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Ein Krimi mit exzellentem Hintergrundwissen zu Natur und Tier, Jagd und Wald. Eine Gruppe von Kitzretterinnen entdeckt per Drohne auf einer Wiese einen Toten, erstochen mit einem Saufänger. Es ist der Mair – Altbauer, Choleriker und Querulant. Die Liste seiner Feinde ist lang, stellen Kommissar Gerhard Weinzirl und seine Kollegin Evi Straßgütl schnell fest. Als sie bei den Ermittlungen ein altes Tagebuch finden, treten die beiden eine Lawine los, die selbst den sonst so stoischen Weinzirl völlig aus der Fassung zu bringen droht.
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Seitenzahl: 368
Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig.
© 2024 Emons Verlag GmbH
Alle Rechte vorbehalten
Umschlagmotiv: lookphotos/Andreas Strauß
Umschlaggestaltung: nach einem Konzept von Leonardo Magrelli und Nina Schäfer
Umsetzung: Tobias Doetsch
Lektorat: Dr. Marion Heister
E-Book-Erstellung: CPI books GmbH, Leck
ISBN 978-3-98707-186-7
Originalausgabe
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Dieser Roman wurde vermittelt durch die Literaturagentur Agence Hoffman GmbH, München.
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Für Petra Diener.Die Guten gehen zu früh …
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Dieses Buch gehört Elvira Lutz.
Oktober 1960
Liebes Tagebuch, heute waren sie wieder da. Der Hiasl, die vorwitzige Lore, der Max, die Gudrun und der Matthäus. Sie klopfen ans Fenster, glotzen rein und rennen dann weg. Bruni meint dann immer, die wollen sie abholen. Bruni versteht nicht, dass niemand sie abholen will. Es ist eine Mutprobe, bei uns zu klopfen und wegzurennen. Die Kleinen aus meiner Klasse kommen auch immer. Gestern haben sie dann auch noch mit einem Stock »Hasenhexe« in den Staub geschrieben. Bruni ist keine Hexe. Und kein Hase. Der Vater war wieder sehr wütend, es hat eine Schelln gegeben, weil ich die nicht vertrieben habe. Wie soll ich die alle vertreiben? Heute haben wir über 1918 gesprochen und warum es einen Krieg gab. Der Lehrer hat uns Bilder der Männer gezeigt. Kaiser Wilhelm, er sagte, der wäre ein unvorsichtiger Redner und Säbelrassler gewesen. Der Kaiser von Österreich uralt, der König von England hasst seinen deutschen Vetter. Und der Zar von Russland lässt sich zu stark beeinflussen. Aber wenn das so war, warum haben die Menschen nichts daraus gelernt? Und das sind große, wichtige Männer, wenn die schon nicht klüger sind? Wie soll es im Dorf besser sein? Alle gehen Bündnisse ein, und manche passen doch gar nicht zusammen. Der Max ist eigentlich ein Ruhiger, aber er macht auch mit. Ist das in der Welt draußen auch so?
Montag
»Gerhard?«
Gerhard Weinzirl musste sich über sich selber wundern. Er hatte wohl im Halbschlaf sein Handy genommen, auf die richtige Taste gedrückt und es sogar richtig rum ans Ohr gehalten.
»Weinzirl? Bist du da?«
Die Stimme war ihm bekannt.
»Ja, offensichtlich.«
»Ich glaube, du solltest kommen.«
Er setzte sich auf, sein Blick fiel auf den alten Wecker auf seinem Nachttisch. »Jo, bist du wahnsinnig? Es ist Viertel nach fünf.«
Eine dämliche Frage. Jo war wahnsinnig, er kannte sie lange genug, um das sagen zu dürfen.
»Gerhard, ich weiß, wie spät es ist. Das ist es ja. Man muss so früh dran sein.«
Jo schien wirklich aus dem Gleichgewicht zu sein, ihre sonst so selbstsichere Stimme klang brüchig.
»Wer ist man? Und muss früh dran sein?« Er bemühte sich um verbale Neutralität. Auch weil er Jo kannte.
»Sorry. Ich bin echt etwas neben der Spur. Man ist wir.« Sie stockte. »Wir sind die Kitzretter, und da hat man, also wir, eine Drohne, und die findet Kitze.«
Davon hatte er gehört, eine gute Sache, um das Massaker unter den Rehkitzen einzudämmen. Dass Jo so einer Gruppierung angehörte, hatte er nicht gewusst, das passte aber zu ihrem Tierretter-Gen. Und er begann, etwas zu ahnen.
»Da war aber kein Kitz, sondern ein Toter. Viel Blut, also …«
»Jo, ganz ruhig.« Er war inzwischen aufgestanden, gehend konnte er besser denken. Bei ihm war das irgendwie Gedanken-Reflux. Wenn er lag, verstopfte das seine Synapsen. »Jo, ich verstehe dich richtig? Ihr habt einen Toten gefunden, der erstochen wurde?«
»Ich weiß nicht. Ja, wahrscheinlich.«
»Und wo seid ihr?«
»An so ’nem Bichl. Also unten am Eschenbach.«
Klar, das war eine Angabe, als wenn man sagte: unter dem Arc de Triomphe, in der Mitte des Ponte Vecchio, am Eingangsportal der Sagrada Família. Mit der Angabe gab es sofort Bilder. Aber er beherrschte sich.
»Kennst du die B 17 Richtung Trauchgau?«
»Ja sicher.«
»Wenn du da durch Steingaden und weiterfährst, kommt doch der Gasthof links, unter der Straße durch und dann das kleine Teersträßchen.«
Er hatte eine vage Ahnung, was sie meinte. Er arbeitete ja nun schon länger in Weilheim und hatte sich nach und nach mit dem Landkreis Weilheim-Schongau vertraut gemacht. Wie alle war er anfangs der Tücke dieses Konstrukts erlegen, hatte seine Kreise bis hinüber nach Hohenpeißenberg erweitert und war sich dort schon sehr weit weg von Weilheim vorgekommen. Aber seine Fälle hatten ihn eben auch noch weiter westlich gezogen, zu Römern auf dem Auerberg, zu einem bösen Haus und einem ebenso bösen Mann am Abhang desselben. Er hatte festgestellt, dass sogar jenseits des Lechs noch Weilheim-Schongau war, und er wusste zumindest, dass es da ganz im Westen eine Reihe von Gallierdörfern gab, die schnell ans Ostallgäu anstießen. Er war öfter in dieser Region geradelt und mehrfach an den Staustufen und einem gewissen Kaltenbrunner See vorbeigekommen. Er war in einem Café Magdalena eingekehrt, das er auch in guter Erinnerung hatte. Alles in allem war das eine Region, die mit den Bergen am Horizont in jedem Fall sehr idyllisch lag.
»Wir sind an dem Stadl, da stehen die Autos.«
Tolle Beschreibung!
»Jo, kannst du mir die Koordinaten schicken?«
»Ähm, ich weiß nicht.«
»Jo, da wird doch wohl wer sein, der oder die das kann.«
»Warte, ich frag.« Man hörte Stimmen.
»Ja, die Koordinaten kommen gleich. Und Gerhard?«
»Ja?«
»Das ist echt schlimm, also …«
»Jo, alles gut. Wichtig wäre, dass alles so bleibt, wie es ist. Dass da keiner hingeht, du weißt schon. Kannst du das veranlassen? Und habt ihr sonst noch wen angerufen?«
»Nein, ich hab gesagt, ich kenne die Kripo. Dass ich da anrufe. Dass der Mann tot ist, war irgendwie klar.« Sie schluckte.
»Gutes Mädchen, pass auf, ich informiere dennoch eine Streife, die könnte vor mir da sein, schon mal absperren, und ich fliege quasi.«
Er legte auf, flog quasi über seine Jeans, die er, wie sie ihm vom Bein gefallen war, hatte liegen lassen. Hier fehlt eine weibliche Hand, pflegte seine Vermieterin immer zu sagen. Sie hob eher auf seine bildlosen Wände ab und darauf, dass sie fand, eine Behausung könne etwas mehr Interieur vertragen als Bett, Kleiderstange, Couch, Küche und zwei Billy-Regale. Weinzirl warf sich kurz Wasser ins Gesicht und rief Evi an. Die wach klang und so, als könnte sie diese frühe Zeit nicht schrecken. Zehn Minuten später fuhr er bei Evi vor, die auf der Straße stand in einem Anorak, den man auch auf den Himalaja hätte ausführen können.
»Guten Morgen, was ziehst du an, wenn es wirklich kalt ist?«
»Es ist kalt. Es hat acht Grad.«
Weinzirl setzte Evi ins Bild und bat sie auch, die Kollegen in Schongau loszuschicken.
»Aber sag mal«, meinte Evi, nachdem sie telefoniert hatte, »so eine Drohne funktioniert doch nur mit einer Wärmebildkamera. Wenn der tot war, ist da nichts mehr mit Wärme.«
Dieser Einwand hatte etwas. »Der Mord ist womöglich kurz vorher passiert.«
Evi navigierte auch, sie kamen in der Tat an besagten Gasthof, bogen ab und erreichten sehr schnell einen Stadel, wo auch schon ein Polizeiwagen stand.
»Morgen! Wart ihr schon am Ort des …?« Des was?, überlegte Weinzirl noch.
»Nein, mir dachten, mir …«
»Prima. Danke.«
Sie parkten, gingen ein paar Schritte. Da war auch Jo, die fuchtelte. An einem Stadel standen einige Autos, eine Reihe von Frauen waren vor Ort, die teils an den Autos lehnten, zwei hatten kleine Schemel dabei und hockten drauf wie das sprichwörtliche Häufchen Elend. Nebel waberte den Hügel hinab, es war kalt, saukalt für Ende Mai. Das Gras stand hoch, das war der erste Schnitt, nach dem Flutwellen-Frühjahr definitiv auch der erste Termin, an dem Landwirte mähen konnten. Was einige auch schon am Samstag und Sonntag getan hatten, wobei sie ziemliche Riefen in den Boden gezogen hatten. Milchwirtschaft regierte bis heute eine grüne Kulturlandschaft, die so malerisch vor den Bergen lag.
Bei seiner Oma hatte man zweimal im Jahr gemäht, Heu meist im Juni, im September dann den zweiten Schnitt, im Allgäu auch »Omada« genannt. Der Opa war mit einem alten Bulldog mit Mähbalken, später mit Heckmähwerk, sehr langsam über Wiesen getuckert. Die späte Mahd hatte den Kitzen geholfen, die dann schon älter waren und mit der Geiß flüchten konnten. In Weilheim – von hier aus betrachtet war das »drunten« – mähten sie bis zu achtmal Silo, rauschten mit Riesenmaschinen rein in rappelkurze Halme.
»Jo, Morgen!«
Er umarmte sie ganz kurz, Evi tat es ihm gleich. Die anwesenden Damen trugen fast alle wasserabweisende Hosen und Gummistiefel, es gab Thermosbecher mit Kaffee, das schienen Profis zu sein, und bis auf eine, die leise weinte und von einer anderen getröstet wurde, schienen das auch alles eher rustikale Mädels zu sein.
Eine hübsche, schmale junge Frau stellte sich als die Vorständin des Vereins vor, als Bettina oder Betti, sie hatte das Display in der Hand, die Drohne dazu saß ruhig auf einer Alukiste. Ziemlich klein, das Ding, fand Weinzirl.
»Magst du mir kurz sagen, was passiert ist?«, fragte er.
»Wir haben uns um halb fünf bei mir am Haus getroffen, alles Freiwillige. Die Anzeige der Wärmebildkamera funktioniert am besten, wenn die Umgebungstemperatur niedrig ist und sich damit von der Körpertemperatur der Tiere gut unterscheidet. Drum sind wir so früh unterwegs. Heute ist es eh schwierig, ich musste die Drohne zweimal zurückholen, die Linse beschlägt im Nebel.«
»Aber sie hat einen Mann entdeckt?«, fragte Weinzirl vorsichtig.
»Für den Laien sehen die Bilder aus wie eine graue Mondoberfläche. Aber der Profi sieht die weißen Punkte, das sind die Wärmepunkte. Das kann auch mal ein wärmerer Maulwurfshügel sein, wir haben heute auch schon einen Fuchs gefunden, der lag da zusammengekringelt und hat geschlafen. Und dann war da etwas Merkwürdiges. Ich kann auf Vollbild umstellen, und das war ein Mensch. Wir dachten, der schläft halt.«
Schlief man halt einfach mal so auf einem Bichl, also einem bergigen Gupf? Womöglich, weil man besoffen aus einer Wirtschaft oder einem Bierzelt gekommen war? Pissen gewesen war?
»Drei von uns sind hin. Da lag er. So.« Sie hielt ihm ein Handy hin, die Mädels waren cool genug gewesen, ein Foto zu machen.
Und das sah nicht schön aus, gar nicht schön! Der Brustraum war blutüberflutet. Weinzirl teilte Jos Ansicht, dass man das nicht überlebte.
»Was habt ihr dann gemacht?«
»Weggegangen, Jo hat dich angerufen.«
Er nickte Evi zu.
»Wo ist das denn passiert?«
Jo zeigte hügelabwärts. »Da unten. Beim Bach. Die Fläche unter dem einzeln stehenden Bauernhof.«
Wieder eine großartige Beschreibung. Zumal sich die Welt im Nebel verlor.
»Betti, Jo, kommt ihr mit?«
Beide nickten. Sie folgten kurz dem Teersträßchen, da war in der Tat ein Rinnsal, und eine niedergetretene Spur begann.
»Etwa nach dreihundert Metern«, sagte Betti.
Binnen einer Minute war Weinzirls Jeans nass, immerhin waren seine Bergschuhe wasserdicht. Das Gras stand teils hüfthoch, eine Schönwetterperiode war angekündigt, Profis mähten am ersten Tag, wo das Wetter noch nicht so gut sein musste, und führten das trockene Heu im Idealfall am dritten oder vierten Tag ein. Sofern das fluffiges Heu werden sollte, bei Silo ginge es schneller, aber Weinzirl bezweifelte, dass man aus diesen langen, starren Stängeln noch Silo würde machen können.
Und mit an die Beine geklatschter Hose stand er dann vor dem Mann. Der lag rücklings im Gras. Der Mann war alt, er konnte alles zwischen siebzig und neunzig sein. Weinzirl tat sich da generell schwer beim Schätzen. Er konnte weder junge Frauen gut schätzen noch alte Männer. Der Mann war groß und massiv, trug eine Arbeitshose, einen Bundeswehrpullover mit Löchern, eine Cordweste darüber, und sein Filzhut war zur Seite gefallen. Der Brust- und Bauchraum sah hier live und in Farbe noch böser aus, es war ein Blutbad. Evi hatte den Mann die ganze Zeit starr fixiert, sie war in die Knie gegangen und betrachtete ihn nun genauer.
»Dieses ganze Blut, das war doch kein normales Messer. Und dann seine Augen«, sagte sie.
Der Mann – und das fühlte sich für Weinzirl komisch an – sah nicht angsterfüllt aus, er hatte keinen Todesschrecken im Blick, er wirkte fast friedlich, was angesichts des Blutes mehr als bizarr erschien. Das Gras war zertrampelt, ob hier ein Kampf stattgefunden hatte oder die Mädels mit dem Faible für Bambis hier herumgestapft waren, konnte er schlecht sagen. Wer hatte hier so gewütet?
Außerirdische waren es ja wohl nicht gewesen. Wobei? Der Nebel begann sich zu lichten, man sah in die Wiese, und überall gab es kleine Krater. Sicher Plätze, wo Tiere gelegen hatten, aber Außerirdische landeten ja im Allgemeinen auch in Wiesen und Getreidefeldern. Weiter oben gab es einen Hof, der sich nun aus dem Nebel herausmanifestierte. Das musste ja eine Traumlage sein!
Weinzirl fasste in die Brusttasche der Weste, und da war ein Portemonnaie, das mindestens so alt war wie der Mann. Der verbeulte Ausweis darin identifizierte den Mann als Sebastian Adam Mair, er wäre in drei Tagen achtzig geworden. Diese Fete würde entfallen.
»Sieh mal«, sagte Evi plötzlich. Sie zog ein Messer aus dem tiefen Gras. Es war merkwürdig geformt. »Was ist das?«
»Wohl kaum die Tatwaffe«, meinte Weinzirl. Denn das Messer, oder was immer das war, war unbefleckt, und er konnte sich auch nicht vorstellen, dass man damit eine solche Verletzung hervorrufen konnte.
Über die Wiese kam nun ein Arzt, dessen Begeisterung sich auch in engen Grenzen hielt.
»Grad war ich im Altenheim einen Totenschein ausstellen, ich wollte heim, einen Kaffee trinken, und nun kommt ihr ange…«
Das »schissen« von »angeschissen« schluckte er hinunter. Er betrachtete den Mann. »Na ja, da war d’ Hebamm au nimmer schuld.«
»Nein, aber auch weder Schlaganfall noch Herzinfarkt«, sagte Evi scharf.
Er atmete tief durch. »Ich habe so eine Verletzung noch nie gesehen, merkwürdig. Ein normales Messer war das nicht.«
»Nein, wir haben das hier gefunden«, sagte Weinzirl und hielt die Tüte hoch.
»Kein Blut, kein Nix, das Ding war nicht in der Mannesbrust«, sagte der Arzt.
»Können Sie schätzen, wie lange er hier schon liegt?«, fragte Evi mit gepresster Stimme.
»Drei, vier Stunden?«
»Er wurde von der Wärmebildkamera erfasst. Wenn er aber tot ist …«, hob Evi an.
»Die Körpertemperatur nimmt vom Zeitpunkt des Todes an allmählich ab. Faustregel: pro Stunde etwa ein Grad. Aber die Absenkung hängt auch von den äußeren Umständen ab. Bei zwanzig minus im Schnee geht’s schneller als unter dem Plumeau.«
Schönes Wort, dachte Weinzirl.
»Das hat immer mit der Umgebungstemperatur zu tun, ein Leichnam passt sich an. Wie kalt ist es gerade? Zehn Grad etwa? Dann hat er in jedem Fall noch eine höhere Temperatur, die Wärmebildkamera erfasst ihn natürlich.« Er nickte, als gäbe er sich selber recht. »Natürlicher Tod ist es keiner.«
Das war unumstritten, und unumstritten war auch, dass es hier wenig Zeugen geben würde. Ein paar Rehe, den schlafenden Fuchs? Weinzirl hoffte, dass die Rechtsmedizin über diese Stiche mehr würde sagen können. Er überließ das nasse Wiesenterrain den Kollegen, die auf die anrückenden Spurensicherer warten mussten. Er und Evi gingen zurück zu den Damen. Wo ein riesiger Bulldog stand mit Zwillingsmähwerk, und davor ein erboster Landwirt. Die Kollegen aus Schongau hielten ihn gerade so davon ab, loszumähen.
»Aus dem Weg! I fahr eich sonscht übern Haufen!«
»Das werden Sie nicht tun!«, sagte Weinzirl scharf. »Gerhard Weinzirl, meine reizende Kollegin Evi Straßgütl, Mordkommission. Ihr Bichl ist ein Tatort, und ich sage Ihnen, wann Sie hier mähen.«
»Tatort?«
»Ja, der Ort einer Tat. Kennen Sie einen Sebastian Mair?«
»Den Sebi?«
»Wenn der bei Ihnen als Sebi firmiert, auch den.«
»Hä?«
»Kennen Sie ihn?«
»Ja, der Mahrer halt.«
Vor einigen Jahren hätte Evi nun reingegrätscht, aber auch sie wusste um die Wirrnis bayerischer Namen, dass der Familienname anders lauten konnte als der Hausname.
»Und, wie war er so, der Mahrer?«, fragte Weinzirl.
»A Choleriker«, sagte der Mann, dem das kleine Wörtchen »war« nicht aufgefallen zu sein schien.
»Sie mochten ihn also nicht?«
»Den mochten die wenigsten.«
»Er liegt nun leider aber tot bei Ihnen da hinten in der Wiese. Eine Idee dazu?«
»Der Mahrer? Tot? Wieso?«
Weil ihm jemand mit einem Stich- oder Schneidewerkzeug oder was auch immer übel zugesetzt hatte, dachte Weinzirl.
»Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
»Wois i it. Beim Moser in der Wies, aber wann des war? Vor zwei Wochen am Sonntag vielleicht?«
Mit »der Wies« war in dem Fall die Wieskirche gemeint, der Moser war eine Wirtschaft. Hier ging es primär auch um eine »Wies«, aber um eine grasige, nasse Wiese.
»Was wollte der Mahrer denn in Ihrer Wiese?«
»Des wisst i au gära. Wieder Stäb neihauen.«
»Bitte?«, fragte Evi.
»Der hot mir vor zwei Johr Eisenstäb in den Boden grammt. Hot meine Messer ruiniert.«
»Ich verstehe Sie recht? Herr Mair hat Eisenpfähle in Ihre Wiese gerammt?«
»Also, genau genommen isch des mei Pachtwies. Die ghert dem Mahrer. Aber i hob den Boden vom Sohn pachtet.«
»Und da hat der Senior Eisenstäbe in den Boden gehauen? Warum? War er nicht damit einverstanden, dass Sie gepachtet haben?«
»Des it. I zahl guat. Es war, weil der it wollt, dass i die Kitzretter aruaf. Er freit sich über jeds tote Kitz.«
Das ließ Evi sprachlos zurück, Weinzirl musste sich auch erst einmal sortieren.
»Der Mahrer mag kuine Reach. Der mag gar kui Viech, des wo nix bringt. Und Reach fressen Gras und verbeißen im Wald.«
Sie waren noch keine dreißig Minuten vor Ort und plauderten schon mit einem Mann, der wohl eher Feind als Freund des Ermordeten war. Aber würde der ihn in der eigenen Pachtwiese meucheln? Gerhard verkniff sich für den Moment die Frage, wo der wackere Landwirt in der Nacht gewesen war.
»Und wegen dem Mahrer kann i it mähen?«, fragte er.
»Momentan nicht. Ich denke, auf Mittag hin aber schon«, sagte Weinzirl. »Und dann ist die Wiese ja auch noch nicht ganz abgeflogen, oder? Die Kitze sind ja womöglich noch drin.«
Er machte eine unwirsche Handbewegung, stieg in seinen Bulldog und fuhr davon.
Die Damen der Kitzrettung waren immer noch da, alle wirkten überfordert. Jo kam näher.
»Und?«
Weinzirl ignorierte die Frage. »Seid ihr die Wiese denn schon komplett abgeflogen?«
»Die schon, aber da wäre noch eine andere, bisschen weiter in Richtung des nächsten Weilers.«
»Dann macht das mal, bevor die Spurensicherung da ist, bevor hier noch mehr Leute auftauchen und alles durcheinanderbringen.«
»Dein Ernst?«
»Sicher, ich vermute keine weiteren Toten in Wiesen.« Aber konnte man da so sicher sein?
»Na dann«, sagte Betti. »Jo und Fritzi, kommt ihr mit?« Sie wandte sich an Weinzirl. »Magst du mitkommen? Dann hast du einen Eindruck.«
»Gern. Evi, du?«
»Ich bleibe hier. Ich warte auf die Spurensicherung, falls die doch früher da sind.«
Sie fuhren nicht weit, parkten. Betti ließ ihre Drohne wieder aufsteigen.
Weinzirl sah der Drohnenpilotin über die Schulter. Die Drohne war so eingestellt, dass sie das ganze Feld in Streifen abflog, und da war ein Punkt, tatsächlich ein Kitz!
»Das liegt dicht am Weg«, wunderte sich Betti.
Jo nickte. »Wir fahren hin.«
Ein Walkie-Talkie ging an diese Fritzi, Jo fuhr den Jeep. Sie stoppten schließlich. Zwei Kisten waren dabei, eine bekam Weinzirl. Im Gänsemarsch ging es durch die immer noch quatschnasse Wiese.
Man hörte Betti im Walkie. »Ich sehe euch jetzt in den Bereich der Drohne eintreten. Das Kitz ist genau vor euch.«
Jo zog Handschuhe an, beim zweiten Paar assistierte die andere junge Frau, fast wie eine OP-Schwester, die der Chirurgin vor der OP zur Hand geht. Die Spannung war auch für Weinzirl greifbar. In die Kiste kam etwas Gras, ein Büschel hatte Jo in der Hand.
»Noch zehn Meter. Noch fünf«, kam es von Betti.
Noch drei Schritte, und Jo hechtete nach vorne. Das Kitz war gar nicht »amused«, es schrie, Weinzirl wunderte sich, dass so ein kleines Tier so meutern konnte. Jo trug es nur einige wenige Schritte. Ein entscheidender Moment, rein in die Kiste, Deckel zu. Durchatmen. Jo lächelte ihn an.
»Das Kitz ist schon recht groß, es war ganz schön wehrhaft. Wir müssen das zweite suchen, Rehgeißen haben häufig Zwillinge«, sagte Jo.
Aus dem Walkie kam die Info. »Es liegt etwa fünfzig Meter entfernt. Jo, Vorsicht, es schaut in eure Richtung. Du musst schnell sein.«
Jo hatte das drauf, wieder ein Hechtsprung, wieder Protestgeschrei. Wieder Klappe zu. Jo hatte ein paar Tränen im Augenwinkel, und Weinzirl rang auch ein wenig mit der Rührung, das hier war extrem intensiv.
»Und wo tut ihr jetzt die Kisten hin?«
»Besser stünden sie am Weg«, sagte Jo. »Aber leider gibt es immer wieder Menschen, die bar jeder Vernunft und bar jeden Wissens diese Kisten wieder öffnen. Hier fahren viele Radfahrer durch. Die blöderweise befreiten Kitze flüchten zurück ins Feld und werden vermäht.« Sie schluckte. »Vermähen ist halt so ein Wort, das von ›Bein abtrennen‹ bis ›total zerhäckseln‹ viel beinhaltet, auch oft ein langes, grausames Sterben.«
Sie sah sich um. »Da rüber!«
Sie stellten die Kisten am Ende der Fläche an einen Zaun. Neugierige Jungviecher kamen von der Nachbarweide, was sicher nicht ideal war, aber die öffneten zumindest nicht die Klappen!
»Und wie geht das dann weiter?«, fragte Weinzirl.
»Wenn dann gemäht ist, werden die Kitze wieder freigelassen. Sie finden schnell wieder mit der Mutter zusammen. Lebend und am Stück«, sagte Jo. »Lass uns zurückfahren.«
Sie waren schnell wieder am Stadel. Evi hatte inzwischen die Damen alle nochmals befragt, aber sie alle hatten nichts gesehen und durften nach Hause fahren. Nur Jo und Betti blieben.
»Sagt euch der Name Sebastian Mair etwas?«, fragte Weinzirl.
Jo schüttelte den Kopf.
»Der Mahrer?«, fragte Betti.
»Ja.«
»Der lag in der Wiese?«, fragte sie im Flüsterton.
»Ja, davon gehe ich aus. Das Bild im Pass glich dem Toten doch sehr.« Er war nur jünger drauf gewesen und ohne tödliche Stiche.
Eine ungute Stille ergriff sie alle, bis Weinzirl schließlich sagte: »Betti, kennst du den Mann näher? Ich weiß, das ist jetzt alles ein bisschen viel.«
»Passt schon. Sebi Mair, Sebastian Mair, Hausname der Mahrer, ist so um die achtzig, glaube ich. Er hat den Hof schon lange übergeben, sein Sohn, der Hansi, hat’s nicht leicht, weil der Alte ihm immer noch reinredet. Der Sebi redet eigentlich jedem rein und legt sich mit jedem an.« Sie stutzte. »Diese Wiese gehört ihm, der Socher hat sie nur gepachtet.«
»Das haben wir auch gerade gehört. Brauchen Bauern ihre Wiesen nicht selber? Auch wegen der Gülleverordnung? Familie Mair hat doch auch Kühe?«
»Ja, schon. Der Hansi hat aber Vieh reduziert, er hat auf Bio umgestellt. Er kann auf diesen Boden verzichten, zumal der auch vom Weg her weiter weg liegt. Er hat genug arrondierte Böden, und er hat auch noch Besitz am Kaltenbrunner See. An Grund mangelt es ihm nicht.«
»Okay.« Weinzirl versuchte, sich zu konzentrieren. »Woher kennst du den Senior Mair? Wie war er so?«
»Ich würde gern was Nettes sagen, aber ich finde nix. Er war ein Stänkerer. Ich kenne ihn vor allem vom Kleintierzuchtverband, und er ist da jedem auf den Sack gegangen.«
»Dir auch?«
»Na ja, mir eher auf die Eierstöcke. Ich züchte Hühner. Zwerg-Cochin. Das sind Urzwerge, bei denen nie eine Großrasse bestand, zum Beispiel der japanische Chabo und eben die Zwerg-Cochin, die ausschließlich in den kaiserlichen Gärten Chinas gehalten werden durften. Die Bezeichnung Zwerg-Cochin ist irreführend, da diese mit der Rasse Cochin nicht verwandt sind, sich nur im Aussehen ähneln. Der Mahrer fand sie sinnlos, weil die Eier zu klein sind. Also, die Hühnereier. Und er sagte, diese Puschelfüße wären unhygienisch. Es heißt aber Federfüße!«
Weinzirl seufzte innerlich. Das schien ein tierischer Fall zu werden: Rehe, Puschelfüße …
»Also, ich war das nicht!«, schob sie nach.
»Wollte ich damit auch nicht sagen«, meinte Weinzirl. »Aber sonst? Ich meine, außerhalb der Kleintierzüchter. Wer mochte ihn sonst nicht?«
»Er ist auch Jäger, wir Kitzretter kennen ihn mehr als Rehhasser. Unter den Jägern gibt es eben auch sehr kontroverse Ansichten über Rehe. Es gibt besonnene Typen, aber einer wie der Mahrer hätte am liebsten rehfreie Wälder.«
»Das spitzte bei unserem Gespräch grad eben auch durch«, sagte Weinzirl. »Bei dem, der jetzt nicht mähen kann.«
»Der Socher, also der Bauer eben, ist einer von den Netten. Er hat unsere Arbeit von Anfang an unterstützt.«
»Das heißt, dass er seine Flächen abfliegen lässt?«
»Ja genau. Er ist früher mit der Familie die Flächen vor dem Mähen abgegangen, aber du kannst zehn Zentimeter neben dem Kitz vorbeigehen und es nicht sehen. Das hohe Gras liegt leicht umgekippt, du hast keine Chance, es zu entdecken. Eine Drohne ist da unbestechlicher.« Sie nickte. »Ja, wir sind sehr froh, dass wir jetzt die Drohnen haben. Und selbst wenn man früher ein Kitz fand und es zur Seite getragen hat, sprang es womöglich zurück, Tragödie inklusive. Drum setzen wir sie eben in diese Kisten, bis die Gefahr vorüber ist.«
»Leuchtet ein«, sagte Weinzirl.
»Weißt du, eigentlich liegt es in der Verantwortung der Landwirte, Kitze zu suchen, denn nach Paragraf 17 Tierschutzgesetz macht man sich strafbar, wenn man bei der Mahd den Tod des Rehnachwuchses billigend in Kauf nimmt. In der Praxis ist es aber auch mal so, dass tote Kitze schnell in den nächsten Wald geworfen werden, frei nach dem Motto: Der Fuchs freut sich auch. So einer ist der Mahrer. Dann gibt es welche wie den Socher Franz, die am Vortag anrufen. Wir sind natürlich drauf angewiesen, dass die Landwirte anrufen! Und das eben mit Vorlauf! Es macht wenig Sinn, wenn sie erst am Morgen anrufen und quasi schon mit den rotierenden Messern am Rande der Wiese lauern.«
»Das heißt, ihr müsst immer fragen, ob ihr fliegen dürft?«, fragte Evi.
»Ja, alle Kitzretter müssen sich an die EU-Drohnenverordnung halten, zudem muss immer der Revierinhaber oder der Jagdausübungsberechtigte zustimmen. Nur bei einer Eigenjagd reicht das Placet des Landbesitzers. Denn sonst wäre das Wilderei, weil man einem Tier nachstellt und es fängt!«
»Okay«, sagte Evi. »Wusste ich nicht.«
»Wir haben Gott sei Dank jedes Jahr mehr Zuspruch bei den Bauern, vor allem auch bei den Jägern, es gibt auch immer mehr Jäger, die eigene Drohnen haben. Und es gibt eben die ewig Gestrigen, die tierfreie Flächen wollen. Die gönnen dem Reh keinen Halm.«
»Ist es nicht wirklich so, dass angeblich zu viele Rehe da sind und verbeißen? Das liest man doch überall«, sagte Evi. »Wären da tote Rehe nicht eher hilfreich?«
»Ein komplexes Thema, da kannst du tagelang diskutieren. Sollten wir mal machen! Aber was die Kitze betrifft, geht es auch um Ethik. Das sind Babys! Und dann geht es bei vielen Bauern auch ums rein Pragmatische. Die wollen einfach keine Kadaver im Futter. Im Silo bildet sich Clostridium botulinum, hochtoxisch, tödlich, das scheut auch der Rehhasser wie der Teufel das Weihwasser. Auch der, dem ein totes Kitz an sich völlig egal ist.«
Wieder schwiegen sie eine Weile, bis Evi sagte: »Zusammenfassend hatte der Mahrer also wenig Freunde?«
Betti nickte. »Er hat bestimmt auch Freunde. Welche, die wie er ticken. Ich kenn die aber nicht.«
»Und die Familie?«, fragte Evi.
»Der Hansi hat es, wie gesagt, nicht leicht. Er ist Demeter-Landwirt. Die Nika, seine Frau, unterstützt ihn sehr. Sie arbeitet drei Tage die Woche im Kindergarten. Sie kann übrigens begnadet Klavier spielen, Gitarre auch. Eine sehr Nette, da hat er Glück gehabt, der Hansi.«
»Betti, sagt dir das was?«, fragte Weinzirl und führte das seltsame Messer vor, das neben der Leiche gelegen hatte.
»Ist er damit …?«, fragte sie erschrocken.
»Nein, womöglich hat er es aber verloren. Oder der Täter hat es verloren.«
»Ich hab so was schon mal gesehen. Ich komm grad nicht drauf, wo.« Sie sah kurz auf ihr Handy. »Könnte ich euch allein lassen? Ich müsste in die Praxis«, sagte sie. »Jo hat alle meine Daten.«
Weinzirl nickte. Sie stieg in ihren Pick-up und fuhr davon.
»Praxis?«, fragte er an Jo gewandt.
»Sie ist Tierärztin, tolle Frau. Alle, die hier mitmachen, sind voll beruflich eingespannt und machen das vor der Arbeit oder abends. Das sind zwar nur ein paar Wochen im Jahr, aber die haben es in sich.«
»Seit wann bist du dabei?«, fragte Evi.
»Seit letztem Jahr. Ich kenne Betti als Tierärztin, und sie hat mich gefragt, ob ich die Texte auf der Homepage der Kitzretter etwas pimpen könnte. Ich bin mal mitgegangen, um zu verstehen, was die da machen. Und da hat es mich gepackt.«
»Dein Hechtsprung war jedenfalls eins a. Auch die B-Note«, sagte Weinzirl.
»Danke, da ist nichts mit ›dutzi, dutzi‹. Es muss schnell gehen, eine zweite Chance kriegst du nicht.«
War das nicht öfter so im Leben?, fragte sich Weinzirl. Vor allem in seinem Leben mit Frauen. Er hatte es jedes Mal versaut, und zwar so, dass eben kein Weg zu einer zweiten Chance offen gewesen wäre. Nur Jo zog sich durch sein Leben. Sie waren uralte Freunde, sahen sich mal mehr, mal weniger. Waren kurz mal durch eine Phase Freundschaft plus havariert. Aber Jo war eine Konstante in seinem Leben, wobei das Wort Konstante im Zusammenhang mit Jo eher kühn gewählt war. Jo war laut, sprunghaft, schlau, wortgewandt und alles – nur nicht diplomatisch. Und er war froh, sie zu haben. Heute mehr denn je, denn mit zunehmendem Alter dünnte sich ja auch die Schar der Freunde aus.
»Und du, Jo, du kennst diesen Mahrer oder Mair nicht?«, fragte Weinzirl.
»Nein, aber so wie das klingt, bin ich froh darüber. Und er ist wohl auch ein bisschen alt für mich.«
Evi grinste.
»Und nun?«, fragte Jo.
»Wir überlassen das Feld der Spurensicherung, wir fahren zur Familie. Ich kann dich anrufen, wenn ich noch was wissen muss?«
»Klar. Ich schließe mich der zweiten Gruppe an, wir haben noch zwei Flächen, die wir absuchen müssen.«
»Jo, kannst du deinen Damen sagen, sie möchten das nicht alles gleich erzählen, whatsappen und posten?«
»Mensch, Weinzirl«, sagte sie nur. »Ciao.«
Was immer das nun zu bedeuten gehabt hatte, Weinzirl hob die Hand zu einem etwas schlaffen Gruß. Die Aussicht darauf, die Todesnachricht zu überbringen, war weniger prickelnd. Der Mahrer-Hof lag nicht weit entfernt in einem Weiler. Sie fuhren eine Stichstraße entlang auf ein neu gebautes Haus zu. Links davon stand ein ebenfalls neuer Laufstall mit Veranda, wo sich eine Kuh gerade an einer Massagebürste Wellness gönnte. Rechts davon stand ein altes Bauernhaus, dessen grüne Läden einen neuen Anstrich vertragen hätten. Weinzirl hätte diesem Haus auf jeden Fall den Vorzug gegeben, aber am Land bauten die Jungen lieber neu und opulent, anstatt sich in die Katen der Altvorderen zu quetschen, mit tiefen Decken und einer Küche, die nie auf der Südseite war.
Sie hielten an und stiegen aus. Vom Stall kam ihnen gerade ein Mann entgegen.
»Herr Hansi Mair?« Wie das klang. Der Typ war sicher eins neunzig groß und ein Brackl von einem Kerl. Da sagte man doch nicht Hansi.
Er aber schien den Namen gewohnt zu sein. »Ja.«
»Herr Mair, können wir reingehen?«
»Um was geht es? Ich hab gar keine Zeit. Ich muss gleich kreiseln.«
»Sie haben auch gemäht?«
»Gestern schon. Ging ja bisher nicht. Was wollen Sie jetzt? Wer sind Sie überhaupt?«
»Weinzirl und Straßgütl von der Kriminalpolizei in Weilheim. Entschuldigen Sie, aber wir haben keine guten Nachrichten. Ihr Vater ist tot.«
Es war still, bis irgendwo ein Hahn laut krähte.
»Er hat ungesund gegessen, sich schnell aufgeregt«, sagte er zum Haus.
»Er ist keines natürlichen Todes gestorben. Leider«, sagte Evi. »Wollen Sie sich nicht lieber setzen?« Sie deutete auf die Sitzgruppe, die auf der Terrasse stand.
Er blieb stehen. »Tot?«
»Ja, es war ein Gewaltverbrechen.«
»Der Voder«, sagte er nur und ging ins Haus.
»Herr Mair, bitte, wir …«, rief Evi ihm hinterher.
Aber er verschwand im Haus. Evi sah Weinzirl fragend an. Kurz darauf kam eine schlanke Frau, deren auffällige Nägel irgendwie nicht zur Latzhose passen wollten, aus der Tür. Sie blinzelte kurz in die Sonne. Ihr folgte ein großer Hund mit lockigem Haar, der schöne, seelenvolle Augen hatte. Es gab Weinzirl einen Stich. Er hatte sich immer noch nicht mit dem Tod seines Hundes abgefunden. Würde er auch nie. Er war untröstlich, er konnte den Schmerz verschieben, wo der über Miris Tod schon lag. Da waren sie beerdigt, jene beiden Lebewesen, die ihn dort berührt hatten, wo sonst keines es hingeschafft hatte.
Der Hund mit den Locken ging einen Schritt auf Weinzirl zu und setzte sich neben ihn. Er war sehr nahe, ohne ihn zu berühren.
»Er mag Sie. Poldi mag gar nicht so viele Menschen. Mich auch nicht so besonders, er ist Sebis Hund, also der vom Schwiegervater. Der ist aber immer so streng zu ihm. Sagt immer: ›Ein Jagdhund muss dienen.‹«
Weinzirl war froh, dass Evi einsprang. »Um Sebi geht es auch.«
»Was ist passiert?«, fragte die Frau. »Wer sind Sie? Mein Mann ging gerade an mir vorbei, als habe er ein Gespenst gesehen. Was wollen Sie hier?«
»Frau Mair, wir müssen Ihnen leider sagen, dass Ihr Schwiegervater tot ist.«
Sie starrte Evi an. »Was? Wieso?«
»Frau Mair, setzen Sie sich doch bitte.«
Sie nickte mechanisch. Schließlich saßen sie alle vor dem modernen Haus. Eine rote Katze strich vorbei und fauchte in Poldis Richtung. Der Hahn krähte erneut.
»Was ist geschehen?«
»Wir müssen davon ausgehen, dass Ihr Schwiegervater getötet wurde. Gewaltsam.«
»Gewaltsam? Wie Mord?«
Ja, wie Mord. Weinzirl hasste solche Situationen wirklich abgrundtief.
»Leider, ja. Es tut uns leid«, sagte Evi. »Unser Beileid.«
Frau Mair nickte. »So ein Ende. So ein Ende nach einem langen Leben«, sagte sie.
Was hieß das? Sie klang merkwürdig. Abwesend. Es war nie vorherzusagen, wie Menschen reagierten, wenn sie Todesnachrichten erhielten.
»Wir können gerne später wiederkommen«, sagte Weinzirl. »Wir können Ihnen auch Fachleute schicken, mit denen Sie reden könnten.«
»Fachleute? Nein. Er ist tot. Er war ein alter Mann.«
Sie schien es auszublenden, dass er nicht sanft entschlafen war.
»Wir müssten mehr über ihn wissen. Er war etwas streitbar, haben wir gehört?«
Sie sah auf. »Er war nicht immer nett, aber schon auch ein guter Kerl.«
»Wie war er denn?«, fragte Evi.
»Er war schon auch schwierig. Ein Choleriker. Immer ganz schnell auf hundertachtzig.« Ihr traten Tränen in die Augen.
»Frau Mair, geht das bei Ihnen? Brauchen Sie Hilfe? Wir können Sie wirklich auch später noch aufsuchen.«
»Nein, es geht schon.«
»Frau Mair, wer hätte einen Grund gehabt, ihn zu töten? Gab es einen Streit, der hätte eskalieren können?«
Sie sah von Evi zu Weinzirl. »Aber doch nicht so. Er war nicht umgänglich. Aber viele hier sind nicht umgänglich. Der Schwiegervater war mit einigen zerstritten, auch mit einigen Spezln. Das waren auch welche mit kurzer Zündschnur. Die sich aber auch wieder einig waren darin, dass die Grünen weggehören, dass Habeck ein Saubeitl ist und dass Ausländer rausmüssen.« Sie stockte. »Mich hat er komischerweise ausgenommen.«
»Wie?«, fragte Evi.
»Nun, ich glaube, auf seine Art mochte er mich sogar. War froh, dass der Bua eine gefunden hat. Sie haben es ja sicher an meinem Akzent gehört. Ich bin nicht von hier, ich bin aus Slowenien, der Sebi hat lange gebraucht, den Unterschied zur Slowakei zu verstehen. Die Tschutschen mag er nämlich auch gar nicht. Slowenen gehen in seinem Weltbild, weil er verstanden hat, dass wir auch Berge haben, und ein Ahne war im Ersten Weltkrieg an der Gebirgsfront. Waren Sie schon mal in Slowenien?«, fragte Nika Mair.
Evi schüttelte den Kopf. »Ich ja«, sagte Weinzirl. »Ich war radeln, durch den Nationalpark auf der Passstraße Vršič. Der Scheitelpunkt liegt erst bei über sechzehnhundert Metern, wenn ich mich recht erinnere. Ich fand es sehr schön im Triglav-Nationalpark, auch weil die Baumgrenze weiter oben liegt, verglichen mit den Dolomiten.«
»Respekt! Für die Radtour, aber auch dafür, dass Sie ›Triglau‹ richtig ausgesprochen haben, die meisten sagen Triglaf. Ja, es ist wunderschön bei uns, all die kapriziösen Wasserfälle, die wir haben. Diese ganz spezielle Welt im Kalk. Wasser versickert, fließt unterirdisch weiter und tritt an ganz anderer Stelle übermütig wieder zutage.«
Sie klang melancholisch.
»Heimweh?«, fragte Weinzirl.
»Manchmal. Aber ich fahre mehrfach im Jahr runter. Ein wunderschönes Land. Weinberge, Gebirge, Meer auf so engem Raum – und dann ist Slowenien auch mal dissonant. Es gibt bei uns immer noch die ewig Gestrigen, die ›den Italiener‹ als Feind ansehen. Sie sollten sich das Museum Kobarid ansehen – als Antikriegsmuseum! Am Wahnwitz der Bergschlachten an der Isonzo-Front im Ersten Weltkrieg waren achtzehn Nationen, in der zwölften Schlacht im Oktober 1917 bei Kobarid waren sechshundertfünfzehntausend Soldaten beteiligt gewesen. In den Geschichtsbüchern lapidar aufgeführt als die größte Bergschlacht der Menschheit. Ist das nicht Wahnsinn? Nach neunundzwanzig Monaten hatte diese Frontlinie eins Komma zwei Millionen Tote und Verwundete gefordert, eins Komma zwei Millionen Einzelschicksale junger Männer, deren anfangs heroische Ideale gnadenlos verheizt wurden. Und es gab eben einen Verwandten von Sebi, der in Slowenien kämpfte. Er kam halb verhungert und mit Erfrierungen bei Bauern unter, die ihn versteckt haben. Drum bin ich raus aus seiner Schusslinie.« Sie lächelte wieder wehmütig. »Entschuldigen Sie.«
»Alles gut, es ist schön, eine Heimat zu haben«, sagte Weinzirl.
»Ich habe zwei. Hier und in Slowenien. Das ist natürlich mein Zuhause, mein Mann, die Kinder, auch der Schwiegervater. Wir teilen die Liebe zur Musik. Ich spiele ganz passabel Klavier. Sebi hat wirklich wahnsinnig gut Flügelhorn gespielt, er war lange auch Dirigent bei der Blasmusik. Konnte er dann wegen seiner Augen nicht mehr, aber er war da wirklich sehr angesehen.«
Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder, schoss es Weinzirl in den Kopf.
»Aber seine Freunde halten sich dennoch in Grenzen?«, hakte Evi nach.
»Ganz ehrlich, ich verstehe das hier alles immer noch nicht. Ich bin seit dreißig Jahren hier. Die ziehen her über die Nachbarn, sitzen dann mit ihnen am Biertisch zusammen, ziehen wieder über jeden her, der gerade aufgestanden ist. Ein endloser Kreislauf aus Neid und Missgunst, grad als ob das der Kit ist, der alles zusammenhält.«
Weinzirl sah sie interessiert an. Sie hatte das Dilemma am Voralpenrand besser zusammengefasst, als es ihm je gelungen wäre. »Aber wenn man mal von dieser, sagen wir mal, Grundstimmung absieht, gibt es explizite Feinde?«
»Feinde ist so ein starkes Wort. Wo er wirklich keine Freunde hat, ist bei den Meeris. Aber das ist ja zu banal.«
»Wo?«
»Kleintierzüchter.« Sie lächelte.
»Betti, die Tierärztin, sprach auch vom Kleintierzuchtverein?«
»Betti, ja. Sie ist unsere Tierärztin. Und die Kleintierzüchter sind ein gewichtiger Verein hier. Betti hat diese putzigen Hühner. Dem Schwiegervater zu klein. Er züchtet Riesenkaninchen, ich übrigens auch. Und er kann es gar nicht verknusen, wenn er nicht gewinnt. Weil seine Rammler eigentlich die besten sind. Kommen Sie«, sagte sie und ging davon. Auf das alte Bauernhaus zu, das in einem Bauerngarten lag.
Es war ein typisches Gebäude der Ostallgäuer Bauweise, in L-Form, links gab es den Stall mit einer Tennenbrücke. Weinzirl und Evi folgten etwas überrumpelt. Weinzirl musste auf ihren wogenden Po blicken, was ihm von Evi einen strafenden Blick einbrachte. Aber sie ging nun mal vor ihm, und natürlich durfte man als Mann ja nicht mal mehr hinsehen, weil man dann schon ein potenzieller Vergewaltiger war. Die Welt wurde Weinzirl zunehmend unverständlich, er war über fünfzig, und er ertappte sich dabei zu denken: Gottlob bin ich schon so alt.
Nika Mair ging um das Haus, auf der Nordseite gab es Hasenställe, die sich übereinanderstapelten, und im Garten eine Freilaufvoliere mit Häuschen, Büschen und Gras. Darin hoppelten behäbig ein paar wirklich sehr große weiße Kaninchen.
»Das sind meine«, sagte sie, Stolz in der Stimme. »Die in den Buchten gehören dem Schwiegervater.«
»Aber die haben ja gar keinen Platz!«, sagte Evi.
»Eben, das ist die alte Form der Haltung. Leider sind die Zeiten, wo Kaninchen in schrägen Verschlägen in dunklen Kammern sitzen, bei den alten Züchtern noch nicht vorbei. Meine Häsinnen haben mit den Jungen natürlich Freilauf, und mein Rammler, der Rambo, der natürlich auch. Rambi, Rambi!«
Und tatsächlich enthoppelte einem Busch ein wahrhaft riesiger Kerl mit Ohren wie Tüten. Er machte Männchen.
»Was wiegt der?«, fragte Evi überrascht.
»Acht Kilo.«
»Ganz schöner Brocken!«
»Ja, das Riesenkaninchen wurde ursprünglich in Belgien gezüchtet und Ende des 19. Jahrhunderts als ›Belgischer Riese‹ nach Deutschland eingeführt. Nachdem der Mensch jahrelang nur auf Größe und Gewicht hin gezüchtet hatte, denn es ging natürlich um möglichst viel Fleischertrag, reduzierte man später das Gewicht und die Rumpflänge und benannte die Rasse in ›Deutscher Riese‹ um. Der Körper ist jetzt groß und gestreckt, auffällig sind natürlich die Ohren mit einer Mindestlänge von fünfzehn Zentimetern.« Sie hielt Rambo Löwenzahn hin. »Er ist auf der letzten Bundesschau deutscher Meister geworden und auf der Europaschau Vizemeister. So ein tolles Tier!«
Der meisterliche Rambo nahm plötzlich Haltung an.
»Er zeigt sich«, jubelte Frauchen. »Entschuldigen Sie, aber da sehen Sie seine Qualität. So heißt es im Fachjargon, wenn so ein Kaninchen aufrecht und mit gespitzten Ohren dasitzt. Das bewerten die Richter, dazu den Körperbau, die Zähne, die Tasthaare und die Blume.«
»Blume?«
»Die Blume ist beim Rassekaninchen der Schwanz.«
»Okay«, sagte Weinzirl gedehnt. »Und der Rammler vom Schwiegervater ist nicht so gut?«
»Nein, aber er will eben unbedingt immer den Pokal, aber das ist die falsche Motivation. Es geht um die Liebe zum Tier.«
»So wie die da drinhocken, tun mir die eher leid«, sagte Evi.
»Ich lass sie raus, wenn er nicht da ist«, sagte sie lächelnd. »Sie laufen im Garten rum, sie sind ganz brav.«
»So interessant der Ausflug zu den Löfflern ja sein mag, aber hatte er denn in der Szene Feinde?«, fragte Weinzirl. Sein Eindruck, dass er in die Tiefen der Tierhaltung abtauchen müsse, verstärkte sich.
»Nun ja, es gibt Rivalitäten, aber eigentlich respektiert man schon, wenn einer oder eine tolle Tiere ausstellt. Das Schöne ist ja, dass man Menschen quer durch Deutschland und Europa kennenlernt, und es zählt nicht, ob einer Jurist ist oder Gehirnchirurg oder Bauer. Es zählt nur das Hobby.«
»Niemand in Hasenkreisen, der oder die mit ihm so richtig im Clinch lag?«
»Nein, eigentlich nicht, aber na ja …«
»Na ja was?«
»Er hatte die Meeri-Fraktion auf dem Kieker. Da gab es auch mal Zoff und böse Worte.«
»Sorry, ich kann Ihnen grad schwer folgen. Wer ist die Meeri-Fraktion?«, fragte Weinzirl.
»Meerschweinchen.« Sie lächelte. »Bei uns im Kleintierzuchtverein gibt es verschiedene Tiere und eine Meerschweinchen-Züchterin, die kann gar nicht mit dem Schwiegervater.«
»Warum?«
»Na ja, die bayerischen Haserer sind mehrheitlich gestandene Mannsbilder in gestandenem Alter, bei den Meeris dominieren die Damen. Ein ziemlicher Weiberhaufen, das nervt die Haserer schon per se«, sagte sie. »Aber dann ist Leandra auch noch Pferdeosteopathin, das allein findet Sebi …«, sie stutzte, »… fand Sebi unnötig. ›Rübe runter und ab zum Metzger‹, war sein Kommentar. Wenn der Gaul nicht läuft, taugt er nix. Na ja, sie ist so eine Art rotes Tuch für ihn. Ist vor einigen Jahren zugezogen, Preißn mag er eben auch nicht. Sie ist aber Fränkin. Na ja.« Sie zuckte mit den Schultern.
Evi sah verwirrt aus, Weinzirl fiel auch nichts Passendes ein.
»Sie holt zudem Hunde aus dem Ausland und vermittelt sie weiter. Sie kommt hier öfter vorbeigelaufen, die Hunde hören nicht so gut. Einer war mal beim Schwiegervater im Haus. Er hat ihn eingesperrt, sie hat einen Tag lang nach ihm gesucht, hat ihn dann bellen hören. Das gab einen ziemlichen Ärger, na ja, und dann hat sie ihn als Retourkutsche beim Veterinäramt angezeigt, weil er seine Kaninchen nicht richtig hält. Dann hat jemand ihre Meerschweinchen in der Nacht rausgelassen, bis auf zwei hat sie der Fuchs geholt. Sie ist überzeugt, dass er das war. Sie verstehen? Ein ziemlich unnötiger Kleinkrieg.«
Die Frage war ja nur: Würde eine Tierschutz-beseelte Frau zu solchen Mitteln greifen? Aber Menschen tickten eben immer schneller aus, man sah ihnen nur vor die Stirn.
»Wie heißt sie, und wo wohnt die Dame denn?«, fragte Evi.
»Leandra Melles-Grote.« Frau Mair nannte eine Adresse.
Weinzirl zuckte innerlich zusammen. Eine zugroaste Leandra mit einem Doppelnamen hatte sicher schon per se schlechte Karten bei einem wie Sebi.
»Frau Mair, dürften wir ins Haus Ihres Schwiegervaters sehen?«
»Keine Ahnung, ist das so Usus?«
»Sie können das ablehnen, aber uns würde es womöglich helfen«, sagte Evi sanft.
»Ja dann, ich sehe mal nach meinem Mann, ja?«
»Natürlich.«
Sie ging wortlos davon.
Weinzirl drückte die Klinke hinunter, die Tür war unversperrt. Sie betraten den kühlen Gang eines alten Bauernhauses, wo die Wände vollgepflastert waren mit präparierten Tieren. Ein Fuchs, ein Eichelhäher, ein Marder, eine Ente. Es gab mehrere Schützenscheiben und ein paar gerahmte Fotos der Blaskapelle an diesen Wänden, die ihn als Dirigenten in jüngeren Jahren zeigten. Er war in jedem Fall mal ein stattlicher und attraktiver Mann gewesen.