Mushoku Tensei: In dieser Welt mach ich alles anders (Light Novel): Band 3 - Rifujin Na Magonote - E-Book

Mushoku Tensei: In dieser Welt mach ich alles anders (Light Novel): Band 3 E-Book

Rifujin Na Magonote

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Beschreibung

Inmitten einer magischen Katastrophe wurde Rudeus mit Eris auf den Dämonenkontinent teleportiert. Um mit seiner Schülerin wohlbehalten wieder nach Hause zu kommen, in der dortigen Wildnis zu überleben und vielleicht ein Dämonenhöschen zu ergattern, ist jetzt all sein Können gefordert. Gar nicht so leicht, denn kaum gelandet, sehen sie sich schon einem Spelled gegenüber. Roxy, seine Magistra, hatte doch immer so eindringlich vor diesem Dämonenvolk gewarnt! Aber könnte es sein, dass sie sich ausnahmsweise geirrt hat?

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Seitenzahl: 381

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Inhaltsverzeichnis

Cover

Farbseiten

Kapitel 1: Der Betrüger, der behauptete, ein Gott zu sein

Kapitel 2: Der Spelled

Kapitel 3: Geheimnisse der Magistra

Kapitel 4: Die Grundlagen des Vertrauens

Kapitel 5: Drei Tage bis zur nächsten Stadt

Kapitel 6: Tarnen und Täuschen

Kapitel 7: Die Abenteurergilde

Kapitel 8: Das Gasthaus der Abenteurer

Kapitel 9: Die erste Quest – Der Wert eines Lebens

Kapitel 10: Die erste abgeschlossene Mission

Kapitel 11: Ein reibungsloser Start

Kapitel 12: Kinder und Krieger

Kapitel 13: Scheitern, Chaos und Entschlossenheit

Kapitel 14: Die Reise beginnt

Bonuskapitel: Das Königreich Asura und der wundertätige Engel

Über JNC Nina

Impressum

Orientierungsmarken

Farbseiten

Inhaltsverzeichnis

Teil 3: Jugendjahre – Das Abenteuer beginnt

Kapitel 1: Der Betrüger, der behauptete, ein Gott zu sein

Ich träumte. In diesem Traum flog ich durch die Luft und hielt dabei Eris fest in meinen Armen. Meine Erinnerung war verschwommen, aber irgendwie wusste ich, dass ich flog. Die Welt um mich herum veränderte sich rasant. Ich bewegte mich mit Schall- oder Lichtgeschwindigkeit fort – auf, ab, links, rechts – die Richtung war vollkommen unvorhersehbar.

Ich wusste nicht, warum das geschah. Aber eines war mir klar: Irgendwann würde ich an Geschwindigkeit verlieren und zu Boden stürzen.

Also konzentrierte ich mich. Ich versuchte, einen relativ sicheren Platz zum Landen auszumachen, was gar nicht so leicht war, so schnell wie die Landschaft unter uns vorbeiflitzte.

Warum wollte ich das eigentlich? Gute Frage. Irgendetwas in mir schrie einfach, dass ich es tun musste, wenn ich überleben wollte.

Es ging alles so schnell. Es war, als würde man eine Slot Machine anstarren, nur die Landschaft zog viel, viel schneller an uns vorbei. Ich konzentrierte mich stärker und sammelte magische Energie in meinen Augen ... und für einen kurzen Moment wurden wir plötzlich langsamer.

Oh, Mist. Wir stürzen ab.

Eine Ebene! Ich brauchte eine Ebene! Ins Meer zu stürzen oder gegen einen Berg zu prallen, wäre nicht gut. Wälder waren auch gefährlich, aber wenn ich es schaffte, auf ein Feld oder so zu zielen ...

Mit dieser Hoffnung ließ ich mich fallen. Irgendwie schaffte ich abzubremsen und stürzte auf ein rotbraunes Fleckchen Erde.

Einen Augenblick später verlor ich das Bewusstsein.

★ ★ ★

Als ich meine Augen öffnete, befand ich mich in einer reinweißen Leere. Ich wusste sofort, dass das nicht real war. Es musste so etwas wie ein luzider Traum sein. Aber für einen Traum fühlte sich mein Körper irgendwie seltsam schwer an.

„Hä, was?“

Ich sah an mir herunter und bekam große Augen: Ich sah die vertraute Gestalt meiner ersten vierunddreißig Lebensjahre. Bei ihrem Anblick kamen die Erinnerungen an mein früheres Leben wieder hoch. Ich war also wieder das gleiche verbitterte, gemeine, unsichere und egoistische Stück Dreck, das ich immer gewesen war. Die letzten zehn Jahre kamen mir plötzlich nur noch wie ein Traum vor, und ich fühlte mich niedergeschlagen. Ich war wieder da. Ich war wieder mein jämmerliches früheres Ich, und es fiel mir nur allzu leicht, diese Tatsache zu akzeptieren.

Das war also wirklich alles nur ein Traum ...

Für einen Traum hatte er echt lang gedauert. Aber letzten Endes war alles zu schön, um wahr zu sein. Ich hatte eine liebevolle Familie und hatte es geschafft, mich mit ein paar sehr süßen, schnuckligen Mädchen anzufreunden. Keine schlechten zehn Jahre, ganz und gar nicht. Aber ich hätte dieses Leben gerne noch etwas mehr genossen.

Tja. Dann war’s das wohl.

Ich spürte, wie die Erinnerungen an meine Zeit als Rudeus zu verblassen begannen. Wenn man einmal wach ist, vergisst man Träume rasend schnell.

Hatte ich wirklich etwas anderes erwartet? So ein glückliches, harmonisches Leben wäre mir nie vorherbestimmt gewesen.

★ ★ ★

Schließlich bemerkte ich, dass ein seltsamer Typ vor mir stand. Sein Gesicht war leer und weiß, eigentlich sah man außer einem breiten Grinsen nichts.

Leer war das falsche Wort. Ich konnte mir einfach keine besonderen Merkmale merken. Wenn ich mir einen bestimmten Teil des Gesichts ansah, verschwand er sofort aus meinem Gedächtnis; mein Verstand weigerte sich, ein Bild von dem größeren Ganzen zu formen. Es fühlte sich fast so an, als würde sich diese ... Person selbst verpixeln.

Trotzdem strahlte er irgendwie Ruhe aus.

„Hallo. Schön, dich kennenzulernen, Rudeus.“

Hm. Ich war so sehr damit beschäftigt, mich selbst zu bemitleiden, und jetzt hatte ich einen seltsamen, zensierten Porno-Typen vor mir, der mich ansprach.

Seine Stimme war irgendwie neutral. Es hätte ein Mann oder auch eine Frau sein können. Sagen wir mal, ein Mädchen! Das würde das verpixelte Ding irgendwie sexy wirken lassen, oder?

„Hallo? Kannst du mich hören?“

Oh. Ja, klar. Klar. Hallo, freut mich, dich kennenzulernen.

„Ausgezeichnet. Schön, dass du so höflich bist.“

Ich hatte nichts laut gesagt, aber offenbar hatte mich mein Gegenüber trotzdem verstanden.

„Oh, schön. Dich kann nichts erschüttern, oder?“

Das ist überhaupt nicht wahr.

„Hehe. Sei nicht so bescheiden!“

Egal. Wer bist du? Woher kommst du?

„Das siehst du doch!“

Ich kann vor lauter Pixel nichts erkennen. Bist du der große Spellman, der unsterbliche Krieger, oder was?

„Der große Spellman? Wer ist das? Sieht er aus wie ich?“

Oh, auf jeden Fall. Er ist ein großer, verschwommener Haufen Pixel, genau wie du.

„Hmm. Es gibt also auch in deiner Welt jemanden wie mich ...“

Nun, nein. Nicht wirklich.

„Was? Okay, weiter im Text: Ich bin ein Gott. Ich bin Hitogami, der Gott der Menschen.“

Aha. Der Hitogami also.

„Du klingst ziemlich unbeeindruckt.“

Ähm ... warum verschwendet ein Gott seine Zeit damit, mit mir zu quatschen? Ist es nicht ein bisschen spät für dich, hier aufzutauchen? Hat Gott nicht sonst seinen Auftritt schon früher?

„Früher ...? Was meinst du?“

Ach, nichts, nichts. Bitte, red weiter.

„Okay. Ich beobachte dich schon eine ganze Weile. Du hast ein ziemlich interessantes Leben geführt!“

Na, als Spanner sieht man viele interessante Dinge.

„Ja, es hat mir viel Spaß gemacht. Und deshalb habe ich beschlossen, mich um dich zu kümmern.“

Du kümmerst dich um mich? Oh, danke. Wie herablassend ... Bin ich dein Tamagotchi, oder was ...?

„Das ist aber nicht nett. Ich bin zu dir gekommen, weil ich sehe, dass du in Schwierigkeiten steckst.“

Jaja, klar. Die, die plötzlich auftauchen und alle deine Probleme lösen wollen, sind ja nieee Betrüger!

„Nein, nein. Ich stehe auf deiner Seite.“

Hah! Auf meiner Seite stehen? Dass ich nicht lache! Mit Fuzzis wie dir hatte ich schon in meinem ersten Leben das zweifelhafte Vergnügen: Leute, die mir so schlaue Sachen aufs Auge drückten wie „Probier’s doch einfach“ oder „Ich pass schon auf dich auf“. Lügner! Allesamt! Sie scherten sich doch nicht wirklich um irgendwas. Die gingen nur davon aus, dass sich alles von selbst regeln würde, sobald sie mich nur einmal aus meinem Zimmer gelockt hatten. Keiner von ihnen verstand die Ursache des Problems. Du klingst genau wie die auch. Dir trau ich nie im Leben!

„Ach du liebe Zeit, dann haben wir ein Problem. Hmm ... Ich will dir trotzdem einen Rat geben.“

Einen Rat, hm?

„Das ist richtig. Ob du ihn befolgst oder nicht, liegt bei dir.“

Richtig. Verstehe. Du versuchst es also auf die Tour. Die kenn ich schon. Ratschläge, bla blubb ... Über Gefühle reden und so. Ich soll meine Gedanken statt nach innen mal nach außen richten und solchen Mist. Ernsthaft? Kapiert hat doch da nie einer was. Positives Denken. Ja, meine Fresse, was soll denn das jetzt noch helfen? Die Zeiten, in denen mein Gemütszustand noch etwas hätte ändern können, sind schon lang vorbei. Jeder positive Gedanke kriegt Besuch von der Verzweiflung und verliert dagegen.

So wie das gerade jetzt! Warum durfte ich diesen Traum haben? Von wegen zweite Chance im Leben! Den Kleinen wieder auf die Welt schicken, sich freuen lassen und dann schwupp, beißt ihn das Schicksal doch nur wieder in den Hintern. Das war vielleicht eine hinterfotzige Aktion!

„Hey, stopp. Du verstehst da etwas falsch. Ich will dir mit deinem jetzigen Leben helfen, nicht mit deinem alten.“

Hm? Warum sehe ich dann so aus?

„Das ist deine Seele. Sie unterscheidet sich von deinem physischen Körper.“

Meine ... Seele ...?

„Richtig. Körperlich bist du natürlich völlig in Ordnung.“

Das ist also nur ein Traum? Wenn ich aufwache, hab ich nicht mehr diesen beschissenen Körper?

„Genau. Da du im Moment träumst, wirst du wieder normal sein, sobald du aufwachst. Beruhigt?“

Yesss! Es ist nur ein Traum ...

„Nun, einen Traum kann man es eigentlich nicht nennen. Ich spreche in diesem Moment direkt zu deiner Seele. Kaum zu glauben, dass dein inneres Bild von dir so anders ist als dein Körper ...“

Telepathie, hm? Na ja, in Ordnung. Aber was willst du dann eigentlich von mir? Willst du mich in meine alte Welt zurückschicken? Weil ich nicht hierhergehöre oder so?

„Mach dich mal nicht lächerlich. Ich kann dich natürlich nirgendwo außerhalb der Welt der sechs Kontinente hinschicken. Verstehst du nicht mal das?“

Urgh. Woher soll ich denn wissen, was hier geht und was nicht?

„Guter Punkt.“

Aber warte mal kurz. Wenn du mich nicht zurückschicken kannst ... kannst du nicht derjenige sein, der mich in dieser Welt wiedergeboren hat, richtig?

„Stimmt. Reinkarnation ist sowieso nicht wirklich mein Fachgebiet. Das ist die Spezialität eines gewissen bösen Drachengottes.“

Oho. Wir haben also auch einen bösen Drachengott, was?

„Na willst du jetzt meinen Rat, oder nicht?“

Nein danke.

„Hm?! Warum nicht?“

Das kommt mir alles ziemlich zwielichtig vor. Deshalb werde ich dich ganz ignorieren.

„Ach. Sehe ich wirklich so zwielichtig aus?“

Oh, ja. Ultrazwielichtig. Da muss ich sogar an meine Online-Games früher denken. Lässt du dich mal auf so einen ein, zockt er dich ab.

„Ich bin kein Betrüger! Ich werde dich nicht einmal bitten, meinen Rat zu befolgen, okay?“

Alles nur Taktik.

„Komm schon! Vertrau mir!“

Für einen Gott klingst du ganz schön armselig. Und überhaupt! Ich glaube ja nicht mal an dich. Ich glaube nur an den, der mir meine Reinkarnation beschert hat. Wenn so ein heidnischer Gott auf einmal in meinem Kopf auftaucht und irgendwelchen Mist erzählt – wie soll ich denn da nicht misstrauisch sein? Oh, und Leute, die von „Vertrauen“ reden, sind immer Lügner. Zweifellos weise Worte aus einem meiner Lieblingsbücher.

„Sag so was nicht. Ist doch nur einmal.“

Jetzt klingst du wie einer mit blauen Eiern, der verzweifelt versucht, ein Mädel ins Bett zu kriegen. Natürlich willst du mich betrügen. Was glaubst du, wie oft ich früher zu Gott gebetet habe? Geholfen hast du mir trotzdem nie. Kein einziges Mal, bis zu dem Tag, an dem ich gestorben bin. Und jetzt willst du mir einen Rat geben?

„Noch einmal: Ich habe mit deiner alten Welt nichts zu tun. Ich bin ein Gott dieser Welt, und ich sage, dass ich dir fortan beistehe.“

Und ich sage dir, dass ich dir nicht traue. Worte sind nicht genug. Wenn du willst, dass ich dir glaube, dann zeig mir ein Wunder oder so.

„Was tue ich denn gerade? Wie viele Menschen kennst du, die durch deine Träume mit dir kommunizieren können?“

Was ist so besonders an ein bisschen Kommunikation? Jeder kann das. Du schreibst einfach einen Brief oder was auch immer.

„Nun, das stimmt schon. Aber ist das wirklich ein triftiger Grund für dich, mich zu ignorieren? Mach so weiter, und du gibst den Löffel ab.“

Ich ... was? Ja, warum?

„Der Dämonenkontinent ist ein ziemlich rauer Ort. Zum einen findest du hier kaum etwas zu essen. Zum anderen wimmelt es hier nur so von Dämonen, vor allem im Vergleich zum Zentralkontinent. Ich weiß, dass du die Sprache sprichst, aber die Dinge funktionieren hier ganz anders. Bist du wirklich sicher, dass du das packst?“

Der Dämonenkontinent? Was? Hä? Diese Riesenlandmasse da am Rande der Welt? Wie wäre ich denn dahin gekommen?

„Du wurdest von einer großen magischen Katastrophe überrascht. Am Ende wurdest du hierher teleportiert.“

Eine magische Katastrophe ...? Meinst du das Licht?

„Genau.“

Das war also eine Art Teleportationszauber. Hm.

Moment, ich war doch nicht der Einzige, den das Ding erwischt hat. Was ist mit den anderen in Fittoa? Das Dorf Buena ist ziemlich weit von Roa entfernt, also ist es wahrscheinlich in Ordnung ... aber ich mache mir trotzdem Sorgen um meine Familie.

Weißt du dazu irgendwas?

„Und das glaubst du mir dann, oder wie? Du willst ja nicht einmal auf meinen Rat hören.“

Gutes Argument. Du würdest wahrscheinlich nur so zum Spaß lügen.

„Ich will nur sagen, dass alle für deine Sicherheit beten. Sie alle wollen, dass du es lebendig zurückschaffst.“

Klar ... sicher. So eine Antwort kann jeder geben.

„Hmmm. Glaubst du das wirklich? Fürchtet es dich nicht tief in dir drin, dass es auch welche gibt, die froh sind, dich nie mehr sehen zu müssen?“

Ja, ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass mir der Gedanke nicht durch den Kopf geschossen wäre. Am Ende meines letzten Lebens hat es ja auch niemanden interessiert, ob ich lebe oder sterbe. Das hab ich bis heute nicht richtig verdaut.

„Nun, in dieser Welt bist du jedenfalls keine Persona non grata. Es wäre besser, wenn du es in einem Stück zu ihnen zurückschaffst.“

Jepp. Da geb ich dir recht.

„Ich garantiere zwar für nichts, aber ich denke, du hast gute Chancen, lebendig zurückzukommen, wenn du meinen Rat befolgst.“

Warte. Bevor wir dazu kommen, möchte ich wissen, warum du das tust. Warum liegt dir so viel an mir?

„Du lieber Himmel, bist du aber penetrant ... Ich glaube, es macht einfach mehr Spaß, wenn du am Leben bleibst, okay? Ist das nicht gut genug?“

Menschen, denen es nur darum geht, Spaß zu haben, sind oft fiese Mistkerle.

„War es in deinem letzten Leben so?“

Jo. Ich kannte ein paar solcher Typen, und sie alle fanden es total geil, andere Menschen zu ihrem eigenen Vergnügen wie Marionetten tanzen zu lassen.

„Hm. Nun, ab und zu genieße ich das auch. Das kann ich nicht leugnen.“

Warum macht es denn überhaupt so viel Spaß, mir zuzusehen?

„Vielleicht war das nicht die richtige Wortwahl. Du bist sehr ... interessant, das ist alles. Ich habe selten die Chance, jemanden aus einer ganz anderen Welt zu treffen! Ich würde dir gerne helfen, alle möglichen Leute kennenzulernen und sehen, was dabei herauskommt.“

Mega! Gib dem Affen also Zucker in Form von vagen Anweisungen, um zu sehen, ob er sein Ziel erreicht. Tolles Hobby.

„Seufz ... Hör mal. Du hast doch meine ursprüngliche Frage nicht vergessen, oder?“

Welche ursprüngliche Frage?

„Dann lass mich sie wiederholen. Bist du sicher, dass du hier überleben kannst? Gestrandet in einem gefährlichen, unbekannten Land?“

Nein. Nicht wirklich.

„Dann ist es vielleicht besser, wenn du mir zuhörst. Wie ich schon sagte, liegt es an dir, ob du meinem Rat folgen willst.“

Na gut. Okay, kapiert. Nur zu, her mit dem Rat, wenn es sein muss. Warum überhaupt die lange Quatscherei? Du hättest mir einfach sagen können, was ich tun soll und fertig.

„Ja, ja, Rudeus. Spitz die Ohren: Sobald du wach bist, wirst du jemandem begegnen. Hilf ihm.“

Ein Echo dieser letzten Worte hallte noch durch die Leere und der verpixelte Gott war verschwunden.

Kapitel 2: Der Spelled

Als ich aufwachte, war es bereits Nacht.

Ich konnte nur den Sternenhimmel und die Schatten flackernder Flammen ausmachen und hörte das Knistern brennender Holzscheiter. War ich denn neben einem Lagerfeuer eingeschlafen? Ich konnte mich gar nicht daran erinnern, eines gemacht zu haben oder überhaupt vorgehabt zu haben, im Freien zu campieren.

Das Letzte, woran ich mich erinnerte, war, dass der Himmel plötzlich seine Farbe änderte und gleißendes weißes Licht über uns hinwegfegte.

Oh, und dann war da noch dieser Traum. Scheiße. Was für ein Alptraum ...

„Huargh!“ Blitzschnell schaute ich an meinem Körper hinunter. Gott sei Dank. Es war nicht der Fleischklops, den ich früher mein Eigen genannt hatte. Ich war wieder der junge, starke Rudeus. Als ich das sah, begannen meine Erinnerungen an den Traum zu verblassen und eine Welle der Erleichterung überkam mich.

Zum Teufel mit diesem Hitogami. Einen Moment lang fühlte ich mich wie in die schlechten alten Zeiten zurückversetzt, aber es sah so aus, als würde ich doch noch etwas mehr Zeit in dieser Welt bekommen. Halleluja. Ich hatte noch eine Menge, dass ich hier erledigen wollte. Zum Beispiel wollte ich mein Diplom als „Zauberer“ kriegen.

Beim Aufsetzen merkte ich, wie mir der Rücken wehtat. Ich hatte auf dem nackten Boden gelegen. Um mich herum nur brache, trockene, rissige Erde. Soweit ich sehen konnte, gab es kaum Vegetation. Gab es auch keine Insekten? Ich hörte nichts außer dem Knacken und Knistern des Feuers.

Hier draußen war es wirklich still. Ich hatte das Gefühl, dass jedes Geräusch, das ich machte, von der totalen Stille der Nacht verschluckt wurde. Ich konnte mich nicht daran erinnern, schon einmal an einem solchen Ort gewesen zu sein. Im Königreich Asura gab es überall Wiesen und Wälder. Hatte diese Welle aus weißem Licht das angerichtet?

Nein, nein. Laut Hitogami war ich teleportiert worden. Vermutlich war dies der Dämonenkontinent. Ein mir völlig neues und unbekanntes Land. Irgendwie hatte mich das Licht ... Warte.

Was ist mit Ghislaine und Eris?!

Mein erster Instinkt war, aufzuspringen und nach ihnen zu suchen. Aber gerade als ich mich in Bewegung setzte, bemerkte ich ein Mädchen, das hinter mir auf dem Boden schlief und sich mit einer Hand an mein Hemd klammerte.

Ein hübsches, rothaariges Mädchen: Eris. Eris Boreas Greyrat – das Mädchen, das ich damals in Fittoa unterrichtet hatte. Ich werde die Hintergrundgeschichte jetzt auslassen, aber ich hatte ihr zu diesem Zeitpunkt schon drei Jahre lang Lesen und Rechnen beigebracht. Am Anfang war sie eine Naturgewalt: verwöhnt, gewalttätig und völlig außer Kontrolle. Aber ich hatte es geschafft, sie vor Entführern zu retten und ihr vor ihrer Geburtstagsparty das Tanzen beizubringen. Schließlich hatte ich mir ihren Respekt und ihr Vertrauen verdient.

Natürlich hatte sie mich trotzdem täglich geschlagen und getreten. So war sie nun mal.

„Hm.“ Aus irgendeinem Grund war Eris mit einer Art Mantel zugedeckt. Ich lag nur in meinen Klamotten da, aber ... na ja. Wahrscheinlich galt hier der Grundsatz „Ladies first“.

Auch mein Stab „Arroganz des Wasserdrachenkönigs Aqua Heartia“ lag hinter ihr auf dem Boden. Ein wertvoller Stab. Eris hatte ihn mir erst vor ein paar Tagen zu meinem zehnten Geburtstag geschenkt. Zumindest sie hatte auf jeden Fall keine offensichtlichen äußeren Verletzungen. Das war eine Erleichterung.

Aber wo ist Ghislaine?

Ghislaine Dedoldia war sowohl unsere Schwertkampflehrerin als auch Eris’ persönliche Leibwächterin. Sie war eine furchteinflößend geschickte Tiermenschenfrau, die mir im Austausch für eine gewisse Allgemeinbildung die Grundlagen ihres Schwertstils beigebracht hatte. Das Gehirn der Frau bestand angeblich „aus Muskeln“, und ihr Lernniveau war definitiv geringer als das von Eris ... aber in einem Notfall wie diesem wäre sie viel nützlicher als ich. Es war möglich, dass sie das Feuer gemacht und den Mantel über Eris gelegt hatte.

Ich wandte mich von meiner schlafenden Schülerin ab und begann, Ghislaine zu suchen. Als ich mich umschaute, sah ich jemanden am Feuer sitzen, den ich vorher nicht bemerkt hatte.

Aber es war nicht Ghislaine. Es war ein Mann.

Er starrte mich an, still und schweigend, und beobachtete mich. Ich erstarrte wie ein Kaninchen vor der Schlange.

Trotz meines Schocks bemühte ich mich, den Mann ruhig zu beobachten. Er schien uns gegenüber nicht misstrauisch zu sein. Wenn überhaupt, dann war er eher ... hmm. Wie sollte ich es ausdrücken? Etwas an seiner Körpersprache erinnerte mich an die Art und Weise, wie sich früher meine Schwester langsam und zaghaft einer Katze näherte, die sie streicheln wollte.

Hatte er Angst, die Kinder, über die er gestolpert war, zu erschrecken? Dann war er uns zumindest nicht feindlich gesonnen.

Doch im Moment der Erleichterung, fielen mir ein paar beunruhigende Details auf: smaragdgrünes Haar, seine Haut porzellanweiß und ein rotes Juwel auf der Stirn. Außerdem zog sich eine lange Narbe über sein Gesicht. Sein Blick war scharf, er sah streng aus und machte einen höchst gefährlichen Eindruck.

Noch dazu lag neben ihm ein Dreizack.

In meiner frühen Jugend hatte ich eine Zauberlehrerin gehabt, Roxy, die mir viele wertvolle, lebensverändernde Dinge beibrachte. Darunter etwas über ein bestimmtes Dämonenvolk – die Spelled. Ich erinnerte mich noch genau an ihre Worte, sogar jetzt noch.

Sprich nicht mit einem Spelled. Geh nicht in ihre Nähe.

Ich wollte aufspringen, mir Eris schnappen und Fersengeld geben. Aber ich konnte diesen Drang im letzten Moment unterdrücken.

Da schoss mir auch der Rat des Hitogami durch den Kopf: Verlass dich auf den Mann in deiner Nähe. Er wird dir helfen.

Ich hatte natürlich keinen Grund, diesem selbsternannten Gott zu vertrauen. Alles, was mir der sagte, ließ bei mir die Alarmglocken schrillen, und jetzt hatte er mich hier mit diesem unglaublich zwielichtigen Halunken zurückgelassen. Da konnte man doch gar kein Vertrauen fassen? Dieser Typ war ein Spelled, verdammt noch mal. Roxy hatte mir ausführlich erklärt, wie schrecklich und gewalttätig die waren.

Und jetzt will so ein dahergelaufener Gott, dass ich dem half. Okay, gut. Aber wem sollte ich hier vertrauen? Einem zwielichtigen Typen, den ich im Traum getroffen hatte, oder meiner geliebten Magistra Roxy?

Roxy natürlich. Die Frage war es nicht einmal wert, darüber nachzudenken. Das heißt, ich sollte jetzt weglaufen.

Andererseits ... vielleicht war der „Rat“ deshalb überhaupt notwendig. Wäre der Traum nicht gewesen, wäre ich ohnehin automatisch abgehauen. Aber selbst wenn ich es geschafft hätte, irgendwie zu entkommen, was hätte ich als Nächstes tun sollen?

Ich musterte meine Umgebung ein zweites Mal.

Es war dunkel, alles war mir völlig fremd. Rissige Erde und zerklüftete Felsen. Wenn ich Hitogami glauben durfte, war dies der Dämonenkontinent. Das würde bedeuten, dass ich weit weg von Zuhause war.

Da fällt mir ein ... Ich hatte vorhin noch einen anderen seltsamen Traum gehabt, den ich nach dem denkwürdigen Gespräch mit Hitogami fast vergessen hatte. Ich war mit rasender Geschwindigkeit über diese Welt geflogen. Ich flog an Gebirgen, dem offenen Meer, dichten Wäldern und tiefen Tälern vorbei ... an vielen Orten, an denen ich hätte sterben können. Vielleicht war das kein Traum gewesen; vielleicht war ich wirklich teleportiert worden. Die Sache mit dem Dämonenkontinent erschien mir immer plausibler.

Und natürlich wusste ich nicht, woauf dem Kontinent ich war. Lief ich weg, irrte ich nur ziellos auf einem großen, unbekannten Kontinent umher.

Am Ende hatte ich keine andere Wahl. Selbst wenn Eris und ich diesem Mann entkommen könnten, wären wir am Ende hoffnungslos im Nirgendwo gestrandet. Natürlich gab es immer noch die Chance, irgendwo in der Nähe ein Dorf zu finden, wenn die Sonne aufging. Aber war es das wert, alles darauf zu verwetten?

Nein, natürlich nicht. Ich wusste genau, wie schwer es war, sich in einem fremden Land zurechtzufinden.

Beruhige dich, Mann. Tief durchatmen. Du traust diesem Hitogami nicht. Na gut. Aber was ist mit diesem Kerl? Sieh ihn dir genau an. Sieh dir den Ausdruck auf seinem Gesicht an. Er ist ängstlich. Ängstlich und ein bisschen resigniert. Das ist kein unmenschliches Monster ohne Gefühle, okay?

Roxy hatte mir gesagt, ich solle mich von den Spelled fernhalten, aber sie hatte selbst noch nie einen getroffen. In meiner alten Welt hatte ich alles über Vorurteile und Diskriminierung gelernt und wusste, wie Hexenjagden ablaufen. Die Spelled waren gefürchtet, aber vielleicht wurden sie auch nur missverstanden. Roxy hatte mich sicher nicht anlügen wollen, aber es war möglich, dass sie einen falschen Eindruck hatte.

Meine Intuition sagte mir, dass dieser Typ uns nichts tun würde. Er sah nicht annähernd so zwielichtig oder bösartig aus wie Hitogami. Anstatt Roxys Warnung oder dem Rat des Hitogami zu folgen, beschloss ich, meinem eigenen Instinkt zu vertrauen. Auf den ersten Blick hasste oder fürchtete ich den Kerl nicht. Er sah nur ein bisschen ... einschüchternd aus. In diesem Fall würde es nicht schaden, zu reden. Je nachdem, wie das lief, würde ich mich entscheiden.

„Guten Morgen“, rief ich ihm zu.

Nach einer Pause antwortete er mit einem kurzen „Jo“.

So weit, so gut. Hmm. Und wie weiter?

„Bist du ein Götterbote oder so?“

Der Mann antwortete irritiert. „Ich weiß nicht, was du damit meinst, aber ich habe euch hier gefunden. Ihr seid vom Himmel gefallen. Ich weiß, dass Menschenkinder empfindlich sind, also habe ich dieses Feuer gemacht, um euch warmzuhalten.“

Von Hitogami sagt er nichts, hm?Ist der Kerl nicht in den göttlichen Plan eingeweiht? Nach dem, was Hitogami über seine Motive sagte, war es vielleicht nur halb so lustig, mich zu beobachten. Zu sehen, wie andere auf mich reagierten, war wahrscheinlich genauso interessant. Wenn das so ist, könnte dieser Mann wirklich vertrauenswürdig sein.

„Das war aufmerksam von dir. Danke, dass du uns hilfst.“

„Junge, hast du eigentlich keine Augen im Kopf?“

Das war eine merkwürdige Frage. „Was? Nein, alles in Ordnung.“

„Haben dir deine Eltern denn nichts über die Spelled beigebracht?“

„Meine Eltern nicht, aber meine Magistra hat mir eingebläut, mich um jeden Preis von ihnen fernzuhalten.“

Der Mann hielt wieder inne, dann sprach er langsamer und vorsichtiger als zuvor. „Musst du nicht der Lehre deiner Magistra folgen?“ Eigentlich wollte er natürlich fragen: Ich bin ein Spelled. Ist das wirklich in Ordnung für dich? Der Mann wirkte erstaunlich unsicher. „Hast du keine Angst vor mir?“

Keine Angst, nein. Aber ich bin ein bisschen misstrauisch.

Es gab natürlich keinen Grund, das laut zu sagen. „Ich denke, es wäre unhöflich, einen Mann zu fürchten, der mir gerade geholfen hat.“

„Hm. Du sagst die seltsamsten Dinge, Kleiner.“ Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck echter Verwunderung.

Ich dachte nicht, dass ich etwas besonders Merkwürdiges gesagt hatte, aber vielleicht ging der Spelled davon aus, dass jeder bei seinem Anblick schreiend davonlaufen würde. Ich hatte ein wenig über den Laplace-Krieg gelernt, den vierhundertjährigen Konflikt zwischen Menschen und Dämonen, der erst vor einem Jahrhundert endete. Ich wusste, dass die Spelled seit dem Ende des Kriegs gemieden wurden. Die Welt baute langsam ihre Vorurteile gegenüber anderen Dämonenarten ab, aber die Spelled waren definitiv ein besonderer Fall. Alle anderen Völker schienen sie so leidenschaftlich zu verabscheuen wie die Japaner die amerikanischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Sie wurden als so etwas wie die Verkörperung des Bösen schlechthin dargestellt.

Ohne mein Wissen über Rassismus aus meinem alten Leben hätte ich beim Anblick eines solchen wahrscheinlich vor Schreck aufgeschrien.

Der Mann sagte nichts. Er warf einen Zweig ins Feuer, der laut knackte. Eris stöhnte bei diesem Geräusch auf und begann sich zu rühren. Sie war wohl kurz davor, aufzuwachen.

Warte! Das ist nicht gut. Sie wird bestimmt eine Szene machen. Ich sollte mich ihm wenigstens vorstellen, bevor das Chaos ausbricht.

„Ich bin Rudeus Greyrat. Wie heißt du?“

„Ruijerd Spelledia“.

Spelledia war vermutlich der gemeinsame Nachname aller Spelled. So war es bei den dämonischen Völkern üblich. Meistens nahmen nur Menschen Familiennamen an, obwohl es bei den anderen Völkern ein paar exzentrische Ausnahmen gab. Auch Roxys Nachname war Migurdia, wie aus dem Wörterbuch der Dämonenvölker hervorging, das sie mir während meiner Zeit als Eris’ Hauslehrer geschickt hatte.

„Nun, Ruijerd, ich glaube, die junge Dame wird bald aufwachen. Sie kann manchmal sehr laut sein, fürchte ich. Ich möchte mich im Voraus entschuldigen.“

„Das ist nicht nötig. Ich bin daran gewöhnt.“

Angesichts ihrer generell kurzen Zündschnur bestand die Gefahr, dass Eris Ruijerd sofort ein paar Ohrfeigen verpassen würde, sobald sie ihn sah. Wir mussten ein kurzes Gespräch führen, solange wir die Gelegenheit dazu hatten. Das würde hoffentlich verhindern, dass die Dinge später eskalierten.

„Verzeihung. Ich setze mich besser neben dich.“ Mit einem Blick auf Eris, um sicherzugehen, dass sie noch nicht aufgewacht war, schob ich mich um das Feuer herum und ließ mich neben Ruijerd nieder. Aus der Nähe konnte ich seine Kleidung in dem schwachen, flackernden Licht erkennen. Seine bestickte Weste und seine Hose sahen aus wie eine Art Stammeskleidung – etwas, das ein amerikanischer Ureinwohner tragen könnte.

Ruijerd schien sich mehr unwohl zu fühlen als alles andere. Aber ehrlich gesagt war das viel weniger beunruhigend als die aufdringliche Freundlichkeit des Hitogami. Ich sagte: „Ich will nicht das Thema wechseln, aber wo sind wir hier?“

„In der Region Biegoya, im Nordosten des Dämonenkontinents. Wir sind nicht weit von der alten Burg Kishirisu entfernt.“

„Oh. Ich verstehe ...“ Ich hatte die Burg Kishirisu einmal auf einer Karte gesehen. Sie war weit, weit weg von Asura. „Warum sind wir wohl so weit draußen gelandet?“

„Wenn ihr beide es nicht wisst, woher soll ich es dann wissen?“

„Ja, verstehe.“

Na, in einer Welt mit Drachen und Magie können schon mal seltsame Dinge passieren, aber ...

Es schien kein Zufall zu sein, dass wir kurz vor diesem Ereignis auf eine wichtige Figur wie die rechte Hand von Perugius gestoßen waren. Es könnte sogar sein, dass Hitogami ebenfalls eine Rolle gespielt hatte. Wenn wir nur durch Zufall in die Sache hineingeraten waren, war es ein Wunder, dass wir überhaupt noch lebten.

„Nun, auf jeden Fall bin ich sehr dankbar für deine Hilfe.“

„Es gibt keinen Grund zur Dankbarkeit. Sag mir einfach, woher du kommst.“

„Wir kommen aus dem Königreich Asura auf dem Zentralkontinent. Genauer gesagt aus der Stadt Roa in der Region Fittoa.“

„Asura ...? Das ist wirklich weit weg.“

„Ja.“

„Aber keine Sorge. Ich bringe euch gesund und munter zurück.“

Der Nordosten des Dämonenkontinents lag auf der gegenüberliegenden Seite der Landkarte von Asura. Von der schieren Entfernung her war es vergleichbar mit einer Reise von Paris nach Las Vegas. Und in dieser Welt konnte man natürlich nicht einfach in ein Flugzeug steigen. Selbst der Seeweg war nur auf bestimmten Routen möglich, sodass jede interkontinentale Reise lange Umwege über Land erforderte.

„Hast du eine Ahnung, was passiert sein könnte, Kleiner?“

„Nun, ähm ... der Himmel fing plötzlich an zu leuchten, dann tauchte jemand auf, der sich Arumanfi der Lichtblitz nannte, und sagte uns, dass er gekommen sei, um irgendeine Abnormalität zu stoppen. Wir sprachen noch mit ihm, als wir von einer Welle hellen, weißen Lichts getroffen wurden. Und dann wachte ich hier auf.“

„Arumanfi ...? Perugius hat sich also eingemischt? Dann muss die Lage wirklich ernst sein. Du hast Glück, dass du nur teleportiert wurdest.“

„Stimmt schon. Wenn das eine Explosion gewesen wäre, wären wir beide tot.“

Mir fiel auf, dass Ruijerd nicht allzu überrascht über die ganze Sache mit Perugius schien. Vielleicht war es gar nicht so ungewöhnlich, dass unser legendärer Held ab und zu auftauchte. „Übrigens, Ruijerd ... hast du schon mal von einem Hitogami gehört?“

„Hitogami? Das kommt mir nicht bekannt vor. Heißt der so?“

„Egal. Unwichtig.“ Es fühlte sich nicht so an, als würde er mich anlügen, und ich konnte mir auch nicht vorstellen, warum er das sollte.

„Okay ... Asura war’s, nicht wahr?“

„Schon gut, ich würde dich nicht bitten, uns den ganzen Weg zu begleiten. Wenn du uns nur bis zur nächsten Stadt begleiten könntest, denke ich, dass wir–“

„Nein. Ein Krieger der Spelled bricht niemals sein Wort.“ Ruijerds Worte waren fest, seine Stimme voller sturem Stolz. Das reichte aus, um mich dazu zu bringen, ihm zu vertrauen, selbst wenn ich den Rat des Hitogami ignorierte.

Im Moment musste ich jedoch skeptisch bleiben. „Aber wir reden hier von einer Reise ans andere Ende der Welt.“

„Mach dir darüber keine Sorgen, Kleiner.“ Mit diesen Worten streckte der Mann die Hand aus und tätschelte mir zaghaft den Kopf. Ich sah Erleichterung in seinem Gesicht, als ich vor seiner Hand nicht zurückschreckte.

War dieser Typ vielleicht einfach nur kinderlieb? Immerhin ging es hier nicht um einen zehnminütigen Spaziergang nach Hause. Ich konnte sein Versprechen im Moment nicht für bare Münze nehmen ...

„Pass mal auf“, sagte der Mann. „Kennst du die Sprache hier? Hast du Geld? Kennst du den Weg?“

Oh. Aha. Tatsache. Das war mir bis jetzt noch gar nicht aufgefallen, aber ... ich hatte die ganze Zeit in der Menschensprache gesprochen und dieser Dämonenmann antwortete fließend. Interessant. „Ich kann tatsächlich Dämonengott sprechen. Und ich bin ein fähiger Magier, also kann ich Geld für mich selbst verdienen. Wenn du uns in eine Stadt bringst, werde ich herausfinden, wohin wir gehen müssen.“ Ich wollte das Gespräch möglichst in Richtung einer höflichen Ablehnung lenken. Ruijerd selbst mochte zwar vertrauenswürdig sein, aber mir gefiel der Gedanke nicht, dass die Dinge genau so abliefen, wie Hitogami es wollte.

Wenn meine vorsichtigen Worte ihn verletzten, ließ sich der Mann das nicht anmerken. „Ich verstehe. Dann erlaube mir wenigstens, dich zu beschützen. So kleine Kinder im Stich zu lassen, würde die Ehre eines Spelled beschmutzen.“

„Nun, ich möchte einem so stolzen Volk keine Schande machen.“

„Keine Sorge. Darum haben wir uns schon selbst gekümmert.“

Ich kicherte ein wenig, und Ruijerds Mundwinkel zogen sich nach oben. Im Gegensatz zu dem hohlen, beunruhigenden Grinsen des Hitogami steckte hinter seinem Lächeln eine echte Wärme.

„Auf jeden Fall werde ich dich morgen früh in das Dorf bringen, in dem ich wohne.“

„In Ordnung.“

Ich traute diesem sogenannten Gott nicht weiter als von zwölf Uhr bis Mittag, aber es konnte nicht schaden, ihm eine Chance zu geben. Zumindest, bis wir das Dorf erreicht hatten.

★ ★ ★

Einen Moment später riss Eris die Augen auf.

Mit einem Keuchen setzte sie sich auf und sah sich um. Sie sah ängstlich aus, doch dann traf ihr Blick den meinen und sie war sichtlich erleichtert.

Dann bemerkte sie den Mann, der neben mir saß.

„Kyaaaaaaaaaaaaaaaaaaah!!!“ Eris schrie wie am Spieß, fiel auf den Hintern, versuchte, sich aufzurappeln und wegzurennen. Aber ihr gaben die Beine nach und sie fiel wieder zu Boden. „Neeeiiiiiiiiiin!“

Eris war total in Panik. Aber sie schlug nicht heftig um sich und versuchte auch nicht, wegzukriechen. Sie blieb einfach liegen, wo sie hingefallen war, zitterte vor Angst und kreischte aus vollem Hals. „Nein! Nein, nein, nein! Bitte, bitte, nein! Ghislaine! Ghislaine, Hilfe! Ghislaine! Wo bist du? Warum kommst du nicht?! Neeeeein! Ich will nicht sterben! Ich will nicht sterben! Es tut mir so leid! Es tut mir so leid! Es tut mir leid, Rudeus! Es tut mir leid, dass ich dich so verhauen habe! Ich bin so ein Feigling! Tut mir leid, dass ich mein Versprechen nicht halten kann! Aaah ... ah ... Waaaaaaah!“

Schließlich rollte sich das Mädchen wie ein Igel zusammen und weinte. Allein ihr Anblick jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken. Eris? Eris hat so viel Angst ...?

Eris war schon immer ein willensstarkes, selbstbewusstes Mädchen. „Wo ich bin, ist vorn.“ Sie war egoistisch und brutal, und handelte üblicherweise nach dem Motto erst zuschlagen, dann denken. So war sie eben.

Hatte ich mich wirklich getäuscht? Musste man bei einem Spelled wirklich so schnell wie möglich das Weite suchen?

Ich linste vorsichtig zu Ruijerd. Er war die Ruhe in Person. „So reagieren alle“, sagte er.

Nicht dein Ernst, oder?

„Ich bin also seltsam?“

„Ja, du verhältst dich ziemlich seltsam. Aber ...“

„Aber?“

„Ich finde es nicht übel.“

Ich sah sein Gesicht im Profil und spürte, wie einsam er sein musste. Ich hatte eine Idee.

Ich stand auf und ging zu Eris. Eris zuckte ängstlich zusammen, als meine Schritte näher kamen. Ich strich ihr sanft über den Rücken. Das weckte Erinnerungen an ein anderes Leben, an eine Zeit, in der mich meine Oma auf genau dieselbe Weise getröstet hatte. „Komm schon, es ist alles gut. Es gibt nichts, wovor du Angst haben musst.“

„Hicks ... Natürlich gibt es das! Der Kerl da ist ein Spelled!“

Ich verstand immer noch nicht ganz, warum sie so viel Angst hatte, um ehrlich zu sein. Ich meine, das war Eris – einMädchen, das gegen Ghislaine, eine echte Schwertkönigin, furchtlos antrat. Ich hatte nie gedacht, dass sie vor irgendetwas Angst hätte.

„Was ist denn so furchterregend an ihm?“

„Das ist ein Spelled, du Dödel! Die ... Die fressen Kinder! Bei lebendigem Leib! Hick.“

„Hm. Das glaube ich dir nicht.“

Ich drehte mich wieder zu Ruijerd um. Der schüttelte den Kopf. „Wir essen keine Kinder, nein.“

War ja klar.

„Hast du das gehört, Eris? Er frisst uns nicht.“

„Aber ... Aber ... Aber, das ist ein Dämon!“

„Ja, da hast du recht. Aber die Menschensprache kann er doch wirklich gut.“

„Darum geht es doch gar nicht, okay?!“ Eris keuchte und starrte Rudeus an.

Da ist sie wieder. So sollte sie sein. „Hmm, du traust dich aber was. Roll dich wieder zusammen. Dann frisst er dich nicht.“

„Argh! Hör auf, dich über mich lustig zu machen!“ Eris, stinksauer wegen meiner Sticheleien, warf mir einen weiteren Blick zu, der hätte töten können und drehte sich dann zu Ruijerd um ... woraufhin sie wieder anfing zu zittern.

Waren das wirklich Tränen in ihren Augen? Gut, es könnte sein, dass sie sich wieder wie die buddhistischen Wächter vor einem Tempel aufbaute, aber ihre Knie dürften wahrscheinlich wie blöd schlottern.

„Freut mich ... dich kennenzulernen. Ich bin ... E...Eris Bo-Bo-Boreas ... Greyrat!“

Trotz alledem schaffte es das Mädchen, eine höfliche Begrüßung zu stottern. Das war schon ein bisschen komisch, vor allem, nachdem sie ihn erst so böse angeguckt hatte. Aber so hatte sie es vielleicht gelernt. Sich erst vorstellen und dann zum Präventivschlag ausholen.

„Aha. Eris Boboboreas Greyrat? Ihr Menschen gebt euch in letzter Zeit lustige Namen.“

„Nein, nein! Ich heiße Eris Boreas Greyrat! Ich habe nur ein bisschen gestottert, das ist alles! Wie wär’s, wenn du dich mal vorstellst?!“

Kaum war es raus, erschrak sie. „Oh.“ Es schien, als hätte sie für eine Sekunde vergessen, wen sie da anschrie.

„Natürlich. Verzeihung. Ich bin Ruijerd Spelledia.“

Als Ruijerd ruhig antwortete, blitzte ein Ausdruck der Erleichterung auf Eris’ Gesicht auf, der dann schnell einem selbstbewussten, überheblichen Grinsen wich. Sie wollte zeigen, dass sie kein bisschen Angst vor ihm hatte.

„Siehst du? Er ist gar nicht so übel. Wir müssen nur miteinander reden, dann können wir alle Freunde sein.“

„Ja! Du hast recht, Rudeus. Ehrlich, Mutter hat mich ja voll angelogen!“

Sie hatte also von Hilda von den Spelled gehört? Ich war ein bisschen neugierig auf die Geschichten, die man ihr erzählt hatte. Sie müssen ziemlich schrecklich gewesen sein.

Eris’ Reaktion war relativ verständlich. Ich wäre wahrscheinlich mehr als nur ein bisschen ausgeflippt, wenn ich im echten Leben einem Teketeke oder Namahage begegnet wäre.

„Was hat Hilda dir denn über die Spelled erzählt?“

„Sie hat immer gesagt, dass sie mich fressen, wenn ich nicht pünktlich ins Bett gehe.“

Ah, sie waren also der Bibabutzemann zur Schlafenszeit in dieser Welt, hm? So ähnlich wie der Krampus, der die unartigen Kinder in den Sack steckt. „Nun, dieser Spelled macht jetzt nicht den Eindruck, dass er uns mit einem Happs verschlingt. Wenn wir wieder daheim sind, könnten wir doch damit angeben, dass wir uns mit ihm angefreundet haben, oder?“

„Denkst du, Großvater und Ghislaine wären beeindruckt?“

„Natürlich.“

Ich schaute zu Ruijerd hinüber. Er wirkte überrascht. So weit, so gut. „Weißt du, ich glaube, Ruijerd hat wohl nicht viele Freunde. Er würde wahrscheinlich sofort zustimmen, wenn du mit ihm befreundet sein willst.“

„Aber ... aber ...“

Ich hatte das Gefühl, dass ich die Sache ziemlich kindgerecht ausgedrückt hatte, aber Eris zögerte immer noch. Tatsache. Sie hatte ja selbst keine Freunde.

Ich brauchte einen anderen Ansatz. Vermutlich schreckte sie das Wort „Freund“ ab. Das Mädchen brauchte einen kleinen Schubs. „Stimmt’s, Ruijerd?“

„Hm? Äh, natürlich. Das wäre nett, Eris.“ Der Mann brauchte einen Moment, bis der Groschen fiel.

„Nun, wenn du darauf bestehst! Dann ... dann ... dann ... sind wir eben ab sofort Freunde!“

Ruijerds Verbeugung genügte, um auch den letzten Rest von Eris’ Abwehrhaltung zu durchbrechen. Sie war echt einfach gestrickt. Ich kam mir irgendwie lächerlich vor, weil ich so viel nachgedacht hatte.

„Puh. Also gut. Ich glaube, ich ruhe mich noch ein bisschen aus, wenn’s recht ist.“

„Was soll das, Rudeus? Gehst du schon schlafen?“

„Ja. Ich bin müde, Eris. Sehr müde.“

„Wirklich? Tja, das ist schade. Dann gute Nacht.“

Ich rollte mich auf dem Boden zusammen, und Eris legte mir sanft den Umhang um, unter dem sie gelegen hatte. Vermutlich gehörte er Ruijerd. Ich war fix und fertig.

Beim Einschlafen drangen noch ein paar Gesprächsfetzen vom Feuer an mein Ohr.

„Hast du keine Angst mehr vor mir, Kleine?“

„Nö. Alles gut. Ich habe ja Rudeus dabei.“

Gut. Ich werde Eris zumindest sicher nach Hause bringen. Egal, was passiert.

Und mit diesem Gedanken fiel ich in einen tiefen Schlaf.

Kapitel 3: Geheimnisse der Magistra

Und wieder träumte ich. Dieses Mal sah ich eine Gruppe von Engeln vom Himmel herabsteigen. Im Vergleich zu meinen letzten Albträumen versprach dieser Traum ganz angenehm zu sein.

Dann bemerkte ich, dass Teile der Engel durch verpixelte Mosaike verdeckt waren. Beim Näherkommen begannen sie zu kichern und ein gruseliges Grinsen machte sich auf ihren Gesichtern breit.

In dem Moment, als ich merkte, dass dies doch kein schöner Traum sein würde, wachte ich auf.

„Wieder ein Traum ...“

Vor mir breitete sich eine karge, felsige Landschaft aus. Der Dämonenkontinent. Ein riesiges Stück Land, das im Krieg zwischen Menschen und Dämonen auseinandergerissen wurde, die Heimat der verschiedenen Dämonenstämme, die einst vom Dämonengott Laplace vereint worden waren.

Von der Fläche her war er nur etwa halb so groß wie der Zentralkontinent, aber es gab hier nur sehr wenig Vegetation. Das Gelände war terrassiert, zudem wie ein natürliches Labyrinth von Rissen und Spalten durchzogen, und Felswände ragten wie Stufen einer riesigen Treppe in die Höhe, auf Reisen versperrten einem oft mannshohe Felsen den Weg.

Es gab auch eine dichte Konzentration magischer Energie und zahlreiche mächtige Monster trieben hier ihr Unwesen. Angeblich brauchte man zu Fuß von einem Ende zum anderen dreimal so lange wie beim viel größeren Zentralkontinent. Wir hatten einen sehr harten Weg vor uns und ich war mir nicht sicher, wie ich Eris das beibringen sollte.

Doch sie war sehr gut gelaunt und starrte mit leuchtenden Augen auf die Landschaft.

„Du, Eris ... also, ähm, wir sind auf dem Dämonenkontinent und ...“

„Der Dämonenkontinent! Das Abenteuer beginnt!“

Die freut sich? Na gut, dann halt ich vorerst die Klappe. Ich muss ihr jetzt nicht sagen, wie gefährlich das sein wird.

„Gehen wir“, sagte Ruijerd. „Folgt mir.“

Gemeinsam machten wir uns zu dritt auf den Weg über die karge Ebene.

★★★

Offenbar hatte sich Eris mit Ruijerd angefreundet, als ich schlief. Sie plapperte über dieses und jenes, erzählte begeistert von ihrem Leben zu Hause, ihrem Unterricht in Magie und ihrem Schwertkampftraining. Ruijerd trug nicht viel zu dem Gespräch bei, machte aber höfliche Zuhörgeräusche, wenn es angebracht war.

Kaum zu glauben, dass Eris noch in der Nacht zuvor so große Angst vor dem Mann gehabt hatte. Nun war jede Spur von Einschüchterung verflogen. Sie machte sogar ein paar Bemerkungen, die schon fast unhöflich waren. Das machte mich offen gesagt ziemlich nervös, aber Ruijerd schien sich nicht daran zu stören.

Wer hatte denn das Gerücht in die Welt gesetzt, dass die Spelled dazu neigten, die Beherrschung zu verlieren?

Natürlich pflegte Eris nicht mehr ganz so sehr, Leute so grob zu beleidigen, wie sie es früher tat. Edna und ich hatten ihr eingebläut, das zu lassen, also würde sie wahrscheinlich nichts allzu Schreckliches sagen – hoffte ich. Trotzdem konnte man ja nicht wissen, was bei jemandem aus einer anderen Kultur das Fass zum Überlaufen brachte. Ich hatte wirklich gehofft, dass sie hier mehr Feingefühl an den Tag legen würde.

Außerdem neigte Eris selbst dazu, ziemlich schnell wütend zu werden, also ... hoffentlich würde Ruijerd das auch tun.

Ich grübelte so vor mich hin, da hörte ich, wie Eris irritiert die Stimme erhob.

„Rudeus ist also nicht dein älterer Bruder?“

„Natürlichnicht!“

„Aber du heißt doch Greyrat. Das ist doch ein Familienname, oder?“

„Das macht ihn nicht zu meinem Bruder!“

„Wurde er von einer anderen Mutter geboren? Hat er einen anderen Vater?“

„Nein, nein. Das ist es auch nicht.“

„Ich weiß nicht, wie die Menschen diese Dinge sehen, aber du solltest dankbar sein, dass du ihn hast.“

„Du verstehst das alles falsch!“

„Egal, sei dankbar, dass du ihn hast.“

„Hmpf ...“ Ruijerd war fest überzeugt, doch Eris schwankte einen Moment, bevor sie schließlich nachgab. „Natürlich bin ich dankbar ...“

Nicht, dass wir wirklich Geschwister wären, natürlich. Außerdem war sie ja älter als ich.

★★★

Auf dem Dämonenkontinent wuchsen offenbar nur Steine und Felsen. Man konnte es den Dämonen kaum verübeln, dass sie einen Krieg anzettelten, wenn sie in so einem Land festsaßen. Pflanzen? Fehlanzeige. Hin und wieder gab es seltsame Felsen, die aussahen wie ein Kaktus, mehr aber nicht.

„Hm? Ihr wartet hier. Rührt euch nicht von der Stelle, verstanden?“

Etwa alle zehn Minuten befahl Ruijerd uns, uns ruhig zu verhalten und lief alleine voraus. Dieses Mal sprang er mit Leichtigkeit über eine Reihe von massiven Felsbrocken und verschwand schnell aus unserem Blickfeld. Es war unglaublich, wozu der Mann in der Lage war. Ich hatte Ghislaine immer für unglaublich gehalten, aber so im direkten Vergleich, könnte Ruijerd sie tatsächlich übertreffen.

Keine fünf Minuten später kam er zu uns zurück. „Wir können weiter.“

Weitere Erklärungen gab Ruijerd nicht, aber an der Spitze seines Dreizacks war etwas Blut. Vermutlich hatte er eine Art Monster erlegt, das uns den Weg versperrt hatte. Soweit ich mich an Roxys Lexikon erinnerte, fungierte das juwelenartige Ding auf seinem Kopf als eine Art Radar. Er konnte dadurch potenzielle Feinde frühzeitig entdecken, die Dämonen überraschen, bevor sie uns entdeckten und sie im Handumdrehen ausschalten.

„Hey, was machst du da eigentlich die ganze Zeit?“, fragte Eris, ohne lange um den heißen Brei herumzureden.

„Ich kümmere mich um die Monster auf der Straße vor uns“, antwortete Ruijerd kurz und bündig. „Woher willst du denn von ihnen wissen, bevor sie in Sichtweite sind?“

„Ich kann sie sehen.“ Ruijerd strich sein Haar zur Seite und zeigte Eris den glitzernden roten Kristall auf seiner Stirn. Sie zuckte zusammen, aber das „Juwel“ war eigentlich ein ziemlich hübsches Ding, und schon bald starrte sie es neugierig an.

„Oh, aha. Das muss ja praktisch sein!“

„Irgendwie schon, aber manchmal wünschte ich, ich hätte es nicht.“

„Na dann gib es mir doch. Komm schon, ich nehme es dir ab!“

„Ganz so einfach ist es leider nicht.“ Ruijerd lächelte ein wenig.

Höh, Eris reißt jetzt sogar schon Witze. Äh. Das war doch ein Witz, oder?

„Ach ja, Ruijerd ... Ich habe gehört, dass die Monster auf dem Dämonenkontinent sehr stark sind.“