Mord macht keinen Weihnachtsurlaub - Christian Humberg - E-Book

Mord macht keinen Weihnachtsurlaub E-Book

Christian Humberg

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Beschreibung

Tödlicher die Glocken nie klingen ...

Ein Urlaub in der Weihnachtszeit? Eigentlich kann Chief Inspector Timothy Smart sich kaum etwas Schlimmeres vorstellen. Doch als seine geliebte Gattin Mildred beim Radio einen Aufenthalt in einem Wellnesshotel im Lake District gewinnt, kann er ihr den Wunsch nicht abschlagen. Im Hotel erwartet sie Trubel statt Feiertagsruhe, denn dort findet gerade ein Treffen von Hörspielfans statt. Und damit nicht genug: Der Autor ebendieser Hörspiele liegt bald nach Beginn der Convention tot in seiner Suite. Als die örtliche Polizei den ebenfalls anwesenden Robin Chandler der Tat verdächtigt, bleibt Smart nichts anderes übrig, als selbst zu ermitteln, um die Unschuld seines Freundes zu beweisen ...

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Inhalt

Cover

Über das Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Zitate

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Über das Buch

Tödlicher die Glocken nie klingen … Ein Urlaub in der Weihnachtszeit? Eigentlich kann Chief Inspector Timothy Smart sich kaum etwas Schlimmeres vorstellen. Doch als seine geliebte Gattin Mildred beim Radio einen Aufenthalt in einem Wellnesshotel im Lake District gewinnt, kann er ihr den Wunsch nicht abschlagen. Im Hotel erwartet sie Trubel statt Feiertagsruhe, denn dort findet gerade ein Treffen von Hörspielfans statt. Und damit nicht genug: Der Autor ebendieser Hörspiele liegt bald nach Beginn der Convention tot in seiner Suite. Als die örtliche Polizei den ebenfalls anwesenden Robin Chandler der Tat verdächtigt, bleibt Smart nichts anderes übrig, als selbst zu ermitteln, um die Unschuld seines Freundes zu beweisen …

Über den Autor

Christian Humberg verfasst Romane, Comics, Theaterstücke und Sachbücher für Kinder und Erwachsene. Er schrieb unter anderem bereits für Star Trek und Perry Rhodan Neo, und seine Werke wurden in mehr als ein halbes Dutzend Sprachen übersetzt und vielfach für die Bühne adaptiert. Seine Kolumnen und Artikel erscheinen bundesweit in der Presse. Christian Humberg ist häufig auf Conventions zu finden. Noch häufiger zu finden ist er vor seinem PC-Monitor, der ihm die Sicht auf den Mainzer Dom versperrt. Anlässlich der Frankfurter Buchmesse erhielt er 2015 den Deutschen Phantastik-Preis.

Weitere Titel des Autors:

Mord kennt keine Feiertage

Clara-Clüver-Reihe

Mörderische Brise

Trügerische Ufer

CHRISTIAN HUMBERG

Mordmacht keinenWeihnachts-urlaub

EIN WEIHNACHTSKRIMI

Vollständige E-Book-Ausgabedes in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Für die OriginalausgabeDieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Copyright © 2024 by Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6–20, 51063 Köln

Vervielfältigungen dieses Werkes für das Text- und Data-Mining bleiben vorbehalten. Textredaktion: Dorothee Cabras, Grevenbroich Umschlaggestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de Einband-/Umschlagmotiv: © shutterstock: Rustic | kamomeen | topvector E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-7517-6120-8

Sie finden uns im Internet unter luebbe.de Bitte beachten Sie auch: lesejury.de

Der Winter ist die Zeit fürs Angenehme, für gutes Essen und Wärme, für die Berührung einer freundlichen Hand und das Gespräch am Kamin. Es ist die Zeit fürs Zuhause.

Stella Gibbons, Autorin

Mord macht keinen Urlaub, Mr Chandler. Auch nicht an Weihnachten.

Timothy Smart, Chief Inspector

Prolog

Die Suite lag im Obergeschoss des Hotels, keine fünf Schritte vom Durchgang zur Dachterrasse entfernt. Das Licht des großen Weihnachtsbaumes, der auf der Terrasse errichtet worden war, erhellte den Hausflur. Ein eisig-scharfer Wind ließ den Baum leicht schwanken und pfiff durch gefühlt sämtliche Mauerritzen des Gebäudes. Es klang unheimlich.

Timothy Smart schenkte den Geräuschen kaum Beachtung. Fragend sah er zu dem Mann, der ihn zu nachtschlafender Zeit herbestellt hatte. »Mr Middleditch, was ist los? Wie kann ich helfen?«

Simon Middleditch – faltig, groß und noch schlechter gelaunt als sonst – streckte die Hand nach der Tür der Suite aus und stieß sanft dagegen. Sie glitt sofort auf.

»Hierbei, Chief Inspector Smart«, sagte er grimmig. »Das ist doch Ihr Metier, oder etwa nicht?«

Im ersten Moment sah Smart nicht, was der Hotelbesitzer meinte. Erst als er die Lider enger zusammenkniff, erkannte er die Umrisse im Dunkel jenseits der Türschwelle. Umrisse eines reglosen – und aller Wahrscheinlichkeit nach leblosen – Menschen.

»Ist das …?« Smart keuchte. »Mr Wellington-Smythe?«

»Wir haben nur eine Suite, Inspector«, antwortete Middleditch. Es klang beinahe tadelnd. »Wem sonst sollten wir sie gegeben haben?«

Smart trat in die Suite. Seit Jahrzehnten stand er nun schon im Dienste von Scotland Yard und hatte mehr als genug Tatorte gesehen. Deshalb wusste er auch sehr genau, welch ganz besondere, entsetzliche Atmosphäre ihnen anhaftete. Es mochte Einbildung sein, aber seiner Erfahrung nach fühlten sich Orte, an denen Menschen ermordet wurden, anders an als alle anderen. Man merkte es sofort, wenn man dort ankam. Eine Art Decke schien über solchen Orten zu liegen, die jedes Licht, jede Freude und jeden Ton verschluckte.

Die Hotelsuite von Michael Wellington-Smythe stellte da keine Ausnahme dar.

Durch einen ebenso kleinen wie offenen Vorraum, in dem sich die Garderobe und ein Einbauschrank befanden, erreichte man das Hauptzimmer. Es bestand aus einer großen Sitzecke mit Polstermöbeln, Couchtisch und Flachbildschirm, einem kleinen Sekretär nebst Stuhl und dem durch zwei nach oben führenden Stufen erreichbaren Bett. Wellington-Smythe lag in Letzterem.

Der Autor hatte die Augen weit geöffnet, und sein Blick ging ins Leere. Blankes Erstaunen stand auf seinen leichenblassen Zügen. Sein dünner Bart war ungestutzt und sein spärliches graues Haar vom Kopfkissen zerzaust. Der schlanke Leib steckte in einem dunkelblauen Pyjama, dessen Oberteil auf Brusthöhe von einem äußerst unschönen Fleck verunziert wurde – Blut, ganz ohne Zweifel. Weiteres Blut hatte sich auf der Matratze gesammelt, wo es einen rechten See um den Toten bildete.

»Ich habe ihn so gefunden, Inspector«, sagte Middleditch. »Vor vielleicht fünfzehn Minuten. Ich sollte ihm einen Nachttrunk bringen, so hatte er es bei seiner Ankunft bestellt. Jede Nacht einen kleinen Nachttrunk. Und als ich geklopft, aufgeschlossen und die Suite betreten habe … Nun, da lag er. Ich habe selbstverständlich nichts angefasst, falls das wichtig ist.«

Smart hörte nur mit halbem Ohr hin, konnte den Blick kaum von dem Toten nehmen. Vor Kurzem erst hatten er und Wellington-Smythe zusammengesessen und geredet, unten an der Hotelbar. Und jetzt?

»Hören Sie mir zu?«, fragte Middleditch lauter. Er stand noch immer im offenen Türrahmen, so als wagte er nicht, das Zimmer ein zweites Mal zu betreten. »Ich habe nichts angefasst. Das soll man doch nicht, oder? Um keine Spuren zu verwischen, falls es ein Mord war?«

Oh, dachte der Chief Inspector. Sein Blick haftete an dem Fleck auf Wellington-Smythes Pyjama. Das ist es. Und ob es das ist.

Sofort kamen ihm Namen in den Sinn, Gesichter. Er konnte sie gar nicht aufhalten. Als geschulter Ermittler achtete er auf alle Details und suchte automatisch nach versteckten Verbindungen, nach Hinweisen und Antworten. Irgendjemand hatte Michael Wellington-Smythe auf dem Gewissen. Irgendjemand war hier oben in der Suite gewesen, vor noch gar nicht langer Zeit, und hatte gewaltsam ein Leben beendet – ausgerechnet an Weihnachten.

Dafür musste es einen triftigen Grund geben. Wenn er es schaffte, diesen Grund herauszufinden, dann konnte er vielleicht auch den Täter identifizieren. Wie üblich.

Und die Zahl der möglichen Kandidaten ist nicht gerade klein, seufzte er innerlich.

Dann riss er sich zusammen und drehte sich um. »Sie haben völlig richtig gehandelt, Mr Middleditch. Hier liegt höchstwahrscheinlich ein Verbrechen vor, und das muss aufgeklärt werden.«

Middleditchs grimmige Miene verfinsterte sich noch mehr. »Verbrechen, eh? Dachte ich es mir doch. Ausgerechnet bei uns im Haus … Sind Sie sich wirklich sicher, dass es kein Unfall war? Oder, Sie wissen schon …«

Der Chief Inspector ging ächzend in die Hocke, was bei seiner Statur mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden war, und spähte unter das Bett des Verstorbenen. »Wären Sie so gut, das Deckenlicht einzuschalten, Mr Middleditch? Ich glaube, der Schalter befindet sich direkt neben Ihnen.«

Einen halben Herzschlag später wurde es hell in der Suite, und Smart konnte noch deutlicher erkennen, was sich unter und auch neben dem Bett befand: nichts. Nur die Hausschuhe des Toten.

Ächzend stand er wieder auf. »Wie ich es mir dachte. Wäre das hier ein Unfall oder ein Suizid, müssten wir den Verursacher dieser Wunde in der Nähe des Verstorbenen finden. Irgendeinen Gegenstand, der Wellington-Smythe diese grässliche Verletzung zugefügt haben könnte. Doch alles, was ich in der Nähe des Bettes sehe, sind seine Filzpantoffeln, die auf dem Nachttisch abgelegte Lesebrille und der unangetastete Hot Toddy, den zweifellos Sie ihm gebracht haben. All das können wir als Todesursache wohl ausschließen.«

Der Hotelbesitzer schwieg bestätigend und strich sich mit zwei Fingern über den buschigen Schnauzbart. Es wirkte frustriert.

»Es bleibt also nur eine Schlussfolgerung übrig«, fuhr Smart fort. Trotz des Mitleids, das er für den Toten empfand, blieb er sachlich und logisch. Anders kam man in derartigen Situationen nicht weiter. »Mr Wellington-Smythe wurde von oder mit einem Gegenstand getötet, der sich nicht länger im Umfeld des Bettes befindet. Und von allein wird sich dieses Objekt sehr wahrscheinlich nicht entfernt haben. Jemand hat es mitgenommen – nach vollbrachter Tat, wie ich vermuten möchte. Womit wir tatsächlich bei Mord wären, Sir. Dieser Mann wurde ermordet.«

»Mhm«, brummte der Hotelier. Dabei sah er zu Boden, als suchte er Staubflusen auf dem Teppich.

»Sie haben richtig gehandelt, als Sie mich riefen«, sagte Smart erneut. »Und es war gut, dass Sie den Toten nicht berührt haben. Jede Information, die die Behörden hier im Raum finden können, mag sich später als relevant erweisen. Und es wäre äußerst bedauerlich, wenn Sie die Fuß- oder anderen Spuren des Täters mit Ihren eigenen ›überschrieben‹ hätten.«

»Ja, ja«, murmelte Middleditch. »Weiß ich doch. Aus dem Fernsehen.«

Smart nickte. Kriminalfilme hatten auch ihr Gutes, das wusste er. Zumindest zeigten sie der Öffentlichkeit, was man nicht tun sollte.

Er griff in die Tasche seines Morgenmantels und entnahm ihr zwei Plastikhandschuhe. Man hatte ihn aus süßen Träumen gerissen und dabei so dringend geklungen, dass Smart sich erst gar nicht mit Ankleiden aufgehalten hatte. Doch ein erfahrener Ermittler hatte stets Handschuhe griffbereit, auch mitten in der Nacht.

»Wir tun jetzt Folgendes«, sagte er, während er sich die Handschuhe überzog. »Ich sehe mir den Leichnam genauer an und auch das Zimmer als solches. Sie gehen bitte runter zur Rezeption und alarmieren die örtliche Polizeiwache. Ich meine mich zu erinnern, bei unserer Ankunft eine Dienststelle unten im Dorf gesehen zu haben.«

»Shepard«, sagte Middleditch nickend. »Barton Shepard. Das ist der Constable bei uns. Um die Zeit ist der aber sicher nicht im Büro, sondern zu Hause.«

Smart blieb unbeirrt. »Sie werden ihn schon ausfindig machen, mein Lieber. Und wenn Sie ihn erreichen, lassen Sie ihn bitte wissen, was vorgefallen ist. Sagen Sie ihm, er müsse schnellstmöglich kommen. Und sagen Sie ihm auch, dass ich bereits vor Ort bin und ihm zuarbeite, so gut ich nur kann. Einverstanden?«

Middleditch nickte nur und verschwand in Richtung Treppenhaus, aus dem Smart eben erst gekommen war. Der Chief Inspector sah ihm nach, dann widmete er sich wieder dem Toten.

Die ersten Momente in einer Mordermittlung konnten die wichtigsten sein, das war ihm klar. Es gab keine zweite Chance für einen ersten Eindruck, und ein geschulter Detektiv nahm oft Details wahr, die anderen Menschen entgehen mochten. Details, die nicht länger deutlich erkennbar sein konnten, wenn erst unzählige Polizeibeamte, Sanitäter, Angehörige und andere Personen an einem Leichnam vorbeispaziert waren. Die ersten Augenblicke entschieden mitunter über Erfolg und Misserfolg der gesamten Ermittlung.

Also konzentrierte er sich. »Was ist hier passiert?«, murmelte er und näherte sich abermals dem Bett. »Was können Sie mir sagen?«

Wellington-Smythe tat ihm leid. Er hatte den Mann kaum gekannt, das schon. Aber er war ihm irgendwie sympathisch gewesen. Er hatte Besseres verdient, als allein in einem Hotelzimmer zu sterben, noch dazu gewaltsam.

»Sie haben gar nicht hier sein wollen, oder?«, murmelte Smart weiter, als könnte der Tote es hören. »Das alles war nicht Ihr Fall. Und doch …«

Das Leben konnte entsetzlich unfair sein. Auch das wusste kaum jemand besser als ein Chief Inspector von Scotland Yard. Gerechtigkeit gab es vielleicht vor den Gerichten, aber sie war ganz sicher nicht draußen in freier Wildbahn garantiert. Da blieb alles möglich, ob man es nun wahrhaben wollte oder nicht.

Einmal mehr kamen ihm die vielen Namen und Gesichter in den Sinn. Sein Unterbewusstsein schien sofort loslegen und ermitteln zu wollen, es war der reinste Reflex. Smart sah Menschen aus dem Hotel – Menschen, die er am Frühstücksbüffet oder auf den Hausfluren bemerkt und automatisch abgespeichert hatte – und fragte sich, ob sie als Verdächtige infrage kamen oder nicht. Bei erschreckend vielen von ihnen war ihm, als täten sie es. Zumindest auf den ersten Blick.

So darf ich nicht denken, tadelte er sich. Ich muss konzentriert bleiben. Die Fakten sichten und von dort aus logisch weiterdenken, nicht wild ins Blaue hinein.

Also, her mit den Fakten. Schweigend beugte Smart sich zu dem Toten herunter. Tatsächlich: Wellington-Smythe sah absolut überrascht aus. Was immer ihm widerfahren sein mochte, hatte ihn kalt erwischt. Er hatte nicht damit gerechnet.

Vorsichtig führte Smart die behandschuhten Finger zum Arm des Toten, betastete das Handgelenk, dann die Schläfe. Kein Puls, natürlich nicht. Aber kalt war die Leiche ebenfalls noch nicht. Der letzte Atemzug des Mannes lag noch nicht lange zurück.

Sofort ging Smarts Blick zum Wecker auf dem Nachttisch. Das Ziffernblatt verriet ihm die Zeit: gleich halb zwei. Arg spät für einen Umtrunk, oder? Wie dem auch sei: Der oder die Täter waren erst vor Kurzem hier gewesen, um ihr Werk zu vollbringen. Ob sie sich noch im Haus befanden? Davon blieb Smart überzeugt, auch wenn es nicht garantiert war. Ob sie noch weitere Taten planten?

Nein, auch so durfte er nicht denken.

Konzentriere dich auf das, was vor deiner Nase ist, ermahnte er sich. Auf nichts anderes. Fakten zählen, keine Vielleichts. Lass dich nicht von Vielleichts ablenken.

Das stimmte natürlich. Dennoch konnte er nicht anders. Während er die Leiche weiter untersuchte – ganz vorsichtig und gekonnt –, wanderten seine Gedanken immer wieder zum Rest des Hotels weiter.

Wie viele Menschen hier wohl gerade untergebracht waren? Smart vermochte es nicht zu sagen. In der kurzen Spanne seiner Anwesenheit hatte er bereits einige von ihnen gesehen, doch eine Zahl konnte er weder nennen noch schätzen. Hundert? Zweihundert? Auch das Personal durfte er nicht vergessen, immerhin lag neben dem Hauptgebäude des Ravenhurst Resorts ein eigener kleiner Wohntrakt für die Angestellten.

»Und dann ist da noch das Dorf mit dem Bahnhof, der schmucken Kirche und Constable Shepards Polizeiwache«, murmelte er. »Little Puddington, nur einen Katzensprung weit entfernt.«

Wie viele Menschen mochten in dem Ort leben? Bestimmt mehr als im Hotel. Und jeder von ihnen war ebenfalls eine Möglichkeit. Grundgütiger, wo sollte man da anfangen?

Du lässt dich schon wieder ablenken, tadelte er sich. Bleib bei der Sache. Lies den Raum. Finde die richtigen Spuren, und du brauchst nie wieder über Leute nachzudenken, die es nicht getan haben. Weil dann auf der Hand liegen wird, wer es stattdessen war.

Zu Hause beim Yard sagte man ihm ein nicht unerhebliches Talent nach. Es gab sogar Kollegen, die ihn – nicht nur hinter vorgehaltener Hand, sondern ganz offen und direkt – als »besten Mann der Behörde« bezeichneten. Und tatsächlich war seine lange Karriere stets von Erfolgen geprägt gewesen. Selbst Fälle, an denen sich gewiefte Experten die Zähne ausbissen, hatte Timothy Smart aufklären können – gerade weil er hoch konzentriert arbeitete und Dinge sah, die andere Menschen übersahen. Und doch … Jeder neue Fall war eine neue Chance zu scheitern. Erst recht an einem Wochenende wie diesem, wo er eigentlich im Urlaub war – noch dazu im Weihnachtsurlaub.

Was Mildred wohl gerade machte? Seine geliebte Gattin schlief sicher noch, wenige Etagen tiefer. Sie hatte ihn in den Ausflug in das Wellnesshotel im Lake District hineingeredet. Und jetzt? Jetzt dankte er es ihr, indem er Hals über Kopf in den nächsten Fall hineinpurzelte. Das hatte die Ärmste nicht verdient. Aber auch Michael Wellington-Smythe verdiente es nicht, im eigenen Zimmer erstochen zu werden. Falls das da in seiner Brust denn eine Stichwunde war, wovon Smart ausging.

Es dauerte keine zwanzig Minuten, da hörte der Inspector Schritte draußen im Hausflur. Smart hatte seine erste, grobe Sichtung des Zimmers gerade abgeschlossen und wollte zu einer zweiten und gründlicheren ansetzen, als Simon Middleditch erneut im Türrahmen erschien. Begleitet wurde der Hotelbesitzer von einem jüngeren Mann von vielleicht fünfzig Jahren, der dunkle Locken hatte und einen dichten Vollbart. Beides setzte merklich Grau an. Außerdem trug er Uniform.

»Da wären wir, Barton«, sagte Middleditch grimmig. »Das ist die Suite … und das ist einer unserer Hausgäste. Der Mann aus London, von dem ich dir erzählt habe.«

»Chief Inspector Timothy Smart«, stellte Smart sich vor. Dabei zog er sich einen Handschuh aus und kam dem Uniformierten mit ausgestreckter Rechten entgegen. »Scotland Yard. Ich war zufällig im Gebäude, und Mr Middleditch rief mich kurzerhand hinzu. Wenn Sie mich fragen, suchen wir einen einzelnen Täter. Er dürfte etwa …«

Der Lockenkopf – wie hatte Middleditch ihn vorhin genannt? Shepard? – lachte nur und winkte ab. »Wir suchen überhaupt niemanden, Mr Smart. Wenn überhaupt, dann täte ich das. Und ich kann Ihnen versichern: Dazu besteht keinerlei Notwendigkeit. Ich habe den Schuldigen nämlich soeben persönlich festgenommen – quasi postwendend. Der Fall ist gelöst.«

Smart runzelte perplex die Stirn. »Äh …«

»Doch, doch«, sagte sein Gegenüber gelassen. »Sie können getrost wieder ins Bett gehen, Sir. Der Mord an Michael Wilmington-Smythe ist nichts, was meiner Wache Rätsel aufgeben würde.«

»Wellington.«

Shepard blinzelte. »Wie bitte?«

»Wellington-Smythe. Nicht Wilmington.«

»Ah, ja. Genau.« Shepards Zögern verschwand so schnell, wie es gekommen war. Zurück blieb grenzenlos anmutendes Selbstbewusstsein. »Das Rätsel ist kein Rätsel mehr und war es vermutlich auch nie. So gesehen danke ich Ihnen für Ihren Einsatzwillen, Chief Inspector, aber wie Sie sehen: Er war voll und ganz unnötig. Schlafen Sie gut, und genießen Sie Ihren Aufenthalt.«

»Das … das werde ich. Danke.« Perplex zog Smart auch den anderen Handschuh aus. Mit einem derart abrupten Ausgang hatte er nicht gerechnet. Natürlich oblag es der örtlichen Polizei, den Mord aufzuklären, nicht ihm. Und ebenso natürlich mochte das, was Shepard da sagte, vollkommen zutreffen. Es gab keinerlei Grund, an den Worten des Beamten zu zweifeln. Mehr noch: Es stand Smart gar nicht zu.

Dennoch blieb er stehen, kaum dass er die Suite des toten Autors verlassen hatte, und sah ein letztes Mal zurück zu Barton Shepard und Simon Middleditch. Und zu dem Toten auf dem Bett.

»Verzeihen Sie, meine Herren«, sagte er dann. »Aber die Neugierde ist leider ein Teil meines Berufs, die kann ich schlicht nicht abstellen. Wen genau haben Sie denn verhaftet? Jemanden hier aus dem Hotel?«

Shepard, der gerade zu Wellington-Smythe hatte gehen wollen, hielt inne und nickte. »Exakt, Smart. Einen Mann aus dem ersten Stock, Weihnachtsurlauber wie Sie. Der Name tut nichts zur Sache, der dürfte Ihnen so wenig sagen wie mir: Robin Chandler.«

Smart ließ vor lauter Verblüffung die Plastikhandschuhe fallen. Dann erst merkte er, dass sein Mund weit offen stand.

Kapitel 1

Drei Tage zuvor

Gefahren gehörten zum beruflichen Alltag eines Ermittlers, so einfach war das. Wer Verbrecher jagte, der riskierte seine Gesundheit, mitunter sogar sein Leben – insbesondere, wenn es sich bei diesen Verbrechern um skrupellose Mörder handelte. Jeder bei Scotland Yard wusste das.

Dennoch kam sich Timothy Smart vor wie im falschen Film, als der unerbittliche Fahrtwind an ihm zerrte. Wollte der ihn etwa in die Tiefe reißen?

Bloß nicht nach unten schauen, sagte sich der Chief Inspector wieder und wieder, gedankliches Mantra und Rettungsseil. Auf gar keinen Fall. Andernfalls … nun ja, andernfalls fällst du!

Es war der letzte Tag vor den Weihnachtsferien. Smart hatte die Woche damit verbracht, einen Mord in der Nähe von Birmingham zu untersuchen. Tagelang hatte er Nachbarn und Angehörige befragt, Spuren im Haus des Opfers gesichtet und Theorien über den Tathergang aufgestellt, die er allesamt wieder hatte verwerfen müssen, als neue Fakten ans Tageslicht getreten waren.

Erst in der vorherigen Nacht, während er schlaflos im Hotelbett gelegen und Löcher an die Decke gestarrt hatte, war ihm der entscheidende Einfall gekommen. Seitdem sah er den Mord und all seine Rätsel so klar vor sich, als schwömmen sie in einer Schüssel Festtagssuppe. Seitdem wusste er, was passiert war.

Genau deswegen hing er nun außen an einem fahrenden Zug …

Wobei: »Hing« traf es nicht ganz. Noch stand er, wenn auch nur auf einem Trittbrett, das schmaler war als seine rechte Schuhsohle. Und er klammerte sich – mit aller Kraft, die noch in seinen zitternden Fingern steckte – an das Einzige weit und breit, was ihm einen Hauch von Halt versprach: die Türklinke.

Die dazugehörige Tür befand sich am hinteren Ende des Midland-Express. Der Schnellzug hatte den Bahnhof von Birmingham vor einer Weile in nördliche Richtung verlassen, Sheffield war sein finales Ziel. Das Trittbrett lag außen vor besagter Tür, und diese war von innen verschlossen worden. Smart konnte sie nicht öffnen. Er saß fest, allein mit dem eisigen Wind, den ratternden Rädern und der Angst vor dem Absturz.

Wie schnell der Midland-Express wohl fuhr? Der Chief Inspector vermochte es nicht zu sagen. Ein Blick zur Seite, zu den in rasendem Tempo vorbeizischenden Häusern, Weiden und Wiesen hätte ihm vielleicht bei einer Einschätzung geholfen, aber Smart wagte es nicht, den Kopf zu drehen. Bloß keine unnötigen Bewegungen riskieren. Jede falsche konnte ja schließlich seine letzte werden.

Vielleicht hundert Stundenkilometer? Nein, das mussten mehr sein. Ganz bestimmt. Ein Gefährt mit dem Wort »Express« im Namen ließ sich in Sachen Tempo gewiss nicht lumpen. Vor allem nicht da.

Also hundertfünfzig, seufzte Smart innerlich. Mindestens. Erst recht in den Kurven.

Die waren das Schlimmste. Wann immer die Schienentrasse eine Biegung machte, war es Smart, als mutierte der gen Norden bretternde Zug zu einem ungezähmten Wildpferd, das versuchte, ihn abzuwerfen. Und je länger er hier stand und fror, desto kräftiger schien der elende Gaul zu werden. Seit mehreren Minuten – die sich allesamt wie Ewigkeiten anfühlten – hielt Smart nun schon auf seiner bedauernswerten Position aus, klammerte sich an der eiskalten Türklinke fest und hoffte auf ein Wunder, und bei jeder neuen Kurve sank die Hoffnung erschreckend schnell.

Der Chief Inspector war nicht feige, war es nie gewesen. Ihm war klar, dass sein Beruf gewisse Risiken barg, die man nicht unterschätzen durfte. Doch in all den Jahrzehnten, die er nun schon im Dienste des Yard stand, hatte er sich als Mann des Geistes er- und vor allem bewiesen. Als jemand, der Fälle mit Grips, Beobachtungsgabe und Menschenkenntnis löste – nicht mit waghalsigen Stunts und Todesverachtung. Was in aller Welt machte ausgerechnet er an der Außenseite des Midland-Express? Bei hundertfünfzig Sachen?

Der Fahrtwind kannte kein Erbarmen. Immer fester schien er an Smarts Mantel zu ziehen, immer lauter dröhnte er in seinen Ohren. Konnte Wind die Geduld verlieren? Er klang zumindest ganz schön ungeduldig. Fast so, als bestünde er auf einem Opfer. Darauf, dass Smarts Finger endlich aufgaben. Dass Smarts Schuhsohlen endlich vom eisigen Trittbrett rutschten. Dass es endete.

Und das wird es, dachte Smart und biss die klappernden Zähne zusammen. Früher oder später.

Das britische Inland erlebte in diesem Jahr einen absolut mustergültigen Winter mit Bergen an Neuschnee, klirrendem Frost und eisig-klarer Luft. Wo man auch hinschaute – von den Küsten über das flache Land bis hinein in die menschenvollen Innenstädte der Metropolregionen –, begegnete einem dieses pittoreske Bilderbuchwetter voller Eisblumen, Schneemänner und qualmender Kaminschächte.

Doch Smart war ein Mann der eher gemütlichen Sorte und hätte es viel lieber aus dem Inneren eines beheizten Gebäudes genossen, durch die Scheibe eines gut isolierten Fensters, und nicht in freier Wildbahn. Ein kalter Winter war toll, solange man ihn aus sicherer Distanz erlebte – mit wärmendem Tee, einer weichen Decke auf den Knien und einem Berg an Plätzchen in Griffreichweite. All das schien ihm in diesem Augenblick so fern zu sein wie die Rückseite des Mondes.

Ich darf nicht loslassen, sagte er sich. Dabei spürte er, dass das Gefühl in seinen Fingern allmählich nachließ. Lag es an der Kälte, dass sie langsam taub wurden? Das Trittbrett ist vereist und rutschig wie die Hölle. Die Klinke ist alles, was ich wirklich habe.

Wenn seine Finger abrutschten, war es vorbei. So einfach war das. Dann packte ihn der Fahrtwind spätestens an der nächsten Kurve und riss ihn endgültig von diesem elenden Brett.

Einen kurzen Moment lang überlegte er, ob er eine Hand von der Klinke lösen und wenigstens sie mal kurz in seiner Manteltasche aufwärmen sollte. Doch er versuchte es gar nicht erst. Zum einen reichte die zweite Hand bestimmt nicht, um sich festzuhalten. Und zum anderen war es bei diesem elenden Tempo und dem dazugehörigen Wind, der kein bisschen weniger elend war, auch im Inneren seiner Manteltasche gewiss nicht warm. Die Hände froren, wo auch immer sie sich befanden. Und kalte Hände wurden schnell zu tauben Händen. Auch das war eine simple Tatsache, an der Smart nicht rütteln konnte. Ob es ihm gefiel oder nicht.

Die nächste Kurve kam. Smart spürte, wie er nach rechts geworfen wurde, und klammerte sich noch fester an die Klinke. Dabei schloss er die Augen, als ein ohrenbetäubendes Quietschen durch den Zug fuhr und die Fliehkraft an ihm zerrte, als wäre sie mit dem Mörder im Bunde. Sein rechter Fuß glitt erneut auf dem eisigen Trittbrett ab und zuckte eine erschreckend lange Sekunde durchs Leere, doch der Chief Inspector verlor den Halt noch immer nicht ganz. Erst als der Fuß wieder zurück auf dem Brett gelandet war, erlaubte er sich, die Augen zu öffnen.

Lange halte ich das nicht mehr durch, dachte er. Sein Brustkorb schmerzte vor Anstrengung, und seine Augen tränten. Ich muss hier weg.

Gegen diese Tatsache kam auch kein Mantra an. Bis zum nächsten Zwischenhalt des Midland-Express waren es nach Smarts Berechnungen noch zwanzig Minuten. Vorher würde das stählerne Ungetüm kein Erbarmen mit ihm haben. Und so durchgefroren, wie er inzwischen war, schaffte er nicht einmal die Hälfte dieser Zeitspanne hier draußen. Bei Weitem nicht.

Ob er einfach loslassen sollte? Würde er dann auf dem schneebedeckten Erdboden landen – unsanft, aber doch halbwegs unverletzt? Oder würde er sich bei der Landung das Genick und diverse andere Knochen brechen? Bei dem Tempo gewiss eher Letzteres, oder? Wenn er losließ, war es sein sicherer Tod. Dann gewann nicht das Leben, sondern der Wind.

Einmal mehr spähte er durch das kleine Sichtfenster in der Tür. Jenseits der Schwelle begann der hinterste Waggon des Zuges, und der war voll besetzt. Kam denn da wirklich niemand zu seiner Rettung? Jeder x-beliebige Passant wäre ihm höchst willkommen. Irgendjemand, der sich ans Waggonende begab, um die Toilette aufzusuchen, und dabei den frierenden Inspector jenseits der Tür bemerkte. Jemand, der Alarm schlagen und Rettung organisieren konnte, bevor es zu spät war. War das wirklich nicht drin?

Anscheinend nicht, denn noch immer ließ sich niemand blicken. Den Grund dafür konnte Smart problemlos erkennen, denn das Außer Betrieb-Zeichen an der kleinen WC-Kabine war ebenso groß wie knallgelb. Die Toilette war defekt. Kein Mensch würde sie aufsuchen. Nichts und niemand würde kommen und ihn finden und …

»Smart?« Eine fragende Stimme drang plötzlich an sein Ohr, halb verschluckt vom unerbittlich zischenden Wind und dem lauten Getöse der Räder auf den Schienen. »Smart, sind Sie hier irgendwo?«

Im ersten Moment glaubte der Inspector an eine akustische Fata Morgana. Dann dachte er, dass Fata Morganas in Wüsten entstanden, wo es warm und trocken war, und nicht in der feuchten Eiseskälte eines britischen Winters. Doch wenn die Stimme kein Trugbild gewesen war, was war sie dann?

»Smart, verdammt!«, wiederholte sich der vermeintliche Trug. Er klang niedergeschlagen und frustriert zugleich, und noch immer war er im Tosen des Windes und im Rattern des Midland-Express kaum zu verstehen. »Wo zur Hölle stecken Sie?«

Smart wagte es tatsächlich, seiner Neugierde nachzugeben. Mit allem, was er an Mut noch aufbringen konnte, blickte er dem Tod ins kalte Antlitz und lehnte sich zur Seite. So weit, bis er auch ohne Kurve beinahe das Gleichgewicht auf dem eisigen Trittbrett verloren hätte. Zaghaft spähte er um die Ecke des Zugendes.

Was er sah, war größtenteils erwartbar. Der Midland-Express erstreckte sich vor ihm wie ein langer Wurm. Er bretterte über die Schienen seinem nächsten Halt entgegen, ohne sich auch nur im Geringsten um den Mann an seinem Ende zu scheren. Doch ein Detail passte nicht in das Bild vor Smarts kalt gewordenen Augen: der Kopf seines treuen Begleiters.

Robin Chandler streckte diesen gerade aus einem Abteilfenster rechts am Zug. Sein kurzes Haar flatterte ebenso im Wind, wie sein modischer Schal und sein Jackettkragen es taten. Der Lebemann aus der Londoner Upper Class hatte eine sorgenvolle Miene im Gesicht und schien gerade im Begriff zu sein, den Kopf zurück ins Innere des Zuges zu bewegen und das Fenster wieder zu schließen.

»Chandler!«, rief Smart, so laut er nur konnte. Bis zu seinem getreuen Kompagnon waren es nur wenige Meter, doch ihm war, als könnte seine Stimme unmöglich so weit tragen. »Chandler, ich bin hier!«

Es glich einem Wunder, als der Enddreißiger tatsächlich kurz stutzte. Einen Moment lang hielt er inne, die Lider halb vor dem Fahrtwind geschlossen. Dann aber schüttelte er den Kopf, drehte sich nach rechts … und riss mit einem Mal die Augen weit auf.

Er sieht mich!, durchzuckte es den Chief Inspector. Die Erleichterung war so groß, dass er beinahe die Türklinke losgelassen hätte. Großer Gott, er sieht mich tatsächlich!

»Smart?«, rief Chandler. Fassungslosigkeit ergoss sich über seine aristokratischen Gesichtszüge wie Eierlikör über Vanilleeis. »Grundgütiger, was in aller Welt machen Sie denn da?«

Dann war er fort, ruckartig zurück im Waggoninneren. Keine zehn Sekunden später sah Smart ihn durch das winzige Fenster in der hinteren Tür näher kommen.

Chandler zog an der Tür, rüttelte, konnte sie aber nicht öffnen. Smart sah, wie er die Stirn runzelte, dann aber zuversichtlich den Blick hob und nach oben griff.

Die Notverriegelung!, begriff der Chief Inspector. Chandler, Sie sind ein Teufelskerl!

Ein Piepen erklang, und die Verriegelung löste sich. Mit einem Mal gab die Tür nach. Sie schwang auf!

Smart war so überrascht, dass er sich beinahe von ihr mitreißen ließ. Die Tür öffnete sich nach außen hin, und der Chief Inspector musste ein letztes Mal akrobatisch tätig werden, um ihr den dafür nötigen Raum zu geben, ohne den letzten Halt auf dem Trittbrett zu verlieren.

Dann packten Chandlers Hände ihn am Mantel und zogen ihn in den Waggon zurück. Einen Sekundenbruchteil später schlug der Wind die Tür schon wieder zu. Fast so, als wäre er beleidigt, um sein Opfer gebracht worden zu sein.

Die Stille im Inneren des Waggons war lauter als der Fahrtwind. Zumindest kam es Smart so vor. Im ersten Moment standen Chandler und er einfach nur da, atemlos und staunend. Im zweiten ließ der jüngere Mann von Smart ab und trat einen Schritt zurück.

»Was in aller Welt …«, murmelte Chandler dabei. Schweißperlen prangten auf seiner blassen Stirn und auf seinem wie üblich makellos glatt rasierten Kinn. Trotz der Umstände saß seine Frisur perfekt, genau wie sein Anzug. »Smart, sind Sie lebensmüde?«

Der Chief Inspector konnte nicht antworten, jedenfalls nicht direkt. Seufzend ließ er sich gegen die WC-Kabine sinken. Seine Knie waren plötzlich weich wie warme Butter, oder kam ihm das nur so vor? »I…ich wollte das n…nicht«, stammelte er. Die Kälte in seinem Inneren behinderte seinen Redefluss, und seine gesamten Eingeweide fühlten sich plötzlich an, als hätte der Krampus sie gepackt und gründlich geschüttelt. »D…das war alles a…anders gepl…geplant und …«

Chandler hatte bereits genug gehört. Er zog sein dunkles Jackett aus und hängte es Smart um die zitternden Schultern. Dann nahm er seinen Schal und reichte ihn ebenfalls an den Inspector weiter. »Wer war das?«, fragte er dabei. »Sie sind gewiss nicht freiwillig aus einem fahrenden Zug gestiegen, Smart. Dazu hat man Sie gezwungen – bei vorgehaltener Waffe, wie ich vermuten möchte – und dann hinter Ihnen abgeschlossen.«

Smart war viel zu durchgefroren, um bestätigend zu nicken. Jeder Atemzug fiel ihm schwer.

»Womit mir auch endlich klar ist«, fuhr Chandler fort, »warum Sie mich heute früh überhaupt zum Midland-Express bestellt haben: Der Mörder von Ethel Brown befindet sich an Bord. Haben Sie ihn stellen wollen, Smart? Ist es das? Haben Sie ihn damit konfrontiert, dass Sie ihn durchschauen, und er wollte sich auf diese unkonventionelle Weise eines unliebsamen Mitwissers entledigen?« Beim letzten Satz nickte er in Richtung des eisigen Trittbretts, das beinahe zu Smarts letzter Zuflucht geworden wäre.

»S…« Smart rang sich ein Nicken ab, ganz knapp und zitternd. »So ist es, m…mein Lieber.«

»Wer, Smart?«, fragte sein treuer Begleiter knurrend. Chandler griff in eine Jacketttasche und sah auf seine silberne Taschenuhr. »Bis zum nächsten Halt bleiben nur noch Minuten. Ich wette, dann will unser Täter sich verdrücken. Immerhin glaubt er, mit Ihnen ein zweites Mal gemordet zu haben. Also, wer ist es?«

Smart sagte es ihm, und einmal mehr riss Robin Chandler fassungslos die Augen auf.

Die Welt war weiß und entsetzlich langweilig. Jemima Pearson betrachtete sie durch das Fenster des Sechser-Abteils, all die scheinbar vorbeizischenden Wiesen, Wäldchen und Siedlungen im Schnee, und spürte, wie ihre Laune immer weiter sank. Den Grund dafür sah sie ebenfalls im Fenster, wenn auch nur gespiegelt. Schließlich stand er direkt neben ihr.

»Was ist denn jetzt schon wieder?«, fuhr die Neunundzwanzigjährige ihn an. »Suchst du etwas in den Koffern? Oder warum hantierst du so hektisch mit ihnen?«

Hugh Pearson, ihr Zwillingsbruder und einziger lebender Verwandter, wirkte so unruhig wie ein Sack Flöhe. Seit er von seinem Toilettengang zurückgekommen war, benahm er sich, als hätte er Hummeln im Hintern. Anstatt ruhig auf seinem Platz zu sitzen und in die langweilige Winterwelt zu starren, wie sie es tat, räumte er ihr gemeinsames Gepäck wieder aus den Haltenetzen, die dicht unter der Abteildecke prangten, und stellte es auf den Fußboden. Dabei nutzte er nahezu den gesamten Platz, den das restliche Abteil ihm bot. Die Pearsons hatten keine Mitreisenden, die er hätte stören können.

»Ich rede mit dir«, klagte Jemima, als noch immer keine Antwort von ihm kam. »Erde an Hugh: Setz dich gefälligst und halt die Füße still.«

»Nein«, erwiderte er nun. Dann griff er nach ihrem Mantel, der neben der Tür an einem bronzefarbenen Haken hing, und warf ihn ihr zu. »Dafür haben wir keine Zeit. Wir ändern unseren Plan, Mima. Am nächsten Bahnhof steigen wir aus.«

»Was?« Ungläubig runzelte sie die Stirn. Der Mantel lag unbeachtet auf ihren Knien. »Mitten in der Pampa? Aber wir müssen doch nach Sheffield. Du hast gesagt, wir steigen erst dort um. In den Zug nach Schottland und …«

»Ich weiß, was ich gesagt habe«, unterbrach er sie. Irrte sie sich, oder zitterte seine Stimme dabei leicht? »Und jetzt sage ich etwas anderes. Wir steigen hier aus.«

»Und dann?«

»Dann sehen wir weiter.« Nun griff er nach seinem eigenen Mantel, zog ihn sich über. »So einfach ist das.«

Die komplette Reise war seine Idee gewesen. Er hatte sie heimlich – und, wie sie vermutete, arg überhastet – organisiert und Jemima sogar mit den Zugfahrkarten überrascht. Eigentlich machte sie sich nichts aus Schottland, war noch nie dort gewesen. Doch Hugh hatte so begeistert von dem Land gesprochen, dass sie ihm den Wunsch, dort mit ihr hinzureisen, nicht hatte abschlagen können.

Dabei war sie sonst kein bisschen spontan. Für Jemima Pearson war nur ein gut vorausgeplantes Leben ein erfolgreiches Leben. Ihre Tage waren von immer gleichen Routinen geprägt, ihr Kalender auf Monate hinaus durchstrukturiert. Es gab wenig, was sie mehr hasste als Überraschungen, denn diese bedeuteten Unordnung in ihrer Planung. Doch es gab auch wenig, was sie mehr liebte als ihren Bruder. Sie konnte Hugh einfach nichts abschlagen.

Letzteres war schon immer ihr Problem gewesen. Spätestens seit dem Tag, an dem sie als Kinder beide Eltern verloren hatten, waren die Pearson-Zwillinge unzertrennlich.

Sie hatten denselben Freundeskreis daheim in Birmingham und lebten sogar nach wie vor in derselben Wohnung. Obwohl sich ihre Interessen unterschieden – Hugh war offener, kontaktfreudiger und stets an Feiern und Partys interessiert, Jemima konnte sich kaum etwas Schöneres vorstellen als einen verregneten Nachmittag mit Tee und einem guten Buch –, waren sie so eng miteinander, wie Geschwister es nur sein konnten. Als Kinder hatten sie einzig einander gehabt, und das Gefühl von damals hatte auch im Erwachsenenalter nie nachgelassen.

Jemima wusste, dass Hugh niemals etwas tun würde, ohne sie mit einzuplanen. Und umgekehrt war die Vorstellung eines Lebens ohne ihn für sie ein Graus.

Trotzdem hielt sie ihren Bruder momentan für ganz schön bescheuert. Keine Zeit? Sie hatten doch alle Zeit der Welt, Mensch!

»Dann sehen wir weiter?«, wiederholte sie spöttisch. »Du spinnst doch. Hier, auf meiner Fahrkarte steht Sheffield. Da fahren wir hin. Nicht in irgendein Kaff im Niemandsland vor Sheffield. Warum änderst du spontan unseren Plan und …«

»Es ist mein Plan, Mima!«, unterbrach er sie abermals. Scharf. »Ich habe ihn aufgestellt, und ich darf ihn ändern, wann und wie es mir richtig erscheint. Jetzt komm endlich. Schnapp dir die anderen zwei Koffer, und folge mir zur Tür. Der Zug wird bereits langsamer, merkst du das nicht?«

Ohne auf eine weitere Erwiderung zu warten, hob Hugh einen Koffer und die große Reisetasche vom Fußboden und trug sie aus dem Abteil. Jemima blieb gar nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.

»Du bist verrückt, weißt du das?«, schimpfte sie, während sie mit dem restlichen Gepäck hinter ihm her stapfte. Verflixt, was war dieser Korridor neben den Abteilen schmal! »Hast einen warmen und bequemen Sitzplatz im Midland-Express, willst aber lieber zu Fuß weiterziehen. Denn das muss dein neuer Plan sein, Brüderchen. Ich bezweifle nämlich, dass heute noch irgendein anderer Zug hier draußen haltmacht. Hier ist doch nichts, schau nur mal raus. Ein paar Häuser und Höfe, das war’s. Wenn wir hier aussteigen, dann war’s das fürs Erste. Willst du nun nach Schottland oder nicht?«

»Geh einfach weiter«, erwiderte er mit einem gequälten Seufzen. »Und halt bitte die Klappe, ja?«

Sie dachte ja gar nicht daran! »Bist du auf der Flucht, oder was ist los?« Immer spöttischer wurde ihr Tonfall, immer wütender ihre Stimmung. »Läufst du vor jemandem weg, du Witzbold?«

In diesem Moment trat ein Mann vor ihnen in den schmalen Gang. Er war mindestens sechzig, was in Jemimas Augen schon ganz schön alt war, und trug einen aschfarbenen Anzug. Rote Flecken verunzierten sein Gesicht und kündeten von schlechter Durchblutung. Sein dunkles Haar war kurz geschnitten und zerzaust, das Hemd hing ihm halb aus der etwas zu eng sitzenden Hose. In seinen Augen lag ein Funkeln, das Jemima irgendwie an Raubtiere auf der Jagd denken ließ.

»In der Tat«, sagte der Mann so passgenau, als antwortete er auf ihre Frage. »Ich fürchte, das ist er. Mr Pearson, seien Sie vernünftig und stellen die Koffer ab. Es ist aus.«

Jemima verstand gar nichts mehr. Erst recht nicht ihren Bruder. Anstatt sich zu erklären, riss Hugh nämlich die Reisetasche in die Höhe, als wollte er sie spontan zu einem Wurfgeschoss umfunktionieren. Er holte ruckartig mit dem schweren Ding aus, zielte auf den korpulenten Gentleman vor ihm und …

»Das würde ich an Ihrer Stelle unterlassen, Sir«, sagte ein zweiter Fremder.

Er war neben den ersten getreten, genauso unerwartet wie dieser, und deutlich jünger. Sein aristokratisch geschnittenes Gesicht wirkte todernst, und der Blick seiner himmelblauen Augen war kalt. Erst nach mehrmaligem Blinzeln bemerkte Jemima die Waffe in seiner rechten Hand.

Hugh schien sie sofort bemerkt zu haben. Sein Arm mit der Reisetasche verharrte nämlich prompt in der Luft.

»Das Spiel ist aus, Pearson«, sagte der erste, dickere Mann. »Geben Sie auf.«

»Ich denke ja gar nicht daran«, knurrte ihr Bruder plötzlich.

Dann flog die Tasche! Sie traf den älteren Mann an der Brust, warf ihn nach hinten und in die Arme seines Begleiters. Hugh wollte sofort nachsetzen und mit ausgestrecktem Koffer auf die Fremden einprügeln, da hob Blauauge die Waffenhand und richtete den Lauf seiner Pistole auf Hughs wütendes Gesicht.

»Sie sollen vernünftig sein, hat er gesagt!« Der Finger am Abzug krümmte sich ebenso leicht wie drohend. »Sind Sie schwerhörig, Mann?«

Jemima traute ihren Augen kaum. Was in aller Welt geschah hier? War das ein Überfall? Es sprach alles dagegen, denn die beiden Fremden schienen ihren Bruder genau zu kennen. Doch wer sonst, wenn nicht dahergelaufene Räuber, lauerte harmlosen Reisenden in einem Zug auf? Wer sonst drohte ihnen mit einer Waffe?

»H…Hugh?«, sagte sie zaghaft und spürte, wie sich ihr dabei fast die Kehle zuschnürte. »Was sind das für Leute? Was wollen die von uns?«

»Von Ihnen herzlich wenig, Miss Pearson«, sagte Blauauge an seiner Stelle. Dabei ließ er Hugh nicht aus den Augen. »Keine Sorge. Aber Ihr Bruder schuldet uns die eine oder andere Erklärung. Ist es nicht so, Sir?«

Endlich ließ Hugh den Koffer sinken. Sein Atem ging so schwer und schnaubend, dass Jemima sich fragte, wer hier eigentlich das Raubtier war? Der Ältere im aschgrauen Anzug mochte so gucken, doch es war Hugh – ihr Hugh –, der sich anhörte wie eines. Und so, als wollte er jeden Moment die Reißzähne präsentieren.

»Sie können mir gar nichts, Smart«, knurrte er. »Hören Sie? Absolut nichts.«

»Das sehe ich anders«, entgegnete der dickere Mann. »Ich verhafte Sie wegen Mordes an Ethel Brown, Sir. Und wegen versuchten Mordes.«

Was? Jemima war so perplex, dass sie nicht sprechen konnte. Was redet der denn da? Ethel Brown?

Die Witwe Brown zählte zu ihren Lieblingsbewohnern. Seit Jahren lebte sie schon in dem Altersheim am Stadtrand, in dem Jemima als Pflegerin arbeitete. Dort war sie fast so etwas wie eine mütterliche Freundin für die Neunundzwanzigjährige geworden. Oder besser: großmütterliche Freundin. Mit ihren sechsundachtzig Lenzen blickte die Witwe Brown nämlich auf ein Leben voller Höhen und Tiefen zurück, und Jemima liebte es, ihr zuzuhören, wenn sie davon berichtete. Zumindest an den guten Tagen, an denen Mrs Brown noch wusste, wo sie überhaupt war und mit wem sie sprach. Die guten Tage wurden leider immer seltener.

»Das behaupten Sie«, sagte Hugh patzig. Vor den Fenstern des Waggons wurde die Welt langsamer, der Zug bremste. »Aber Behauptungen allein sind wenig wert. Gehen Sie aus dem Weg, Inspector. Wir steigen hier aus.«

Inspector? Jemima sah Hugh an, als würde sie ihn kaum wiedererkennen.

»Das werden Sie, Sir«, betonte Blauauge. »Aber mit uns. Der nächste Halt heißt Ashton, und wir haben die dortige Polizeiwache bereits über unser Kommen in Kenntnis gesetzt. Man erwartet uns am Gleis.«

»Hugh«, murmelte Jemima. »Was reden diese Gentlemen denn da? Was wollen sie von uns? Polizeiwache?«

Räuber riefen nicht die Polizei. Aber wenn die zwei Fremden – Smart, erinnerte sie sich, einer von ihnen hieß Smart – keine Ganoven waren, waren sie dann vielleicht das genaue Gegenteil? Immerhin hielt einer von ihnen eine Waffe in der Hand, und Hugh bezeichnete den anderen als Inspector.

Wenn das die Guten sind, dachte sie, was sind dann wir?

Ihr Bruder antwortete noch immer nicht. Grimmig starrte er Mr Smart an. Er schien ratlos zu sein – und in keinster Weise gewillt, Blauauges Forderungen Folge zu leisten.

»Hugh«, wiederholte sie lauter. »Was passiert hier? Was ist mit Ethel Brown?«

»Sie ist tot, Miss Pearson«, antwortete der Inspector. Er klang, als bedauerte er aufrichtig, ihr das mitzuteilen. »Sie starb am Sonntagabend im Shady-Pines-Altenheim – an einer Überdosis Schlafmittel, wohlgemerkt. Ich vermute, Sie haben einen Schlüssel zum Arzneimittelschrank der Einrichtung?«

Jemima riss die Augen auf. »W…Was?«

»Es tut mir sehr leid, Miss«, erklärte der beleibtere Mann. »Ich weiß, wie nahe Sie ihr standen. Es wird Sie vielleicht freuen zu hören, dass die Nähe auf Gegenseitigkeit beruhte. Mrs Brown hat Sie in ihrem Testament bedacht – als Alleinerbin.«

»Wir dachten zuerst, Sie wären die Täterin«, schaltete sich sein Begleiter erneut hinzu, Blauauge. »Sie arbeiten im Shady Pines, Sie sind die Begünstigte. Es liegt nahe, nicht wahr? Aber da lagen wir knapp daneben. Oder, Sir?« Beim letzten Satz war der Blick der blauen Augen wieder weitergewandert, von Jemima zu Hugh. Und er war anklagend geworden.

»Sie können mir nichts!«, zischte Jemimas Bruder. »Für all das haben Sie keinerlei Beweis.«

»Ich fürchte«, widersprach der Inspector gelassen, »da liegen nun Sie knapp daneben. Es stimmt: Den Mord an Mrs Brown kann ich Ihnen bislang nicht nachweisen.«

»Ist aber nur noch eine Frage der Zeit«, ergänzte sein Kompagnon selbstbewusst. »Sie gestehen schon, da hege ich keinerlei Zweifel. Wenn Smart Sie erst in einem Verhörzimmer sitzen hat und rhetorisch in die Mangel nimmt … Und selbst wenn nicht, Pearson: Sie mögen die Datenspeicher der Überwachungskameras gelöscht haben, aber die besten Technikexperten von Scotland Yard versuchen gerade, die Aufnahmen wiederherzustellen. Was, meinen Sie, werden Sie sehen, wenn es ihnen gelingt?«

Der Inspector achtete kaum auf Blauauge. »Ich weiß, dass Sie es waren, Sir. Sie wussten von dem Testament und auch, wo Ihre Schwester ihre Schlüssel aufbewahrt. Sie wussten, dass Mrs Browns Geld genauso zu Ihrem Geld werden würde, wenn Ihre Schwester erbt. Und Sie wollten diesen Geldsegen ein wenig beschleunigen.«

»Unfug!«, behauptete Hugh.

»Mitnichten«, entgegnete der andere Mann. »Mir fehlt nur der unumstößliche Beweis dafür, dass Sie am Sonntag im Shady Pines waren – noch.«