Parfum Pur 1 - Beate Nagel - E-Book

Parfum Pur 1 E-Book

Beate Nagel

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Beschreibung

FASZINIEREND Was haben FARBEN und DÜFTE miteinander zu tun? Wie wirken und inspirieren sie? Lassen Sie sich entführen in eine Welt in der DUFT, FARBEN und KULINARIK eine Verbindung eingehen. Denn mit allen vorgestellten farbigen Düften werden zum einen edle Parfüms kreiert, zum anderen verfügen sie über eine kulinarische Seite wie etwa Ingwer, Jasmin, Orangenblüten, Muskatnuss, Pfeffer, Rosmarin, Lavendel, Rose und Safran. Teil 1 der Gesamtausgabe Mit Parfumformulierungen und zahlreichen Rezepten

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Seitenzahl: 144

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Widmung

Haftungsausschluss

Die Autorin und der Verlag übernehmen keine Haftung für Schäden jeglicher Art, die direkt oder indirekt bei der Anwendung der in diesem Buch vorgestellten Behandlungsmaßnahmen entstehen können. Bei unklaren Beschwerden oder ernsthaften Erkrankungen sollte immer ein Arzt konsultiert werden. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen der Verlag, die Autorin für deren Inhalt keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Inhaltsverzeichnis Teil 1

WIDMUNG

Vor lauter Lauschen und Staunen

(

Gedicht

)

VORWORT Rilke Projekt

FARBE WEISS

Die Welt die monden ist

(

Gedicht

Weiß wie Schnee

Eine göttliche Farbe

Weiß - Schwarz

Makellos weiß

Politisches Weiß

Bleiweiß. Kreideweiß und Zinkweiß

Weiße Buddha-Familie

Weiß und Rot sind heilige Farben

Kulinarisch Weißes

Und wie duftet nun das Weiße?

Art Parfum Monden-WEISS

INGWER

Parfümerie / Duft / Persönliches

Botanik

Geschichte

Heilwirkung

Kulinarik Alchimistische Tradition – Sal. Sulphur und Mercurius

CO2-extrahiertes Ingweröl Unterschiedliche Wirkung von Pflanze und Duft

Rezept

„Mondgöttin “ sinnliches Körper- und Badeöl

Rezept

„Indisches Dal“ mein Lieblingsrezept mit roten Linsen

Rezept

„Ingwertee “

JASMIN

Parfümerie / Duft / Persönliches

Botanik

Geschichte

Heilwirkung

Kulinarik

Jasmin sambac

Das Parfum der Nofretete

Wie verläuft der molekulare Wirkungsmechanismus ätherischer Öle?

Rezept

„Für dich“ aphrodisisches Massageöl

Rezept

„Jasmintee“ edel

NEROLI - BITTERORANGENBLÜTEN

Parfümerie / Duft / Persönliches

Botanik

Geschichte

Heilwirkung

Kulinarik

Außergewöhnlicher Bitterorangenbaum

Rezept

„Gut drauf“ Eau de Toilette - Prüfungsduft

Rezept Arabische Pfannkuchen “ mit Orangenblütensirup

Rezept

„ Zitronenhmonade “ mit Orangenblütenwasser

FARBIGE BUDDHA-WELTEN

Einführende Erläuterungen / Farblicht-Meditation

FARBE ROT

Die Welt steht auf mit euch

(

Gedicht

)

Blutrot

Element Feuer

Feuerrituale

Rot wie die Liebe

Die rote Gefahr

Scharlachrot... Achtung Rot!

Das kleine Rot - Rosa

Rote Buddha-Familie

Kulinarisch Rotes

Und wie duftet mm Rot?

Art Parfum ROT-wild

MUSKATNUSS

Parfümerie / Duft / Persönliches

Botanik / Geschichte / Heilwirkung / Kulinarik

Parfum Orientalische Noten

Duftkonzeption Burj Dubai

Rezept

„ Schahrazad“ orientalisch, märchenhaftes Parfum

Rezept

„Datteln Tausendundeine Nacht“ pikant gefüllt

PFEFFER

Parfümerie / Duft / Persönliches

Botanik

Geschichte

Heilwirkung

Kulinarik

Weißer Pfeffer

Grüner Pfeffer

Roter Pfeffer

Botanische Bezeichnung. Pflanzenteil und Herstellung

Rezept

„ Oh Götter“ Sportöl aktiv

Rezept

„Goldene Milch" ayurvedisches Rezept

ROSMARIN

Parfümerie / Duft / Persönliches

Botanik

Geschichte

Heilwirkung

Kulinarik

Chemotypen?

Scarborough Fair

Rezept

„Wake up“ Duschgel mit Rosmarin

Rezept

„Allgäuer Süden“ Gewürzkräuter

Rezept

„Mutters gutes Gulasch“

FARBE VIOLETT

O gäbs doch Sterne

(

Gedicht

)

Purpur

Die Farbe der Macht

Violettes in der Gegenwart

Lila - der letzte Versuch?

Transzendenz

Kulinarisch Violettes

Und wie duftet nun Violett?

Ich bau ein Zelt

(

Gedicht

)

Nigritelle nigra

Art Parfum VIOLETTE Seligkeit

LAVENDEL

Parfümerie / Duft / Persönliches / Botanik / Geschichte / Heilwirkung / Kulinarik

Parfum Fougère-Noten

Berglavendel / Lavendel extra

Echter Lavendel

Lavandin / Lavandula hybrida

Speiklavendel / Lavendula spica / Lavandula latifolia

Lavendelwasser

Rezept

„Lavendel-Einreibung“ Hilfe am Krankenbett

Rezept

„Lavendelhonig-Parfait“

Rezept

„Aprikosenkuchen der Provence “ mit Lavendel

NACHWORT

Buch PARFUM PUR Gesamtausgabe: Anmerkungen / Quellenverzeichnis

Bildnachweise / Alphabetische Listen

DANK

Empfehlungen / Ausbildung

Zur Autorin

Vor lauter Lauschen und Staunen sei still,

du mein tieftiefes Leben;

dass du weißt, was der Wind dir will,

eh noch die Birken beben.

Und wenn dir einmal das Schweigen sprach,

lass deine Sinne besiegen.

Jedem Hauche gib dich, gib nach,

er wird dich lieben und wiegen.

Und dann meine Seele sei weit, sei weit,

dass dir das Leben gelinge,

breite dich wie ein Federkleid

über die sinnenden Dinge.

Rainer Maria Rilke - 19. Januar 1898 (1)

Zum Nachhören (2): Barbara Sukowa: „Vor lauter Lauschen und Staunen sei still" RILKE PROJEKT CD 3 „Überfließende Himmel" Nr. 5

© Iris von Paul Waibl

Vorwort

Ende Juli 2016, auf dem Weg ins Engadin. Vom Oberallgäu fuhr ich über den Fernpass durch Nord-Tirol, vorbei an tiefgrün farbenen Alpseen. Die frische kühlwürzige Sommerluft der Berge umwehte mich. Der Anlass der Reise war etwas ganz Besonderes: die Lancierung meines Parfums LUCE DI SEGANTINI (3) im traditionsreichen Fünfsternehotel Suvretta House (4) in St. Moritz. Geradezu märchenhafte Zufälle hatten mich Anfang 2015 zu diesem Parfumauftrag direkt von der Enkelin des großen Malers der Schweizer Bergwelt. Giovanni Segantini. gefühlt.

RILKE PROJEKT

Auf meinen Reisen höre ich gerne Podcasts über Philosophie, Kunst oder Literatur, diesesmal die 4 CDs des RILKE PROJEKTES (5). Wie sehr überraschten mich doch diese Aufnahmen! Da war dem Komponisten- und Produzententeam Richard Schönherz und Angelica Fleer wirklich etwas ganz Besonderes gelungen. Es nahm mich gefangen. So sehr, dass sich daraus eine neue künstlerische Arbeit entwickelte: Das, was Sie gerade jetzt in Händen halten, dieses Buch und eine Fülle farbiger Parfum-Impressionen.

So vernehme ich die eindringlich tiefe Stimme Otto Sanders: „Götter, oh Götter, die Welt steht auf mit Euch!“. Oder das Allumfassende. Worte von Mario Adorf: „Nenn ich dich Aufgang oder Untergang? Denn manchmal bin ich vor dem Morgen bang und greife scheu nach seiner Rosen Röte...“. Geheimnisvoll sanft ertönt es von Nina Hagen zu Beginn: Sie öffnet uns den Vorhang in eine andere Welt, die monden ist: „Vergiss, Vergiss, und laß uns jetzt nur dies erleben, wie die Sterne durch geklärten Nachthimmel dringen; wie der Mond die Gärten voll übersteigt.“

Hätte es für mich einen schöneren Einstieg geben können in diese hochsommerliche Lichtfülle des Engadins, in die Präsentation des „Luce di Segantini“? Luce, italienisch für Licht, hatte Gioconda Segantini ihr erstes Parfum genannt. Das Licht, das ihr Großvater Giovanni Segantini so gekonnt in die Farben seiner Gemälde zu bannen vermochte. Monatelang hatte ich mich intensiv mit dem Thema Licht, dem Lichten, beschäftigt. War mehrere Male nach St. Moritz ins Segantini-Museum (6) gefahren und dort vor dem Meisterwerk AVE MARIA BEI DER ÜBERFAHRT verweilt. Das Licht und damit der lichte Moment, der darin festgehalten ist, dieses Werk wurde mir als Aufgabe gestellt, olfaktorisch umzusetzen.

IMAGINE TWO

art parfum triptychon - interaktives kunstprojekt

Beate Nagel

Farbstriche auf Rauputz, 1.1.2014 bis 31.12.2014

Inspirationen geschehen zufällig, nicht gewollt

Erst heute, viele Monate später, sehe ich, wie sich dieses Licht nun in die Farben der Poesie Rilkes aufgefächert hat. So mündet geradezu „magisch“ die eine künstlerische Arbeit in die nächste. Inspiration, völlig ungewollt. Es geschieht im Tun. Erst im Rückblick lassen sich inspirationsgeführte Wege erkennen.

Wie hätte ich auch ahnen können, dass ich durch dieses so vertieft mitschwingende Hören der CDs des RILKE PROJEKTS etwas finden würde, nachdem ich schon so lange gesucht hatte? In meinem Kunstprojekt IMAGINE (7), das ich am 1. Januar 2014 gestartet und über einen Zeitraum von drei Jahren verfolgt hatte, ging es um Themen wie RESPEKT, FREIHEIT und das IMAGINÄRE. Beim Thema „Freiheit“ wählte ich Tag für Tag Farben und pinselte sie an die Rauputzwand meiner Parfumwerkstatt. Ein Bewusstseinsprozess, bei dem ich mich mit globaler Freiheit wie auch mit meiner persönlichen Situation auseinandersetzte.

Während dieser Arbeit entstand mein Wunsch farbige Parlumakkorde zu entwickeln

Nur, meine Versuche, diese Farbdüfte umzusetzen, wollten nicht gelingen. Immer wieder startete ich nach einer Pause neu; das Ergebnis stellte mich jedoch nicht zufrieden. Wie leicht landet eine sich vorgestellte herrliche Farbsymphonie dann doch eher in einer Kakophonie. Gerade beim Akkord mit den roten Düften drückten sich die Bässe, die tiefen Basisnoten, immer wieder zu stark nach vorn. Das vorgestellte kraftvolle Duft-Rot endete in einem Undefinierten Braun. Inspiration. Ja. die fehlte wohl in meinem Vorhaben. Ich ließ die Idee für diese Farb-Parfumakkorde fallen.

Dann zwei Jahre später – auf der Fahrt ins Engadin, beim Lauschen der Zeilen Rilkes – kamen mir neue Ideen zur Umsetzung meiner Akkorde. Ich hörte und sah das heitere Duft-Orange, ich hörte und sah eine unendliche Weite vermittelndes stilles Blau oder dann wieder ein lebendiges Grün, das alles nun förmlich vor mir. Zuhause angelangt startete ich erneut mit der Entwicklung und... tatsächlich 7 Farb-Parfumakkorde gelangen auf einmal. Duft um Duft fügten sie sich in ein Ganzes in nur wenigen Monaten. Ja, sogar eine Hommage an den Dichter Rainer Maria Rilke, das Parfum NOCTURNE. Mir wurde geradezu ein Schlüssel verliehen, um meine Düfte und die Farben, mit denen ich male, die Töne, mit denen ich komponiere. Ihnen – dem Leser – nahe zu bringen. Verliehen von den Göttern? Oh Götter!

Die Dinge fügten sich auf eine Weise, wie sie ohne diese Inspiration der Poesie nie gelungen wären. Nun denn:

Bühne frei. Treten Sie ein in eine Welt, die monden ist...

Beate Maria Theresia Nagel

Parfümeurin + Künstlerin. Gründerin von ART PARFUM

Schwarzenberg im Allgäu, am 1. Mai 2020

© Photo by Michael Dam on Unsplash

DIE WELT DIE MONDEN IST

(Vergiß, vergiß)

Vergiss, vergiss, und lass uns jetzt nur dies erleben,

wie die Sterne durch geklärten

Nachthimmel dringen;

wie der Mond die Gärten voll übersteigt.

Wir fühlten längst schon, wie's spiegelnder

wird im Dunkel,

wie ein Schein entsteht,

ein weißer Schatten in dem Glanz der Dunkelheit.

Nun aber lass uns ganz

hinübertreten in die Welt hinein,

die monden ist.

Rainer Maria Rilke (8)

Zum Nachhören (9):

Nina Hagen: „Die Welt die monden ist"

RILKE PROJEKT CD 1 „Bis an alle Sterne" Nr. 1

Weiß wie Schnee ...

... rot wie Blut und schwarz wie Ebenholz, so wird die Schönheit von Schneewittchen, ihre Haut, der rote Mund und ihr Haar im Grimms Märchen Schneewittchen beschrieben. Märchen, die wir seit frühester Kindheit kennen, sind fest verankert in unserem Gedächtnis.

Während ich am Weiß schreibe, ist es recht passend tiefster Winter. Nahezu direkt vor unserer Haustür beginnen Langlaufloipen, auf denen wir durch die verschneite Landschaft gleiten, vorbei an märchenhaft überzuckerten Tannen. Wie weiße Watte schluckt der frisch gefallene Schnee jedes Geräusch und bei strahlend blauem Himmel erwecken die Sonnenstrahlen ein ganzes Meer von glitzernd weißen Diamanten. Wie überaus schön dies alles ist! Zumal wenn man bedenkt, dass Wohl auch diese Pracht vergänglich ist.

Das frühere nordische Frühlingsfest Imbolc, das von der Nacht vom 1. auf den 2. Februar gefeiert wurde, liegt zwischen Wintersonnwende und Frühjahrs-Tagundnachtgleiche. Die Lichterprozessionen und die Kerzenweihe, die heute an „Mariä Lichtmess“ (dem vierzigsten Tag nach Weilmachten) zelebriert werden, gehen auf altes Volksbrauchtum zurück. Im Vorfrühling (10) entdecken wir zwischen Schneeresten die allerersten Blüten von weißer Farbe wie etwa Schneeglöckchen oder Märzbecher. „Es ist die Zeit der weißen Göttin, der wilden und ungezügelten Kraft von Liebe und Vitalität.“ (11) Ganz in Weiß gehüllt sind auch die frühblühenden Sträucher der Schlehen, noch bevor ihre grünen Blätter sprießen. Wie zur Hochzeit geschmückt - für die übers Land schreitende Göttin Brigid - erscheinen uns die im vollen Frühling im strahlenden Weiß aufblühenden Kirsch- und Apfelbäume; diese Blüten mit venusisch rosaner Unterseite (siehe Bild gegenüber). Brigid, ihr Name wird mit „die Helle“, „die Strahlende“ übersetzt und geht auf eine altkeltische Göttin namens Brigantia oder Brigindo, die Stammesgottheit der keltischen Briganten, zurück. Mit ihr verwandt ist auch die germanische Perchta. Das Weiß ist mit dem Lichten, dem Glänzenden verwandt. Auf italienisch heißt weiß bianco, auf französisch blanc, auf griechisch leukos, daher stammt unser Wort leuchten.

Eine göttliche Farbe

Weiß - die Farbe des reinen Lichts. Weiß ist mehr als eine Farbe: Ein Prisma zerlegt farbloses Licht in rotes, orangefarbenes, gelbes, grünes, blaues und violettes Licht. Weiß ist die Summe aller Farben des Lichts. Weiße Schwäne und Störche - diese großen weißen Vögel sind vom Himmel gesandte Glücksboten, ganz anders in ihrer Bedeutung für uns wie etwa die Krähen, die angeblich schwarzen Unglücksvögel. Wenn weiße Tiere nicht selbst Göller sind, haben sie zumindest eine Verbindung zum Göttlichen. Das zeigt sich auch im christlichen Kontext, wenn als Symbol für den Heiligen Geist eine weiße Taube gemalt wird und Christus mit einem weißen Lamm in Verbindung steht. Seit dem Altertum wurde die Farbe der Götter zur Farbe der Priester. Im katholischen Gottesdienst tragen Priester ein weißes Untergewand, die Alba - „alba" lateinisch für Weiß. An Weihnachten, Ostern und zu den Marienfesten tragen sie auch ein weißes Obergewand, denn Weiß ist die liturgische Farbe der höchsten Festtage.

Weiß - Schwarz

Weiß ist vollkommen. Weiß wird noch weißer durch seinen Gegenpol Schwarz. Es ist der Kampf der Gegensätze von Gut und Böse, von Tag und Nacht. In der chinesischen Philosophie hingegen gelten die Zeichen des weißen YIN und schwarzen YANG als Symbole des Wandels. Hier ist nichts statisch. Ein zu viel des Einen lässt es ins Gegenteil kippen. Der weiße Punkt im Schwarz deutet diesen Umschwung ins Weiße an und umgekehrt.

Yang: weiß, hart, heiß, männlich, aktiv, Bewegung Yin: schwarz, weich, kalt, weiblich, passiv, Ruhe.

Juli 2020: In der aktuellen Rassismus-Debatte wird intensiv über Zuordnungen von Schwarz und Weiß gesprochen. ZEIT Dossier: „Wie rassistisch sind Sie?“

Denn die meisten weißen Menschen sind überzeugt: Hautfarbe spielt für mich keine Rolle. „Schön wär‘s“. schreibt Bastian Berbner und zeigt uns ungewohnte, jedoch tief im Unterbewusstsein verankerte Zuordnungen von Schwarz und Weiß auf. (12)

Makellos weiß

Man spricht von einem Alabasterteint, wenn eine Haut makellos weiß erscheint. Weiß steht für den Anfang, beispielsweise im weißen Taufkleid, im weißen Hochzeitskleid. Es ist die Farbe der Jugend, der Unschuld. Ein weißes Brautkleid - als Zeichen von Unschuld - ist keineswegs von alter Tradition; dieses Ritual kam erst im vorletzten Jahrhundert auf. Noch um 1600 ließen sich auch sehr reiche Bräute kein Hochzeitskleid extra für diesen Anlass anfertigen. In Shakespeares „Romeo und Julia“ wird die junge Gräfin Julia Capulet von ihren Eltern zur Hochzeit mit dem Grafen Paris gezwungen. Alles ist für dieses Fest schon lange vorbereitet, aber erst am Abend vor der Hochzeit fragt Julias Mutter, welches Kleid sie denn zur Hochzeit tragen würde.

„Beim Tragen weißer Dessous negiere die Frau die Anziehung ihres Körpers und steigere sie zugleich damit“, der Modehistoriker Philipp Perrot widmete im 19. Jahrhundert ein ganzes Kapitel seines Buches zur bürgerlichen Mode dem Weißleinenen und der weißen weiblichen Baumwollwäsche. Er zeigte in seinen Reflexionen zur weißen Wäsche die Spannung zwischen Aufstachelung und Unterdrückung der Begierde.

Es gibt jedoch auch das sterile Weiß der Ärztekittel und Krankenhäuser. Auch kleinste Verschmutzungen sind auf diesem Untergrund sofort erkennbar. Weiße Arbeitskleidung ist vorgeschrieben in Berufen, die mit Lebensmittelverarbeitung zu tun haben wie Bäcker, Köche. Die sprichwörtlich gewordene „weiße Weste“ ist im übertragenen Sinn Symbol eines untadeligen Verhaltens. Auch Folgendes hat eine lange Tradition: „Wer sich in Rom um ein politisches Amt bewarb, musste zuerst der Öffentlichkeit Rede und Antwort stehen. Vorgeschrieben war, dass alle Bewerber dabei eine weiße Toga trugen. Ein glänzendes Weiß heißt auf lateinisch candidus. Bewerber um politische Ämter nennt man noch heute Kanditaten.“ (13)

Noch vor wenigen Jahrzehnten war ein weißer Kragen das sichtbare Zeichen des beruflichen Standes eines Mannes. Die „blue-collar workers“, die blau gekleideten Arbeiter unterschieden sich durch diese Farbe in den USA oder England von den „white-collar workers“, den Angestellten mit ihren weißen austauschbaren Hemdkragen. Erst in den 1970er Jahren wurden farbige Herrenhemden akzeptabel. Noch heute ist das elegante Hemd ein weißes Hemd. Und je höher die berufliche Stellung, desto konservativer die Kleidung. Unbeeindruckt vom modischen Wandel tragen Männer in Spitzenpositionen fast nur weiße Hemden. Frauen sind in diesen Positionen zwar etwas freier in der Wahl ihrer Geschäftskleidung, jedoch auch für sie gelten ähnliche Maßstäbe.

Politisches weiß

Die weiße Taube mit einem grünen Ölzweig im Schnabel - heute als Friedenssymbol - tritt im Alten Testament als Verkünder vom Ende der Sintflut auf (1. Mose 8,1012). Eine große politische Bedeutung hat Weiß noch heute als Friedensfahne. Wer die weiße Fahne zeigt, kapituliert vor der Übermacht, ist zu Verhandlungen bereit. Als Farbe politischer Bewegung war Weiß die Farbe der absoluten Monarchie. Die erste monarchistische Bewegung, die sich „die Weißen“ nannte, entstand 1815 in Frankreich nach dem Sturz Napoleons. Auf den „Roten Terror“ der Französischen Revolution folgte der „Weiße Terror“ der monarchistischen Gegenreformation. In Rußland waren die „Weißen“, die „Weißgardisten“. Anhänger des Zaren, die während der Russischen Revolution bis 1920 gegen die Rote Armee kämpften.

Bleiweiß, Kreideweiß und Zinkweiß

„Bleiweiß“ war von der ägyptischen Zeit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts als Schminke beliebt. Römische Frauen, Geishas und die Ladys der viktorianischen Zeit liebten es ihr Gesicht weiß zu schminken, da es einen ätherischen Eindruck vermittelte; eine Schminke, die auf Dauer allerdings tödlich wirkte.

Das Pigment mit einem stumpfen Weißton „Kreideweiß“ wird als Grundierung beim Malen und Zeichnen genutzt. Sein Name ist irreführend, die klassische Kreide ist eigentlich ein Gips. Zinkweiß hat einen leicht bläulichen Schein, damit ist es ein kaltes Weiß, seine Leuchtkraft erhält es durch leichte Fluoreszenz.

Weiße Buddha-Familie

Die zentrale Buddha-Familie im Mandala (siehe einführende Erläuterungen, ab Seite →) ist mit der Farbe Weiß und mit dem Element Raum verbunden. Die genauere Beschreibung der Farbe wäre farblos und zugleich vom Potenzial aller Farben erfüllt. In diesem Fall heißt die Familie „Buddha“. Die Energie dieser weißen Buddha-Familie bildet die Basis des grundlegenden Raumes. Sie ist die Umgebung oder der Sauerstoff, der es den anderen Prinzipien möglich macht, zu wirken. Sie ist gesetzt und solide. Menschen dieser Familie haben einen starken Sinn für kontemplatives Erleben und sind höchst meditativ.