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Oberkommissarin Nora Horst vom Landeskriminalamt Saarbrücken hat in ihrem nächsten Fall eine besonders harte Nuss zu knacken. Eine im Boden einer Gartenlaube im Stadtteil Wiebelskirchen verscharrte Frauenleiche wird beim Ausheben eines Fundaments zufällig entdeckt. Obwohl die skelettierte Leiche schon etwa fünf-zehn Jahre dort lag, lässt sie sich anhand von relativ gut erhaltenen Ausweispapieren wenigstens noch identifizieren. Doch warum sie von wem dort vergraben wurde und wieso sie seither von niemand als vermisst gemeldet worden war, das gibt der Ermittlerin aus Neunkirchen schier unlösbare Rätsel auf.
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Raimund Eich lebt im Saarland.
Neben Büchern über seine Heimatstadt Neunkirchen, Tatsachenromanen, heiteren und besinnlichen Gedichten und Geschichten hat er einige Werke mit gesellschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Themen veröffentlicht. Gerne lässt er auch naturwissenschaftliche und technische Aspekte in sehr anschaulicher Form mit einfließen. Daraus resultieren einzigartige Bücher, spannend, dramatisch, informativ und unterhaltsam zugleich.
Die wichtigsten Personen in dieser Geschichte
Vorwort
Leichenfund
Agathes Trauer
Ring frei
Ausblicke
Auskünfte
Aushub
Dienstreise
Über Gott und die Welt
Schlachtplan
Auf nach Mannheim
Der Chamäleon-Effekt
Träume sind Schäume
Die Finte
Zurück ins Saarland
Alltag
Ausklang
Weitere Veröffentlichungen mit Bezug zur Stadt Neunkirchen
Nora Horst, Oberkommissarin beim Landeskriminalamt des Saarlandes im Dezernat LPP 299
Björn Horst, ihr verstorbener Ehemann
Holger und Andrea, ihre Schwägerin und Björns Neffe
Sven Beckmann, Leiter des Dezernats LPP 299 beim LKA Saarbrücken
Lena Wolter und Anna Bernhard, Zwillingsschwestern
Norbert Reinermann, Vorsitzender des Boxclubs 1921 Neunkirchen
Jo Frisch, ehemaliger Gymnasiallehrer aus Trier und Pressesprecher von Borussia Neunkirchen
Stefan Kraft, Vorsitzender des TV 1895 Edigheim
Bei einem fiktiven Kriminalroman mit regionalem Bezug orientiert man sich als Autor zwar weitgehend an der Realität, nimmt sich aber die Freiheit, Orte und Namen auch so zu wählen, dass sie sich nahtlos in die Rahmenhandlung einfügen, ohne Namens- und Persönlichkeitsrechte Dritter zu verletzen. Dies gilt auch für diesen Kriminalroman, bei dem Namen und Handlungsorte zum Teil frei erfunden sind und somit Ähnlichkeiten mit noch lebenden oder toten Personen rein zufällig und unbeabsichtigt wären. Umso mehr danke ich denen, die mir ausdrücklich gestattet haben, sie mit ihrem richtigen Namen in diese Geschichte einzubinden. Hierzu gehören Norbert Reinermann, Jo Frisch sowie Stefan Kraft und seine Frau Rebecca. Vorsorglich sei noch erwähnt, dass Stefan Kraft im wahren Leben kein Polizist ist.
Auch die kleine Einheit LPP 299 - Sonderermittlungen des Landespolizeipräsidiums des Saarlandes und des Landeskriminalamtes (LKA) ist meiner Fantasie entsprungen, ebenso wie die Oberkommissarin Nora Horst aus Neunkirchen als zentrale Figur in diesem Roman.
Der Neunkircher Oberkommissarin wurde nach einem schweren Autounfall, bei dem ihr Mann Björn ums Leben kam, aufgrund unfallbedingter körperlicher Einschränkungen eine neue Aufgabe in einer kleinen Einheit zur Ermittlung in Cold Case Fällen zugewiesen. Dieser Tätigkeit kann sie von ihrer Heimatstadt Neunkirchen aus nachgehen.
In ihrem ersten Fall (NORA HORST – Ohne die geringste Spur) war es ihr gelungen, das mysteriöse Verschwinden von fünf Personen vor drei Jahrzehnten erfolgreich zu lösen. Im vorliegenden Fall geht es um eine vergrabene Frauenleiche, die beim Abriss einer Gartenlaube in Wiebelskirchen entdeckt worden war (siehe „Ohne die geringste Spur“, Kapitel „Zusätzliche Aufgabe“).
Ich wünsche Ihnen dazu eine spannende Lektüre.
Raimund Eich
Ich saß noch am Frühstückstisch mit den drei Stubentigern, Nicky auf meinem Schoß, Rocky neben neben mir und Henry, wie immer provokativ mitten auf dem Tisch, als das Telefon klingelte. Björn hatte die drei Katzen, wie übrigens alle seine Tiere, jahrelang hoffnungslos verwöhnt, sodass ich es mittlerweile aufgegeben hatte, ihnen noch etwas Ordnung beibringen zu wollen. Sie ignorierten ohnehin alle diesbezüglichen Bemühungen. Von Henry gab´s zuweilen sogar ein paar Pfotenhiebe, wenn ich ihm zu sehr auf den Geist ging. Zum Glück hatte er wenigstens die Krallen dabei eingefahren. Nicky und Rocky liebten Scheibenkäse und Henry musste ich jeden Morgen ein Stück Butterbrot in kleine Häppchen schneiden. Früher hatte ich mich deswegen immer über Björn lustig gemacht und an ihm herumgenörgelt, aber seit seinem Tod hatte ich ein ganz anderes Verhältnis zu diesen Tieren entwickelt. Björn hatte sich selbst als ihr Papa bezeichnet. Nach seinem Tod war ich an seine Stelle gerückt, als ihre Mama sozusagen. Wenigstens ließen mir Agathe, die Graugans, die er als kleines Küken großgezogen hatte, und die Hühnerschar draußen im Garten noch ihre Ruhe.
Sven Beckmann, der Chef unserer Sondereinheit LPP 299 beim LKA Saarbrücken, war am Apparat. „Guten Morgen, Frau Horst. Ich würde gerne morgen Vormittag gegen zehn Uhr bei Ihnen vorbeikommen. Ich bringe Ihnen den Untersuchungsbericht zur verscharrten Frauenleiche in der Gartenlaube in Wiebelskirchen mit und möchte mir den Fundort mit Ihnen zusammen gerne selbst einmal anschauen.“
„Kein Problem, Herr Beckmann, ich wollte ohnehin schon bei Herrn Weber von der Spurensicherung nachfragen, ob es etwas Neues zu vermelden gibt.“
„Ja, das gibt es, aber wir reden morgen in aller Ruhe darüber. Ich muss jetzt Schluss machen, denn eine furchtbar wichtige Besprechung über verwaltungsökonomisches Arbeiten wartet auf mich."
„Glückwunsch. Man spürt förmlich, wie sehr Sie sich darauf freuen, Herr Beckmann“, erwiderte ich.
Er stöhnte kurz auf. „Ich liebe Ihren eigenwilligen Humor, Frau Horst. Wir sehen uns also morgen.“ Dann legte er auf.
„Sorry, es ist doch etwas später geworden“, sagte er, als er tags darauf gegen halb Elf vor der Haustür stand. „Der Alte hat mich noch aufgehalten. Er ist ganz begeistert, dass Sie den Fall mit den fünf Vermissten aufklären konnten und will Sie deswegen auch noch persönlich beglückwünschen.“ Mit dem Alten meinte er Dr. Hansberg, den stellvertretenden Polizeipräsidenten.
„Kein Grund, ich habe nur meine Arbeit getan, weiter nichts“, erwiderte ich.
Er zuckte mit den Schultern. „Sie wissen ja, dass ihm die Cold Case Fälle besonders am Herzen liegen. Und seit Neuestem natürlich auch die Oberkommissarin Nora Horst. Freuen Sie sich doch einfach darüber.“
„Mache ich doch“, brummte ich verlegen, was er mit einem breiten Grinsen quittierte. „Ich habe übrigens gestern noch Frau Scholler angerufen und ihr Bescheid gesagt, dass wir heute bei ihr vorbeikommen. Holger Mang und Timo Klein werden auch dazu kommen. Das sind die beiden, die die Leiche gefunden haben.“
„Respekt, Frau Horst, Sie denken wenigstens mit, was durchaus nicht die Regel in unserer kleinen Einheit ist.“
Ich überhörte geflissentlich seine Anspielung auf meine beiden Kollegen. „Danke, dafür werde ich ja schließlich auch mehr schlecht als recht bezahlt“, kam mir spontan über die Lippen, was er lauthals lachend quittierte.
„Na dann mal los, Frau Oberkommissarin.“
Frau Scholler war völlig aufgelöst, als wir bei ihr in Wiebelskirchen vor der Tür standen. „Mein Gott, das ist ja alles so schrecklich. Eine Leiche im Garten und die Polizei im Haus. Die Nachbarn zerreißen sich schon seit Tagen den Mund darüber. Ich kann doch nichts dafür und der Hartmut wird sich deswegen bestimmt im Grab herumdrehen.“
„Keine Sorge, Frau Scholler“, erwiderte mein Chef. „Wir haben nur noch ein paar Fragen und können dann die Ermittlungen bei Ihnen endgültig abschließen. Auch die Fundstelle in Ihrem Garten können wir heute wieder freigeben.“
„Das wäre wirklich prima, denn ich sehe immer wieder fremde Leute, die in der Straße unten vor dem Zaun stehen und in den Garten starren. Dabei gibt es dort doch überhaupt nichts mehr zu sehen außer dem aufgewühlten Erdreich hinter dem Absperrband. Aber kommen Sie doch bitte herein.“ Frau Scholler führte uns durch einen schmalen Flur ins Wohnzimmer, das mit rustikalen Möbeln aus den Achtziger Jahren und einer abgenutzten Ledercouchgarnitur den eigenwilligen Charme längst vergangener Zeiten widerspiegelte. Weißer Rauputz an den Wänden, die mit zahlreichen Fotos aus dem Bereich des Boxsports geschmückt waren, zum Teil noch in schwarz-weiß. „Auf den meisten Fotos ist mein Mann noch zu sehen, zum Beispiel auf dem hier. Da war er selbst noch als Boxer aktiv. So habe ich ihn in den Sechziger Jahren kennen gelernt. Ich konnte dem Boxen eigentlich nie etwas abgewinnen, aber für ihn waren Boxsport und Verein seine große Leidenschaft, bis zu seinem Tod. Aber nehmen Sie doch bitte Platz. Möchten Sie etwas trinken?“
„Nein danke, machen Sie sich bitte keine Mühe, wir haben auch nicht sonderlich viel Zeit“, erwiderte ich, weil ich gleich merkte, dass Sie uns wohl kaum weiterhelfen könnte. „Kannten Sie die Lena Wolter? So hieß die Frau, die hier gefunden wurde“, schob ich nach.
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, aber der Hartmut hat sie natürlich alle gut gekannt. Die vom Verein haben früher öfter mal in der Gartenlaube unten gefeiert. Der Hartmut war lange Zeit immer dabei, bis er sich nicht mehr richtig bewegen konnte und im Rollstuhl gelandet ist. Aber er hat darauf bestanden, dass sie auch weiterhin hierher kommen. Ein Verein braucht einfach so einen Ort, wo man die Geselligkeit pflegt, auch wenn ich selbst nicht mehr dabei sein kann, hat er immer gesagt. Und dann passiert so etwas Schreckliches.“
„Können Sie sich vielleicht erklären, was zum Tatzeitpunkt in der Gartenlaube passiert ist oder wer die Frau dort im Boden verscharrt haben könnte? Ich meine, haben Sie vielleicht irgendwann mal Schreie gehört oder sonst etwas Ungewöhnliches gesehen?“, fragte mein Chef.
Wieder schüttelte sie den Kopf. „Nein, und ich weiß ja auch gar nicht, wann das passiert sein soll.“
„Das wissen wir leider auch nicht so ganz genau, Frau Scholler, aber es muss etwa im Jahr 2007 oder 2008 gewesen sein. Das lässt sich jedenfalls aus den Untersuchungen und den Unterlagen schließen, die wir bei der Toten gefunden haben.“
„Sind Sie mir bitte nicht böse, aber ich kann Ihnen da wirklich nicht weiterhelfen.“
„Kein Problem, Frau Scholler. Wir gehen jetzt noch einmal in den Garten hinunter, denn wir haben die beiden Herren, die die Leiche gefunden haben, heute ebenfalls zur Befragung hierher bestellt“, erwiderte ich, bevor wir uns von der alten Dame verabschiedeten.
Holger Mang und Timo Klein saßen bereits unten im Garten auf einer Bank und warteten auf uns. Sie schilderten noch einmal, wie sie die Leiche entdeckt hatten.
„Hier stand mal die Gartenlaube, die der alte Scholler vor ein paar Jahrzehnten selbst zusammengezimmert hatte“, erklärte Herr Mang und deutete auf den abtrassierten Bereich. „Ein alter Holzschuppen, der schon ziemlich morsch und verfault war. Timo und ich wollten stattdessen hier ein schönes gemauertes Gartenhäuschen bauen und waren dabei, hierfür ein Fundament auszuheben. Dabei sind wir auf einen relativ großen Leinensack gestoßen und haben uns schon darüber gefreut, vielleicht irgendetwas Wertvolles entdeckt zu haben. Doch als wir den Sack öffneten, lag ein völlig skelletierter Körper drin, dessen Knochen nur noch von vermoderten Kleidungsstücken zusammengehalten wurden. Uns beide hat bei diesem gruseligen Anblicke fast der Schlag getroffen. Mehr können wir Ihnen leider nicht dazu sagen.“
„Und wie Sie bereits zu Protokoll gegeben hatten, wissen Sie auch nicht, wer die Leiche war oder wann und wie sie hierher gekommen ist“, fragte ich vorsorglich noch einmal.
Die beiden schüttelten den Kopf „Nein, wir haben wirklich nicht die geringste Ahnung“, schob Herr Klein nach.
„Danke, das war´s von unserer Seite. Wir wollen Sie auch nicht länger aufhalten“, beendete mein Chef die Befragung.
„Da haben Sie mir ja mal wieder eine verdammt harte Nuss zum Knacken gegeben, Herr Beckmann. Ich weiß überhaupt nicht, wo ich eigentlich anfangen soll“, sagte ich, als wir wieder im Auto saßen und nach Neunkirchen zurückfuhren.
Er grinste. „Zugegeben, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass Sie auch in diesem Fall den Nussknacker geben werden.“
„Ihr Wort in Gottes Ohr.“
„Na ja, wir haben immerhin einen gut erhaltenen Personalausweis und einen zumindest noch halbwegs lesbaren kleinen Adresskalender. Nur gut, dass sich diese Papiere im Erdreich so lange gehalten haben. Finden Sie nicht?“
„Das ist wohl wahr, aber genau das gibt mir ein Rätsel auf.“
Er sah mich fragend von der Seite an. „Und wieso?“
„Na ja, beim laminierten Personalausweis alleine könnte ich es ja noch halbwegs verstehen, aber beim Adressbuch …“
„Zum Glück steckten die Unterlagen ja in einem verschlossenen Mäppchen in der Handtasche der Toten. Und die lag zudem in einem Sack innerhalb der Gartenlaube, sodass auch das Erdreich relativ trocken war. Insofern also durchaus nachvollziehbar, Frau Horst.“
Ich nickte. „Was auch immer damals passiert ist, ein Raubmord scheint es jedenfalls nicht gewesen zu sein. In dem Beutel befanden sich nämlich auch einige Geldscheine und Münzen. In Summe immerhin fast hundert Euro. Sei´s drum, ich schaue mir später mal die Fotos in der Ermittlungsakte an. Ich gehe davon aus, dass darin jedes gefundene Beweisstück bis ins Detail erfasst und abgelichtet worden ist. Also auch das Adressbuch, hoffentlich Seite für Seite. Als Erstes werde ich mich aber mal mit dem Boxclub Neunkirchen in Verbindung setzen. Der Mitgliedsausweis der Toten ist zum Glück ja auch noch ganz gut erhalten.“
Beckmann nickte. „Käme eventuell eine Vergewaltigung mit Todesfolge in Frage? Was meinen Sie?“
„Nicht ganz auszuschließen, aber wer eine Frau vergewaltigt, der zieht ihr wohl kaum hinterher noch mal die Kleider an, oder?
„Sie haben recht, das wäre wirklich ungewöhnlich. Eigentlich wollte ich ja noch mit zu Ihnen reinkommen und mich etwas ausführlicher über diesen Fall zu unterhalten, aber ich muss leider gleich wieder ins LKA zurück. Halten Sie mich bitte telefonisch auf dem Laufenden“, sagte er, als er mich vor meinem Haus in der Heizengasse absetzte.
„Mache ich, und grüßen Sie bitte die Kollegen von mir.“
Ich ging zuerst in den Garten, um nach den Tieren zu sehen. Die Katzen strichen mir gleich miauend um die Beine und auch auf die Hühner musste ich nicht lange warten. Lauthals gackernd kamen sie mir vom Hühnerstall her entgegengerannt. Doch wo war Agathe? Sonst war sie eigentlich immer allen voran. Ich suchte sie überall im Garten, aber sie schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Ob sie wohl ausgebüxt war? Doch das konnte ich mir einfach nicht vorstellen. Schließlich entdeckte ich sie in einem kleinen Abstellraum im Keller, der tagsüber immer offen stand. Sehnsüchtig schien sie Björns Fahrrad anzuschauen, das seit seinem Tod dort ungenutzt irgendwo an der Wand lehnte. Björn hatte am Lenker einen Einkaufskorb aus Metall montiert und mittels Scharnieren einen Gitterdeckel zum Verschließen von oben daran befestigt. Die Eigenkonstruktion diente dem sicheren Transport von Agathe, wenn er mit ihr gelegentlich zum Kasbruchweiher fuhr, damit sie dort ein paar Runden im Wasser drehen konnte, worauf sich Agathe immer überschwänglich gefreut hatte. Doch seit Björns Tod musste sie darauf verzichten, weil ich unfallbedingt zum Radfahren nicht mehr in der Lage war. Doch Agathes trauriger Blick tat mir in der Seele weh. Ich ging zu ihr, streichelte sie und versuchte sie zu trösten. „Wir fragen nachher mal den Holger, ob er mit dir eine Radtour zum Weiher machen kann. Er kommt heute Nachmittag und hilft mir, den Hühnerstall auszumisten.“ Holger glich seinem Onkel Björn sehr und erinnerte mich auch durch seine ruhige Art an meinen verstorbenen Mann, über dessen tragischen Verlust ich noch immer nicht hinwegkam. Holger studierte an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken Elektrotechnik. Ich unterstützte ihn finanziell ein bisschen. Als Gegenleistung übernahm er dafür einen Teil der Aufgaben in Haus und Garten, die Björn früher wahrgenommen hatte. Beim Säubern des Hühnerstalls nachmittags sprach ich ihn auf einen Fahrradausflug mit Agathe an.
„Ich kann es ja mal probieren, aber Agathe war ganz auf Onkel Björn fixiert und hat auch auf ihn gehört, fast wie ein Hund. Sie kennt mich zwar und mag mich auch, aber ich fürchte halt, dass es beim Wiedereinfangen Probleme mit ihr geben könnte.“
„Das glaube ich nicht, Holger. Sie ist mittlerweile auch an uns beide sehr gewöhnt. Versuchs doch einfach mal, denn ihr trauriger Anblick ist für mich nur schwer zu ertragen.“
„Na gut“, seufzte er, „wir sind ja gleich fertig hier. Danach schwinge ich mich mal mit ihr aufs Rad.“ Eine Dreiviertel Stunde später war er allerdings schon wieder zurück.
„Das war aber nicht lange, Holger. Wollte Agathe denn schon wieder zurück?“