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Ein packender Erlebnisbericht von der Ost- und Westfront des Zweiten Weltkriegs, wo nie dagewesene Panzermassen aufeinandertrafen und sich gewaltige Panzerschlachten entfalteten ... Folge Oberfeldwebel Kamms, Panzerkommandant in Rommels berüchtigter Gespensterdivision. An vorderster Front erlebt er die Kämpfe an Westfront und Ostfront, stürmt mit der Panzerwaffe durch Belgien und Frankreich, und kämpft schließlich im Osten gegen einen übermächtigen Gegner. Panzer Marsch! ist ein spannungsgeladenes Buch, das das schreckliche Schlachten an den Fronten des Zweiten Weltkriegs hautnah erlebbar macht. Panzer Marsch! legt Zeugnis ab von der Tapferkeit und dem Durchhaltewillen deutscher Panzermänner, die zwischen Benzingestank, Kugelhagel und widrigen Witterungsbedingungen ums nackte Überleben kämpfen.
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H. Möllmann
Panzer Marsch!
Mit Rommels Gespensterdivision im Frankreichfeldzug und an der Ostfront
Ein Roman
EK-2 Militär
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Deutsche Panzertechnik trifft außerirdischen Zorn in diesem fesselnden Action-Spektakel!
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Jill & Moni
von
EK-2 Publishing
Oberfeldwebel Kamms' Blick lag auf der Straße, die sich in einigen hundert Metern Entfernung quer verlaufend durch das mit lichten Wäldern durchsetzte Gelände schlängelte. Graubraune Hügelketten umschlossen die winterlich-weiß gepuderte Ebene, in der die 3. Kompanie auf der Lauer lag. Der Oberfeldwebel und Panzerkommandant beäugte die Umgebung durch das geöffnete Turmluk seines Panzer IV, der verdeckt hinter einem Strohballen am Rande eines Mischwaldes in Stellung lag. Das goldene Y prangte auf der Stirnseite des Panzers. Es war das Zeichen der 7. Panzer-Division. Unter Erwin Rommel hatte sich der Verband im Krieg gegen Frankreich einen legendären Ruf verdient. Das war lange her …
Es war bitterlich kalt, der Wind frostig. Der Untergrund war steinhart.
In der Nacht hatte sich seine Kompanie in mühevoller Rangierarbeit durch den Forst gedrückt, um eine günstige Schussposition auf die Straße zu erreichen. Die absolute Luftherrschaft des Gegners machte es zur Notwendigkeit, nur noch bei Dunkelheit und im Schutze der Bäume vorzurücken. Der Tag war mittlerweile angebrochen, es regnete.
Feine, kühle Regentropfen fielen Kamms ins Gesicht.
»Bin ich froh, nicht bei den Stoppelhopsern zu dienen«, kommentierte er seine Eindrücke. Die Kälte schüttelte ihn.
»Die Heizung läuft volle Pulle«, grunzte der Obergefreite Pieter Vollmer im Inneren des Panzers. Er war Kamms' Fahrer, ein astreiner Kerl aus dem Ruhrgebiet.
Fernes Motorgebrumm erfüllte die weitläufige, karge Ebene, die neben der Rollbahn nichts von Bedeutung zu bieten hatte. Diese eine Rollbahn aber, deren Sperrung Kamms' Auftrag war, schlängelte sich wie ein glatter Aal durch das weiße Land. Der Russe nutzte sie für den Nachschub. Er brauchte sich ja auch nicht zu verstecken.
»Waffen können Gespenstern doch nichts anhaben, oder?«, fragte Hans-Jürgen Taube, den alle Taubi nannten. Er war Kamms' Richtschütze und hatte diese Frage schon eine Millionen Mal gestellt.
»Wir werden sehen«, antwortete Kamms. So wie immer. Seit Rommel mit der 7. entgegen allen Befehlen bei Maubeuge durch die verlängerte Maginot-Linie gestoßen war, war die Division als »Gespensterdivision« bekannt.
»Geht dir die Muffe, Taubi?«, unkte Georg Steinfels, der Funker. »Brauchst wohl noch 'nen Tee mit Rum?«
»Halt die Schnauze, Georg.«, erwiderte Taubi. »Ich meine nur. Irgendwann muss sogar unser Glück aufgebraucht sein. So viele Jahre sind wir jetzt schon zusammen. Normal ist das nicht.«
»Der ewige Pessimist«, kommentierte Kamms grinsend. »Es wird bald zu Ende sein. Wir müssen nicht mehr lange durchhalten!«
»Wenn das schon absehbar ist, warum werfen wir dann nicht direkt die Flinte ins Korn?«, fragte der Ladeschütze Wilhelm Wolf, den alle nur »Wewe« nannten. Wewe hatte sich zwei Panzergranaten zwischen die Beine geklemmt. Eine dritte ruhte im Patronenlager der 7,5 Zentimeter Kanone des Panzers.
»Wir haben doch nichts mehr zu verlieren! Und bald ist's eh aus und vorbei!«
»Wir mögen nichts mehr zu verlieren haben, alter Freund«, sagte Kamms sehr ernst. »Millionen Deutsche aber schon! Jeden Tag, jede Stunde, die wir ihnen erkämpfen, rettet Leben. Je länger wir die Bolschewisten aufhalten, desto mehr Deutsche können nach dem Westen fliehen, wo sie eine Überlebenschance haben!«
Nach dieser Ansprache herrschte Stille im Mannschaftsraum des Panzers. Die Männer wussten, dass ihr Kommandant recht hatte.
Kamms gehörte der 3. Kompanie an. Die hatte auf einer leichten Erhöhung Stellung bezogen, gut verborgen hinter dichtem, winterhartem Buschwerk. Der Oberfeldwebel blickte sich nach links und rechts zu den anderen Kampfwagen um. Deren Kommandanten beobachteten über Luke das Vorfeld, teils mit einem Glas vor den Augen. Hauptmann Perner hatte absolute Funkstille befohlen. Verständigung per Handzeichen. In der Ferne waren Motorengeräusche zu vernehmen, die stetig lauter wurden. Der Feind näherte sich.
Feuereröffnung auf meinen Schuss, befahl Hauptmann Perner per Handzeichen. Es dauerte noch einige Minuten, dann wurde eine russische Kolonne im Nordwesten sichtbar. Gemächlich schoben sich die olivfarbenen Militärfahrzeuge über die Straße. Sie würden den deutschen Panzermännern direkt vor die Rohre fahren.
An der Spitze des sowjetischen Fahrzeugtrecks rollten zwei T-34/85. Den Panzern folgten, aufgereiht wie auf der Perlenkette, ein Dutzend Lastwagen. Kamms hoffte, dass sich unter den Planen keine Infanteristen verbargen. Bodenwellen und natürliche Deckungen zeichneten das Land. Kamms wollte sich in solchem Gelände nicht mit gegnerischer Infanterie messen müssen.
Zwei SU-122 Selbstfahrlafetten rollten hinter den Lastwagen her, denen ein Schützenpanzer als schließendes Element der Kolonne folgte. Kommandant und MG-Schütze saßen auf den Rändern ihrer Luke und unterhielten sich.
Ohne Frage, die deutschen Panzer IV würden den Konvoi zerreißen. Und der Feind ahnte nichts von dem ihm bevorstehenden Schicksal. Seelenruhig tuckerten die sowjetischen Fahrzeuge vor die Rohre der deutschen Tanks.
Kamms wartete gebannt auf den Schuss seines Kompanieführers, der das Gefecht eröffnen würde.
Minuten verstrichen, seine Gedanken schweiften ab. Kamms erinnerte sich an bessere Zeiten. An Zeiten, in denen die deutsche Wehrmacht noch siegreich war. Zeiten, in denen die deutschen Soldaten große Hoffnungen in sich trugen.
Feine Regentropfen nieselten Kamms ins Gesicht …
*
Im Mai 1940 beteiligte sich die 7. Panzer-Division am deutschen Westfeldzug. Westlich von Maspelt sollte sie die südbelgischen Ardennenstellungen überrennen und somit den Weg vorbei an der gefürchteten Marginot-Linie ebnen.
*
Warten … das ewige Warten vor dem Angriff war das Allerschlimmste. Kamms trommelte mit den Fingern gegen den Stahl seines Panzer 38(t), ein kleiner, dem deutschen Panzer III annähernd ebenbürtiger Tank, dessen größter Nachteil die vernietete Panzerung war.
Warten … warten auf den Angriffsbefehl. Kamms glaubte manchmal, das ganze Soldatenleben bestünde aus nichts als Warten. Nieselregen fiel ihm ins Gesicht, der Himmel war mit grauen Wolken verhangen.
»Das kann nicht gutgehen«, machte Taubi seinen Sorgen noch einmal Luft.
»Warte es ab«, wisperte Kamms.
»Sie haben gut Reden, Herr Unteroffizier. Beim letzten Mal mündete der Krieg gegen Frankreich in der größten Katastrophe unserer Nation. Jetzt sind 20 Jahre ins Land gezogen und wir sind kein bisschen schlauer geworden! Die Franzosen haben die stärkste Armee der Welt, hört man. Und die Engländer sind auch wieder mit von der Partie. Das hier ist nicht Polen. Wir werden uns wieder in jahrelangen Kämpfen verbluten. Oh, Mann, ich sehe das Desaster schon vor mir!«
»Jetzt mach mal einen Punkt, Taubi!«, zischte Wewe angefressen.
»Ich sag es nur!«, verteidigte sich Taubi. »Was ist denn heute anders als vor 20 Jahren?«
»Wir haben Panzer«, grinste Vollmer.
»Genau«, bestätigte Kamms. »Und darum verbiete ich ab sofort jedes weitere Gejammer und befehle stattdessen: Zuversicht.«
»Zuversicht, jawohl, Herr Unteroffizier.«
Plötzlich presste sich Wewe die Muscheln des Kopfhörers gegen die Ohren. Ein Funkspruch kam rein.
»Es geht los«, flüsterte er ehrfürchtig. Kamms gab den Marschbefehl.
Der Panzer heulte auf, als Vollmer den Motor startete, die Kupplung kommen ließ und beschleunigte. Der 38 (t) rollte aus seinem Bereitstellungsraum, einem dichten Laubwald, heraus auf eine freie, mit hohem Gras zugewachsene Ebene. Kamms machte bald schwarze Punkte in der Luft aus, am Horizont weit voraus, die sich wieder und wieder zu Boden stürzten und dann abdrehten. Er hoffte, die Stukas würden das Gros der belgischen Verteidigung ausschalten. Überall stoben nun die Panzer der I. Abteilung des Regiments aus dem Wald heraus auf die freie Pläne. Panzer 38 (t), soweit das Auge blickte. Die Ketten der stählernen Wagen zermalmten das Land unter sich; zerquetschten Gehölz, Büsche und Steine.
Kamms' Kompanie bewegte sich direkt auf einen Minengürtel zu, der vor einigen zusammenhängenden Hügeln angelegt worden war. Die Pioniere hatten in der Nacht Gassen in sie hineingeschlagen.
Im Rücken der deutschen Panzer tschechischer Bauart marschierte die Infanterie. Sie hatten den Auftrag, den Kästen zu folgen und die freigewordenen Räume zu besetzten. Die Panzer aber gaben Vollgas, setzten sich mehr und mehr von der Infanterie ab. Einer grauen, im Nieselregen glänzenden Masse gleich, schoben sie sich über die Ebene.
»Willkommen in Belgien«, sagte Vollmer.
Auch an der rechten Flanke schien der Angriffsbefehl angekommen zu sein. In weiter Ferne fuhren Halbkettenfahrzeuge zur Formation auf, Panzer III, Panzer IV. Mehr und mehr Flugzeuge der Luftwaffe zogen am Firmament entlang, immer gen Westen. Jagdmaschinen, Erdkampfbomber, schwere Bomber konnten beobachtet werden.
Tausende Tonnen Stahl wälzten sich in diesem Frontabschnitt über die Erde, und verdunkelten den Himmel. Beim Anblick dieser gewaltigen Kraftanstrengung der deutschen Wehrmacht erfasste Kamms kurzzeitig ein erhabenes Gefühl. Doch, es musste einfach gut ausgehen! Was sonst als einen Sieg hatten solche Anstrengungen schon verdient?
Nach fünfzehnminütiger Fahrt über gut gangbares Gelände hatten die Angriffsspitzen den Minengürtel erreicht. Kamms erkannte in der Ferne die Hügelgruppe, die direkt hinter den Minen das Land anhob. Sie war mit Baumgruppen und Kusseln übersät. Kamms Kompanie bildete die Speerspitze des Angriffs in diesem Abschnitt, er und seine Kameraden würden die ersten sein, die an den Feind gerieten. Und dieser musste hier irgendwo lauern, denn Sperren blieben niemals unbewacht.
Kamms entdeckte die Markierungen, die die Pioniere hinterlassen hatten: Unauffällig angeordnete Steine, die die rechten und linken Grenzen der Gasse kennzeichneten. Die Gassen waren erwartungsgemäß sehr eng, gerade einmal zwei Panzer passten hier nebeneinander.
»Kamms und Michailski vor!«, kam der Befehl über Funk. Kamms gab seinem Fahrer die entsprechenden Befehle. Vollmer gab Gas, setzte den Panzer an die Spitze und rollte der ausgewiesenen Gasse entgegen. Michailski besetzte die rechte Seite. Der Feldwebel fuhr ebenso wie Kamms über Luke. Die beiden nickten sich zu, dann richteten sich ihre Blicke nach geradeaus. Nahezu gleichzeitig erreichten ihre Panzer die Minengasse.
Kamms stützte sich mit beiden Armen an den Rändern seines Ausgucks ab und verengte die Augen, um die im Zwielicht des verregneten Morgens liegenden Hügelgruppen zu sondieren.
»Sachte, Vollmer, sachte!«, wies Kamms seinen Fahrer an, während der im Schritttempo die gut 40 Meter tiefe Minengasse entlangfuhr. Neben ihnen grölte der Motor von Michailskis Panzer. Hinter ihnen fuhren die nächsten beiden 38(t) der Kompanie auf. Die Hügelgruppe im Vorfeld war schlecht einsehbar, viele Kusseln und Baumgruppen boten ideale Verstecke.
»Jawohl«, bestätigte Vollmer verspätet. All seine Sinne waren auf die enge Minengasse ausgerichtet. Ein Fehler, und ihnen würde der Panzer um die Ohren fliegen.
Kamms und Michailskis Tanks hatten bereits das erste Drittel der Gasse überwunden.
Vor ihnen, zwischen den Hügeln, stieg mit einem Mal Rauch auf. Instinktiv riss Kamms beide Arme über den Kopf. Am Panzer neben ihm tat es einen irren Schlag. Funken sprühten, während das Geschoss von der Turmpanzerung abprallte. Michailski sackte in seinen Panzer. Im Anschluss erst donnerte der Knall des Schusses über die Panzer hinweg.
Es war, als spuckten die Hügel Rauch. Mehrere Geschütze hatten das Feuer eröffnet. Maschinengewehre belferten. Die Geschosse rasten den Deutschen entgegen, bohrten sich zwischen den Panzern in die Erde und warfen Wände aus Dreck auf.
»Scheiße«, schnaubte Kamms. »Panzer Halt! Elf Uhr, 500!«
»Elf Uhr, 500!«, wiederholte Taubi. Er richtete das Rohr aus, feuerte. Die Patronenhülse schlug aus dem Schloss, Wewe schob die nächste Granate nach. Unteroffizier Kamms folgte Taubis Schuss mit den Augen. Die Explosion der Granat zerriss eine Kusselgruppe.
»Gib Gas, Vollmer. Bring uns aus der Gasse raus!«, raunzte der Unteroffizier.
Vollmer nickte und beschleunigte. Der Motor jaulte. Feine Erdsprenkel wühlten den Boden vor Kamms' Panzer auf, dann sprühten Funken auf der Außenhülle. Kamms duckte sich weg, verschwand im schützenden Bauch seines Tanks und klappte den Deckel zu.
»Tempo machen! Wenn die uns hier erwischen, ist die ganze Gasse dicht!«
Michailskis Tank rührte sich nicht mehr, doch Kamms konnte sich in diesem Augenblick nicht um seine Kameraden kümmern. Er musste zusehen, dass die Minengasse frei blieb, musste darum so schnell wie möglich die andere Seite erreichen.
Perners Befehle jagten durch den Äther: »Minengasse schnellstmöglich räumen, Rest gibt Feuerschutz!« Die Panzermänner der Kompanie gehorchten. Dutzende 3,72 Millimeter Rohre spuckten Feuer.
Kamms' Panzer raste die Gasse entlang. Der Feldwebel sah die Erdfontänen, die bei den vermuteten Feindstellungen in den Himmel schossen. Mit jedem Feuerschlag der deutschen Panzerkompanie wurde der belgische Widerstand weniger. Vereinzelt feuerten deren Geschütze und MG-Nester noch, doch sie hatten der geballten deutschen Feuerkraft nichts entgegenzusetzen. Kamms kniff die Augen zusammen, beobachtete im Vorfeld Mündungsrauch bei einer Buschgruppe aufsteigen. Einen Wimpernschlag später stieg im Minenfeld rechts von seinem Panzer ein Springbrunnen aus Dreck und Grasnarben in die Höhe.
»Verfluchte Saubande!«, ächzte Kamms und hielt sich beide Hände schützend über den Kopf, während er mit Erdklumpen beworfen wurde.
Vollmer holte alles aus dem Panzer heraus. Mit Vollgas wühlten sich die Ketten durch die Erde. Der Gestank von Benzin erfüllte die Luft.
Die Belgier wurden binnen kürzester Zeit zusammengeschossen. Männer in brauen Uniformen, die durch die Distanz wie Käfer wirkten, strömten über die Hügel ins Hinterland. Panzergranaten gingen zwischen ihnen hoch. Die Drücke der Explosionen spielten mit den Leibern der Soldaten. Eine mutige Geschützbesatzung aber hielt die Stellung. Sie war angelehnt an eine einzelnstehende Tanne, verdeckt durch Buschwerk. Kamms erkannte durch den Sehschlitz den Mündungsrauch, der schlagartig aufstieg. Sein Panzer hatte das Ende der Minengasse gerade erreicht. Das Geschoss platzte neben ihm, noch ehe der Schall des Schusses über ihn hinweg donnerte. Eine Wand aus Erde baute sich auf und ergoss sich über den Panzer. Die deutschen Tanks zogen ihr Feuer auf das letzte Geschütz zusammen, das augenblicklich in einem Meer aus Detonationen verschwand.
»Die planieren das ganze Land!«, plärrte Wewe.
»Beschissene Verschwendung!«, knurrte Kamms. Doch der Beschuss wirkte. Das feindliche Geschütz schwieg. Vereinzeltes Gewehrfeuer klopfte noch gegen die Panzerung von Kamms' Tank. Es hörte sich so an, als würde jemand Murmeln gegen den Panzer werfen. Das Gros der belgischen Verteidiger aber war auf der Flucht, während unlängst die nächsten deutschen Panzer durch die Minengassen rollten. Die erste Verteidigungslinie war durchbrochen.
»Jetzt nicht bequem werden!«, ordnete Perner über Funk an. »Sammeln und nachstoßen! Dem Feind keine Zeit schenken.«
»Wer will denn hier bequem werden?«, griente Wewe.
»Siehst du, Taubi. Läuft wie am Schnürchen!«, freute sich Vollmer.
»Abwarten …«, erwiderte der.
»Und was habe ich gerade befohlen?«, schlug Kamms dazwischen.
»Zuversicht, Herr Unteroffizier.«
»Dann halten Sie sich gefälligst daran. Tut der Seele gut, glauben Sie mir!«
»Jawohl.«
Der Wind wehte leise Schmerzensschreie von Menschen im Todeskampf herüber, indes sammelten sich hinter dem Minenfeld die deutschen Panzer. Die Schreie kamen von den Hügeln, wo in der kopflosen Flucht einige Verwundete vergessen worden waren. Ein Wimmern und Wehklagen drang aber auch aus dem Panzer Michailski. Der Treffer hatte die Nieten aus der Panzerung gepresst, die, Geschossen gleich, durch den Innenraum geflogen waren. Sie hatten sämtliche Insassen schwer verletzt.
So ging das erste Gefecht der 3. Kompanie der I. Abteilung des Panzer-Regiments 25 im Westfeldzug zu Ende: mit einem überragenden taktischen Erfolg, aber auch mit Verlusten.
*
Keine sechs Wochen war der Westfeldzug der Wehrmacht alt, der sogenannte »Fall Gelb«. Der Panzer Kamm befand sich schon wieder auf Feindfahrt. Ziel war die Ortschaft Fécamp in der Normandie. Die 3. Kompanie sollte die Ortschaft nehmen und halten, bis die Infanterie nachgerückt war.
»Na, Taubi«, stichelte Wewe. »Noch immer pessimistisch, dass uns die Nummer um die Ohren fliegt?« Das Grummeln des Panzermotors sorgte dafür, dass sich die Panzermänner beinahe schreiend unterhalten mussten.
»Nein, nein. Bloß baff.«
Baff waren sie alle, die einfachen Landser, die Unteroffiziere, die Offiziere. Die westlichen Armeen waren geschlagen. Die Briten waren auf der Flucht, die Franzosen kämpften einen aussichtslosen Kampf. Paris lag in deutscher Hand.
»Das ist keine Schande. Sogar unsere Führung ist baff«, warf Vollmer ein.
»Baff, weil keiner weiß, wo Rommel steckt«, unkte Wewe.
»Für Sie immer noch General Rommel!«, knurrte Kamms dazwischen.
»Meinetwegen auch Gott Rommel. Mensch, der Mann ist ein Genie«, antwortete Wewe.
»Ein Gespenst«, wurde er sogleich vom Ladeschützen verbessert. »Und wir sind seine Gespenster-Division!«
»Astrein«, freute sich Vollmer.
»Herr Unteroffizier?«, fragte Wewe mit einem Grinsen im Gesicht.
»Ja, Taubi?«
»Gespenstern kann doch nichts was anhaben, oder? Sind quasi unbesiegbar.«
»Wir werden sehen, Taubi Wir werden sehen …«
Die Panzer der 3. Kompanie schoben sich über eine weite Wiese, durchbrachen schmale Hecken und walzten eine kleine Steinmauer nieder, die zwei alleinstehende Höfe miteinander verband. Dann erreichten sie die Straße nach Fécamp. Von ihrer derzeitigen Position waren es keine fünf Kilometer mehr bis zum Meer. Das Dröhnen und Raunen von Geschützen in der Ferne bildeten die Geräuschkulisse zu diesem Sturm der Panzer 38(t).
Nach einiger Zeit tauchten am Horizont die äußersten Häuser der kleinen Ortschaft auf. Weiße Fachwerkgebäude mit schwarzen Giebeldächern lagen friedlich da. Deutsche Panzer tschechischer Bauart näherten sich dem Ort von drei Seiten. Es hieß, der Feind verfügte in diesem Raum ebenso über Panzer. Das konnte schnell zu einer gefährlichen Angelegenheit werden, denn die französischen Modelle waren dem 38 (t)in Feuerkraft und Panzerung überlegen. Kamms mahnte seine Männer zur Ruhe. Die Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
Unteroffizier Kamms sah die Panzer der 2. Kompanie, die sich wenige hundert Meter weiter links durch ein mit niedrigen Hecken besetztes Terrain vorarbeiteten. Die 3. sollte über die Hauptstraße kommen und in die Ortschaft einfahren. An der rechten Flanke stürmte die 6. Kompanie vor.
Plötzlich tat es vorne zwischen den Fachwerkhäusern einen Knall. Rauch stieg auf. Annähernd im selben Augenblick hob der Turm eines Panzer 38(t) der 2. Kompanie ab. Die Wanne kam zum Stehen und spie Feuer, der Turm krachte in einiger Entfernung ins Gras. Zwei Somua S-35 lösten sich aus der Ortschaft, rollten auf die Wiese.
Die Panzer der 3. stoppten und feuerten. Auf einen Schlag waren beide Franzosentanks dahin. Panzermänner booteten aus und gerieten ins MG-Feuer der Deutschen. Brennend rollten die Wracks aus. Dieser kurze Schlagabtausch war nur der Auftakt einer Panzerschlacht. Überall in Fécamp blitzten die Mündungsfeuer abgefeuerter Panzerkanonen auf. Erde wurde aus den Freiflächen, die die Ortschaft umgaben, gerissen. Hecken wurden zerfetzt und sprangen in die Höhe. Die Panzer der 2. umfassten die Ortschaft wie geplant linksseitig, schlüpften zwischen einigen Gebäuden und einem angrenzenden Wald hindurch. Die 6. machte sich daran, rechts die Pläne, die von Fécamp wegführte, zu nehmen, und so von dieser Seite das Dorf zu umfahren. Immer wieder krachten die Kanonen der deutschen Panzer, krachten in Fécamp ebenso die Waffen der Alliierten. Feuer aus Gewehren und Maschinengewehren blitzte auf, Haubitzen donnerten. Häuser platzten unter dem deutschen Beschuss auseinander, Straßen wurden aufgerissen. Glas wurde aus den Fenstern gesprengt. Somuas gerieten in Brand.
»Gas geben, OG!«, forderte Kamms und klammerte sich mit beiden Händen an den Rändern seiner Luke fest.
»Der Kasten pfeift schon aus dem letzten Loch!«
Weitere Somuas quälten sich aus der Ortschaft. 13, 15 … 18 Kampfwagen zählte Kamms. Und mehr kamen nach. Die Franzosen hatten endlich begriffen, dass die Panzerwaffe für sich operieren sollte, doch diese Einsicht kam zu spät.
»Flak-Abteilung geht hinter uns in Stellung!«, prustete Wewe, der mit einem Ohr am Funkempfangsgerät hing.
»Wunderprächtig«, freute sich Vollmer. »Dann geht den Franzosen gleich der Arsch auf Grundeis!«
»Panzer Halt!«, brüllte Kamms ins Kehlkopfmikrofon. »Feuer!«
Das Stahlgewitter begann. Deutsche und französische Panzer feuerten wild durcheinander. Munitionslager detonierten, Türme hoben ab. Das dumpfe Schlagen mächtiger Flugabwehrkanonen und das hellere Knallen von Panzerabwehrkanonen mischte sich unter den Lärm des Krieges. Ein deutscher Geschützriegel war in Windeseile hinter den Panzern der Division hochgezogen worden.Französische Panzergeschosse jagten sirrend über die deutschen Geschützstellungen hinweg.
Wewe legte die nächste Panzergranate nach. Das Schloss schnellte mit einem Knall vor. Taubi kurbelte wie ein Wahnsinniger, starrte immerzu durch die Optik. Er richtete das Rohr auf den nächsten Panzer aus, der in Querfahrt vor den eigenen Tanks entlangfuhr.
»Geladen!«, rief Wewe mit heiserer Stimme.
»Feuer!«, donnerte Kamms.
Das Rohr des 38(t) vibrierte, als das Geschoss davonjagte. Es traf den Somua seitlich, der sich durch die Wucht des Aufpralls halb drehte. In schneller Folge detonierten die im Panzer verstauten Granaten. Rostrote Flammen schossen aus dem Kasten und hüllten ihn in Qualm.
Hinter den französischen Panzern stürmten Infanteriegruppen aus der Ortschaft. Auf deutscher Seite eröffneten MG-Trupps der Flak-Abteilung das Feuer.
Die französischen Fußsoldaten stürmten tapfer vor. Dutzende von ihnen stürzten im deutschen MG-Feuer und blieben liegen. Der Vorstoß der Infanterie war ebenso heldenhaft, wie todessüchtig. Auf der offenen Wiese wurden sie geradezu dahingemetzelt.