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Frauen mit psychischer Störung sind oft bereits in jungem Alter erkrankt, wenn die Familienplanung noch nicht abgeschlossen ist. Bezüglich Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit gibt es vielfältige Ängste, unterschiedlichste ärztliche Empfehlungen tragen zur Verunsicherung bei. Der Ratgeber informiert umfassend zu diesem Thema. Neben möglichen Auswirkungen von Psychopharmaka auf das Kind wird auf Betreuungsbedürfnisse von betroffenen Frauen in der Schwangerschaft und nach der Geburt eingegangen. Fallbeispiele und Erfahrungsberichte veranschaulichen Behandlungsmöglichkeiten und zeigen Mut machende individuelle Verläufe.
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Seitenzahl: 370
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1. Auflage 2015
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-022115-4
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-028642-9
epub: ISBN 978-3-17-028643-6
mobi: ISBN 978-3-17-028644-3
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Vorwort
Danksagung
1
Kinderwunsch und Mutterschaft
Werde ich der Versorgung/Erziehung eines Kindes gewachsen sein?
Gibt es das Risiko, dass ich die Erkrankung an mein Kind weitergebe?
Welche Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten kann ich in der Schwangerschaft und danach in Anspruch nehmen?
2
Einflüsse der Schwangerschaft auf das psychische Befinden
Kann die psychische Erkrankung durch eine Schwangerschaft beeinflusst werden?
Gibt es dabei Unterschiede zwischen den verschiedenen psychischen Störungen?
Warum treten bei manchen Frauen erstmals in der Schwangerschaft Krankheitssymptome auf?
Wie hoch ist das Risiko einer erneuten Krankheitsepisode nach der Entbindung?
Gibt es ein besonderes Risiko einer postnatalen Depression?
Gibt es Möglichkeiten der Vorbeugung?
Was kann die Familie zur Unterstützung tun?
3
Psychopharmaka und ihre Einflüsse
Wie entstehen Fehlbildungen überhaupt?
Was sind die häufigsten Ursachen für angeborene Fehlbildungen?
Mögliche Einflüsse einer Psychopharmakotherapie auf das ungeborene Kind
Langfristige Auswirkungen von Psychopharmaka in der Schwangerschaft auf die Entwicklung des Kindes
Veränderungen durch die Schwangerschaft
Die Frage des Stillens, wenn die Mutter Psychopharmaka einnehmen muss
Wo kann ich mich informieren über das Risiko meines speziellen Medikaments?
Welche Untersuchungen sollte ich durchführen lassen?
4
Informationen zu Medikamenten im Überblick
Antidepressiva
SSRI
Trizyklika
Andere Antidepressiva
Neueinstellung auf Antidepressiva in der Schwangerschaft
Antidepressiva und kindliche Anpassungsstörungen
Antidepressiva im Überblick
Antidepressiva in der Stillzeit
Behandlung mit Neuroleptika (Antipsychotika)
Typische Neuroleptika
Atpische Neuroleptika
Neuroleptika und kindliche Anpassungsstörungen
Neuroleptika (Antipsychotika) im Überblick
Neueinstellung auf Neuroleptika (Antipsychotika) in der Schwangerschaft
Neuroleptika (Antipsychotika) und Verhütung
Neuroleptika (Antipsychotika) und Stillen
Stimmungsstabilisierer (Phasenprophylaktika) in der Schwangerschaft
Lithium
Antiepileptika als Stimmungsstabilisierer
Neuroleptika (Antipsychotika) als Alternative zur Stimmungstabilisierung
Stimmungsstabilisierer (Phasenprophylaktika) im Überblick
Pregabalin in der psychiatrischen Behandlung
Beruhigungs- und Schlafmittel
Benzodiazepine
Neuere Schlafmittel
Andere Beruhigungs- und Schlafmittel
Psychostimulantien
Wenn die Behandlung in der Schwangerschaft nicht »lehrbuchmäßig« möglich ist
5
Die Zeit um die Geburt herum
Die Geburtsplanung (»peripartales Management«)
Die Checkliste abarbeiten – schriftlich niederlegen
Auswahl der Entbindungsklinik – möglichst mit Neugeborenen-Intensivstation
Hebammenbetreuung
Art der Entbindung
PDA und Schmerzmedikation
Bedarfsmedikation um die Zeit der Geburt herum
Stillen oder Abstillen?
Stressreduktion/»Reizabschirmung«
Etwas mehr Zeit für die Anpassung an die neue Situation?
Mitaufnahme des Partners
Unterstützung durch Angehörige
Elternzeit des Kindesvaters
Medikamentöse Vorbeugung nach der Entbindung?
Worauf ist in den ersten Tagen zu achten?
Psychiatrische Weiterbehandlung nach der Entbindung
Vereinbaren Sie einen Notfallplan
6
Häufig gestellte Fragen
Sollte ich wegen einer bestehenden Schwangerschaft die Medikamente absetzen oder umstellen?
Muss in der Schwangerschaft die Dosis angepasst werden?
Ist in der Schwangerschaft eine Depot-Medikation zu empfehlen?
Sind andere Behandlungsmethoden in der Schwangerschaft erfolgreich?
Welche Psychotherapie ist in der Schwangerschaft sinnvoll?
Welchen Stellenwert haben Entspannungsverfahren?
Progressive Muskelentspannung (PMR)
Autogenes Training
Yoga
Imaginative Verfahren
Hilft Lichttherapie in der Schwangerschaft?
Helfen Akupunktur, Homöopathie oder pflanzliche Mittel?
Der Einsatz von Hormonen
Ist Elektrokrampftherapie eine Option in der Schwangerschaft?
Gibt es eine Empfehlung zum Zeitabstand zwischen Medikamenteneinnahme und Stillen?
Sollte man routinemäßig beim Kind den Blutspiegel überprüfen, wenn die Mutter mit Medikamenten stillt?
Kann ein Frühgeborenes gestillt werden, wenn die Mutter Medikamente einnehmen muss?
Rechtfertigt die Gabe von Psychopharmaka einen Schwangerschaftsabbruch?
Was sind die Voraussetzungen für eine medizinische Indikation zum Schwangerschaftsabbruch?
Gibt es nach einer Fehlgeburt oder einem Schwangerschaftsabbruch auch das Risiko einer erneuten Erkrankung?
Welche Hilfsmöglichkeiten kann man schwangeren Frauen noch anbieten?
Was ist mit Essstörungen, Borderline-Störungen, ADHS, Drogenkonsum?
Passen psychische Vorerkrankung und Kinderwunschbehandlung zusammen?
Und wie wäre es mit Adoption?
Und zum Schluss: Was mache ich, wenn mein Psychiater mir die Behandlung verweigert?
7
Fallbeispiele aus der Praxis und Erfahrungsberichte betroffener Frauen
Die Entscheidung für die Stabilität und für Kinder
Lieber auf Nummer Sicher gehen – und den Lebenstraum erfüllen
Auch die kleinsten Warnzeichen beachten, dann läuft alles gut
Ich dachte, ich könnte niemals Mutter werden
Dafür gekämpft und daran gewachsen: erfüllter Kinderwunsch trotz Psychose
Selbst mit Zwillingen gut zurechtkommen
Ein starkes Netzwerk schützt und gibt Sicherheit
Mehr körperliche als psychische Probleme in der Schwangerschaft
Leben unter Zeitdruck: Depressionen und ein lange unerfüllter Kinderwunsch
Die Angst als ständige Begleiterin: Meine Schwangerschaft mit Konstantin
Panikattacken, Befürchtungen, Unsicherheiten – und doch ein glückliches Ende
Wie Ärzte meine glückliche Schwangerschaft trübten
Selbstvertrauen und Mut wachsen… und unsere Familie!
Aus den Komplikationen nach ehrgeizigen Absetzversuchen einiges gelernt
Ein Antidepressivum und Spannungen in der Familie
Der Kampf gegen Zwangsgedanken und Depressionen und für ein zweites Kind
Doch Frau sein können und die Schwangerschaft genießen
Die Stabilität nicht gefährden und auf ein weiteres Kind verzichten
Werdender Großvater und Arzt – Als Angehöriger vom Fach zittert man mit
Und was ist mit den Fällen, die nicht so toll laufen?
Erste psychotische Symptome noch in der Frauenklinik
In der Schwangerschaft waren die Symptome noch zu verbergen
Schlechte Startbedingungen und nicht die richtige Unterstützung
Zu viel Vertrauen in die eigene Stärke
Vorbeugende Dosis nicht hoch genug und ein paar Widrigkeiten
Und wenn die Probleme erst viel später beginnen?
Fazit
8
Anhang
Weiterführende Informationen
Glossar
Medikamente – Substanzen und Handelsnamen
Psychische Störungen wie Depressionen, Angsterkrankungen, Zwangsstörungen und Psychosen treten typischerweise im jungen bis mittleren Erwachsenenalter erstmals auf; deshalb sind Frauen oft bereits erkrankt, bevor sie sich mit der Frage der Familienplanung beschäftigen. Allerdings kann es auch bei bis dahin psychisch gesunden Frauen nach der Entbindung und seltener auch schon in der Schwangerschaft erstmals zu ernsthaften psychischen Symptomen kommen. Während früher eher die Einstellung vertreten wurde, dass Frauen mit behandlungsbedürftigen psychischen Störungen generell auf Kinder verzichten sollten, hat sich mit der Verbesserung therapeutischer Möglichkeiten und einer größeren Berücksichtigung des Selbstbestimmungsrechtes (Autonomie) kranker Menschen der Umgang mit dieser Frage schrittweise verändert. Insbesondere seit der Entwicklung neuer, insgesamt nebenwirkungsärmerer Medikamente stellt sich für psychisch kranke Frauen zunehmend häufiger die Frage, ob ihr Kinderwunsch realisierbar ist und wie sie bei einer geplanten oder ungeplanten Schwangerschaft mit ihrer Erkrankung umgehen sollten. Besonders Ängste hinsichtlich möglicher Auswirkungen von Medikamenten auf das Kind spielen aber nach wie vor eine wichtige Rolle. Da der Umgang mit Fragen der Fruchtbarkeit, Schwangerschaft und Zeit nach der Entbindung selbst für Psychiater nicht zur täglichen Routine gehört, finden Betroffene beim behandelnden Arzt nicht immer die gewünschte Unterstützung. Die Gabe von Medikamenten und speziell Psychopharmaka in der Schwangerschaft oder bei stillenden Müttern ist auch bei Ärzten mit Unsicherheiten verbunden, weil Auswirkungen auf das Kind befürchtet werden. Dies führt gar nicht so selten dazu, dass wegen Kinderwunsches oder bei Feststellung einer Schwangerschaft ein Medikament abgesetzt oder durch ein anderes ersetzt wird – oft abrupt und manchmal mit schwerwiegenden Folgen für die Patientin, wenn sie beispielsweise nach einer langen Phase der Stabilität wieder erkrankt und vielleicht sogar stationär behandelt werden muss. Haben Familienangehörige und Freunde Vorurteile bzw. eine negative Einstellung Medikamenten gegenüber, verstärkt dies die eigenen Ängste und Befürchtungen und trägt zusätzlich zur Verunsicherung der Frauen bei.
Als Leiterin der Gynäkologischen Psychosomatik an der Universitätsfrauenklinik in Bonn (Anke Rohde) bzw. als Leiter von »Embryotox« an der Charité-Universitätsmedizin Berlin (Christof Schaefer) haben wir in den zurückliegenden Jahren jeweils viele hundert Patientinnen mit psychischer Erkrankung in der Vorgeschichte und Kinderwunsch bzw. akuter Erkrankung in der Schwangerschaft persönlich beraten und betreut. Hinzu kommt die Erfahrung von Valenka Dorsch, zu deren Tätigkeit im psychiatrischen Alltag die Behandlung akut psychisch kranker Frauen – auch in der Schwangerschaft und Stillzeit – gehört und die die aktuellen Therapiestrategien und ihre praktische Umsetzung bestens kennt.
Aus der täglichen Beschäftigung mit der Problematik wissen wir sehr genau, dass betroffene Frauen und ihre Angehörigen nicht immer die professionelle Unterstützung finden, die sie sich wünschen; auf ihre Fragen bekommen sie nicht immer eine fundierte Antwort. Der vorliegende Ratgeber versucht, möglichst viele dieser Fragen zu beantworten, sofern dies allgemein und losgelöst vom Einzelfall möglich ist.
Da es hilfreich sein kann, etwas über die Erfahrungen anderer Betroffener zu lesen, haben wir einige der Patientinnen, die in Bonn in der Gynäkologischen Psychosomatik (mit)behandelt wurden, gebeten, ihren Weg bis zur Erfüllung ihres Wunsches nach Kind und Familie zu beschreiben. Diese ganz persönlich von den Frauen verfassten Erfahrungsberichte finden Sie am Ende des Buches, manchmal ergänzt durch die Perspektive des Partners bzw. in einem Fall aus der Sicht eines Großvaters.
Zum Schluss noch der Hinweis, dass aus Gründen der Lesbarkeit in der Regel nur die männliche oder die weibliche Form verwendet wird, zum Beispiel »der Psychiater«, »der Gynäkologe«, »der Hausarzt« und »die Psychotherapeutin«, »die Psychologin«. Selbstverständlich ist auch das jeweils andere Geschlecht gemeint.
Anke Rohde, Valenka Dorsch, Christof Schaefer
September 2014
Prof. Dr. med. Anke Rohde, Gynäkologische Psychosomatik, Zentrum für Geburtshilfe und Frauenheilkunde, Universitätsklinikum Bonn
Dr. med. Valenka Dorsch, Ausbildung als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Forschungstätigkeit in der Gynäkologischen Psychosomatik der Universitätsfrauenklinik Bonn
PD Dr. med. Christof Schaefer, Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie, Charité-Universitätsmedizin Berlin
An dieser Stelle möchten wir uns bei den vielen Frauen bedanken, die als Betroffene mit großer Offenheit über ihre Probleme berichtet haben – immer mit der Zielsetzung, anderen Frauen in ähnlicher Situation zu helfen. Und unser Dank gilt ebenfalls den Partnern bzw. anderen Angehörigen, die aus eigener Perspektive die Erlebnisse schildern.
Ein ganz besonderer Dank gilt Frau Sylvia Nogens, der Leiterin einer lokalen Selbsthilfegruppe von Schatten & Licht e.V. Sie hat sich der Mühe unterzogen, das Manuskript vollständig zu lesen. Ebenso wie Frau Dipl.-Psych. Anne Meurers und Frau Elke Bading; auch ihnen danken wir für die Durchsicht des Manuskripts und vielfältige Anregungen.
Speziell zum Thema Kinderwunsch und Mutterschaft bei psychisch kranken Frauen gibt es kaum wissenschaftliche Untersuchungen. Aus den wenigen Studien weiß man, dass bestimmte Erkrankungen, die einen schweren Verlauf haben – wie etwa die Schizophrenie – mit einer geringeren »Fertilität« einhergehen, das heißt, dass Frauen mit solchen Erkrankungen seltener Kinder haben. Dabei spielen allerdings die nicht seltenen Folgeerscheinungen der Erkrankung eine wesentliche Rolle; das sind die sogenannten Residualzustände, das heißt bleibende Einschränkungen hinsichtlich Belastbarkeit und allgemeinem Funktionsniveau. Aber auch bei solchen Erkrankungen hat sich der Umgang mit Kinderwunsch und Mutterschaft in den letzten Jahren gewandelt, was nicht zuletzt mit den besseren Behandlungsmethoden und den nebenwirkungsärmeren Medikamenten zu tun hat.
Insgesamt hat sich in den westlichen Ländern das Alter, in dem Frauen erstmals Kinder bekommen, in den letzten Jahrzehnten deutlich nach oben verschoben; mittlerweile liegt das Alter von Erstgebärenden bei etwa 30 Jahren. Die Familienplanung wird oft ganz gezielt vorgenommen; zunächst standen Ausbildung bzw. Studium und das berufliche Fortkommen bei beiden Partnern im Vordergrund; die Entscheidung für ein Kind erfolgt schließlich ganz bewusst. Die Frauen sind dann nicht selten bereits Mitte 30 – die »biologische Uhr beginnt zu ticken«, was durchaus einen gewissen Druck erzeugen kann. In dieser Altersspanne haben sich die meisten psychischen Erkrankungen bereits bemerkbar gemacht, die erste oder auch mehrere schwere Krankheitsepisoden waren zu bewältigen. Dann stellt sich für betroffene Frauen und ihre Partner die Frage, welchen Einfluss eine Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes haben können und ob die Frau den Belastungen der Mutterschaft gewachsen sein wird. Insbesondere wenn Medikamente einzunehmen sind, wirft dies viele Fragen auf und verunsichert. Gerade vor diesem Hintergrund beschäftigen sich Frauen mit psychischen Erkrankungen oftmals sehr intensiv mit dieser Frage und machen sich die Entscheidung nicht leicht.
Allgemein kann aus der Sicht der Autoren zum Thema Kinderwunsch gesagt werden, dass sich die Motivation für ein Kind bzw. für den Kinderwunsch bei Frauen mit psychischen Erkrankungen und ihren Partnern nicht unterscheidet von der Kinderwunschmotivation anderer Paare. Für manche ist es ein sehnlicher Wunsch, weil für sie ein Kind auf jeden Fall zu einer Partnerschaft dazugehört. Manche Frauen haben sich schon immer eine große Familie gewünscht, manchmal ist es auch der Partner, der den größeren Kinderwunsch hat. Manche Paare können sich vorstellen, sich auf Kinderlosigkeit einzulassen, falls es nicht spontan klappt. Für andere ist der Kinderwunsch so wichtig, dass sie sogar eine Kinderwunschbehandlung in Erwägung ziehen. Und manche Betroffene entscheiden sich schließlich nach reiflicher Überlegung doch gegen ein Kind. All dies sind Szenarien, wie sie auch bei psychisch gesunden Paaren vorkommen; erschwert werden die Überlegungen allerdings durch Sorgen und Befürchtungen wegen möglicher Einflüsse auf den Krankheitsverlauf und vor allen Dingen nicht auszuschließende Folgen einer Medikamenteneinnahme auf das ungeborene Kind.
Auch dies ist eine Frage, die die meisten Frauen beschäftigt, wenn sie sich dazu entschließen, schwanger zu werden oder eine Schwangerschaft feststellen. Sogar psychisch gesunde Frauen, die selbstbewusst und beruflich erfolgreich und mit ihrem Wunschkind schwanger sind, werden plötzlich unsicher, ob sie sich das alles zutrauen können, ob sie eine gute Mutter sein werden, ob sie mit diesem veränderten Leben zurechtkommen werden, ob sie »alles unter einen Hut kriegen« werden. Insofern ist es ganz selbstverständlich, dass auch Frauen mit einer psychischen Vorerkrankung solche Gedanken haben. Bei ihnen kommen dann noch Überlegungen hinzu, was denn wohl sein mag, wenn eine erneute Krankheitsepisode auftritt, wenn vielleicht sogar ein stationärer Aufenthalt erforderlich ist – nicht nur im Zusammenhang mit der Entbindung. Und nicht zuletzt bewegt die Frage, ob die Belastungen der Versorgung und Erziehung eines Kindes nicht zu viel sein werden, vielleicht aufgrund der Erfahrung, dass die Belastbarkeit im Rahmen der Berufstätigkeit schon oft an die persönlichen Grenzen geführt hat.
Solche Fragen sind sinnvoll und sollten insbesondere bei denjenigen Erkrankungen ernsthaft diskutiert werden, die bereits lange bestehen, mit vielen Krankheitsepisoden einhergegangen sind und bei denen es vielleicht lange gedauert hat, bis die betroffene Frau ihre alte Leistungsfähigkeit wieder erreicht hat. Wenn man sich eingestehen muss, dass die Krankheit doch Folgeerscheinungen mit sich gebracht und dauerhafte Einschränkungen in der Belastbarkeit, dem Selbstvertrauen und der allgemeinen Funktionsfähigkeit hinterlassen hat, wird die Frage zu entscheiden sein, ob dies zum Verzicht auf ein Kind führen muss oder ob der Wunsch nach Familie doch zu realisieren ist, indem man Unterstützungsmaßnahmen in Anspruch nimmt.
Diese Frage stellen sich fast alle Eltern, sobald einer der Elternteile an einer psychischen Erkrankung leidet. Pauschal kann man sagen, dass psychische Erkrankungen in der Regel mit einer gewissen »Vulnerabilität« einhergehen. »Vulnerabilität« meint eine »Empfindlichkeit«, in bestimmten Stress- oder Lebenssituationen krank zu werden. Grundsätzlich können alle Menschen psychisch krank werden, die Empfindlichkeit (Vulnerabilität) der Einzelnen ist aber unterschiedlich. Soweit wir heute wissen, gibt es biologische Anteile an dieser Vulnerabilität, also eine »Veranlagung« zur Erkrankung, die mit den komplizierten Stoffwechselvorgängen im Gehirn zu tun hat. Eine familiäre Belastung mit psychischen Erkrankungen erhöht das Risiko einer Erkrankung. Wenn also die eigenen Eltern oder Großeltern erkrankt sind, dann hat man selbst ein etwas höheres Erkrankungsrisiko als andere Menschen. Und wenn man selbst krank ist, erhöht das wiederum das statistische Risiko beim eigenen Kind. Ob sich dieses Risiko allerdings deutlich erhöht oder nur um wenige Prozentpunkte, kann letzten Endes nur eine humangenetische Beratung für den Einzelfall ergeben, bei der dann die eigene Vorgeschichte, aber auch die Krankheitsgeschichte der Familie berücksichtigt wird.
Vernachlässigen darf man bei diesen Überlegungen nicht, dass die »Veranlagung« nur ein Teil der Verursachung ist, bei manchen Erkrankungen sogar einen sehr geringen Anteil ausmacht. Umgebungsfaktoren, die aktuelle Lebenssituation, Belastungen und Stresssituationen, aber auch Einschränkungen in der Fähigkeit, damit umzugehen (»Coping-Mechanismen«, bzw. Bewältigungsstrategien) sind ebenfalls von Bedeutung und möglicherweise der Grund dafür, dass gerade zu einem bestimmten Zeitpunkt, aus einer bestimmten Lebenssituation heraus eine psychische Erkrankung ausbricht.
Fazit: Es gibt keine klare Vorhersagbarkeit bezüglich einer möglichen Erkrankung des Kindes. Außerdem arbeiten genetische und psychiatrische Wissenschaftler auf Hochtouren daran, entsprechende Mechanismen herauszufinden und vielleicht auch vorbeugende, also präventive Konzepte zu entwickeln. Das Wichtigste, was Betroffene in dieser Hinsicht tun können, ist an ihrer eigenen psychischen Stabilität zu arbeiten, zum Beispiel durch die regelmäßige Einnahme von vorbeugenden Medikamenten und/oder die Inanspruchnahme von Psychotherapie, um die eigenen Bewältigungsstrategien und die Belastbarkeit zu verbessern und so auch entsprechende Verhaltensweisen und Einstellungen an ihr Kind weiterzugeben. Je selbstbewusster und psychisch stabiler ein Kind aufwächst, umso bessere Chancen hat es, trotz einer gewissen Veranlagung später nicht krank zu werden.
Die Frage von Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten sollte spätestens mit Beginn der Schwangerschaft gestellt werden, besser noch vorher – soweit es sich um eine geplante Schwangerschaft handelt. Es gibt eine Vielzahl von unterstützenden Maßnahmen über die partnerschaftliche und familiäre Unterstützung hinaus. Bei Schwangerenberatungsstellen (z. B. Caritas, Diakonie, donum vitae, pro familia, SkF) kann man sich über Hilfsmöglichkeiten informieren, ebenso bei der Krankenkasse (Haushaltshilfe) oder beim Jugendamt (Familienhebamme). In manchen Städten haben sich in den letzten Jahren unter dem Stichwort »Frühe Hilfen« Netzwerke gebildet, die über Unterstützungsmöglichkeiten informieren bzw. diese vermitteln. Eine Recherche im Internet für die eigene Gegend lohnt sich immer.
Schwierig kann es für Frauen sein, Unterstützung anzunehmen, die aufgrund ihrer Persönlichkeit den Eindruck haben, dass sie alles selbst schaffen müssten und die es als Versagen erleben, wenn sie Hilfe in Anspruch nehmen. Die bewusste Entscheidung zur Annahme von Hilfe kann aber ein erster verantwortlicher Schritt sein, um der eigenen kleinen Familie einen guten Start zu ermöglichen.
Jede Schwangerschaft geht mit massiven hormonellen Veränderungen einher. In der Schwangerschaft werden von der Plazenta (Mutterkuchen) verschiedene Hormone gebildet, die für den Erhalt der Schwangerschaft erforderlich sind. So kommt es beispielsweise zu einem massiven Anstieg von Östrogen und Progesteron. Aus anderen Zusammenhängen weiß man, dass solche Hormonveränderungen zu einer psychischen Instabilität führen können. Bestes Beispiel hierfür ist der so genannte »Baby Blues« nach der Entbindung, wo nämlich innerhalb weniger Tage nach der Geburt des Kindes die Hormonwerte wieder auf das alte Niveau zurückfallen und die Gefühle »Achterbahn fahren«. Ein anderes Beispiel sind schwere prämenstruelle Syndrome, von denen manche Frauen betroffen sind, bei denen in bestimmten Phasen des Menstruationszyklus depressive Symptome oder eine ausgeprägte Reizbarkeit auftreten können. Es ist also nicht verwunderlich, dass manche Frauen während der Schwangerschaft schon allein durch die hormonellen Veränderungen mit psychischen Symptomen zu kämpfen haben – selbst Frauen, die völlig gesund sind, erleben in der Schwangerschaft nicht selten Reizbarkeit und Stimmungsschwankungen.
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