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Klaus-Rainer Martin war bis zum Jahresende 2010 über 33 Jahre lang passionierter Langstreckenläufer (Marathon, 100-Kilometer-Läufe und mehr). Bei einem Silvesterlauf am 31.12.2010 in Hamburg ereilte ihn genetisch bedingt ein Herzinfarkt. Seitdem trägt er fünf Stents in den Herzkranzgefäßen und kann nicht mehr seinem Sport nachgehen. Schweren Herzens hat er sich vom Laufsport verabschieden müssen. Aber sein Arzt hat ihm empfohlen zu walken, „so weit die Füße tragen“. In dem Buch „Nur noch walken statt zu laufen - nach einem Herzinfarkt sind die Grenzen eng gesteckt“ beschreibt er, wie er sich mit dieser Situation abgefunden hat, und er beschreibt Lauf-Veranstaltungen, an denen er als Walker teilnehmen kann, und Veranstaltungen, welche nur für Walker, Nordic-Walker und Marschierer organisiert werden.
Das vorliegende Buch schließt sich damit an das Buch „Expeditionen an die Grenzen des Ichs – Er- und Bekenntnisse eines mittelmäßigen Langstreckenläufers“ nahtlos an und möchte all denen etwas Mut machen, die so wie Klaus-Rainer Martin das Laufen aufgeben mussten und „nur“ noch walken können, oder die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen etwas für ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden tun wollen oder müssen. Es müssen nicht gleich extrem lange Strecken sein, wie sie ein ehemaliger passionierter Langstreckenläufer für sich sucht. Aber regelmäßiges Walken bei nahezu jedem Wetter sollte zur täglichen Routine werden. Die Teilnahme an organisierten Veranstaltungen mit ihrer jeweils eigenen Atmosphäre fördert nicht nur Gemeinsamkeit sondern auch die Motivation, wenn man mal nicht die rechte Lust hat, sich körperlich zu betätigen.
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- Nach einem Herzinfarkt:
lange Strecken nur noch als Walker
Nun ist es fünfzehn Jahre her, seit ich meine Erlebnisse als Langstreckenläufer in dem Buch „Expeditionen an die Grenzen des Ichs – Er- und Bekenntnisse eines mittelmäßigen Langstreckenläufers“ niedergeschrieben habe. Doch nun musste ich mich gezwungenermaßen nach einem Herzinfarkt auf das Walken umstellen.
Eigentlich kann ich gar nicht genau sagen, wann ich einen Herzinfarkt hatte, doch die Ärzte meinten, ein Herzinfarkt könne zweifelsfrei nachgewiesen werden. Es muss im Spätsommer 2010 gewesen sein, als ich im Wohnzimmer mit dem Staubsauger hantierte. Ich war allein zu Hause. Auf einmal hatte ich das Gefühl, dem kleinen Jack Russell unserer Tochter, der gerade bei uns in Pflege war, ausweichen zu müssen und fiel dabei hin. Nur mit Mühe konnte ich wieder aufstehen, nachdem ich eine Weile gelegen hatte. Dann setzte ich meine Arbeit mit dem Staubsauger fort – und in den folgenden Tagen auch mein tägliches Lauftraining. Doch als ich im September 2010 am Berlin-Marathon teilnahm, hatte ich Probleme. Nach etwa 15 Kilometern musste ich zum ersten Mal bei einem Marathon „Gehpausen“ einlegen. Ich entschloss mich zu gleichmäßigen Intervallen, je einen Kilometer gehen, dann einen Kilometer laufen. So erreichte ich erst nach über sechs Stunden das Ziel. – Doch ich brachte meine schlechte Zeit in Berlin nicht mit dem Vorfall einige Wochen vorher im Wohnzimmer in Verbindung, sondern absolvierte weiterhin meine 10 Kilometer langen Trainingsläufe sechs mal die Woche und nahm auch an einigen Läufen teil, ohne dass ich auffallend schlechte Zeiten erreicht hätte. Doch als ich am 31. Dezember 2010 in Hamburg an einem 10 Kilometer langen Silvesterlauf teilnahm, musste ich nach etwa 5 Kilometern gehen, weil es mir in der Brust so weh tat. Ich meinte, dies habe mit der kalten Luft zu tun. Doch nach diesem Lauf war ich nicht mehr in der Lage, täglich 10 Kilometer im Laufschritt durchzuhalten. Zunehmend mehr musste ich Gehpausen einlegen. Nach zwei Wochen konnte ich gar nicht mehr laufen. Ich schrieb das immer noch dem nass-kalten Wetter zu, ohne darüber nachzudenken, dass mir das über Jahrzehnte nichts ausgemacht hatte. Um trotzdem fit zu bleiben, verlegte ich mein tägliches einstündiges Training auf das Fahrradergometer. Doch auch hier ließen meine täglichen Leistungen immer mehr nach. Und bei den täglichen Spaziergängen gemeinsam mit Ursula und unserem Hund, begann ich bei jeder kleinen Steigung zu keuschen. Nachdem wir am späten Abend des 29. Januar 2011 noch eine „Samstag-Abend-Hunde-Runde“ gegangen sind, meinte Ursula: „Das schaue ich mir nicht mehr länger mit an. Wir fahren sofort ins Krankenhaus!“ – In der Notaufnahme diagnostizierte man einen verschleppten Herzinfarkt, den ich vor einiger Zeit erlitten hätte, und behielt mich übers Wochenende dort, um mir gleich am Montagmorgen einen Stent ins Herzkranzgefäß einzusetzen. Dabei meinte der Notarzt: „Ihre Frau hat Ihnen das Leben gerettet.“
Bei der Visite am folgenden Tag fragte ich den Arzt, ob ich mit dem Stent im Herzkranzgefäß denn auch wieder laufen könne, Marathon und so. Er entgegnete: „Lassen Sie das künftig ganz sein. Schonen Sie Ihr Herz!“ – Das konnte und wollte ich nicht glauben. Als am nächsten Tag ein anderer Arzt die Visite machte, stellte ich auch ihm diese Frage. Er: „Mit dem Stent im Herzkranzgefäß können Sie besser laufen als vorher.“ – Zwei Ärzte, zwei gegensätzliche Aussagen. Was sollte ich tun? Ich stellte also einem dritten Arzt, bei dem meine Leistungsfähigkeit auf einem Ergometer getestet wurde, wieder die Frage, ob ich denn wieder laufen könne bzw. dürfe. Er sagte mir, dass er selbst Marathon laufe und meine Besorgnis verstehen könne. Doch im Moment könne niemand meine künftige Leistungsfähigkeit zweifelsfrei beurteilen. Deshalb empfehle er mir eine Reha-Maßnahme. Dann könne man meine Leistungsfähigkeit über einen mehrwöchigen Zeitraum hin wieder herstellen und beobachten. Da mir das auch schon meine älteste Tochter geraten hatte, stimmte ich diesem Vorschlag zu. Alle nötigen Formalitäten wurden umgehend erledigt, und schon wenige Tage später konnte ich mich in die Reha-Klinik nach Bad Segeberg begeben. – Auch meine Frage, welche Ursachen dafür verantwortlich seien, dass ich trotz jahrzehnte langem intensiven Ausdauersports einen Herzinfarkt erlitten habe, konnte mir der Arzt beantworten, nachdem er mich ausführlich nach meinem familiären Umfeld befragt hatte. Da mein Vater und mein Großvater im Alter von 68 bzw. 55 Jahren an einem Herztod gestorben sind und zwei meiner Brüder vor ihrem sechzigsten Geburtstag einen Herzinfarkt erlitten und jeweils zwei Bypässe erhalten hätten, müsse man von einer genetischen Bedingtheit ausgehen. Mein Ausdauersport habe aber entscheidend dazu beigetragen, dass ich erst im Alter von 72 Jahren einen Herzinfarkt erlitten und keinen Bypass, sondern nur einen Stent eingesetzt bekommen habe.
- So ist das mit dem Erben: Meine Vorfahren haben mir kein Millionenvermögen, sondern nur ein Infarktrisiko vererbt. Und dieses Erbe kann man nicht ausschlagen. Man erhält es, ob man es haben will oder nicht.
Schon nach wenigen Tagen begab ich mich in die Reha-Klinik nach Bad Segeberg. Dort nahm ich an einem umfangreichen Reha-Programm mit Waldläufen, Gymnastkik, Ergometer und Schwimmen teil. Außerdem umrundete ich als Wanderer fast täglich auf einer Strecke von 8 Kilometern den Segeberger See. Am Ende dieser dreiwöchigen Reha-Maßnahme konnte man mir genau sagen, was ich künftig noch leisten kann, und auf was ich besser verzichten sollte: Das Laufen sollte ich künftig auf gelegentliche 10-km-Läufe (3 – 4 im Jahr) beschränken. Marathonläufe und mehr würde ich ohnehin nicht mehr schaffen, da das die Beta-Blocker, welche ich täglich schlucken muss, verhindern. Doch flott gehen, also walken darf ich meinem Körper zumuten, „soweit die Füße tragen.“ Außerdem sei es wichtig, regelmäßig die verordneten Medikamente einzunehmen sowie morgens und abends den Blutdruck zu kontrollieren. Und man empfahl mir, am regelmäßigen wöchentlichen Training einer Herzsportgruppe teilzunehmen. Was ich seitdem auch regelmäßig tue. Zudem nehme ich allwöchentlich einmal am Aqua-Training einer Seniorengruppe teil.
Ob ich wirklich walken kann, „soweit die Füße tragen“, wollte ich gleich ausprobieren. So nahm ich zwei Monate, nachdem ich den Stent erhalten hatte, am 10. April 2011 in Hamburg-Wilhelmsburg als Nordic-Walker an einem Halbmarathon teil und erreichte das Ziel in 3:11 Stunden. Ich war glücklich. Am 2. Juli 2011 nahm ich als Wanderer am 30 Kilometer langen Schweriner Fünf-Seen-Lauf teil und erreichte das Ziel nach 4:36 Stunden. Schließlich nahm ich am 25. September 2011 als „Power-Walker“ am Berlin-Marathon teil. Das Ziel erreichte ich in 6:31 Stunden. Das war meine 23. Teilnahme in Berlin. Noch während dieses Gewaltmarsches fiel mein Entschluss: Das war mein letzter Berlin-Marathon, denn mich störten zwei Dinge: Zum einen hatte ich auf den letzten Kilometern das Gefühl, ständig vom „Besenwagen“ verfolgt zu werden, welcher alle die einsammelt, welche nicht mehr laufen können. Zum zweiten fand ich es nicht besonders reizvoll, 42 Kilometer durch die Häuserschluchten einer Großstadt zu wandern. Deshalb werde ich mir für künftig jedes Jahr ein paar landschaftlich reizvolle Strecken als Nordic-Walker im Internet suchen, je ein langer Walking-Marsch im Frühjahr und im Herbst, dazwischen viele Walkingveranstaltungen von 10 Kilometern oder als Halbmarathon und nach Möglichkeit in jedem Monat einen Walk von weniger als zehn Kilometern.
So meldete ich mich beim Bödefelder Hollenmarsch im Hochsauerland am 18./19. Mai 2012 für die längste Distanz von 101 Kilometer. Dieser lange Marsch durch das Sauerland wird am Abend gestartet. Die kürzeren Distanzen von 13, 21, 42 und 67 Kilometern sowie alle Distanzen zum Hollenlauf werden am Morgen gestartet. Ich war mir sehr sicher, dass ich die Distanz von 101 Kilometern gut bewältigen werde. Und die ersten 25 Kilometer ließen sich auch gut an. Ich konnte im Mittelfeld gut mithalten. Doch bei Einbruch der Dunkelheit brach meine Leistungsfähigkeit abrupt ab. Alle Nordic-Walker zogen davon und ich schleppte mich etwa zwei Kilometer allein durch den Wald. Ich beschloss, noch bis zur nächsten Kontrollstelle zu gehen und dort aufzugeben. (Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich einen Lauf nicht beendet). Glücklicherweise befand sich dort auch ein Sanitätsposten. Die Sanitäterin, die mir Puls und Blutdruck maß, fragte mich, ob ich Medikamente zu mir genommen habe, was ich bejahen musste. Als ich ihr den Grund für meine Medikamenteneinnahme nannte, meinte sie, dass ich künftig auf Nachtläufe bzw. -märsche verzichten solle, denn die Medikamente würden bewirken, dass die Leistungsfähigkeit des Körpers über Nacht ihren Tiefpunkt erreicht. So werde ich künftig auf Nachtmärsche, wie etwa den Bieler Hunderter verzichten müssen. Habe mir aber vorgenommen, mich im nächsten Jahr beim Hollenmarsch für eine kürzere Distanz (etwa 42 km) anzumelden, denn die Atmosphäre in Bödefeld und die Landschaft des Sauerlandes fordern geradezu zu einer Wiederholung auf!
Doch die ererbten Gene lassen nicht locker. Bei meinen regelmäßig alle sechs Monate stattfindenden Besuchen beim Kardiologen machte er im Februar 2013 ein sehr bedenkliches Gesicht. Die Durchblutung der Herzkranzgefäße entsprach nicht dem Normalen. So musste ich mich erneut in die Herzklink begeben und erhielt im März 2013 vier weitere Stents. Schon kurz danach nahm ich mein Walk-Training wieder auf und fühlte mich dabei so gut, dass ich zwei Monate später, am 12. Mai 2013 am 42 Kilometer langen Hollenmarsch im Sauerland mit über 1.146 Metern Höhendifferenz teilnehmen konnte. Und weil es mir dabei so gut ergangen ist, habe ich auch im Mai 2014 an dieser Veranstaltung teilgenommen.
Aber schon im September 2014 musste ich auf dringendes Anraten des Kardiologen erneut in die Herzklinik nach Bad Segeberg, weil die Durchblutung der Herzkranzgefäße zu wünschen übrig lässt. Doch alle Versuche des Klinikleiters, einem ausgewiesenen Herzspezialisten, die verengte Stelle in den Herzkranzgefäßen mittels Herzkatheder wieder frei zu bekommen, blieben erfolglos. Nach zweieinhalb Stunden vergeblicher Mühe gab er auf. (Da man bei dieser Prozedur wach bleiben muss, war das für mich recht unangenehm.) – Der Professor erklärte mir, dass zu hoffen sei, dass sich der Blutdurchfluss andere Wege sucht. Wenn das nicht gelingt, sei eine Bypass-Operation nötig. Doch der Prozess könne durch regelmäßiges, aber mäßiges Ausdauertraining unterstützt werden. –
Dass sich der Blutdurchfluss neue Wege sucht, ist Medizinern seit einem Jahrhundert bekannt. Doch erst in jüngster Zeit erforscht man Möglichkeiten, wie das zu fördern ist. Neben dem Ausdauertraining, welches Kardiologen empfehlen, haben nun Herzspezialisten der Charite Berlin die „Herzhose“ entwickelt. Dem Patienten werden an zwanzig bis dreißig Tagen hintereinander an Beinen und Unterkörper Manschetten angelegt und diese je eine Stunde lang stoßweise mit Druckluft gefüllt. Das fördert in den Herzkranzgefäßen die Bildung neuer Wege für den Blutdurchfluss, ähnlich der Funktion von Bypässen.
Bei meinem Besuch beim Kardiologen im April 2015 wurde mir bestätigt, dass sich bei mir die Durchblutung andere Wege gesucht habe, welche nur bei sehr hoher Belastung noch nicht ausreiche. Doch das könne man durch weiteres regelmäßiges Ausdauertraining noch verbessern. So könne ich bedenkenlos als Walker an anspruchsvollen Veranstaltungen teilnehmen. Das will ich tun und anderen in ähnlicher Lage Mut machen, das auch zu tun, nicht den Kopf in den Sand zu stecken und alles dem Schicksal zu überlassen, sondern aktiv gegen Gene und Schicksal anzugehen.
Klein Wesenberg, im Oktober 2015
- mein erster Halbmarathon als Walker
Zwei Monate, nachdem ich den ersten Stent erhalten hatte, am 10. April 2011, nahm ich in Hamburg-Wilhelmsburg als Nordic-Walker an einem Halbmarathon teil und erreichte das Ziel in 3:11 Stunden. Ich war glücklich. Doch Ursula hielt das für äußerst leichtsinnig. Start war auf dem Sportplatz Dratelnstraße in Hamburg-Wilhelmsburg. Die Walker starteten gemeinsam mit den Läuferinnen und Läufern. Vorgegeben war ein Zeitlimit von drei Stunden. Die Strecke wird wohl kaum in dieser Zeit zu schaffen sein. Ich rechnete für mich mit einer Zeit von dreieinhalb Stunden. Damit werde ich wohl der Letzte im Ziel sein. Doch der Veranstalter, den ich wegen des engen Zeitlimits angeschrieben hatte, machte mir Mut. Man werde auf jeden Fall auf den Letzten warten.
Den Wilhelmsburger Insellauf hatte ich mir deshalb für meine erste Teilnahme als Walker ausgesucht, da ich die landschaftlich ausgesprochen schöne Strecke sehr schätze. Zehn Mal war ich diese Strecke gelaufen. Nun steht mir die 11. Teilnahme bevor; doch dieses Mal erstmals als Walker. Insellauf heißt diese Veranstaltung, weil Hamburg-Wilhelmsburg von der Süderelbe und der Norderelbe umflossen wird und somit eine Insel bildet, auch wenn man das, wenn man mit dem Auto nach Hamburg-Wilhelmsburg fährt, gar nicht so recht spürt. Doch der Lauf führt nach wenigen Kilometern ländlich geprägter Häuser etwa ab Kilometer 5 bis kurz vor Kilometer 10 entlang der Norderelbe unterhalb des Kreetsander und später des Moorwerder Hauptdeiches. Dort, wo sich die Elbe in die Norder- und die Süderelbe teilt, geht es weiter unterhalb des Moorwerder Hauptdeiches, aber nun entlang der Süderelbe bis etwa Kilometer 14. Das letzte Drittel der Strecke führt vorbei an vielen alten für die ländliche Region an der Elbe typischen Fachwerkhäusern mit viel Land für Obst- und Gemüseanbau. Erst die letzten zwei Kilometer führen wieder durch enger bebaute Regionen. – Wer als Auswärtiger zum ersten Mal diese Strecke läuft, ist über soviel niederdeutsche Ländlichkeit in Hamburg erstaunt.
Am Moorwerder Hauptdeich (1)
Die meisten der etwa 15 Walker, die sich hinter dem Läuferfeld am Start aufgestellt hatten, nahmen unmittelbar nach dem Startschuss ein so hohes Tempo auf, dass sie schneller waren, als die langsamsten Läufer. Doch mir war schon nach wenigen Metern klar, dass ich mit diesem Tempo nicht mithalten kann. Ich muss mein eigenes Tempo finden. Zum Glück waren noch drei Walkerinnen hinter mir. Ich war nicht der Letzte. Welch ein Trost. Ich werde mein Tempo so einrichten, dass die mich nicht überholen, dachte ich mir. Ein Blick auf meine Pulsuhr bestätigte mir, dass ich mich mit meinem Tempo noch im „grünen Bereich“ befinde. So konnte ich beruhigt sein. Und da die Strecke keinerlei Höhenunterschied aufweist, konnte ich mich ganz darauf konzentrieren, mit gleichmäßigem Tempo zu gehen. Die Kilometermarkierung km 5 erreichte ich exakt nach 37 Minuten. Damit hatte ich für jeden Kilometer 7,4 Minuten gebraucht und konnte mir ausrechnen, wenn ich dieses Tempo durchhalte, in drei Stunden und elf Minuten im Ziel zu sein.
Es gelang mir, dieses Tempo durchzuhalten. Dennoch hatte ich das offizielle Zeitlimit um 11 Minuten überschritten. Auf dem gesamten Sportplatz wurden die Stände abgebaut. Nur am Zieleinlauf wartete man noch auf mich und die drei Walkerinnen hinter mir. Diese trafen etwa zehn Minuten nach mir im Ziel ein.
Am 15. April 2012 nahm ich zum 12. mal am Wilhelmsburger Insellauf teil und erreichte das Ziel exakt in der gleichen Zeit von 3 Stunden und 11 Minuten wie im Vorjahr. Die Walker starteten wieder mit den Läuferinnen und Läufern. Sie fanden damit im Ziel die gleiche Situation vor wie im Vorjahr. 2013 konnte ich nicht an dieser Veranstaltung teilnehmen, denn man hatte mir exakt vier Wochen vorher, am 13. März vier Stents „verpasst“. Doch am 13. April 2014 war ich mit nunmehr insgesamt fünf Stents in den Herzkranzgefäßen wieder mit am Start. Doch ich war etwas langsamer als 2011 und 2012 und erreichte das Ziel als Letzter nach 3 Stunden und 19 Minuten. Ich fand diese Situation deprimierend und schlug deshalb dem Veranstalter vor, die Walker der Halbmarathon-Distanz eine Stunde vor den Läuferinnen und Läufern starten zu lassen. Man versprach mir, über diesen Vorschlag nachzudenken.