November - Gustave Flaubert - E-Book

November E-Book

Gustave Flaubert

4,5

Beschreibung

1836 verliebte sich Gustave Flaubert (1821–1880) in eine ältere Frau, die den jungen Mann lange als große, platonische Liebe beschäftigte und sein Schreiben inspirierte. In der 1842 veröffentlichten Erzählung „November“, einem seiner frühesten Werke, klingen einige der damit verbundenen Erfahrungen an. Den jugendlichen Erzähler lässt der frühreife Autor Flaubert in erotischen Tagträumereien vom Erwachen sexueller Begierde erzählen, die jedoch unerfüllt bleibt, bis er der erfahrenen Marie begegnet. Sie, die als 16-Jährige mit einem deutlich älteren wohlhabenden Mann verheiratet wurde und die im Gegenzug zur Ableistung ihrer ehelichen Pflichten sexuelle Freiheit erlangte, berichtet ihm von ihren erotischen Erfahrungen, ohne dass sie je 'dem Richtigen' begegnet wäre. Im kurzen dritten Teil überlässt es Flaubert dem fiktiven Herausgeber, die in Sachen Liebe bis zum bitteren Ende unerfüllte Lebensgeschichte des Protagonisten zu erzählen, die – angesichts des Publikationsdatums erstaunlicherweise – einige Parallelen zu des Dichters eigener Biografie aufweist.

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Ich liebe den Herbst; diese traurige Jahreszeit eignet sich gut für Erinnerungen. Wenn die Bäume keine Blätter mehr haben, wenn der Himmel in der Dämmerung noch die rötliche Färbung bewahrt, die das verwelkte Laub vergoldet, dann ist es so süß zu erleben, wie alles, was eben noch in uns brannte, erlischt.

Ich bin gerade heimgekommen von meinem Spaziergang durch die leeren Wiesen, am Rand der kalten Gräben, in denen sich die Weiden spiegeln. Der Wind ließ die kahlen Zweige pfeifen. Manchmal schwieg er und dann setzte er plötzlich wieder ein. Jetzt zitterten die kleinen Blätter, die noch an den Büschen hängen, von Neuem, das Gras erschauderte, indem es sich zur Erde beugte, alles schien fahler und eisiger zu werden. Am Horizont verlor sich die Sonnenscheibe in der Weiße des Himmels und durchdrang ihn ringsumher mit ein wenig sterbendem Leben. Ich fror und hatte fast Angst.

Ich habe hinter einem grasigen Hügel Schutz gesucht; der Wind hatte aufgehört. Während ich auf der Erde saß, an nichts dachte und den Rauch in der Ferne betrachtete, der aus den Hütten aufstieg, da stand auf einmal, warum, das weiß ich nicht, mein ganzes Leben vor mir wie ein Gespenst, und zusammen mit dem Geruch des trockenen Grases und der toten Wälder empfand ich wieder den bitteren Duft der Tage, die nicht mehr sind. Meine armen Jahre zogen an mir vorbei, als würden sie vom Winter in einem klagenden Sturm davongetragen. Etwas Furchtbares wälzte sie in meiner Erinnerung, mit einer Wut, die wilder war als der Wind, der die Blätter über die friedlichen Pfade jagte. Eine seltsame Ironie streifte sie und machte sie mir zum Schauspiel; und dann flogen alle wieder davon und verloren sich in einem düsteren Himmel.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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