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Wenn Frauen mit psychischen Erkrankungen einen Kinderwunsch entwickeln oder Mutter werden, haben sie viele Fragen und besonderen Beratungsbedarf. Dieses Buch stellt alle Themen zu Kinderwunsch, Schwangerschaft, Geburt und der ersten Zeit mit Kind bei Bestehen einer psychischen Erkrankung dar. Aspekte der Familienplanung, der Betreuung in der Schwangerschaft und um die Entbindung herum werden ebenso behandelt wie das Konzept der Geburtsplanung. Die Behandlungsmöglichkeiten in der Schwangerschaft und Stillzeit, etwa mit Psychopharmaka und Psychotherapie, wie auch Unterstützungsmöglichkeiten und Selbsthilfestrategien werden aufgezeigt. Darüber hinaus werden die jeweiligen Besonderheiten der verschiedenen psychischen Störungen ausführlich erläutert.
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Seitenzahl: 359
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Cover
001_Pohde_Titelei
Vorwort
1 Einleitung und Begriffsklärung
Ihr Wegweiser durch dieses Buch
Themenübersicht
Krankheitsbilder stehen im Mittelpunkt und nicht formelle Diagnosen
»Die Ärztin/der Arzt« – Das Thema Gendern
Häufig verwendete Begriffe vorab erklärt
Pränatal, präpartal, peripartal, postpartal, postnatal
Wochenbettdepression, Wochenbettpsychose
Babyblues
Erkrankung oder Störung
Krankheitsepisode, Krankheitsphase, rezidivierende Erkrankung
Chronifizierung, therapieresistent, schwierig zu behandeln
2 Psychische Erkrankung und Schwangerschaft
Einflussfaktoren auf die psychische Erkrankung
Rückfallrisiko in der Schwangerschaft, nach der Entbindung
Risiko der Vererbung einer psychischen Erkrankung
Herausforderung Mutterschaft
Die Väter nicht vergessen
3 Familienplanung ganz konkret
Familienplanung allgemein
Die Entscheidungsfindung gut gestalten
Hormone, Zyklus, Empfängnisverhütung
Hormonbestimmung, Zyklusbeobachtung
Empfängnisverhütung
Empfängnisfähigkeit abklären lassen
Speziell bei psychischer Problematik
Auswirkungen der psychischen Erkrankung
Mutterschaft und psychische Stabilität
Auswirkungen der Psychopharmaka auf das Kind
Schwangerschaftsvorsorge und Hebamme
Planung der Entbindung
Informationssammlung zur Vorgeschichte
Sondersituation Kinderwunschbehandlung
Sondersituation alleinerziehend
4 Nutzen-Risiko-Abwägung bei der Behandlung
Psychopharmaka
Antidepressiva
Antipsychotika
Beruhigungsmittel und Schlafmittel
Stimmungsstabilisatoren
Nebenwirkungen von Psychopharmaka
Untersuchungen bei Medikamenteneinnahme
Was sind eigentlich Kontraindikationen?
Psychopharmaka in der Schwangerschaft?
Psychotherapie
Qualifikationswege in der Psychotherapie
Welche Psychotherapeutin ist geeignet?
Psychotherapieverfahren als Kassenleistung
Psychoedukation
Entspannungstraining
Analytische Psychotherapie (Psychoanalyse)
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Verhaltenstherapie und kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
Neue problemorientierte Konzepte in der Verhaltenstherapie
Systemische Therapie, Familientherapie
Traumatherapie
Hypnotherapie
Körperorientierte Psychotherapie
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)
Weitere Therapiemöglichkeiten
Lichttherapie
Transkranielle Magnetstimulation
Elektrokrampftherapie
5 Schwangerschaftsvorsorge
Vorsorge nach den Mutterschaftsrichtlinien
Weiterführende Ultraschalluntersuchungen
Schwangerschaftsabbruch bei Auffälligkeiten?
6 Geburtsplanung
Zunächst das Organisatorische
Keine falsche Scham
Vorbesprechung organisieren
Den Partner einbeziehen
Informationen frühzeitig sammeln
Informationen an alle Beteiligten weitergeben
Checkliste für die persönliche Geburtsplanung
Hebammenbetreuung
Hebammenbetreuung rechtzeitig organisieren
Beleghebamme
Familienhebamme
Einzel-Geburtsvorbereitung
Die Entbindung
Neugeborenen-Intensivstation, Perinatalzentrum
Geburtshaus, Hausgeburt, hebammengeleiteter Kreißsaal
Art der Entbindung
PDA und Schmerzmedikation
Stillen oder nicht?
Rund um die Entbindung aus psychiatrischer Sicht
Medikamente vor der Entbindung reduzieren?
Postpartale Prophylaxe?
Anpassung von Stimmungsstabilisatoren nach der Entbindung
Bedarfsmedikation um die Zeit der Geburt herum
Medikamente regelmäßig weiternehmen
Ausreichend Medikamente mit in die Klinik nehmen
Auf Frühwarnzeichen achten
Mit der Psychiaterin einen Notfallplan festlegen
Psychiatrische Weiterbehandlung nach der Entbindung
Umgebungsbedingungen planen
Stressreduktion, Reizabschirmung
Etwas mehr Zeit für die Anpassung an die neue Situation?
Mitaufnahme des Partners
Elternzeit des Partners
Unterstützung organisieren
7 Stillen
Auch beim Stillen gilt die Nutzen-Risiko-Abwägung
Vorplanung des Stillens
Wann und wie ist Abstillen sinnvoll?
Spezielle Fragen zum Stillen
Nur kurzzeitig stillen oder zufüttern?
Hat auch abgepumpte Muttermilch positive Effekte?
Sollte man bestimmte Stillzeiten einhalten?
Worauf muss man bei Medikamenteneinnahme beim Kind achten?
Muttermilch auch für frühgeborene Kinder?
8 Unterstützungsmöglichkeiten
Professionelle Hilfe – Beratungsstellen, Frühe Hilfen und Co.
Beratungsstellen
Medizinische Versorgung, Perinatalzentren
Hebammen und Geburtsbegleitung
Stillberatung
Haushaltshilfe
Frühe Hilfen
Schreibaby-Ambulanz
Elterntelefon
Jugendamt
Unterstützung in Familie und sozialem Umfeld
Elternzeit, Partnermonate und mehr
Unterstützung aus dem Familien- und Freundeskreis
Ehrenamtliche Hilfe
Selbsthilfegruppe Schatten & Licht e. V.
Abgestufte Möglichkeiten der Behandlung
Ambulante Behandlung, Spezialsprechstunden
Teilstationäre, tagesklinische Behandlung mit und ohne Kind
Vollstationäre Behandlung mit und ohne Kind
Stationsäquivalente psychiatrische Behandlung (StäB)
Reha-Behandlung, Mutter-Kind-Kur
Bindungs- und Interaktionsverhalten zum Kind stärken
Feinfühligkeit kann man lernen bzw. verbessern
Fehlende Muttergefühle als Krankheitssymptom
Frühintervention und Behandlung bei Bindungsstörungen
Eltern-Kind-Kurse
»Gut genug« ist ausreichend!
9 Selbsthilfestrategien
Die eigenen Ressourcen nutzen
Strategien zur Entspannung
Progressive Muskelentspannung (PME) nach Jacobson
Autogenes Training (AT)
Imaginationsverfahren, Fantasiereisen
Meditation
Yoga, aktive Entspannung
Wichtige Hinweise zu Entspannungsverfahren
Strategien der Achtsamkeit
Body-Scan
Atem-Meditation
Selbsthilfestrategien bei Depressivität
Das Bild der Waage
Bewegung, Sport, Luft und Licht
Kontakt und Berührung
Aktivitäten und Pausen
Ablenkung, Zeitvertreib
Akzeptanz
Selbsthilfestrategien bei Angstsymptomen
Den Teufelskreis der Angst verstehen
Entschleunigtes Atmen
Alle fünf Sinne einsetzen
Die Angst hereinbitten
Gedankenstopp (nicht nur bei Ängsten)
Grübelstuhl und Grübelzeit
Innerer Ort der Ruhe
Selbsthilfestrategien bei Zwangssymptomen
Zwangsgedanken keine Macht geben
Zwangshandlungen verhindern
Ganz speziell: die Angst vor Infektionen
Ganz speziell: die Angst, dem Baby zu schaden
Selbsthilfestrategien bei traumatischen Erinnerungen
Reden hilft
Schreiben hilft auch
Tresortechnik
Bildschirmtechnik
Innere Helfer
Selbstwirksamkeit stärken
Selbsthilfestrategien bei Schlafstörungen
Schlafhygiene
Pflanzliche Einschlafhilfen
Keine Angst vor Schlaflosigkeit
10 Besonderheiten bei den verschiedenen Erkrankungen
Depressionen
Die typische depressive Episode
Familienplanung bei Depressionen
Depression und Schwangerschaft
Behandlung in der Schwangerschaft
Absetzen oder Umstellen der Medikation?
Schwangerschaftsvorsorge, Geburtsplanung
Depression und Stillen
Bipolare Erkrankungen
Familienplanung bei bipolarer Störung
Bipolare Störung und Schwangerschaft
Behandlung in der Schwangerschaft
Absetzen oder Umstellen der Medikation?
Schwangerschaftsvorsorge, Geburtsplanung
Bipolare Störung und Stillen
Psychosen
Familienplanung bei Psychosen
Psychosen und Schwangerschaft
Behandlung in der Schwangerschaft
Absetzen oder Umstellen der Medikation?
Schwangerschaftsvorsorge, Geburtsplanung
Psychosen und Stillen
Angsterkrankungen
Familienplanung bei Angststörungen
Angststörungen und Schwangerschaft
Behandlung in der Schwangerschaft
Absetzen oder Umstellen der Medikation?
Schwangerschaftsvorsorge, Geburtsplanung
Angststörungen und Stillen
Zwangserkrankungen
Familienplanung bei Zwangserkrankungen
Zwangserkrankung und Schwangerschaft
Behandlung in der Schwangerschaft
Absetzen oder Umstellen der Medikation?
Schwangerschaftsvorsorge, Geburtsplanung
Zwangserkrankung und Stillen
Essstörungen
Familienplanung bei Essstörungen
Essstörung und Schwangerschaft
Behandlung in der Schwangerschaft
Absetzen oder Umstellung der Medikation?
Schwangerschaftsvorsorge, Geburtsplanung
Essstörungen und Stillen
Emotional instabile Persönlichkeit, Borderline-Störung
Familienplanung bei emotionaler Instabilität
Emotionale Instabilität und Schwangerschaft
Behandlung in der Schwangerschaft
Absetzen oder Umstellen der Medikation?
Schwangerschaftsvorsorge, Geburtsplanung
Emotionale Instabilität und Stillen
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und andere Traumafolgestörungen
Familienplanung bei Traumatisierung
PTBS und Schwangerschaft
Behandlung in der Schwangerschaft
Absetzen oder Umstellen der Medikation?
Schwangerschaftsvorsorge, Geburtsplanung
PTBS und Stillen
Sondersituation dissoziative Persönlichkeit, multiple Persönlichkeit
ADHS und ADS
Familienplanung bei ADHS
ADHS und Schwangerschaft
Behandlung in der Schwangerschaft
Absetzen oder Umstellen der Medikation?
Schwangerschaftsvorsorge, Geburtsplanung
ADHS und Stillen
Substanzkonsum, Abhängigkeit
Zigaretten und E-Zigaretten
Alkohol
Beruhigungs- und Schlafmittel
Schmerzmittel
Opiate und opioidhaltige Schmerzmittel
Heroin und Heroin-Substitution
Cannabis und Cannabinoide
Illegale Amphetamine (Speed, Pep)
Methamphetamin (Crystal Meth)
MDMA (Ecstasy)
Kokain und Crack
Familienplanung bei Substanzkonsum bzw. Abhängigkeit
Schwangerschaft bei Substanzkonsum bzw. Abhängigkeit
Schwangerschaftsvorsorge, Geburtsplanung
Stillen bei Substanzkonsum bzw. Abhängigkeit
Psychische Erkrankungen mit körperlichen Beschwerden im Vordergrund
Somatoforme Störungen
Dissoziative Krampfanfälle
Autismus-Spektrum-Störungen
11 Weiterführende Literatur und Links
Rund um Schwangerschaft und Entbindung
Besondere Situationen
Psychische Erkrankungen allgemein
Kohlhammer
Rat + Hilfe
Fundiertes Wissen für Betroffene, Eltern und Angehörige –Medizinische und psychologische Ratgeber bei Kohlhammer
Eine Übersicht aller lieferbaren und im Buchhandel angekündigten Ratgeber aus unserem Programm finden Sie unter:
https://shop.kohlhammer.de/rat+hilfe
Die Autorinnen
Prof. Dr. med. Anke RohdeFachärztin für Psychiatrie und PsychotherapieUniversitätsprofessorin für Gynäkologische Psychosomatik,Universität Bonnwww.rohde-bonn.de
Prof. Dr. med. Christof SchaeferFacharzt für PädiatriePharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie, Charité-Universitätsmedizin Berlinwww.embryotox.de
Dr. phil. Dipl.-Psych. Almut DornPsychologische PsychotherapeutinPraxis für Gynäkologische Psychosomatik, Hamburgwww.almutdorn.de
Prof. Dr. med. Sarah Kittel-SchneiderFachärztin für Psychiatrie und PsychotherapieChair of the Departement of Psychiatry and Neurobehavioural Science, University College Cork, Cork, Irlandwww.ucc.ie/en/psychiatry/people
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1. Auflage 2024
Alle Rechte vorbehalten© W. Kohlhammer GmbH, StuttgartGesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:ISBN 978-3-17-043063-1
E-Book-Formate:pdf:ISBN 978-3-17-043064-8epub:ISBN 978-3-17-043065-5
Auch Frauen mit psychischen Erkrankungen werden Mütter, haben aber einen besonderen Beratungsbedarf. Nicht nur die Sorgen wegen einer eventuell einzunehmenden Medikation spielen eine Rolle, sondern auch andere Fragen stellen sich: Wie schaffe ich es mit meiner Erkrankung, eine gute Mutter zu werden und eine stabile Bindung zu meinem Kind aufzubauen? Was muss ich in der Schwangerschaft und rund um die Geburt beachten? Welche Unterstützungsmöglichkeiten stehen mir zur Verfügung? Und nicht zuletzt: Was kann ich selbst tun, um meinen Wunsch nach einer glücklichen Familie Realität werden zu lassen? Ebenso wie bei einer geplanten Schwangerschaft tauchen diese Gedanken auch bei einer ungeplanten Schwangerschaft auf, dann aber oftmals noch drängender, weil viel weniger Zeit für Überlegungen und Planungen besteht.
Diesen und vielen anderen Fragen soll in diesem Buch nachgegangen werden. Ein weiteres Ziel ist es, mit etlichen Vorurteilen aufzuräumen: So etwa mit der über lange Zeit, manchmal sogar von Ärzten vertretenen Einstellung, dass psychisch erkrankte Frauen generell auf Kinder verzichten sollten. Diese Meinungen sind erfreulicherweise in den letzten Jahrzehnten selten geworden, was mit der Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten und einem größeren Bewusstsein in Medizin und Psychologie bzw. in der Gesellschaft für das Selbstbestimmungsrecht, die Autonomie also, erkrankter Menschen zu tun hat. Auch hinsichtlich der Medikamente haben wir viel hinzugelernt und wissen mittlerweile, dass es kein »absolutes Nein« dafür gibt, wenn eine Frau schwanger ist bzw. werden will. Die Fälle, in denen Frauen einen Rückfall ihrer Erkrankung erleiden, weil alle Medikamente mit der Kinderwunschplanung oder sofort mit Eintreten der Schwangerschaft abgesetzt wurden, werden immer seltener – auch wenn es sie immer noch gibt.
Da viele psychische Erkrankungen, wie etwa Depressionen, Psychosen und Angsterkrankungen, typischerweise im jungen bis mittleren Erwachsenenalter erstmals auftreten, sind Frauen oft bereits erkrankt, bevor sie sich mit der Familienplanung beschäftigen. Schaut man sich die Häufigkeiten der behandlungsbedürftigen psychischen Störungen an, dann wird deutlich, dass das Thema, mit dem wir uns hier beschäftigen, viele Millionen Frauen und ihre Partner betrifft; entsprechende Unsicherheiten sind weit verbreitet. Viele Betroffene machen leider noch immer alle diese Fragen mit sich allein aus, weil sie fürchten, in der Familie oder im Freundes- und Kollegenkreis mitleidig angesehen zu werden oder sogar auf Unverständnis zu stoßen, wenn sie offen über ihre Erkrankung und die daraus entstehenden Probleme sprechen.
Alle diese Aspekte haben uns – die Autorinnen und den Autor dieses Buches – bewogen, unsere jeweiligen langjährigen Erfahrungen zusammenzutragen. Wir können vielleicht nicht alle Ihre Fragen beantworten, aber zumindest einen wichtigen Teil davon. Wir alle haben uns während unserer bisherigen beruflichen Tätigkeit intensiv dem Thema »Psychische Erkrankung und Schwangerschaft« gewidmet. Anke Rohde als Psychiaterin und Psychotherapeutin und langjährige Leiterin der Gynäkologischen Psychosomatik an der Universitätsfrauenklinik Bonn. Christof Schaefer als Kinderarzt und langjähriger Leiter von »Embryotox« an der Charité-Universitätsmedizin Berlin. Almut Dorn als psychologische Verhaltenstherapeutin mit eigener psychotherapeutischer Praxis für Gynäkologische Psychosomatik in Hamburg. Und Sarah Kittel-Schneider als Psychiaterin und Psychotherapeutin an den Universitätskliniken Frankfurt und Würzburg mit vielfältigen Behandlungserfahrungen und wissenschaftlichen Aktivitäten zum Thema.
In diesen Tätigkeiten haben wir in den zurückliegenden Jahren jeweils viele hundert Frauen mit psychischer Erkrankung im Rahmen ihrer Kinderwunschplanung bzw. in der Schwangerschaft persönlich beraten und betreut.
Aus der täglichen Beschäftigung mit der Problematik wissen wir sehr genau, dass betroffene Frauen und ihre Angehörigen nicht immer die professionelle Unterstützung finden, die sie sich wünschen; auf ihre Fragen bekommen sie nicht immer eine fundierte Antwort. Der vorliegende Ratgeber versucht, möglichst viele dieser Fragen zu beantworten, sofern dies allgemein und losgelöst vom Einzelfall möglich ist.
Und wir wollen Sie ermutigen: Werden Sie zur Expertin für Ihre Erkrankung!
Anke Rohde, Christof Schaefer, Almut Dorn, Sarah Kittel-Schneider
Herbst 2023
Inhalt kurzgefasst
Dieses Kapitel soll Ihnen als Leserin bzw. Leser einerseits helfen, sich im Buch zurechtzufinden. Andererseits sollen Sie nachvollziehen können, warum und in welchem Sinne wir bestimmte Begriffe verwenden, und zwar sowohl rund um Schwangerschaft und Entbindung als auch bezogen auf psychische Erkrankungen allgemein.
Inhalt kurzgefasst
Sie finden einen Überblick über die Themen des Buches sowie Erläuterungen, warum wir auf den Gebrauch der formellen ICD-Diagnosen verzichten und in welcher Form wir gendern.
Betroffene, Angehörige oder auch Personen, die aus beruflichen Gründen mit dem Thema befasst sind, haben unterschiedliche Interessen, wenn Sie dieses Buch lesen. Die einzelnen Kapitel sollen deshalb auf die verschiedenen Bedürfnisse eingehen, ohne dass beim Lesen eine bestimmte Reihenfolge eingehalten werden muss. Jedes Kapitel ist inhaltlich so angelegt, dass es für sich allein und damit unabhängig von den weiteren Kapiteln verständlich ist.
Nach allgemeinen Ausführungen zu psychischen Erkrankungen und deren Einflüssen auf Schwangerschaft und Entbindung und umgekehrt folgen Ausführungen zur Familienplanung und zu wichtigen, dabei zu berücksichtigenden Aspekten. Dann folgt ein ausführliches Kapitel zu den verschiedenen Behandlungsstrategien, die bei psychischen Erkrankungen eingesetzt werden, vor allem zum Einsatz von Psychopharmaka, also Medikamenten, die zur Behandlung psychischer Erkrankungen verwendet werden. Dieses Thema ist im Zusammenhang mit Kinderwunsch und Schwangerschaft für Betroffene oftmals mit besonders vielen Ängsten und einem großen Informationsbedürfnis verbunden. Die verschiedenen psychotherapeutischen Verfahren und alternative Behandlungsmöglichkeiten werden ebenfalls beschrieben, bevor eine Vielzahl von Selbsthilfestrategien bei den verschiedenen psychischen Problemen Ihnen als Werkzeuge an die Hand gegeben wird, mit denen sie selbst zu Ihrer psychischen Stabilität beitragen können. Weitere Kapitel widmen sich der Schwangerenvorsorge, dem Stillen und Unterstützungsmöglichkeiten, vor allem rund um die Entbindung. Aus unserer Sicht besonders wichtig sind die Kapitel, in denen es um die Geburtsplanung bei Bestehen einer psychischen Problematik geht und um die Besonderheiten bei den jeweiligen Erkrankungen. Diese Ausführungen sollen Sie darauf aufmerksam machen, dass es große Unterschiede zwischen den verschiedenen Störungsbildern gibt und dass eine sehr persönliche, auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Vorplanung besonders empfehlenswert ist. Die abschließenden Hinweise auf weiterführende Literatur und Internetlinks können verständlicherweise nicht vollständig sein, helfen Ihnen aber vielleicht bei der weiteren Informationssuche.
Da die verwendeten Fachbegriffe in der Regel in den jeweiligen Kapiteln erklärt werden, wird auf ein zusätzliches Glossar von Fachausdrücken verzichtet. Sollten Sie einen bestimmten Begriff suchen, schlagen Sie einfach im Inhaltsverzeichnis nach und informieren sich in dem entsprechenden Kapitel bzw. Abschnitt.
An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, dass wir in diesem Buch auf die speziellen Diagnose-Bezeichnungen verzichten, die beispielsweise in Arztbriefen oder auf Krankschreibungen verwendet werden. Das sind zum Zeitpunkt der Erstellung des Buches noch Begriffe, die die ICD-10 vorgibt. ICD steht für International Classification of Diseases (= Internationale Klassifikation von Krankheiten), die 10 für die 10. Auflage. Das ist derzeit noch das aktuelle Diagnosesystem der WHO (= Weltgesundheitsorganisation). Mittlerweile gibt es zwar eine 11. Auflage, die ICD-11, die eine Reihe von Veränderungen in den Kriterien und Bezeichnungen mit sich bringen wird. Allerdings ist die deutsche Übersetzung zur Zeit der Drucklegung des Buches noch in Arbeit.
Der Vollständigkeit halber wollen wir an dieser Stelle erwähnen, dass sich die Einteilung von Krankheitsbildern in der ICD-10 und auch in der ICD-11 in der Regel nicht an den zugrundeliegenden biologischen und psychologischen Veränderungen orientiert, sondern an Symptomatik und Verlauf. Das hat vor allem damit zu tun, dass die Krankheitsmechanismen immer noch nicht vollständig aufgeklärt sind. Und anders als sonst in der Medizin gibt es keine objektiven Tests, wie etwa Laboruntersuchungen oder Röntgenuntersuchungen, die eine spezielle Diagnose ganz genau belegen können.
Diese ICD-Diagnosen mit den entsprechenden Verschlüsselungen (i. d. R. eine Kombination aus Buchstaben und Zahlen) dienen der leichten Verständigung im medizinischen und psychotherapeutischen Bereich; deshalb finden Sie sie auch in Behandlungsberichten und Arztbriefen. Vielleicht haben Sie selbst die Erfahrung gemacht, dass Ihre Erkrankung von unterschiedlichen Behandlern verschieden eingeordnet wurde. Das kann beispielsweise mit der Schwierigkeit der endgültigen Bewertung einer Erkrankung zu tun haben, weil vielleicht das Bild nicht so typisch ist, oder auch mit Veränderungen im Verlauf, z. B. durch das Auftreten neuer Symptome. So kann es dann auch zu verschiedenen diagnostischen Bezeichnungen und sogar zur Einordnung in unterschiedlichen ICD-Diagnosekategorien kommen.
In den folgenden Kapiteln und vor allem in ▸ Kap. 10, wo es um die einzelnen Erkrankungen geht, verzichten wir deshalb auf die Verwendung der formellen Diagnosen. Sie werden trotzdem keine Schwierigkeit haben, Ihre spezielle Problematik zu erkennen und zu verstehen, in welche Richtung unsere Empfehlungen gehen.
Noch ein Wort zum Gendern: Wir haben uns entschlossen, auf Gendersternchen oder ähnliches zu verzichten und stattdessen die weiblichen und männlichen Berufsbezeichnungen im Wechsel zu verwenden, ohne dabei eine bestimmte Systematik einzuhalten. Bei der konsequenten Verwendung beider Formen wären die Texte an manchen Stellen unübersichtlich und schlecht lesbar geworden. Es versteht sich von selbst, dass jeweils alle Geschlechter gemeint sind, und wir schließen damit selbstverständlich auch non-binäre Personen ein.
Das gleiche trifft übrigens für die Verwendung der Begriffe »Partner« und »Vater des Kindes« zu. Wir sind uns darüber im Klaren, dass heute Regenbogenfamilien in vielen Konstellationen existieren, und wir wissen aus der praktischen Arbeit mit gleichgeschlechtlichen Paaren, dass diese bezüglich Schwangerschaft und Entbindung die gleichen Fragen haben wie heterosexuelle, wenn – vor allem bei der werdenden Mutter – eine psychische Erkrankung besteht. Allerdings haben wir uns, wieder im Sinne der besseren Lesbarkeit, dagegen entschieden, aus dem Partner (mit dem sowohl Ehe- als auch Lebenspartner gemeint sind) die Formulierung »der Partner/die Partnerin« zu machen. Doch selbstverständlich sind bei den entsprechenden Ausführungen immer auch Partnerinnen bzw. Ehefrauen gemeint sowie die Co-Mütter in gleichgeschlechtlichen Beziehungen.
Inhalt kurzgefasst
Eine Vielzahl von Begriffen und Definitionen spielt im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Entbindung eine Rolle, um bestimmte Gegebenheiten bzw. zeitliche Bezüge auszudrücken. Ebenso gibt es viele Bezeichnungen, die Sie als Betroffene kennen sollten, wenn es um psychische Erkrankungen geht. Die wichtigsten davon sind in den folgenden Abschnitten erläutert und – soweit nötig – voneinander abgegrenzt.
Möglicherweise sind Ihnen bei der Beschäftigung mit dem Thema Schwangerschaft und Geburt bereits die verschiedensten Begriffe begegnet, die aber alle irgendwie ähnlich klingen, wie etwa peripartal oder postpartal, und Sie haben sich gefragt, worin der Unterschied liegt bzw. was sie bedeuten. Auch wenn wir uns bemüht haben, in den einzelnen Kapiteln bzw. Abschnitten keinen Begriff unerklärt zu lassen, sind die folgenden Erläuterungen vielleicht hilfreich. Vor allem, wenn Sie zusätzlich andere Informationsquellen verwenden.
In ▸ Tab. 1.1 finden Sie verschiedene Begriffe, die im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Entbindung verwendet werden, um den zeitlichen Bezug deutlich zu machen, auch bei psychischen Problemen, und zwar jeweils mit Erläuterungen zu ihrer Bedeutung und Herkunft.
Das Wort peripartal umfasst alles vor und nach der Entbindung – beispielsweise Depressionen, die bereits vor oder auch erst nach der Entbindung beginnen können. Zunehmend wird dieses Wort anstelle von postpartal verwendet, was nach der Entbindung bedeutet. Und zwar seit sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass sich der Beginn psychischer Probleme im Zusammenhang mit Schwangerschaften und Geburten oftmals gar nicht so genau zeitlich einordnen lässt. Im Nachhinein stellt sich nämlich oftmals die Frage, ob da nicht auch schon vor der Entbindung erste Anzeichen der psychischen Problematik, beispielsweise einer Depression, vorhanden waren, die sich nach der Entbindung dann in voller Stärke gezeigt hat.
Eine Besonderheit ist die oftmals gleichbedeutende Verwendung von postpartal und postnatal. Postnatal wird vor allem in den allgemeinen Medien und in der Laienpresse verwendet. Nimmt man es ganz genau, dann meint postpartal »nach der Entbindung«, während postnatal »nach der Geburt« aus Sicht des Kindes bedeutet, aber auch für den gesamten Geburtsprozess verwendet wird. In der englischen Sprache wird sowohl in der Fachsprache als auch in der Umgangssprache sehr häufig der Begriff postnatal verwendet, z. B. als postnatale Depression; insofern finden Sie ihn wahrscheinlich auch in den Medien bei Ihren Recherchen zu psychischen Problemen nach der Entbindung.
In der deutschen medizinischen Fachsprache verwenden wir den Begriff postpartal, z. B. sprechen wir von postpartalen Komplikationen oder postpartalen Depressionen. Bei Diagnosen in Behandlungsberichten oder auf Überweisungsscheinen begegnet Ihnen in vielen Zusammenhängen auch »pp« als Abkürzung für post partum (= nach der Entbindung).
Wir haben uns in diesem Buch für die Verwendung des Begriffes postpartal entschieden, also für die im Deutschen korrekte Formulierung. Es kann allerdings sein, dass Ihnen in anderen Veröffentlichungen zu diesem Thema postnatal begegnet, was dann im gleichen Sinne zu verstehen ist.
Die Begriffe Wochenbettdepression und Wochenbettpsychose werden im Alltag verwendet, um aufzuzeigen, dass eine Depression oder eine Psychose im zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung aufgetreten ist. Auch im medizinischen Bereich kommt das vor. Völlig korrekt ist das jedoch nicht immer, da das Wochenbett aus gynäkologischer Sicht ein umgrenzter Zeitraum ist. Damit werden die ersten sechs bis acht Wochen nach der Entbindung bezeichnet, in denen sich die schwangerschaftsbedingten Veränderungen des Körpers zurückbilden. Zwar beginnen in diesem Zeitraum die meisten Depressionen und Psychosen, aber auch danach kommen sie vor.
Außerdem haben verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt, dass Depressionen und Psychosen nach der Entbindung in allen wichtigen Punkten vergleichbar sind mit Depressionen und Psychosen, die zu anderen Lebenszeitpunkten auftreten und dass nach einer Entbindung beginnende psychische Störungen im weiteren Leben auch unabhängig davon wiederkehren können.
Genauer spricht man also von Depressionen bzw. Psychosen, die nach der Entbindung begonnen haben – oder in der psychiatrischen Fachsprache ganz korrekt beispielsweise von postpartal beginnender Depression bzw. postpartal beginnender Psychose. Aber auch dabei führt der klinische Alltag zu Verkürzungen, und deshalb werden häufig die Begriffe postpartale Depression bzw. Depression pp. und postpartale Psychose bzw. Psychose pp. verwendet.
Eine alte Bezeichnung für die Wochenbettpsychose, die man allenfalls noch in älteren wissenschaftlichen Arbeiten findet, ist Puerperalpsychose. »Puerperium« kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Niederkunft, Kindbett, Wochenbett. Auch der Begriff Laktationspsychose wird heute kaum noch verwendet. So wurden früher Psychosen genannt, die in der Stillzeit auftraten. Als Laktation wird die Produktion von Muttermilch in der weiblichen Brust bezeichnet; dies leitet sich vom lateinischen lactare (= Milch geben, säugen) ab.
Der Begriff Babyblues ist im englischen Sprachraum geläufig für die Symptomatik, für die wir im Deutschen nur den Begriff Heultage kennen. Da dieser von betroffenen Frauen manchmal als diskriminierend erlebt wird, hat sich auch in der deutschen medizinischen Fachsprache und in den Medien der Begriff Babyblues weitgehend etabliert. Das Fehlen eines »echten« medizinischen Fachbegriffes dafür zeigt übrigens, dass es sich dabei nicht um ein Krankheitsgeschehen im engeren Sinne handelt, sondern vielmehr um eine Reaktion auf die rasche Hormonumstellung nach der Geburt. Der Babyblues prägt bei vielen Frauen die ersten drei bis fünf Tage nach der Entbindung, wobei sich beispielsweise Weinen und Glücklichsein mischen.
Diese Symptomatik, die bei etwa drei von vier Wöchnerinnen auftritt, benötigt keine spezielle Behandlung, da sie sich meist einige Tage nach der Entbindung spontan zurückgebildet hat. Aber es ist durchaus eine besondere Aufmerksamkeit erforderlich, damit nicht übersehen wird, wenn sich daraus eine Depression oder eine andere psychische Problematik entwickelt.
Während Bezeichnungen wie Krankheit oder Erkrankung im Zusammenhang mit körperlichen Problemen üblich sind, wird in psychiatrischen Klassifikationssystemen auch der Begriff Störung als Übersetzung des englischen Wortes Disorder verwendet (z. B. Angststörung). Manche Betroffene bevorzugen den Begriff Störung, weil sie nicht krank sein möchten. Andere wiederum fühlen sich durch Störung bzw. das daraus abgeleitete gestört möglicherweise diskriminiert.
Wir richten uns in diesem Buch nach den geläufigen Bezeichnungen in der Medizin bzw. Psychologie. Nachdem vor einigen Jahrzehnten die gängigen Klassifikationssysteme für psychiatrische Probleme statt Erkrankung weitgehend die Bezeichnung Disorder, also Störung, eingeführt hatten, ändert sich das nun gerade wieder. Das hat u. a. auch mit den Diskussionen zu den verschiedenen Konzepten zu tun, wie diese Störungen bzw. Erkrankungen verursacht werden.
Da das im Wesentlichen theoretische Diskussionen sind, verwenden wir in diesem Buch die Begriffe Störung, Erkrankung und Krankheit gleichbedeutend. Handelt es sich um feste diagnostische Begriffe, bleibt das Wort Störung (wie etwa bei posttraumatische Belastungsstörung).
Die Begriffe Episode und Phase werden in der Psychiatrie gleichbedeutend verwendet. Wichtig ist die darin enthaltene Bedeutung, dass eine psychische Störung phasenhaft abläuft und dass Betroffene zwischen den einzelnen Phasen wieder gesund bzw. weitgehend gesund werden.
Für solche phasenhaft ablaufenden Erkrankungen wird u. a. die Bezeichnung rezidivierend verwendet, was wiederkehrend bedeutet. So spricht man beispielsweise von rezidivierender Depression.
In den meisten Fällen verlaufen psychische Erkrankungen mehr oder weniger phasenhaft. Insbesondere bei Depressionen oder Manien ist eine Krankheitsepisode irgendwann zu Ende, und es folgt eine mehr oder weniger lange Periode von (weitgehender) Gesundheit.
Depressive oder manische Phasen oder auch Psychosen dauern üblicherweise Wochen bis Monate; durch Behandlung kann man diese Dauer in der Regel erheblich verkürzen.
Unbehandelt oder unzureichend behandelt kann es bei psychischen Störungen zur Chronifizierung kommen, dann dauert die Störung manchmal sogar jahrelang. Das kommt auch bei psychischen Problemen rund um die Geburt eines Kindes vor und hat dann unter Umständen anhaltende Auswirkungen auf die gesamte Familie und vor allem das Kind.
Merke
Je länger die psychische Erkrankung besteht und je weiter die Chronifizierung fortgeschritten ist, um so langwieriger wird die Behandlung. Das gilt auch für alle Störungen, die in einer Schwangerschaft oder nach einer Entbindung beginnen. Deshalb unbedingt frühzeitig behandeln lassen!
Spricht eine Erkrankung, z. B. eine Depression, nicht richtig gut auf die übliche Behandlung an, so ist der Begriff therapieresistent oder therapierefraktär gängig. Neuerdings gibt es aber Bestrebungen, statt dieses Begriffes, der unberechtigterweise eine gewisse Hoffnungslosigkeit vermittelt, die Bezeichnung schwierig zu behandeln zu verwenden.
In der Zeit um die Geburt herum sind schwierig zu behandelnde Krankheitsphasen glücklicherweise viel seltener als sonst im Leben; üblicherweise sprechen postpartale psychische Probleme rasch auf die Behandlung an. Aber auch das kann einmal anders sein, weshalb wir in ▸ Kap. 4 Behandlungsarten erwähnen, die dann eingesetzt werden können.
Inhalt kurzgefasst
In diesem Kapitel werden allgemeine Informationen zum Thema Schwangerschaft und Elternschaft bei psychischer Erkrankung vermittelt, die auch Basis für die Ausführungen in den weiteren Kapiteln sind.
Psychische Erkrankungen treten zu etwa 75 % bereits vor dem 25. Lebensjahr erstmals in Erscheinung, wobei es Unterschiede zwischen den einzelnen Krankheitsbildern gibt. In der Zeit um die Geburt eines Kindes (auch Peripartalzeit genannt) sind psychische Erkrankungen im Allgemeinen nicht häufiger als in anderen Lebensphasen. Allerdings erfordern die besonderen Lebensumstände bei einer vorbestehenden psychischen Erkrankung eine besondere Betreuung und manchmal auch besondere Behandlung. Vor allem, um Rückfälle nach der Entbindung möglichst zu verhindern, die bei manchen Erkrankungen ein wichtiges Problem darstellen. Auch kann eine Schwangerschaft oder Geburt der erstmalige Auslöser einer psychischen Erkrankung sein.
Inhalt kurzgefasst
Nicht nur biologische und genetische Aspekte spielen beim Ausbruch einer psychischen Erkrankung eine Rolle, sondern auch Umweltfaktoren, wie etwa von außen hinzukommende Stressoren. Dazu gehören u. a. wichtige Lebensereignisse, wie sie eine Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes darstellen.
Generell gehen wir bei der Entstehung von psychischen Erkrankungen von einer Gen-Umwelt-Interaktion aus. D. h., es liegt eine gewisse biologische und zum Teil vererbte Vulnerabilität (= Empfindlichkeit) vor, die dann im Zusammenspiel mit Umweltfaktoren eine psychische Erkrankung auslösen kann. Solche Faktoren können beispielsweise äußere Stressoren sein, wie etwa besondere Lebensereignisse, Traumatisierungen, körperliche Erkrankungen oder Substanzkonsum. Alle diese Aspekte können sowohl bei der ersten Erkrankung als auch bei einer Wiedererkrankung nach zwischenzeitlicher Gesundung eine Rolle spielen. Welchen Anteil genetische und Umweltfaktoren bei den einzelnen Erkrankungen haben, lässt sich statistisch abschätzen; für die Einzelperson ist das jedoch nicht möglich.
Es ist verständlich, dass es in der besonderen Phase um die Geburt eines Kindes herum mit den vielfältigen biologischen Veränderungen und psychischen Herausforderungen bei dafür empfindlichen (= vulnerablen) Frauen zum erstmaligen oder erneuten Auftreten einer psychischen Erkrankung kommen kann. Zu nennen sind beispielsweise mögliche Ambivalenzen gegenüber der Schwangerschaft, vor allem bei ungeplanter Schwangerschaft. Auch kann die Auseinandersetzung mit der Mutterrolle die Erinnerung an eigene Erlebnisse und Erfahrungen in der Kindheit hervorrufen und so z. B. auch traumatische Erfahrungen wieder zum Vorschein bringen. Die hormonelle Umstellung, die vor allem nach der Geburt sehr drastisch ist, kann zu einer psychischen Destabilisierung führen. Hinzu kommen der Schlafmangel und die komplette Umstellung von Tagesablauf und Tagesrhythmus mit einem neugeborenen Kind in den ersten Wochen. Wenn dann noch kindliche Probleme hinzukommen, wie etwa bei einem Schreibaby, steigt die subjektiv empfundene Belastung immer weiter. Auch die Partnerschaft kann bei der neuen Rollenfindung als Eltern leiden, und eine problematische Partnerschaft ist ebenfalls ein Risikofaktor für eine psychische Erkrankung. Finanzielle Sorgen, unzureichende familiäre Unterstützung und Zukunftsängste sind bei jungen Eltern nicht selten und begünstigen psychische Probleme.
Alle genannten Faktoren können letztendlich bei jeder vorbestehenden psychischen Erkrankung Einfluss haben. Daher ist eine engmaschige Begleitung ebenso wie eine gute Planung, am besten vom Kinderwunsch an, besonders wichtig, um die erhöhten Risiken durch vorbeugende Maßnahmen möglichst zu vermindern.
Inhalt kurzgefasst
Das Rückfallrisiko ist bei den unterschiedlichen Erkrankungen sehr verschieden. Es ist nicht zuletzt davon abhängig, welche Rolle hormonelle Veränderungen und psychologische Belastungen bei der Verursachung der Krankheitsbilder spielen und wie empfindlich die einzelne Betroffene ist. Gibt es bereits Vorerfahrungen mit einer Erkrankung bei einer früheren Schwangerschaft bzw. Geburt, liefert das hilfreiche Anhaltspunkte.
Bei vorbestehenden psychischen Erkrankungen ist allgemein das Rückfallrisiko in der Schwangerschaft nicht höher als in anderen Lebensphasen. Neue Krankheitsphasen können auftreten, kommen aber bei Fortführung der Behandlung mit Psychopharmaka nicht so häufig vor, vor allem wenn die Medikation den körperlichen Veränderungen in der Schwangerschaft angepasst wird. Kommen jedoch zusätzliche psychische Belastungen hinzu (wie etwa familiäre Probleme, Verlusterlebnisse etc.) kann das im Zusammenspiel mit den hormonellen und körperlichen Veränderungen vor allem in der Frühschwangerschaft zu Turbulenzen führen. Auch wenn wegen der Schwangerschaft regelmäßig eingenommene Medikamente plötzlich abgesetzt werden, führt das nicht selten in die psychische Instabilität. Das würde übrigens in jeder anderen Lebensphase auch geschehen, da das abrupte Absetzen einer Medikation fast immer Probleme nach sich zieht.
Merke
Es muss immer geprüft werden, ob eine bestehende Medikation vereinbar mit einer Schwangerschaft ist. In den meisten Fällen zeigt jedoch die Nutzen-Risiko-Abwägung, dass die Fortführung sinnvoll ist aufgrund des sonst deutlich erhöhten Rückfallrisikos.
Nach der Geburt eines Kindes, im Wochenbett, ist die Gefahr eines Rückfalls deutlich erhöht. Gründe dafür sind u. a. die ausgeprägte hormonelle Umstellung, der Schlafmangel und die völlig veränderte Tagesstruktur mit dem Säugling; dadurch bedingter Stress und Überforderung bei den Eltern verstärken die Belastungen. Diese Einflussfaktoren sind bei den verschiedenen Erkrankungen von unterschiedlicher Bedeutung (Näheres dazu ▸ Kap. 10).
Erfahrungen mit all diesen Aspekten liegen wahrscheinlich schon vor, wenn es bereits bei vorangegangenen Schwangerschaften zu Problemen gekommen ist. Bei der Beschäftigung mit dem erneuten Kinderwunsch ist es von besonderer Bedeutung, genau zu analysieren, wie die Umstände waren und an welchen Punkten es gehakt hat. Dann kann man zusammen mit den behandelnden Ärztinnen und Therapeuten aller Fachrichtungen einen Plan gestalten, wie es beim nächsten Mal besser laufen kann.
Unabhängig davon, ob es sich um die erste oder eine spätere Schwangerschaft handelt, empfehlen wir eine umfangreiche Geburtsplanung (= peripartales Management). Unserer Erfahrung nach reduziert eine optimale Vorbereitung deutlich das Risiko eines Rückfalls nach der Geburt. Alle Aspekte der Geburtsplanung sind in ▸ Kap. 6 ausführlich beschrieben.
Inhalt kurzgefasst
Die Sorge, die eigene Erkrankung an das Kind weiterzugeben, ist bei Betroffenen weit verbreitet. Gene sind jedoch in der Gesamtsumme sehr viel weniger von Bedeutung als die Sicherstellung guter Umgebungsfaktoren und Lebensbedingungen für das Kind.
Bei den Erkrankungen, bei denen die Gene einen Anteil am Erkrankungsrisiko haben, stellen sich Betroffene mit Kinderwunsch immer wieder auch die Frage, wie hoch das Risiko für ihre eigenen Kinder wäre, ebenfalls diese Erkrankung zu bekommen. Da psychische Erkrankungen aber nicht nur durch die Gene und vor allem nicht durch ein einzelnes Gen verursacht werden, ist diese Frage deutlich schwerer zu beantworten als bei den sogenannten monogenetischen Erkrankungen (zu denen beispielsweise bestimmte seltene neurologische Erkrankungen mit Veränderungen bei einem einzelnen Gen gehören).
Im Fall der bipolaren Erkrankung, die bei ca. 1 % der Bevölkerung vorkommt, kann man z. B. sagen, dass ein Kind ein ca. 10-fach erhöhtes Risiko hat, selbst zu erkranken, wenn ein Elternteil bipolar ist. D. h., etwa 10 % der Kinder von bipolar Betroffenen sind auch bipolar, 90 % hingegen gesund.
Die Gene kann man nicht beeinflussen, aber die Umweltrisikofaktoren, die bei bestehender Veranlagung zum Ausbruch der Erkrankung beitragen, bis zu einem gewissen Grad durchaus. Dazu gehören u. a. Lebensereignisse und Belastungen. Nicht zuletzt mit dem Ziel, dem Kind die Belastung »frühe Trennung von der Mutter« (falls diese im Falle eines Rückfalls in stationäre Behandlung muss) zu ersparen, ist es deshalb für eine Schwangere mit einer psychischen Erkrankung erstrebenswert, möglichst stabil durch die Schwangerschaft und die Wochen nach der Entbindung zu gehen.
Ganz allgemein kann man sagen, dass man zumindest versuchen kann, die eigene psychische Stabilität zu sichern sowie dem Kind eine gesunde Lebensführung anzubieten und so zu möglichst positiven Umgebungsbedingungen beizutragen. Es geht also bei den Themen dieses Buches auch um eine Verbesserung der Chancen für Ihren Nachwuchs. Auf welche Weise Sie selbst durch Verbesserung Ihrer psychischen Stabilität dazu beitragen können, ist in den folgenden Kapiteln ausführlich dargestellt.
Inhalt kurzgefasst
Die Herausforderung, sich an die neue Rolle als Mutter anzupassen, ist für alle Frauen groß; bei einer psychischen Erkrankung in der Vorgeschichte oder einer akuten Erkrankung rund um die Entbindung aber noch ungleich größer. Inanspruchnahme von Unterstützung und ggf. eine frühzeitige Behandlung sind wichtig bei der Bewältigung der Veränderungen.
Die Lebensveränderungen, die die Geburt eines Kindes verursacht, sind bei allen Frauen sehr bedeutend. Die Mutterrolle bringt eine große Verantwortung mit sich, und die Aufgaben und der Tagesablauf ändern sich grundlegend. Dass die Gewöhnung an die neue Rolle eine gewisse Zeit braucht, ist normal, und das muss sich jede Frau und Mutter zugestehen. Bei Bestehen einer psychischen Erkrankung sind die Herausforderungen ungleich größer.
Dabei macht es durchaus einen Unterschied, ob man sich der Herausforderung alleine stellen muss oder ob man Unterstützung hat; ob man noch die Verantwortung für eines oder mehrere andere Kinder oder weitere Familienangehörige hat, oder ob zusätzliche körperliche Beeinträchtigungen oder Schmerzen (wie etwa Folgen der Entbindung) hinzukommen.
Zu früheren Zeiten, als Menschen auch in Mitteleuropa noch in Großfamilien lebten, war eine Mutter selten von morgens bis abends und jeden Tag allein mit einem Säugling. Das hat sich geändert, und daher ist es nicht verwunderlich, dass viele junge Mütter oder auch Eltern mit der Versorgung eines Säuglings an ihre Grenzen kommen, auch unabhängig von einer psychischen Erkrankung. Dies führt dann durchaus immer wieder einmal zu Unsicherheiten, ob es die richtige Entscheidung war, Mutter zu werden. Ähnliche Zweifel ergeben sich, wenn es nach der Geburt zur psychischen Destabilisierung oder sogar behandlungsbedürftigen Erkrankung kommt und man sich als Betroffene oder Angehöriger fragt, ob »es das wirklich wert war«. Dann ist es wichtig, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen, sich Hilfe und Unterstützung zu suchen und im Team zusammen mit der Familie und dem professionellen Hilfesystem die ganze Situation zu stabilisieren. Sie werden deshalb in diesem Buch wiederholt die Aufforderung lesen, sich jede mögliche Unterstützung zu holen, die Sie bekommen können (ausführliche Informationen dazu ▸ Kap. 8).
Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Freude an dem Kind und der neuen Rolle als Mutter manchmal zu wünschen übriglässt, das betrifft auch psychisch gesunde Mütter. Sollten sich die Muttergefühle und damit die Bindung zum Kind nicht wie erwartet entwickeln, sollte das dennoch zum Anlass genommen werden, die psychische Situation zu überprüfen und sich ggf. therapeutische Unterstützung zu holen (es könnte beispielsweise ein Symptom einer Depression sein). Mit entsprechender Behandlung klingen die Probleme in der Regel rasch ab, die Frauen können ihre Mutterrolle annehmen und sich darin wohl und sicher fühlen.
Inhalt kurzgefasst
Auch Väter können um die Zeit der Geburt ihres Kindes psychisch erkranken und brauchen dann Unterstützung. Ihre psychischen Belastungen sollte man ebenso im Blick haben, damit das ganze Familiensystem möglichst gut funktioniert und sowohl Eltern als auch Kind sich wohl fühlen.
Väter haben eine sehr wichtige Rolle in der Familienbildung und der Entwicklung des Kindes; eine Rolle, die vielleicht noch immer nicht ausreichend anerkannt und wertgeschätzt wird. Die frühzeitige und intensive Verfügbarkeit des Vaters (wie etwa durch Elternzeit direkt nach der Geburt), führt bei den Vätern zu einem besseren Bindungsaufbau zum Kind und wirkt sich positiv auf die Partnerschaft und die spätere Kooperation beim Elternverhalten aus. Und nicht zuletzt auch auf die Entwicklung des Kindes.
Schwieriger wird diese tragende Rolle des Vaters, wenn er selbst von einer psychischen Erkrankung in der Zeit um die Geburt eines Kindes betroffen ist. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen muss man davon ausgehen, dass mindestens 5 % der Väter von peripartalen Depressionen und Angsterkrankungen betroffen sind (Mütter etwa doppelt so häufig). Zu anderen Erkrankungen bzw. Rückfallraten bei psychisch vorbelasteten Vätern gibt es noch kaum Zahlen. Doch jeder in der Psychiatrie Tätige kennt Fälle von Vätern, die nach der Geburt ihres Kindes erneut psychotisch erkrankt sind – die Geburt des Kindes war dabei ein bedeutendes Lebensereignis, wie es bei der Auslösung von Psychosen eine wichtige Rolle spielen kann.
Man weiß, dass Väter mit vorbestehender Depression ein erhöhtes Risiko haben, eine postpartale Depression zu entwickeln. Und auch wenn die Partnerin an einer peripartalen Depression erkrankt ist, erhöht sich das Risiko für den Vater. In diesen Fällen muss er häufig viel Verantwortung bei der Versorgung des Kindes übernehmen, was nach einigen Wochen und Monaten auch bei ihm zu Überforderung und Erschöpfung und dann zur Depression führen kann. Wie bei allen anderen Arten von Depressionen ist dem betroffenen Vater dringend eine psychiatrische bzw. psychotherapeutische Diagnostik und Behandlung anzuraten.
Auch der Übergang in die Vaterrolle ist eine tiefgreifende Veränderung. Es müssen neue Verhaltensweisen erlernt werden, und es kommt zu Veränderungen bezüglich Verantwortung, Zielen und Selbstwahrnehmung. Dies kann bei werdenden Vätern zu Ängsten und Stress führen. Zumindest in den Industrienationen beteiligen sich Väter heutzutage schon viel früher und intensiver bei der Versorgung der Kinder. Dies ist eine erfreuliche gesellschaftliche Entwicklung, kann aber möglicherweise auch dazu führen, dass es zu mehr peripartalen psychischen Erkrankungen bei den Vätern kommt. Neben den psychosozialen Faktoren wie Partnerschaftskonflikten, Überforderung und finanziellen Sorgen spielt auch der Schlafmangel dabei eine Rolle. Insbesondere wenn der Vater einen Teil der nächtlichen Versorgung des Säuglings übernimmt und trotzdem tagsüber in Vollzeit arbeitet, kann er rasch in eine Überlastungssituation kommen.
Ein letzter wichtiger Punkt, der zu Belastungen führen kann, ist die Veränderung der Paarbeziehung – von der Zweierbeziehung (= Dyade) zur Dreierbeziehung (= Triade). Nicht selten fühlen sich Väter zu Beginn aus der engen Beziehung zwischen Mutter und Baby ausgeschlossen. Gerade Frauen mit depressiven Verstimmungen nach der Entbindung haben manchmal besondere Schwierigkeiten, das Neugeborene an andere Personen abzugeben, selbst kurzfristig. Das kann durchaus auch den Vater des Kindes betreffen.
Die schwangerschaftsbedingten hormonellen Veränderungen, die Frauen erleben, gibt es bei den Männern natürlich nicht. Allerdings zeigen erste Erkenntnisse, dass zum Beispiel das männliche Hormon Testosteron bzw. seine Vorstufen absinken, wenn das Kind geboren ist. Das ist von Bedeutung, weil niedrigeres Testosteron mit einer Neigung zu depressiven Symptomen einhergeht. Die genauen Zusammenhänge sind jedoch noch unklar und müssen in Zukunft weiter untersucht werden.
Hinweis
Auch wenn wir es beim Thema Gendern schon erwähnt haben, ist es uns an dieser Stelle wichtig, nochmals zu betonen, dass »Väter« hier stellvertretend für »weitere enge Bezugspersonen« steht, auf die die gleichen Bedingungen zutreffen. Das kann beispielsweise die Co-Mutter in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung sein oder bei Solo-Müttern eine gewählte eng-vertraute Person.
Inhalt kurzgefasst
Allgemeine Fragen der Familienplanung sowie die Entscheidungsfindung und Vorbereitung auf eine neue Familiensituation und die Mutterschaft stehen im Zentrum der folgenden Ausführungen. Ebenso finden Sie Informationen zu Hormonuntersuchungen und Empfängnisverhütung als Teil einer guten Familienplanung sowie zu den Sondersituationen Kinderwunschbehandlung und Solo-Mutterschaft.
Durch die gesellschaftlichen Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten, so etwa Veränderungen der beruflichen Aktivitäten von Frauen und deren Stellung in der Partnerschaft, ist die Entscheidung für oder gegen ein Kind heutzutage oftmals ein sehr bewusster Prozess. Auch die Vielzahl der verschiedenen Familienmodelle beeinflusst die Familienplanung. Im optimalen Fall beginnt die Auseinandersetzung mit dem Thema Kinderwunsch bereits früh in der Partnerschaft.
Inhalt kurzgefasst
Hier gehen wir kurz auf die allgemeinen Fragen ein, mit denen sich alle Paare bei Bestehen eines Kinderwunsches bzw. bei der Planung einer Schwangerschaft auseinandersetzen müssen.
Es gibt eine Vielzahl von Aspekten zu bedenken, wenn man sich mit dem eigenen Kinderwunsch und der Planung einer Schwangerschaft befasst. Und das nicht nur bei Bestehen einer psychischen Erkrankung, dann aber ganz besonders. Dazu gehören folgende Fragen:
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Passt ein Kind in die derzeitige Lebenssituation?
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Ist meine Partnerschaft stabil und tragfähig?
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Trägt mein Partner meinen Kinderwunsch mit?
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Wie sind die finanziellen und wohnlichen Möglichkeiten?
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Wie sieht bei Familienzuwachs die berufliche Perspektive beiderElternteile aus?
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Wann ist das passende Alter für ein Kind?
Das sind ganz persönliche Fragen, bei denen Ihnen Außenstehende – wie etwa behandelnde Ärzte, Ihre Psychotherapeutin oder psychosoziale Beraterinnen einer Schwangerenberatungsstelle – zwar helfen können, aber nur begrenzt, indem sie Ihnen Anregungen geben oder auch auf bestimmte Aspekte hinweisen. Angehörige und Freunde können möglicherweise dazu mehr beitragen, da sie Sie und Ihre Lebenssituation kennen. Wichtig für Sie selbst: Setzen Sie sich mit all diesen Fragen tatsächlich auseinander und kommen Sie nicht einfach zu dem Schluss »Ach, es wird schon klappen«. Das tun Sie sicher bei anderen wichtigen Lebensentscheidungen nicht, und das sollten Sie in dem Zusammenhang ebenfalls nicht tun.
Auch die Hoffnung, dass ein Kind eine kriselnde Partnerschaft wieder »reparieren« könnte, sollte keine Motivation für ein Kind sein. Die Part