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Lernen funktioniert am besten durch Handeln. Maria Montessori hat basierend auf diesem Gedanken vor hundert Jahren ein wegweisendes pädagogisches Konzept entwickelt, das heute aktueller ist denn je: Jedes Kind möchte lernen und hat eine natürliche Freude daran. Die Erwachsenen unterstützen diese Lernfreude, sie begleiten die Kinder respektvoll auf ihren Lernwegen. Aber wie lässt sich diese Idee im Alltag umsetzen? Funktioniert das auch in der Kita oder zu Hause? Wie viel muss man von dem Konzept wissen, um "Montessori" anzuwenden? Jutta Bläsius hat dazu in diesem Band 150 Lernimpulse und Aktionen aus der Montessori-Pädagogik zusammengestellt. Ein ideenreicher Begleiter für Eltern und pädagogische Fachkräfte.
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Seitenzahl: 141
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Neuausgabe von „Montessori entdecken“ 2024
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2020
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlagkonzeption: Büro Jorge Schmidt für Kommunikationsdesign, München
Umschlagmotiv: © Igisheva Maria / shutterstock
Layout, Satz und Gestaltung: Arnold & Domnick, Leipzig
E-Book-Konvertierung: Newgen Publishing Europe
ISBN Print 978-3-451-39798-1
ISBN E-Book (PDF) 978-3-451-83247-5
ISBN E-Book (EPUB) 978-3-451-83230-7
Inhalt
Einleitung
Die Anfänge
Montessori-Erziehung – was sollten Sie beachten?
Wie Sie mit diesem Buch arbeiten können
1. Die äußere und innere Ordnung
Ordnung muss sein
Stifte sortieren
Der Arbeitszyklus
Der Arbeitsteppich
Bücher einräumen
Das Arbeitstablett
Einen Stuhl unter den Tisch stellen
Die Tageskette
Die sensiblen Phasen
Das Kehr-Tablett
Besteck sortieren
Socken paaren
Haselnüsse finden
Die Farbplättchen
Knopfreihen legen
Die Polarisation der Aufmerksamkeit
Gummi, Metall, Holz
Von kurz nach lang
Groß, klein, kleiner
Schrauben sortieren
Die Analyse der Bewegungen
Bänder rollen
2. Selbstständigkeit und Individualität
Eine Jacke anziehen
Hände waschen
Nase putzen
Das Gesicht eincremen
Was Lara beim Eincremen lernt
Metall putzen
Den Boden fegen
Tücher falten
Der Reisekoffer
Schaum schlagen
Der absorbierende Geist
Reis schütten
Stifte spitzen
Papier schneiden
Gläser öffnen und schließen
Grieß löffeln
Einen Zopf flechten
Eine Kerze anzünden
Einen Knopf annähen
Bananenmilch zubereiten
Butter herstellen
3. Sinnvoll und wahrnehmbar
Der Schatzkorb
Schüttelflaschen
Was raschelt da?
Glöckchen paaren
Geräuschdöschen
Integrierte Selbstkontrolle
Tastbrettchen
Der Tastbeutel
Das Stoff-Kästchen
Bauklötze ertasten
Nüsse sortieren
Isolation der Sinne
Was riecht denn da?
Gerüche paaren
Das Kräuterbeet
Die Gewichtstäfelchen
Leicht, mittel, schwer
Geschmacks gläschen
Der Geschmackstest
Kriterien der Montessori-Materialien
Einen Turm bauen
Dreieck, Viereck, Kreis
Farben zuordnen
4. Bewegung und Stille
Einen Teppich aus- und aufrollen
Einen Stuhl tragen
Anklopfen
Eine Tür leise öffnen und schließen
Ein Glöckchen weiterreichen
Gehen auf der Linie
Mit einem Glöckchen gehen
Sandsäckchen auf dem Kopf balancieren
Eine Wasserschale tragen
Hindernisse übersteigen
Partnerübungen auf der Linie
Der Pirat
Die Doppelte Ellipse
Das „Stille-Zeichen“
Die Stille-Ecke
Aktive Stille
Die Übung der Stille
Namen flüstern
Die Sanduhr
Leise rieselt der Sand
5. Ich und die anderen
Die Lebenskette
Die Montessori-Geburtstagsfeier
Das Geburtstags-Mandala
Das bin ich!
Freunde, Mädchen, Gleichaltrige
Der Redestein
Das Gruppenalbum
Wer ist heute da?
Der Obstteller
Stufen des Tuns
Den Tisch decken
Junge und Mädchen
Frau, Mann, Tochter, Sohn
Grenzenlose Freiheit?
Tier-Familien
Jemanden begrüßen
Eine kleine Husten-Übung
Der Friedenstisch
Einen Brief schreiben
Eine Einladung gestalten …
6. Natur und Umwelt
Der Jahreszeitenkreis
Der Jahreszeiten-Tisch
Die Jahreskette
Der Kalender
Das Aquarium
Die vorbereitete Umgebung
Schnecken beobachten
Steine untersuchen
Verkehrsschilder zuordnen
Kaffebohnen mahlen
Mit Essstäbchen üben
Geld sortieren
Was wächst denn da?
Topfpflanzen pflegen
Blumen pflücken
Schnittblumenpflege
Die Details und das Ganze
Herbstblätter sortieren
Magnetisch – nicht magnetisch
Was sinkt – was schwimmt?
Einen Fächer falten
Der „Dreck-weg-Spaziergang“
7. Erzählen, schreiben und lesen
Springen, singen, winken
Die Osterkiste
Koffer-Spiel
Der Bauernhof
Die Rolle des Erwachsenen
Was versteckt sich da?
Die Löffel-Dose
Wo ist die Maus?
Die Namenkarten
Namenschachteln
Gegenstände und Bilder zuordnen
Die Drei-Stufen-Lektion
Schau genau
Einsatzfiguren
Die Sandpapierbuchstaben
Die Anlaut-Box
Buchstaben prickeln
Das Sandtablett
Buchstabenpuzzles
Schreiben
Leseübung
8. Mengen, Formen und Zahlen
Wasser schütten
Ein Formen-Heftchen gestalten
Das Geometriebrett
Der mathematische Geist
Muster und Reihen legen
Mit einer Waage wiegen
Telefonieren
Zahlenschlösser öffnen
Das Würfeltablett
Münzen sortieren
Die Messlatte
Mit dem Metermaß messen
Vom Konkreten zum Abstrakten
Die Sandpapier-Zahlen
Zahlen schreiben
Zahlenbilder sortieren
Perlen auffädeln
Zahlenzettel ziehen
Der Zählkasten
Zahlen und Glasnuggets
Farbige Perlenstäbchen
Alle Angebote im Überblick
Literatur
Einleitung
Das selbstbewusste, kreative Kind, seine Bedürfnisse und seine Individualität, steht im Zentrum der Montessori-Pädagogik. Aufgabe der Erwachsenen ist es, Kinder in ihrem Streben nach Selbstständigkeit zu unterstützen. Diese Haltung zum Kind ist heute in vielen Einrichtungen die Basis der pädagogischen Arbeit, und auch Eltern schaffen für ihre Kinder eine Umgebung, in der sie frei und zugleich sicher und geborgen aufwachsen können.
Doch was ist das Besondere an dieser Pädagogik? Wie viel muss man vom Montessori-Konzept kennen, um es anwenden zu können? Wie lassen sich die Ideen im Alltag – ob zu Hause oder in einer Einrichtung – umsetzen? Kann jeder Montessori „machen“? Und worauf kommt es an?
Ich möchte Ihnen auf den folgenden Seiten 150 Übungen aus der Montessori-Pädagogik vorstellen und Sie einladen – egal ob Eltern, Großeltern oder pädagogische Fachkräfte – Montessori für sich und „Ihre“ Kinder zu entdecken.
Meine Faszination für die Montessori-Pädagogik begann vor vielen Jahren in einer Fortbildung. Das seinerzeit neue Bild vom Kind als „Baumeister seiner selbst“ und die damit einhergehenden Herausforderungen für die pädagogische Arbeit ließen mich nicht los. Ich diskutierte mit Kolleginnen und anderen Müttern über Maria Montessori. Ich bastelte für unsere Kinder alles an Material nach, was möglich war. Die Wohnung wurde immer wieder umgeräumt und Montessori-gerecht gestaltet. Mein Mann begleitete all dies gelegentlich mit einem Kopfschütteln.
Nun arbeite ich seit mehr als 20 Jahren als Erzieherin mit der Montessori-Methode und bin noch immer begeistert von den Chancen und Möglichkeiten, die sie in der Arbeit mit Kindern bietet. Und ich möchte Sie anstecken mit meiner Begeisterung!
Maria Montessori hat Methoden, Materialien und Übungen entwickelt, die Kinder in verschiedenen Lebensbereichen auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit unterstützen. Alle praktischen Ideen basieren auf einem theoretischen Konzept, das Hinweise darauf gibt, warum welche Impulse wertvoll und wichtig sind. Deshalb finden Sie in diesem Buch die theoretischen Grundprinzipien Montessoris ebenso wie viele leicht umsetzbare Methoden und Übungen für Ihren Alltag – damit die Bildungsjahre der Kinder zu einer spannenden und abwechslungsreichen Zeit werden.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und Umsetzen der Ideen.
Jutta Bläsius
Die Anfänge
Am 31. August 1870 wird Maria Montessori in Italien geboren. Nach dem Studium der Naturwissenschaften und der Medizin mit Fachgebiet Psychiatrie promoviert sie als eine der ersten Ärztinnen Italiens. Sie beschäftigt sich intensiv mit der Erziehung und dem Unterricht geistig behinderter Kinder und schließt weitere Studien der Pädagogik, der Experimentalpsychologie und Anthropologie ab.
Es sind die Erfahrungen und Beobachtungen, die sie in der Arbeit mit geistig behinderten Kindern macht, die den Grundstein legen für ihre heute weltweit verbreitete Pädagogik.
1907 eröffnet Maria Montessori das erste Kinderhaus in einem Armenviertel in Rom unter dem Namen „Casa dei Bambini“. Es war für die damalige Zeit eine sehr innovative Tagesstätte – in vielerlei Hinsicht: Die Eltern mussten sich z. B. wöchentlich bei der Direktorin über ihr Kind informieren. Auch die Ausstattung des Kinderhauses war für damalige Verhältnisse absolut neu. So gab es Waschräume und einen kleinen Garten mit Beeten. Die Möbel und Arbeitsmaterialien wie Besen, Gießkanne oder Staubwedel wurden der Körpergröße der Kinder angepasst, zur damaligen Zeit ein absolutes Novum.
Von besonderer Bedeutung war vor allem aber das pädagogische Konzept der Einrichtung, das sich im Laufe der ersten zwei Jahre entwickelte. Montessoris besondere Sicht auf das Kind, auf die Art und Weise, wie es lernt, und ihre Forderung, seine Beziehung zum Erwachsenen neu zu definieren, waren absolut revolutionär.
Um Kinder in ihrer Entwicklung zu unterstützen, setzt sie im Kinderhaus die von ihr bereits für die Arbeit mit geistig Behinderten entwickelten Lernmaterialien ein – mit vollem Erfolg. Sie werden zum unverwechselbaren Kennzeichen der Montessori-Pädagogik.
Heute gibt es weltweit Montessori-Einrichtungen für alle Altersstufen. Und auch in vielen Familien ist Montessori inzwischen angekommen.
Montessori-Erziehung – was sollten Sie beachten?
Kinder nach der Montessori-Methode von Anfang an in ihrer Entwicklung zu unterstützen, ist zum Glück keine Hexerei. Maria Montessori hat ein sehr gut durchdachtes theoretisches und praktisches Konzept entwickelt, mit dem sich ihre Pädagogik nach und nach erschließt und in der Praxis – im Alltag mit den Kindern – umsetzen lässt.
„Learning bei doing“ – durchs Selbertun lernen – ist die Grundidee: sowohl für Sie als Montessori-Einsteiger als auch für die Kinder.
Bevor Sie loslegen, sollten Sie jedoch einige wichtige Punkte beachten, egal ob Sie als Neuling zu Hause oder als Profi in einer pädagogischen Einrichtung mit der Montessori-Pädagogik starten möchten:
✦Bereiten Sie sich vor: Maria Montessori hat ein komplexes Konzept zu ihrer Pädagogik verfasst. Ihre wichtigsten Grundgedanken und Ideen sind in den „Basisinfos“ in diesem Buch dargestellt. Farblich hervorgehoben finden Sie sie in allen Kapiteln. Lesen Sie also nach Möglichkeit zunächst vor allem diese theoretischen Grundinformationen, bevor Sie mit der Praxis starten. Dann lässt sich so manches schneller, einfacher und erfolgreicher umsetzen.
✦Bleiben Sie dran: Klappt mal etwas nicht so, wie Sie es sich vorgestellt haben, sollten Sie nicht so schnell aufgeben. Interessiert sich ein Kind z. B. nicht für das von Ihnen vorbereitete Material, ist wahrscheinlich einfach noch nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Bieten Sie die Übung zu einer späteren Gelegenheit noch einmal an. Vielleicht ist das Kind nun bereit, darauf einzugehen.
✦Beobachten Sie regelmäßig: Beobachtung ist in der Montessori-Pädagogik von großer Bedeutung. Nur wer ganz genau hinschaut, erkennt die Signale des Kindes und ist in der Lage, ihm in einer vorbereiteten Umgebung die für seine momentane Entwicklung nötigen Lernanreize zu bieten. Planen Sie also immer wieder Beobachtungszeiten ein, um den Kindern gerecht zu werden.
✦Montessori-Pädagogik ist mehr als das Material: Die Montessori-Pädagogik wird leider allzu oft auf das klassische Montessori-Material reduziert. Sie ist jedoch weitaus mehr – nämlich eine grundsätzliche Lebenseinstellung und Lebenshaltung dem Kind gegenüber. Dies macht Maria Montessori immer wieder deutlich, indem sie in ihren Werken grundlegende Aspekte vorstellt, die Kinder für eine gesunde Entwicklung in jederlei Hinsicht benötigen.
✦Bilden Sie sich weiter: Inzwischen gibt es eine Vielzahl an Montessori-Literatur, auch zu bestimmten Themen wie zu den „Übungen des praktischen Lebens“ oder zum „Gehen auf der Linie“ und den „Stille-Übungen“. Sollten Sie also Informationen über die in diesem Buch vorgestellten Bereiche hinaus wünschen, kann ich Ihnen nur entsprechende Fachliteratur empfehlen. Wichtige Titel habe ich für Sie am Ende des Buches zusammengestellt.
✦Im Mittelpunkt steht das Kind: Das Kind mit seiner Individualität steht immer im Mittelpunkt der Montessori-Pädagogik. Aufgabe des Erwachsenen ist es, ihm in seiner Entwicklung zur Seite zu stehen, es zu achten und zu respektieren, es zu unterstützen und auf dem Weg zu Selbstständigkeit, Freiheit und Unabhängigkeit zu begleiten, gegebenenfalls auch zu leiten. Wenn Sie dies beachten, kann nichts schiefgehen!
Wie Sie mit diesem Buch arbeiten können
Maria Montessoris Grundgedanken, z. B. die Theorie der „sensiblen Phasen“ oder des „absorbierenden Geistes“, Begriffe wie die „vorbereitete Umgebung“, die „Analyse der Bewegungen“ oder die „Stufen des Tuns“ sind fester Bestandteil ihrer Pädagogik. Was es damit auf sich hat und wie Sie damit konkret arbeiten können, erfahren Sie in diesem Buch.
Es ist in acht Kapitel eingeteilt, die sich an den einzelnen Lernbereichen nach Maria Montessori orientieren.
✦ Zu jedem Kapitel gibt es eine kleine Einführung.
✦ Grafisch hervorgehoben sind Textabschnitte mit „Basisinfos“, die kurz und bündig die Grundbegriffe der Montessori-Pädagogik erläutern. Hier lesen Sie z. B., was Maria Montessori unter dem „mathematischen Geist“ oder der „Drei-Stufen-Lektion“ versteht und wie Sie ihre Ideen im Alltag mit den Kindern umsetzen können.
✦ Für jeden Lernbereich habe ich eine Vielzahl an Lernimpulsen und Übungen in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen zusammengestellt. Wählen Sie das für ein Kind entwicklungsgemäß passende Angebot sorgfältig aus. Auf Altersangaben wurde bewusst verzichtet, denn sie schränken meist zu stark ein. Kinder sind schließlich sehr individuell entwickelt.
✦ Die Übungen orientieren sich in der Zusammenstellung, der Darbietung und der Handhabung an den Kriterien der Montessori-Pädagogik. Materialien, die zu einem Angebot benötigt werden, sind zu Beginn aufgeführt. Es sind in der Regel Dinge aus dem Alltag. Sie müssen sie also nicht erst extra anschaffen, sondern Sie werden sie sehr wahrscheinlich in Ihrem Umfeld finden.
✦ Zu vielen Übungen sind weiterführende Möglichkeiten beschrieben, die die Grundübung variieren und sie dadurch abwechslungsreich und lange interessant für Kinder machen.
✦ Zu manchem Lernimpuls gibt es eine kleine Info unter der Überschrift „Gut zu wissen!“ Hier ist die jeweilige Übung noch einmal mit einer Idee von Maria Montessori verknüpft. Dies trägt zum besseren Verständnis mancher Aspekte ihrer Pädagogik bei.
✦ Sollten Sie sich für weiterführende Literatur zur Montessori-Pädagogik interessieren, finden Sie am Ende des Buches eine kleine Auswahl, sowohl von Maria Montessori selbst als auch zu unterschiedlichen Bereichen.
Zu guter Letzt möchte ich noch eine kleine Anmerkung zu den Montessori-Materialien machen. Auch wenn viele Materialien einfach nachgebastelt werden können, empfehle ich Ihnen, das ein oder andere Original-Material zu kaufen. Es ist inzwischen gar nicht mehr so teuer und die Anschaffung lohnt sich auf jeden Fall. Die Kinder beschäftigen sich vor allem mit den Sinnesmaterialien sehr intensiv und nutzen sie ebenso wie die Sprach- und Mathematikmaterialien über eine lange Zeit hinweg.
1. DIE ÄUSSERE UND INNERE ORDNUNG
„Das grundlegende Bedürfnisnach Ordnung ist stärkerals jeder andere Trieb des Kindes.“
Maria Montessori: Das kreative Kind
„Hier sieht es aber sehr aufgeräumt aus!“ Diese Bemerkung fällt immer wieder, wenn Besucher in eine Montessori-Einrichtung kommen. Und tatsächlich spielt Ordnung bei Maria Montessori eine bedeutende Rolle. Sie hat sie mit dem Begriff der „vorbereiteten Umgebung“ verknüpft. Jeder Raum ist eindeutig nach den unterschiedlichen Lernbereichen (Sinnesmaterial, Übungen des täglichen Lebens, Sprache etc.) gegliedert. Alle Dinge haben ihren festgelegten Platz und ihren ganz bestimmten Zweck. So kann ein Kind, das z. B. gerade in der sensiblen Phase für Wasserschütten ist, die passende Arbeit direkt finden und damit beginnen. Alles, was es benötigt, steht an seinem festen Platz im Raum und ist auf einem Tablett unmissverständlich angeordnet.
Neben dieser äußeren Ordnung benötigt das Kind Sortierübungen, die abwechslungsreich gestaltet sind. In einem Alter, in dem es mit unendlich vielen unterschiedlichen Eindrücken konfrontiert wird, sorgen diese, die äußere Ordnung, gleichbleibende Strukturen, Regeln und Abläufe für Klarheit im Leben des Kindes. Sie geben ihm Sicherheit, Halt, Verlässlichkeit, Orientierung und unterstützten es in der Entwicklung seiner Persönlichkeit und seiner inneren Ordnung.
Ordnung muss sein
Sie benötigen: Fotos der Materialien, Tabletts oder Körbe, Klebefolie
In Montessori-Einrichtungen hat jedes Material seinen festen Platz im Raum. Dieser orientiert sich an den grundlegenden Montessori-Materialgruppen wie z. B. den Übungen des praktischen Lebens, den Sinnes-, Sprach- und Mathematikmaterialien und den Übungen zur kosmischen Erziehung.
Von hier aus wird das Material zum Tisch oder auf den Teppich gebracht und am Ende auch wieder dorthin zurückgestellt.
Damit alle wissen, wo z. B. das Tablett mit den Zahlenschlössern steht, eignet sich ein Foto des Angebotes, das Sie mit Klebefolie auf das Regal oder in den Schrank kleben können.
Für sehr junge Kinder sind vor allem Körbe zur Materialaufbewahrung sinnvoll. Auch an diesen können Sie ein Foto befestigen, sodass die Kinder sehen können, was in welchen Korb gehört. So fällt ihnen das Aufräumen leichter.
Das gibt den Kindern Sicherheit und Struktur und hilft ihnen, Ordnung zu halten.
Stifte sortieren
Sie benötigen: Buntstifte, Holzbecher in den Farben der Stifte, flache Schälchen
Zur Ausstattung eines Montessori Kinderhauses zählt in der Regel ein Stiftständer. Er besteht z. B. aus Holzbechern in unterschiedlichen Farben. In jedem Becher stehen, je nach Gruppenstärke, drei bis sechs Stifte, die farblich mit denen der Becher identisch sind: also blaue Stifte im blauen Becher, rosa Stifte im rosafarbenen usw. Neben dem Stiftständer stehen flache Schälchen. Möchte ein Kind malen, sucht es sich aus dem Stiftständer Farbstifte aus, legt sie in das Schälchen und geht damit zum Tisch. Nach dem Malen sortiert es die Farbstifte wieder in die farblich passenden Becher zurück. Das Kind lernt also eine vorgegebene Ordnung kennen und diese einzuhalten.
Der Arbeitszyklus
Sie benötigen: ein beliebiges Material
Benutzen Kinder ein Material, z. B. ein Tablett, geschieht dies in der Regel nach einer bestimmten Abfolge. Diese sollte konsequent eingehalten werden.
Zunächst nehmen sie das Material aus dem Regal und bringen es zum Tisch. Dort können sie sich damit beschäftigen, solange sie möchten. Niemand, auch nicht der Erwachsene, sollte das Kind nun in seiner Arbeit stören und seine Konzentration unterbrechen.
Am Ende der Arbeit muss das gesamte Material wieder so auf dem Tablett aufgeräumt werden, dass das nächste Kind direkt mit seiner Arbeit beginnen kann. Erst dann wird es zurück ins Regal an seinen vorgegebenen Platz gestellt.
Dieser immer gleiche Arbeitszyklus gibt vor allem dem jungen Kind Sicherheit und unterstützt sowohl die äußere als auch die innere Ordnung. Das Kind lernt, eine Arbeit von Anfang bis Ende durchzuführen und schult damit immer wieder seine Konzentration, sein Durchhaltevermögen und seine Ausdauer.
Der Arbeitsteppich
Sie benötigen: kleine, rechteckige Teppiche (ca. 120 x 80 cm); Teppichständer
Kinder spielen gerne auf dem Boden. Das beobachtete Maria Montessori und sie schlägt vor, ihnen dazu kleine Teppiche anzubieten. Diese begrenzen den Arbeitsbereich und sorgen dafür, dass sich die Spielsachen nicht über den ganzen Boden verteilen. Sie bieten zudem eine Art „Schutzraum“, der von keinem anderen Kind betreten werden darf.
Der beste Platz, um auf einem Teppich zu arbeiten, ist etwa in der Mitte des Raumes. Sorgen Sie also dafür, dass die Möbel im Raum so angeordnet sind, dass in der Mitte eine Freifläche bleibt. Der Teppichständer zur Aufbewahrung der Teppiche hat, ebenso wie die anderen Materialien, seinen festen Platz im Zimmer.
Gut zu wissen!
Auch Babys liegen gerne auf einer Decke auf dem Boden. Hier sind sie besser aufgehoben als in einer Wippe. Sie haben wesentlich mehr Bewegungsfreiheit und die Möglichkeit, ihre Motorik ungestört zu trainieren. Spiel- und Lerndecken bieten zudem unterschiedliche Reize und schulen die Sinne.
Bücher einräumen
Sie benötigen: viele Bilderbücher, Regal