Neue Geschichte - Zosimos - E-Book

Neue Geschichte E-Book

Zosimos

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Beschreibung

Die "Neue Geschichte" ("Historia romana" oder "Historia novae") beginnt mit Augustus und skizziert kurz die Zeit bis zum Jahr 270; ab diesem Zeitpunkt wird das Werk umfangreicher und detaillierter. Es schließt mit den Verhandlungen, die der Eroberung Roms im Jahre 410 vorausgingen. Es ist offensichtlich, dass der Autor die Absicht hatte, die Geschichte fortzusetzen, und durch einen Umstand, vielleicht seinen Tod, daran gehindert wurde, sein Vorhaben zu verwirklichen. Das Werk ist eine der wichtigsten Quellen für die römische Geschichte des vierten Jahrhunderts, und auch einzelne Aussagen über die vorangegangene Zeit sind von Bedeutung. Das Werk entbehrt nicht einer vernünftigen Kritik und zeigt den philosophischen Scharfsinn des Autors. Er war ein Heide und der Verehrung der alten römischen Götter zugetan. Er beschreibt insbesondere den allmählichen Verfall des Römischen Reiches und führt dies auf die Tatsache zurück, dass die Römer aufgehört hatten, die alten Götter zu verehren. Er hielt auch an heidnischem Aberglauben fest, z. B. am Einfluss der Sterne auf das Leben der Menschen und an heidnischen Wahrsagern.

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Seitenzahl: 458

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Neue Geschichte

 

ZOSIMOS

 

DIE SCHRIFTEN DER KIRCHENVÄTER

 

 

 

 

 

 

Neue Geschichte, Zosimos

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849660932

 

Cover Design: Basierend auf einem Werk von Andreas F. Borchert, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35892522

 

Der Text dieses Werkes wurde der "Bibliothek der Kirchenväter" entnommen, einem Projekt der Universität Fribourg/CH, die diese gemeinfreien Texte der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Die Bibliothek ist zu finden unter http://www.unifr.ch/bkv/index.htm.

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

Erstes Buch. 2

Zweites Buch. 39

Drittes Buch. 76

Viertes Buch. 108

Fünftes Buch. 155

Sechstes Buch. 197

Fußnoten. 207

 

 

Bibliographische Angaben:

 

Titel Version: Neue Geschichte (BKV) Sprache: deutsch Bibliographie: Neue Geschichte (Historia nea) In: Geschichte des Zosimus. Erster Band und zweiter Band. Aus dem Griechischen zum Erstenmale übersetzt und mit Anmerkungen begleitet von Seybold und Heyler. (Sammlung der neuesten Übersetzungen der Griechischen prosaischen Schriftsteller 10), Frankfurt am Main 1802. Unter der Mitarbeit von: Jürgen Voos und Rudolf Heumann.

 

 

 

 

Erstes Buch

 

Inhalt.

 Wachsthum der Römischen Macht fällt in einen eingeschränkten Zeitraum. (K. 1.) Nachdem die Griechen mit vorzüglicher Tapferkeit die Perser abgetrieben hatten, schwächten sie sich durch innerliche Kriege, und wurden von Philipp und Alexandern unterjocht. (K. 2—4.) Hierauf gelangten die Römer zum Besitze der mächtigsten Herrschaft, welche endlich ein Einziger erhält. (K. 5.) Oktavians meiste Nachfolger sind keiner Erwähnung werth. (K 6—8.) Severus bewies, nach Unterdrückung Albins und Nigers, besondere Tapferkeit gegen die Perser. (K. 8.) Antoninus, dessen Sohn, behielt zwar über Macrinus die Oberhand, wurde aber seiner Ausschweifungen halber umgebracht. (K. 9. 10.) Alexander, hatte seiner rühmlichen Staatsverwaltung ungeachtet, gleiches Schicksal. (K. 11. 12.) Maximinus, war Tyrann. <K. 13—15.) Die beiden Gordiane hingegen, Vater und Sohn, waren des Thrones nicht unwürdig. (K. 16—18.) Philippus. (K. 19—21.) Indessen Decius den Barbaren Widerstand leistet, unterliegt er durch Hinterlist des Prätorischen Präfektes. Gallus, welcher sein Nachfolger wurde, und die Barbaren ihre Verwüstungen weit in die Römischen Gränzprovinzen ausbreiten sahe. (K. 24—27.) Aemilianus findet sein Ende im einheimischen Kriege. (K. 28.) Unter Valerianus Regierung dringen Barbaren von allen Seiten in das Römische Gebiet; Anmaßer in großer Zahl erschüttern den Staat, der Kaiser selbst aber gerieth im Persischen Kriege in feindliche Gefangenschaft, worin er umkam. (K. 29—36.) Gallienus, vorher schon Mitregent des Vaters, ist unfähig das Reich vor Zerrüttung zu schützen. (K. 37—40.) Klaudius treibet zwar mit Tapferkeit die Barbaren zurück, stirbt aber bald an der Pest. (K. 41—46.) Quintillus, dessen Bruder, wählt einen freiwilligen Tod, (K. 47.) weil er sich dem Aurelianus nicht gewachsen fühlte, welcher die Barbaren demüthigte, die Anmaßer, insbesondere Zenobia, unterdrückte, den Staat rettete und durch heilsame Gesetze in Ordnung brachte. (K. 48—62.) Tacitus (K. 63.) und Florianus regieren kurz. Der würdigere, dem Staate nützliche Probus kömmt im Soldatenaufstand um, 64. bis Ende. — Die Supplemente erzählen des Probus Tod, erwähnen des Karus, Numerianus und Karinus.

 

Erstes Kapitel.

 1. Polybius, der Megapolitaner, welcher die merkwürdigen Begebenheiten seiner Zeit aufzeichnen wollte, achtete für gut, durch die Geschichte selbst darzulegen: wie die* Römer, ungeachtet sie sechshundert Jahre, seit Erbauung der Stadt, ihre Nachbarn bekriegten, dennoch keine weitläufige Herrschaft erlangten, 2. ja, nach Bezwingung eines Theils von Italien, durch Hannibals Einfall und die Niederlage bei Kannä, denselben wieder verlohren; hingegen, nachdem die Feinde vor ihren Stadtmauern erschienen waren, auf einen solchen Gipfel des Glücks gelangten, daß sie in nicht vollen drei* und* funfzig* Jahren, nicht nur Italiens, sondern auch des ganzen Libyens sich bemächtigten und selbst Spanien sich unterwarfen. 3. Hierauf trachteten sie weiter, segelten über den Ionischen Meerbusen, überwanden die Griechen, entrissen den Macedoniern die Herrschaft, nahmen deren damaligen König1 lebendig gefangen und führten ihn nach Rom. 4. Von diesen Ereignissen aber kann man nicht wohl menschliche Stärke zur Ursache angeben, sondern den Zwang der Parzen, oder Revolutionen der Gestirne oder den Willen der Gottheit, der dasjenige, was durch unsere Kräfte rechtmäßig unternommen wird, begünstigt. 5. Denn da dieses einen Zusammenhang in die zukünftigen Begebenheiten bringt, dergestalt, daß man eine aus der andern entstehen sieht, so leitet es richtige Beurtheiler der Dinge vielmehr auf die Meinung, als würden durch eine gewisse göttliche Vorsicht die menschlichen Schicksale bestimmt; also daß bei eintretender Fruchtbarkeit thätiger Köpfe die Unternehmungen glücklich von statten gehen; bei überhand nehmendem Mangel aber in die, itziger Zeit sichtbare, Lage verfallen. Was ich hier behaupte, muß ich durch die Begebenheiten selbst deutlicher machen.

 

Zweites Kapitel.

1. Nach dem Trojanischen Kriege bis zur Marathonischen Schlacht haben die Griechen offenbar nichts Merkwürdiges in ihrem eigenen Lande, noch auswärts verrichtet. Als aber Darius durch seine Statthalter mit vielen Myriaden gegen sie zu Felde zog, wurden acht tausend Athener von einem gewissen göttlichen Triebe ergriffen, bewaffneten sich mit den ersten besten Waffen, stürmten denselben entgegen und schlugen sie also, daß sie neun Myriaden erlegten, die übrigen aber zum Lande hinaus trieben. 2. Diese Schlacht machte die Thaten der Griechen glänzender. 3. Als hierauf Xerxes, nach des Darius Tode, mit weit größerer Macht sich rüstete, und gegen die Griechen das ganze Asien heran führte, das Meer mit Schiffen und die Erde mit Landvolk bedeckte, so vereinigte er, um aus Asien nach Europa überzusetzen — gerade als reichten die Elenente, wenn sie sich nicht den bisherigen Gebrauch entzögen, zur Aufnahme seines Heeres nicht hin — die Küsten des Hellesponts mit einander und verschaffte dem übersetzenden Landvolke eine Brücke; 4. der Berg Athos aber wurde durchgraben, um zugleich Meeresfluthen und Schiffe aufzunehmen. Obschon dieses bloße Gerüchte erschröckte, rüstete sich doch Griechenland, so gut es vermochte. 5. Durch die Seeschlacht bey Artemisium und nochmals bei Salamis gewann es einen, vor dem erstern um so glänzendern, Sieg, daß Xerxes, froh mit dem Leben davon zu kommen, flüchtete; nachdem er den größern Theil seiner Kriegsmacht verlohr, der Rest aber bei Platää aufs Haupt geschlagen wurde. Hierdurch erlangten die Griechen einen großen Ruhm, wodurch sie ihre in Asien wohnenden Landsleute befreiten, und beinahe aller Inseln sich bemächtigten.

 

Drittes Kapitel.

1. Wären nun die Griechen, zufrieden mit ihrer gegenwärtigen Lage, innerhalb ihrer Gränzen geblieben, und hätten Athener und Lacedämonier nicht mit einander den ehrsüchtigen Streit wegen der obersten Anführung der Griechen, angefangen, so würden Andere fürwahr niemals Herren von Griechenland geworden seyn. 2. Nachdem aber der Peloponnesische Krieg die Kräfte der Griechen geschwächt, und die Städte in Geldmangel versezt hatte, gewann Philippus die Gelegenheit, sein ererbtes Reich, das keinem der Nachbarn gewachsen war, durch Kunstgriffe und listige Anschläge zu vergrößern. 3. Denn mit Geld gewann er seine und aller seiner Bundesgenossen Völker, ward auf diese Weise aus einem geringen ein mächtiger Fürst, und endigte bei Chäronea siegreich den Krieg mit den Athenern. 4. Nach dem Siege erwies er sich gegen Jedermann milde und gelind, und sann schon darauf, das Reich der Perser anzugreifen. Indem er aber im Begriff war, die hierzu erforderliche Macht zusammen zu bringen, verlor er mitten unter den Zurüstungen das Leben.

 

Viertes Kapitel.

1. Alexander, sein Nachfolger, sezte, als er die Angelegenheiten Griechenlands in Ordnung gebracht hatte, im dritten Jahre seiner Regierung, nach Asien über; 2. überwand mit leichter Mühe die sich ihm widersetzenden Satrapen, und rückte gegen den Darius vor, der mit einem unzählbaren Heere die Gegenden von Issus besezt hatte. 3. Hier wurde er mit den Persern handgemein, erlangte einen unglaublichen Sieg, trieb den Darius in die Flucht, und eilte nach Phönicien, Syrien und Palästina. 4. Was in Tyrus und in Gaza vorfiel, kann man bei den Geschichtschreibern Alexanders lesen. 5. Bei seiner Ankunft in Aegypten bezeugte er dem Jupiter Ammon seine Verehrung, machte trefliche Anordnungen in Absicht auf die Anlegung von Alexandrien, und zog dann wieder aufwärts, um den Rest des Kriegs gegen die Perser zu endigen. 6. Da er überall Anhänger gefunden hatte, gieng er nach Mesopotamien; und auf die Nachricht, Darius sey mit einem weit größern Heere gerüstet, zog er mit der bei sich habenden Macht ihm eilends entgegen, und war in der, bei Arbela gelieferten, Schlacht so siegreich, daß er beinahe das ganze feindliche Heer aufrieb, und, weil Darius mit wenigen Völkern sich flüchtete, das Reich der Perser zerstörte.

 

Fünftes Kapitel.

1. Als aber Bessus den Darius ermordet hatte, und Alexander, nach seinen Verrichtungen in Indien und seiner Rückkehr nach Babylon, gestorben war, 2. wurde die Macedonische Monarchie in Statthalterschaften zertheilt, durch beständige innerliche Kriege geschwächt, und den Römern das Uebrige von Europa vom Glücke unterworfen. 3. Diese bekriegten nach ihrem Uebergange in Asien die Könige von Pontus und den Antiochus, zulezt auch die Beherrscher Aegyptens; und vermehrten in jedem Jahre, so lange die aristokratische Regierungsverfassung bei ihnen dauerte, ihre Herrschaft, weil die Konsuln wetteiferten, an guten Eigenschaften einander zu übertreffen. 4. Wie aber, durch die bürgerlichen Kriege des Sulla und Marius, und hernach des Julius Cäsar und Pompejus des Großen, die Verfassung des Staates zerrüttet wurde, hoben sie die Aristokratie auf, und wählten den Octavianus zum einzigen Beherrscher; überließen dessen Gutbefinden die ganze Verfassung, sezten, ohne es zu merken, die Hoffnungen aller Menschen aufs Spiel, und vertrauten das Wohl oder Wehe eines so großen Reichs der Leidenschaft oder der Gewalt eines Einzigen an. 5. Denn, wollte dieser die Regierung gerade und gerecht verwalten, so war er allein fürwahr nicht im Stande, weder allen nach Nothdurft beizuspringen, indem er den Entferntern schnelle Hilfe zu leisten nicht vermochte; 6. noch so viele Befehlshaber zu finden, die sich geschämt hätten, seine gute Meinung von ihnen zu täuschen; noch überhaupt sich den Verschiedenheiten so vieler Charaktere anzupassen. Uebertrat aber ein Alleinherrscher die Gränzen der Gewalt, und schweifte bis zur Tyrannei aus; verwirrte er die Verrichtungen der Obrigkeiten, übersah dagegen ihre Vergehen; verkaufte das Recht für Geld, und achtete die Unterthanen für Sklaven — von welcher Art die meisten Regenten, ja wohl fast alle, wenige ausgenommen, waren — so mußte dann in diesem Falle nothwendig die unvernünftige Gewalt des Herrschers zum allgemeinen Unglücke ausschlagen. Denn die Schmeichler, welche von denselben dieser Ehrenstellen und Geschenke würdig gehalten werden, reißen die wichtigsten Aemter an sich; 7. hingegen die ruhigen und bescheidenen Bürger, die nicht gleicher Lebensart sich ergeben, sind, wie leicht zu erachten, verdrießlich, daß sie nicht gleiche Vortheile genießen. 8. Hierdurch werden die Städte voll Aufruhrs und Verwirrung; und weil die Staats- und Kriegsämter Leuten gegeben werden, welche Gewinnsucht beherrscht, so macht dieses im Frieden feiner denkenden Männern das Leben kummervoll und ärgerlich, und im Kriege zernichtet es den guten Muth der Soldaten.

 

Sechstes Kapitel.

1. Daß dieses sich also verhalte, zeigte die Erfahrung der vergangenen Zeiten augenscheinlich; nicht weniger dasjenige, was sogleich unter* Oktavianus* Regierung sich zutrug. 2. Denn zu jenen Zeiten ward der vormals nicht gewöhnliche Pantomimentanz2 eingeführet, indem Pylades und Bathyllus solchen zuerst einführten. Hierzu kam noch manches andere, das bis izt Ursache vieles Uebels wurde. 3. Dennoch glaubte man, daß Oktavianus das Regiment auf eine billige Weise verwalte, vornämlich seit er den Rathschlägen des Stoikers, Athenodorus, folgte.* Tiberius* hingegen, dessen Nachfolger, verfiel in die äußerste Grausamkeit, ward seinen Unterthanen unerträglich, wich deren Hasse aus, und endete, auf einer Insel3 verborgen, sein Leben. 4. Kajus Kaligula, welcher an jeder unsinnigen Handlung denselben noch übertraf, ward von dem Chärea aus dem Wege geräumt, welcher durch diese kühne That den Staat von der harten Tyrannei befreite. 5. Auf den* Klaudius, welcher verschnittenen Freigelassenen seine Geschäfte preiß gegeben, und mit Schande bedeckt aus der Welt gegangen war, folgten Nero, und die nach ihm kamen im Besitze der Alleinherrschaft. 6. Besser achte ich es, von diesen nicht das Mindeste zu erzählen, damit das Andenken an ihre sinnlosen und ungereimten Handlungen vertilgt werde. 7. Nachdem Vespasianus* und dessen Sohn* Titus* auf eine anständigere Weise regiert hatten, übertraf* Domitianus* an Grausamkeit, Ausschweifung und Habsucht alle andere, und ward, als er volle funfzehen ganzer Jahre den Staat zerrüttet hatte, von* Stephanus*, der Freigelassenen einem, aus dem Wege geräumt und für seine Bosheit gestraft.

 

Siebentes Kapitel.

1. Hiernächst gelangten tugendhafte Männer zur Regierung,* Nerva* und* Trajanus; und nach diesen Hadrianus* und* Antoninus* der* Fromme, und die beiden Brüder, Lucius* und* Verus. Diese stellten vieles, was zerrüttet war, her, 2. und erwarben nicht nur wiederum, was ihre Vorgänger verlohren hatten, sondern brachten auch einiges zum Reiche, was vorher nicht dazu gehörte. 3. Als aber Kommodus, Sohn des Marcus, die Regierung erlangte, und nicht blos der Tyrannei, sondern auch abgeschmackten Verrichtungen nachhieng, wurde er von der Marcia, seinem Kebsweibe, mit männlichem Muthe ermordet, und Pertinax* zum Herrscher erkohren. 4. Weil aber die Prätorianer4 dessen Genauigkeit in Kriegszucht und Uebungen nicht ertragen mochten, sondern ihn pflichtvergessener Weise umbrachten, so wäre das Reich beinahe in Verwirrung gerathen, indem die Prätorianer die Macht, einen Beherrscher zu setzen, an sich, und dem Senate aus den Händen rissen. 5. Die von ihnen feilgebotene Herrschaft erstand, von seinem Weibe darzu angetrieben,* Didius Julianus*, mehr aus Thorheit, als vernünftiger Ueberlegung. Dieser Kauf der Kaiserherrschaft gab Jedermann ein vormahls nie gesehenes Schauspiel. 6. Denn weder von dem Senate, noch von andern gesetzmäßigen Trabanten wurde er in die kaiserliche Burg eingeführt; sondern lediglich die Soldaten sezten ihn ein, und überlieferten ihm mit Gewalt die Burg und allen in derselben befindlichen Vorrath. 7. Aber kaum war er ernannt, so schafften ihn auch diejenigen, welche ihn dazu erhoben hatten, wiederum auf die Seite. Also glich Didius Julianus auf dem Kaiserthrone gänzlich einer Erscheinung im Traume!

 

Achtes Kapitel.

1. Während der Senat sich einige Zeit besann,5 wem er die Regierung übertragen müsse, wurde [Sev. J. 193.] Severus zum Kaiser ernannt. 2.Weil indessen* Albinus* und* Niger* gleichfalls den Purpur anlegten, so entstunden zwischen denselben bürgerliche Kämpfe. Auch die Städte waren getrennet, indem die einen diesem, die andern jenem Kaiser anhiengen. 3. Endlich nach einer grossen Verwirrung in den morgenländischen Provinzen und in Aegypten, und großer Gefahr von Byzantium, welches auf Nigers Seite sich gewendet, und ihn aufgenommen hatte, siegte die Partei des Severus durch Nigers Ermordung. Und also kam hernach, als auch Albinus Leben und Herrschaft verloren hatte, die alleinige Macht in die Hände des Severus. Dem zufolge beschäftigte er sich mit Verbesserung der ein eingerissenen Fehler, und bestrafte vor allen Dingen diejenigen Soldaten scharf, welche den Pertinax ermordet, und dem Julianus das Kaiserthum in die Hände übergeben hatten.6 Hierauf zog er, nach sorgfältiger Einrichtung des Kriegswesens, gegen die Perser, und eroberte beim ersten Angriffe Ktesiphon und Babylon; auch zog er durch das von Nomaden bewohnte Arabien, verheerte es, und verrichtete noch mancherlei tapfere Thaten. 6. Unerbittlich war er gegen Verbrecher, und zog die Güter derjenigen ein, welche schlechter Handlungen überwiesen waren.

 

Neuntes Kapitel.

1. Viele Städte schmückte er mit kostbaren Gebäuden aus, ernannte seinen Sohn* Antoninus* zum Kaiser, 2. und, als er sterben wollte, bestimmte er denselben und seinen zweiten Sohn* Geta* zu Nachfolgern. Zu ihrem Vormund bestellte er den* Papinianus, einen sehr gerechten Mann, der an Kenntnis der Gesetze und der Kunst, sie in Gang zu bringen, alle Römischen Gesezgeber, vor und nach seiner Zeit, übertraf. 3. Aber er, der Oberster der Prätorianer7 war, wurde dem Antoninus* bald verdächtig, weil er bei Bemerkung seines Hasses gegen Geta, denselben, so viel möglich, von Nachstellungen gegen dessen Leben abhielt. 4. Dieses Hinderniß aus dem Wege zu schaffen, trieb er insgeheim die Prätorianer zu dessen Ermordung an, und tödtete, da er nun freie Hände hatte, seinen Bruder,8 ohne daß selbst die Mutter, zu welcher derselbe seine Zuflucht nahm, ihn zu retten im Stande gewesen.

 

Zehntes Kapitel.

 1. Doch bald büßte auch* Antoninus* den Brudermord, ohne daß man dessen Mörder erfahren hätte;9 2. worauf die in Rom befindlichen Soldaten [Macrin. J. 217.] Macrinus, den Obersten der Prätorianer; die Morgenländischen aber einen jungen Emesener, als Verwandten von Antoninus Mutter, zum Kaiser ausriefen. 3. Weil indessen jedes Heer, bei seiner eigenen Ernennung beharrete, gab es einen bürgerlichen Zwist, indem die Anhänger des Emesenischen Antonins denselben nach Rom führen wollten, die bei Macrinus befindlichen Soldaten aber aus Italien10 zogen. 4. Da die Heere zunächst Antiochiens in Syrien zusammentrafen, unterlag Macrinus gänzlich. Flüchtig verließ er das Lager, ward auf der Fahrt zwischen Byzantium und Chalkedon gefangen, und mit vielen Wunden ermordet.11

 

Eilftes Kapitel.

1. Antoninus, welcher die Oberhand erhalten hatte, verfolgte die Anhänger Macrins als Feinde, führte auch sonsten einen schändlichen und schimpflichen Wandel und hing sich an Magier und Gaukler. 2. Diese übermässige Ausschweifung ertrugen die Römer nicht; tödteten ihn, und zerstückelten seinen Körper, und ernannten Alexandern, der auch von Severus abstammte,12 zum Kaiser. [Alex. J. 222.] 3. Dieser gab, als ein noch junger Herr von treflichen Talenten, jedermann gute Hofnungen von seiner Regierung, indem er zu Obersten der Prätorianer den Flavianus und Chrestus bestellte; Männer, die in Kriegsgeschäften nicht unerfahren, und auch gar wohl im Stande waren, die Angelegenheiten des Staates in Friedenszeiten zu besorgen. 4. Weil aber des Kaisers Mutter, Mammäa, für sie zum Rathgeber und gewissermassen als Theilhaber an der Gewalt den* Ulpianus* bestellt hatte, der ein sehr guter Gesetzgeber und fähig war, das Gegenwärtige wohl anzuordnen, und in die Zukunft zu sehen; so wurden darüber die Soldaten unwillig, und sannen insgeheim auf dessen Ermordung. 5. Allein Mammäa entdeckte es, kam der Hinterlist zuvor, räumte deren Urheber weg, und ernannte den Ulpianus zum einzigen Prätorischen Präfekt. 6. Doch gerieth er bei den Kriegsheeren, aus Ursachen, welche ich wegen der verschiedenen Angaben der Geschichtschreiber von seiner Absicht, nicht genau bestimmen kann, in Verdacht, und wurde in einem entstandenen Aufruhr ermordet, ohne daß selbst der Kaiser ihm zu helfen vermocht hätte.

 

Zwölftes Kapitel.

[Alexand.] 1. Hierauf verloren die Soldaten nach und nach ihre Zuneigung zu Alexandern, zeigten sich seinen Verordnungen abgeneigt, und schritten zu Aufruhr, aus Besorgniß wegen ihrer Zügellosigkeit gestraft zu werden. 2. Sie vereinigten sich, und sezten einen Antoninus auf den Thron. Allein dieser ertrug die Bürde der Regierung nicht, und machte durch Flucht sich unsichtbar. Darauf ward ein gewisser* Uranius* von sklavischer Herkunft ausgerufen, aber bald darauf im Purpur zum Alexander geführt.13 3. Indessen wuchs der Haß gegen den Kaiser, der wegen seiner überall bedrängten Lage an Körper und Geist geschwächt war, also daß ihn auch die Schwachheit des Geistes ergriff, indem er mit Schätzesammeln sich ganz beschäftigte, welche er bei seiner Mutter aufhäufte.14

 

Dreizehntes Kapitel.

1. In dieser übeln Lager seiner Angelegenheiten wurden die ohnedies schon übel gegen ihn gesinnten Legionen in Pannonien und Mösien damals noch mehr zum Abfalle geneigt. 2. Bei diesem Hange [Max. J. 235.] zum Aufruhr ernannten sie den* Maximinus*, Obersten der Pannonischen Reiterei, zum Kaiser. Dieser achtete es leicht, den unvorbereiteten Kaiser zu überfallen, sammelte alle in seiner Nachbarschaft liegenden Truppen und rückte nach Italien vor. 3. Alexander aber, welcher sich unter den Völkerschaften am Rheine aufhielt, und dort diesen Aufruhr erfuhr, beschleunigte seine Reise nach Rom. 4. Er bot den Soldaten und dem Maximinus selbst Verzeihung an, wenn sie von ihren Unternehmungen abstünden. Als er aber dadurch sie nicht unterwerfen konnte, gab er alle Hofnung auf, und überlieferte sich gewissermaßen selbst dem Mordschwerdt. 5. Mammäa, die mit den Prätorischen Präfekten15 aus der Burg heraus gieng, in der Absicht den Tumult zu stillen, wurde ebenfalls getödtet, und die Staatsbeamten nebst ihr. Als nun des Maximinus Herrschaft bevestiget war, gereuete es jedermann, eine gemäßigte Regierung gegen eine grausame Herrschaft vertauscht zu haben. 6. Denn als ein Mensch von niedriger Herkunft, unterdrückte er bei seiner uneingeschränkten Gewalt alle guten Eigenschaften seines Temperaments,16 und wurde jedermann unerträglich. Denn er behandelte nicht nur die in Staatsämtern stehenden Männer auf eine schimpfliche Weise, sondern bewies sich in jedem Geschäfte grausam, schäzte allein die Verleumder, welche vorzüglich die ruhigen Bürger, als Schuldner der kaiserlichen Kassen angaben. 7. Ja er gieng aus Geldbegierde soweit, daß er Leute ohne Untersuchung hinrichten ließ; das Gemeindevermögen der Städte einzog, und hernach den Bürgern auch ihre eigenthümliche Habe wegnahm.

 

Vierzehentes Kapitel.

1. Die unter den Römern stehenden Völker fanden sich durch diese heftige Grausamkeit bedrückt, und geriethen über die offenbaren Räubereien, in [die beiden Gordiane J. 237.] Aufruhr. Die Einwohner Libyens ernannten den Gordianus und dessen Sohn zum Kaiser. Sie schickten den Konsularen Valerianus, nachmaligen Kaiser, nebst andern als Gesandte nach Rom. 2. Der Senat gab gerne seine Einwilligung zu dem, was geschehen war, und machte Anstalten zur Wegschaffung des Tyrannen, indem er die Soldaten zum Aufruhr reizte, und das Volk an die, gegen jeden insbesondere und überhaupt gegen Alle begangene Ungerechtigkeiten erinnerte. 3. Als nun jedermann hierüber seinen Beifall bewies, erkiesten sie* zwanzig* Männer, welche in der Kunst Heere anzuführen, geübt waren; und aus diesen wiederum zween, den* Balbinus* und* Maximus*, denen man die höchste Gewalt gab, und nachdem die nach Rom führenden Straßen voraus besetzt waren, machten sie sich zum Widerstande gefaßt.

 

Funfzehntes Kapitel.

 1. Als Maximinus auf die Nachricht hiervon mit den Maurischen und Gallischen Kriegsvölkern gegen Rom zog, so verschloß ihm die Besatzung von Aquileja die Thore: weshalb er die Stadt belagerte. 2. Endlich aber traten auch dessen Anhänger auf die Seite des gemeinen Besten, und vereinigten sich mit denenjenigen, welche den Maximinus aus dem Wege zu räumen trachteten. Hierdurch in die äußerste Gefahr versezt, führte er seinen Sohn dem Kriegsheere als einen Fürbitter, vor, der durch seine Jugend dessen Zorn in Mitleid verwandeln sollte. 3. Aber mit noch größerem Zorne ermordeten sie den Jüngling auf eine jämmerliche Weise und dann den Vater selbst augenblicklich. 4. Einer lief hinzu, hieb den Kopf ab und brachte ihn, als augenscheinliches Zeichen des Siegs, nach Rom. Von dieser Furcht erlöset, erwartete man nun die Ankunft der Kaiser aus Libyen.

 

Sechzehntes Kapitel.

1. Diese aber waren in einem heftigen Sturme auf ihrer Fahrt17 umgekommen; und der Senat [der jüngere Gordianus. J. 238.] übergab nun die ganze Regierung Gordianus, dem Sohne des einen von beiden. 2. Von izt an entsagte das Römische Volk der Traurigkeit, die es vorher ergriffen hatte, indem der Kaiser dasselbige durch Schauspiele und Kampfübungen davon abbrachte. 3. Indessen aber jedermann, wie aus einer langen Schlafsucht erwachte, entsponn sich eine geheime Nachstellung gegen den Kaiser, indem Maximus und Balbinus einige Soldaten gegen ihn anstifteten; 4. nach deren Entdeckung sowohl die Urheber des Komplottes, als auch nicht wenige Theilnehmer niedergemacht wurden.18

 

Siebenzehntes Kapitel.

 1. Nicht lange hernach verlohren auch die Karthaginenser alle Zuneigung zum Kaiser, und erhoben den Sabianus auf den Thron. 2. Als aber Gordianus die Kriegsmacht in Bewegung sezte, vereinigten sie sich wiederum mit demselben, lieferten ihm den Nebenbuhler um die Herrschaft aus, erhielten dadurch Verzeihung, und wurden von der sie bedrohenden Gefahr errettet. 3. Um diese Zeit vermählte sich Gordianus mit der Tochter des Timesikles,19 eines wegen seiner Gelehrsamkeit berühmten Mannes. Diesen bestellte er zum Obersten der Prätorianer, und schien dadurch das seiner Jugend zur Staatsverwaltung Fehlende zu ersetzen.

 

Achtzehntes Kapitel.

[Der jüngere Gordianus.] 1. Nach befestigter Regierung erwartete man einen Angrif der Perser auf die morgenländischen Völkerschaften, indem Sapor nach dem Artaxerxes, welcher die Herrschaft von den Parthern wiederum auf die Perser gebracht hatte, den Thron bestieg. 2. Denn nach den Zeiten Alexanders, des Sohnes von Philipp und dessen Nachfolger in der Macedonischen Herrschaft, als Antiochus den Oberbefehl über die obern Statthalterschaften führte, hatte Arsaces, ein Parther, aus Verdruß über die seinem Bruder Teridates zugefügte Beschimpfung, Krieg gegen den Statthalter des Antiochus erregt,20 und die Parther veranlaßt, nach Vertreibung der Macedonier, die Herrschaft auf sich selbst zu bringen. Damals nun unternahm der Kaiser mit allen Zurüstungen einen Krieg gegen die Perser. 3. Als nun gerade das Römische Heer den Sieg in der ersten Schlacht davon getragen hatte, starb Timesikles21, der Oberste der Prätorianer, und verminderte gar sehr das wegen Sicherheit der Regierung zum Kaiser gefaßte Zutrauen. 4. Denn durch die Ernennung des Philippus zum Prätorischen Präfekt zerrann allmählig die Zuneigung der Soldaten gegen Gordianus. 5. Denn Philippus, welcher von dem sehr schlimmen Volke der Araber stammte und aus geringen Umständen zu einem großen Glücke emporgekommen war, fühlte, gleich bei der Uebernahme seiner Befehlshaberstelle, Lust zum Kaiserthum. 6. Er brachte daher diejenigen aus dem Kriegsvolke, welche zu Aufruhr geneigt waren, auf seine Seite; und ließ, da er sahe, daß Proviant in Menge für das Heer zusammen gebracht wurde, die damit beladenen Schiffe tiefer ins Land fahren, indessen der Kaiser bei Karrä und Nisibis mit dem Heere weilte; 7. damit dasselbe, von Hunger und Mangel des Nothwendigen gedrückt, zum Abfalle gereizt würde.

 

Neunzehntes Kapitel.

 1. Der Erfolg entsprach seiner Absicht. Die Soldaten nahmen von dem Mangel an Lebensmitteln den Vorwand, umringten den Gordianus auf eine unziemliche Weise, räumten ihn als die Ursache von dem Verderben des Heers, aus dem Wege, und bekleideten, der Abrede gemäß, den [Philip. J. 244.] Philippus mit dem Purpur. 2. Mit Sapor schloß er Friede unter eidlichen Versicherungen, und zog nach geendigtem Kriege nach Rom. Die Soldaten machte er durch reichliche Geschenke sich geneigt, in die Stadt aber schickte er Boten voraus, mit der Nachricht, Gordianus sey an seiner Krankheit gestorben. 3. Bei seiner Ankunft daselbst, brachte er die in Staatsämtern stehenden Männer durch freundliche Reden auf seine Seite; und weil ers für nöthig achtete, die vornehmsten Befehlshaberstellen seinen nächsten Verwandten zu ertheilen, 4. so gab er seinem Bruder Priscus den Oberbefehl über das Kriegsvolk in Syrien; seinem Eidam Severianus aber vertraute er die Kriegsmacht in Mösien und Macedonien an.

 

Zwanzigstes Kapitel.

1. [Philippus]. In der Meinung, sich hierdurch die Regierung gesichert zu haben, that er einen Kriegszug gegen die Karpier,22 die schon die Gegenden an der Donau verwüsteten. 2. In der Schlacht hielten die Barbaren den Angriff nicht aus, flüchteten sich in eine Burg, und wurden daselbst belagert. 3. Wie sie aber ihre, da und dorthin zerstreut gewesene Mannschaft sich wieder sammlen sahen, faßten sie auch zugleich Muth, schlichen sich hinaus, und fielen in das Römische Heer. 4. Aber dem Anfalle der Mauritanier nicht gewachsen, thaten sie Friedensvorschläge, die Philippus gerne annahm, und abzog. 5. Da es zu eben derselben Zeit allerlei Verwirrungen im Staate gab, so erhoben die morgenländischen Provinzen, welche durch die Steuerforderungen und die jedem unerträgliche Aufführung des dortigen Statthalters Priscus gedrückt waren, den Jotapianus auf den Herrscherthron; die Legionen in Pannonien und Mösien aber den Marinus.

 

Ein und zwanzigstes Kapitel.

1. Philippus bat, in der Bestürzung über diese Vorfälle, den Senat, entweder in der gegenwärtigen Lage ihm beizustehen, oder, wenn sie an seinem Regimente Misfallen hätten, solches ihm abzunehmen. Als nun keiner das mindeste antwortete, so versicherte* Decius*, welcher von vorzüglicher Herkunft und Ansehen war, ausserdem auch durch jede Art von guten Eigenschaften sich auszeichnete, er sey ohne Ursache darüber niedergeschlagen; 2. denn Sachen, welche auf keine Weise Festigkeit haben könnten, zerfallen leichtlich von sich selbst. 3. Wiewohl nun, was Decius nach seiner Erfahrenheit in Geschäften vermuthet hatte, nämlich die baldige Hinwegräumung des Jotapianus und Marinus, wirklich eintraf, so minderte sich dennoch Philippus Furcht nicht, weil er den Haß der Legionen gegen ihre dortigen Anführer und Obersten kannte. 4. Deswegen lag er dem Decius an, den Oberbefehl in Mösien und Pannonien zu übernehmen. Wie er sich aber dieses aus dem Grunde verbat, es sey dem Kaiser selbst nicht vortheilhaft, 5. so zwang er ihn durch Drohungen,23 nach Pannonien zu gehen, um die Anhänger Marins auf bessere Gesinnungen zu bringen. 6. Die daselbst stehenden Soldaten, welche ihn zur Bestrafung der Verbrecher ankommen sahen, fanden es zuträglicher, die obschwebende Gefahr abzutreiben, und sich zugleich einem Regenten zu unterwerfen, der sich des Staates besser annehmen, und vermöge seiner politischen und kriegerischen Talente, den Sieg über Philipp mit leichter Mühe erhalten würde.

 

Zwei und zwanzigstes Kapitel.

[Decius J. 249.] 1. Sie bekleideten demnach den Decius, welcher der Zukunft halber schon für sich besorgt war, mit dem Purpur, und nöthigten ihn wider seinen Willen die Regierungssorge zu übernehmen. 2. Auf die Nachricht von dessen Ernennung, sammelte Philipp die Kriegsheere, und zog aus, ihn anzugreifen. 3. Wiewohl nun des Decius Partei die größere Zahl ihrer Gegner bemerkte, so faßten sie dennoch Muth wegen der Erfahrenheit und umfassenden Vorsicht ihres Oberhaupts. 4. Im Kampfe beider Heere selbst überwog bei dem einen die Menge, bei dem andern hingegen der Anführer; daß also von Philipps Heere viele umkamen, worunter er selbst war. Auch sein Sohn, den er mit dem Titel als Cäsar beehrt hatte, wurde ermordet.24 5. Auf diese Art gelangte Decius zum Besitz der höchsten Gewalt.

 

Drei und zwanzigstes Kapitel.

1. Bei der überall entstandenen Verwirrung, weil Philipp um Staatsgeschäfte sich unbekümmert bewiesen hatte, waren auch die Scythen über den Don25 gegangen, und hatten die Thracischen Gegenden verwüstet. 2. Gegen diese zog Decius aus, überwand sie in allen Treffen, und nahm ihnen die gemachte Beute ab. Er gedachte nun, um sie gänzlich aufzureiben, und ihnen für immer die Vereinigung zu einem feindlichen Angriffe unmöglich zu machen, ihnen den Rückzug abzuschneiden. 3. Daher stellte er den Gallus mit hinreichender Kriegsmacht an die Ufer des Dons, er selbst aber griff den Ueberrest an. Die Sache ging zwar nach Wunsche, allein Gallus, welcher mit Aufruhr umging, schickte Boten an die Barbaren, und forderte sie zur Theilnehmung an seinen geheimen Anschlägen gegen den Decius auf. Gerne nahmen dieselben eine solche Weisung an. Nun blieb Gallus zwar zur Bewachung des Donufers stehen; die Barbaren hingegen vertheilten sich in drei Haufen, wovon sie den erstern an einen Platz stellten, der durch einen Morast gedeckt war. 5. Als Decius die meisten von ihnen aufgerieben hatte; rückte die zweite Schaar an. 6. Auch diese wurde in die Flucht getrieben. Und nunmehro zeigten sich nur noch wenige in der Nähe des Morasts. 7. Izt drang Decius auf ein Zeichen, welches ihm Gallus gegeben, durch den Morast auf den Feind anzurücken, ohne vorher die ihm unbekannte Gegend zu untersuchen, auf denselben ein, und blieb mit seinem Kriegsheere in dem Moraste stecken. Indessen griffen die Barbaren von allen Seiten an, und richteten ihn nebst seiner Kriegsmacht zu Grunde.26 8. Dieses Ende hatte der vortreffliche Kaiser Decius.

 

Vier und zwanzigstes Kapitel.

 [Gallus J. 251.] 1. Nachdem Gallus den Thron bestiegen hatte, ernannte er seinen Sohn* Volusianus* zum Mitkaiser, und äusserte beinahe öffentlich, daß durch seine Hinterlist sein Decius sammt seinem Kriegsheere umgekommen sey.27 2. Von diesem Zeitpunkte an begann das Glück der Barbaren zuzunehmen. 3. Denn Gallus verstattete ihnen nicht nur, mit dem Raube nach Haus zurückzukehren, sondern versprach sogar alljährlich eine bestimmte Summe Geldes zu zahlen.28 Ja, er ließ sie die Gefangenen aus den angesehensten Familien, wovon sie die meisten bei der Einnahme der Thracischen Stadt Philippopolis bekommen hatten, nach ihrer Willkühr mit sich fortführten.

 

Fünf und zwanzigstes Kapitel.

[Forts. v. ] 1. Nach diesen Verrichtungen zog Gallus nach Rom, stolz auf den mit den Barbaren geschlossenen Frieden. 2. Anfänglich gedachte er zwar in Ehren der Regierung des Decius, und nahm dessen noch übrigen Sohn an Kindesstatt an. 3. Mit der Zeit aber besorgte er, es möchten einige Neuerungssüchtige sich an die Tugenden des Kaisers Decius erinnern, und dessen Sohne die Alleinherrschaft in die Hände geben, ließ ihn daher heimlich umbringen,29 ohne einige Rücksicht auf die Ankindung noch auf Wohlstand.

 

Sechs und zwanzigstes Kapitel.

1. Bei der nachlässigen Regimentsverwaltung des Gallus, beunruhigten die Scythen anfänglich zwar nur die an sie gränzenden Völkerschaften, 2. rückten aber dann immer weiter vor, und plünderten sogar die Seeprovinzen; so daß nicht Ein, den Römern unterworfenes, Volk von ihnen unverheert blieb; sondern beinahe jede unbemauerte Stadt und die meisten Festen von ihnen eingenommen wurden. 3. Und so wie überall der Krieg hereinbrach, eben so überfiel auch Städte und Dörfer die Pest, und rieb das, was noch von Menschen übrig geblieben war, auf, durch eine in vormaligen Zeiten nie erhörte Menschenverwüstung.

 

Sieben und zwanzigstes Kapitel.

1. In dieser Lage der Dinge, da die Regenten dem Staate auf keine Weise zu helfen vermochten, und alles, was ausserhalb Rom war, vernachlässigten, verwüsteten nochmals die Gothen, und Boranen und Urugunder und Karper die Europäischen Städte, und nahmen weg, was sie noch etwa besaßen. 2. Die Perser aber fielen in Asien ein, verheerten Mesopotamien, rückten nach Syrien vor, sogar selbst bis nach Antiochien; und eroberten auch diese Hauptstadt des Orients. Einige von deren Einwohnern machten sie nieder, andere führten sie gefangen nebst einer unzählbaren Beute nach Hause; und verwüsteten jedes öffentliche und jedes Privatgebäude, ohne irgend einigen Widerstand zu finden. 3. Ja die Perser konnten ganz Asien ohne Schwierigkeit erobern, wenn sie nicht über die ausnehmende Menge Beute frohlockend, solche lieber zu retten, und nach Hause zu bringen getrachtet hätten.

 

Acht und zwanzigstes Kapitel.

1. Indessen nun die Scythen in großer Sicherheit in Europa wohnten, und schon nach Asien sogar übergegangen waren, und bis nach Kappadocien, Pessinus und Ephesus hin plünderten, 2. flößte* Aemilianus*, Befehlshaber der Pannonischen Legionen, seinem wegen des Glücks der Barbaren muthlosen Heere, soviel er vermochte, Herzhaftigkeit ein, und erinnerte sie an die Würde der Römer, und überfiel dann die dort gefundenen Barbaren, richtete eine große Niederlage unter ihnen an, und führte darauf seine Soldaten in das Land der Barbaren selbst, 3. vertilgte unvermuthet, was ihm unter die Hände kam, und befreite gegen alle [Aemilianus J. 253.] Erwartung die Römischen Unterthanen von der Wuth derselben. Er wurde daher von dem dortigen Kriegsheere zum Kaiser ausgerufen. 4. Nun sammelte er die ganze in jener Gegend stehende Kriegsmacht, welche durch die Besiegung der Barbaren herzhafter geworden war, und rückte nach Italien vor, in der Absicht dem ungerüsteten Gallus ein Treffen zu liefern. 5. Dieser aber hatte sich auf die Nachricht von den Begebenheiten in den morgenländischen Provinzen mit den Völkern gerüstet, welche er um sich fand. Den Valerianus aber schickte er ab, um die in Gallien und Germanien stehenden Legionen herbeizuführen. 6. Aemilianus hingegen zog mit den Seinigen in aller Eile nach Italien, und als die Heere sich nahe waren, die Soldaten des Gallus aber sahen, daß dessen Macht viel schwächer sey, und zugleich auf die Sorglosigkeit und Unthätigkeit des Kaisers Rücksicht nahmen, so tödteten sie ihn nebst dem Sohne, schlugen sich darauf zum Aemilianus und schienen dessen Herrschaft dadurch Festigkeit zu geben.

 

Neun und zwanzigstes Kapitel.

1. Als Valerianus mit den jenseits der Alpen gestandenen Legionen nach Italien anrückte, entschlossen, mit großer Macht den Aemilianus zu bekriegen, und dessen Anhänger sahen, daß er mehr die Tugenden eines Soldaten, als die eines Regenten bei den Geschäften zeige; so schafften sie denselben, als zur Regierung untauglich, aus dem Wege. 2. [Valerianus J. 253.] Valerianus, welcher also durch die öffentliche Meinung zur Herrschaft des Ganzen gelangt war, bewies allen Eifer, die Angelegenheiten in gute Ordnung zu bringen. 3. Als aber die Scythen30 aus ihren Wohnsitzen hervorbrachen, und außer ihnen die Markomannen durch Einfälle die ans Römische Reich gränzenden Provinzen verwüsteten, so gerieth Thessalonich in die äußerste Gefahr. Diese Belagerung wurde zwar kaum und mit vieler Mühe aufgehoben; indem die Einwohner starken Widerstand leisteten. Ganz Griechenland war hierdurch in Bestürzung gerathen. 4. Auch die Athener, welche seit der Zerstörung ihrer Mauer durch Sulla für keine mehr gesorgt hatten, beschäftigten sich eifrig mit deren Wiederherstellung; und die Einwohner des Peloponnesos verwahrten ihre Erdzunge mit einer Mauer, 5. ja ganz Griechenland sorgte durch gemeinsame Wachen für die Sicherheit des Landes.

 

Dreißigstes Kapitel.

[Valer. u. Gallienus.] 1. Valerianus, welcher die dem Römischen Reiche von allen Seiten drohende Gefahr bemerkte, erkohr sich seinen Sohn Gallienus zum Mitregenten. 2. Bei den nun überall entstandenen Verwirrungen, zog er selbst in die morgenländischen Provinzen, um den Persern Widerstand zu thun, seinem Sohne aber übergab er die Kriegsmacht in Europa, und ermahnte ihn mit derselben den überall eindringenden Barbaren sich zu widersetzen. 3. Weil aber Gallienus sahe, daß von allen diesen die Germanischen Völker die beschwerlichsten waren, und den am Rheine wohnenden Galliern am heftigsten zusetzten, 4. so widerstand er selbst den dortigen Feinden, denjenigen aber, welche die italiänischen, illyrischen und griechischen Ländereien zu verwüsten trachteten, stellte er seine Feldherren mit den daselbst stehenden Kriegsheeren entgegen. 5. Soviel es ihm selbst möglich war, bewachte er die Uebergänge über den Rhein, indem er* hier* ihnen das Uebersetzen verwehrte,* dort* den Herübergedrungenen Widerstand leistete. 6. Da er aber mit einer geringern Macht gegen eine gar zu große Menge zu kämpfen hatte, und in Verlegenheit war, so beschloß er, auf der einen Seite die Gefahr zu mindern, und Frieden mit einigen Anführern des Teutschen [Germanischen] Volks zu schließen, 7. denn die übrigen Barbaren hinderte er, beständige Uebergänge über den Rhein zu machen, und widersetzte sich ihrem Angriffe. 8. In solcher Lage fanden sich die Anwohner des Rheins.

 

Ein und dreißigstes Kapitel.

1. Die* Boranen* aber,* Gothen* und* Urugunder*, Völker, welche die an der Donau gelegenen Landschaften bewohnten, fuhren fort, alle Theile Italiens zu verwüsten, indem sie alles plünderten, ohne von Jemand Widerstand zu erfahren. 2. Die Boranen versuchten sogar nach Asien überzusetzen. Und dieses bewerkstelligten sie leicht; indem die Anwohner des Bosporus mehr aus Furcht, als Zuneigung, ihnen Schiffe gaben und ihnen auf der Ueberfahrt zu Wegweisern dienten. 3. Denn so lange diese unter Königen stunden, und der Sohn dem Vater im Regimente nachfolgte, hielten sie jederzeit die Scythen von der Ueberfahrt nach Asien ab. Dieses thaten sie sowohl aus Freundschaft für die Römer, als auch wegen des gelegenen Handels31 und wegen der, ihnen jedes Jahr von den Kaisern zugeschickten Geschenke. 4. Wie aber nach Ausrottung der königlichen Familie einige Unwürdige und Verworfene die oberste Gewalt an sich gezogen hatten, so gestatteten sie, für sich selbst besorgt, den Scythen die Ueberfahrt über den Bosporus, und führten sie mit ihren eigenen Schiffen hinüber; erhielten sie wieder, und kehrten in ihre Heimath zurück.

 

Zwei und dreißigstes Kapitel.

1. Als nun die Scythen alles, wohin sie kamen, ausplünderten, so entwichen die Einwohner von Pontus in die mitten im Lande gelegenen und sehr festen Plätze. 2. Die Barbaren griffen zuerst* Pityus*, eine mit sehr hohen Mauern und gutem Hafen versehene, Stadt an. 3. Weil nun Successianus, Befehlshaber der dortigen Kriegsmacht, sich mit seiner Macht widersetzte, und die Barbaren verfolgte, so besorgten diese, es möchten die Besatzungen der übrigen Burgen solches erfahren, sich mit den Soldaten in Pityus vereinigen und sie gänzlich aufreiben. Sie bemächtigten sich also so vieler Schiffe, als sie nur konnten, und erreichten mit größter Gefahr ihre Heimat, nachdem sie im Feldzuge gegen Pityus viele der Ihrigen verlohren hatten. 4. Die unter Anführung des Successianus, erzältermaßen geretteten Bewohner des Euxinischen Pontus, erwarteten nun immermehr, daß die auf die beschriebene Weise abgetriebenen Scythen wiederum herüber kommen würden. 5. Nachdem aber Valerianus den Successianus zu sich berufen, und zum Obersten der Prätorianer ernannt hatte, daß er mit dessen Beihülfe die Angelegenheiten von Antiochien und dessen Aufbauung in Ordnung brächte, nahmen die Scythen nochmals Schiffe von den Bosporanern und setzten über. 6. Sie behielten aber jezt die Schiffe zurück, und gestatteten jenen nicht, wie vorher auf denselben heimzukehren, und seegelten an den Phasis hin, woselbst der Tempel der Phasianischen Artemis und der Pallast des Königs Aetes erbaut seyn soll. 7. Nach einem vergeblichen Versuche, sich dieses Tempels zu bemächtigen, giengen sie gegen Pityus.

 

Drei und dreißigstes Kapitel.

Von der Burg wurden sie bald Meister; entblößten sie von ihrer Besatzung und zogen weiter. Weil sie nun eine große Menge Schiffe hatten, und die des Ruderns kundigen Gefangenen zur Schiffahrt brauchten, auch beinahe den ganzen Sommer hindurch stilles Wetter war, 2. so segelten sie nach Trapezunt, einer großen, volkreichen Stadt, welche außer den gewöhnlichen Soldaten noch gar viele andere angenommen hatte. 3. Sie fiengen die Belagerung an, dachten aber nicht einmal im Traume daran, diese mit zwey Mauern versehene Stadt zu erobern. 4. Allein als sie gewahr wurden, daß die Soldaten sich der Trägheit und dem Trunke ergaben, und weder die Mauer besezten, noch auch irgend eine Zeit vom Wohlleben und Schwelgen abließen, so brachten sie in der Nacht Bäume, die sie hierzu längst bereitet hatten, an die Mauer, da wo man sie besteigen konnte; 5. erkletterten sie einer nach dem andern, bei Nacht, und eroberten auf solche Art die Stadt. Die über den plözlichen und unerwarteten Ueberfall erschrockene Besatzung rettete sich zum Theile eilfertig durch ein anderes Thor; theils wurde sie von den Feinden niedergemacht. 6. In dieser also eroberten Stadt gewannen die Barbaren eine unsägliche Menge von Reichthümern und Gefangenen. 7. Denn fast alle Nachbarn hatten sich in derselben, als in einem festen Platze, gesammelt. 8. Hierauf zerstörten sie die Tempel, Häuser und jede Gattung von schönem Kunstwerke, und kehrten dann nach einem Streifzuge in das übrige Land auf einer Menge von Schiffen nach Hause.

 

Vier und dreißigstes Kapitel.

1. Bei dem Anblicke der mitgebrachten Reichthümer ergriff die benachbarten Scythen ebenfalls die Begierde, eine ähnliche Unternehmung zu versuchen. Sie rüsteten mit Hilfe der Gefangenen oder andrer, welche aus Dürftigkeit sich ihnen zugesellten, zwar Schiffe aus; 2. fanden aber nicht für gut, die nämliche Fahrt, wie die Boranen, zu unternehmen, weil sie entfernt und mit Schwierigkeiten verknüpft war, und durch schon verwüstete Gegenden ging. Sie erwarteten den Winter, ließen den Euxinischen Pontus zur Linken, und zugleich die Landvölker auf der Küste, wo es thunlich war, neben ihnen herziehen, seegelten rechts neben der Donau, Tomi und Anchialos vorbei, und stiegen am Phileatinischen See ans Land, welcher auf der Abendseite von Byzanz am Pontus liegt. 4. Als sie erfuhren, daß die Fischer dieses Sees mit ihren Schiffen sich in den daran stoßenden Morästen verborgen hielten, brachten sie dieselben durch gegebene Bürgschaft dahin, daß sie herbeikamen; sezten auf ihre Schiffe ihr Fußvolk, und seegelten an die Furt zwischen Byzantium und Chalkedon. 5. In Chalkedon selbst aber lag zwar eine Besatzung, welche bis zu dem an der Mündung des Pontus gelegenen Tempel sich ausdehnte und an Stärke den Feind übertraf. Allein ein Theil derselben entwich unter dem Vorwande, dem vom Kaiser abgeschickten Befehlshaber entgegen zu gehen; ein anderer gerieth in solche Furcht, daß er auf die erste Nachricht die Flucht ergriff. 6. Hierauf sezten die Barbaren über, nahmen Chalkedon ohne Widerstand ein, und erhielten eine ausserordentliche Menge Geldes, Waffen und andern Vorrath.

 

Fünf und dreißigstes Kapitel.

1. Nun zogen sie nach Nikomedia, einer sehr großen und reichen, und eben wegen ihres Reichthums und jeder Art von Ueberflusse sehr berühmten Stadt. 2. Wiewol nun zwar die Einwohner auf die vorher erhaltene Nachricht zuvor mit so vielen Schätzen entflohen, als sie nur fortbringen konnten, so verwunderten sich die Barbaren dennoch über die Menge dessen, was noch gefunden wurde, und schäzten und ehrten den Chrysogonus sehr, der ihnen schon lange angelegen hatte, nach Nikomedia zu kommen. 3. Darnach streiften sie nach Nikäa, Cios, Apamea, Prusca und in die umliegenden Gegenden, und zogen, nachdem sie solche ausgeplündert hatten, nach Cyzikus. 4. Weil sie aber nicht über den von vielen Regengüssen angeschwollenen Fluß Rhyndacus setzen konnten, wandten sie dort um, brannten Nikomedia und Nicäa ab, 5. luden ihre Beute auf Wagen und Schiffe, und nahmen ihre Rückkehr. So endigten sie ihren* zweiten* Streifzug!

 

Sechs und dreißigstes Kapitel.

1. Auf die Nachricht von diesen Vorfällen in Bithynien getraute* Valerianus* keinem seiner Feldherren die Vertheidigung gegen die Barbaren zu übertragen, 2. sondern schickte den Felix nur ab, um Byzantium zu decken, er selbst aber rückte von Antiochien bis Kappadocien vor, richtete die Städte durch seinen Durchzug zu Grunde, und kehrte zurücke. 3. Als aber eine Pest das Heer ergriff und den größern Theil desselben wegraffte, fiel Sapor die morgenländischen Provinzen an, und verheerte alles.32 4. Da nun Valerianus aus Weichlichkeit und Unthätigkeit, dieser mißlichen Lage des Reichs abhelfen zu können, verzweifelte, so suchte er den Frieden zu erkaufen, und fertigte zu diesem Endzwecke Gesandten an den Sapor ab. 5. Doch dieser entließ sie unverrichteter Sachen und verlangte, daß Valerianus selbst zu einer Unterredung mit ihm über die ihm nothwendig dünkenden Angelegenheiten kommen sollte. 6. Ohne Ueberlegung willigte dieser ein, kam unbedachtsamer Weise mit weniger Begleitung zum Sapor, um wegen der Friedensbedingnisse zu unterhandeln und wurde plötzlich von den Feinden gefangen genommen. 7. Und also endigte er [J. 260.] zur größten Beschimpfung des Römischen Namens sein Leben, als Gefangener bei den Persern.

 

Sieben und dreißigstes Kapitel.

[Gallienus J. 260.] 1. Bei dieser Lage der Dinge im Orient, fand sich alles in Unordnung und hilflos. 2. Die Scythen von jedem Volke und Stamme versammelten sich einmüthig, mit einem Heere verwüsteten sie Illyrien, und zerstörten dessen Städte; mit dem andern aber bemächtigten sie sich Italiens, und drangen bis Rom. 3. Gallienus hingegen verweilte sich in den Gegenden jenseits der Alpen, und beschäftigte sich mit dem Teutschen [Germanischen] Kriege; daher der Senat, welcher Rom in die äußerste Gefahr gebracht sahe, durch Bewafnung der in der Stadt befindlichen Soldaten und der Stärksten aus dem Volke ein an Menge den Barbaren überlegenes Heer zusammenbrachte. 4. Aus Furcht vor demselben verließen diese Rom, fielen aber beinahe ganz Italien an, und fügten großen Schaden zu. 5. Indessen nun auch in Illyrien durch den Einfall der Scythen alles in der schröcklichsten Lage und alle Provinzen des Römischen Staats in äußerster Zerrüttung waren, überfiel die Städte eine solche Pest, dergleichen vormals noch keine gewütet hatte, und machte, daß man die von den Barbaren erlittenen Unfälle noch erträglicher, 6. und jeder von der Krankheit Ergriffene sich für glücklich hielt; die eroberten Städte aber von Männern gänzlich entblößt wurden.

 

Acht und dreißigstes Kapitel

1. Bestürzt über alle diese Unfälle trat Gallienus den Rückweg nach Rom an, um den gegen Italien von den Scythen angefangenen Krieg beizulegen. 2. Es lehnten sich zwar um diese Zeit Kekrops33, der Mauritanier, und Aureolus und Antoninus und andere mehrere gegen ihn auf; beinahe alle aber fanden ihre gerechte Strafe; nur Aureolus beharrte in seiner feindseligen Gesinnung gegen den Kaiser.34 3. Auch Postumus, Oberbefehlshaber der Gallischen Legionen, faßte den Entschluß, Aufruhr anzufangen, nahm die aufrührischen Soldaten mit sich, und richtete seinen Zug nach Agrippina,35 der großen Stadt am Rheine. 4. Hier belagerte er den Salomicus [Saloninus], Sohn des Gallienus, und versicherte, er werde die Belagerung nicht eher aufheben, bis man ihm diesen überliefert hätte. 5. Durch die Belagerung genöthigt, übergab man den Sohn des Gallienus und dessen vom Vater angestellten Hofmeister, Silvanus. Beide tödtete Postumus, und behielt die Oberhand in Gallien.

 

Neun und dreißigstes Kapitel.

1. Als auch die Scythen Griechenland in schlimmen Zustand versezten, und sogar Athen36 selbst eroberten, sezte sich Gallienus in Bewegung, um ihnen, da sie schon bis nach Thracien gekommen waren, eine Schlacht zu liefern. 2. Dem Orient aber, welcher in einer verzweifelten Lage war, sollte Odenathus zu Hilfe kommen, ein Palmyrener, der gleich seinen Vorfahren bei den Kaisern sehr hoch geschäzt ward. 3. Dieser mischte unter die übrigen dort stehenden Soldaten sehr viele seiner eigenen, zog mit starker Macht gegen den Sapor aus, eroberte sowol die den Persern wider ihren Willen unterworfenen Städte, als auch das von Sapor eroberte und den Persern geneigte* Nisibis* durch einen schnellen Angriff, und zerstörte es. 4. Zum Zweitenmale, bis gegen Ktesiphon vordringend, trieb er die Perser in ihre Befestigungen, und schloß sie ein, so daß sie froh seyn mußten, sich, ihre Weiber und Kinder retten zu können. Die Angelegenheiten des verwüsteten Landes aber brachte er in möglichst guten Stand. 5. Aber zu Emesa wurde er bei einem Geburtsfeste meuchelmörderisch umgebracht.37 Hierauf übernahm die Geschäftsführung Zenobia, zwar Odenaths Gemahlinn, aber ein Weib von männlichem Geiste, welche mit Beihilfe von dessen Rathgebern gleiche Weisheit bei den Geschäften bewies.

 

Vierzigstes Kapitel.

1. Bei dieser Lage des Orients erhielt Gallienus, während er sich mit dem Kriege gegen die Scythen beschäftigte, die Nachricht, daß Aureolus, Befehlshaber der Reiterei, welcher bestellt war, bei Mailand die Pässe nach Italien gegen den Postumus38 zu verwahren, Neuerungen anfange und sich die Alleinherrschaft zu erwerben gedenke. 2. Voll Bestürzung hierüber, trat er sogleich den Zug nach Italien an, und übergab die Führung des Scythischen Kriegs dem Marcianus, welcher sehr viele Erfahrenheit im Kriegswesen hatte. 3. Indem dieser mit dem Kriege beschäftigt, und Gallienus auf dem Wege nach Italien war, unterlag lezterer folgender Nachstellung.39 Heraklianus, Oberster der Leibwache, gesellte sich zu seinem Unternehmen den Klaudius zu, welcher die Staatsverwaltung zunächst unter dem Kaiser besorgte; und stellte des Kaisers Leben nach. 5. Als er einen hierzu sehr geneigten Mann, den Befehlshaber der Dalmazischen Reiterei, gefunden hatte, so übergab er diesem die Ausführung. 6. Gerade bei der Mahlzeit eröffnete dieser dem Kaiser, daß vermöge der Aussage eines Kundschafters Aureolus mit seiner Kriegsmacht anrücke. 7. Aufgeschreckt hierdurch, forderte Gallienus seine Waffen; sezte sich gleich zu Pferde, gab den Soldaten Befehl, ihm zu folgen, und eilte also, ohne seine Trabanten zu erwarten, voran. 8. Sobald ihn der Befehlshaber der Dalmazischen Reiterei ohne Rüstung erblickte, so ermordete er denselben.

 

Ein und vierzigstes Kapitel.

[Forts. v. ] 1. Auf Befehl ihrer Anführer verhielten die Soldaten sich ruhig und* Klaudius* [Klaudius II. J. 268.], welchen schon die gemeine Stimme hierzu ernannt hatte, bestieg den Kaiserthron.40 2. Aureolus, der sich lange der Herrschaft des Gallienus widersezt hatte, ließ alsobald dem Klaudius durch Herolde seine Unterwerfung zusichern, ward aber von den, über seinen Abfall erzürnten, Soldaten umgebracht.

 

Zwei und vierzigstes Kapitel.

 1. Um eben dieselbe Zeit verbanden die übrig gebliebenen Scythen, stolz auf den bisher glücklichen Erfolg ihrer Einfälle, die Heruler, Peukiner41 und Gothen mit sich, und sammelten sich am Flusse Tyres (Dniester), der sich in das schwarze Meer ergießt. Hier erbauten sie sechs tausend Fahrzeuge,42 bemannten sie mit dreihundert und zwanzig tausend Kriegern und segelten über das Meer nach* Tomi*, einer ummauerten Stadt. 2. Abgetrieben von hier, sezten sie ihre Fahrt mit günstigem Winde fort bis Marcianopolis in Mysien, wo sie ans Land stiegen. 3. Auch hier schlug ihre Absicht fehl, welches sie nöthigte weiter zu seegeln. An der Meerenge des Propontis aber vermochten ihre Schiffe nicht die Schnelligkeit des Stroms auszuhalten; sie stießen an einander, die Steuermänner verloren ihre Steuer, und die Schiffe trieben unordentlich herum. Der Erfolg hiervon war, daß einige ihrer Schiffe mit der Mannschaft zu Grunde giengen; 4. andere ihrer Besatzung beraubt ans Land trieben; überhaupt aber eine große Menge Menschen und Fahrzeuge vernichtet wurden.

 

Drei und vierzigstes Kapitel.

1. Aus dieser Ursache entfernten sich die Barbaren aus der Meeresenge des Propontis und wählten die Fahrt nach Cyzikus, 2. mußten aber auch hier unverrichteter Sachen abziehen, und seegelten daher den Hellespont hindurch bis an das Athosgebirge. Nachdem sie daselbst ihre Schiffe ausgebessert hatten, belagerten sie Kassandria und Thessalonich. 3. Durch Maschinen, welche sie gegen die Mauern anwandten, wären sie beinahe Meister davon geworden; auf die Nachricht aber, der Kaiser nahe sich mit einem Heere, zogen sie sich in die Mitte des Landes hinauf, und plünderten die ganze Gegend um Doberus und Pelagonia.43 4. Hier stießen sie auf die Dalmazische Reiterei, und verloren dreitausend Mann. Der Rest ließ sich mit dem Kaiser und dessen Kriegsheere in eine Schlacht ein.44 5. Auf beiden Seiten kamen viele um. Zwar mußten die Römer sich zurückziehen; weil sie aber durch unwegsame Gegenden die Barbaren unversehens anfielen, so erlitten diese einen Verlust von funfzig tausend Mann. 6. Eine Abteilung der Scythen seegelte um Thessalien und Griechenland herum und plünderte diese Gegenden, konnten aber die Städte nicht angreifen, als welche sich zuvor durch Mauern und andere Sicherheitsanstalten verwahrt hatten, und führten dafür die auf dem flachen Lande gefundenen Leute hinweg.

 

Vier und vierzigstes Kapitel.

1. Indessen auf besagte Art die Scythen mit Verlust des größten Theils der Ihrigen zerstreut wurden; strebte Zenobia nach höheren Dingen, und sandte den Zabdas nach Aegypten, dessen Oberherrschaft Timagenes, der Aegyptier, den Palmyrenern zu verschaffen suchte. 2. Mit einem Heere von siebenzig Tausenden, das aus Palmyrenern, Syrern und Barbaren bestund, erfochten die Palmyrener einen großen Sieg in einer heftigen Schlacht gegen funfzig tausend ihnen entgegen gesetzte Aegyptier, ließen eine Besatzung von fünf Tausenden zurück, und kehrten wieder heim. 3. Probus aber, der vom Kaiser den Auftrag hatte, das Meer von Seeräubern zu reinigen, griff, auf die Nachricht von der Einnahme Aegyptens durch die Palmyrener, mit der unter ihm stehenden Kriegsmacht und den Aegyptiern, die es nicht mit den Palmyrenern hielten, die Besatzung an, und vertrieb sie. 4. Hierauf zogen die Palmyrener wiederum zu Felde, und Probus sammelte ein Heer von Aegyptiern und Libyern, welches zwar siegte, und die Palmyrener aus Aegypten vertrieb; 5. als aber Probus einen Berg in der Nähe von Babylon45 besetzte und dort den Feinden den Weg nach Syrien abschnitt, so machte Timagenes, der Gegenden kundig, sich mit zwei tausend Mann Meister von dem Gipfel des Berges, überfiel die Aegyptier unversehens und rieb sie auf. Unter diesen bekam er auch den Probus gefangen, welcher sich selbst entleibte.

 

Fünf und vierzigstes Kapitel.

1. Während also Aegypten den Palmyrenern unterworfen wurde; richteten die von der Schlacht bei Naissus46 übrigen Scythen ihren Zug nach Macedonien, und deckten sich durch vorausziehende Wagen. 2. Mangel an Lebensbedürfnissen aber erzeugte Hunger, durch welchen sie und ihr Zugvieh zu Grunde giengen. 3. Bei ihrem weitern Fortrücken stieß die Römische Reiterei auf sie, tödtete viele, und nöthigte die andern, sich nach dem Hämus zu ziehen. 4. Umringt von den Römischen Heeren, verloren sie hier nicht wenige.47 Als aber bei den von einander entfernten Standpunkten der Reiterei und des Fußvolks48, der Kaiser das leztere zum Angriffe gegen die Barbaren beorderte, wurden die Römer in einem heftigen Treffen zurückgeschlagen; doch machte, ungeachtet des nicht geringen Verlusts, die Erscheinung der Reiterei den Unfall weniger empfindlich.

 

Sechs und vierzigstes Kapitel.

1. Als nun die Scythen weiters fortrückten, und die Römer ihnen auf dem Fuße folgten, begaben sich jene Barbaren, welche Kreta und Rhodus umsegelt hatten, ohne etwas merkwürdiges zu verrichten, zurück. 2. Durch eine eingebrochene Pest aber kam ein Theil in Macedonien, ein anderer in Thracien um. 3. Nur wer davonkam, wurde entweder unter die römischen Legionen gesteckt, oder mit Ländereien versehen, mit deren Anbau sie sich ganz beschäftigten. 4. Allein die Pest breitete sich auch unter das Römische Heer aus, von welchem viele starben. Selbst Klaudius ward das Opfer derselben; ein Fürst, welcher in jeder Tugend glänzte, und von seinen Unterthanen gar sehr vermißt wurde.

 

Sieben und vierzigstes Kapitel.

[Quintillus] 1. Quintillus, Bruder des Klaudius, wurde zum Kaiser ernannt, lebte aber nur wenige Monate49, ohne etwas Denkwürdiges zu verrichten. Sein Nachfolger wurde Aurelianus. [Aurelianus J. 270.] 2. Nach der Erzählung einiger Schriftsteller gaben dem Quintillus, sobald man die Erhebung des Aurelianus auf den Kaiserthron erfuhr, seine eignen Verwandten den Rath, durch einen freiwilligen Tod einem weit vorzüglichern Mitbewerber auf dem Throne Platz zu machen. 3. Dieses soll er auch gethan, ihm ein Arzt die Adern geöfnet haben, und das Blut laufen lassen, bis es versiegte.

 

Acht und vierzigstes Kapitel.

 1. Aurelianus zog, nach befestigtem Thronbesitze, aus Rom nach Aquileja; und von dort nach Pannonien auf die Nachricht von einem Angriffe der Scythen auf dieses Land. 2. Er sandte aber Kundschafter ab, den Einwohnern zu bedeuten, daß sie Getraide und Vieh und alles, was den Feinden nützlich seyn konnte, in die Städte führen sollten, weil er gedachte, diese Anstalt werde den einbrechenden Hunger bei ihnen vergrößern. 3. Nach dem Uebergange der Barbaren über den Fluß, wurde eine unentscheidende Schlacht geliefert, indem die hereinbrechende Nacht keinem Theile den Sieg zuerkannte. 4. In der Nacht aber zogen sich die Barbaren über den Fluß, und thaten mit Anbruch des Tages Friedensvorschläge.50

 

Neun und vierzigstes Kapitel.

1. Weil nun der Kaiser erfuhr, daß die Allemannen in Verbindung mit ihren Nachbarn51 die Absicht hätten, einen Zug nach Italien zu unternehmen, so wurde er, wie billig, um Rom und die nahe liegende Gegend mehr besorgt, und kehrte sich nach Italien; in Pannonien aber ließ er eine hinreichende Besatzung zurück. 2. An den äußersten Gegenden an der Donau kam es zu einem Treffen, in welchem viele Tausend Barbaren erschlagen wurden.52 Um diese Zeit gab es auch in Rom Vorfälle; indem einige aus dem Senat als Theilnehmer einer Verschwörung gegen den Kaiser, in Untersuchung genommen, und am Lebens gestraft wurden. Damals wurde Rom, welches vormals unbemauert war, mit einer Mauer umgeben, die unter Aurelius angefangen, und unter der Regierung des Probus vollendet wurde.53 Damals kamen Eutimius und Urbanus und Domitianus in den Verdacht von Neuerungen; wurden sogleich angegriffen und hingerichtet.

 

Funfzigstes Kapitel.

1. Als der Kaiser auf solche Art die Sachen in Italien und Pannonien in Ordnung gebracht hatte, beschloß er einen Feldzug gegen die Palmyrener, deren Herrschaft sich über Aegypten, und ganz Morgenland und bis nach Ancyra und Galatien erstreckte. 2. Ja sie würden sich auch Bithyniens bis Chalkedon bemeistert haben; hätten nicht die Einwohner, auf die Nachricht von der Regierung des Aurelianus, die Palmyrener abgetrieben. Der Kaiser drang demnach mit seinem Heere vor, unterwarf Ancyra der Römischen Herrschaft, Tyana und der Reihe nach alles bis Antiochien. 3. In dieser Stadt fand er die Zenobia mit einem grossen Kriegsheer versehen; der, auch er wohlgerüstet zu einer Schlacht, entgegen zog. 4. Weil er sah, daß die Palmyrenische Reiterei auf ihre schwere und dabei sichere Rüstung sich verließ, zugleich auch in der Erfahrenheit des Reitens die seinige übertraf, so stellte er sein Fußvolk abgesondert jenseits des Flusses Orontes, und gab der Römischen Reiterei absichtlich den Befehl, daß sie nicht sogleich mit den noch frischen Palmyrenischen Reitern sich einlassen, sondern den Angriff abwarten und dem Scheine nach die Flucht ergreifen sollten, und zwar so weit, 5. bis daß Mann und Pferd von der Hitze sowol als von dem schweren Gewichte der Rüstung im Verfolgen ermattet wären. Dieses geschahe auch. 6. Denn als sie bemerkten, daß die Feinde schon abließen, und auf den ermüdeten Pferden unbeweglich waren, so kehrten sie mit den ihrigen um und zertraten die von selbst ihren Pferden entsinkenden Palmyrener. 7. Es entstand also eine mannichfaltige Niederlage; indem einige durchs Schwerdt, andere durch die feindlichen, andere durch ihre eigenen Pferde umkamen.

 

Ein und funfzigstes Kapitel.

1. Alles, was mit der Flucht sich retten konnte, eilte nach Antiochien; daher Zabdas, Zenobiens Feldherr, gar sehr besorgte, es möchten die Einwohner der Stadt das unglückliche Treffen erfahren, und sie auch angreifen. Er suchte daher einen etwas grauen Mann, der in seinem Aeußern Aehnlichkeit mit dem Kaiser zu haben schien, auf, legte ihm ein Kleid an, wie Aurelianus im Treffen getragen haben mochte, und führte ihn mitten durch die Stadt, als wäre der Kaiser lebendig gefangen. 2. Durch diesen Trug überlistete er die Antiochener, schlich sich mit dem Ueberrest des Heeres nächtlicher Weile aus der Stadt, führte die Zenobia mit sich hinaus, und begab sich nach Emesa. 3. Nachdem der Kaiser, der im Sinne hatte, am folgenden Tage das Fußvolk an sich zu ziehen, und auf beiden Seiten den schon zurückgetriebenen Feind anzugreifen, die Flucht der Zenobia erfuhr, zog er, unter Frohlocken der Bürger in Antiochien ein; 4. fand aber, daß viele aus Besorgnis übler Behandlung als Freunde der Zenobia, die Stadt verlassen hatten, und schickte daher überall hin Manifeste, worinnen er die Flüchtlinge zurückrief, weil er das Vorgefallene mehr dem Zwange und dem Mangel an freiem Willen, als einem Vorsatze beimesse.

 

Zwei und funfzigstes Kapitel.

1. Sogleich beim Anblicke dieser Manifeste sammelten sich die Flüchtlinge, und benutzten die Milde des Kaisers, welcher nach wiederhergestellter Ordnung in der Stadt, gegen Emesa vorrückte 2. Da er aber fand, daß eine Abtheilung von Palmyrenern eine Anhöhe oberhalb der Vorstadt Daphne besezt hatte, um durch die günstige Lage den vorbeiziehenden Feind aufzuhalten, 3. so gab er den Soldaten Befehl, mit dicht zusammen geschlossenen Schilden und in geschlossenen Reihen gerade hinaufzudringen, und die auf sie abgeschossenen Pfeile oder die Steine, die sie auf sie wälzen könnten, eben durch die Dichtigkeit ihrer Glieder unwirksam zu machen. Hierzu waren die Soldaten bereitwillig, 4. drangen, dem Befehle gemäß, hinauf, und trieben die Feinde, sobald sie sich mit ihnen auf gleicher Höhe befanden, schnell zurück; 5. so daß einige an abschüssigen Plätzen hinunterstürzten, andre aber auf der Flucht niedergemacht, die Römer aber Meister von der Anhöhe wurden. 6. Nach diesem Siege setzten sie ungehindert ihren Zug fort54, 7. und freudig ward der Kaiser in Apamea, Larissa und Arethusa aufgenommen. 8. Hierauf erblickte man auf dem Felde vor Emesa ein Heer bis auf siebenzig Tausende stark, welches aus Palmyrenern und ihren Kriegsbundsgenossen bestand. Diesen stellte der Kaiser die Dalmazische, Mösische und Pannonische Reiterei, und das aus den Norischen und Rhätischen Legionen bestehende Gallische Kriegsheer entgegen; 9. außer diesen noch die tapfersten Prätorianer und auserlesensten Männer. 10. Bei diesen standen noch die Mauritanische Reiterei, die Kriegsmacht aus Asien, die Tyanäer, Mesopotamier, Syrer, Phönicier und Palästiner, sehr tapfere Schaaren. Die aus Palästina trugen außer ihrer sonstigen Rüstung noch Keulen und Prügel.

 

Drei und funfzigstes Kapitel.