Mord im Seebad - Tilman Janus - E-Book

Mord im Seebad E-Book

Tilman Janus

4,9

Beschreibung

Ein Toter wird an der Ostsee aus dem Wasser gezogen, doch der Mord ist nur ein Hinweis auf weitere, geheimnisvolle kriminelle Machenschaften. Der Kommissar wirkt hilflos. Auch der gut aussehende Staatsanwalt findet keinen Anhaltspunkt und bittet seinen Lover, den Grafen Lorenz von Langenfeldt, für ihn auf seine ganz spezielle Weise zu ermitteln. Jannes, der frisch eingestellte Sekretär auf Schloss Langenfeldt, erlebt hautnah, wie gefährlich das Leben an der Seite des attraktiven und mutigen Grafen ist - und wie außerordentlich lustvoll! Jannes tut alles für seinen Boss! Und der nimmt Jannes' Hilfe gerne an - aber wird er jemals dessen Liebe erwidern?

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1

Es gibt nichts Schöneres am Morgen, als einen warmen, schlaftrunkenen Männerschwanz in der Hand zu spüren. Ich fühlte voller Lust das langsame Räkeln und Recken, das allmähliche Wachsen und Härterwerden. Gleich würde er steif sein, gleich könnte ich diese feste Kuppe an meinen immer hungrigen Eingang drücken und langsam in mein Innerstes hineingleiten lassen.

»Och nö!«, hörte ich da Tobias’ ungnädige Stimme. »Ich will wirklich noch schlafen!« Er zog mir sein geiles Teil aus den Fingern und drehte mir brüsk den Rücken zu.

Es war nicht das erste Mal, dass ich mir Gedanken um unsere Beziehung machte, doch an diesem Montag im Juli erschien es mir besonders dringlich, den Partner zu wechseln.

In stummer Wut und Trauer schlüpfte ich aus dem Doppelbett und ging ins Badezimmer. Unter der Dusche überfiel mich der ganze Jammer meines Lebens. Nicht einmal zum Wichsen hatte ich Lust. Alles war total verfahren. Das Dumme war, dass ich mich von Tobias abhängig gemacht hatte. Ich war arbeitslos, hatte keine eigene Wohnung mehr und auch nach mehr als hundert Bewerbungen keine Aussicht auf einen Job. Wie sollte ich mich da von ihm trennen?

Tobias war vierzig, elf Jahre älter als ich. Er arbeitete als Barmann in einer edlen Berliner Schwulenbar. Ich konnte verstehen, dass er lange schlafen wollte nach seinem anstrengenden Job, aber zwischendurch hätte er mich doch mal kurz ficken können! Die Wahrheit lag wohl eher darin, dass er gar nicht besonders scharf war auf Sex, im Gegensatz zu mir. Ich konnte nicht genug davon bekommen! Doch Tobias hielt mich an der kurzen Leine.

Ich frottierte mich ab und schaute dabei in den bodentiefen Badezimmerspiegel. Ich sah wirklich nicht schlecht aus. Mittelblondes, glattes Haar, das immer etwas lässig und unfrisiert wirkte, aber trotzdem gut saß, blaue Augen, ein hübsches Gesicht mit vollen Lippen, relativ breite Schultern, ein sportlicher, schlanker Körper, 1,79 groß, eine schön modellierte, haarfreie Brust, ein klassischer, großer Schwanz und feste, stramm verpackte Eier – damit konnte ich zufrieden sein. Außerdem bildete ich mir ein, ein höflicher, freundlicher und humorvoller Mensch zu sein. Die Welt hätte mir offen stehen können, wenn nicht … Ich seufzte, während ich mich anzog.

In Tobias’ Wohnzimmer hatte ich mir einen kleinen Tisch als Schreibplatz eingerichtet. Auf einer Seite stapelten sich die Absagen auf meine Bewerbungen, auf der anderen Seite die noch unbeantworteten Fälle. Beruflich hatte ich nicht sehr viel vorzuweisen: ein abgebrochenes Mathematik-Studium, eine mit Ach und Krach bestandene Ausbildung in Buchhaltung und einen unrühmlich beendeten Job im Büro einer großen Immobilienverwaltung. Danach kam ein schwarzes Loch in meiner Biografie, und dieses Loch war schuld daran, dass ich keine Arbeit fand. Ich schrieb es immer gleich rein in meinen Lebenslauf, dass ich zwei Jahre hinter Gittern verbracht hatte, sie würden es ja doch herausbekommen, und ein Verschweigen war noch schlimmer. Betrug und Untreue hatte das Urteil gelautet. Ich will mich nicht reinwaschen, wenn ich sage, dass mein Abteilungsleiter mich dazu angestiftet hatte, um selbst an das Geld der Firma zu kommen. Ich hätte mich eben nicht hineinziehen lassen dürfen, das war mein Hauptfehler gewesen. Das Geld hatte auch mich zu sehr gelockt. Nun war es zu spät zum Jammern. Wegen guter Führung war ich vorzeitig entlassen worden, aber die Vorstrafe blieb und verdarb mir meine ganze Zukunft.

Verständlich, dass ich vor einem halben Jahr froh gewesen war, bei Tobias unterzukommen. Er hatte eigentlich nur eine Putzkraft gesucht. Tobias sah recht attraktiv aus, und dass er elf Jahre älter war, störte mich nicht. Schon nach ein paar Tagen waren wir zusammen im Bett gelandet. Leider nicht sehr häufig in all den Monaten! Und nun wollte ich weg, unabhängig sein, selbst richtiges Geld verdienen. Und einen richtigen Freund haben! Wie unendlich schwierig das war!

Ohne große Hoffnungen holte ich, wie jeden Tag, unsere Post aus dem Briefkasten im Hausflur. Wir wohnten im dritten Stock eines abgebröckelten Altbaus in Berlin-Schöneberg, nichts Besonderes, aber besser als gar kein Dach über dem Kopf.

Ein Brief fiel mir sofort auf, weil der Umschlag aus einem sehr edlen Papier bestand. Er war an mich adressiert. Ich öffnete ihn zuerst.

Im Betreff stand die Chiffre-Nummer eines Stellenangebotes, auf das ich mich erst vor vier Tagen beworben hatte. Ich habe ein phänomenales Gedächtnis für Zahlen, deshalb wusste ich sofort, um welche Stelle es sich handelte: Sekretär und Buchhalter in Rostock, Mecklenburg. Im Absender stand: Lorenz Alexander Graf von Langenfeldt. Beeindruckend! Unterschrieben war der Brief von einem Herrn Manfred Krause. Weniger beeindruckend. Egal! Ich sollte mich dort vorstellen, so bald wie möglich.

Ich hängte mich ans Telefon und rief Herrn Krause an. Er meldete sich sofort. Seine Stimme klang alt und krächzig, aber nun, ich wollte ihn ja nicht heiraten, sondern nur den Job! Wir vereinbarten ein Vorstellungsgespräch um drei Uhr.

Nun kam Leben in mein Leben! Ich zog mich um – Anzug, Krawatte, geputzte Lederhalbschuhe – und setzte mich in meinen uralten Fiat. Tobias hatte ich einen Zettel hingelegt, dass ich nach Rostock müsste, denn er schlief immer noch. Ich bin ein Frühmensch, ich liebe den Morgen, die ersten Sonnenstrahlen, die ersten hoffnungsvollen Vogelstimmen. Tobias dagegen war eher eine Nachtschwalbe.

Die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel herab. Während ich von Berlin über die Autobahn nach Norden fuhr, begann ich im Auto zu singen. Ich wusste nicht, warum, aber ich hatte ein gutes Gefühl.

2

Gut Langenfeldt« stand auf einem weißen Blechschild am Rand der Landstraße. Genau da wollte ich hin! Ich bog in die schmale Fahrstraße ein. Sie führte etwa drei Kilometer weit durch kleine Laubwälder und frische, leicht hüglige Wiesen. Ich hatte an der Ausfahrt Rostock-Ost die Autobahn verlassen und war der Hanseroute Richtung Ribnitz-Damgarten gefolgt. Nur noch die Rostocker Heide trennte mich vom Ostseestrand. Ein schönes Fleckchen Erde, besonders, wenn man aus dem heißen, stickigen Berlin kam.

Dann tauchte das Gutshaus auf. Die Bezeichnung war stark untertrieben. Es handelte sich eher um ein Schloss. Das schneeweiße, zweistöckige Gebäude wirkte streng und symmetrisch. Zwischen zwei etwas vorspringenden Ecktürmen erstreckte sich eine glatte Fassade, die nur durch einen Quersims geschmückt wurde, der zwischen Parterre und erstem Stock verlief. Hinter den Ecktürmen schlossen sich rechtwinklig angesetzte, weitläufige Seitenflügel an. Alle Fenster trugen oben einen Rundbogen, das verlieh dem Bauwerk etwas Leichtes, Südländisches und gleichzeitig Klassisches. Die Fenster der ersten Etage waren kleiner ausgeführt als die vom Erdgeschoss, und die der zweiten Etage noch etwas kleiner, was dem ganzen Gebäude ein witziges I-Tüpfelchen aufsetzte. Die schlichten Walmdächer waren frisch mit roten Ziegeln gedeckt. Rings um das Schlösschen erstreckte sich ein unglaublich gepflegter, parkartiger Garten. Spitze Wacholder und zu Kugeln oder Säulen geschnittene Buchsbäume strahlten eine Stimmung aus, die ans Mittelmeer erinnerte. Seitlich umrahmten üppig blühende Hortensien- und Schneeballbüsche den kurz geschnittenen Rasen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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