One More Night - Tina Keller - E-Book
SONDERANGEBOT

One More Night E-Book

Tina Keller

0,0
3,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 2,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Einmal in der Woche treffen sich Valentina und Tom zu einem Rendezvous. Sie wissen so gut wie nichts voneinander. Das Einzige, das sie verbindet, ist die Sehnsucht nach körperlicher Nähe. Jeder von ihnen hat einen triftigen Grund, warum er diesen ungewöhnlichen Weg geht. Der Deal ist klar: Es ist nur Sex, Gefühle bleiben außen vor. Keine privaten Fragen, keine Aussicht auf mehr. Doch die gemeinsamen Nächte verändern beide. Die Begegnungen werden länger, inniger, intensiver. Die Neugierde auf den anderen wächst. Warum tut er, was er tut? Was für ein Mensch ist er jenseits dieser sinnlichen Nächte? Valentina hält es schließlich nicht mehr aus und beginnt, Recherchen über Tom anzustellen. Als sie die Wahrheit herausfindet, gerät das sorgsam arrangierte Verhältnis komplett aus den Fugen ....

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 - Valentina

Kapitel 2 - Valentina

Kapitel 3 - Valentina

Kapitel 4 - Valentina

Kapitel 5 - Valentina

Kapitel 6 - Valentina

Kapitel 7 - Tom

Kapitel 8 - Valentina

Kapitel 9 - Valentina

Kapitel 10 - Tom

Kapitel 11 - Valentina

Kapitel 12 - Valentina

Kapitel 13 - Valentina

Kapitel 14 - Valentina

Kapitel 15 - Valentina

Kapitel 16 - Valentina

Kapitel 17 - Valentina

Kapitel 18 - Tom

Kapitel 19 - Valentina

E P I L O G

Impressum

Kapitel 1 - Valentina

Ich habe mich mit einem Mann verabredet, den ich nicht kenne und mit dem ich möglicherweise Sex haben werde. Vielleicht sogar schon heute!

Mir ist ganz schwindlig vor lauter Aufregung, als ich die Tür zu dem italienischen Restaurant Rialto öffne. Mein Magen verknotet sich, als ich meinen Blick durch den Raum schweifen lasse.

Ist er schon da? Sieht er so attraktiv aus wie auf den Fotos im Internet? Oder hat er diese Bilder x-mal durch einen Filter gejagt, wie es so viele Leute tun, die man live überhaupt nicht mehr wieder erkennt?

Wie wird seine Stimme klingen? Was hat er für eine Ausstrahlung? Werden wir uns sympathisch sein oder verpufft alles in den ersten Sekunden unseres Kennenlernens? Wird es peinlich oder prickelnd sein, ihm zu begegnen?

Am liebsten würde ich mich umdrehen und wieder gehen. Was mache ich hier eigentlich? Wie tief bin ich gesunken, mich mit einem Kerl zu treffen, der explizit geschrieben hat, dass er keine Beziehung will, sondern nur unverbindlichen Sex?

Ich hole tief Luft und straffe meinen Körper. Warum denn nicht, verdammt nochmal? Schließlich hatte ich jahrelang den umgekehrten Fall: eine Beziehung und keinen Sex. Wer kann es mir verdenken, dass ich einen gewissen Nachholbedarf habe?

Ich suche nicht die Liebe meines Lebens, das ist mir viel zu kompliziert. Die Männer sind so anspruchsvoll geworden, dass ich ihre Kriterien sowieso nicht erfüllen kann.

Aber wenn es um eine heiße Nacht geht, sind sie nicht besonders wählerisch. Da nehmen sie alles, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist. Ihre niederen Triebe kann auch eine Dame, die den IQ eines Toastbrotes hat, befriedigen.

Ich weiß nicht, wie ich selbst das sehe und welche Anforderungen ich an einen Lover habe. So eine Situation hatte ich noch nie. Bisher war ich immer mit den Männern zusammen, mit denen ich ins Bett gegangen bin.

„Guten Abend“, schreckt mich eine tiefe Männerstimme aus meinen Gedanken. „Haben Sie einen Tisch reserviert?“

Etwas verschwommen nehme ich den freundlichen Kellner wahr, der mich anlächelt. Ich räuspere mich.

„Ja“, erwidere ich mit leicht zittriger Stimme. „Und zwar auf den Namen Sonne.“

Das war seine Idee. Natürlich heißt er nicht ‚Sonne‘, aber ‚Sonne‘ versteht jeder, da muss man nicht stundenlang buchstabieren wie zum Beispiel bei Grzonkowskryz.

Der Kellner nickt erfreut.

„Sehr schön. Ihr Mann ist schon da.“

Ich zucke zusammen und unterdrücke ein nervöses Lachen.

Mein Mann! Nichts trifft es weniger. Wie kommt der Kellner darauf, dass der mir völlig unbekannte Typ mit dem Decknamen Sonne mein Gatte ist?

Meine Knie sind weich wie Pudding, als ich durch den Raum stakse. Ich habe den Eindruck, jeder beobachtet mich und jeder weiß ganz genau, was hier gerade passiert. Das ist natürlich albern, doch genauso kommt es mir vor. Es ist, als ob die Wände flüstern würden: „Schaut sie euch an, die Schlampe! Sie ist im Begriff, mit einem Kerl zu vögeln, den sie überhaupt nicht kennt! Schande über sie!“

Das ist doch total bescheuert! Ich bin schließlich Single und kann tun und lassen, was immer ich will. Außerdem lebe ich in Berlin, wo alles möglich ist. Ich könnte jede Nacht eine Orgie feiern und es würde niemanden interessieren. Offenbar bin ich spießiger und verklemmter, als ich dachte.

Das Erste, was ich sehe, sind seine Augen. Es ist so dunkel im Restaurant, dass ich mir nicht sicher bin, welche Farbe diese Augen haben. Eines kann ich sofort erkennen: Sie sind wunderschön. Sie haben Seele.

Mein zweiter Blick gilt seinem Gesicht. Es ist männlich, markant, attraktiv, interessant. Dann gleiten meine Augen über seine Statur. Er hat breite Schultern und ist athletisch gebaut.

Wow, er ist noch sehr viel attraktiver als auf den Fotos! Das hätte ich nicht für möglich gehalten. Ich hatte das Gegenteil erwartet. Ich dachte, seine Bilder seien zehn Jahre alt oder geschönt.

Jetzt lächelt er mich an und ich spüre, wie ein einsamer Schmetterling in meinem Bauch herumflattert.

Dieser Mann ist ein Volltreffer. Wenn ich mit einem Unbekannten in die Federn hüpfen würde, dann definitiv mit ihm!

„Guten Abend, Valentina.“

Seine Stimme ist dunkel, tief, erotisch und jagt einen wohligen Schauer über meinen Rücken.

Du liebe Güte, das geht aber schnell! Bin ich sexuell so ausgehungert, dass ich mich sofort dem Nächstbesten an den Hals werfe? Oder ist er wirklich ein Sechser im Lotto?

„Hallo, Tom“, sage ich mit dünner Stimme und strecke ihm meine Hand entgegen.

Ob er tatsächlich so heißt? Oder ist das ein Pseudonym?

Sein Händedruck ist warm und kräftig und löst ein Kribbeln in meinem Bauch aus. Ich reagiere heftig auf ihn. Oder ist es diese ganz besondere, ungewöhnliche Situation, die das Treffen so prickelnd macht?

Schnell checke ich seinen Body. Tom ist groß und wahnsinnig gut durchtrainiert. Er trägt ein schwarzes T-Shirt, das seine muskulösen Oberarme bestens zur Geltung bringt.

Warums sucht sich so ein attraktiver Mann über das Internet eine Frau fürs Bett? Ihm müssen die Weiber doch in Scharen hinterher laufen!

Kann ich ihn sowas eigentlich fragen?

Tom lächelt immer noch und bedeutet mir mit einem Kopfnicken, Platz zu nehmen. Der Kellner rückt mir hilfsbereit einen Stuhl zurecht und ich lasse mich erleichtert darauf niedersinken. Geschafft!

„Ich hatte schon befürchtet, dass du nicht kommst“, eröffnet Tom das Gespräch und ich spüre, dass meine Knie zittern.

„Warum sollte ich nicht kommen?“, erwidere ich und kann meinen Blick nicht von seinen Armen abwenden. Ich liebe durchtrainierte Oberarme!

Tom zuckt mit den Schultern.

„Es hätte ja sein können, dass du kalte Füße bekommst und dir einfällt, dass du das alles hier lieber doch nicht willst.“

Ich schüttele heftig den Kopf. Nein, ganz bestimmt nicht. Nicht, nachdem ich diesen gnadenlos heißen Typen gesehen habe.

„Treffen kann man sich ja mal“, antworte ich und kriege das verdammte Zittern meiner Knie einfach nicht unter Kontrolle.

Die Vorstellung, dass ich mit diesem Mann, der aussieht wie ein Model, Dinge anstelle, die ich schon ewig nicht mehr gemacht habe, raubt mir schlichtweg den Atem. Zumindest in meiner Phantasie. Ob ich tatsächlich den Mut habe, diese Phantasie in die Tat umzusetzen, sei mal dahingestellt.

„Genau“, bestätigt Tom. „Ein unverbindliches Treffen verpflichtet uns zu nichts. Was möchtest du trinken, Valentina?“

Allein der Klang seiner Stimme, als er meinen Namen ausspricht, lässt mein Herz schneller schlagen. Dieser Typ ist sowas von sexy!

„Eine Weißweinschorle“, bestelle ich und beäuge sein Glas, in der sich offenbar Rotwein befindet.

Tom nickt, winkt den Kellner zu uns heran und bestellt das Gewünschte.

„Möchtest du etwas essen?“, erkundigt er sich.

Ich schüttele den Kopf. Bei seinem Anblick kriege ich keinen Bissen hinunter – oder ich bin so nervös, dass das halbe Essen auf meinen Klamotten landet. Nein, das lasse ich lieber bleiben.

„Okay.“ Tom mustert mich eingehend und meine Aufregung wächst. Was denkt er über mich? Komme ich für ihn überhaupt in Frage? Findet er mich hübsch? Gefällt ihm, was er sieht?

Natürlich habe ich mich heute besonders aufgebrezelt, denn ich will schließlich einen verführerischen Eindruck machen. Ich trage ein schwarzes, kurzes, tief ausgeschnittenes Kleid, habe mich sorgfältig geschminkt und meine Haare frisch gewaschen. Da ich im Gegensatz zu vielen anderen Leuten meine Internet Fotos nicht bearbeite, sehe ich live genauso aus wie auf meinen Bildern. Wenn Tom mich also auf meinen Fotos attraktiv findet, dürfte er eigentlich nicht enttäuscht sein.

Andererseits kommt es auf die Ausstrahlung an und darauf, ob irgendetwas zwischen zwei Menschen stattfindet, das man nicht erklären kann. Entweder es macht klick oder eben nicht – und das kann man vorher unmöglich herausfinden. Bei mir hat es jedenfalls ganz gewaltig klick gemacht!

Tom räuspert sich. Mir rutscht das Herz in die Hose. Will er mir jetzt sagen, dass er mich nicht hübsch genug findet? Oder warum schaut er mich auf einmal so betreten an?

„Das ist schon … ein etwas ungewöhnliches Treffen“, beginnt er.

Obwohl er sehr selbstbewusst wirkt, scheint er sich in seiner Haut nicht ganz wohl zu fühlen.

„Ich habe ehrlich gesagt lange mit mir gerungen, ob ich mich überhaupt auf so etwas einlassen soll.“

Jetzt ist es an mir, den Frosch in meinem Hals weg zu husten.

„Auf so etwas?“, wiederhole ich. „Du meinst …“

Ich breche ab, als der Kellner erscheint und mir meinen Wein vor die Nase stellt.

„Möchten die Herrschaften etwas essen?“, erkundigt er sich höflich.

Tom überlegt kurz.

„Ich nehme das Zanderfilet“, antwortet er, ohne einen Blick in die Speisekarte geworfen zu haben. Vielleicht ist das hier sein Stammlokal und er kennt das Angebot in- und auswendig.

Er wirft mir einen schnellen Blick zu.

„Bist du sicher, dass du nichts essen möchtest?“

„Eine Suppe oder einen Salat?“, springt der Kellner hilfreich ein.

Na gut, warum nicht? Ich habe schließlich nur gefrühstückt.

„Dann nehme ich einen Salat mit Schafskäse“, ordere ich.

Tom nickt zufrieden und der Kellner entfernt sich.

„Wo waren wir stehen geblieben?“, nehme ich den Faden wieder auf. „Du hast gesagt, du wüsstest nicht, ob du dich auf ‚so etwas‘ einlassen könntest. Was genau meinst du mit ‚so etwas‘? Eine Affäre?“

Tom genehmigt sich einen Schluck Wein, bevor er antwortet.

„Ja, genau das“, antwortet er und schaut etwas unbehaglich aus der Wäsche. „Ich habe nicht viel Erfahrungen mit Affären, One-Night-Stands und lockeren Beziehungen. Eigentlich bin ich gar nicht der Typ für so etwas.“

„Aber warum machst du es dann?“, frage ich verwundert. „Du hast in deiner Anzeige explizit danach gesucht. Du hättest genauso gut nach einer Beziehungspartnerin suchen können.“

Tom presst die Lippen aufeinander und kratzt sich am Kinn. Nanu, habe ich jetzt etwas Falsches gesagt?

„Das … geht nicht“, sagt er und seine Stimme klingt rau. Sein Gesicht verschließt sich augenblicklich und er sieht irgendwie traurig aus.

„Wieso geht das nicht?“, hake ich nach.

Toms Hände krallen sich um das Weinglas.

„Hör zu ….“

Er sieht aus, als falle es ihm schwer, die passenden Worte zu finden.

„Es gibt …. besondere Umstände, über die ich nicht sprechen möchte.“ Tom stößt die Luft geräuschvoll aus. „Ich befinde mich in einer Situation, die nicht leicht für mich ist. Versteh mich nicht falsch – ich will nicht den Geheimnisvollen spielen, aber ich glaube, es wäre nicht gut, wenn du die Wahrheit wüsstest. Sie würde das Ganze nur schwer machen. Genau das will ich aber nicht. Ich möchte etwas Schönes, Freudvolles in meinem Leben haben, einen Ausgleich sozusagen. Etwas, das nicht durch die Umstände, in denen ich lebe, belastet wird. Etwas, worauf ich mich jede Woche freuen kann. Kannst du das verstehen?“

Ich starre ihn an. Was versucht er mir zu sagen? Ist er verheiratet und die Luft ist raus? Will seine Frau nicht mehr mit ihm schlafen? Ist seine Ehe die Hölle, aber er kann sich aus irgendwelchen Gründen – Kinder, Finanzen, Haus – nicht trennen?

Ich denke kurz über seine Worte nach, dass er eine potentielle Affäre nicht mit seinen Lebensumständen belasten möchte.

Wie wäre es für mich, wenn er mir bei unseren Treffen davon erzählen würde? Wenn er mir vorjammern würde, dass er sich mit seiner Frau gestritten hat, die Kinder ihn nerven und er null Bock hat, mit seiner Frau ins Bett zu gehen? Würde ich das wirklich hören wollen? Würde da noch romantische Stimmung aufkommen? Wohl kaum.

Vielleicht hat er recht. Vielleicht ist es besser, wenn ich all das nicht weiß.

„Ich sehne mich nach etwas, aus dem ich Kraft schöpfen kann“, fährt Tom fort. „Ich möchte auftanken und etwas Tolles erleben.“ Er lächelt sanft. „Und was würde sich dazu besser eignen als …. Sex.“

Seine Augen werden dunkler, ebenso der Klang seiner Stimme. Als er das Wort „Sex“ ausspricht, fängt es zwischen meinen Beinen begehrlich an zu klopfen.

Oh mein Gott … Sex …. mit diesem Mann …. Ja. Tausendmal Ja!

„Ähm ….“, beginne ich, werde aber unterbrochen, weil uns ein Teller mit zwei Bruschettas serviert wird.

Als wir beide nach den Bruschettas greifen, berühren sich unsere Fingerspitzen. Es ist wie ein Stromschlag und ich lasse fast das Bruschetta fallen. Ich bin sicher, Tom merkt es, aber er geht darüber hinweg.

„Ich kann verstehen, dass du deine Affäre unbelastet genießen möchtest“, versichere ich. „Und im Grunde möchte ich das auch.“

Das stimmt. Auch ich glaube nicht, dass es der Leidenschaft förderlich wäre, wenn ich Tom meine desolate Lebensgeschichte erzähle. Letztlich muss man sich nicht kennen, um ein paar leidenschaftliche Stunden miteinander zu erleben.

Zumindest habe ich das mal gehört. Bisher fehlt mir dazu die praktische Erfahrung.

„Du möchtest also … ähm … dich treffen und nur …“ Ich beiße mir auf die Lippe.

Tom grinst. „Ja, so ist es. Ich möchte mich nur auf das Wesentliche konzentrieren.“

„Und wo soll das stattfinden?“, forsche ich nach. „In einem Hotel?“

Tom nickt. „Ja, das dachte ich mir so.“

„Und wie oft?“, frage ich mit einem Kloß im Hals. Diese Unterhaltung ist schon echt merkwürdig.

„Ich dachte an einmal pro Woche“, erläutert Tom mir seinen Plan. „Und zwar samstags. Oder ist das schlecht für dich?“

„Nein, nein“, erwidere ich schnell. „Samstag ist prima.“

Das habe ich nicht erwartet. Ich hätte auf einen Tag unterhalb der Woche getippt. Trifft sich seine Frau auch jeden Samstag mit ihrem Lover?

„Ich arbeite ziemlich viel“, erklärt Tom und nimmt einen Bissen von seinem Bruschetta. Fasziniert sehe ich ihm dabei zu. Er isst sogar auf höchst erotische Weise. Heißt es nicht immer, man isst so, wie man auch im Bett ist? Wenn das stimmt, ist Tom ein sehr genussvoller Mensch.

„Sonntag ist der einzige Tag, an dem ich ausschlafen kann.“

„Aha“, sage ich einfallsreich. „Das geht uns ja wohl allen so. Ich darf sicher nicht fragen, was du beruflich machst?“

„Doch, fragen darfst du schon.“ Tom grinst und seine Augen leuchten. Er sieht einfach zum Anbeißen aus. Ob ich bei ihm überhaupt eine Chance habe? Oder ist das alles nur theoretisches Geplänkel und es wird niemals etwas zwischen uns laufen?

„Aber ich kriege darauf keine Antwort“, mutmaße ich und blicke ihn gespannt an.

Tom zuckt mit den Achseln.

„Ich habe eine eigene Firma und bin von früh bis spät im Büro. Mehr als ein paar Stunden am Samstag habe ich nicht übrig.“

Mir fällt auf, dass er mich nicht fragt, was ich beruflich mache. Offenbar will er den Informationsaustausch auf ein Mindestmaß beschränken.

Es ist das merkwürdigste Date, das ich jemals hatte.

Kapitel 2 - Valentina

Ich bin froh, als das Essen serviert wird, denn es ist schwierig, mit jemandem eine Unterhaltung zu führen, der nichts über sich preisgeben will. Tom ist freundlich, aber sehr wortkarg und scheint selbst nicht recht zu wissen, was er von all dem hier halten soll.

„Bin ich die erste Frau, mit der du dich triffst?“, wage ich zu fragen.

Als Tom den Kopf schüttelt, gibt es mir einen Stich ins Herz. Ich weiß, es ist albern, aber es tut weh, dass ich offenbar nicht die erste Wahl für ihn bin.

„Ich habe mich vor einigen Wochen mit drei Frauen getroffen“, verrät er und seufzt. „Aber das war ein Reinfall.“

„Warum?“, will ich wissen, als er nichts mehr sagt. Man muss ihm wirklich jedes Wort aus der Nase ziehen!

Tom zuckt mit den Schultern.

„Die eine wollte fürstlich für ihre Dienste bezahlt werden und zwischen den anderen beiden und mir hat die Chemie einfach nicht gestimmt. Es hat nicht gefunkt und ich hätte mir nicht vorstellen können, etwas mit ihnen anzufangen. Auch, wenn es nur um körperliche Gelüste geht – irgendwas muss schon da sein. Irgendeine Verbindung, ein Draht zueinander … Irgendetwas halt.“

Mein Herz klopft mir bis zum Hals, aber ich muss ihm die Frage stellen, sonst kann ich die ganze Nacht nicht schlafen.

„Und … bei mir? Kannst du dir etwas mit mir vorstellen?“, flüstere ich, während mir heiß und kalt zugleich wird.

Tom bedenkt mich mit einem eigentümlichen Blick. Mir rutscht mein Herz in die Hose. Was guckt er denn so komisch? Wird er mir jetzt sagen, dass er sich absolut gar nichts mit mir vorstellen kann?

Er lächelt mich an und nickt dann langsam. Der Knoten in meinem Magen verwandelt sich in ein Heer von Schmetterlingen.

„Ja, ich denke schon“, sagt er mit noch tieferer Stimme. „Ich glaube, ich finde dich … ziemlich attraktiv.“

Ich verschlucke mich vor lauter Begeisterung prompt an meinem Salatblatt und Tom klopft mir hilfreich auf den Rücken.

„War das ein so schlimmes Geständnis?“, lacht Tom und seine Augen funkeln.

„Im Gegenteil“, krächze ich. „Ich freue mich sehr. Ich könnte es mir auch sehr gut mit dir vorstellen. Obwohl ich es auch ein bisschen merkwürdig finde, so geschäftsmäßig darüber zu reden. Es fühlt sich an wie ein Deal, ohne jegliche Gefühle. Das ist schon etwas seltsam.“

Tom wird plötzlich ganz ernst.

„Ja, es ist seltsam“, bestätigt er. „Aber es ist für mich derzeit die einzige Lösung, die möglich ist. Sex mit wenig Gefühlen. Es ist nicht das Optimum, aber es würde mir helfen.“

‚Wobei würde es dir helfen?‘, würde ich ihn am liebsten fragen, aber ich weiß, dass ich darauf keine Antwort erhalten werde. Also halte ich lieber gleich meinen Mund.

„Wir können das ja beide erstmal sacken lassen“, schlägt Tom vor. „Und wir können uns gerne nochmal nur so treffen, ohne dass wir im Bett landen.“ Er zwinkert mir zu und mein Herz setzt spontan ein paar Schläge aus.

„Ja, vielleicht“, erwidere ich ein bisschen eingeschüchtert. „Also, weißt du, ich habe noch nie ….“

„Sex gehabt?“ Tom grinst mich an und beginnt schallend zu lachen. Ich stimme in sein Lachen mit ein.

„Nein, so schlimm ist es nicht“, versichere ich. „Obwohl es schon eine Weile her ist.“

Ich beiße mir auf die Lippe. Da Tom mir nichts über seine Beweggründe für dieses Arrangement erzählen will, legt er sicher keinen gesteigerten Wert darauf, dass ich ihm über mein wenig ausschweifendes Liebesleben berichte.

„Ich wollte eigentlich nur sagen, dass ich normalerweise nicht der Typ für eine Affäre bin“, erläutere ich. „Bisher hatte ich immer nur Sex in festen Beziehungen.“

„Ich auch“, erwidert Tom schlicht. „Ich bin eigentlich auch nicht der Typ dafür.“

Was ist mit seiner Frau? Ich bin mir sicher, dass er eine Frau hat. Warum will sie ihn nicht mehr? Er sieht fantastisch aus und die Frauen lecken sich bestimmt alle zehn Finger nach ihm.

„Eins ist mir noch wichtig“, sagt Tom ernst. „Absolute Diskretion. Ich muss mich darauf verlassen können, dass du meine Privatsphäre wahrst und nicht anfängst, mir hinterher zu spionieren. Alles, was im Hotel passiert, bleibt auch im Hotel. Das musst du mir versprechen.“

„Ja, natürlich“, beteuere ich und hoffe, dass beste Freundinnen davon ausgenommen sind. Jeder Mann weiß, dass man seiner besten Freundin alles anvertraut – auch das, was man niemandem erzählen soll.

„Du wirst sicher auch deine Gründe haben, warum du eine Affäre in Betracht ziehst, obwohl du nicht der Typ dafür bist“, sagt Tom. „Aber auch darüber möchte ich nicht sprechen. Dich gehen meine Gründe nichts an, und umgekehrt ist es genauso. Ich möchte es nicht wissen. Okay?“

Ich wiederhole mich: Es ist das merkwürdigste Date, das ich jemals hatte.

Trotzdem nicke ich. Vielleicht ist es auch besser so, dass ich das nicht näher erklären muss. Es ist schließlich keine schöne Geschichte.

Als Julian und ich frisch zusammen waren, sind wir aus dem Bett gar nicht mehr herausgekommen. Es war fantastisch. Wir taten es immer und überall und konnten nicht genug voneinander bekommen.

Doch dann kehrte dieser verdammte Alltag ein. Irgendwann ging es nur noch darum, wer den Müll runtertrug (ich), wer die Wäsche wusch (ich), wer die Spülmaschine ausräumte (ich) und wer einkaufen ging (der Lieferservice).

Ich hatte alle Hände voll mit meinem Kosmetikstudio zu tun und Julian war in seinem Beruf als Anwalt ebenfalls sehr eingespannt.

Wenn wir abends erschöpft von der Arbeit nach Hause kamen, wollten wir nur noch eins: schlafen – und zwar nicht miteinander. Es ist zwar beschämend, aber wir waren einfach zu müde zum Sex. Und irgendwann hatten wir ihn fast vergessen. Außerdem hatte Julian jedes Mal eine andere Ausrede, wenn ich ihm näherkommen wollte.

Schließlich gab ich es auf. Leidenschaft kann man nicht erzwingen.

Irgendwann teilte mir Julian endlich mit, was wirklich mit ihm los war. Ich fiel aus allen Wolken, denn damit hatte ich nicht in meinen schlimmsten Albträumen gerechnet.

Julian hatte vor drei Jahren in der Dusche seines Fitnessstudios zwei Männer beim Sex beobachtet – und zu seinem Entsetzen hatte ihn das massiv erregt. Er kam überhaupt nicht damit klar, denn er hatte vorher noch nie schwule Tendenzen bei sich festgestellt.

Doch diese Erlebnisse häuften sich. Und einige Monate später war er es, der in der Dusche mit einem Mann Sex hatte.

Er war völlig durch den Wind, wollte es nicht wahrhaben und redete sich ein, es sei nur ein Phase.

Dass er allerdings bei mir keinen mehr hochkriegte und diese Probleme bei einem Mann nicht hatte, gab ihm sehr zu denken. Doch er verdrängte das alles erstmal und hoffte, „es“ würde schon wieder vorübergehen.

„Es“ ging aber nicht vorüber. Ich hätte mir wirklich gewünscht, er hätte mir die Wahrheit gesagt, anstatt uns beide jahrelang diesem Frust auszusetzen. Ich hatte keine Ahnung, was die ganze Zeit in ihm vorging. Er muss sehr gelitten haben, genauso wie ich.

Julian ist also offenbar schwul, wollte es aber partout nicht wahrhaben. Er schlug mir allen Ernstes vor, dass wir unsere Beziehung offiziell aufrechterhalten sollten, während er sich heimlich mit Männern treffen wollte. Das kam für mich jedoch überhaupt nicht in Frage. Ich wollte einen klaren Schlussstrich ziehen.

Natürlich tat es weh.

---ENDE DER LESEPROBE---