten wir Feen verweilen, wo wir wollten.

Aber seit die Menschen durch die Länder und Wälder streifen, müssen wir vorsichtig sein.“

„Ich habe davon gehört. Die anderen Könige nennen es die Verbannung. Mein Vater hat mir erzählt, dass im Großen Rat der Könige darüber gesprochen wurde, wie die Menschen mit den Feen umgehen sollen.“

„Und, haben sie eine Übereinkunft getroffen?“

Leonder schob sein Schwert an die Seite seines Sattels, zog sich hoch und setzte sich auf den Rücken seines Pferdes. Er schnalzte leise mit der Zunge und sein Ross trabte an. Die Sonne erhellte mit ihren Strahlen das Gebirge und schickte ihr Licht in die Täler, die noch im Schatten der hohen Berge lagen. Der Himmel war wolkenlos und Aryane trat an Leonders Seite und folgte ihm. Sie lief neben Leonders Pferd her und zupfte kleine weiße Blätter von einem Gänseblümchen ab.

„Mein Vater sagt, dass es einer weiteren Zusammenkunft bedarf.“

„Ist das der Grund, warum du nach Kalindian und die anderen Städte aufbrichst?“

„Du hast es erraten. Vater will wissen, wie die anderen Häuser in Orpheum über die Angelegenheit denken.“

„Wenn du mit deiner Vermutung richtig liegst, und ihr von euren Untertanen Unterstützung für den Schutz der Feen erhaltet, könnte es zum Krieg mit den anderen Reichen kommen.“

Darüber hatte Leonder auch schon nachgedacht. Seine Stimme klang niedergeschlagen, als er meinte: „Dunkellande und Mittellande scheinen bereits erste Vorbereitungen zu treffen. Vater hat mir erzählt, dass die Öfen der Minen von Guldon rauchen und die Schmiede Waffen produzieren. Aber noch wiegeln die beiden Könige ab. Warst du schon einmal in den anderen Reichen?“

Aryane blickte zu Leonder auf. „Ich kenne die Königreiche. Wir Feen ziehen frei durch die Länder. Lediglich die Wüste in Südlande umgehe ich.“

„Warum machst du das?“

Aryanes Blick schweifte zu Boden und sie dachte nach. Was konnte sie ihm erzählen, was behielt sie besser für sich.

„Aryane?“, hakte Leonder vorsichtig nach. Er hatte vernommen, dass sie, auf Südlande angesprochen, merkwürdig reagierte.

„Südlande ist anders als alle anderen Königreiche.“

„Was ist dort denn so anders? Fürchtest du dich davor, es mir zu sagen?“, neckte er sie.

„Sie sind anders“, erklärte Aryane geheimnisvoll.

„Sie?“

„In der Wüste“, fuhr sie mit klarer Stimme fort, „leben die, die es eigentlich nicht mehr geben dürfte.“

„Das klingt irgendwie geheimnisvoll für mich, Aryane. Wer sind denn die, die es nicht geben dürfte?“

Während er weiterritt, blieb Aryane stehen und Leonder musste sein Pferd anhalten, da sie einige Meter hinter ihm geblieben war.

„Geisterfeen“, antwortete sie und schaute ihn aus ihren graugrünen Augen ehrfürchtig an, wobei er meinte, dass er noch etwas anderes in ihrem Blick erkennen konnte. Da Aryane stehenblieb, saß Leonder ab, ließ sein Pferd stehen und lief zu ihr zurück.

„Geisterfeen? Was sollen das für Wesen sein?“

„Sie sind so anders. Sie lassen sich nicht einfach durch einen Pfeil oder ein Schwert töten.“

„Sind sie unverwundbar?“

„So etwas in der Art.“

Er konnte die Kälte, die aus ihrer Stimme klang, fast körperlich fühlen und war sich nun sicher, dass sie vor diesen Kreaturen Angst hatte.

„Aryane“, Leonder berührte ihr feingeschnittenes Gesicht, hob ihren Kopf leicht an und schaute sie durchdringend an.

„Sie sind bereits tot!“, erwiderte Aryane und trat mit einem Schritt an den Abgrund. Sie ließ sich rückwärts in die Tiefe fallen, breitete ihre Flügel nach einer Ewigkeit aus und war fort.

Leonder blickte ihr sehnsüchtig nach. Im ersten Augenblick hatte er Angst, dass sie in die Tiefe fiel und auf den harten Felsen aufschlagen würde. Als sie die Schwingen ausbreitete, atmete er erleichtert ein und wieder aus. Sie hatte ihm einen gehörigen Schrecken eingejagt. War es wirklich ein Schrecken? Ihre Gegenwart in den letzten Mondtagen hatte ihm sehr gefallen.

Aryane war eine gute Zuhörerin und eine genauso gute Erzählerin.

Vieles von dem, was sie erzählt hatte, hatte er weder gekannt noch je zuvor gehört. Umgekehrt hatte er ihr vieles erzählt, von dem auch sie noch nie zuvor gehört hatte. Als er von der Aufnahme in die Zauberschule in Luna und seiner Ausbildung zum Zauberer erzählt hatte, hatte sie es zunächst nicht glauben können, dass es Menschen gab, die der Zauberei mächtig waren. Als Leonder ihr gezeigt hatte, dass er aus Wasser Eis machen und kleine Winde erzeugen konnte, die er spielend durch das staubige Gebirge wirbeln ließ, war sie überwältigt. Aryane hatte Leonder im Gegenzug erzählt, dass auch die Feen besondere Fähigkeiten besaßen, die sie aber nicht weiter ausgeführt hatte. Sie hatte ihn auch nicht wissen lassen, welche magischen Fähigkeiten sie besaß. Er hatte sie nicht gedrängt es ihr zu sagen, da er sich sicher war, dass sie den richtigen Zeitpunkt dafür selber bestimmen würde. Jetzt aber hatte er Angst, dass sie weggeflogen war und nicht wiederkommen würde. Leonder konnte es nicht genau erklären, was es war, was sie in ihm zum Klingen brachte. Aber irgendwie fehlte sie ihm.

294. Südlande

5. Zeitalter von Aan, 99. Mondjahrhundert, 65. Mondphase

Sirra, Zion und Astrid wurden wie die vielen anderen Gefangenen in Ketten von den Piraten von Bord geführt. Im Hafen von Isfahad lagen unzählige Schiffe, die Waren aus den anderen Königreichen brachten. Normalerweise herrschte hektische Betriebsamkeit, weil Schiffe be- und entladen wurden. Durch den Ausbruch des Krieges zwischen den Königreichen war der Handel in den letzten Mondwochen jedoch stark eingebrochen und viele Handlanger, die sich ihr tägliches Brot mit dem Be- und Entladen der Schiffe verdienten, lungerten wartend im Schatten der Hafenmauer herum.

Als das Gefangenenschiff in den Hafen einfuhr, erhofften sich viele der Männer Arbeit. Sie waren aufgestanden und an den Steg getreten. Einige hatten tatsächlich Arbeit erhalten und führten die Gefangenen durch die stinkenden Gassen des Hafens zu den großen Kerkeranlagen von Isfahad. Die Kerker waren um die Arena errichtet worden, wo die Gefangenen eingeteilt wurden in diejenigen, die ihr Schicksal in der Arena fanden und diejenigen, die auf dem Sklavenmarkt weiterverkauft wurden. Die Kerker waren auf zwei Ebenen übereinander gebaut worden. In der unteren Ebene waren die Sklaven untergebracht, die in die Arena zum Kämpfen kamen.

Astrid musste mit ansehen, wie ihre stolzen Gardisten, die den Angriff der Feen auf der Skyark überlebt hatten, von ihr und den anderen getrennt wurden. Die Männer blieben stehen, drehten sich zu ihr um und blickten sie ein letztes Mal stumm an. Sie nickte ihnen unmerklich zu, um Abschied zu nehmen. Ihre Seeleute und Soldaten wurden in die Kerker der unteren Ebene geführt. Auch Zion und Nemo mussten von ihr Abschied nehmen und teilten das Schicksal ihrer Männer. Sirra wurde mit Astrid in den Zellentrakt der oberen Ebene geführt. Die Männer, die sie vorwärts durch die engen, staubigen und zum Teil erbärmlich stinkenden Gassen führten, waren nach Astrids Meinung von der übelsten Sorte. Sie trugen einfache, zum Teil zerschlissene Kleidung, stanken nach Schweiß und waren dreckig. Viele der Männer waren bullig gebaut und wiesen Narben auf. Einigen fehlten Zähne oder sie besaßen verstümmelte Gliedmaßen. Astrid vermutete, dass sie einst in der Arena gekämpft haben mussten. Die Blicke der Männer waren ihr nicht entgangen. Sie wirkten gierig und hinter sich hörte sie, wie sie ihr und den anderen Frauen obszöne Wörter nachriefen. Sie blendete sie aus. Als ein Mann sich ihr in den Weg stellte, schlug ihr ihr Herz bis zum Hals.

„Na, meine Schöne. Wie wär‘s mit uns beiden heute Nacht?“

Der Kerl lachte, entblößte einen weitestgehend zahnlosen Mund und bewegte seine Zunge auf und ab. Angewidert wendete Astrid ihr Gesicht ab. Von hinten hörte sie die Befehle der Piraten.

„Geht weiter! Weiter da vorne!“

Sirra, die vor ihr ging, zog Astrid mit der Kette mit sich fort, wobei der Mann Astrid nicht aus dem Weg trat. Ihr seine fettigen Hände ins Gesicht streckend und sie an ihren langen Haaren festhaltend meinte er: „Nur ein Kuss!“ Dabei grinste er, und sie roch seinen faulen Atem.

Astrid wollte ihre Hände abwehrend heben, als sie merkte, dass Sirra stehengeblieben und hinter den widerwärtigen Kerl getreten war. Blitzschnell legte sie ihm die Kette, die zwischen ihr und Astrid nun lose hing, um den Hals und zog ihn zu sich. Der Kerl stolperte nach hinten und schlug mit Sirra auf das Pflaster. Sirra kreuzte erneut die Kette, was nur möglich war, da auch Astrid mitgerissen worden war. Der Mann versuchte sich zu wehren, wobei Sirra die Kette immer fester zuzog. Die Augen des Mannes traten hervor und er fing an zu röcheln. In seiner Panik versuchte er, Sirra seinen Ellenbogen in die Rippen zu schlagen und nach ihrem Gesicht zu greifen. Da Sirra allerdings unter ihm lag und ihre Beine geschickt um seinen Oberkörper wickelte, hatte er keine Chance zu entkommen.

Schreiend kamen die Wärter angerannt, weil sich die Gefangenen nicht weiterbewegten und stehengeblieben waren. Sirra zog noch fester zu und brachte nun ihre Arme um den Kopf des Mannes. Mit einem festen Ruck drehte sie den Kopf des stinkenden Kerls ruckartig um. Die Gegenwehr des Mannes erstarb augenblicklich.

Jeder hatte das Geräusch gehört. Sirra hatte ihm das Genick gebrochen. Sie schob ihn von sich und rappelte sich auf, während die Männer, die ihr zugeschaut hatten, ungläubig den Toten und dann sie betrachteten. Als die Wachen Astrid und Sirra erreichten, stand Sirra bei Astrid.

„Wer von euch war das?“, hörte sie eine Stimme schreien. Die Umherstehenden zeigten mit ihren dreckigen Fingern auf Sirra.

„Warum hast du den Mann umgebracht?“

Ein dunkelhäutiger Mann, den Sirra beim Verlassen des Schiffes bereits gesehen hatte, baute sich vor ihr auf.

„Er hat sich uns in den Weg gestellt und uns befingert.“

„Ach, und deshalb bringst du ihn gleich um?“

„Von mir aus kann er seine gierigen Finger an deinen Leib reiben.

Aber nicht an unserem!“

Der Pirat trat näher an Sirra heran. „Ach ja? Du scheinst eine härtere Gangart zu benötigen! Vielleicht sollte ich dich hier und jetzt dafür bestrafen?“

„Wie wäre es, wenn du mir die Ketten löst? Falls du ein wahrhafter Kerl sein solltest, können wir deine Frage auch gerne unter uns beiden klären! Ihr besitzt kein Recht dazu, uns in Ketten zu legen und hier einzusperren.“

Ihre Augen blitzten auf, was dem Mann eine Warnung hätte sein müssen. Der Kerl bemerkte es nicht einmal. Zugleich kehrte unter den Umstehenden eine unnatürliche Ruhe ein.

„Wer bist du, Drecksstück, dass du glaubst, dass du einem Mann etwas zu sagen hast?“

Sirra konnte den triefenden Hohn in der Stimme des Piraten förmlich fühlen. Aber da war noch etwas Anderes. Etwas, das ihr sagte, dass ihr Peiniger die Gegenwehr einer Frau weder duldete noch ungesühnt lassen würde.

„Ich bin Prinzessin Sirra von Südlande. Mein Vater ist König Hiastir.“

Der Kerl vor ihr fing lauthals zu lachen an und die anderen umstehenden Männer stimmten grölend ein.

„Prinzessin! Haha. Guter Witz! Jeder hier weiß, dass König Hiastir nur Söhnen das Leben geschenkt hat. Was soll ein solch ruhmreicher Mann auch mit einer Tochter?“, er grinste sie diebisch an. „Geht endlich beide weiter, ihr haltet mich und die anderen nur auf“, schnauzte er Sirra und Astrid an.

Als er sich von Sirra abwendete, schlug er mit einer Drehung brutal zu. Allerdings hatte er Sirra unterschätzt, die mit dieser Heimtücke gerechnet hatte und unbemerkt zur Seite getreten war. Da der Mann nicht auf Sirra traf, wurde er von der Schwerkraft seines eigenen Schlages nach vorne geschleudert, wo Sirra stand und ihm ihr Knie zwischen die Beine knallte. Ein Schlag mit ihrer Handkante fegte ihn auf das Pflaster, weil sie gezielt und hart seine Halsschlagader getroffen hatte.

„Mach das noch einmal, du Stück Piratenscheiße, und ich schicke dich genauso wie den da“, sie wies auf den Toten, „zum Schöpfer von Aan!“ Sirra trat brutal in die Rippen des keuchenden Mannes, als sich bereits ein weiterer Wächter hinter ihr aufbaute. Als sie sich umdrehte, sah sie, dass er Astrid fest im Griff hatte und ihr sein scharfes Messer an den Hals hielt.

„Wenn du nicht Ruhe gibst, stirbt deine hübsche Freundin. Es wäre wirklich schade um sie! Durch ihren Tod würde uns ein äußerst gutes Geschäft entgehen. Du hingegen scheinst Sehnsucht nach dem Tod zu haben. Aber keine Sorge, Prinzessin, in der Arena kannst du dich noch früh genug beweisen!“

Sirra gab nach - für den Moment. „Bitte nicht! Es wäre ungerecht sie für meinen Fehler zu ermorden“, flehte Sirra und der Wächter gab Astrid frei.

Der andere Mann erhob sich keuchend und blickte Sirra finster an.

„Du und ich, wir beide sind noch nicht miteinander fertig!“, drohte er.

Sirra war sich dessen bewusst, was soeben passiert war. Sie hatte den Umstehenden gezeigt, dass eine Frau im Kampf besser als ein Mann war. Mit dieser Schmach konnten Männer von Südlande, die sich für unsterblich und als Schöpfer von Aan ansahen, nicht umgehen. Sie hatte sich einen Feind gemacht.

Wenig später wurden Astrid und Sirra mit einigen anderen Frauen in einer großen Zelle eingesperrt. Frenetischer Applaus und laute Rufe hallten zu ihnen.

„Was ist das?“

Eine Frau trat zu Sirra. „Der Lärm kommt von der Arena. Es ist Nachmittag und die Kämpfer ziehen unter dem Jubel der Besucher ein. So beginnt es jeden Mondtag und so geht es bis weit in die Nacht. Tag für Tag! Die Kämpfe enden nie“, erklärte sie Sirra.

Die Wachen hatten Astrid und Sirra die Fesseln gelöst und Sirra hielt sich an den Metallstreben stehend fest und blickte in den von Sternen übersäten aufziehenden Nachthimmel. Astrid trat neben sie.

„Danke, Sirra. Das vorhin war unglaublich mutig von dir.“

„Nicht der Rede wert. Ich hasse Männer, die glauben, sie könnten sich bei uns Frauen herausnehmen, was sie wollen!“

„Was glaubst du, Sirra, wo haben die Feen Robin und Eleon hingebracht?“

Sirra blickte traurig zu Astrid. „Ich hoffe, dass sie sie tatsächlich irgendwohin gebracht haben, denn das würde bedeuten, dass sie noch am Leben sind.“

„Du denkst, dass sie die beiden getötet haben?“

„Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht, Astrid“, gestand Sirra. „Aber würdest du dir die Arbeit machen zwei Menschen zu entführen, wenn du nicht etwas Bestimmtes von ihnen willst?“ Sirra machte eine kurze Pause. „Ich frage mich, was sie von den beiden wollen.

Was macht sie so verdammt wertvoll, dass diese Nachtfeen ihr Leben riskiert haben?“

295. Westlande

5. Zeitalter von Aan, 99. Mondjahrhundert, 66. Mondphase

Eileen war schwanger. Stolz strich sie sich über ihren Bauch, der nun nicht mehr so flach war. Dem König hatte sie die gute Nachricht nach Aan gesendet und erwartete seine Rückkehr. Eileen lag mit Argos im königlichen Gemach. Gerade hatten sich die beiden geliebt und Argos stand schweißgebadet auf.

„Ich werde unsere gemeinsamen Schäferstündchen vermissen, Eileen. Ich hätte nie gedacht, dass ich das jemals zu einer Frau sagen würde. Aber du und ich, wir passen wirklich ausgesprochen gut zusammen.“

Eileen drehte sich auf den Rücken und bot Argos den Anblick auf ihren nackten Körper.

„Bis Atos eintrifft, haben wir gewiss noch viel Zeit.“ Sie massierte ihre Brüste. „Sind sie schon dicker geworden?“

Argos zog sich seinen Wams über und trat zum Bett. „Sie sehen klasse aus, Eileen. Nur zu schade, dass ich sie bald nicht mehr anfassen darf.“

„Tja, leider. Auch mir werden unsere gemeinsamen Abende fehlen.

Wir müssen dir eine Frau suchen, Argos.“

„Spinnst du? Ich habe ein Weib, auch wenn es nie hier ist.“

„Sieh es endlich ein, Argos. Eleon wird nie wieder zu dir zurückkommen! Sie hasst dich und alle anderen hier.“

„Ja, das tut sie. Aber so leicht kommt sie mir nicht davon. Eines Mondtages, Eileen, eines Mondtages werde ich sie fangen und dann kommt der Tag der Abrechnung!“

„So, so. Und was hast du davon? Was bringt es dir, sie zu bestrafen?“

„Rache, Eileen. Ich verachte sie von ganzem Herzen. Zweimal ist sie mir entkommen. Ein weiteres Mal wird es mir nicht wieder passieren.“

„Und wenn du deine Rache bekommen hast, was machst du dann, Argos?“